Zur sumerischen Grammatik

June 14, 2017 | Author: Joachim Krecher | Category: Assyriology, Ancient Near Eastern Languages, Sumerian, Sumerian Language, Mesopotamia
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Zur sumerischen Grammatik Von Joachim Krecher—Münster/Westf. 1. Isolierende Postpositionen Aus sumerischen literarischen Texten ist seit langem ein Element RI bekannt, das am Ende von nominalisierten Sätzen oder nominalen Verbindungen vor allem in den Klageliedern begegnet. Jedoch existieren dafür bislang nur auseinandergehende und meist nicht näher begründete Meinungen, was den Sinn dieses RI angeht. S. Langdon hielt es mit Bezug auf SBH: 14, i und 31 für ,,the sign of a relative clause/' (SBP Q72). S. N. Kramer erklärte es in AS 12 S. 96 als ,,,ditto' or repetition' sign, i.e. a sign which indicates that some preceding line or phrase which has more or less the character of a refrain is to be inserted in the position indicated" und nahm dabei RI als epigraphische Weiterentwicklung des bekannten Wiederholungszeichens aus den Emesal-Texten NET 202ff., das als solches von A. Poebel in ZA 37, 169ff. bestimmt worden war. Später hat S. N. Kramer nominalisierte Sätze mit nachfolgendem RI als Kausalsätze gedeutet (TEP 8.67!), Th. Jacobsen ähnliche Sätze als Temporalsätze (,,after"; SP S. 472). J. van Dijk schließlich vermutete, daß sich in unserm RI das bekannte Demonstrativpronomen r i,,jener" verberge oder daß es an

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Abkürzungen und Zitierweise nach dem Akkadischen Handwörterbuch (Lieferung i und 6); ferner Enmerkar S. N. Kamer, Enmerkar and the Lord of Aratta (nach Zeilen der Transkription) GSG A. Poebel, Grundriß der sumerischen Grammatik PRAK B, C, D PRAK I, Serie B bzw. PRAK II, Serie C und Serie D SK VS i und 10 (nach Nummern) SLTNi AASOR 23 SRT E. Chiera, Sumerian Religious Texts STVC OIP 16 (nach Nummern) TEP S. N. Kramer, Two Elegies on a Pushkin Museum Tablet (Moskau) (nach Zeilen der Transkription S. i6ff. und S. 52 ff.) TR S TCL 15—16 (nach Nummern) Urklage AS 12 (nach Zeilen der Transkription)

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das seltene „suffixe -ra de rablatif" 2 anzuschließen sei (CahTD i, 74; ActOr 28, i631). Gemeinsam ist diesen Deutungen die Annahme, daß das RI den vor ihm stehenden Satzteil oder Satz in Beziehung setzt zu anderen Textteilen, d.h. zu einem den betreffenden Abschnitt bestimmenden Refrain o.a. oder einem logisch übergeordneten Satz. Als Zeichen eines Relativsatzes werden wir RI allerdings heute kaum verstehen, da nach unserer Kenntnis der sumerischen Grammatik ein ,,Relativsatz" durch seine Nominalisierung (-a), die attributive Stellung hinter dem Beziehungswort und gegebenenfalls ein rückverweisendes Possessivsuffix gekennzeichnet ist. Außerdem steht vor RI in einigen Fällen nicht ein Satz, sondern nur ein Götter- oder Tempelname. Gegen die Gleichsetzung des RI mit dem dito-Zeichen der Texte aus Tello läßt sich geltend machen, daß einer von ihnen, NFT 205 a, in II 2 ein RI nach einer nominalisierten Verbalform auf weist, doch wohl das angebliche Wiederholungszeichen RI : dam a NE si ba-an-i-la mu-si-in nu-[m]u-un-d[i]b-ba-Ri Allerdings ist in NFT 205 a ein dito-Zeichen an keiner Stelle erhalten. Ich meine aber unser RI auch am Schluß der Zeilen NFT 202 III 8 f. i-ti e n u - u s - r a - g e - R i s a-z u e n u - U D . U D - r e - R i wiederzufinden; dieser Text verwendet in I i. 2. II 8. 12 usw. das erwähnte dito-Zeichen. Im folgenden bespreche ich die nicht sehr zahlreichen Stellen, an denen der Kontext gut erhalten und soweit deutlich ist, daß sich zur Bestimmung des RI Anhaltspunkte gewinnen lassen. Für weitere Belege von KI in undeutlichem Kontext s. die Anmerkungen 4, 5, 7 und 10. Vorausgeschickt sei, Ja/J die akkadischeii Übersetzungen in der jungen Überlieferung unser RI anscheinend unberücksichtigt lassen3. Einige Male könnte RI tatsächlich der Hinweis sein, daß an seiner Stelle eine Art Refrain aus dem vorangehenden Kontext einzusetzen ist. Vor RI steht jeweils ein auf -a (Nominalisierung oder Genitiv) endendes nominales Glied. Davon ist CT 15, I2f., 24 = IV R 28*: 4 Rs. 45 f. eine einzelne mit RI endende Zeile nach einer Reihe von gleichgebauten Zeilen ohne RI bzw. mit -ta an Stelle von RI. Ähnlich steht Urklage 410 als einzelne Zeile mit RI im Zusammenhang mit mehreren anderen (407—409 und 411) ohne das RI, die aber anders als 410 nicht 2

Damit ist wohl auf die S. 22 f. besprochenen Fälle angespielt, in denen -ra offenbar nicht den Dativ bezeichnet. 3 KAR 375 III 26 = V R 52, 49b; SBH: 14, 2. 41. 43; 52 Rs. 4 (-ri = ??); 54, 59. Rs. 31.

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mit dem Nominalisierungs-a schließen4. In PR AK D 45, 4 ff. und Parallelen sowie den verwandten Stellen S K 25 II 48ff., IV 49ff. und VI 3ff., in Urklage 390—406 und Misc. T. n, 19—22 begegnen mehrere mit RI endende Zeilen hintereinander5, zum Teil unterbrochen durch im übrigen gleichgebaute Zeilen ohne RI (in Urklage 391 und 392 steht hierbei -e an Stelle von -RI). Sie alle, auch die auf -a (s. oben) bzw. -e endenden eingeschobenen Zeilen verlangen zumindest sinngemäß eine Ergänzung durch etwas wie einen Refrain, der auch leicht aus dem Kontext der vorangehenden Text abschnitte zu entnehmen ist. Schon die erstgenannte Stelle aber läßt Zweifel an einer Deutung aufkommen, die in RI ein nur graphisches Wiederholungszeichen sehen will. Denn die dort vorangehenden Zeilen bestehen wie die zitierte Zeile aus einem geschriebenen bzw. nur gedachten uru „Stadt" mit wechselndem Attribut. Warum steht RI nur nach der letzten Zeile, wo doch die vorangehenden Zeilen ebenfalls sinngemäß die Ergänzung zu einem vollständigen Satz verlangen? Doch werden wir weiter unten Stellen zu besprechen haben, an denen tatsächlich nach einer Reihe unvollständiger Sätze, d.h. eben nur paralleler Satzteile, der \^ollständige Satz erst am Schluß der Reihe erscheint. Bei CT 15, 12!, 24 = IV R 28*: 4 Rs. 45 f. befremdet aber außerdem noch das Fehlen des -zu vor -RI, während die vorangehenden Zeilen wie auch die erste Zeile des Abschnitts (CT 15, 13, 10) am Schluß der betreffenden nominalen Glieder das Possessivsuffix aufweisen. Ob es Zufall ist, daß soweit mir bekannt vor RI nirgendwo ein Pronominalsuffix steht ? Scheinbar ähnlich gebaut wie die weiter oben genannten Stellen PRAK D 45, 4ff. usw. ist SK 25 I 3 ff.: Nach zwei selbständigen Sätzen (Z. i—2) steht eine Reihe von Zeilen, die nur nominale Glieder enthalten, und zwar zwei in jeder Zeile. Am Schluß der ersten und zweiten. Zeilenhälften steht RI ; an vier einzelnen Stellen fehlt es, s. unten. Die erste Zeile des Abschnitts beginnt „das Haus stöhnt" ([e-e se äm-s]a 4 4

