„Wissen, wo’s herkommt“ – Geographien des guten Essens, der Transparenz und der Moral der Herkunft von Lebensmitteln

June 15, 2017 | Author: Ulrich Ermann | Category: Human Geography, Economic Geography, Geography of food, Critical Food Geographies, Critical Food Studies
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„Wissen, wo’s herkommt“

„Wissen, wo’s herkommt“ – Geographien des guten Essens, der Transparenz und der Moral der Herkunft von Lebensmitteln Ulrich Ermann erschienen in: Strüver, Anke (Hrsg.): Geographien der Ernährung – Zwischen Nachhaltigkeit, Unsicherheit und Verantwortung. Hamburg 2015 (Hamburger Symposium Geographie, Band 7): 77-94

1. Herkunft und Moral des Essens Beim alltäglichen Lebensmitteleinkauf und Es-

betonen, bildet oft aber auch einfach einen Ge-

sen machen wir uns zu einem Teil vielfältiger

gensatz zu „anonymen“ Lebensmitteln und Ge-

„Geographien“: Das heißt, wir begeben uns – be-

richten, von denen man nicht weiß, woher sie

wusst oder unbewusst – in Verbindung zu Orten

kommen (vgl. Schermer 2015).

und Räumen der Erzeugung von Agrargütern,

Offenbar bringen viele Konsument_innen das

der Verarbeitung und Herstellung, dem Handel

Wissen über die Herkunft in einen mehr oder

und der Vermarktung von Lebensmitteln mit

weniger unmittelbaren Zusammenhang mit der

verschiedensten sozialen, wirtschaftlichen und

„moralischen Güte“ ihres Essens. Gemeint ist

ökologischen Bedingungen und Folgen auf ver-

selbstverständlich nicht nur die Verfügbarkeit

schiedenen Maßstabsebenen. Die Frage, was

von Wissen, sondern ein Wissen über eine Her-

„gutes Essen“ ausmacht, beschränkt sich nicht

kunft, die unter ethisch-moralischen Gesichts-

auf Kriterien des Geschmacks, der kulinarischen

punkten als „gut“ erachtet wird. Das wiederum

Qualität und der Gesundheit, sondern auch auf

bedeutet, „Herkunft“ wird nicht auf eine geogra-

moralische Kriterien einer „guten Produktion“

phische Verortung reduziert, sondern impliziert

und eines „guten Handels“. Eine der häufigsten

auch die Art und Weise, die Bedingungen und

Antworten auf die Frage, was beim alltäglichen

Folgen einer konkreten Produktionsform. Die

Konsum ein „gutes Lebensmittel“ ausmache, ist

„Wo-Frage“ ist also auch eine „Wie-Frage“, und

sicherlich der Verweis auf die Herkunft, etwa

genau diese Relation zwischen „wo“ und „wie“

folgendermaßen: „Ich esse zwar schon ab und

ist für die wissenschaftliche Geographie wie

zu Fleisch, aber nur, wenn ich auch weiß, wo es

auch die Geographiedidaktik entscheidend.

herkommt.“ Oder: „Ich kaufe im Supermarkt ein,

Vermutlich wurde kaum eine Passage aus ei-

manchmal auch im Bioladen oder auf dem Markt.

nem wissenschaftlichen Text aus dem Bereich

Hier wie dort achte ich darauf, wo die Produkte

der food geographies und der geographies of

herkommen.“ Oder: „Ich schaue beim Einkaufen

consumption häufiger zitiert als die folgende aus

darauf, wo etwas hergestellt wird und bevorzu-

David Harveys Aufsatz „Between space and time:

ge gegebenenfalls Produkte aus der Region.“

reflections on the geographical imagination“: „I of-

Das Essen „von hier“ hat heute Konjunktur. Das

ten ask beginning geography students to consider

„Hier“ kann dabei das „Eigene“ und das „Nahe“

where their last meal came from. Tracing back all

77

Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

the items used in the production of that meal re-

dere Informationen in die Ware eingeschrieben

veals a relation of dependence upon a whole world

werden, die ihrerseits hergestellt werden und

of social relations and conditions of production“

wirkungsmächtig sind. Für die folgenden Über-

(Harvey 1990: 422). Ganz in dieser Perspektive

legungen ist dies insofern von Bedeutung, als

sieht Hartwick eine dreifache Rolle der Geo-

jegliche Information, die den Konsument_innen

graphie beim „Nachspüren“ der Herkunft von

über ein Essen, ein Lebensmittel oder ein Agrar-

Waren: „Our role as geographers is threefold: first,

erzeugnis vonseiten der Hersteller_innen und

deconstructing the significatory illusions hiding

des Handels zur Verfügung gestellt wird, eine

the commodity’s real, material linkages; second,

„Präsentation“ von Herkunft, Qualität und/oder

providing analytical and conceptual means for

Produktionsweise ist, die zwar nach bestimmten

gathering information on these linkages, that is, to

Regeln erfolgt, die aber niemals in der Lage sein

becoming geographical detectives; and, third, en-

kann, die Wirklichkeit vollständig und objektiv

gaging directly in political praxis to alter these link-

widerzuspiegeln.

ages, that is, becoming activists“ (Hartwick 2000: 1184).

