\"Zahneisen-Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen\", in: D. Kurapkat - U. Wulf-Rheidt (Hrsg.), Werkspuren. Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen (DiskAB 12), Regensburg 2017, 41-62.

May 26, 2017 | Author: E. Sioumpara | Category: Archaeology, Classical Archaeology, Classics, Landscape Archaeology, Ancient Greek History, Ancient Topography (Archaeology), Ancient Greece, History of architecture, Archaic Greece, Geometric and archaic Greece, Athens, Topography of Athens, Classics: Ancient History and Archaeology, History of Art and Architecture, Ancient Athens, Historische Bauforschung, Bauforschung, Topography of Ancient Athens, Roman Archaeology, Greek temples, Solon of Athens, Topography and Monuments of Athens, Ancient Topography (Archaeology), Ancient Greece, History of architecture, Archaic Greece, Geometric and archaic Greece, Athens, Topography of Athens, Classics: Ancient History and Archaeology, History of Art and Architecture, Ancient Athens, Historische Bauforschung, Bauforschung, Topography of Ancient Athens, Roman Archaeology, Greek temples, Solon of Athens, Topography and Monuments of Athens
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Description

In 29 Beiträgen wird sich in drei ›Zoomschritten‹ aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln den Fragen genähert. Ausgehend von der Bearbeitung des Werkstücks werden über das baukonstruktive Zusammenfügen bis hin zur Organisation des Bauablaufs die jeweiligen Spuren beleuchtet und interpretiert. Ein interdisziplinärer Zugriff ermöglicht es dabei, Hinweise auf Bauhütten und Bautraditionen, deren Organisation sowie die Überlieferung von Wissen im antiken Bauwesen zu gewinnen. Die facettenreichen Beiträge machen deutlich, dass das Beobachten und kritische Hinterfragen jeder noch so kleinen Spur an antiken Bauwerken nicht nur zu neuen bauforscherischen Erkenntnissen führt, sondern durch die Verknüpfung mit Forschungsansätzen anderer Disziplinen auch interessante Einblicke in antike Kulturen und Lebenswelten gewonnen werden.

ISBN 978-3-7954-3205-8

Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen DiskAB 12

WERK SPUREN

Handwerkliche Prozesse zur Gewinnung, Herstellung, Aufbereitung und Verarbeitung von Baumaterialien hinterlassen an jedem gebauten Werk ihre Spuren. Für den Bauforscher sind diese eine maßgebliche – oftmals sogar die einzige Quelle zur Rekonstruktion der angewandten Bautechniken sowie des Material-, Transport- und Bearbeitungsweges bis zur Baustelle. Sie erlauben das Nachvollziehen von Bauabläufen und der erforderlichen Baulogistik. Da auch in der Antike eine reibungslos funktionierende Baustelle in hohem Maße von der sozialen Organisation des Bauwesens abhing, ermöglicht die Rekonstruktion von Bauweisen und Bauabläufen ebenso das dahinter stehende Wissen und die soziale Struktur zu analysieren. Wird das antike Bauwesen als ein hochgradig komplexer und vernetzter Prozess verstanden, dann kann seine Entschlüsselung dazu beitragen, Fragen nach der jeweiligen Verteilung von Arbeit und Kompetenz, nach der sozialen Organisation einer Baustelle und dem Einfluss von Mobilität der Bauleute auf die Verbreitung und Transformation von Bauwissen zu beantworten. Innovative Verarbeitungsmethoden und die Rolle von Materialökonomie geben ferner Hinweise auf das jeweilige Technik-, Natur- und Raumverständnis. Ziel der 12. Archäologischen Diskussionen zur Bauforschung war es daher, neben den rein technischen Aspekten des Wissens um Materialeigenschaften und den Fragen nach der Logistik, auch die Tradierungsprozesse von konstruktiv-operativem Bauwissen in der Antike zu diskutieren.

ISB N 978 -3 -795 4 -3205 - 8

9 783795 432058

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WERK SPUREN

Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen Diskussionen zur Archäologischen Bauforschung

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Werkspuren Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen

Deutsches Archäologisches Institut Architekturreferat

Diskussionen zur Archäologischen Bauforschung Band 12

Werkspuren Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen

WERK SPUREN

Internationales Kolloquium in Berlin vom 13.–16. Mai 2015 veranstaltet vom Architekturreferat des DAI im Henry-Ford-Bau der Freien Universität Berlin

Herausgegeben von Dietmar Kurapkat und Ulrike Wulf-Rheidt

XIII, 466 Seiten Text mit 438 Abbildungen und einer Übersichtskarte

Umschlagabbildung: Logo des Kolloquiums, DAI Architekturreferat

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2017 © 2017 Verlag Schnell & Steiner GmbH, Leibnizstraße 13, 93055 Regensburg Redaktion: Dominique Krüger Bildbearbeitung: Catrin Gerlach Gestaltung & Layout: Jörg Denkinger Satz: Jörg Denkinger & Ina Seiler Umschlaggestaltung: Jörg Denkinger Druck: Erhardi Druck GmbH, Regensburg ISBN 978-3-7954-3205-8

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlags ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fototechnischem oder elektronischem Weg zu vervielfältigen. Weitere Informationen zum Verlagsprogramm erhalten Sie unter: www.schnell-und-steiner.de

MARTIN BACHMANN 1964–2016 von Kollegen und Freunden gewidmet

Inhalt



Vorwort

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI



Programm

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII

Einleitung / Introduction





Dietmar Kurapkat – Ulrike Wulf-Rheidt, Werkspuren. Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen / Traces of Workmanship. Use of Materials and Knowledge of Workmanship in Antique Architecture . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1



Beiträge Luise Albrecht, Werkspuren an Ziegeln im opus testaceum – zur Frage der Ziegelteilung

. . . . . . . . . . . . 193

Felix Arnold, Logistik einer Pyramidenbaustelle. Markierungen am Baumaterial der Pyramidenanlagen des Königs Snofru in Dahschur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Martin Bachmann (†) – Janet Lorentzen, Steinmetzmarken als Quellen zum Baugeschehen in Pergamon

. . . . 435

Christiane Brasse, ›Verbunden‹ und ›Verzahnt‹ – Baukonstruktive Besonderheiten spätantiker Architektur im östlichen Mittelmeerraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Ayșe Dalyancı-Berns, Die Stadtbefestigung von Nikaia (Iznik). Bautechnische Beobachtungen zur Rekonstruktion des Bauablaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 Uta Dirschedl, Vom ›σκέπαρνον‹ zum Zahneisen – Werkspuren an Kalkstein-, Kalkmergel- und Marmorwerkstücken des archaischen Didymaion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Birte Geißler, Spuren am Stein. Eine Nahansicht der Porta Nigra

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Axel Gering, Marmordepots. Zum ›Recycling‹ des Forums von Ostia im 5. und 6. Jh. n. Chr.

. . . . . . . . . . . 149

Jürgen Giese, ›Kerbendekor‹ und ›gesäumte Spitzung‹. Zur Entwicklung und Bedeutung griechischer Werkstein­oberflächen im 4. Jh. v. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Manfred Grawehr, Bossenstil und Baumaterial

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Reinhard Heinz, Trial and Innovation – Bautechnische Sonderlösungen am Mausoleum von Belevi

. . . . . . . 373

Catharine Hof, Spurenverfolgung zu den Wölbformen und Gerüsttechniken an den Stadtmauern von Resafa und Zenobia (Syrien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

Inhalt

Catharine Hof, Spurenverfolgung zu den Wölbformen und Gerüsttechniken an den Stadtmauern von Resafa und Zenobia (Syrien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Rudolf Känel, Verborgene Werkspuren. Beobachtungen zu präventiven Haft- und Stützvorkehrungen bei etruskisch-italischen Architekturterrakotten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Alexander von Kienlin, Zu Interpretation und Herkunft antiker Versatzmarken

. . . . . . . . . . . . . . . . . 427

Manfred Klinkott, Bauteile des Pergamonaltars. Material und Auswertung der noch auffindbaren Fragmente . . . 303 Manolis Korres – Aenne Ohnesorg, Werkspuren im antiken Griechenland – Technik und Terminologie, mit einem Annex zu speziellen Werkspuren am Parthenon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Claudia Lacher–Raschdorff, Werkspuren. Schlüssel zum Bau eines frühdynastischen Felsgrabes in Ägypten . . . 399 Peter Marzolff, Beobachtungen am ältesten keramischen Dachdecksystem

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Jens Pflug, Der Baustellen-Workflow im Ziegelbau. Spuren der Planungs- und Bauprozesse im ›Versenkten Peristyl‹ der ›Domus Augustana‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Ursula Quatember – Gerhard Paul, Zur Verdübelung römischer Werksteinbauten. Theorie und Praxis

. . . . . 257

Turgut Saner – Gizem Mater, Quarrying and Carving Traces Observed on the Stones of Larisa (Buruncuk) . . . . . 33 Mike Schnelle, blq (Kalkstein) – ein ›heiliger‹ Werkstoff und seine Verarbeitung – Untersuchungen an südarabischen Kalksteinkonstruktionen im 1. Jt. v. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Thekla Schulz, Eine antike Großbaustelle – Ausführung und Bauablauf des Serapis-Tempels in Ephesos

. . . . . 359

Elisavet P. Sioumpara, Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Günther Stanzl, Werkspuren und Bautechnik am Ptolemaion von Limyra. Eine ostlykische ›Bauhütte‹ im Dienst der Ptolemäer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Hilke Thür, Werkspuren am hellenistischen Heroon-Brunnen in Ephesos

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Clemens Voigts, High-Tech für den römischen Kaiserpalast. Hohlbohrer und Gewölbeanker

. . . . . . . . . . . 333

Marc Waelkens – Göze Üner – Julian Richard, The Finishing Touch. The Architectural Decoration of the Late Hadrianic Nymphaeum at Sagalassos – The Stoneworking Process . . . . . . . . . . . . . . . 446 Claudia Winterstein, Bauen mit Beachrock. Ein lokales Baumaterial und seine innovative Verwendung im kilikischen Selinus der Kaiserzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen Elisavet P. Sioumpara

Ernst-Ludwig Schwandner gewidmet, einem der besten Connaisseure der archaischen Architektur Griechenlands

This article focuses on the claw-chisel (or ›tooth-chisel‹), and in particular on the way by which the dating of its introduction and employment in sculpture and architecture affects the understanding of the topo­ graphy of the Archaic Acropolis at Athens. The controversy surrounding the precise dating of the introduction of the claw-chisel has borne with it different views regarding the exact location of the so-called Hekatompedon temple, dating to ca. 570 BC. The newly observed marks of the claw-chisel on sima fragments of the ›Hekatompedon‹, as well as on some pieces of the earliest marble roof preserved on the Acropolis, which was made of Naxian marble and dates to ca. 600 BC, and consequently the re-dating of this particular tool before 550 B.C., have been used as an argument in favor of relocating the ›Hekatompedon‹ on the ›Dörpfeld foundations‹. The reexamination of these two sets of architectural members proved that, firstly, the claw-chisel marks observed on two of the 162 pieces of the Naxian marble roof belong to a second use of the pieces and therefore cannot be used to redate the employment of the claw chisel to ca. 600 BC. Secondly the marks on the sima of the ›Hekatompedon‹ are of a different nature than ›traditional‹ claw-chisel marks, yet they still may bear witness to the fact that the claw-chisel was in use in Attic sculpture and architecture in the second quarter of the 6th c. BC, that is to say during the same period as in the Cyclades. The new research of all the architectural members from the entablature of the ›Hekatompedon‹ or ›H-Architektur‹ resulted in a very detailed new classification of the existing types for each category. This led to a new reconstruction of the axial-intercolumniations of the peristasis and of the porches of the cella of the ›Hekatompedon‹, which are wider than previously assumed. The unequal intercolumniations between the foundations and the superstructure of the building render the ›Hekatompedon‹ incompatible with the ›Dörpfeld foundations‹. Therefore, by negation, the ›Hekatompedon‹ must be located under the Parthenon, and be identified with the Archaic Parthenon.