S. noch SRT 40, 9 = UM 10/4, i I 23; SLTNi 102, 3; KAR 375 III 25 = V R 52, 48 b. An einigen der hier und in den Anmerkungen 5 und 7 genannten Stellen könnte -ri statt der im folgenden besprochenen heraushebenden auch richtungsanzeigende („für" o.a., s. S. 24) oder temporale (,,nach(dem)", s. S. 2i f.) Bedeutung haben. 5 S. noch UM i/2, 130, 13—16; PRAK C 118 Rs. II 9ff. und NFT 207 V 2ff.; UM io/2, 12 I 3 ff. + SK 12 I i—S = 32 I 1—9, jüngeies Duplikat SBH: 52 Rs. 3—24; PRAK B 123 Rs. 4ff.; H. de Genouillac, Fouilles de Tello II PL 53 AO 12999, 30·; SLNTi no, 61; BL Tf. 69! Rs. i6ff., vgl. (jeweils in anderem Kontext) CTi5, 7, 7—12; SK 61, i—6; BE 31, i6IV2—5; SBH: 14,38—42; s. weiter BA 10, 87, 22—25; SBH: 66, 21—24 = 82, 2—5; vielleicht auch SBH 54 Rs. 30. S. noch Anm. 4.

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ergänzt nach Z. 2). Dieses ,,stöhnt" samt dem folgenden „ich stöhne mit ihm" wird sinngemäß die ^Satzaussage' zu jedem der Tempelnamen bilden, die die Zeilen 3—15 ausfüllen. Da se-sa 4 zweifellos ein transitives Verb ist, sollte das Subjekt das Agentivzeichen auf weisen. Dementsprechend steht auch in Z. [i] und 2 e-e. Bei den Tempelnamen der Zeilen 3—15 würden wir vor dem ,Wiederholungszeichen' RI, das dann für „stöhnt; ich stöhne mit ihm" stünde, ebenfalls -e (-ke 4 , -ge) erwarten; ein -e ist aber dort an keiner Stelle geschrieben. Das ,Wiederholungszeichen' RI müßte dann also auch die ,Wiederholung' der Ageritiv-Postposition andeuten —·, eine in sich sehr unwahrscheinliche Annahme. Ähnliches läßt sich bei PRAK C 97, 4—5 (8) beobachten. Dieser teilweise ,syllabisch' geschriebene Text ist von Vs. i an parallel zu SK 65, 9ff., wobei PRAK C 97, 6—8 in SK 65 keine Entsprechung haben und Z. 9—12 nicht mit SK 65, 14ff. übereinstimmen, aber wie diese Zeilen mit nicht-nominalisierten finiten Verben enden. In den Zeilen SK 65, 10—13 ist die ,Satzaussage' offenbar immer die gleiche, nämlich s u m u - u n - n i g i n - e . Davor stehen inhaltlich parallele6 nominale Glieder, die am Schluß die Postposition -e auf weisen (sehr wahrscheinlich Agentiv). Eine Ausnahme bildet die zweite Zeile (SK 65, n): dort schließt das erwähnte nominale Glied nicht mit der Postposition -e, sondern mit -RI, und die ,Satzaussage' s u m u - u n n i g i n - e ist zumindest nicht geschrieben. In der Parallele PRAK C 97 ist das Prädikat (su mu-nigi-de) nur in der ersten Zeile (Z. 2) ausgeschrieben; das nominale Glied trägt dort offenbar die LokativPostposition -a. Die folgenden Zeilen (Z. 3—5) enthalten die gleichen nominalen Glieder wie die Parallele S K 65, aber nicht nur in der ersten (wie bei SK 65), sondern auch der zweiten und dritten Zeile fehlt die Postposition, statt ihrer steht -RI, und die virtuell jeweils dazugehörige ,Satzaussage' ist nicht geschrieben. Somit ersetzt RI scheinbar sowohl die ,Satzaussage' wie auch die am Schluß des betreffenden nominalen Gliedes erwartete Postposition, und in SK 65, ii steht der mittels RI ,verkürzte' Satz neben drei voll ausgeschriebenen, wobei in der letzten dieser voll ausgeschriebenen Zeilen das nominale Glied nur unwesentlich kürzer ist als das der (,verkürzten') Zeile n und für die ,Satzaussage' der Raum der Zeile ebenfalls nicht ausgereicht hat. Das heißt also, daß epigraphische Gründe nicht für die ,Verkürzung' mittels RI verantwortlich sein können und 6

Z. io unklar; Z. n „Wort Ans, Wort Mullils; Z. 12 „das zornige Herz des großen An; Z. 13 „das böse Herz Mullils".

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zumindest in SK 65, u eine Vervollständigung' der Zeile durch Anfügen der ,Satzaussage' gerade nicht beabsichtigt ist. Erinnern wir uns schließlich noch daran, daß RI auch in ,syllabisch' geschriebenen Texten wie N FT 205 a (s. oben) und dem oben besprochenen PRAK C 97 verwandt wird, in N FT 202 vermutlich sogar neben dem nur graphischen dito-Zeichen, so bleibt meines Erachtens nur der Schluß übrig: RI ist als r i (oder re) mitzulesen und eine heraushebende Partikel, die soviel wie „da(s) ist", „ich meine (auch, damit)", „was .. . anbelangt" bedeutet und sich syntaktisch wie die enklitische Kopula -am verhält. Die durch -ri verselbständigten nominalen Glieder sind sinngemäß Teile eines Satzes, dessen übrige Satzteile aber in einem Fall sicher und vielleicht auch sonst aus dem Zusammenhang nur virtuell, nicht tatsächlich zu ergänzen sind. Diesem Ansatz dürften sich alle bisher zitierten Beispiele fügen, in denen also -ri am Ende einer oder mehrerer Zeilen bzw. Halbzeilen steht und sich die sinngemäße oder tatsächliche Ergänzung der betreffenden Zeilen aus v o r a n g e h e n d e n Textteilen gewinnen läßt. Bei einigen Beispielen erscheint eine Deutung von -a-ri als „nachdem", „weil" nicht ausgeschlossen; in anderen Fällen (so SK 25 I 3ff.) ist sie aber nicht möglich und deshalb auch als Grundansatz für die Bedeutung von -ri in allen Fällen abzulehnen. Als nächstes muß eine Gruppe von Belegen besprochen werden, bei denen die sinngemäße oder tatsächliche Ergänzung der betreffenden mit -ri schließenden Zeilen erst in n a c h f o l g e n d e n Textteilen enthalten ist. Steht hier nur ein nominales Glied mit -ri und nicht eine Reihe solcher Glieder hintereinander, so folgt auf -ri unmittelbar der Rest des Satzes, dessen (virtueller) Bestandteil das r i-Glied ist. Bei einer Reihe von nominalen Gliedern jeweils mil -ii am Schluß hiiilereinander, wobei sich wiederum an das letzte Glied der Rest-Satz anschließt, stehen alle anderen Glieder mit -ri eindeutig ohne unmittelbar anschließende ,Satzergänzung'. In CT 42: 16 Rs. 27! — 7 III 32!". steht nach zwei mit -ri endenden nominalen Gliedern, die sich im übrigen nur im Anfang unterscheiden, die gleiche ,Satzaussage'7: mu-lu ? i-bi-mu i-bi bi-in-du 8 -a-ri müs-äm na-ma-ab-be mu- ? AN ? .MU i-bi-mu i-bi bi-in-du 8 -a-ri müs-äm nama-ab-be 7

S. noch BL 160, i—3; 140, 5—6; LKU 13, 7 — 9 ( ? ) ; ferner SK 124, . i-gin-na-ri l-gin-n[a-ri? . . .]/ d nin-gal tür-se i-gin-na-ri kaskal k u r - r a - x ? x[ und TEP n = SEM 113, 13. S. auch Anm. 4.