In diesem Beitrag soll die Frage im Mittelpunkt stehen, wie eine räumlich definierbare

In Harveys (wie auch Hartwicks) Perspektive

Herkunft mit Qualität, Produktionsweise und

der Politischen Ökonomie impliziert das „wo“

moralischen Werten in Zusammenhang steht,

ganz selbstverständlich auch das „wie“, wobei

oder, anders formuliert, inwiefern ein Wissen

die Art der Relation zwischen Verortbarkeit und

über das „wo“ tatsächlich Rückschlüsse auf das

Produktionsweise nicht näher beleuchtet wird.

„wie“ ermöglicht. Es sei an dieser Stelle bereits

Das Augenmerk wird vielmehr auf den Waren-

vorweggenommen, dass allein vom Wissen über

fetischismus gelenkt, auf den Mechanismus der

einen Herstellungsort oder ein Herkunftsgebiet

kapitalistischen Marktwirtschaft, der die Pro-

und über die Distanz zwischen Produktions-

duktionswelt in der Konsumwelt systematisch

ort und Konsumort nicht per se auf individuelle

verschleiert. Harvey sieht es dementsprechend

oder kollektive Werte eines Nahrungsmittels

als Aufgabe der (geographischen) Wissenschaft

geschlossen werden kann. Eine bestimmte

an, den Schleier des Warenfetischismus zu lüften

Herkunft wird erst dann zu einem Kriterium für

und die tatsächlichen Produktionsbedingungen

eine spezifische Güte, wenn – etwa im Zuge von

sichtbar zu machen: „We have to get behind the

Kennzeichnungssystemen – Herkunftsangaben

veil, the fetishism ot the market and the commodi-

an konkrete Produktions- oder Handelskriteri-

ty, in order to tell the full story of social reproduc-

en geknüpft werden (ausführlich dazu: Ermann

tion“ (Harvey 1990: 423).

2005). Entsprechende Wertungen von Essens-

Diese Sichtweise wurde vielfach als simplifizie-

Geographien, wie sie uns in der alltäglichen

rend kritisiert, insbesondere mit dem Argument,

Kommunikation bei Konsum und Vermarktung

dass der Schleier selbst – also die Herstellung

häufig begegnen, sind also immer „mit Vorsicht

von Vorstellungen, Bildern und Erzählungen

zu genießen“.

über Konsumgüter in der Vermarktung und in

Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Über-

der Werbung – eine „reale“ Welt der sozialen Re-

blick über die Forschungsrichtung der food

produktion darstellt. Cook & Crang (1996: 132)

geographies im Hinblick auf die Verfolgung der

sprechen diesbezüglich von einem „doppelten

Herkunft von Lebensmitteln gegeben. Sodann

Warenfetischismus“, bei dem bestimmte (Pro-

wird thematisiert, was es mit der „Regionalität“

duktions-)Zusammenhänge vom Wissen über

von Lebensmitteln auf sich hat und mit welchen

eine Ware getrennt werden, gleichzeitig aber an-

Schwierigkeiten der Definition und der morali-

78

„Wissen, wo’s herkommt“

schen Bewertung diese Kategorie, die „regionale

werden Vorschläge präsentiert, wie vor diesem

Herkunft“, verbunden ist. Im Beitrag wird zudem

Hintergrund die Herkunft von Lebensmitteln im

auf entsprechende Fragen bzgl. der Kategorien

Schulunterricht behandelt werden kann, wobei

„Bio“ und „Fair“ eingegangen. Darauf aufbauend

die „geographische Detektivarbeit“ beim „Nach-

wird das Wissen über und die Transparenz von

spüren“ von Lebensmitteln im Mittelpunkt steht.

