ZUR VIELDEUTIGKEIT DES AUSDRUCKS KULTUR UND ZUR ANTHROPOZENTRISCHEN KULTURTHEORIE
The present papers consists of two parts. The first part deals with the problem of ambiguity in the use of the expression ‘culture’ (semantic-pragmatic level of designates). The present use of the word is the result of a complex process of semantic stratification, which the author tries to reconstruct. Following the author attempts a taxonomic classification of concepts of culture (level of denotates), focussing on the central aspects culture vs. nature and culture vs. language. In the second part the autor analyzes the most significant assumptions of Franciszek Grucza’s anthropocentric theory of Language, considering the possibility of extending them to Culture.
EINFÜHRENDE BETRACHTUNGEN
Franciszek Grucza hob 1993 in seinem Aufsatz „Język, ludzkie właściwości językowe, językowa zdolność ludzi” den Missstand hervor, dass der Ausdruck „Sprache”1 nicht eindeutig sei. Damit seien allerlei assoziative und emotive Inhalte verbunden; er trete in alltäglichen Gesprächen so wie in wissenschaftlichen Diskursen auf, er werde in so sehr heterogene kommunikative Rahmen eingebettet, dass es kaum möglich scheint, ihn begrifflich zu bestimmen.2 Das gleiche lässt sich wohl heute noch, nach 15 Jahren, für den sprachlichen Ausdruck „Kultur“ feststellen. Sowohl der Sprachgebrauch als auch die Theorie- und Modellbildung weist eine unüberschaubare Vielfalt und damit auch eine begriffliche Verwirrung auf. Der Mangel an terminologischer Einheitlichkeit und begrifflicher Rigorosität, das Nachlassen der logischen Strenge in der wissenschaftlichen Betrachtung von dem, das wir „Kultur“ nennen, hat viele schwer wiegende Folgen mit sich gebracht. „Kultur“, „Multikulturalität“, „Kulturkonflikte“, „inIn diesem Beitrag werden mit den Anführungszeichen „…“ sprachliche Ausdrücke (Ebene der Designate laut S. Grucza 2004: 90), während in Anführungszeichen /…/ semantische Korrelate (Ebene der Denotate) markiert. 2 „’Język’ jest […] wyrazem występującym zarówno w dyskursach i w kontekstach całkiem codziennych, potocznych, jak i specjalistycznych i fachowych. Obszar rzeczywistości, którą wyraz ten jak gdyby obsługuje znaczeniowo, jest tak rozległy i jednocześnie tak wielowarstwowy, że zrazu nie sposób ogarnąć go jakąkolwiek wspólną ramą pojęciową” (Grucza 1993c: 151) 1
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terkulturelle Verständigung“ sind im laufenden Diskurs in zunehmendem Maße zu bloßen Parolen geworden, die die öffentliche Diskussion bestimmen. Denn wenn kaum einer, der über Kultur spricht, im Stande ist, eindeutig festzulegen, was Kultur ist, dann scheint jeder zu einem „persönlichen“ bzw. situations- und zielgemäß ad hoc formulierten Begriff der Kultur berechtigt zu sein, der wie ein pangnostisches Allheilmittel aus kommunikativen, intellektuellen und ethischen Sackgassen raushelfen und manchmal sogar zum mächtigen (bildungs)politischen Instrument werden kann. In diesem Beitrag gilt es zunächst, zwei Ebenen zu unterscheiden: 1) Auf der ersten (semantisch-pragmatischen) Ebene wird die Frage nach der Bestimmung der semantischen Korrelate des Wortes „Kultur“ gestellt. Also: Was meinen wir, wenn wir dieses Wort benutzen? 2) Auf der zweiten (ontologischen) Ebene wird die Frage aufgeworfen: Was ist Kultur? Es geht hier um die Bestimmung des ontologischen Status, und zwar: Ist Kultur eine Größe, eine Entität, ein autonomes System, ein zusammenhängendes Gebilde, eine Menge, eine Erscheinung, ein Abstraktum oder ein Konkretum? Ist sie etwas Mentales bzw. Geistiges (Ideen, Werte, Denkschemata usw.), oder etwas Materielles (Artefakte, Manufakte, wie etwa Kunstwerke, Bücher, Gebäude usw.)? Anschließend wird versucht, die vom polnischen Linguisten Franciszek Grucza aufgeworfene anthropozentrische Theorie der wirklichen menschlichen Sprachen für die Kulturtheorie fruchtbar zu machen.
DAS WORT „KULTUR“ IM ALLTÄGLICHEN SPRACHGEBRAUCH
Das Wort „Kultur“ ist neulich beinahe in jedem Bereich des öffentlichen Lebens, in den Medien sowie im wissenschaftlichen Diskurs, in der Politik sowie in den Stammtischgesprächen in den Vordergrund getreten und dringt in unseren Alltag gewaltig ein. Nicht nur menschliche Hochleistungen werden als „Kulturerrungenschaften“ bezeichnet, sondern alles, was sich auf ein Gefüge von zusammenhängenden Elementen zurückführen lässt, kann im Deutschen durch das suffixähnliche Wortbildungselement -kultur zu einem autonomen, beinahe stets positiv konnotierten Begriff werden. Die Medien sind Träger der „Freizeitkultur“, die Zeitschriften widmen der „Esskultur“ ganze Rubriken, im Möbelgeschäft spricht man über „Wohnkultur“, Krankenversicherungen betonen die Bedeutung der „Sportkultur“ und einer gesunden „Esskultur“, die Politiker sprechen von der Notwendigkeit, eine neue „Diskussionskultur“ zu entwickeln. In den letzten Jahren wird das Wort „Kultur“ zunehmend als politisches Schlagwort benutzt. Immer zahlreicher werden die Appelle an den Dialog zwi-
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schen den Kulturen und die Plädoyers für die transnationale grenzüberschreitende Verständigung, immer lauter erheben die Politiker die Stimme für den interkulturellen bzw. multikulturellen, ja transkulturellen Austausch. Mit der Ratifizierung der europäischen Einigungsverträge, durch die die Europäische Union zur Wirklichkeit wurde, ist es allmählich klar geworden, wie schwierig es ist, Einheit, Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl im europäischen Raum zu stiften. Denn was sollte diese Einheit stiften? Ist das ein gemeinsamer Kulturraum? Seit Anfang der 90er Jahre mehren sich die Studien zur neuen „auswärtigen Kulturkompetenz der Europäischen Gemeinschaft“.3 Auch die internationalen wirtschaftlichen Akteure – internationale Konzerne – sind an einer „weltweiten kulturellen Integration“ interessiert und scheinen bereit zu sein, dafür entsprechende Geldmittel einzusetzen.4 Das Wort „kultivieren“ heißt im Deutschen „etwas auf eine höhere Stufe bringen, verfeinern“ (Duden, Das große Fremdsprachenwörterbuch: 790). Wir mögen es, wenn wir als „kultivierte” Menschen bezeichnet werden, d.h. wir verstehen uns als /gebildete, verfeinerte Menschen von vornehmer Lebensart/. Im Polnischen bezeichnet man einen Menschen als „kulturalny“, wenn er gut erzogen ist, wenn er gute Manieren hat, wenn er sich „kulturalnie“, d.h. jeweils situations- und kontextgemäß, verhält. Dem Wort „Kultur“ ist eine positive Aura eigen, es löst eine Reihe von positiven Assoziationen, ja von thaumaturgischen Verheißungen aus, die die Vision des mühsamen Wegs der Menschheit von einem diffusen dunklen natürlichen Rohzustand des blinden gegenseitigen Kampfes zum Fortschritt der Sitten evozieren, der erst das