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-a-ri nach bi-in-du 8 - könnte zwar die temporale oder kausale Unterordnung bezeichnen. Ich halte es aber für einfacher, den auf m u - l u ? folgenden nominalisierten Satz als Attribut und die ganze durch -ri herausgehobene Verbindung als (virtuelles) Subjekt von müs-äm nama-ab-be zu betrachten: ,,Wer? in mein Antlitz gesehen hat —, sagt zu mir fürwahr ? ,Es ist genug!'; wer ? in ... mein Antlitz gesehen hat —, sagt zu mir fürwahr ? ,Es ist genug!'"8. Auch die beiden (so CT 42: 16) bzw. drei (so vielleicht CT 42: 7) folgenden Zeilen enden mit müs-äm n a - m a - a b - b e ; doch ergibt das vorhergehende -GiBiL.GiBiL-a-mu bzw. -di-di-in wohl nichts zur Bestimmung von -ri nach bi-in-du 8 -a. Ein ,,nachdem" o.a. drängt sich jedenfalls nicht auf. Bei SEM 113, 2f. = TEP 2! dumu ki-bad-du gin-na-ri u 4 -ba/be b a - r a - a n - x ab-ba uru ( k i ) -(a) t u s - a - r i (TEP: tus-a-ra) t u - r a gaba ba-(an-)ri ist in der zweiten Zeile „der Vater, der in der (Heimat-)Stadt wohnte" doch wohl das Ziel des verbum movendi gab a-ri: „dem Vater, der . . ., stieß Kranksein zu". -ri bezeichnet hier anscheinend die Richtung „hin zu"; s. dazu noch S. 24. -ra im Moskauer Text9 ist dann wohl die Dativpostposition in der gleichen Bedeutung; da jedoch der Dativ im Verbum nicht wieder aufgenommen wird, ist der Text aus SEM mit -ri der bessere. Doch läßt: sich „hin zu" hier nicht mit Sicherheit als die Bedeutung von -ri ansetzen; es käme auch die oben behandelte heraushebende Bedeutung („was . . . anbelangt") in Frage. Jedenfalls dürfte -ii in beiden Zeilen die gleiche Funktion haben; leider ist das Prädikat der ersten Zeile unklar. Ein „während der Vater . . . . wohnte" o.a. ist mir weniger wahrscheinlich. In TEP 132 folgt auf einen mit nominalisierter Verbalform plus -ri schließenden Satz sir-es mu-un-na-ab ? -[be?] „[singt?] sie? ihm ? als Lied". Bis Z. 139 (außer 138 und vielleicht 134) stehen weitere auf 8 9

Cf. inhaltlich TEP 128. Dies ist die einzige mir bekannte Vertretung von -ri durch ein anderes Element in einem Duplikattext. Zu SK 12 I 8 n u - p ä - d e - d a - r i (s. Anm. 5) bietet die junge Paiallele SBH: 52, 23 nach H. Reisners Kopie n u - p ä - d e ! (Ki)-da-nam. Das letzte Zeichen ist aber \venigstens im heutigen Zustand der Tafel beschädigt; -n[am] erscheint möglich, -r[i] nicht ausgeschlossen. SBH: 52, 23 trägt somit nichts zur Klärung des -ri bei. S. Langdon, SBP iSy 6 hielt dieses -nam für einen Schreibfehler.

ZA N.F. 23 (65)

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-ri endende Zeilen, aber ohne sir-es m u - u n - n a - a b - b e (?), das man nach der ersten Zeile (132) jeweils dem Sinne nach oder im Wortlaut ergänzen wird. Die mit -ri schließenden Ausdrücke sollten den Anfang oder den Inhalt der Lieder bezeichnen, sind also wohl virtuell Objekte zu [*e] „sagen", ,,singen". Bei TEP 176 u 4 -gig za-ra ma-ra-ni-ib-gi 4 -a-ri an-ur he-eb-gi 4 ist wrohl entsprechend dem Dativ za-ra ,,dir" nach an-ur die Terminativ-Postposition o.a. ausgefallen. u 4 -gig-. . .-ri ist sinngemäß Subjekt zum intransitiven Verbum he-eb-gi 4 : ,,Der böse Sturm, der sich gegen dich gewandt hat —, möge sich (zum) Horizont (zurück)wenden!" -ri hat hier vermutlich heraushebende Bedeutung; „nachdem sich der . . . Sturm . . . gewendet hat" ist aber ebenfalls möglich. Vermutlich virtuell Agentiv zu su mu-un-DAG.DAG „läuft umher" (akk. unklar) ist das diesem vorangehende du 5 -mu-mu-lu-zi-da-ri „Kind eines rechten Mannes" in SBH: 14, 8, das sich nach SBH: I, 40!. ergänzen läßt10. In den beiden folgenden Beispielen stehen mehrere mit -ri schließende, inhaltlich parallele nominale Glieder hintereinander und die sinngemäße Ergänzung zu allen erst nach dem letzten. Ganz deutlich im Aufbau ist die syllabisch geschriebene Stelle CT 44: 13, 21—27 a lu-li-mu a lu-li-mu a lu-li-mu ü - m u - u n - K A - n u - n a a lu-li-mu ü - m u - u n - e - m u - s a a lu-li-im lu-li-im ama-ni 5 ama-ni 5 ama-ni 5 ama i-re al-*lu-su-a-ri i-re

-si rc a l - * J u s u a r i

a-si-ir a-si-re a l - * l u - s u - a - r i ama-nig nu-sä-ni 5 b i - i n - d u - g a - m u Die Erklärung eines Teils der syllabisch geschriebenen Wörter gibt uns die verwandte Stelle PRAK C 118 Rs. II 17—19 - TMHNF 3, 26, 13-15 (B) g u r u s ? - e (fehlt B) a lu-lim lu-lim a m a - a - n i a m a ( - a ) - n i ama-a-ni ama er-e/re mu-un-kus-ü-a-ni er-e/re a-se-er-e/re mu-un-kus-\i-a-ni 10

Vgl. schon SBH: I, 36! mit 14, 7. — Vielleicht nach einem ,Subjekt' zu n a - n a m „ist" steht -ri in PRAK C 121 IV i — TRS 68, 10 (s. 20). Unklar ist -ri in der Zeilenmitte in ZA 39, 265 VII 15 (-ri fehlt im Duplikat UET 6/1, 113 Rs. III' 12) und der verwandten Stelle UM 10/2, 4 Rs. 4 = BE 31, 2 II ! 6, ferner BE 31, 25 Rs. 3.

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Danach können wir CT 44: 13, 21—27 übersetzen „Wehe, mein Hirsch! Wehe, mein Hirsch! Wehe, mein Hirsch, Herr des . .. ! Wehe, mein Hirsch, Herr des Emus! Wehe mein [-mu in Z. 28] Hirsch, Hirsch, dessen Mutter, dessen Mutter, dessen Mutter, die Mutter, die das Weinen bedrückt —, die das Weinen, das Seufzen bedrückt —, die das Seufzen, das Seufzen bedrückt —, dessen Mutter sein ,Es ist genug' gesagt hat!"11. Das „Wehe, mein Hirsch!" von Z. 21, 22 und 23 wird in Z. 24—28 mit a lu-li-im . . .-mu fortgesetzt, wobei zwischen das zweite luli-im und das dazugehörige Possessivsuffix -mu (Z. 28) ein sehr langatmiges Attribut tritt. Dieses Attribut besteht aus dem nominalisierten Satz ama-ni 5 (Z. 24; dort und in Z. 25 wiederholt, in Z. 28 wiederaufgenommen) nu-sä-ni 5 bi-in-du-ga- „dessen Mutter .. . gesagt hat". Zu ama-ni 5 tritt nun seinerseits die Apposition am a (Z. 25) . . . al-lu-su-a-ri (Z. 25—27), d.h. ama mit drei dazu attributiven nominalisierten Sätzen. Das -ri hinter den nominalisierten Sätzen der Zeilen 25—27 soll ihnen offenbar eine gewisse Selbständigkeit verleihen, sie stützen; erst nachdem das Leitwort zu ama . . . allu-su-a-ri noch einmal aufgenommen ist, wird der angefangene Satz mit nu-sä-ni 5 bi-in-du(-ga-mu) zu Ende geführt. Dieser Satzschluß kann zweifellos nicht schon nach dem ersten und zweiten -ri vorweggenommen werden. Und eine unterordnende Bedeutung von -a-r i ist hier wegen ama, offenbar nur Stützwort für das folgende Attribut (s. GSG § 271), sehr unwahrscheinlich. in SI3H: 14, iff. ist jedenfalls soviel deutlich, daß mehrere aufeinanderfolgende inhaltlich parallele nominale Glieder jeweils mit -ri bzw. -ra schließen. Da der Text mit einem solchen durch -ri abgeschlossenen Glied einsetzt, kann eine ,Satzergänzung' dazu wie auch 11