der Herkunft des Essens diskutiert. Abschließend

2. Food Geographies Die Beschäftigung mit Essen und Ernährung hat

zu widmen, was mit den Produkten auf dem Weg

sich in der deutschsprachigen Geographie bis

zum (und beim) Konsum passiert und begründe-

heute kaum als eigenes Forschungsthema oder

ten somit eine Forschungsrichtung der (critical)

gar als geographische Spezialdisziplin etabliert,

agro-food geography. Zu einer umfassenderen

ganz anders als die food geographies in der eng-

Etablierung der food geographies kam es dann

lischsprachigen Geographie (einmal ganz davon

im Zuge des sogenannten consumption turn ab

abgesehen, dass es im Deutschen kein Wort gibt,

Mitte der 1990er Jahre, bei dem die Grenzen

das den Begriff food adäquat bezeichnet, also

zwischen cultural und economic geography auf-

zugleich „Nahrung“, „Lebensmittel“ und auch

gebrochen wurden (vgl. Ermann 2006b). Später

„Speise“ meint). Die klassische Agrargeographie

sprechen Cook et al. (2013: 343) gar von einer

sieht in Lebensmitteln lediglich einen Rohstoff

„Explosion“ der food studies innerhalb der ang-

bzw. ein auf Märkten gehandeltes Agrargut. Die

loamerikanischen Humangeographie. Jüngste

Einzelhandelsgeographie beschäftigt sich vor

Entwicklungen werden mit dem Überschreiten

allem mit den Standorten des Handels, nicht

von Disziplingrenzen, vor allem im Hinblick auf

aber mit den gehandelten Waren und deren Ver-

Essen, Gesellschaft, Umwelt und den menschli-

wendung. Erst in jüngster Zeit sind auch in der

chen Körper beschrieben (Goodman 2015).

deutschsprachigen Geographie eine Reihe von

Im Zuge der geographischen food studies

Initiativen entstanden mit dem Ziel, Geographin-

wurden jedenfalls Produktion, Handel und Kon-

nen und Geographen zu vernetzen, die sich mit

sum miteinander in Zusammenhang gebracht,

verschiedenen Fragen der Lebensmittelproduk-

oft mit der Fokussierung auf ein bestimmtes

tion, -versorgung und des Essens und den damit

Produkt (bzw. eine Ware), also einer „vertika-

verbundenen politischen, wirtschaftlichen, sozi-

len“ Betrachtungsweise von der Agrarwirtschaft

alen, kulturellen und ökologischen Dimensionen

bis zum Frühstückstisch – oder umgekehrt. Die

beschäftigen (u.a. Reiher & Sippel 2015).

geographische Analyse von Waren – commodi-

In der angloamerikanischen human geography

ties – konnte dabei auf verschiedene Konzep-

setzte bereits in den 1980er Jahren ein wach-

te wie u.a. die Analyse von global commodity

sendes Interesse an food studies ein. Laut Win-

chains zurückgreifen, um wissenschaftliche Ver-

ter (2003b: 505) begannen zunächst einige von

bindungen zwischen Konsumwelten und Pro-

polit-ökonomischen Ansätzen beeinflusste rural

duktionswelten herzustellen. Für die didaktische

geographers damit, Agrarprodukte nicht nur als

Umsetzung dieser Betrachtungsweise bietet

Marktgüter anzusehen, sondern sich der Frage

sich insbesondere der „Follow-the-thing“-Ansatz

1

1

Die folgenden Ausführungen zu food geographies wurden zum Teil von Colombino (2014) übernommen; vgl. dazu auch den Beitrag von Strüver in diesem Band.

79

Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

von Ian Cook an (Cook 2004; Cook et al. 2006). Es

„gutes“ Essen ist und welches nicht. „Gut“ wird

handelt sich dabei weniger um ein elaboriertes

in diesem Zusammenhang meist eher weniger

Konzept mit spezifischen Verfahrensregeln als

auf den eigenen Körper und die eigene Gesund-

vielmehr um eine Forschungsperspektive, die

heit bezogen (das entsprechende Fachwissen

weitestgehend offen lässt, wie einem „Ding“ –

wird dann doch eher von der Ernährungswis-

im Fall der food geographies einem Lebensmittel

senschaft als von der Geographie erwartet),

oder einer Speise – zu folgen ist und welche Di-

sondern um die Frage, welches Produkt und

mensionen eines Produkts dabei zu betrachten

welches Essen aus moralischen Gründen einem

sind. Die Betrachtungsweise löst sich dabei von

anderen Produkt vorzuziehen sei. Soll man z.B.

der „vertikalen“ Perspektive insofern, als vielfäl-

lieber die konventionellen Zitronen aus Spanien

tige Zusammenhänge in den Blick genommen

kaufen oder die Bio-Zitronen aus Chile (Abb. 1)?

werden können, die über eine lineare und hie-

Hier kann es, wie sehr oft, zu Interessenskonflik-

rarchische Abfolge von Gliedern einer Produkt-

ten oder moralischen Dilemmata kommen, etwa

kette bzw. „Warenkette“ hinausgehen können.

zwischen einer guten – gesunden – Ernährung

Den Ausgangspunkt bildet dabei in jedem Fall

einerseits und einem geringen Energieaufwand

ein mehr oder weniger alltägliches Produkt, des-

in globaler ökologischer Hinsicht andererseits.