friedliche, konfliktfreie Zusammenleben ermöglichen kann. Mit dem Wort „Kultur“ assoziiert man oft die Vorstellung eines erfolgreichen Sieges über die Natur, über die dunklen Instinkte und Kräfte, über die Barbarei. „Kultur“ paart sich oft mit dem Begriff humanitas (Humanität), d.h. mit allem, was den Menschen ausmacht und ihn vom Tier unterscheidet. Was verbindet all diese semantischen Korrelate bzw. Denotate des Wortes, die im Sprachgebrauch zur Geltung kommen? Gibt es hier einen roten Faden? Was verbindet die Esskultur mit der Kultur der Romantik und mit dem Fakt, dass jemand kultiviert ist? Wenn wir über „Kultur“ sprechen, können wir Folgendes meinen: ➢ Gepflegte Umgangsformen, in der Regel als Ausdruck einer guten Erziehung und Bildung. Damit ist das Wort „Kultiviertheit“ verbunden, Vgl. exemplarisch Schmahl 1996 und Max 2004. Hier sei etwa an das berühmte Projekt einer breiten Datenerhebung unter IBM-Mitarbeitern erinnert, das als Grundlage für das Buch Geert Hofstedes „Culture’s Consequences“ (1980) diente. Das Buch wurde dann mehrmals bis zur 3. deutschen Aufgabe 2006 „Lokales Denken, globales Handeln. Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management“ bearbeitet und ergänzt. Ein weiteres Beispiel ist die von der Beratungsfirma Price Waterhouse Coopers in Kooperation mit der Europa-Universität Viadrina durchgeführte Studie (vgl. http://www.possert.at/index.php/butterfly/comments/konfliktbearbeitungsverfahren_im_vergleich/ letzte Einsicht: 22.4.2009) 3 4
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die eine verfeinerte, gepflegte Lebensweise bezeichnet. Jemand, der kultiviert ist, verfügt über gute Manieren, sein Verhalten orientiert sich an den Wertvorstellungen einer bestimmten Gruppe oder Schicht. Bemerkenswert ist, dass das Adjektiv „kulturalny“ im Polnischen und das Adjektiv „kultiviert“ im Deutschen nur den Endprozess bezeichnen und daher in der Regel nur für die Bezeichnung von Erwachsenen gebraucht werden, dagegen auf Kinder und Jugendliche, die sich noch mitten im Prozess der Erziehung und Reifung befinden, nicht zutreffen. ➢ Im Deutschen kann man durch das lexikalische Morphem -kultur Wortgebilde schaffen, die mit unserer Denk- und Verhaltensweise in bestimmten Lebensbereichen verbunden sind – wie etwa „Wohnkultur“, „Esskultur“, „Freizeitkultur“. Unter „Esskultur“ versteht man beispielsweise nicht nur die Speisen und das Verhalten am Tisch, sondern auch /das gesamte Umfeld der Ernährung, also beispielsweise Dekoration und Tischsitten, Rituale und Zeremonien/. Im Polnischen fehlt dieses Mittel der Wortbildung. ➢ Unter „Kultur“ versteht man /Arten des Denkens, Fühlens und Wertens, die für eine – in der Regel ethnisch oder national – bestimmte Gruppe charakteristisch sind/. „Kultur“ wird dann leicht zur normativen Größe hypostatisiert, die Fremdes vom Eigenen trennt. Der Fremde ist fremd, weil er „unsere Kultur“ nicht teilt. Samuel Huntingtons Buch Clash of Civilizations (1996) wurde ins Deutsche mit „Kampf der Kulturen“ übersetzt und liefert ein beredtes Beispiel für diesen Sprachgebrauch. ➢ Unter „Kultur“ versteht man oft /Kulturwerke, die zu einem bestimmten Kanon gehören./ Bachs Kunst der Fuge, Goethes Faust, die Architektur der Dome und Burgen am Rhein gelten beispielsweise als Inbegriff der deutschen Nationalkultur, Chopins Polonaisen und Mickiewicz’s Pan Tadeusz als Inbegriff der polnischen Nationalkultur. ➢ Unter „nationaler“ sprich: „deutscher“ oder „polnischer“ Kultur versteht man /sowohl die Kulturwerke als auch die Art des Denkens, Fühlens, Denkens und Wertens einer Nation, eines Volkes oder einer ethnischen Gruppe/. Wie kam es zu einer solchen Breite von Bedeutungen? Besteht ein gemeinsamer denotativer Kern all dieser Designate? Im Folgenden wird versucht, eine synthetische Rekonstruktion des Wortgebrauchs nachzuzeichnen.
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HISTORISCHE ASPEKTE DER ENTWICKLUNG DER DENOTATE DES WORTES „KULTUR“
Das deutsche Wort „Kultur“, so wie das polnische Wort „kultura“, stammt vom lateinischen Substantiv cultura, -ae und leitet sich sprachgeschichtlich vom Verb colere in der primären Bedeutung: „pflegen, bebauen, bearbeiten“ (Kluge 1995: 492) ab. Cultura bezeichnete sowohl den Prozess als auch das Endprodukt dieses Prozesses. Daraus entwickelte sich schon im Lateinischen die übertragene Bedeutung: „schmücken, geistig pflegen, ausbilden“ (Floros 2002: 6ff.). Unter cultura, -ae verstand man im wörtlichen Sinne: „Bearbeitung, Bebauung, Anbau, Besorgung der Äcker“, im übertragenen Sinn: „Pflege, Ausbildung, Bildungsmittel, Verehrung, Huldigung und sittliche Veredlung“ (Oxford Latin Dictionary 1968: 354f.). Bei Cicero ist schon diese übertragene Bedeutung des Begriffs „cultura“ im Sinne „cultura animi“ belegt (Niedermann 1941: VII). So wie man natürliche Produkte anbauen und pflegen kann, so kann und soll man die innere Natur des Menschen, d.h. seine geistige Natur pflegen. Diese semantische Verschiebung macht sich in der Redewendung „colere artes“ in der Bedeutung: /Kunst pflegen/ merkbar. Das lateinische Wort „cultus“ bezieht sich auf die Pflege des Rituals, also auf die Verehrung der Götter. Das deutsche Wort „Kult“ bezeichnet eben das, was zum Ritual geworden ist und gepflegt werden muss. Kult (Pflege) heißt Aufrechterhaltung des Rituals. Klaus Hansen sieht einen engen Zusammenhang zwischen Ackerbau und Götterverehrung. Ackerbau und Götterverehrung seien jene Tätigkeiten gewesen, die den Urmenschen vom Tier unterschieden. Als der Urmensch den Naturzustand verließ und eine Gottheit begann zu verehren, betrat er den Raum der Kultur (Hansen 2000: 12). „Cultura“ scheint also aus der Opposition zu „natura“ zu erwachsen. „Cultura“ bezeichnet das, was der Mensch an der Natur und über die Natur hinaus geschaffen hat, was der Mensch durch „Pflege“ und Arbeit gewonnen hat. Der Mensch erwirbt also im Prozess der Sozialisierung Fähigkeiten und Gewohnheiten, die nicht „naturgegeben“ sind. Im 17. Jahrhundert erfuhr der Kulturbegriff in Deutschland eine moralische Deutung.5 „Kultur“ bezeichnete sowohl den landwirtschaftlichen Anbau als auch die Pflege der Sprache und der Wissenschaften. In der Philosophie bestand der Begriff der „Geisteskultur“ als „Ausbildung der intellektuellen und moralischen Fähigkeiten des Menschen“ (Schulz 1913: 410), der von dem klassischen Begriff der „cultura animi“ Ciceros ausgeht. Zugleich wurde der Kulturbegriff vom Individuum auf das Volk bzw. auf eine Gemeinschaft übertragen (ebda). Der Naturrechtphilosoph Samuel von Pufendorf definierte 1684 in seinem Werk „De jure naturae et gentium“ Kultur als „Inbegriff der Pflichten, welche dem Menschen 5 Für eine Rekonstruktion der Bedeutung des Wortes „Kultur“ in deutschsprachigen Raum vgl. Niedermann 1941 und Eucken 1920.