Das Emus (Z. 24) ist der bekannte Dumuzi-Tempel in Badtibira. Mit lulim ,,Hirsch", das als Beiwort des Königs bekannt ist (B. Landsberger, Fauna 98; AHw lullmu), muß also Dumuzi gemeint sein. — al-lu-su-a (so durch Kollation bestätigt) ist ein Produkt der progressiven Assimilation bzw. des Ausfalls des zweiten von zwei in Kontaktstellung stehenden Konsonanten und geht auf a l - k u s - ü - a zurück, b i - i n - d u - g a - m u in Z. 28 wird man als bii n - d u n - g a - m u deuten, nu-Di-NE muß dann den Inhalt des „Sagens" bezeichnen. Ich verstehe es als syllabische Schreibung von m u s / m ü s - a - n i und stelle dies neben mus-äm, m u s / m ü s - ä m - z u , m u s / m ü s - a - m u ,,es ist genug (über) ihn usw. (sagen)", s. CAD ahulap; Urklage 381; CT 42: 16 Rs. 27—30 (s. oben S. i61). 2*

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zu den folgenden Gliedern aus keinerlei vorausgehendem Text gewonnen werden; die parallelen nominalen Glieder folgen also in der Form, \vie sie aufgezeichnet sind, unmittelbar aufeinander. Wir haben nun ein Beispiel gesehen, in dem zwei inhaltlich parallele nominale Verbindungen jeweils mit -ri abschließen, wobei auf jedes dieser Glieder die gleichbleibende ,Satzaussage' (Refrain) folgt, nicht nur dem Sinne nach, sondern auch in der schriftlichen Fixierung; in anderen Beispielen dagegen bleiben mehrere aufeinanderfolgende nominale Glieder, jeweils mit -ri am Schluß, nachweislich ohne ,Satzergänzung', darunter auch ganz kurze Glieder wie n u - m u - u n - n a sig-ga-ri in SBH: 14, 3. Diese beiden Möglichkeiten muß man im Auge behalten, wenn man die richtige Lesung solcher Stellen sucht, an denen der Text nur mehrere Glieder mit -ri am Schluß hintereinander aufzeichnet, aber an keiner Stelle den sinngemäß zu erwartenden, jedoch aus v o r a n g e h e n d e n Zeilen leicht ergänzbaren vollständigen Satz. Unseren Quellen läßt sich keine generelle Leseregel für solche Fälle entnehmen. Überdies ist es wohl nicht ganz ausgeschlossen, daß die Lese-Übung der seleukidischen Texte von der der altbabylonischen abweicht. Immerhin ist in SBH: 14, 38. 40. 42 und 52 Rs. 3 nach -ri am Zeilenende kein freier Raum gelassen, wie es sonst in seleukidischen Texten üblich ist, wenn der Wortlaut am Zeilenende graphisch gekürzt ist (cf. SBH: 14, 12. 20. 23. 25. 33—35 usw.). Wo sich nach -ri ein nicht geschriebener Satzschluß, der über mehrere Zeilen hinweg gleich lauten müßte, nach dem Beginn des betreffenden Abschnitts ergänzen ließe, wird man von Fall zu Fall untersuchen müssen, ob diese Ergänzung tatsächlich oder nur dem Sinne nach zu erfolgen hat. Nun fehlt zwar in manchen Keihen auf -ri endender Glieder ohne jeweils neu aufgezeichnete ,Satzaussage' dieses -ri bei einzelnen Gliedern: S K 25 I 3b. 4 a und. b. na; Urklage 391 a undb. 392 a und b; SK 12 I 6a und b. 7a und b = 20, 10—n — SBH: 52 Rs. 19. 21; TEP 138 (und 134); Misc. T. n, 20; vgl. TEP I7712. Aber nur an zwei Stellen ergäbe die Vervollständigung des nominalen Gliedes zu einem Satz durch Anfügen des betreffenden Textstückes (Refrains) einen grammatischen Fehler. In SK 25 I 3b und na müßten se-ebe - k u r - r a bzw. [se-eb-ur]u-sag-gä vor einem nicht geschriebenen, aber wie ich vermute mitgelesenen se äm-sa 4 . . . (s. S. 14 f.) das Agentivzeichen auf weisen; man vermißt also ein -ke 4 . Doch läßt 12

In Urklage 404 a ist die von S. N. Kramer in seine Transkription aufgenommene Fassung zweifellos die korrekte; u 4 vor du m u ist doch wohl sekundär.

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SK 25 II 45 schon wieder das Agentivzeichen vermissen13. Hiernach vermute ich in I 3b und na ein fehlerhaftes Wegfallen des -ri (oder etwa -ke 4 ?). Somit sprechen diese Belege nicht eindeutig gegen die Möglichkeit, daß der Rest sät z (Refrain) nach jedem der mit -ri schließenden Glieder einzusetzen ist. Ohne Einfluß auf diese Überlegungen sind die übrigen Stellen, an denen wir das -ri vermissen. Über TEP 138 (und 134) und 176 läßt sich nichts sagen. Alle anderen Stellen haben gemeinsam, daß -ri unmittelbar mit einem auslautenden l zusammengestoßen wäre (-gal, -gul14 und -til) bzw. in SK 12 I yb mit r (-bu(-r)). Statt -ri erscheint, demnach wohl aus euphonischen oder ähnlichen Gründen, in S K 25 I 4 ein -a (-gal-la), wohl aus -am verkürzt; in Urklage 391. 392 und SK 12 I 6. 7 steht statt -ri ein -e (junge Parallele von SK 12: -a), wohl nicht das Agentivzeichen, sondern das unten S. 28 f. behandelte und anscheinend mit -ri sinnverwandte Element. Misc. T. n, 20 schließlich fehlt schon das -a des nach se-eb- zu erwartenden Genitivs; diese junge Stelle mag einen Fehler in der Überlieferung enthalten. Ließ sich bei den bisher genannten Belegen eine kausal oder temporal unterordnende Bedeutung für (-a)-ri bestenfalls als möglich erweisen, so werden wir in Enmerkar 430 (cf. auch TMHNF 3, 13, 9) zumindest in der Übersetzung kaum um ein ,,nachdem'( herumkommen: m u - 5 - ä m m u - i o - ä m ba-zal-la-ri GI.SU.LIM.MA t u n - g i n 7 bi-in-gaz „als fünf Jahre, zehn Jahre vergangen waren, zerschlug er das . . . wie mit einer Axt". Auf die vorangehenden Zeilen kann sich Z. 430 nicht beziehen. .Neben dieses Beispiel ist vermutlich die Verwendung von -a-ri in „Gilgames, Enkidu und die Unterwelt" Z. 50 (s. J. van Dijk, ActOr 28, 18) zu stellen. In einer Reihe von Zeilen nach dem Schema u 4 -. ...a-ba „zur Zeit, als . . ." steht hier u 4 -. . .-a-ri15. An die bisher besprochene heraushebende Bedeutung von -ri ließen sich diese Verwendungen von -a-ri anschließen, wenn man von „was den Umstand anlangt, daß . . . . vergangen war(en)" bzw. „was anlangt, die (der) vergangen waren (ist)" 13

i-lu-a e[de]n- i-lu-a u 4 mi-ni-ib-zal-e, was eindeutig so zu korrigieren ist nach Z. 44 eden-e i-lu-a u 4 mi-ni-ib-zal-e ,,die Steppe verbringt den Tag in Klage". 14 In Urklage 392b gebe ich der Variante -gul-gul- den Vorzug vor -tab-tab-. 15 - z a l - l a - b a bietet keins der von J. van Dijk aufgeführten Duplikate.