Die Werkzeugspuren1 an Skulpturen und Bauteilen, die Handschrift der Bildhauer, der Handwerker und der Steinmetze auf dem Rohmaterial, bilden ein Medium, um die persönliche Leistung und das technologischen Wissen einer Epoche besser zu verstehen. Die Entzifferung dieser Spuren ist nicht immer leicht oder selbstverständlich2.

Dabei stellt das Zahneisen, eine der letzten Neuerungen im Repertoire der in der griechischen Architektur und Skulptur verwendeten Werkzeuge dar3, deren genaue Datierung, aus vielfältigen Gründen, in der archäologischen Bauforschung umstritten ist4. Die zwei wichtigsten Gründe für die umstrittene Datierung der Einführung

1

Ich bedanke mich bei Ulrike Wulf-Rheidt und Dietmar Kurapkat für die Einladung und die Gastfreundschaft im Berliner Kolloquium. Alexander Herda hat meinen Text sprachlich korrigiert. Dafür und für die verschiedenen Diskussionen zum Thema bedanke ich mich bei ihm sehr herzlich. Diesen Artikel widme ich Ernst-Ludwig Schwandner, der mich gelehrt hat, die antike Architektur als ein dem Forschungsdiskurs jederzeit offenstehendes Thema zu betrachten.

2

Ich ziehe als charakteristisches Beispiel die sog. Berliner Göttin heran. Vgl. in der neuen Monographie von Heilmeyer – Maßmann 2014, 89–93 die detaillierte Beschreibung der Werkspuren an allen Teilen der Statue und Heilmeyer – Maßmann 2014, 94–97 die im Vergleich zu den frühen grundlegenden Forschungen von Wiegand und Blümel differenzierte Interpretation der Werkspuren.

3

Casson 1933, 126–128. 185–188; Blümel 1940, 16–28; Adam 1966, 18–22; Nylander 1991, 1037–1052; Palagia – Bianchi 1994.

4

Zuletzt dazu Koenigs 2004, 133; Kissas 2008, 100–104; Ohnesorg 2010.

42 | Elisavet P. Sioumpara

Abb. 1  Athen, photogrammetrische Aufnahme des ›Dörpfeld-Fundaments‹

des Zahneisens sind meiner Meinung nach folgende: Erstens wurde die traditionelle Datierung um die Mitte des 6.  Jhs.  v. Chr. in der archäologischen Forschung als ein chronologischer Terminus für die archaische Epoche benutzt. Nach diesem Ansatz datieren plastische Werke mit Zahneisenspuren ab dem zweiten Viertel des 6. Jhs. v.  Chr.5, architektonische Werke möglicherweise erst etwas später, ab 550 v. Chr.6. Diese Methode wurde sogar teilweise übernommen, um chronologisch wichtige Monumente im Orient, etwa der persischen Kultur, aufgrund des Vorhandenseins von Zahneisenspuren zu

datieren7. Die Problematik der Datierung aufgrund eines einzigen Werkzeugs spitzte sich zum zweiten zu, indem sie die Rekonstruktion der Topographie der archaischen Akropolis mitbestimmte und damit eng mit einem sehr zentralen Thema der klassischen Archäologie und Bauforschung in Verbindung gebracht wurde8. Nachdem zuerst Theodor Wiegand9 1904 die ›H-Architektur‹, also das sog. Hekatompedon, den ersten monumentalen Tempel aus Stein in Athen und Attika von ca. 570 v. Chr., auf dem inneren Teil des sog. Dörpfeld-Fundaments positioniert hatte (Abb. 1), zweifelte William Bell Dinsmoor10 1947 stark an

5

Blümel 1940, 16–28; Richter 1960, 10 f.; Nylander 1965, 54 mit Anm. 35 f.; Adam 1966, 19; Palagia – Bianchi 1994, 187–190; Palagia 2006, 252; Palagia 2010.

6

Vgl. Koenigs u. a. 1980, 35 mit Anm. 95, wo sich eine Kritik der älteren Literatur findet. Dazu s. auch die Beiträge von A. Ohnesorg – M. Korres und von U. Dirschedl in diesem Band.

7

Vgl. Nylander 1965, 52–55 (»Having shown that the toothed chisel was introduced most probably in the beginning of the reign of Darius [520–515], I think it is legitimate to make, with the help of this toothed chisel criterion, a distinction between Achaemenian buildings and monuments constructed before and after 520«); Nylander 1991, bes. 1049.

8

Dinsmoor 1947, 109–151; Beyer 1974, 651; Beyer 1977, 47; Kissas 2008, 100–104. Vgl. auch Anm. 2 und 3.

9

Wiegand 1904, 1–114, insbesondere 108–114.

10 Dinsmoor 1947, insbesondere 115–118.

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 43 der Verbindung der ›H-Architektur‹ mit dem besagten Fundament, da u. a. letzteres reichlich Zahneisenspuren (Abb. 2 a. b) aufwies, während alle Bauteile und Skulpturen des angeblichen Oberbaus aus Poros und Marmor dieses Werkzeug vermissen lassen. Deshalb wies William Bell Dinsmoor das ›Dörpfeld-Fundament‹ allein dem Tempel der Athena Polias aus dem letzten Viertel des 6. Jhs. v. Chr. zu11 und sah keine erste Phase mit dem ›Hekatompedon‹ darauf. Stattdessen positionierte er diesen unter dem Parthenon12, eine Ansicht, die die Forschung in den nächsten Jahrzehnten dominierte. Damit wurde und wird die Kontroverse um die genaue Platzierung der ›H-Architektur‹ mit der Kontroverse um das Zahneisen identifiziert13. Wenn auch, rein methodisch gesehen, Dinsmoor Recht damit hatte, die beiden Bauten wegen der Verwendung eines fortschrittlicheren Werkzeugs am Fundament und an der Krepis, und seinem gleichzeitigen Fehlen am Oberbau voneinander zu trennen, ist es nicht richtig, die Argumentation umzudrehen, um das Gegenresultat zu erreichen. Mit anderen Worten, wenn man tatsächlich Zahneisenspuren auf der ›H-Architektur‹ fände, bildet dies noch keinen Beweis für eine Positionierung des ›Hekatompedon‹ auf dem ›Dörpfeld-Fundament‹, es schließt es lediglich nicht aus. Die Zusammengehörigkeit der beiden Bauten bleibt noch zu beweisen, zumal eine detaillierte und ausführliche Untersuchung aller vorhandenen Bauteile und ihr Vergleich mit dem sog. Dörpfeld-Fundament seit Theodor Wiegand nie erfolgt ist. Walter-Herwig Schuchhardt14 konnte nach einer sehr detaillierten Untersuchung von 216 Simafragmenten des ›Hekatompedon‹ beweisen, dass die Giebelsima zu lang für einen schmalen Tempel mit der Breite der Cella vom ›Dörpfeld-Fundament‹ war und plädierte für einen dorischen peripteralen ›Hekatompedon‹. Manolis Korres15 gelang es, nach einer gründlichen Untersuchung aller vorhandenen Kapitelle, zum ersten Mal zu beweisen, dass das ›Hekatompedon‹ de facto ein dorischer Peripteral-

a

b Abb. 2 a. b  Athen, Zahneisenspuren auf dem Stylobat (a) und der ersten Krepisstufe des ›Dörpfeld-Fundaments‹ (b)

tempel war. Wie schon Dinsmoor, lokalisierte er diesen Tempel unter dem Parthenon16. In den letzten Jahren wurde die Kontroverse erneut eröffnet. Zahneisenspuren konnten an früharchaischen Monumenten neu beobachtet werden, wodurch die Hindernisse entfallen sollten, das ›Hekatompedon‹ wieder auf dem sog. Dörpfeld-Fundament zu platzieren17. In der Folge machte die Forschung aus dem ›Hekatompedon‹, mit seinen imposanten Giebelskulpturen einer der wichtigsten und frühesten sakralen Bauten vom Beginn

11 Zuerst publiziert von Dörpfeld 1885. Detailliert in Wiegand 1904, 115–147; seine Rekonstruktion wurde in der Forschung nie in Zweifel gezogen. 12 Dinsmoor positionierte das ›Hekatompedon‹ als einen Tristylos in antis Tempel mit einer Länge von 100 Fuß unter dem Nordost-Bereich des perikleischen Parthenon, s. Dinsmoor 1947, 117 f. 123. 140–145. 13 Zuletzt Kissas 2008, 100–104 mit der älteren Literatur dazu. 14 Schuchardt 1935/36, 66–70 positionierte zuerst das ›Hekatompedon‹ als dorischen Peripteros auf dem ›Dörpfeld-Fundament‹; später trat Schuchhardt 1963, 819–823 von seiner Meinung zurück. 15 Korres 1997, 225–236. 16 Korres 1997, 225–229 positioniert das ›Hekatompedon‹ unter dem perikleischen Parthenon u. a. anhand bestimmter Felsabarbeitungen entlang der Westseite des Parthenon und aufgrund des schrägen Verlaufes (ca. 3,5° nach links) von Blöcken der 18. Lage des Stereobats im Westen und am westlichen Ende der Südseite, die auf eine ältere innere Konstruktion hinweisen. Er platziert das ›Hekatompedon‹ eher in dem südwestlichen Bereich des Stereobats des Vorparthenon I, mit seinem Ostende etwa in einer Linie mit der Ostfront des späteren Tempels der Athena Polias auf dem sog. Dörpfeld-Fundament, in Verbindung mit dem Naiskos zwischen der 5. und der 8. nördlichen Säule der Parthenonperistasis. 17 Kissas 2008, 100–104.