sen Herkunft es mit multilokalen ethnographi-

„Moralische Gründe“ können generell ganz

schen Methoden (multi-sited ethnography) nach-

unterschiedliche und sehr komplexe Kriterien

zuspüren gilt. Mit „Herkunft“ sind dabei nicht

umfassen. Zu denken ist u.a. an ökologische

einfach nur die Orte der Produktion, der Ver-

Bedingungen und Folgen der Produktion und

marktung und des Konsums gemeint, sondern

des Handels (z.B. an Prinzipien des konventio-

exemplarische Begebenheiten und Menschen,

nellen oder der ökologischen Landwirtschaft

die an Herstellung, Vermarktung, Zubereitung,

oder gemessen in Energie- oder Ökobilanzen),

Kauf oder Essen eines Produkts beteiligt sind. So

an Arbeitsbedingungen in Landwirtschaft und

spannt beispielsweise Cook (2004) ein Netz auf,

Handel (unter Gesichtspunkten wie Entlohnung,

das unter anderem von Jim, dem Papaya-Farmer

Arbeitsbelastung, Gender-Aspekten, sozialer Si-

auf Jamaika, bis zu Emma führt, die in ihrer Woh-

cherung, gesundheitlicher Risiken usw.), an die

nung im Norden Londons gerne Papaya isst.

Erhaltung von als kulturell wertvoll erachteten

Für die Geographiedidaktik im schulischen Kontext ist eine solche Perspektive sehr inter-

Produktionsstrukturen oder die Erhaltung oder Schaffung von Arbeitsplätzen.

essant, zumal mit ihr Verbindungen zwischen

In geographischer Sicht ist vor allem von Inte-

dem alltäglichen Lebensmittelkonsum und der

resse, wie in der alltäglichen Diskussion über die

Ernährung der Schülerinnen und Schüler zu Pro-

Herkunft des Essens und in der Zuschreibung

duktionszusammenhängen im lokalen und im

von Verantwortung räumliche Kategorien rele-

globalen Kontext, in nah und fern sowie zu The-

vant sind und raumbezogene Argumente ein-

men der Agrar- und Handelspolitik auf europä-

gesetzt werden. Dabei fällt vor allem der Regio-

ischer oder globaler Ebene hergestellt werden

nalitätsdiskurs ins Auge, bei dem das „Nahe“ als

können. Die übliche Erwartungshaltung geht

das „Gute“ und das „Ferne“ als das „Schlechte“

allerdings über das Aufzeigen derartiger Ver-

erscheinen. Slogans wie „Das Gute liegt so nah!“

bindungen hinaus. Die Schüler_innen möchten

verdeutlichen diese Moralisierung der räumli-

nicht nur beim Erkennen und Verstehen von Ver-

chen Nähe. Darauf wird im folgenden Abschnitt

bindungen „stehenbleiben“, sondern erwarten

genauer eingegangen. Es folgen in kürzerer

Antworten auf die Frage, welches Produkt ein

Form Überlegungen zur Moral von „Bioproduk-

80

„Wissen, wo’s herkommt“

ten“ und Produkten aus „fairem Handel“. Die räumliche Dimension des „Biologischen“ bezieht sich auf Figuren des „Natürlichen“ im Gegensatz zum „Künstlichen“, und beim „fairen Handel“ wird versucht, „gute“ Verbindungen zu fernen Orten – und „distanzierten“ Menschen – aufzubauen, also wirtschaftliche bzw. soziale Nähe über große räumliche Distanzen (in der Regel zwischen Globalem Norden und Globalem Süden) herzustellen.

Abb. 1: Bio-Zitronen aus Chile oder konventionelle Zitronen aus Spanien? (Aufnahme: U. Ermann, Graz, 29.08.2015)

3. Regionalität Auf die Frage, wo ein moralisch gut zu bewer-

eine durch kleinere administrative Einheiten

tendes Essen herkommen soll, lautet im Diskurs

oder eine Landschaftsbezeichnung definierte

über die Herkunft und Moral des Essens häufig:

„Region“ den entsprechenden territorialen Be-

„aus der Region“. Gemeint ist damit meistens,

zug. Seit Mitte der 1990er Jahre ist im deutsch-

dass etwas eher aus der Nähe als aus der Ferne

sprachigen Raum ein Trend zu beobachten,

kommen soll – aus der Perspektive der Konsu-

Lebensmittel „aus der Region“ zu vermarkten

ment_innen bzw. des Verkaufsortes. Oft bildet

(Ermann 2005, 2006a, 2009), der bis heute unge-

auch eine bestimmte Raumeinheit – etwa das

brochen zu sein scheint.