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ausginge und dies als „im Hinblick darauf, daß . . .", „indem ..." verstünde. An dieser Stelle der Argumentation möchte ich vor einer Zusammenfassung der Ergebnisse einige Belege anführen, an denen nach nominalisierten Verbalformen -ra offenbar nicht den Dativ bezeichnet, sondern zumindest in unseren Augen einen zeitlichen Umstand wie -a-ri an den zuletzt besprochenen Stellen. Nach unveröffentlichten Duplikaten ergänzt S. N. Kramer in ArOr 17/1, 404, if. die Zeilen STVC 84 IT/f. („Inanna und Sukalletuda") zu u4 im-zal d u t u im-ta-e-a-ra mi-e -te-a-ne igi (i-)im-kar-kär Z. 2 „die Frau blickte auf sich selbst" macht eine Deutung von -ra in Z. i als „dem .. . Utu" unmöglich. Gemeint sein muß in Z. i „als es hell wurde". Die gleichen Worte wie hier Z. i dienen auch in Enmerkar 309 offenbar zur Zeitangabe; allerdings ist dort die folgende Zeile schwer zu deuten. Cf. schließlich Enmerkar 353/5 kin-gi 4 -a a r a t t a k i - a s u m - m a - t e - a - r a nam-lii-ulü ( l u ) -aratta k i -ke 4 ansebära-la-e u 6 -di-de im-ma-su 8 -su 8 -ge-es. Hier ließe sich zwar in „die Leute von Aratta kamen, um die Lastesel zu bestaunen" ein Dativ „zu dem Herold, der sich Aratta näherte" einfügen. Doch würde ich dann bei „sie kamen" ein Dativinfix in der Präfixkette erwarten. Ich glaube, daß wie bei d u t u im-ta-e-a-ra gemeint ist „als sich der Herold Aratta näherte"16. Beim Vergleich mit den zuletzt für -a-ri genannten Belegen fällt die Parallelität zwischen beiden Elementen in dieser Verwendung sofort auf. Wenn die Wahl zwischen -ri und -ra nicht etwa nur stilistische Gründe hat, dann dürften mu und u4 bzw. c l utu und kingi 4 -a den Ausschlag gegeben haben, d.h. diejenigen Worter, die am Beginn des betreffenden nominalisierten Satzes standen bzw. das Leitwort zu dem ein nominalisiertes Verbum enthaltenden Attribut bildeten, mu und u4 gehören der Sachklasse an, d u t u und kin-gi 4 -a der Personenklasse. Dürfen wir daraus ableiten, daß -ra formal die Dativpostposition und also auch -ri zumindest in dieser Verwendung ursprünglich eine dimensionale Postposition ist? Auf jeden Fall müßte bei der Dativpostposition eine sonst nicht übliche Verwendungsweise 16

Möglicherweise nicht den Dativ bezeichnet -r a auch in R A 17, 50 Rs. 30 (r-Auslaut der Verbalwurzel plus - a ? ) ; SK n VI 2—4. 7. 9. 14 (-ra nach Götternamen, aber nur bei einzelnen Gliedern in einer langen Reihe); S K 40, 7—17; SBH: I, 34 (mu-lu-ra n u - u n - e n - d e : mamman ul illi); SK n IV 81 = SBH: 25, iff.; UET 6/1: 29a, 9!; PRAK C 106 I 14; UM 10/4, i IV 2i (s. D. O. Edzard, ZZB 89).

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vorliegen. Und wenn hier auch anscheinend im Zusammenhang mit der Personenklasse -ra und im Zusammenhang mit der Sachklasse -ri erscheint, wäre daraus jedenfalls nicht zu schließen, daß -ri im Zusammenhang mit der Personenklasse nicht verwendet werden könnte. Unter diesen Voraussetzungen ließe sich eine Bedeutungsentwicklung von „für Utu, der aufgegangen war", ,,was Utu anbelangt, der aufgegangen war", ,,bei Umständen der aufgegangenen Sonne" zu „bei aufgegangener Sonne", „zur Zeit der aufgegangenen Sonne" vorstellen. Jedenfalls würde man die Dativpostposition -ra unmittelbar in Beziehung setzen zu d u t u bzw. kin-gi 4 -a und in im-ta-e-a bzwr. a r a t t a k i - a s um-ma-te-a folglich Attribute zu den genannten Substantiven sehen. Syntaktisch lassen sich wohl Enmerkar 430 und TMHNF 3, 13, 9 auf die gleiche Weise erklären: „was 5 Jahre, 10 Jahre anbelangt, die vergangen waren" meint schließlich „bei 5, 10 vergangenen Jahren", „zur Zeit, als 5 Jahre, 10 Jahre vergangen waren"; und in „Gilgames, Enkidu und die Unterwelt" Z. 50 stünde „was den Tag des Reichtums anbelangt, der für Sumer aufgegangen war", d.h. „zur Zeit des Tages .. ., der . .. aufgegangen war", „als der Tag . . . . . . aufgegangen war" syntaktisch parallel zum folgenden ,,am Tag, an dem (sich) An den Himmel nahm". Nehmen wir dagegen an, daß die Wahl von -ra bzw. -ri hier nicht syntaktische, sondern stilistische Gründe hat, dann bietet sich für -ra eine andere Erklärungsmöglichkeit. Trifft nämlich die Deutung „nachdem es hell geworden war" für u 4 im-zal d u t u im-ta-e-a-ra zu, so könnte man in -ra auch sehr wohl eine mit -ta bedeutungsverwandte Postposition sehen; zur Verwendung von -ta nach nominalisierten Sätzen in der Bedeutung „nachdem" s. A. Poebel, GSG § 435f. Unser -ra ist dann wohl das gleiche Element wie das bekannte Verbaliiufix -ra- mit ablativischer Bedeutung; s. ibid. § 497. Die Deutung von -ra als ablativischer Postposition bietet für u4 im-zal d u t u im-tae-a-ra den Vorteil, daß u 4 im-zal auch syntaktisch mit in den „Temporalsatz" einbezogen werden kann, während ein -ra = Dativpostposition nur d u t u im-ta-e-a bestimmen würde, nicht aber u 4 im-zal. Ich möchte also der Deutung von -ra als ablativischer Postposition den Vorzug geben. Für -ri in Parallele zu dem so gedeuteten -ra ergäbe sich wie schon vorher der Charakter einer dimensionalen Postposition. Bei der Annahme einer auch syntaktischen Parallelität von u4 im-zal c l utu imta-e-a-ra mit mu-5-äm mu-io-äm ba-zal-la-ri würde man das letztere übersetzen: „nach dem (Umstand, daß) 5 Jahre, 10 Jahre vergangen waren".