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über die Selbsterhaltung hinaus obliegen“ (Hirsch 1925: 398ff.). Dem „status animalis“ wurde die „cultura“ entgegengesetzt (ebda). Durch den Einfluss des französischen Sprachgebrauchs – Frankreich ist im 17. und im 18. Jahrhundert das kulturelle Vorbild für Deutschland – wurde das Wort „Kultur“ im 17. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum in zunehmendem Maße als Synonym zu „Zivilisation“, „Kultivierung“ bzw. „Polizierung“ benutzt (Niedermann 1941: Teil 1), die als spezifische höfische Werte galten. Diese weitere Schichtung in der semantischen Ausdifferenzierung des Wortes führte zu einem immer wachsenden Gegensatz zwischen „Kultur“ als /spontaner Ausdruck des Volksgeistes/ und „Zivilisation“ als /zivilisatorische Künstlichkeit/, die dann im 20. Jahrhundert zur Opposition „Kultur“ vs. „Zivilisation“ führt, wie sie etwa im Werk Oswald Spenglers thematisiert wird. Seit dem 17. Jahrhundert bezeichnet das Wort „Kultur“ im deutschsprachigen Raum eine Größe, die in zunehmenden Maße substantiell aufgefasst wird. Im 19. Jahrhundert galt „Kultur“ als Ausdruck des Geistes (romantische und idealistische Schule). Eine schwer wiegende Wende in der Kulturbetrachtung stellte der Historismus (Friedrich Carl von Savigny, Karl Friedrich Eichhorn, Leopold von Ranke, Friedrich Meinecke) dar, der die Geschichtlichkeit des Menschen, die geschichtliche Determiniertheit des Bewusstseins und seine Verankerung in der Tradition hervorhob. Nach dem Historismus soll die Eigenart einer Nation durch ihre Geschichte erklärt werden. Staat und Nation seien organische, geschichtlich hervorgebrachte Wesenhaftigkeiten. Der „Kern“ jeder Nation sei seine Kultur, die geschichtlich und zugleich organisch-morphologisch determiniert ist. „Kultur“ wurde zu einem präskriptiven, normativen und elitären Begriff. Zugleich wurde der Kulturbegriff zunehmend „politisch“ bestimmt. Von Bismarks „Kulturkampf“ über Hitlers „Kulturpolitik“ bis hin zur heutigen „Leitkultur“ lässt sich die Linie dieser wachsenden Politisierung sehr genau verfolgen.6 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts lassen sich die ersten Vorstöße einer “wissenschaftlichen Kulturbetrachtung” und die ersten Versuche einer etwas strengeren, theoretisch fundierten Definition des Begriffes erkennen.7 Diese Versuche tauchen in vielen unterschiedlichen Disziplinen auf, vor allem aber in den Geschichtswissenschafen, in der Philosophie, in der Soziologie, in der Psychologie, in der Völkerkunde, schließlich in der Linguistik. Eine genaue Rekonstruktion würde den Rahmen dieser Ausführungen sprengen. Daher sei im Folgenden nur an die wichtigsten Ansätze erinnert.
Vgl. exemplarisch dazu Hellpach 1954 und Eikmeyer 2004 Für eine eingehende Analyse des wissenschaftlichen Gebrauchs des kultur-zivilisatorischen Wortschatzes sei auf Labuda 2008: 487ff. verwiesen. 6 7
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VERSUCH EINER TAXONOMISCHEN KLASSIFIKATION DER WISSENSCHAFTLICHEN DENOTATE DES AUSDRUCKS „KULTUR“
Die vorgenommene Klassifikation der denotativen Inhalte des Ausdrucks „Kultur“ stellt einen Versuch dar, eine Art Kompass zur Orientierung in der kaum beherrschbaren Vielfalt der Vorstellungen von /Kultur/ in den verschiedenen kulturwissenschaftlichen Ansätzen zu liefern.8 Als Anhaltspunkte seien folgende Auffassungen gewählt: a) Kultur als /Erscheinungsform des Geistes/ (romantische bzw. idealistische Schule, biomorphe Zyklentheorie, theologischer Ansatz); b) Kultur als /Mittel zur Bewältigung von Lebensaufgaben/ (postdarwinistische Theorien, kulturpsychologischer und psychoanalitischer Ansatz, kulturanthropologischer Ansatz); c) Kultur als /Gesamtheit der tradierten Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens/ (Kultursemantik, Kulturgeschichte9, Historismus); d) Kultur als /kollektive Programmierung des Geistes/ (organisationsanthropologischer Ansatz); e) Kultur als /(Zeichen)system/ (semiotischer Ansatz, kultursystemische Theorie); f) Kultur als /Wertesystem/ (axiologischer Ansatz, kulturpolitischer Ansatz); g) Kultur als /Text bzw. Hypertext/ (kulturinterpretativer Ansatz); h) Kultur als /Regelwerk/ (generativistischer Ansatz); In vielen Theorien und Schulen lässt sich eine synkretische Verbindung von mehreren Auffassungen feststellen. Charakteristisch ist, dass jede Orientierung methodologisch sehr stark durch die Disziplin geprägt ist, im Rahmen derer sie entstanden ist. Im Folgenden wird versucht, bestimmte Klassifikationskriterien zu erarbeiten, die die oben genannten Auffassungen bzw. Ansätze transversal kennzeichnen. Es ist nämlich m.E. wenig von Vorteil, eine taxonomische Klassifikation anhand der so genannten „Schulen“ vorzunehmen.