2

Umland einer Großstadt, ein Bundesland oder 2

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der „Regionalitätsdiskurs“ und der damit verbundene „Regionalismus“ ein spezifisch deutschsprachiges Phänomen ist. Das angloamerikanische Pendant zu „Regionalprodukten“ bzw. „regionalem Essen“ ist local food und zu „Regionalismus“ localism (siehe dazu Hinrichs 2003; Winter 2003a; Du Puis & Goodman 2005; Feagan 2007; Blake, Mellor & Crane 2010). Das eine lässt sich jedoch nicht eins zu eins mit dem anderen übersetzen, da in den USA und in Großbritannien ganz andere historische und wirtschaftliche Hintergründe des Ernährungssystems bestehen und ganz andere Assoziationen mitschwingen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.

81

Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

Abb. 2: „Unser Land“-Kampagne in einem Edeka-Supermarkt in Oberbayern (Unser Land e.V., Pressefoto, 15.05.2006) Ausgangspunkte der Idee, die Erzeugung und

der konventionellen Agrarproduktion hatten zur

Vermarktung von sowie die Nachfrage nach „Re-

Folge, dass zunehmend der Wunsch nach klei-

gionalprodukten“ zu fördern, waren zum einen

nen, überschaubaren Strukturen der Lebensmit-

Bemühungen, Strukturprobleme im ländlichen

telerzeugung und -distribution mit möglichst

Raum durch Förderung kleinräumiger Wirt-

persönlichen Beziehungen zwischen Erzeuger_

schaftskreisläufe mit kleinbetrieblichen und de-

innen und Verbraucher_innen sowohl vonsei-

zentralen Strukturen zu beheben, traditionelle

ten der Verbraucher_innen als auch vonseiten

und auf Arten- und Naturschutz ausgerichtete

politischer Akteur_innen entstand. Insofern war

Wirtschaftsformen zu bewahren und auf die-

die Grundidee der Regionalität in der Lebens-

se Weise auch Kopplungseffekte für die Wohn-

mittelversorgung eindeutig ein Gegenmodell zu

qualität sowie den Freizeit- und Erholungswert

großräumigen und großbetrieblichen Struktu-

ländlicher Räume zu erzielen. Hinzu kam ein Un-

ren, oder anders gesagt, als eine Alternative zum

behagen hinsichtlich der negativen Folgen und

industriellen Paradigma in der Land- und Ernäh-

Risiken einer industrialisierten und globalisier-

rungswirtschaft und im Lebensmittelhandel. 3

ten Land- und Ernährungswirtschaft. Lebens-

In einer ersten Phase handelte es sich bei

mittelskandale und die mediale Berichterstat-

entsprechenden Programmen zur „Regional-

tung über ökologische und ethische Probleme

vermarktung“ vor allem um Initiativen, die u.a.

3

In Österreich kam im Zuge des EU-Beitritts 1995 die Sorge hinzu, durch die Europäisierung von Handels- und Versorgungsstrukturen und den Verlust von Zollgrenzen sowie die Eingliederung in eine europäische Agrarpolitik könnte die kleinbetriebliche Agrarstruktur nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Vor diesem Hintergrund entstand ein starker „Konsumpatriotismus“ seitens der Politik und Vermarktungsorganisationen, der zu einem vergleichsweise stark regionalisierten und nationalisierten Angebot im konventionellen Lebensmittelhandel geführt hat (Sassatelli & Scott 2001; vgl. Schermer 2015).

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„Wissen, wo’s herkommt“

Abb. 3: Internet-Auftritt der Regionalmarke von Edeka Südwest: „Unsere Heimat – echt & gut“ (unsereheimat.de, Screenshot, 30.08.2015) aus

Lokale-Agenda-21-Gruppen,

aus

Land-

zeitig auf Supermärkte zugegangen, um durch

schaftspflegeverbänden und der sogenannten

Zusammenarbeit größere Absatzchancen zu

„Regionalbewegung“ (Ermann & Hock 2004)

gewinnen (so z.B. „Brucker Land“, später „Unser

hervorgingen. Das Netzwerk „Unser Land“ im

Land“, bereits seit 1995). Die Supermärkte selbst

Großraum München ist eine der bekanntesten

hatten in dieser Zeit noch wenig Interesse an

dieser Initiativen (Abb. 2). Eine wichtige Rolle

eigenen Regionalmarken und haben sich eher

spielten auch damals bereits staatliche bzw. von

auf die Einführung von Bio-Marken konzentriert.

der Europäischen Union geförderte Programme,

Ausnahmen waren u.a. die mittelständische Su-

etwa im Rahmen der LEADER („Liaison Entre Ac-

permarktkette „Feneberg“ im Allgäu, die 1998

tions de Développement de l‘Économie Rurale“)-

die Marke „VonHier“ eingeführt hat, sowie die

Förderung oder auch der Förderung regionaler

schweizerische Supermarktkette „Migros Lu-

Vermarktung auf Ebene von Bundesländern

zern“, die 1999 die Marke „Aus der Region – für

bzw. der Landwirtschaftsministerien der Länder.

die Region“ in der Zentralschweiz eingeführt hat

Während viele bottom-up entstandene Initia-

(seit 2009 ein nationales Programm von Migros

tiven sich als Alternative und Gegenmodell zur

für die gesamte Schweiz).