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Für die Grundbedeutung der Postposition -ri bietet vielleicht SEM 113, 3 = TEP 3 (s. oben S. 17) einen Anhalt; dort könnte jedenfalls -ri richtungsanzeigende Bedeutung haben, nämlich „hin zu", „für". Auch in SRT i III 28 möchte man n i n - r i mit „für die Herrin" übersetzen; möglicherweise ist aber statt NIN vielmehr (— SAL+SE) — eg i „Fürstin" zu lesen und -re die dann zu erwartende Schreibweise für den Lokativ-Terminativ17. Bei der Lesung n i n - r i wäre der Unterschied zu n i n - m u in Z. 26 und 30 bemerkenswert. Von diesem Ansatz aus lassen sich wohl auch Enmerkar 430 und TMHNF 3, 13, 9 deuten: „für (den Umstand, daß)" mag dann die Bedeutung „nachdem", „sobald", gegebenenfalls auch „weil" angenommen haben, wenn uns auch -a-1 a „von (dem Umstand her, daß)" als Basis eines „nachdem" eher einleuchten will. Von „für" ausgehend könnte sich über „für (. . . gilt das Folgende bzw. das Vorhergehende)" eine Bedeutung „was . . . anbelangt" entwickelt haben, die also das betreffende Nomen bzw. die nominale Verbindung syntaktisch isoliert und die oben für zahlreiche Stellen mit -ri erschlossen oder doch als möglich erwiesen ist. An einigen Stellen scheint jedoch „für", „was anlangt" oder „nachdem" keinen Sinn zu ergeben. In CahTD i, 70, 59 (== TLB 2, 4, 59) steht nach einem nicht-nominalisierten finiten A^erbum ein allerdings beschädigtes R[I] (s. dazu J. van Dijk, ibid. S. 74). Hier in der Schilderung der sieben Angriffe Huwawas auf Gilgames und seine Gefährten wird jedesmal gleichlautend das Tun Huwawas und dann die Reaktion seiner Gegner geschildert. Letzteres beginnt mit d u m u - u r u - n a k i m u - u n - ( d a ) - s u x ( D u ) / s u 8 - g e - e s „seine Mitbürger zogen mit ihm (Gilgames)" (Z. 53. 56. 59. 62. 65. 68). RI steht nur in Z. 59 und vielleicht noch 3j J ; es fehlt in Z. 65 und 68; in Z. 56 und 6.2, ist der Zeileiischluß abgebrochen. Die von S. N. Kramer in JCS i bearbeitete Textfassung beschreibt nur den ersten Angriff Huwawas samt der Reaktion von Gilgames und seinen Gefährten, und zwar mit den gleichen Worten wie der Leidener Text. An der entsprechenden Stelle JCS i, 18, 139 steht m u - u n - d e - s u g - e s - ä m / a . Eine nur leicht betonende Funktion wie hier -am bzw. das daraus gekürzte -a kann eine Postposition (-ri) wohl nicht annehmen. \^ielleicht darf man CahTD i, 70, 59 (und 53) zu mu-un-(da)-su x /su 8 -ge-es--ri emendieren 17

R. Jestin in R A 44, 54, 99 und 64, 99 liest egi-re und versteht das -e als Agentivzeichen. Das erscheint möglich, doch dürfte dann egi-re g ü - d e - a „von der Fürstin gerufen" vorangestellte Apposition zu b u r - s u - m a - e - n e sein; ein Partizipium, absolutum, -wie es R. Jestins Übersetzung „La princesse appelant" voraussetzt, ist sonst im Sumerischen unbekannt.

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(„die Söhne seiner Stadt, die mit ihm auszogen"; Subjekt zum folgenden) oder überhaupt R[I] in A[M] ! korrigieren. An vier Stellen scheint -ri (auch -ra) nach einem Vokativ zu stehen. Aus altbabylonischer Zeit stammt nur TEP 178 ki-sikil-du 1 0 lala-na gu 4 -gin 7 n ä - a - r i i - l u - z u [gi]g-ga-äm. Mit -zu in i - l u - z u ,,die Klage um dich" ist das Mädchen (ki-sikil), das zu Beginn des mit -ri schließenden Ausdrucks steht, angeredet wie schon in den vorangehenden Zeilen. Will nun einerseits die Postposition -ri nicht zu einem Vokativ passen, so befremdet andererseits bei einem Vokativ auch das Suffix -ani in l a-1 a- na, das sich auf das angeredete Mädchen beziehen muß. Allerdings ist die Kongruenz beim Vokativ im Sumerischen bislang noch nicht untersucht. KAR 375 II soff. = V R 52, 49 a ff. enthält lediglich eine Reihe von Tempelnamen mit Appositionen; jedes Glied, schließt mit -ri. Der Abschnitt wird eingeleitet mit der Zeile (KAR 375 II 54! = V R 52, 47 a f.) „wehe, Ziegel werk des Ekur; wehe, Ziegel werk des Ekur!". Dabei kommt sowohl ,,wehe über dich, Ekur" wie auch ,,wehe über es, das Ekur" in Frage, d.h. die zweite und die dritte Person. Die erste der mit -ri schließenden Zeilen bringt wieder das Ekur, das wie in der Einleitungszeile und wie alle folgenden Tempelnamen im Vokativ stehen sollte. In SBH: 14, 6 ist mit dem Suffix -zu in m u - l u - z u „deine Menschen" nach dem Text, wie er in dieser (nur spät überlieferten!) Fassung vorliegt, die (in Z. i und 2 genannte) Stadt angeredet. Z. i—4 (5) bieten ausschließlich parallele nominale Glieder, bestehend aus u r u ,,Stadt" (z.T. sinngemäß zu ergänzen) mit dazu attributiven nominalisierten Sätzen, die mit - r i , in Z. 4 mit -ra schließen. Übrigens scheint es so, als ob an den Scellen, an denen tatsächlich oder dem Sinne nach u r u (Sachklasse) am Beginn der nominalen Verbindung steht, -ri gesetzt wird, -ra dagegen in Z. 4, wo virtuell (4a) bzw. tatsächlich (4b) g u r u s (Personenklasse) die nominale Verbindung einleitet. Wenn die „Stadt" in Z. 6 in der zweiten Person angeredet ist, sollte dies auch für die vorangehenden Zeilen gelten. Schließlich bietet SBH: 54, 58. 60 = 63 Rs. 3.4 — CT 42: 20 Rs. 12. 13 zwei Zeilen mit dem gleichen Satzschluß lu-zu n u - h u l - l e ? (zu ergänzen nach SBH: 54, 56 = CT 42: 20 Rs. n). Davor steht jeweils u r u (in der zweiten Zeile nur dem Sinne nach) mit einem Attribut, das mit -ri schließt. Eingeleitet wird der betreffende Abschnitt mit Zeilen des Inhalts „die Göttin ,setzt' ihrer ,Steppe' (d.h. ihrem Tempel) ein bitteres Weinen". Danach sind SBH: 56, soff. usw. wohl als direkte Rede der Göttin zu verstehen. Das Suffix von l u - z u ,,deine Menschen"