ENGER VERSUS ERWEITERTER KULTURBEGRIFF
Als erstes grobes Klassifikationskriterium kann man unterscheiden zwischen: a) einem engen, traditionellen Kulturbegriff und b) einem erweiterten, relativ neuen Kulturbegriff. Bezugspunkt sind noch die von Clyde Kluckhohn 1944 aufgestellten Kriterien, die schon mehrmals einer kritischen Untersuchung unterzogen wurden (vgl. etwa Geertz 1983: 8). 9 Für eine detaillierte Rekonstruktion der Debatte um Kulturgeschichte als Forschungsaufgabe vgl. Labuda 2008: 61-179. 8
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In Deutschland galt der enge Kulturbegriff vom 19. Jahrhundert bis zur zweiten Nachkriegszeit als Inbegriff des „Wahren, Schönen und Guten“ (Assmann 2006:16f.). Es war ein Bereich, der grundsätzlich von den profanen Bereichen des Alltags, der Arbeit und der Technik, der Politik und der Ökonomie getrennt und mit einem normativ-elitär-präskriptiven Anspruch verbunden war. Wie es Walter Benjamin in seiner Kulturanalyse im Text Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1935) auf den Punkt brachte, hatte Kultur eine „aurale“, sakralisierende Konnotation (Benjamin 1968: 9). Sie bezeichnete einen bestimmten „Kulturkanon“, eben das, was Frank Raymund Leavis, renommierter Literaturprofessor in Cambridge bis zum Jahre 1954, als „große Tradition“ bezeichnete (Leavis 1948). Es war das Kulturerbe, das als Bezugspunkt und Maßstab zugleich für die Wertung weiterer Kulturleistungen galt. Kultur als Oberbegriff für bestimmte menschliche Hochleistungen entwickelte sie sich auf Grund eines Prozesses der Hypostatisierung zu einer Entität an sich, deren Manifestationen einzelne Hervorbringungen und Erscheinungen (Artefakte und Mentefakte) sind. Es ist eine Linie, die vom deutschen Sturm und Drang über die romantische bzw. idealistische Philosophie bis hin zur biomorphen Kulturtheorie Oswald Spenglers reicht, und noch heute in vielen Institutionen, wie etwa in den Schulen, weiter lebt. Nach dieser Auffassung wird Kultur zugleich als Hochkultur – d.h. die Kulturleistungen, die zu einem bestimmten Kanon gehörten – und als Leitkultur – als Mittel der Macht – aufgefasst. Kultur umfasse eine Reihe von kanonisierten Werken, kanonisierten Autoren, kanonisierten Strömungen. Kulturträger seien die Klassiker der Literatur und der Kunst, deren Werke in der Schule als Pflichtlektüre gelesen werden oder als Exponate in den Museen zu bewundern sind; die Denkmäler, die diesen „Klassikern“ gewidmeten sind, stehen auf den Plätzen, Straßen und Schulen werden nach ihnen benannt (Hegemann & Oestereich 2009: 11).10 Diesem engen elitären Kulturbegriff stellt sich ein erweiterter Kulturbegriff entgegen, wodurch „Kultur“ keinesfalls lediglich die Hochkultur bezeichnet, sondern vielmehr alles umfasst, was der Mensch hervorgebracht hat und hervorbringt. Der „erweiterte Kulturbegriff“ definiert sich nicht nur ex negativo, d.h. in der bewussten Abgrenzung gegen das enge und elitäre Begriffsverständnis (Elias 1976: 1-42), sondern auch ex positivo durch eine Erweiterung des Kulturbegriffs auf die Dimension der Alltagskultur und und der Popkultur. Unter „Kultur“ versteht man in diesem erweiterten Kulturbegriff u.a. die Lebensgewohnheiten und die Umgangsformen der Menschen miteinander. Die Ansätze dazu sind in der Völkerkunde des 19. Jahrhunderts zu sehen, allerdings sind es die cultural studies (Raymond Williams, Edward P. Thompson, Richard Hoggart, Stuart Hall), die ab Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts diesen erweiterten Kulturbegriff zum Kern des eigenen Programms machten. Die cul10
Vgl. des weiteren Gelfert 2005, Münkler 2009
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tural studies waren eine Antwort auf aktuelle gesellschaftliche Veränderungen,11 auf soziale Probleme, auf konkrete Fragen der postkolonialistichen Identitätsbestimmung und hatten in den so genannten Einwanderungsgesellschaften, in den USA (Berkeleyer New Historicism), in Kanada und in Australien einen großen Erfolg. In Deutschland sind die Tübinger und Frankfurter Institute für Kulturanthropologie als Zentren dieser Orientierung zu nennen (vgl. Greverus 1987).
EINE ERSTE (SCHEINBARE?) OPPOSITION: KULTUR VS. NATUR
In diesem erweiterten Kulturverständnis trat die Opposition „Natur“ vs. „Kultur“ sehr deutlich in den Vordergrund. „Kultur“ bezeichne alles, was der Mensch an der Natur und über die Natur hinaus geschaffen hat. Der Mensch erwerbe als Mitglied einer Gesellschaft Fähigkeiten und Gewohnheiten, die nicht „naturgegeben“ sind. Die wichtigsten Entwicklungslinien dieses erweiterten Kulturbegriffs lassen sich folgendermaßen resümieren: A) Eine erste Entwicklungslinie steht in der Tradition der Völkerpsychologie und der „klassischen Ethnologie“ und findet ihren Höhepunkt in der sozialwissenschaftlich orientierten Kulturwissenschaft, die ab den 70er Jahren den Versuch unternahm, die Kultur „szientistisch“ mithilfe von sozialwissenschaftlichen Erklärungsmustern zu erklären, etwa: die Person P verhält sich in der Situation S in der bestimmten Weise, weil sie in der Gesellschaft G sozialisiert wurde, wo solch ein Verhalten V kulturell standardisiert ist. Der Einzelmensch wird somit durch die Gesellschaft geprägt und determiniert (Altmayer 2004: 84-111). Die Anfänge dieses Ansatzes sind wohl in der Völkerkunde und in der Völkerpsychologie anzusiedeln und sind noch dem amerikanischen Kulturrelativismus eigen, aber erst seit Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ist diese Orientierung dank dem Aufkommen einerseits der cultural studies, anderseits der kulturvergleichenden Psychologie Alexanders Thomas’ (vgl. Thomas 1996) und des organisationsanthropologischen Ansatzes Geert Hofstedes (vgl. Hofstede 1980) voll zum Tragen gekommen. /Kultur/ wird als eine mehr oder weniger fest umrissene und empirisch beschreibbare Größe aufgefasst, die sich vor allem auf verschiedene Kollektive bezieht. /Kulturen/ bilden mehr oder weniger geschlossene Systeme, weisen innere Homogenität auf, wodurch sie sich zugleich nach außen, gegenüber anderen 11 „This canon was blown apart by world migration, by fragmentation, by the rise of margins, by the struggle of the margins to come into representation, by the contestation of the margins for cultural power, by the pluralization of the ethnicity itself in English society“ (Hall 1990: 21).