Lebensmittelversorgung durch den filialisierten

In einer zweiten Phase des Regionaltrends in

Lebensmitteleinzelhandel (im Folgenden auch

der Lebensmittelversorgung im deutschspra-

pauschal als „Supermärkte“ bezeichnet) verstan-

chigen Raum kam es ab ca. Mitte der 2000er

den haben, sind andere Initiativen bereits früh-

Jahre zu einer flächendeckenden Durchset-

83

Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

Abb. 4: „Regionalfenster“ auf der Verpackung von Schweinefleisch der deutschen Discounter-Kette Norma (Norma 2014) zung von Eigenmarken für „Regionalprodukte“

gut“ von Edeka (seit 2006), „Ein gutes Stück Hei-

im Lebensmitteleinzelhandel. Die Mehrzahl

mat“ des Discounters Lidl in Bayern (seit 2010)

aller Supermarktketten haben seitdem eigene

oder „Rewe Regional“ (seit 2012) in Deutschland

Regionalprogramme eingeführt. Diese unter-

sowie „Zurück zum Ursprung“ der Aldi-Tochter

scheiden sich jedoch gravierend voneinander:

Hofer in Österreich (seit 2006) oder „Da komm

Einige Kennzeichnungen der „Regionalität“

ich her“ von Billa (Teil der Rewe-Gruppe) in Ös-

von Produkten sind in erster Linie Marketingin-

terreich (seit 2014). In den Werbebotschaften

strumente und beschränken sich ganz darauf,

und Verbraucher_inneninformationen tauchen

eine Herkunft aus dem jeweiligen Bundesland

ähnliche Argumentationsmuster auf, die auch

zu deklarieren, wobei als „Herkunft“ meist der

von den bottom-up-Initiativen verwendet wur-

Standort des Verarbeitungsbetriebs gilt. Andere

den. Abb. 3 zeigt exemplarisch, wie Edeka für

garantieren die Einhaltung bestimmter Produk-

sein „Unsere Heimat“-Programm wirbt.

tionsrichtlinien, insbesondere im Hinblick auf

Vonseiten der Politik gibt es auch zahlreiche

eine natur- und umweltverträgliche oder tier-

Programme, die auf die „Regionalität“ von Le-

schutzgerechte Produktion (teilweise in Kombi-

bensmitteln abzielen. Auf europäischer Ebene

nation mit Bio-Produktlinien) oder eine Rückver-

ist die Zertifizierung von Produkten mit „ge-

folgbarkeit der Herkunft bis hin zum einzelnen

schützter geographischer Angabe“ und „ge-

landwirtschaftlichen Betrieb. Als Beispiele kön-

schützter Ursprungsbezeichnung“ wichtig, wo-

nen genannt werden: „Unsere Heimat: echt &

bei es dabei um die Protektion von Spezialitäten

84

„Wissen, wo’s herkommt“

mit Verknüpfungen zwischen Produktqualität

Produkt an einem bestimmten Ort in einer be-

und einem namensgebenden Herkunftsort oder

stimmten Region hergestellt wird und insofern

-gebiet geht, nicht jedoch um die Idee einer Le-

ein „regionales“ Produkt ist, beschränkt sich „Re-

bensmittelversorgung der kurzen Wege. Nach-

gionalität“ dann auf die Herkunft aus der „eige-

dem in Deutschland schon seit vielen Jahren

nen“ Region aus Sicht der Betrachter_innen bzw.