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der steinernen griechischen Architektur, einen ›Wandertempel‹. Zunächst werden einige gesicherte Punkte zur Einführung des Zahneisens im Mutterland, nach dem heutigen Forschungsstand, kurz zusammengestellt: Die Einführung des Zahneisens (Meißel oder gezahnte Hacke) wird traditionell um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr. datiert. Die systematische Erforschung der KykladenArchitektur der letzten Jahrzehnte erbrachte eine etwas genauere Datierung in das zweite Viertel des 6.  Jhs.  v.  Chr., vereinzelt ab ca. 570 v. Chr., sicher ab ca. 560 v. Chr.18. An Bauwerken begegnet das Zahneisen zuerst am Prostoon des Naxieroikos und am Bau D, beide auf Delos, aus dem zweiten Viertel des 6. Jhs. v.  Chr.19. Zusätzlich wurden Zahneisenspuren nur auf Dachziegeln des Tempels von Yria auf Naxos20 und beim Kroisos-Tempel in Ephesos21 beobachtet, beide begonnen um die Wende vom ersten zum zweiten Viertel des 6. Jhs. v. Chr. In der zweiten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. war das Zahneisen ganz gebräuchlich, wie z. B. beim Apollo-Tempel von Naxos22. Der erste gesicherte Bau in Athen mit Zahneisenspuren ist der archaische Rundbau im Kerameikos, um 550–540 v. Chr. 23, während die Stoa Basileios auf der Agora, ebenfalls mit Zahneisenspuren an ihrer Nordwand, inzwischen um 500 v. Chr. datiert wird24. An Skulpturen tritt das Zahneisen sicher beim unfertigen Sphinxkopf (Inv. 48) aus parischem Marmor, heute in der Glyptothek in München, auf 25. Dieser Kopf gilt als eines der frühesten Beispiele, um 570–550 v. Chr., mit keiner sicheren Provenienz 26 . Solche Spuren gibt es ebenfalls an der Rückseite, neben dem linken Arm

b 18 Gruben 1997, 338 mit Anm. 206; Hellmann 2002, 83. 19 Genauer am südlichen Ende der ersten Stufe des Naxieroikos. Zur Datierung des Naxieroikos s. Gruben 2001, 156 f. Zur Datierung des Bau D an das Ende des zweiten Viertels des 6. Jhs. v. Chr. s. Gruben 1997, 338 mit Anm. 206. 20 Lambrinoudakis – Gruben 1987, 606. 21 Ohnesorg 2007, 121. 128 mit drei weiteren Bauteilen des KroisosTempels, die nicht dem Dach zugehören, an denen Zahneisenspuren beobachtet wurden. Ohnesorg 2008, 40 mit Anm. 75 f. plädiert wegen der Zahneisenspuren für eine Datierung des Dachs des Kroisos-Tempels eher um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr., was nicht unbedingt zwingend ist, da das Werkzeug schon während des zweiten Viertels des 6. Jhs. v. Chr. in Gebrauch war. Zur Datierung des Kroisos-Tempels s. auch Kerschner – Prochaska 2011, 108–117.

c Abb. 3 a–c  Athen, Kore aus Anavyssos, Rückseite (a). Die Detailaufnahmen des Rückens (b. c) zeigen Spuren von Bearbeitung mit dem Flacheisen, aber nicht mit dem Zahneisen

22 Zum Zahneisen am Apollo-Tempel in Naxos s. Gruben 1972, 361 f.; Koenigs 1972, 384 f. 23 Koenigs u. a. 1980, 3. 26. 34–36. 24 Zuletzt Camp 2010, 79. 25 Blümel 1940, 30–34 mit Abb. 20. 21; Boschung – Pfanner 1988, 7 f. 26 s. auch Nylander 1991, 1042; Palagia – Bianchi 1994, 187–188; Palagia 2006, 252.

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 45 am neugefundenen unfertigen Kouros aus Paros (Inv. A 1377)27, der um 550 v. Chr. datiert wird28 . In Athen und Attika tritt das Zahneisen erst bei der Akropolis-Kore 593 an der Rückseite auf, wo das Haar unfertig blieb29. Die Kore wird um 570–550 v. Chr. datiert 30. An den ersten attischen Kouroi vom Anfang des 6. Jhs. v. Chr. 31, der sog. Berliner Göttin32, um 570 v. Chr. 33, und dem Moschophoros Akr. 624, 570–560 v. Chr. datiert 34, fehlen solche Spuren. Bei der vor kurzem publizierten Kore aus Anavyssos35, gegen 590–580 v. Chr. datiert (Abb. 3) und damit eine der ältesten in der Reihe der attischen Korai, wurden sporadische Zahneisenspuren am Rücken beobachtet 36 . Nach eigener Autopsie der Kore37 wurden die vorhandenen Spuren als solche vom Flacheisen und nicht vom Zahneisen identifiziert, wie deutlich an den neuen Detailaufnahmen von Telemachos Souvlakis überprüfbar ist (Abb. 3 b. c). Damit ist nach den bislang bekannten Funden eine so frühe Anwendung des Zahneisens an Skulpturen zurzeit auszuschließen. An den wenigen, relativ sicher datierten Bauten der ersten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. im Mutterland fehlt das Zahneisen, wie zunächst selektiv gezeigt wird: Am Arte-

mis-Tempel in Korfu (ca. 590–580 v. Chr.)38 , am archaischen Aphaia-Tempel in Ägina39, der ca. 570–550 v. Chr. datiert wird, wurden keine Zahneisenspuren beobachtet. An den delphischen Bauten oder membra disiecta der ersten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. (dem Monopteros und der Tholos im Fundament des Sikyonier-Schatzhauses und an den Bauteilen des ersten archaischen Tempels der Athena in Marmaria) fehlen die Spuren40. Dort zählt zu den frühesten Monumenten mit Zahneisenspuren das Schatzhaus der Siphnier41, datiert um 525 v. Chr., während das Schatzhaus der Klazomenier, das früher in die zweite Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. eingeordnet wurde 42, inzwischen ins 5. Jh. v. Chr. datiert wird43. Olga Palagia und Robert Steven Bianchi44 beobachteten 1994 Zahneisenspuren an Blöcken vom Grab des Nespeqashuty D der 26. Dynastie im ägyptischen Theben aus dem mittleren 7. Jh. v. Chr. Sie folgerten daraus, dass das Zahneisen nicht in Griechenland sondern in Ägypten erfunden und von den Griechen übernommen wurde45. Dort wurde bereits ein gezahnter Meißel aus Bronze für den weichen Kalkstein verwendet, während

27 Kourayos 2012, 119–121 mit der älteren Literatur. Die Zahneisenspuren werden hier explizit beschrieben. Kourayos 2012, 121 datiert den Kouros um 530 v. Chr. 28 Barlou 2014, 158 f. datiert den Kouros um 550 v. Chr. Sie identifizierte keine Zahneisenspuren am unfertigen Kouros, im Gegensatz zu Kourayos. Ich bedanke mich bei Vasiliki Barlou für die Diskussion über diesen Kouros und die Fotos, die sie mir vor dem Vortrag im Kolloquium geschickt hatte. 29 Nylander 1991, 104; Palagia – Bianchi 1994, 187; Palagia 2006, 252. 30 Für die Datierung vgl. Franssen 2011, 477 im Katalog B2, mit der älteren Literatur und allen vorgeschlagenen Datierungen für die Kore Akr. 593. 31 Richter 1960, 10 f. 32 Heilmeyer – Maßmann 2014, 90–93 (von W. Maßmann) und 94–97 (von W.-D. Heilmeyer). 33 Zur Datierung der sog. Berliner Göttin um 570 v. Chr. s. Heilmeyer – Maßmann 2014, 50 f. 34 Zu Moschophoros vgl. zuletzt Franssen 2011, 516 im Katalog B 169 mit der älteren Literatur und allen Datierungsvorschlägen. 35 Tzachou-Alexandri 2012. 36 Tzachou-Alexandri 2012, 51 mit Anm. 2 erwähnt Spuren von »ντισιλίδικο«, also von Zahneisen am Rücken der Kore. 37 Ich bedanke mich bei der Ephorie von Athen, unter der Leitung von Eleni Banou, für die Erlaubnis die Kore anzuschauen und zu fotografieren. Meiner Kollegin Voula Bardani danke ich herzlich für ihre Hilfe im Skulptur-Depot an der Str. Drakontos 7, an der Akademie von Platon, wo die Skulptur sich heute befindet. 38 Schleif u. a. 1940, 21–25. Für die Datierung vgl. auch Gruben 2001, 112–114. 39 Schwandner 1985, 130 mit Anm. 259. 40 Laroche – Nenna 1990. 41 Daux – Hansen 1987, 33–34. 42 Dinsmoor 1913, 8 erkannte die Spuren als Erster. 43 Palagia – Bianchi 1994, 188 mit der älteren Literatur dazu. 44 Palagia – Bianchi 1994. 45 Ohnesorg 2007, 128 mit Anm. 824 und erneut Ohnsorg 2008, 40 mit Anm. 76 kommentiert dazu »das … beobachtete Zahneisen scheint mir aufgrund der beigegebenen Abb. (vor allem Abb. 6 und 7) nicht ›zweifelsfrei‹; es könnte auch ein schartiger Flachmeißel sein«. Es ist tatsächlich zutreffend, dass es beim Druck qualitätsvoller Bilder nicht immer gelingt, alle Details klar abzubilden. Dr. Edward Bleiberg und Kathy ZurekDoule vom Brooklyn-Museum in New York, bei denen ich mich sehr herzlich bedanke, haben mir eine Kopie der Abbildung des Blocks Inv. 52.131.27 mit der originalen Auflösung zugeschickt und es hat sich ergeben, dass gezahnte Spuren an der Fläche tatsächlich vorhanden waren. Ich bedanke mich auch herzlich bei Prof. Olga Palagia, die mir die Fotos der Abb. 6 und 7 der Publikation zugeschickt hat. Es war leider nicht möglich, vom Art Museum der Princeton University ein Foto des Blocks Inv. 1950-127 mit höherer Auflösung zur Überprüfung zu erhalten.

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Abb. 4 a–c  Athen, ältestes Marmordach auf der Akropolis, Stroterfragment Akr. 16384, Oberseite, Vorderseite und Unterseite mit angelegtem Winkel

Abb. 5 a. b  Athen, ältestes Marmordach auf der Akropolis, Fragment Akr. 17838, Oberseite und Vorderseite

die Griechen das bronzene Werkzeug durch ein eisernes für die Bearbeitung des härteren Marmors ersetzt haben sollen. Allerdings wurde für das Grab des Nespeqashuty ein Meißel mit einer Breite von nur elf oder zwölf mm, mit vier oder sogar acht Zähnen verwendet46. Es wäre wünschenswert, wenn in Zukunft Spuren gezahnter Werkzeuge an weiteren ägyptischen Monumenten aus der zweiten Hälfte des 7. und der ersten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. beobachtet werden könnten, die die These von Palagia und Bianchi erhärten können.