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Kulturen abgrenzen lassen. Der /Kern/ einer Kultur ist das, was man als „Volksgeist“, „Nationalcharakter“, „kollektive Mentalität“, „nationalen Habitus“ bezeichnen kann (Altmayer 2004: 86ff.). Dem Allgemeinen bzw. dem Kollektiven wird eine Existenzweise unabhängig von den Individuen unterstellt. Diese Auffassung stützt sich auf einige Grundannahmen: a) Annahme einer inneren Homogenität, die ein einzelnes „Kultursystem“ von fremden Kultursystemen abhebt; b) Annahme eines /Kernes/ (etwa Geist, Sprache, nationaler Habitus, Religion); c) Annahme einer Prägung der einzelnen Individuen, die eine Gruppe/eine Gemeinschaft bilden, durch das Allgemeine. Noch heute zeugen viele Bücher von dem Einfluss dieser Betrachtungsweise der kulturellen Dimension.12 B) Die andere Orientierung steht in der Tradition der „Verstehenden Psychologie“. Aufgabe der Geisteswissenschaften sei nicht Erklären, sondern Verstehen. Die ersten Vorstöße lieferten Anfang des 20. Jahrhunderts und zählten zu ihren Initiatoren Wissenschaftler wie Max Weber, Wilhelm Dilthey, Alfred Schütz, Georg Simmel, Karl Lamprecht, Ernst Cassirer, Walter Benjamin. Die Entwicklung erfuhr in den 30er Jahren durch die Verfolgung durch das Naziregime ein rasches Ende. Die Wiederanknüpfung an diese gebrochenen und verlorenen Impulse geschah nicht sofort nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern setzte sich erst allmählich in den 70er und 80er Jahren durch (vgl. Assmann 2006: 20ff.). Seit den 90er Jahren erlebt diese Renaissance eine Institutionalisierung bei der Grundlegung der Kulturwissenschaften an ost- und westdeutschen Universitäten. Das primäre Anliegen ist es, „Texte“ im breiten Sinne des Wortes (Artefakte, Mentefakte, Handlungen, Riten, Symbole) zu kontextualisieren, d.h. in jene größere Zusammenhänge einzufügen, in denen sie entstanden sind. Kultur wird im Sinne der Muster und Schemata aufgefasst, derer sich Angehörige einer Gesellschaft bzw. Sprachgemeinschaft für die Deutung ihrer Lebenswirklichkeit bedienen und die insbesondere in kommunikativen Handlungen („Texten“ im breiten Sinne) fassbar und erkennbar sind. Dies hat zu verschiedenen Ausprägungen geführt. Hier seien nur einige genannt, die für unsere weiteren Ausführungen relevant sind: ● zur funktionalistischen Theorie (Malinowki 1944) ● zur interpretativen Kulturwissenschaft – Kultur als Text bzw. Hypertext13 – und zur semiotischen Kulturtheorie – wobei die Signifikationsprozesse Vgl. im deutschsprachigen Raum etwa Bausinger 2000, Gelfert 2005, Münkler 2009. „Verstehen wir die Rede von ‘kulturellem Wissen’ also in diesem Sinn eines im kulturellen Gedächtnis gespeicherten Repertoires an Texten, das einer Kommunikationsgemeinschaft zur Verfügung steht, um im Rahmen kommunikativer Handlungen eine gemeinsame ‘Welt’ herstellen zu können, dann stellt sich die uns hier interessierende zweite Aufgabe der kulturwissenschaftlichen Textanalyse, d.h. die Verallgemeinerung der in einem konkreten Einzeltext rekonstruierbaren Wissensbestände […]“ (Altmayer 2004: 251) 12 13
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d.h. die Prozesse der Zeichenbildung und Zeichenbenutzung in den Vordergrund treten14. ● zur Theorie des kommunikativen Handelns (Habermas 1981/1982) ● zur Auffassung der lingua mentalis (Wierzbicka 1980, 1997, 1999)
EINE ZWEITE (SCHEINBARE?) OPPOSITION: KULTUR VS. SPRACHE
Weitere Ansätze zum neuen, erweiterten Kulturverständnis entstanden im Rahmen von verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und entsprangen spezifischen Fragestellungen. Hier sei an die Angewandte Sprachwissenschaft erinnert. Die Angewandte Sprachwissenschaft, und insbesondere die Fremdsprachenforschung und die Glottodidaktik, kam ziemlich schnell zur Einsicht, dass das Erlernen einer Sprache sich nicht nur auf das Erlernen von bestimmten rein sprachlichen Strukturen beschränkt (Wortschatz, Syntax, Phonetik), sondern auch in der Beherrschung von extrasprachlichen Faktoren besteht. Es setzt breitere kommunikative (pragmatische, soziolinguistische) Kompetenzen voraus und ist mit dem Erwerb eines bestimmten Wissens, d.h. eines kulturellen expliziten und impliziten Wissens, verbunden. Dieser Ansatz wurde im Gefolge der generativistischen Sprachtheorie Noam Chomskys weiter entwickelt (Goodenough 1964, Hymes 1971, Hudson 1980, Gumperz 1982). In Aspekte der Syntaxtheorie stellte Chomsky die These auf, dass der Mensch über eine grundlegende Sprachkompetenz verfügt, die ihn befähigt, sich einer Sprache zu bedienen, d.h. sich grammatisch korrekt und situationsbezogen angemessen sprachlich auszudrücken. Jeder konkreten Sprachperformanz eines Menschen liegt eine Sprachkompetenz zu Grunde, die zugleich Kenntnis und Beherrschung des Regelwerks eines generativen Systems ist. Die Sprachkompetenz ist die Fähigkeit unseres Gehirns, sprachliche Äußerungen zu generieren und die entsprechenden dazu zu bringen, diese sprachlichen Äußerungen zu realisieren, sowie die sprachlichen Äußerungen von anderen Sprechern zu verstehen. Die Sprachkompetenz setzt aber eine viel breitere kommunikative (pragmatische, organisatorische, strategische)15 Kompetenz voraus, die dem Sprecher ermöglicht, seine Sprechakte situations-, kontextgemäß adäquat zu formulieren, und die mit einem „Die Auseinandersetzung mit den symbolischen Dimensionen sozialen Handelns – Kunst, Religion, Ideologie, Wissenschaft, Gesetz, Ethik, Common sense – bedeutet keine Abwendung von den existentiellen Lebensproblemen zugunsten eines empyreischen Bereichs ent-emotionalisierter Formen, sondern im Gegenteil den Sprung mitten hinein in diese Probleme. Die eigentliche Aufgabe der deutenden Ethnologie ist es nicht, unsere tiefsten Fragen zu beantworten, sondern uns mit anderen Antworten vertraut zu machen, die andere Menschen – mit anderen Schafen in anderen Tälern – gefunden haben, und diese Antworten in das jedermann zugängliche Archiv menschlicher Äußerungen aufzunehmen.“ (Geertz 1983: 43) 15 Vgl. Canale / Swain 1980, Bachman 1990. 14
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breiten extrasprachlichen (eben kontextuellen, ja „kulturellem“) Wissen verbunden ist. Wo lässt sich also die Trennlinie zwischen Sprache und Kultur ziehen?16 Diese Frage ist bis heute eigentlich unbeantwortet. Das wichtigste Verdienst dieser Orientierung liegt aber zweifelsohne darin, dass sie die Grenzen der rein systemischen Betrachtung aufgezeigt hat. Denn wenn man Kultur und Sprache als reine Zeichenssysteme auffasst, dann entsteht die Frage, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Ist die Sprache ein Subsystem des Kultursystems? Setzt eine Kulturgemeinschaft eine Sprachgemeinschaft voraus? Es liegt nahe, dass die Unmöglichkeit, auf diese Fragen eine klare Antwort zu geben, mit der Tatsache zusammenhängt, dass diese Fragen nicht korrekt gestellt werden.