Ideen für ein bundesweites „Regionalsiegel“

der Verbraucher_innen. Qualität und/oder Wert

kursiert waren, wurde im Jahr 2014 vom Bundes-

eines Produkts lediglich an der Kilometerdistanz

ministerium für Ernährung und Landwirtschaft

zwischen Erzeugung und Verbrauch festzuma-

das „Regionalfenster“ ins Leben gerufen, ein

chen, ist jedoch wenig überzeugend. Als Argu-

deutschlandweit einheitliches Kennzeichnungs-

mente lassen sich dann lediglich ein umwelt-

programm (Abb. 4). Nach eigener Darstellung

schonender Transport sowie eine Unterstützung

des Trägervereins beinhaltet diese Kennzeich-

und Protektion der Produktionsstrukturen in der

nung „ausschließlich Aussagen zur Herkunft

„eigenen“ Region anführen. Beide Argumente

der eingesetzten landwirtschaftlichen Zutaten,

sind problematisch. Wie diverse Studien gezeigt

dem Ort der Verarbeitung und optional zu den

haben, lässt sich der Energieverbrauch beim

Vorstufen der Landwirtschaft. Aussagen zur Art

Transport keineswegs auf eine Straßenkilometer-

der Erzeugung (z.B. fair, nachhaltig, ökologisch,

oder Luftliniendistanz reduzieren. Im Gegenteil,

ohne Gentechnik, tiergerecht) sind im Regio-

oft sind es sogar die logistischen Skaleneffekte

nalfenster nicht zugelassen“. Die Definition von

großer Stückzahlen und großer Produktions-

„Region“ bleibt dabei den freiwillig teilnehmen-

und Distributionseinheiten, die auch über weite-

den Lizenznehmer_innen überlassen: „Die Re-

re Distanzen Produkte umgerechnet auf das ein-

gion muss für den Rohwarenbezug eindeutig

zelne Produkt energiesparsamer transportieren

und nachprüfbar benannt werden (z.B. Land-

lassen (z.B. Schlich & Fleissner 2003). Das Argu-

kreis, Bundesland oder Angabe eines Radius in

ment der Unterstützung der „eigenen“ Region

Kilometern) und kleiner als die Bundesrepublik

birgt die Gefahr, dass dadurch regionalistische

Deutschland sein, sie kann jedoch Staats- oder

Ideologien mit der höheren Wertschätzung des

Ländergrenzen überschreiten (z.B. Getreide aus

„Eigenen“ gegenüber dem „Fremden“ befördert

der Eifel oder 100 Kilometer um Aachen)“ (Regi-

werden. Ein derartiger regionaler Chauvinismus

onalfenster e.V. 2015).

wird zwar häufig positiv mit einer Stärkung re-

Es ist offensichtlich, dass die ursprünglichen

gionaler Identität begründet, geht aber immer

Ziele der Förderung „regionaler Produkte“, die

auch mit einer Abgrenzung und einer Diskredi-

nur vor dem Hintergrund der Kritik an der in-

tierung des „Anderen“ einher (vgl. auch Hinrichs

dustriellen Produktionslogik verstanden werden

& Allen 2008). Ein Beispiel bietet eine aktuelle

können, bei diesem Kennzeichnungssystem wie

Werbekampagne der Spar-Supermärkte in der

auch bei vielen kommerziellen Vermarktungs-

österreichischen Steiermark mit dem Slogan

programmen des Lebensmittelhandels nicht

„Wir sind Steirer“ (Abb. 5).

mehr im Vordergrund stehen. Es ist bemerkens-

Es bleibt folglich festzuhalten, dass das Wissen

wert, wie in der Produktkommunikation die „re-

alleine, aus welcher Region ein Produkt kommt

gionale Herkunft“ zu einem moralischen Wert

(oder dass es aus der „eigenen“ Region kommt),

per se geworden ist. Ein Produkt „aus der Regi-

nicht ausreichend ist, um sich ein Urteil über die

on“ wird oft als ein „gutes“ Produkt präsentiert

moralische Bewertung eines Lebensmittels bil-

und erachtet, ganz unabhängig von den Pro-

den zu können. „Wissen, wo etwas herkommt“

duktionszusammenhängen. Da im Prinzip jedes

muss auch das „wie“ der Produktion einbezie-

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Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

Abb. 5: Werbekampagne „Wir sind Steirer“ (Spar Österreich) (Aufnahme: U. Ermann, Graz, 31.08.2015) hen, wenn es als ein sinnvolles Kaufkriterium

woraus nicht der Umkehrschluss gezogen wer-

dienen kann. Entsprechende Missverständnisse

den kann, dass die Herkunft selbst in einem ur-

über den Wert des „Regionalen“ haben sicher-

sächlichen Zusammenhang zum moralischen

lich auch damit zu tun, dass viele existierende

Wert der Produktion steht. Die Idee, einer reinen

Vermarktungsprogramme die räumliche Her-

Lokalisierbarkeit und räumlichen Nähe selbst

kunftsangabe und die Rückverfolgbarkeit an

einen Wert zuzuschreiben, steht sicherlich auch

konkrete Produktionskriterien knüpfen. In die-

im Zusammenhang einer Durchdringung von

sem Fall wird nachträglich ein Wert der Herkunft

immer mehr Lebensbereichen von einer „audit

hergestellt, d.h. die Herkunft kann etwas über

society“ (Power 1999) mit der Tendenz, „Her-

die Produktion verraten. Diese ist aber erst das

kunft“ und „Regionalität“ eindeutig definierbar

Ergebnis einer Neudefinition eines Produkts,

oder gar quantitativ vergleichbar zu machen.