DIE ATHENISCHE AKROPOLIS UND DAS ZAHNEISEN Die Kontroverse um die möglichst genaue Datierung der Einführung des Zahneisens in der griechischen Baukunst kulminiert, wie oben erwähnt, auf der athenischen Akropolis. Die Kontroverse wurde 2008 von Konstantin Kissas wiedereröffnet47, der Zahneisenspuren am ältesten Marmordach der Akropolis, demjenigen aus naxischem Marmor vom Anfang des 6. Jhs. v. Chr., beobachtet hat48 sowie zusätzlich auch auf der Sima und an einer Stelle an einer

46 Bei beiden abgebildeten Blöcken mit Spuren eines gezahnten Werkzeugs vom Grab des Nespeqashuty D, die sich in einem unfertigen Stadium befinden, ist zu beobachten, dass beide Flächen eine verschiedene Bearbeitung mit dem gezahnten Werkzeug aufzeigen. Hier sind genauere Untersuchungen am Gesamtbestand des Monuments unbedingt notwendig. 47 Der neue Artikel von J. Paga, The Claw-Tooth Chisel and the Hekatompedon Problem. Issues of Tool and Technique in Archaic Athens, AM 127/128, 2012/2013, 169–203, erschienen im Dezember 2015, konnte nicht mehr für diesen Artikel berücksichtigt werden. Ein detaillierter Kommentar dazu folgt an anderer Stelle. 48 Kissas 2008, 5–11 mit einem Katalog aller dem Dach zugewiesenen Stücke mit der älteren Literatur dazu (Kissas 2008, 12–37).

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 47 Poros-Skulptur des ›Hekatompedon‹49. Diese Befunde sollen hier genauer untersucht werden. Zahneisenspuren wurden an zwei50 (Abb. 4. 5) von den 162 Fragmenten51 des ältesten, aus Naxos importierten marmornen Daches auf der Akropolis beobachtet, wodurch Kissas die Einführung des Zahneisens auf 600 v. Chr. hochdatiert52. Allein das Faktum, dass die Zahneisenspuren nur an zweien der 162 erhaltenen Fragmente (also an 1,25 % des erhaltenen Materials) auftauchen, gab auch Kissas selbst zu denken. Er erklärte dies damit, dass an den meisten Stücken die Spuren des Zahneisens durch die anschließende Bearbeitung mit dem Flacheisen getilgt wurden53 und daher diese beiden Exemplare möglicherweise nicht fertiggestellt wurden, da keine Glättung mit dem Flacheisen erfolgte. Zusätzlich nahm er an, dass »das neue Werkzeug kurz vor der Beendigung der Bauarbeiten auf die Akropolis kam und daher nur selten verwendet wurde«54. Bei einem Fragment (Akr. 1638455, A 11 im Katalog, gezeichnet und abgebildet in Taf. 3, 1–3 und hier in Abb. 4 a–c), zeigen sich die Zahneisenspuren nur auf der Stirnseite des Marmorstroters (Abb. 4 b). Anhand der ausführlichen Dokumentation des Fragments kann man feststellen, dass: a) der Stopperstreifen auf der Unterseite (Abb.  4  c) nicht parallel zur erhaltenen Vorderseite des Stroters läuft, sondern schräg, mit dem Resultat, dass die beiden Ecken des Stoppers unterschiedlichen Abstände, nämlich 4,8 und 6,0 cm, zur Vorderkante hatten56. Zusätzlich sind beide

Abstände mit 4,8 und 6,0 cm kleiner als die Abstände an den übrigen Stroteren, die durchschnittlich etwa 7,0 cm betragen57. Diese deutlichen Hinweise auf eine sekundäre Abarbeitung der Stirnseite mit einem gezahnten Werkzeug58, schräg zur originalen Stirnseite, werden durch eine weitere Beobachtung bestätigt, nämlich dem fehlenden Saum auf der Oberseite vorne, die die anderen Strotere in einer Breite von etwa 1,5 cm aufweisen59 (vgl. Abb. 6 a. b). Dieser Saum dient als Führungslinie, deshalb darf er eigentlich nicht fehlen, weil es fast unmöglich für den Steinmetzen ist, bis zur Kante mit den Spitzeisen zu arbeiten, da sonst der Marmor abbrechen würde. Der dritte und damit der letzte Beweis, dass die vorhandenen Zahneisenspuren an der Vorderseite des Stroters sekundär waren60, bringt eine Kontrolle der vorderen Fläche mit einem Winkel (Abb. 4 c). Wenn man die Angleichung der Fläche mit dem Winkel kontrolliert, ist deutlich, dass die Fläche keine Gerade bildet. Damit dürfte als gesichert gelten, dass die Stirnseite sekundär abgeschrägt worden ist und zwar nicht unbedingt mit einem Zahneisen, sondern mit einer gezahnten Hacke (thrapina), wie die Spuren eher vermuten lassen61. Damit bleibt das Fragment Akr. 1783862 (A 6 im Katalog, gezeichnet und abgebildet in Taf. 2, 3), als das einzige der 162 Fragmente mit möglicherweise originalen Zahneisenspuren übrig (Abb. 5 a. b). Bei diesem Beispiel handelt es sich, nach Konstantin Kissas, um den rechten Teil eines

49 Kissas 2008, 100–104, bes. 102 f. 50 Es handelt sich um die Fragmente Akr. 16384 (A 11 im Katalog) und Akr. 17838 (A 6 im Katalog), Kissas 2008, 8. 51 Kissas zählt 149 Fragmente in seinem Katalog und erwähnt, dass er noch 13 weitere Fragmente dieses Dachs identifizieren konnte, die er nicht in seinen Katalog aufgenommen hat, also insgesamt 162 Stücke, s. Kissas 2008, 13 mit Anm. 59. 52 Kissas 2008, 104. 53 Kissas 2008, 8. Ohnesorg 2010, 1153 schreibt bei ihrer Rezension der Monographie von Kissas dazu: »K. will auf einigen Fragmenten Zahneisen beobachtet haben; auf den Zeichnungen und Fotos ist aber keines zu erkennen«, was die Taf. 2, 3 und Taf. 3, 1 widerlegen. 54 Kissas 2008, 8. 55 Kissas 2008, 16 mit Zeichnung aller originalen Flächen und Foto Taf. 3, 1–3 und A011_F auf der CD-Rom. Dieses Fragment wurde schon von Ohnesorg 1993, 66 mit Anm. 674; 141 mit Taf. 6 publiziert. Ohnesorg 2010, 1153 Anm. 7 bemerkt dazu: »bei einem einzigen Fragment des lakonischen Marmordachs, Kat. A 11 (16), sind Zweifel angebracht, die auch formuliert wurden: Ohnesorg 1993, 66 Anm. 674; es müsste noch einmal genau untersucht werden. Nachträgliche Überzahnung ist eher unwahrscheinlich«. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass bei den Fragmenten A 11 und A 6 Zahneisenspuren vorhanden sind, wie auch die neuen Fotos von Telemachos Souvlakis (Abb. 4. 5) bestätigen. 56 Kissas 2008, 16 A 11. 57 Kissas 2008, 7. Vgl. auch im Katalog die Fragmente A 3, A 15, A 18, A 19, A 24, A 25 und A 29, die alle Abstände zwischen 7,2 und 7,7 cm zwischen dem Stopperstreifen und der Stirnseite des Stroters aufweisen. Bei den Fragmenten A 12, A 13, A 14, A 17, A 21 und A 23 betragen diese Abstände zwischen 6,0 und 6,7 cm, und damit würde man einen durchschnittlichen Wert aller Fragmente mit eher 7,0 statt 7,5 cm errechnen müssen. Damit bleiben die 4,8 cm beim Fragment A 11 die einzige Ausnahme. 58 Eher eine gezahnte Hacke und keine Zahneisen, s. u. im Text. 59 Vgl. die 17 Fragmente A 3, A 4, A 7–10, A 12–15, A 17–19, A 22–24 und A 29, bei denen dieser Saum durchschnittlich 1,18 cm beträgt. Nur das Fragment A 15 weist einen Saum von 2,0 cm auf. 60 Dass bestimmte Fragmente dieses Daches sekundär wiederverwendet wurden, wurde schon von Kissas 2008, 8 mit Anm. 29; 10 mit Anm. 47 festgestellt. 61 So auch Kissas 2008, 8 mit Anm. 28. 62 Kissas 2008, 14 A 6.

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Abb. 6 a. b  Athen, ältestes Marmordach auf der Akropolis, Stroterfragmente Akr. 16383 (a) und 16428 (b) mit vorderem Saum auf der Oberseite

Hegemonfragmentes mit vorderem Abschluss, ohne Stopperstreifen an der Unterseite63. Die Zahneisenspuren sind sowohl auf der Stirnseite als auch an der Oberseite zu beobachten. Sie bilden dort den vorderen Saum und liegen auf einem Niveau mit den Spitzeisenspuren auf der übrigen Fläche der Oberseite. Im Fall, dass es sich tatsächlich um einen Hegemon mit seinem vorderen Abschluss handelt, sind die Zahneisenspuren daher nicht sekundär angebracht. Die Stirnseite ist wegen der geringen Größe des Fragments nicht wie am vorherigen Fragment Akr. 16384 auf eine mögliche spätere Abarbeitung hin zu überprüfen. Es gibt nur einen starken Hinweis auf eine zweite Nutzung des Fragments, nämlich die Breite dieses Saums mit dem Zahneisen auf der Oberseite. Sie beträgt, im Gegensatz zu den durchschnittlich 1,18 cm der übrigen Strotere mit vorderem Abschluss und Saum, hier 2,7 cm64, also mehr als das doppelte. Könnte das Fragment von einer späteren Bearbeitung der noch in Bosse verbliebenen Strotere65 herstammen? Eigentlich nicht, weil dagegen sowohl die feine und gleichmäßige Bearbeitung mit dem Spitzeisen auf der Oberseite spricht, als auch die Dicke des Stroters mit 4,0 cm, die damit der normalen Dicke entspricht und kleiner ist als diejenige bei den in Bosse gelassenen Stücken mit 5,5 und 6,7 cm66. Die Dicke des Stroters, die eigentlich von vorne nach hinten leicht, um 0,4 cm, wie bei den übrigen Fragmenten zunehmen soll-

te, erlaubt auch nicht zu bestimmen, ob dieses Fragment tatsächlich von einem vorderen oder möglicherweise von einem hinteren Teil eines Stroters kommt. Wenn die zweite Möglichkeit stimmt, würde dann dies bedeuten, dass a) der ursprüngliche hintere Rand des Stroters, der an den anderen erhaltenen Fragmenten bis 2,1 cm breit67 und 0,5 bis 0,8 cm erhaben ist, hier sekundär abgearbeitet wurde. Damit wäre dann der um mehr als 100 % verbreiterte Saum mit Zahneisenspuren auf der Oberseite anders zu interpretieren, weil es sich nämlich um den abgearbeiteten hinteren Rand einer Oberseite handeln würde. Die Bestätigung für diese Annahme liefert das Stroterfragment mit hinterem Abschluss Akr. 16444, A 40 im Katalog68. Dort ist ein Teil des hinteren Randes in einer Breite von 4,0 cm mit einem gezahnten Werkzeug abgearbeitet, wie Konstantin Kissas erkannt hat69, während beim übrigen Teil der originale Rand noch zu sehen ist. Dieses Fragment bestätigt, dass Fragment Akr. 17838, A 6, einen ähnlichen Fall darstellt, wobei der hintere Rand nicht erhalten ist. Dass der Rand beim Fragment Akr. 17838, A 6, mit 2,7 cm kleiner ist als die 4,0 cm beim Fragment Akr. 16444, A 40, erklärt sich durch die zusätzlichen gezahnten Spuren an der Hinterseite des Fragments. Damit wird bestätigt, dass das Stück sekundär nicht nur oben, sondern auch hinten mit einer gezahnten Hacke (thrapina) abgearbeitet wurde. Dadurch ist letztlich auch zu erklären, warum gezahnter Saum und