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müßte sich auf die demnach angeredete Stadt beziehen; allerdings übersetzen die akkadischen Zeilen l u-zu mit sä „der (es) weiß". In (u r u)-. . .-r i hätten wir wiederum einen mit -ri endenden \^okativ vor uns. Die vier zuletzt genannten Stellen mit Vokativen (?) auf -ri bzw. -r a lassen sich meines Kracht ens nicht mit den weiter oben genannten Belegen für -ri in dimensionaler, heraushebender Bedeutung auf einer gemeinsamen Basis erklären. Dabei ist festzuhalten, daß in TEP 178 der „Vokativ" auch in anderer Hinsicht verdächtig ist und in SBH: 54, 58. 60 die akkadische Übersetzung gegen die Annahme eines Vokativs spricht, mag auch an anderen Stellen die akkadische Übersetzung erwiesenermaßen unrichtig sein. Man könnte nun allerdings in -ri beim Vokativ das bekannte Demonstrativum sehen; s. zu ihm J. van Dijk, ActOr 28, 16. Nicht die heraushebende Postposition -ri, sondern das davon vielleicht nur funktional verschiedene Demonstrativpronomen könnte man im übrigen auch an denjenigen der S. 13ff. behandelten Stellen ansetzen, an denen statt -ri oder vor -ri ein Possessivsuffix erwartet werden könnte, an denen also -ri scheinbar ein „mein", „dein", „sein" usw. verdrängt hat. In erster Linie käme dafür CT 15, 12 f., 24 = IV R 28* 14 Rs. 45f. (s. S. 13f.) in Frage; dann vielleicht auch CT42:i6Rs. 27! = 711132! (s. S. i6f.), 0X44: 13,25—27 (s. S. 18f.) und SRT i III 28 (?). Vielleicht ist es nicht zufällig, daß es nicht nur zu -ri, sondern auch zu den im folgenden behandelten bedeutungsverwandten Postpositionen -se und -e anscheinend homonyme „Demonstrativpronomina" gibt; für -se s. MSL 4, 62, 6; 63 II 5; 122 Vs. 3. 9; 20l, 379. 382. 385 (immer zwischen -ri und -e); für -e s. GSG § 223/6. Doch wäre mit dem Demonstrativpronomen -ri das -ra am Vokativ (?) in SBH: 14, 4 nicht erklärt, und vor allem bezeichnet -ri an den bislang bekannten Stellen immer die Ferndeixis und würde als solches gerade beim Vokativ befremden. Für die vier Stellen mit -ri nach einem Vokativ (?) möchte ich mit allem Vorbehalt folgende Lösung vorschlagen, -ri ist dort die behandelte Postposition in der heraushebenden Funktion. Das mit -ri schließende nominale Glied steht nicht im Vokativ, sondern als casus pendens — nicht angeredet! — dem Rest des Satzes bzw. dem umgebenden Kontext gegenüber; so erklärt sich das Suffix der 3. Person bei la-la-na in TEP 177. Die Isolierung geht soweit, daß wir einen Wechsel der Betrachtungsweise vom Tenor des betreffenden Abschnitts zu dem mit -ri herausgehobenen Glied bzw. von diesem zum nachfolgenden Kontext annehmen dürfen. Dabei mag in KAR 375 II 56ff. und SBH: 14, i ff. mit der Betrachtungsweise auch der Sprecher oder

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Sänger wechseln, d.h. die mit -ri schließenden Glieder könnten von einer oder mehreren anderen Personen gesprochen worden sein als der umgebende Kontext, -ra in SBH: 14, 4 ist dann die Ablativpostposition -ra in ähnlicher heraushebender Funktion. Als gesichert erscheint, nach allem die Existenz eines Elements -ri (oder -re), das primär als dimensionale Postposition „für", ,,hin zu", in temporaler Verwendung ,,zum Zeitpunkt von", „als" o.a. meint, vor allem aber zur syntaktischen Isolierung (,,was . . . anbelangt") nominaler Glieder verwandt wird. Ferner zeigen einige Beispiele eine Postposition -ra in ähnlichen Verwendungen wie das erwähnte -ri; sie ist vielleicht die adnominale Verwendung des als Ablativinfix beim Verbum bekannten -ra-. * -ri und möglicherweise -ra sind aber nicht die einzigen Postpositionen, die nominale Verbindungen gegenüber dem Kontext bzw. dem dazugehörigen Satz isolieren. Deutlich eine ähnliche Funktion hat an wenigstens vier Stellen -se. Von A. Falkenstein, AnOr 29, 136f. wird -se in Gud. Zyl. A V 13 bis 15. VI . 12 als „was anbelangt" gedeutet. In Gud. Zyl. A V 13 bis 17 steht dabei -se ähnlich wie -ri inCT 44:13, 25—27 (s. S. i8f.) nach den drei ersten von vier aufeinanderfolgenden Attributen zu l u (Z. 13), das virtuell Subjekt zu Z. 17 „ist fürwahr mein Bruder Ningirsu" ist. Bemerkenswert ist die Form der Attribute: in der ersten Zeile zwei parallele Adjektive mit bestimmendem Äquativ, in der zweiten und dritten parallele Nominalsätze, attributiv nur in ihrer Stellung hinter l u und durch die rückverweisenden Pronominalsuffixe (-a-n a bzw. - a - e < - a - n e ) , in der vierten (ohne -se) ein nominalisierter Satz mit iinitem Verbum. In Gud. Zyl. A VI 10 und 12 dagegen stellt -se einen nominalisierten Satz als ganzen den folgenden, die Deutung des nominalisierten Satzes enthaltenden Zeilen gegenüber. Die nominalisierten Sätze sind dabei auch dem Sinne nach nicht ,Satzteile' der folgenden Zeilen, sondern so etwas wie logische Voraussetzungen; wir müssen -se hier mit „im Hinblick darauf, daß . . . (sage ich)" wiedergeben. Schwieriger zu deuten ist die folgende Stelle. CT 36, 35 I loff. enthält in jeder Zeile sä mit Attribut(en)18. Z. 10 und 14 beginnen mit dem Vokativ mu-gi 1 7 -ib „Gottgeweihte"; sä ist in Z. 16 und viel18

Nach Z. 10 . . . e - z u - s e ä m - s i - m a - a l - l a „das auf dein Haus gerichtet ist" wird man in Z. n hinter e - h u l - a - z u u r u - h u l - a - z u ebenfalls - ergänzen. Z. 12 und 13 enthalten jeweils zwei Attribute nebeneinander, jedes mit -zu „dein" abgeschlossen: „dein Herz, dessen Gatte (bzw. Kind) nicht (mehr) lebt, dein (Herz), das auf (diesen Umstand) gerichtet ist".

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leicht auch 17—18 am Zeilenanfang sinngemäß zu ergänzen. Alle Zeilen haben somit die Form ( s ä ) - . . . - z u ,,dein (Herz), das . . . " ; die drei ersten (Z. 10—12) fügen jedoch an -zu noch ein -se an. Auf jeden Fall müssen Z. 10—16 (bzw. 18) das Wort sä aus den vorangehenden Zeilen fortführen, das dort Objekt zu a-se-er-bi en-se i-k us-u „wie lange soll das Seufzen [Subjekt] darum (dein Herz) bedrücken?" ist. Wie in den Belegen aus Gud. Zyl. A soll -se hier in Z. 10—12 offenbar die betreffenden Glieder isolieren. Nach dem Vorbild von Gud. Zyl. A V 13—17 und CT 44: 13, 25—27 (-ri) darf man annehmen, daß CT 36, 35 I 10—12 für sich stehen und (sä-zu) a-seer-bi en-se i-kus-ü im Wortlaut erst nach Z. 13 zu ergänzen ist und dann wohl nach jeder der folgenden Zeilen. Sehr wahrscheinlich hat -se die gleiche heraushebende Funktion auch in CT 36, 35ff. Rs. II 23 (dafür Z. 22 -e, s. S. 29); CT 36, 43 I 7 (dafür Z. 5-e); 0:42:813— 9; UM 10/4, 5: 1.3.8—10; 8X94,62 . . . n u - t a - r a - s e . . . (Duplikat CT 42: 7 III n n u - u n - t a r ^ r a - e , s. S. 29; Duplikat CT42:16 Rs. n -]a-mu). Doch ist der Zusammenhang hier nicht ganz deutlich. Für -se steht in SBH: 29 Rs. 4—n vielleicht in gleicher Bedeutung -äs. S. noch J. v. Dijk, ActOr 28, 37101. * In ähnlichen Verwendungen wie die behandelten Postpositionen -ri und -se findet sich, leider durchweg in schwierigem Kontext, auch ein Element - e, das anders als das - e des Agentivs und Lokativ-Terminativs mit vorausgehendem Vokal nicht kontrahiert wird und vor dem das -k des Geriitivs nicht erscheint19. Zum Teil mag es sich dabei um das Demonstrativpronomen -e handeln, dessen Selbständigkeit gegenüber auslautendem Vokal oder -a(k) bekannt ist, s. GSG § 223—226. S. z. 13. -e in CT 36, 43!. Ks. I 6 . . . - e - s ä - b a - e neben parallelen Götternamen bzw. -epithet a, die mit -mu schließen und vermutlich Vokative sind; vgl. S. 25ff. zu -ri bei (scheinbaren?) Vokativen. Ebenfalls an Stelle von -mu steht -e vielleicht in CT 42: 19, 22 . . . m u - u n - z u - a - e (Z. 21 ... m u - u n - d a - g i 4 a-mu); die syntaktischen Verhältnisse sind hier nicht klar. In CT 36, 45f. Rs. II 14—1820 folgt auf u 4 -gig-ga-äm u 4 -gigga-äm eine Reihe von Zeilen, die jede nur ein oder zwei nominale Glieder, bestehend aus u 4 mit Attribut, enthalten; jedes dieser Glieder 19