DIE ANTHROPOZENTRISCHE THEORIE WIRKLICHER MENSCHLICHER SPRACHEN UND WIRKLICHER MENSCHLICHER KULTUREN
Der Ausgangspunkt für meine weiteren Ausführungen ist Franciszek Gruczas „anthropozentrische Theorie der wirklichen menschlichen Sprachen“ (antropocentryczna teoria rzeczywistych języków ludzkich)17. Eine zentrale Aufgabe sieht diese Theorie in der Bestimmung des ontologischen Status von „Sprache“. Was ist Sprache? Was ist ein Ethnolekt, was ist ein Technolekt, was ist ein Soziolekt, was ist ein Idiolekt? Eine grundlegende Kategorie für die Bestimmung des ontologischen Status ist die Opposition wirkliche Sprachen vs. nicht wirkliche Sprachen bzw. intellektuelle Konstrukte. Die wirkliche Sprache eines konkreten Individuums lässt sich nur als Idiolekt bestimmen. Der Idiolekt existiert nicht außerhalb des Menschen, der ihn spricht. Es macht also keinen Sinn, von einem autonomen Zeichensystem zu sprechen, ohne das konkrete Individuum zu berücksichtigen, das sich „dieses Systems“ bedient. So gesehen, lassen sich konkrete Sprachen immer nur als stark defektive Systeme bestimmen. Die Vorstellung eines an sich existierenden, autonomen Sprachsystems ist umso mehr irreführend. Der Mensch erwirbt seine Sprache nicht „von außen“. Sein Idiolekt ist das Ergebnis eines komplexen Interaktionsprozesses zwischen Inputs von außen und innermenschlichen, ja zerebralen/kognitiven und physiologischen Verarbeitungs- und Produktionsmechanismen. Franciszek Grucza hat auf die mögliche Erweiterung seiner anthropozentrischen Sprachtheorie auf die Kultur hingewiesen (Grucza 1989, 1992, 1993b, 2000). Im Folgenden gilt es, diesen Ansatz zu prüfen. Für eine ausführliche Behandlung des Problems sei auf Grucza 2000 hingewiesen. Franciszek Grucza hat diese Theorie in verschiedenen Schriften entwickelt, vor allem in Grucza 1976, 1978, 1979, 1981b, 1988, 1993d, 1997, 2008: 380ff, Grucza 1988, Grucza 1993d, Grucza 1997, Grucza 2008: 380ff. 16 17
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VERSUCH EINER FORMALISIERUNG
Auf der Basis des durch die Wissenschaftstheorie erarbeiteten Begriffssystem-Modells lässt sich jede Wissenschaft durch ein Begriffsystem formalisieren. Ein Begriffssystem fasst verschiedene Arten von Systemen aus klar voneinander abgrenzbaren Begriffen (Konzepte, Klassen, Objekte, Entitäten, Elemente) zusammen, die durch Relationen miteinander verbunden sind. Diesen Begriffen entsprechen bestimmte Bezeichnungen. Diese Relationen werden durch Definitionen, Regeln und andere Induktions- bzw. Deduktionsverfahren aufgestellt.18 Jede Wissenschaft untersucht eine Klasse von Objekten, deren Eigenschaften und die Relationen zwischen den Objekten, zwischen deren Eigenschaften sowie zwischen den Objekten und ihren Eigenschaften, nach dem folgenden Schema: {O1 … Ox; E1… Ey; R1… Rz} wobei O für Objekt, E für Eigenschaft, R für Relation steht (vgl. Grucza 2008:354).
DER AUSDRUCK „IDIOKULTUR“ UND SEINE BEDEUTUNGEN
So wie die Sprache keine substantielle Größe ist, sondern je nachdem, wie man sie betrachtet, entweder als Idiolekt eines konkreten Menschen oder als Polylekt aufzufassen ist, ist „Kultur“ keine substantielle Größe, sondern entweder ist sie ein Konstrukt, das möglicherweise hypostatisiert wurde (nominalistische Position), oder sie ist die konkrete Kultur eines konkreten Menschen (Idiokultur). Der Ausgangspunkt für die Untersuchung von /wirklicher Kultur/ ist der konkrete Mensch als Kultursubjekt bzw. als „Träger“ von kulturellen Eigenschaften. Franciszek Grucza hat den Begriff „Idiokultur” (abgek.: Ik) folgendermaßen formalisiert: Ik (O) = {E1… Ey; R1… Rz} wobei O für das konkrete Subjekt, {E1… Ey} für die Menge der einschlägigen Eigenschaften, {R1,…, Rz} für die Menge der zu untersuchenden Relationen zwischen den Eigenschaften der Objekte und zwischen den Objekten (Grucza 2005:25) stehen. In diesem Falle ist das Objekt ein beliebiger konkreter Mensch, der ein „Kultursubjekt“ ist. Die Eigenschaften, die untersucht werden, sind seine „kul18 Jakob Voß: Begriffssysteme (http://www.jakobvoss.de/epub/begriffssysteme03/begriffssysteme. pdf , letzte Einsicht: 9.7.2008)
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turellen Eigenschaften“ (als Teilmenge seiner Eigenschaften), die miteinander in Bezug stehen (Relationen zwischen diesen Eigenschaften). Es lässt sich also zusammenfassend sagen, dass „Idiokultur“ die Menge bestimmter wirklicher Eigenschaften eines Individuums sowie die Menge der Relationen zwischen diesen Eigenschaften umfasst. Kultur wird also nicht als substantielle Größe aufgefasst, sondern als ein wirkliches dynamisches Gefüge einer Teilmenge von menschlichen Eigenschaften, das als solches synchronisch oder/und diachronisch erforscht werden kann. Franciszek Grucza definiert den Idiokultur-Begriff folgendermaßen: Die Kultur eines Menschen macht eine bestimmte Teilmenge jener von ihm internalisierten Regeln und Mustern aus, die sein Verhalten, seine Aktivitäten bestimmten und/oder die Ausführung dieser Aktivitäten möglich machen, ihn in die Lage versetzen, einerseits entsprechende „Dinge“ – sowohl geistige als auch materielle, als auch entsprechende Äußerungen – hervorzubringen, und andererseits die auf ihn zukommende Umwelt […] entsprechend zu erkennen, zu kategorisieren, zu interpretieren und […] zu evaluieren, d.h. ihnen u.a. Sinn zu verleihen und ihren Sinn zu verstehen. (Grucza 2000: 20)19
Diese kulturellen „Hervorbringungen“, von denen hier die Rede ist, setzen eine entsprechende kognitive, perzeptive und motorische Ausstattung voraus. Statt „Was ist Kultur?“ soll die anthropozentrisch orientierte Kulturwissenschaft die folgenden Fragen aufwerfen: ¾ „Was sind die kulturellen Eigenschaften der Menschen?“ ¾ „Wie stehen sie zueinander“?