63 Kissas 2008, 14. 64 Vgl. die 17 Fragmente A 3, A 4, A 7–10, A 12–15, A 17–19, A 22–24 und A 29, bei denen dieser Saum durchschnittlich 1,18 cm beträgt. Er misst zwischen 1,2–1,5 cm und an sechs Fragmenten zwischen 0,4–1,0 cm. Nur das Fragment A 15 weist einen Saum mit 2,0 cm auf. Damit bleibt der Saum mit dem Zahneisen von einer Breite von 2,7 cm am Fragment Akr. 17838 (A 6) die einzige Ausnahme. 65 Vgl. für die Stroterfragmente A 1 und A 2, die noch in Bosse geblieben sind, den Katalog von Kissas 2008, 13, mit der älteren Literatur dazu. 66 Vgl. die Werte im Katalog zwischen A 1, A 2 und A 6, Kissas 2008, 7. 13 f. 67 Die Breite des hinteren Randes beträgt bei den 23 Fragmenten mit erhaltenen hinteren Rändern (A 30 – A 52) durchschnittlich 1,8 cm und bei acht Fragmenten von denen misst er 2,0 cm. Vgl. A 32, A 36, A 39, A 40, A 44, A 48, A 49 und A 52 im Katalog von Kissas 2008, 21–24. 68 Kissas 2008, 22 mit A 40 gezeichnet und abgebildet in Taf. 6, 4. 69 Kissas 2008, 8 mit Anm. 22. 29.

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 49 Spitzeisenspuren auf der Oberseite auf einem Niveau liegen, ohne derselben Verwendungsphase anzugehören. Aus diesen Gründen schreibe ich die gezahnten Spuren auf den beiden Fragmenten Akr. 16384 und Akr. 17838, einer zweiten Verwendungsphase zu, wie schon Konstantin Kissas für die Fragmente Akr. 16444 und Akr. 16459 aus dem gleichen Dach (A 40 und A 80 im Katalog), die ebenfalls Zahneisenspuren aufweisen, feststellte70. Zwei weitere Fragmente mit Brandspuren wurden ebenfalls als wiederverwendet identifiziert71. Damit kann als sicher gelten, dass bestimmte Teile dieses Daches sekundär abgearbeitet wurden. Demnach kann, meiner Meinung nach, ausgeschlossen werden, dass das Zahneisen bei der Bearbeitung des ersten Marmordachs auf der Akropolis benutzt wurde. Entsprechend sollte man diese Werkzeugspuren nicht verwenden, um weiterhin eine Einführung des Zahneisens um 600 v. Chr. zu vertreten. Weiter stellte Kissas vereinzelt Zahneisenspuren an einer Stelle der Poros-Giebelskulpturen fest sowie auf manchen Oberseiten der ›Hekatompedon‹-Sima (›H-Architektur‹), die aus hymettischem Marmor besteht72 (Abb. 7. 8). Diese Beobachtung führt er als eines von seinen zwei weiteren Argumenten an, dass die ›H-Architektur‹ doch auf dem ›Dörpfeld-Fundament‹ positioniert werden könnte und nicht an der Stelle des späteren Parthenon73, denn, wie dargelegt, sieht er das Zahneisen schon an den beiden Fragmenten des früharchaischen Dachs von der Akropolis verwendet, das er gegen 600 v. Chr. datiert. Zahneisenspuren wurden vor allem auf der Oberseite der ›Hekatompedon‹-Sima identifiziert74 (Abb. 7 b. c; 8 b). Diese Spuren sind nicht identisch mit den ›üblichen‹ Zahneisenspuren an anderen archaischen oder späteren Werken, wie z. B. denjenigen auf dem ›DörpfeldFundament‹ (Abb. 2) oder auf der Oberseite der Sima des Athena Polias-Tempels auf der Akropolis (Abb. 10 a. b) – um eine direkte Parallele zu wählen –, oder denjenigen auf den beiden Fragmenten der Marmorziegel aus Naxos (Abb. 4 b und 5 a. b), wie ein direkter Vergleich durch die

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c Abb. 7 a–c  Athen, ›Hekatompedon‹, Traufsima Akr. 3955, Vorderseite (a), Oberseite (b) und Detailaufnahme der Werkzeugspuren auf der Oberseite (c)

neuen Fotos von Telemachos Souvlakis deutlich zeigt (vgl. Abb. 7–9). Deshalb sind sie auch schwer als solche zu erkennen75. Bei der ›Hekatompedon‹-Sima besteht der Eindruck von geraden Linien eines Flacheisens, wobei die Linien sehr unmerklich aber doch systematisch ›unter-

70 Kissas 2008, 8 mit Anm. 29 stellt selbst bei den Fragmenten A 40 und A 80 im Katalog eine Wiederverwendung der Stücke fest, wobei das Zahneisen benutzt wurde. Vgl. auch die Beschreibung der Fragmente im Katalog, Kissas 2008, 22 A 40 gezeichnet und abgebildet in Taf. 6, 4 und Kissas 2008, 27 A 80, gezeichnet und abgebildet in Taf. 7, 2. 71 Brandspuren an zwei weiteren Stroterfragmenten lassen eine Wiederverwendung der Stücke A 16 und A 87 annehmen, Kissas 2008, 10 mit Anm. 47. 72 Kissas 2008, 100–104. An dieser Stelle werde ich die beobachteten Zahneisenspuren an dem rechten Auge eines Löwen oder Bären (Akr. 122) nicht kommentieren, weil die Zuweisung dieses Kopfes zu einer der skulptierten Metopen der ›H-Architektur‹ bis heute als nicht bewiesen gilt, Kissas 2008, 103. 73 Kissas 2008, 106–110. 74 Kissas 2008, 102–104 mit Abb. 18–25. 75 Ohnesorg 2010, 1162 schreibt, dass die von Kissas genannten Beispiele keine Zahneisenarbeit zeigen, da »in den einzelnen Rillen der Hiebe des Werkzeugs [...] keine Zähnchen liegen!«. Leider sind die vorgelegten Fotos zu kleinformatig, um diese wichtigen Details überprüfen zu können.

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Abb. 8 a. b  Athen, ›Hekatompedon‹, Traufsima Akr. 3959, Vorderseite (a) und Detailaufnahme der Werkzeugspuren auf der Oberseite (b)

Abb. 9 a. b  Athen, ›Hekatompedon‹, Giebelsima Akr. 5919, Vorderseite (a) und Detailaufnahme der Werkzeugsspuren auf der Oberseite (b)

brochen‹ werden und auf diese Weise ›zahneisenartige‹ Spuren bilden76. Es ist möglich, dass diese Spuren von einem sehr feinen Zahneisen oder einer gezahnten Hacke mit sehr kurzen und dichten ›Zähnchen‹ stammen. Diese besondere Spuren kommen an den anderen Marmorteilen des ›Hekatompedon‹ nicht vor, wie etwa an den Metopen aus hymettischem Marmor77 , und an keinem von den hunderten Porosfragmenten aus Piraeus Aktites, die ich bis heute neu untersucht habe78. Sie sind nur an Fragmena 76 Dabei schließe ich aus, dass es sich um Zahneisenspuren handelt, die danach mit einem Flacheisen getilgt wurden, weil sie anders erscheinen würden. Ich bedanke mich bei den Steinmetzen Giorgos Rigos, Kostas Tsirintoulakis, Georgios Desipris und Georgios Kagiorgis für ihre Bereitschaft zu einer ausführlichen Diskussion des Sachverhalts. In meinem Vortrag im Kolloquium konnte ich einen Kurzfilm zeigen, in dem das Entstehen der unterschiedlichen Werkzeugspuren beim Bearbeiten mit Flacheisen und Zahneisen zu verfolgen ist. An dieser Stelle möchte ich mich ebenfalls ganz herzlich bei Kostas Arvanitakis, dem Kameramann des Films, bedanken.

b Abb. 10 a. b  Athen, Athena Polias-Tempel, Traufsima Akr. 4023, Vorderseite (a) und Detailaufnahme der Oberseite mit Zahneisenspuren (b)

77 Für die 17 bzw. 18 neu zugewiesenen Fragmente von Metopen der einfachen Typen der ›H-Architektur‹ aus hymmetischem Marmor s. Kissas 2008, 39–50 und insbesondere 42 mit einem »Fehlen jeglicher Zahneisenspuren«. Dazu Ohnesorg 2010, 1153. 78 Erste Ergebnisse dieser Untersuchung in Sioumpara 2015, 249–269. Bis jetzt gibt es noch die Giebelgeisa und eine Gruppe von Blöcken mit einem Blattstabornament, die von Beyer 1974, 639–642 der ›HArchitektur‹ zugewiesen wurden, deren Dokumentation nicht abgeschlossen ist.

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 51

Abb. 11  Athen, Plan des ›Dörpfeld-Fundaments‹ nach Wilhelm Dörpfeld

ten der Sima, insbesondere, wenn nicht exklusiv, auf ihrer Oberseite79, und keineswegs an allen zu finden (vgl. Abb. 9a. b mit der Oberseite der Giebelsima ohne solche Spuren). Weil das ›Hekatompedon‹ traditionell um 570 v. Chr. datiert wird, ohne die Länge seiner Bauzeit näher bestimmen zu können, und weil das Dach und die Sima üblicherweise zuletzt angefertigt und versetzt wurden, schließe ich nicht aus, dass gerade am Dach mit der Sima als dem zuletzt fertiggestellten Teil dieses Baus, die aus Marmor und nicht aus weichem Poros bestand wie der übrige Unterbau, der Wendepunkt vom Flach- zum Zahneisen oder der gezahnten Hacke einsetzte80.