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S. außer den oben genannten Belegen CT 36, 35ff. Rs. II 6f. (cf. CT 36, 45f. Rs. II igi.); ZA 55, 39, 67; Bab. 3 Tf. 16, 4; CT 42: 7 III 30 ( - g ü n ? - a - e ) = 16 Rs. 26 ( ] - m e - e n ) ; vielleicht Urklage 391 und 392 und S K 12 I 6 und 7 (-e parallel zu -ri der benachbarten Zeilen), s. S. 21; BASOR 94, 8, 90 Cf. Urklage 390ff. und SBH: 66, i ff. mit Duplikat 82, i ff.; ferner CT 36, Rs. II 61 zu 45! Rs. II 19—20.

Zur sumerischcn Grammatik

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endet auf -e (nach -a, -hus ! , - t i l , -zu „wissen"). Hier könnte -e in Parallele (?) z u - a m von Z. 13 isolierende Bedeutung („was anbelangt", „(es gilt) für") haben. Auch in SBH: 14, 4!. g u r u s - m u - l u - e nu-. . . : etlu mamman ul . . . könnte -e heraushebende Bedeutung haben; vgl. das ähnliche Beispiel mit -ra in Anm. 16. Somit möchte ich auch in -e eine Postposition sehen, die formal an das Zeichen des Lokativ-Terminativs (und an das Demonstrativum) anzuschließen wäre und sich von der Lokativ-Terminativ-Postposition nur durch die Funktion und durch Selbständigkeit gegenüber vorausgehenden Wörtern unterschiede. Doch wohl diese Postposition -e steht, parallel zu -se, in CT 36, 35ff. Rs. II 22 . . . ba-e-gub-ba-e (23 . . . b a - e - m a r - r a - s e ) ; CT 36, 43 I ,5' ]x-a-e (,7' t]i-la-se); CT 42: 7 III ii n u - u n - t a r ! - r a - e = SK 94, 62 n u - t a - r a - s e — CT 42: 16 Rs. ii -r]a-mu. Temporale Bedeutung („als", „während" o.a.) hat -a-e vermutlich in SK 123 II 2—4; cf. die ähnliche Stelle SK 124, . mit -a-ri (s. Anm. 7). Auch in RA 8, 164, 35—41 gal 5 -lä-x-kam-ma amas-e ku 4 -ra-e möchte man übersetzen „als der . . . Galla in den Pferch hineinkam", entsprechend wohl auch in PAPS 107, 505 III 16; STVC 103,5; A JA 53, 7, 16. Doch machen dabei die infiniten Verbalformen Schwierigkeiten21. SK 2 II i, die Parallele zu RA 8, 164, 41, hat amas- -a), -en- ist scheinbar überflüssig; es steht an der gleichen Stelle wie in anderen Fällen die sogenannte -ed-Erweiterung der Verbalwurzel. Als erster einer Reihe von weiteren Belegen mit scheinbar überflüssigem -en nach der A^erbalwurzel ist der allerdings nicht datierte und zum Teil schlecht erhaltene Wirtschaftstext UET 3, 1410 zu nennen: „8 Gespanne aus dem Esikil, Gespanne (des) PNX (aus) ON" PN2 nu-bända ba-ni-in-ku 4 -re-en (danach unlesbar). Vielleicht gehören auch TMHNF 3, 55, 13 in-ku 4 -ri-in und SLTNi 35 III 7 e-a ? ku 4 ? -ra-na-ni hierher. 21

Ist k u 4 - r a - eine nominalisierte präfixlose Form mit finiter Bedeutung? Zu den finiten Verbalformen ohne Präfixkette s. W. Römer, SKIZ 220ff.

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Joachim Krecher, Zur sumerischen Grammatik

A. Falkenstein macht in BagM 2, 828 auf i - n i - i n - k u 4 - r e - e n am Schluß von Jahresdaten aus Uruk autmerksam (,,Jahr . .., in dem er . . . eingeführt hat") und auf ähnliche Formen des Sinnes ,,wurde gebracht", „trat ein" in dem Brief Isbi'erras JCS 7, 39, 8. 9. In diesem Brief steht -en nicht in allen Abschriften. Neben die Jahresdaten aus Uruk sind wohl die zahlreichen altbabylonischen Jahresdaten vor allem der Dynastie von Larsa zu stellen mit i-ni-in-ku 4 -re am Schluß; s. RLA*2, 149«. und GSG S. I3I1. -en ist aber nicht auf ku 4 beschränkt, s. das gleichfalls von A. Falkenstein zitierte Jahresdatum BagM 2, 9 Jahr 8: mu . . . su inn a - b a r - r e - e n „Jahr . . ., in dem er ... freigegeben hat". Zu SK 5 III 49 — 7, 14 = SBH: 36, 15 e-zi-da mu-lu äm-dagar-ra er nu-mu-ni-gul-e (SBH er-ra nu-mu-ni-ib-gul-la) „um das rechte Haus hält, wrar darauf zugeht, das Weinen nicht an" bietet die syllabisch geschriebene Parallele PRAK C 32, 12 ]-mare-na e r [ . mu-lu ä m - d a - g a r - r a bzw. -ma-re-na kann doch wohl nur Agentiv zu er nu-mu-ni-gul-e sein. In beiden Formen ist -a Zeichen der Nominalisierung; ob damit das erforderliche Agentivzeichen oder statt dessen ein aus isolierendem -am gekürztes -a kontrahiert ist, bleibt offen. Eine i. oder 2. PS. Sg. ist dem Zusammenhang nach unwahrscheinlich und in den Fassungen von SK 5 III 49 und 7, 14 nicht enthalten. Wenn eine weitere Parallele, SK 25 I 22, hier a m - d a - m a r - r e - e n schreibt, also weder die enklitische Kopula noch das Agentivzeichen erkennen läßt, mag dies ein Fehler sein; vgl. zu ähnlichen Fehlern in diesem Text oben S. 20 f. Durch die Suffixe der 3. Sg. Personenklasse bei e-a-ne usw. ist eine i. oder 2. Person beim Verbum ausgeschlossen in SLTNi 102, 12f. e-a-iie g u r u m - m a - n i inu-di-di-iii er-gig mu-^e 8 -^e 8 [am]a 5 -pe-el-la-na mu-di-di-in er-gig mu-se 8 -se 8 „in ihrem Hause geht sie gebeugt umher, weint bitterlich; in ihrem geschändeten Frauengemach geht sie gebeugt umher, weint bitterlich", desgleichen in SK 25 VII 30 g u r - g u r u m - m a - n i an-ta-di-[d]i ! -in undTRS: 68, I3a (nur ]-di-di-in erhalten). Im Ganzen sind die Stellen mit dem 'überflüssigen' -en wohl zu zahlreich, als daß man -en durchweg als falsch tilgen könnte. Andererseits könnte gerade bei den erst in nachsumerischer Zeit aufgestellten Datenformeln das -n von -en ebenso fehlerhaft sein wie das -n- vor der Verbalwurzel bei den intransitiven Verbformen in denselben Beispielen ; das dort wohl zugrunde liegende - e wäre als (nachsumerische) Veränderung eines -a < -am zu deuten.



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