KULTURELLE EIGENSCHAFTEN KONKRETER MENSCHEN
Der Mensch als soziales, kommunikatives Wesen zeichnet sich durch bestimmte gattungsspezifische Eigenschaften aus, unter denen die sprachlichen Eigenschaften eine sehr wichtige Rolle spielen. Die kulturellen Eigenschaften wurden von Franciszek Grucza als „menschliche Faktoren“, als Konstituenten bzw. Formanten des Menschen definiert: Kultur bezieht sich […] auf solche menschlichen Faktoren, die einerseits – sowohl das geistige als auch das körperliche – Verhalten und Tun der Menschen (ihr Denken, ihre Arbeit, ihre Einstellung zu sich selbst und zu ihrer Umwelt etc.) bestimmen und andererseits selbst als Ergebnis früher menschlicher Aktivitäten geschaffen worden sind (…). In diesem Sinne können im Grunde genommen zunächst die Regeln, die Prinzipien bzw. die Erkenntnisse und die Wissens-, die Überzeugungs- bzw. Glaubenselemente, und/oder –systeme als Kulturfaktoren So fasst Franciszek Grucza das semantische Korrelat des Wortes Kultur zusammen: „Kultur ist alles, was Menschen geschaffen, erfunden bzw. geformt haben, gleichgültig, ob es sich auf sie selbst oder auf ihre Umwelt bezieht, ob es als Bestandteil ihrer selbst, ihres Bewusstseins, ihrer Mentalität in ihnen (internalisiert) zurückgeblieben oder zu externalisierten Objekten verarbeitet worden ist.“ (Grucza 1988, 325) 19
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bezeichnet werden, vorausgesetzt, dass sie als von Menschen erdachte, erfundene, gesetzte etc. Determinanten, oder besser: Formanten, ihres Verhaltens, Tunis etc. funktionieren. (Grucza 1988, 325f.)
Der Mensch verfügt nicht nur über die Fähigkeit, mit anderen Menschen zu kommunizieren – diese Fähigkeit ist auch verschiedenen Tierarten gemein – sondern darüber hinaus über die Fähigkeit, seine Lebenserfahrungen und das daraus resultierende logische und emotionale Wissen20 (Arten des Wahrnehmens, Fühlens, Denkens, Wertens und Handelns) intern zu kodieren, extern zu speichern und daher in Raum und Zeit abzulagern und für die weiteren Generationen zugänglich zu machen. Der Mensch gestaltet so seine Umgebung als „Lebenswelt“21, als die für uns signifikante „geteilte Welt“, d.h. das fraglos Gegebene, bei dem der „verfügbare Vorrat früher Erfahrungen“ bzw. „Wissensvorrat“ als Bezugsschema fungiert.22 Dieser Fähigkeit liegen also bestimmte menschliche Eigenschaften zugrunde, eben die „kulturellen Eigenschaften“. Darunter lassen sich folgende Bereiche subsumieren: ● Die Eigenschaften des Menschen, die ihn befähigen, sich mit anderen Menschen zu verständigen und Bedeutungen auszuhandeln (sprachliche bzw. kommunikative Eigenschaften); ● Die Eigenschaften des Menschen, die ihn befähigen, sozial zu handeln (pragmatische soziale Eigenschaften); ● Die Eigenschaften des Menschen, die ihn befähigen, seine „inneren“ Inhalte zu externalisieren, d.h. in externen, von ihm erzeugten Gegenständen auszulagern (Symbole, Texte, Manufakte und Artefakte) (expressive Eigenschaften). Hier wird weder auf die Frage eingegangen, ob man nicht all diese drei Bereiche unter „kommunikativen Eigenschaften“ subsumieren könnte, noch auf die Frage, in welchem Verhältnis diese Eigenschaften zu den allgemeinen kognitiven Eigenschaften stehen. Zum Zweck der hier vorgenommenen Begriffsbestimmung ist diese Dreiteilung von Vorteil. Für den Begriff „Wissen“ in diesem Sinne verweise ich auf Grucza 2006: 5-48 „Jeder Schritt meiner Auslegung der Welt beruht jeweils auf einem Vorrat früherer Erfahrungen, die mir von meinen Mitmenschen, vor allem meinen Eltern, Lehrern usw. übermittelt wurden. All diese mitgeteilten und unmittelbaren Erfahrungen schließen sich zu einer gewissen Einheit in der Form eines Wissensvorrats zusammen, der mir als Bezugsschema für den jeweiligen Schritt meiner Weltauslegung dient. All meine Erfahrungen in der Lebenswelt sind auf dieses Schema bezogen, so daß mir Gegenstände und Ereignisse in der Lebenswelt von vornherein in ihrer Typenhaftigkeit entgegentreten, allgemein als Berge und Steine, Bäume und Tiere, spezifischer als Grat, als Eiche, als Vögel, Fische usw.“ (Schütz/ Luckmann 1979/1984, 29). Vgl. darüber hinaus Husserl 1962, Schütz 1991. Eine weitere Ausprägung des Lebenswelt-Begriffes findet in der Theorie des kommunikativen Handelns Jürgen Habermas’ statt (vgl. Habermas 1981, 449ff. und dazu Altmayer 2004, 138ff.) 22 Vgl. Altmayer 2004, 118 20 21
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DER AUSDRUCK „POLYKULTUR“
Welcher ontologische Status steht also Bezeichnungen wie „polnische Kultur“, „deutsche Kultur“, „Jugendkultur“ zu? Für die Beantwortung dieser Frage ist es angebracht, auf die schon angesprochene Unterscheidung von Franciszek Grucza zwischen wirklichen Kulturen und nicht wirklichen Kulturen bzw. intellektuellen Konstrukten – darunter seien auch Abstraktionsprozesse jeder Art, und daher auch Verallgemeinerungen und Stereotype verstanden – zurückzugreifen. „Polykultur“ wird von Franciszek Grucza als „Kultur einer beliebigen Gemeinschaft“ (vgl. Grucza 2000, 26f.) definiert. Individuen bilden eine Gemeinschaft, wenn sie Gleichgesinnung, Selbstverständnis und Gemeinsamkeit der Ziele teilen. Woraus besteht aber wirklich diese „gemeinsame Kultur“? Was bezeichnen wir als „unsere Kultur“? Polykultur als wirkliche Polykultur einer Gemeinschaft lässt sich theoretisch gesehen in Anlehnung an die analoge Formalisierung der Idiolekte und der Polylekte23 auf zweilerlei Weise definieren: a) intersektiv24 – d.h. sie lässt sich mit den Mitteln der mathematischen Mengenlehre als Schnittmenge der Idiokulturen der Individuen, die diese Gemeinschaft bilden, erfassen, d.h. Pk = Ik1 Ik2 … Ikn25, wobei Pk für Polykultur, und Ik für Idiokultur steht. Graphisch gesehen lässt sich dies folgendermaßen durch Euler-Venn-Diagramme darstellen:
Vgl. Grucza 2008: 222ff., 231ff. Unter „intersektiv“ verstehe ich die in einer Schnittmenge auftretenden Elemente. 25 Für die tatkräftige Unterstützung in der mengentheoretischen Formalisierung der Begriffe bedanke ich mich bei Frau Prof. Sabrina Mulinacci, Universität Bologna. 23 24
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b) summarisch-extensiv – d.h. sie lässt sich mit den Mitteln der mathematischen Mengenlehre als Vereinigungsmenge der Idiokulturen der Individuen, die diese Gruppe bilden, erfassen, d.h. Pk = Ik1 Ik2 … Ikn, wobei Pk für Polykultur, und Ik für Idiokultur steht. Graphisch gesehen lässt sich dies folgendermaßen darstellen:
Es stellt sich heraus, dass man Polykultur logischerweise nur intersektiv auffassen kann, es sei denn, alle teilen alles. Es liegt also nahe, das die Übertragung des formalisierten mathematischen Modells des Polylektes auf die Polykultur nicht unproblematisch ist. Zwar lässt sich der Polylekt, mindestens ideell gesehen, als Obermenge der einzelnen Idiolekte betrachten, doch lässt sich die Polykultur nicht als Obermenge der einzelnen Idiokulturen erfassen, sondern umgekehrt. Die wirkliche Polykultur ist daher viel enger gefasst, als man oft annimmt. Je breiter sich die Gemeinschaften definieren lassen, desto enger sind ihre einschlägigen Polykulturen gefasst. Eine Kultur als wirkliche Polykultur kann zwar ethnisch (Ethnokultur),26 sozial (Soziokultur), fachwissenschaftlich (Technokultur)27 bestimmt werden, aber es geht immer darum, die wirklich gemeinsamen Elemente zu definieren.28. Das bedeutet, dass „unsere Kultur“ eigentlich aus weniger Eigenschaften als „meine Kultur“ besteht. Und dies bringt mit sich, dass man in der Tat bei Zuschreibung und Zuweisung von MerkmaEs steht außer Frage, dass in Zeiten der Globalisierung die nationalen Grenzen den Charakter von Grenzziehung zwischen so genannten Kultureinheiten verlieren. Norbert Elias hat versucht, die verschiedenen „Figurationen“ von in- und übereinander verschachtelten transnationalen Kollektiven zu beschreiben (vgl. Elias 1987, 274ff.). Vgl auch dazu Hansen 2000: 168 27 Sambor Grucza hat bewiesen, dass eine Gruppe von Fachleuten, die sich durch ein bestimmtes Fachwissen und eine Fachsprache auszeichnet, eine polykulturelle Ausprägung ist (Grucza S. 2008, 160ff.) 28 Man geht davon aus, dass ein grundlegendes Element der wirklichen Polykultur der Polylekt ist, d.h. die Gesamtheit der verbalen und nicht verbalen Mittel, die eine Gruppe benutzt, um zu kommunizieren. Man geht auch davon aus, dass eine Polykultur sich durch ein bestimmtes „geteiltes Wissen“ charakterisiert. Es geht aber darum, diese Elemente genauer und vor allem in Bezug auf die konkreten Menschen zu definieren. 26
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len Mitgliedern einer Gruppe mehr aufpassen soll, als dies normalerweise geschieht. Auf der Ebene des so genannten „intellektuellen Konstruktes“ wird oft selektiv verallgemeinert, d.h. bestimmte Elemente oder Merkmale werden als „typisch“ angesehen, während andere verschwiegen bzw. ignoriert werden. Das so genannte „intellektuelle Konstrukt“, d.h. die Weise, in der wir über große „Kulturentitäten“ sprechen, ist das Ergebnis einer selektiven Verallgemeinerung, die uns zwar ermöglicht, eine bestimmte Gemeinschaft – Sprachgemeinschaft, Kommunikationsgemeinschaft,29 Interessengemeinschaft – zu charakterisieren, aber dies erfolgt immer mit den angesprochenen Beschränkungen.
SCHLUSSFOLGERUNGEN
Die Opposition Natur vs. Kultur und Sprache vs. Kultur ist im Lichte dieser Ausführungen zu revidieren. Kultur ist auch das Ergebnis der natürlichen Ausstattung des Menschen. Kultur entsteht, wenn bestimmte Rahmenbedingungen für die menschliche Entwicklung gegeben sind, allen voran Sozialisierungsprozesse und die zwischenmenschliche Kommunikation. Auch die Trennung von Sprache und Kultur ist ein rein künstliches Konstrukt. Der Mensch „spricht“ nicht nur mit Worten und mit Werken, er ist selber Sprache. Kultur als wirkliche menschliche Kultur (Idiokultur) wird in der anthopozentrischen Kulturtheorie als ein konstitutiver Faktor (vgl. Grucza 2000, 21) des in Betracht gezogenen Menschen aufgefasst. Sie umfasst die Menge der menschlichen Eigenschaften, die den Menschen als sozial handelndes, „kulturelles“ Subjekt ausmachen (vgl. Grucza 2000, 20) und die ihn dazu befähigen, bestimmte Äußerungen (Kulturäußerungen bzw. Kulturerzeugnisse) hervorzubringen und sie interaktiv bzw. sozial einzusetzen. Die Rede von „Kultur“ als autonomer Größe, die von den konkreten Menschen als Kultursubjekte absehen kann, ist das Ergebnis einer ungerechtfertigten Hypostatisierung oder einer Verallgemeinerung, die nicht selten manipulativen Zwecken dient. Wenn von „Kultur einer Gemeinschaft“ die Rede ist, ist immer von den gemeinsamen kulturellen Eigenschaften der konkreten Menschen auszugehen, die diese Gemeinschaft bilden. Wenn dies nicht erfolgt, werden irrtümlicherweise (oder zielgerechtet?) Verallgemeinerungen oder nicht zutreffende Zuschreibungen vollzogen. Und davor soll die Wissenschaft warnen.
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Vgl. dazu Knapp-Potthoff 1997
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Report "Zur Vieldeutigkeit des Ausdrucks Kultur und zur anthropozentrischen Kulturtheorie, [in:] Kwartalnik Neofilologiczny LVI, 1/2009, 25-45 "