Zu den beobachteten Zahneisenspuren unter dem Flügel des Dreileibigen aus dem Westgiebel81 möchte ich hervorheben, dass es sich um die einzige Stelle an allen Giebelskulpturen des ›Hekatompedon‹ handelt, wo solche Spuren bisher identifiziert wurden82. Sie bleiben bisher singulär, zumal nirgendwo sonst an den zahlreich erhaltenen Giebelfiguren Zahneisenspuren beobachtet wurden83. Wie die Simafragmente es nahelegen, ist es sehr wahrscheinlich, dass gerade beim Aufbau des Giebels dieses neue Werkzeug Anwendung fand und sporadisch auch an den Giebelskulpturen verwendet worden ist. Der Rundbau am Kerameikos als der bisher erste

79 Ich konnte im Rahmen dieser Studie nicht alle mindestens 285 der Sima der ›H-Architektur‹ zugewiesenen Fragmente auf dieses Detail hin neu untersuchen. Für die hier referierte Zahl der Simafragmente vgl. Dinsmoor 1947, 115. 80 Es ist aber gleichzeitig nicht auszuschließen, dass diese ›zahneisenartigen‹ Spuren von der Bearbeitung des Marmors mit einem Flacheisen stammen könnten und diese durch die feinen Kristalle des hymettischen Marmors bei der Kalzinierung im Moment des Abschlagens der Oberfläche entstanden sind. Deshalb möchte ich die Erforschung dieser Werkzeugspuren als nicht abgeschlossen betrachten. 81 Kissas 2008, 103 mit Abb. 26. 27. 82 Diese Stelle befindet sich direkt bei einem Bruch, der in der Neuzeit überarbeitet wurde, indem man zuerst den Bruch mit Stuck füllte und dann später diese Ergänzung wieder entfernte, wie u. a. die Fotos des DAI Athen Akr. 407 und Akr. 465 belegen. Ich bedanke mich herzlich bei Joachim Heiden, zuständig für das Fotoarchiv im DAI Athen, für die beiden Fotos. 83 An dieser Stelle sind auch die publizierten Zahneisenspuren an Bauteilen, insbesondere auf Traufgeisa des Baus A auf der Akropolis aus den Jahren um 560–550 v. Chr. zu erwähnen, wobei »a claw chisel was used to slightly lower the surface in some areas« und sie damit aus einer zweiten Verwendung stammen, s. Klein 2015, 143–145. Eine ausführliche Publikation ist zu erwarten, besonders weil »marks of the claw chisel do appear on several geison blocks from Building A, often associated with the setting of the sima, but occasionally elsewhere«, Klein 2015, 145.

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Abb. 12 a. b  Athen, Stylobatplatte in situ in der nördlichen Peristasis des Athena Polias-Tempels, von Südosten (a); wiederbenutzte Stylobatplatten des gleichen Tempels westlich vom Parthenon, von Osten (b)

attische Bau mit deutlichen Zahneisenspuren wird, wie schon oben erwähnt, um 550–540 v. Chr. datiert84, während auch die Akropolis-Kore 593 eine Verwendung des Zahneisens in Athen im zweiten Viertel des 6. Jhs. v. Chr. belegt85. Bevor ich abschließend die neuen Resultate der Rekonstruktion des ›Hekatompedon‹ summarisch vorlege86, möchte ich als Letztes ein altes Argument von Hans Riemann87 und Immo Beyer88 – beide Vertreter einer

Positionierung des ›Hekatompedon‹ auf dem ›DörpfeldFundament‹ (Abb. 11) –, das von Kissas89 erneut aufgegriffen wurde, kurz kommentieren. Die für die Verlegung der Peristasisplatten des Athena Polias-Tempels eingearbeiteten Falze an der oberen Ecke der Innenseite der Stylobatplatten, die die Π-förmige Anathyrose der Seiten durchschneiden und damit nach ihrer Anfertigung gehauen wurden (Abb. 12 a), sind nicht als Beweis für eine sekundäre Nutzung des Fundaments für den Athena Polias-

84 Koenigs u. a. 1980, 3. 26. 34–36. 85 Palagia 2010, 43 und Abb. 10. 11 mit der älteren Literatur dazu. 86 Für die ersten Ergebnisse der neuen Rekonstruktion des ›Hekatompedon‹ s. Sioumpara 2015. 87 Riemann 1950, 25. 88 Beyer 1977, 53 f. 89 Kissas 2008, 105.

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 53 Tempel und eine erste Bauphase für das ›Hekatompedon‹ zu interpretieren, wie es von den oben angeführten Forschern behauptet wurde. Vielmehr handelt es sich hierbei um zwei Arbeitsstadien während des Baus des Athena Polias-Tempels. Dass die Peristatisplatten erst nach dem Abschluss des übrigen Baus verlegt wurden, wissen wir auch aus der Bauinschrift des Askleipios-Tempels in Epidauros90. Genau das gleiche Phänomen ist übrigens schon am Artemis-Tempel in Korfu, der um 590–580 v. Chr. datiert wird, zu beobachten, wie dies bereits Hans Schleif erkannt hat91. Dasselbe technische Detail zeigt auch die alte Tholos in Delphi92, die aus der ersten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. (um 580–570 v. Chr.)93 stammt, und der ApolloTempel in Syrakus94, der in das zweite Viertel des 6. Jhs. v. Chr. datiert wird95. Des Weiteren findet sich dies ebenfalls an dem nur einige Meter weiter südlich stehenden perikleischen Parthenon96. Damit entfällt, meiner Meinung nach, das letzte der Argumente von Kissas für eine Positionierung der ›H-Architektur‹ bzw. das des ›Hekatompedon‹ auf dem ›Dörpfeld-Fundament‹97. Zusammenfassend ergeben die angeführten Forschungen, dass die mögliche frühe Anwendung eines gezahnten Werkzeuges an den Oberseiten der Sima des ›Hekatompedon‹ und möglicherweise vereinzelt ebenfalls an den Poros-Giebelskulpturen eine parallele Anwendung gezahnter Werkzeuge an Architektur und Skulptur in Poros und Marmor im zweiten Viertel des 6. Jhs. v. Chr. in Athen zeigt. Diese Befunde alleine sind aber nicht aus-

sagekräftig genug, um die Topographie des wichtigsten athenischen Heiligtums zu bestimmen.

EINE NEUE REKONSTRUKTION DES ›HEKATOMPEDON‹ Das Projekt der ›Membra Disiecta‹, des Dienstes für die Restaurierung der Akropolis-Monumente98, hat sich in den letzten Jahren intensiv mit den Bauteilen des ›Hekatompedon‹ auseinandergesetzt, um eine genaue Rekonstruktion des dorischen Peripteraltempels zu ermöglichen99. Dies soll u. a. dazu beitragen, die ›ewige‹ Frage nach seiner genauen Position auf der Akropolis zu beantworten. Die neue Forschung hat sich zuerst sehr intensiv mit allen Gebälkteilen auseinandergesetzt, mit Archi­ traven, Friesblöcken und Geisa, um vor allem die genauen Jochweiten des ›Hekatompedon‹ rekonstruieren zu können. Um die 120 Bauteile aus den Gebälken wurden dem ›Hekatompedon‹ neu zugewiesen, inventarisiert, aufgenommen und schließlich in einem neuen Depot neu sortiert100. Ihre Erforschung resultierte in der Zuweisung mehrerer Typen innerhalb gleichartiger Bauteile: die Architrave und die Geisa zeigen je drei, die Triglyphen und Metopen je vier Typen101. Zuerst können drei ArchitravTypen unterschieden werden102 (Abb. 13), wie die Aufnahme aller vorhandenen Bauteile ergeben hat: A)  Architrave mit Taenia, Regulae und sechs Guttae, und einer Ritzlinie zwischen den Regulae103. Die Ober-

90 Prignitz 2014, 22, s. Z. 50 f. Übersetzung der Inschriften 28, vgl. auch Prignitz 2014, 33. 91 Schleif u. a. 1940, 29–31 mit Abb. 11. 12. Bei der Abb. 11 b ist ein Fragment mit der Stoßfläche einer Stylobatplatte abgebildet, mit einem Falz an der Rückseite, der die Π-förmige Anathyrose ebenfalls durchschneidet, wie an den Stylobatplatten des ›Dörpfeld-Fundaments‹. Schleif erklärt in Schleif u. a. 1940, 29 sehr detailliert und genau wie der Arbeitsprozess nach den Funden zu rekonstruieren ist. 92 Laroche – Nenna 1990, 265 mit Abb. 16, wo der Rekonstruktionsvorschlag von G. Daux und J. Replat reproduziert wird. Vgl. auch Seiler 1986, 42. 93 Seiler 1986, 52–54. 94 Cultera 1951, 815 Abb. 90. 95 Mertens 2006, 104–106. 96 Korres 1994, 60 mit Abb. 6 mit einer Axonometrie mit den Pflasterplatten des Pronaos im Schnitt und Korres 1994, 63 mit Abb. 9, wo dieses Detail sehr deutlich dargestellt ist. 97 An dieser Stelle verzichte ich auf weitere Kommentare bezüglich der übrigen Argumente von Kissas 2008, 106–110 für eine Positionierung der ›H-Architektur‹ auf dem ›Dörpfeld-Fundament‹, weil dies einerseits den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, anderseits weil Kissas selbst seine weiteren Argumente lediglich als starke Hinweise wertet, Kissas 2008, 106–110. 98 Sioumpara 2008; Sioumpara 2013. 99 Sioumpara 2015, 249–269. 100 Die Bauteile des ›Hekatompedon‹ befinden sich im Depot direkt südlich des sog. Belvedere-Turmes, im östlichen Teil der Akropolis. Dort wurden bis heute 603 Bauteile aus Poros im Rahmen des Projekts zur Katalogisierung und Erforschung der membra disiecta aus Poros deponiert. 101 Für eine detaillierte Analyse vgl. Sioumpara 2015, 253–257 mit Abb. 4–7. 102 Eine erste Publikation der Architrav-Typen bietet Wiegand 1904, 1–5. 39–44. 103 Bei der Rekonstruktion der Fronten und der Flanken des ›Hekatompedon‹ nach Wiegand 1904, 23 Abb. 24; 46 mit Abb. 64, werden die Archi­ trave des Typus A der Front und die Architrave des Typus B und Γ den Flanken zugewiesen, ohne dabei zwischen Typus B und Γ zu unterscheiden. Wegen der ungleich hohen Regulae kann ihre Verbindung an der Ecke, wie Wiegand 1904, 23 Abb. 24; 46 mit Abb. 64 dies rekonstruiert, nicht stimmen. Das Gleiche folgt aus Dinsmoor 1947, 143 mit Abb. 9, der Wiegand sowohl in der Unterscheidung der Typen als auch bei ihrer Zuweisung folgt, aber als Bestandteile eines dreisäuligen Tempels in antis unter dem späteren Parthenon, nicht eines Distylos auf der Cella des ›Dörpfeld-Fundaments‹.

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Abb. 13  Athen, ›Hekatompedon‹, Architrav-Typen

seite trägt Einlassungen der ersten Nutzungsphase der Architrave, aber nur hinter den Regulae. Architrave mit Taenia und Regulae von etwas kleinerer Höhe, ohne Guttae und ohne Ritzlinien zwischen den Regulae unterteilen sich in zwei Kategorien: B)  Architrave, bestehend aus einem Block in der Höhe, mit den entsprechenden Einlassungen auf ihrer Oberseite, wie beim Typus A. Γ)  Architrave, bestehend aus zwei Blöcken in der Höhe, bei denen die Fugen nicht unbedingt den Regulae folgen müssen, mit oder ohne die charakteristischen Einlassungen auf ihrer Oberseite. Zweitens konnten vier Typen von Triglyphen (Abb. 14) unterschieden werden: A) und B): Beim ersten und zweiten Typus handelt es sich um einteilige, plattenförmige Triglyphen in zwei unter-

schiedlichen Breiten von ca. 82 und 78 cm, mit oder ohne seitliche Aussparungen für die Taenia der Metopen. Der 2. Typus weist bei lediglich zwei Fragmenten außerdem eine horizontale Aussparung entlang der Unterseite auf104. Γ) Triglyphe und Metope sind aus einem Poros-Block gefertigt105. Δ) Kompakte Triglyphen, die aus drei übereinander folgenden Steinen bestanden. Als drittes sind vier Typen von Metopen anzuführen (Abb. 15)106. Metopen, Sima und Antefixe waren die einzigen Bauteile, die aus hymettischem Marmor bestanden. A) und B): Hierbei handelt es sich um Metopen aus Hymettos-Marmor, mit eingravierten dorischen Blättern mit aufgemalter Farbe genau unterhalb der Taenia107. Sie weisen die gleiche Höhe wie die plattenförmigen Triglyphen A und B auf, weshalb sie zusammengehören. Ihre Taenia oder Kopfleiste ist kontinuierlich bis zu den Kanten geführt, wie

104 Wiegand 1904, 8 f. vermutet, basierend auf den Triglyphen des Typus Δ, die aus drei übereinander folgenden Steinen bestanden, dass die plattenförmigen Triglyphen des Typus A und B ebenfalls aus drei übereinander folgenden Steinen bestehen, wobei er in diesem Kontext die horizontalen Einlassungen, die diese Triglyphen an ihrer Unterseite haben, erklärt. Dieses technische Detail wird von der Verfasserin an anderer Stelle behandelt. 105 Zu diesem Typus vgl. Wiegand 1904, 12. 106 Auf die dem ›Hekatompedon‹ zugewiesenen skulptierten Metopen werde ich hier nicht Bezug nehmen. 107 Zu Metopen vgl. Wiegand 1904, 10–13; Korres 1997, 229–231; Kissas 2008, 39–50.

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Abb. 14  Athen, ›Hekatompedon‹, Triglyphen-Typen

Typus A zeigt. Manchmal aber auch nicht, wie im Typus B abgebildet. Die einzig erhaltene untere Ecke der Metope Inv. 18300108 erlaubt uns, kleine Einlassungen an dieser Stelle bei den Metopen zu rekonstruieren. Die berühmte ›Hekatompedon‹-Inschrift IG I3 4 ist auf zwei solchen Metopen, die heute im Epigraphischen Museum aufbewahrt werden109, eingraviert. Γ) Bei diesem Typus sind einfache und unverzierte Metopen aus hymettischem Marmor zu

rekonstruieren110. Δ) Bei diesem Typus sind Metope und Triglyphe aus einem Poros-Block gefertigt, der, wie bereits erwähnt, aus den Steinbrüchen im Piräus stammt. Fast allen Metopen gemeinsam ist die fehlende originale Breite. Nur an einem Fragment (Akr. 3862–3864– 8867)111 können die ursprüngliche Breite von 1,095 m und sichtbare Breite von ca. 1,00 m durch die vertikalen Ritzlinien, die das Dekor begrenzen, bestimmt werden112.

108 Kissas 2008, 48, B 10 im Katalog. 109 Nach eigener Autopsie im Museum ist die Platte B an allen Seiten abgearbeitet und damit ihre Breite von 1,02 m nicht die originale Breite. Im Gegensatz dazu ist die Platte A nicht sekundär abgearbeitet, wie drei Fragmente mit erhaltenen Seiten (Inv. 6794 A, Θ und Δ), gezeigt haben. Ich bedanke mich bei Eirini-Loukia Choremi im Epigraphischen Museum für die Erlaubnis, die Fragmente anzuschauen. 110 Auf einer solchen Platte ist in der Mitte des 5. Jhs. v. Chr. mit Farbe die Lieblings-Inschrift ΛΥΣΙΑΣ ΚΑΛΟΣ aufgemalt worden, zuletzt Kissas 2008, 50, B 14 im Katalog, mit der älteren Literatur. Eine Metope des Typus A mit eingravierten Blättern und zwei des Typus Γ ohne Verzierung, fast vollständig erhalten, sind in der Verkleidung der mykenischen Mauer südöstlich der Propyläen in Zweitverwendung erhalten: Wiegand 1904, 109–114; vgl. Dinsmoor 1980, 24–27 mit Taf. 9–11 mit allen Abmessungen und Eiteljorg 1995, 111–123 mit Abb. 4–16. 111 Zuerst wurden die zwei Fragmente von Wiegand 1904, 10 publiziert. Ein drittes dazugehöriges Fragment ist von Kissas 2008, 46, B1 im Katalog, publiziert. 112 Theoretisch könnte die sichtbare Breite auch etwas größer gewesen sein, wenn die Metope nicht bis zum Anschlag oder nicht passgenau in die Falze eingeschoben wurde. Bei der Rekonstruktion der Flanken von Wiegand 1904, 23 Abb. 24; 46 Abb. 64, ist die von Wiegand für die Fronten angenommenen Metopenbreite von 1,115 m nicht zu verifizieren, vielmehr beträgt die maximale festgestellte Breite der Metope 1,10 m. Aus konstruktiven Gründen ist daher seine Rekonstruktion der Frontmetope abzulehnen. An der Rekonstruktion der Flanken wird die sichtbare Breite der Metopen mit 1,055 m richtig angegeben, damit sie sich den Abmessungen des Mutulus und der Via des Traufgeisons anpasst. In diesem Fall werden die Enden des Dekors richtig mit dem sichtbaren Ende der Metope angegeben. Diese Metope wird also in die Triglyphenfalze eingeschoben, obwohl Wiegand 1904, 109–114 die drei in den Propyläen wiederverwendeten Metopen und die beiden für die ›Hekatompedon‹-Inschrift IG I3 4 benutzten ausführlich kommentiert, berücksichtigt er die maximal erhaltene Breite von 1,317 m der unverzierten Metopen nicht in seiner Rekonstruktion, was schon Dinsmoor 1947, 141 kritisiert.

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Abb. 15  Athen, ›Hekatompedon‹, Metopen-Typen

Abb. 16  Athen, ›Hekatompedon‹, Geison-Typen

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Abb. 17  Athen, ›Hekatompedon‹, Traufgeisonblock Inv. Nr. 21430

In Abb. 16 sind schließlich die drei Typen von Geisa dargestellt113: A) Typus A gehört aufgrund seiner im Schnitt schrägen Oberfläche zum Traufgeison. B) Typus B gehört aufgrund seiner im Schnitt horizontalen Oberfläche zum Horizontalgeison. Γ) ist als letztes das Eckgeison. Aufbauend auf der neuen Typologie der Bauteile der Gebälke soll im Folgenden die neue Rekonstruktion der Joche der Peristasis und der Cella besprochen werden. Die bedeutendsten Bauglieder für die Zuweisung aller Gebälkfragmente sind die Geisa, die allein von der Peris­ tasis und nicht von der Cella stammen können. Dementsprechend stammen die Architrav-, Triglyphen- und Metopenblöcke, die mit den Geisablöcken zusammengehören,

sicher von der Peristasis. Die neue Untersuchung der wenigen erhaltenen Geisa hat bewiesen, dass das Geison Inv. 21430 mit schräger Oberseite sicher ein Traufgeison und kein Horizontalgeison ist (Abb. 17), wie es Wiegand114 publiziert hat und, ihm folgend, für alle späteren Rekonstruktionen angenommen wird. Dieses Geisonstück gehört zu den Traufseiten, also den Langseiten der Peristasis, und nicht zu den Fronten, wie die Forschung bisher immer angenommen hatte. Es ermöglicht die Rekonstruktion der Langseiten-Joche (Abb. 18). Danach hatten die Architrave eine Länge von etwa 3,95  m, Triglyphen und Metopen verlangen entsprechend eine Breite von etwa 0,78 m und von etwa 1,185 m. Der rechte der drei eingemau-

113 Die Giebelgeisa werden hier nicht dazugezählt, weil ihre Dokumentation noch nicht abgeschlossen ist. Dazu s. Wiegand 1904, 23–39. 114 Wiegand 1904, 14. Es handelt sich um Nr. 9 in seinem Katalog mit den Horizontalgeisa, abgebildet auf S. 15 Abb. 16 c. Vgl. auch die Aufnahme der Oberseite des gleichen Geison auf S. 56, Abb. 75 a, wo die Einlassungen fehlen. Dieses Geison ist möglicherweise das einzige Bauteil der ›H-Architektur‹, bei dessen Dokumentation durch Wiegand und den Architekten Wilhelm Wilberg, der die meisten Zeichnungen anfertigte (s. Wiegand im Vorwort), ein Fehler unterlief. Dies schmälert in keiner Weise ihre enormen Leistungen. Zur Verwendung dieses Bauteils als Horizontalgeison und wie dies die Rekonstruktion in die falsche Richtung lenken kann, s. Kissas 2008, 109 f. mit Anm. 421.

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Abb. 18  Athen, ›Hekatompedon‹, Rekonstruktion der LangseitenJoche

erten Architravblöcke an der Südmauer der Akropolis115 hat eine Länge von 3,96 m116. Er stammt damit von einem Joch der Langseiten der Peristasis. Das in der Forschung wohl berühmteste Bauglied des ›Hekatompedon‹, der

mittlere Architravblock in der kimonischen Südmauer der Akropolis, mit eingefalzter rechter Fuge und einer unteren Länge von etwa 3,85 m117 und gleicher Höhe wie die übrigen zwei eingemauerten Architravblöcke, muss demnach ebenfalls den Langseiten-Jochen der Peristasis zugewiesen werden. Deshalb müssen die erwähnten Einlassungen an der rechten Fuge von einer zweiten Verwendung stammen118. Damit kann dieser Architravblock nicht, wie bisher meistens angenommenen, an einer der Mauerecken der Cella angebracht gewesen sein119. Die Frontseiten-Joche der Peristasis sollten üblicherweise größer als diejenigen der Langseiten sein, wie es bei allen archaischen dorischen Peripteroi des Mutterlands der Fall ist120. Der Geisonblock Inv. 20456 als der einzige horizontale Geisonblock mit erhaltener Mutulus- und ViaBreite (Abb. 16 B), erfordert deutlich kleinere Metopenbreiten als diejenigen der Langseiten, und damit Front-Joche, die um die 24 cm kleiner sind, als an den Langseiten. Eine solche Rekonstruktion schließe ich allerdings aus121 und plädiere stattdessen für eine Positionierung des Geisonblockes an einem der Eckjoche (Abb. 19). Das Geison wiese dann eine Überkontraktion auf, wie es bekanntlich auch der Fall am perikleischen Parthenon ist122. Damit fänden auch die Architrav- und Triglyphen-Fragmente, die größer als diejenigen von den Langseiten der Peristasis sind, ihre Position an der Front des Baus. Die Interpretation der Überkontraktion erlaubt auch die Positionierung der Metope Akr. 3862–3864–8867 (Abb. 15 oben links) mit einer sichtbaren Breite von etwa 1,00 m am Eckinterkolumnium, das wegen der Überkontraktion kleinere Metopen verlangt123. Dann sind die Frontjoche aber mit

115 Die drei eingemauerten Architrave in der Südmauer der Akropolis wurden zuerst von Penrose 1888, Taf. 46, 4 aufgenommen, aber mit ihren Abmessungen erst richtig von Wiegand 1904, 1–3 mit Abb. 1. 2 publiziert. 116 Wiegand 1904, 1 mit Abb. 2 gibt die Länge dieses Architravsblockes mit 3,90 m. Die neue photogrammetrische Aufnahme nach dem »Development of Geographical Information Systems for the Acropolis of Athens« gab eine Messung von durchschnittlich 3,96 m; vgl. auch (07.11.2015). 117 Wiegand 1904, 2 mit Abb. 3; Dinsmoor 1947, 142 mit Abb. 8. 118 Eine zweite Verwendung dieses Architravblockes schließt auch Korres nicht aus, auch wenn er ihn in seiner Rekonstruktion als Eckarchitrav des Pronaos interpretiert, Korres 1997, 229. 232 mit Abb. 7. Diese Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man bedenkt, dass alle drei eingemauerten Architravblöcke in der Südmauer abgearbeitete Taenien hatten. Ich erkläre dies mit der originalen Abtreppung auf den Oberseiten der Architravblöcke des Typus A (vgl. Abb. 13), die für eine Zweitverwendung geebnet werden mussten, damit sie einfacher als Baumaterial weiterbenutzt werden konnten. 119 Als Eckarchitrav rekonstruiert von Wiegand 1904, 46 Abb. 64; Dinsmoor 1947, 143 Abb. 9; Korres 1997, 232 Abb. 7. Die Rekonstruktion von Schuchhardt als Eckarchitrav einer Peristasis wurde nie ernst genommen, Schuchardt 1935/36, 72 mit Abb. 8. Kritik dazu Dinsmoor 1947, 115. Wenn diese Hypothese stimmt, ist die abgekürzte Länge damit zu erklären. 120 Vgl. Sioumpara 2015, 260 mit Anm. 46. 121 Nur an einigen archaischen Tempeln des Westens begegnen kleinere Joche an den Fronten als an den Langseiten, wie bei der sog. Basilica in Paestum oder den Tempeln D, F und G (Apollo) in Selinus, s. Mertens 1993, 81 f.; Gruben 2001, 312–320; Mertens 2006, 227–236. Dieses Phänomen ist aber im archaischen Mutterland nicht anzutreffen. 122 Zur Überkontraktion s. Osthues 2005, 84–95. Zur Eckkontraktion von Parthenon s. Korres 1994, 69–72. 123 Osthues 2005, 89.

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 59

Abb. 19  Athen, ›Hekatompedon‹, Rekonstruktion der Frontjoche mit Überkontraktion des Eckjochs

einem Minimum von etwa 4,06 m zu rekonstruieren, weil die ursprüngliche Breite der Metopen, die die mykenische Mauer an den Propyläen verkleiden, nicht erhalten ist. Die übrigen Typen (Architrave ohne Tropfen, ein oder zweischichtig, Triglyphen-Metopen aus einem Block) werden dem Pronaos und dem Opisthodom zugewiesen124, wie auch die kleineren Kapitelle125, wobei offen bleibt, ob sie in antis oder prostyloi standen (Abb. 19 und 20). Die Erforschung und Neuaufnahme der anderen Bautei-

le sowie die 117 neuen Anpassungen von Porosbauteilen, wobei die meisten vom ›Hekatompedon‹ stammen, ermöglichen eine vollständigere Rekonstruktion des Tempels zu präsentieren126, die hier ohne die zugehörigen Giebelskulpturen provisorisch abgebildet wird (Abb. 20). Damit ist der erste steinerne Peripteros in Athen noch größer und imposanter als bisher angenommen. Die um 10 cm größeren Langseiten-Joche der Peristasis im Vergleich zu denjenigen des Athena Polias-Tempels127, und

124 Analytisch dazu s. Sioumpara 2015, 262–264. 125 Zur Zuweisung der kleineren Kapitelle zum Pronaos und Opisthodom s. Korres 1997, 231 f. mit Abb. 6. 7. 126 Die hier vorgelegte Rekonstruktion stellt eine erste Auswertung der Ergebnisse dar, ohne dass die endgültigen Resultate schon abschließend vorgelegt werden könnten. 127 Dörpfeld in Wiegand 1904, 115–147.

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Abb. 20  Athen, provisorische Rekonstruktion des archaischen Parthenon (sog. Hekadompedon oder H-Architektur)

die sicher größeren Joche der Fronten, ohne zu wissen wie groß sie genau waren, schließen eine Verbindung der ›H-Architektur‹ mit dem ›Dörpfeld-Fundament‹, meines Erachtens nach, aus. Deshalb ist das ›Hekatompedon‹ mit dem archaischen Parthenon zu identifizieren, wenn auch sein Fundament unter dem Stereobat des Vorparthenons unzugänglich bleibt, und die Zugehörigkeit von Unterund Oberbau nicht überprüft oder gar bewiesen werden kann. Ohne auf weitere Auswertungen und Interpretationen zu dieser Architektur im Rahmen dieses Artikels eingehen zu können, möchte ich als letztes einen Aspekt besonders betonen. Die mühselige Arbeit, hunderte von Fragmente zu ›lesen‹, um zu möglichst handfesten Resul-

taten zu gelangen, umfasst auch die Analyse von Werkzeug-Spuren, u. a. auch denen vom Zahneisen, die keineswegs unkompliziert ist, wie die bisherigen Forschungen bereits gezeigt haben.

Dr. Elisavet P. Sioumpara Service for the Restoration of the Acropolis Monuments (Y.S.M.A.) Greek Ministry of Culture Polygnotou 10 GR-10555 Athen [email protected]

Zahneisen – Werkspuren und ihre Bedeutung für die Topographie der archaischen Akropolis von Athen | 61 LITERATURVERZEICHNIS Adam 1966 S. A. Adam, The Technique of Greek Sculpture in the Archaic and Classical Periods, British School at Athens Suppl. 3 (London 1966) Barlou 2014 V. Barlou, Die archaische Bildhauerkunst von Paros. Untersuchungen zur stilistischen Entwicklung der antropomorphen Rundplastik (Wiesbaden 2014) Beyer 1974 I. Beyer, Die Reliefgiebel des alten Athena-Tempels der Akropolis, AA 1974, 639–651 Beyer 1977 I. Beyer, Die Datierung der großen Reliefgiebel des alten Athenatempels der Akropolis, AA 1977, 44–74 Blümel 1940 C. Blümel, Griechische Bildhauer an der Arbeit (Berlin 1940) Boschung – Pfanner 1988 D. Boschung – M. Pfanner, Antike Bildhauertechnik. Vier Untersuchungen an Beispielen in der Münchner Glyptotek, MüJB 39, 1988, 7–28 Camp 2010 J. M. Camp, The Athenian Agora. Site Guide 5(Princeton, NJ 2010) Casson 1933 S. Casson, The Technique of Early Greek Sculpture (Oxford 1933) Cultera 1951 G. Cultera, L’Apollonion-Artemision di Ortigia in Siracusa, MonAnt 41, 1951, 701–859 Daux – Hansen 1987 G. Daux – E. Hansen, Le trésor de Siphnos, FdD 2, 5 (Paris 1987) Dinsmoor 1913 W. B. Dinsmoor, Studies of the Delphian Treasuries II. The Four Ionic Treasuries, BCH 37, 1913, 5–83 Dinsmoor 1947 W. B. Dinsmoor, The Hekatompedon on the Athenian Acropolis, AJA 51, 1947, 109–151 Dinsmoor 1980 W. B. Dinsmoor, The Propylaia to the Athenian Akropolis I. The Predecessors (Princeton, NJ 1980)

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ABBILDUNGSNACHWEIS Abb. 1: Development of Geographical Information Systems for the Acropolis of Athens. – Abb. 2–10. 12: T. Souvlakis. – Abb. 11: Wiegand 1904, Abb. 117. – Abb. 13. 14. 16: Zeichnungen: E. Tagaridi, G. Aslanis. – Abb. 15: Zeichnungen: E. Tagaridi, G. Aslanis, Fotos nach Kissas 2008, Taf. 11, 1; 13, 4. – Abb. 17: Fotos: T. Souvlakis, Zeichnungen: E. Tagaridi. – Abb. 18–20: Zeichnungen: G. Aslanis.

In 29 Beiträgen wird sich in drei ›Zoomschritten‹ aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln den Fragen genähert. Ausgehend von der Bearbeitung des Werkstücks werden über das baukonstruktive Zusammenfügen bis hin zur Organisation des Bauablaufs die jeweiligen Spuren beleuchtet und interpretiert. Ein interdisziplinärer Zugriff ermöglicht es dabei, Hinweise auf Bauhütten und Bautraditionen, deren Organisation sowie die Überlieferung von Wissen im antiken Bauwesen zu gewinnen. Die facettenreichen Beiträge machen deutlich, dass das Beobachten und kritische Hinterfragen jeder noch so kleinen Spur an antiken Bauwerken nicht nur zu neuen bauforscherischen Erkenntnissen führt, sondern durch die Verknüpfung mit Forschungsansätzen anderer Disziplinen auch interessante Einblicke in antike Kulturen und Lebenswelten gewonnen werden.

ISBN 978-3-7954-3205-8

Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen DiskAB 12

WERK SPUREN

Handwerkliche Prozesse zur Gewinnung, Herstellung, Aufbereitung und Verarbeitung von Baumaterialien hinterlassen an jedem gebauten Werk ihre Spuren. Für den Bauforscher sind diese eine maßgebliche – oftmals sogar die einzige Quelle zur Rekonstruktion der angewandten Bautechniken sowie des Material-, Transport- und Bearbeitungsweges bis zur Baustelle. Sie erlauben das Nachvollziehen von Bauabläufen und der erforderlichen Baulogistik. Da auch in der Antike eine reibungslos funktionierende Baustelle in hohem Maße von der sozialen Organisation des Bauwesens abhing, ermöglicht die Rekonstruktion von Bauweisen und Bauabläufen ebenso das dahinter stehende Wissen und die soziale Struktur zu analysieren. Wird das antike Bauwesen als ein hochgradig komplexer und vernetzter Prozess verstanden, dann kann seine Entschlüsselung dazu beitragen, Fragen nach der jeweiligen Verteilung von Arbeit und Kompetenz, nach der sozialen Organisation einer Baustelle und dem Einfluss von Mobilität der Bauleute auf die Verbreitung und Transformation von Bauwissen zu beantworten. Innovative Verarbeitungsmethoden und die Rolle von Materialökonomie geben ferner Hinweise auf das jeweilige Technik-, Natur- und Raumverständnis. Ziel der 12. Archäologischen Diskussionen zur Bauforschung war es daher, neben den rein technischen Aspekten des Wissens um Materialeigenschaften und den Fragen nach der Logistik, auch die Tradierungsprozesse von konstruktiv-operativem Bauwissen in der Antike zu diskutieren.

ISB N 978 -3 -795 4 -3205 - 8

9 783795 432058

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WERK SPUREN

Materialverarbeitung und handwerkliches Wissen im antiken Bauwesen Diskussionen zur Archäologischen Bauforschung

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