4. Bio und Fair Wenn offenbar Regionalität schon kein Wert ist,

bereits einen moralischen Mehrwert verspricht.

kann man sich dann darauf verlassen, dass ein

Dass man eine Produktion „verorten“ kann, ist

als „biologisch“ erzeugtes Lebensmittel eine

kein eigener Wert, aber dass man weiß, dass et-

„gute Sache“ ist? Und kann man ein fair gehan-

was umweltfreundlich hergestellt ist oder fair

deltes Produkt in jedem Fall einem nicht als „fair“

gehandelt ist, das ist – zumindest vom Anspruch

gekennzeichneten vorziehen? Tatsächlich ist die

her – sehr wohl ein Kriterium für ein moralisch

biologische / ökologische Erzeugung ähnlich

„gutes“ Essen. In der Praxis stellt sich dies jedoch

wie der faire Handel – ganz anders als die regi-

weitaus komplexer dar. Nicht jedes Produkt und

onale Erzeugung – durchaus ein Kriterium, das

nicht jeder Betrieb, das bzw. der nicht bio-zer-

86

„Wissen, wo’s herkommt“

tifiziert ist, produziert „un-biologisch“, und ein

Bioprodukte ist es daher für die Konsument_in-

nicht als „fair“ gekennzeichnetes Produkt wurde

nen letztlich äußerst schwer, zwischen verschie-

nicht unbedingt „unfair“ gehandelt. Umgekehrt

denen Arten von Bioprodukten und den damit

gibt es sehr wohl Produkte und Betriebe, die

verbundenen Grundsätzen und Produktionszu-

trotz entsprechender Zertifizierung mit fragwür-

sammenhängen zu unterscheiden und sich ein

digen Bedingungen von Erzeugung, Verarbei-

eigenes Urteil über deren Sinnhaftigkeit, Nutzen

tung oder Vermarktung in Verbindung gebracht

und moralischen Wert zu bilden.

werden.

Nicht viel anders ist die Situation bei Produk-

Die zunehmende Nachfrage nach Biopro-

ten aus „fairem Handel“. Hier ist ebenfalls bereits

dukten und entsprechende Marktanteile haben

über einen längeren Zeitraum eine Konventi-

sukzessive dazu geführt, dass Bioprodukte nur

onalisierung zu beobachten. Einst wurden fair

noch zu einem geringeren Teil in der „Nische“

gehandelte Lebensmittel (insbesondere Kaffee,

der kleinen Einheiten (bäuerliche Betriebe,

Tee, Kakao, Schokolade, Bananen) vor allem in

handwerkliches Gewerbe, inhabergeführte Na-

(Dritte-)Welt-Läden verkauft; mittlerweile wird

turkostläden) erzeugt, verarbeitet und vermar-

der weit überwiegende Anteil der „Fair-trade-

ket werden. Mit der Etablierung von Produktli-

Produkte“ in Supermärkten abgesetzt. Der so-

nien für Bioprodukte in Supermärkten und der

genannte faire Handel hat aber noch mit einem

Investition großer Agrarkonzerne in den ökolo-

viel grundlegenderen konzeptionellen wie ideo-

gischen Landbau wurden mehr und mehr Ska-

logischen Problem der Konventionalisierung zu

leneffekte in dieser Branche realisiert. Dies ging

kämpfen. Die Idee des fairen Handels steht in ex-

nicht nur mit einer Erhöhung der durchschnittli-

pliziter Opposition zur (neo-)liberalen Ideologie

chen Betriebsgrößen in allen Gliedern der Wert-

der freien Marktwirtschaft – insbesondere der

schöpfungsketten einher, sondern auch mit

Überzeugung, dass die „unsichtbare Hand des

einer zunehmenden Standardisierung, Homo-

Marktes“ eine optimale Allokation für alle Markt-

genisierung und Mechanisierung. Diese Trans-

teilnehmer_innen und auch eine effiziente und

formation wird auch als „Konventionalisierung“

leistungsgerechte Entlohnung von Arbeitskräf-

bezeichnet. Man kann konstatieren, dass die

ten hervorbringt. Nach dieser Sichtweise führt

Erzeugung großer Mengen Biolebensmittel für

jede Intervention in das freie Spiel von Angebot

die Supermarktketten immer mehr marktkon-

und Nachfrage zu Ungleichgewichten und ineffi-

form verläuft, so dass viele Eigenschaften der

zienten Strukturen. Protagonist_innen des fairen

konventionellen Lebensmittelerzeugung und

Handels hingegen lehnen diese Sichtweise radi-

-versorgung übernommen wurden und dadurch

kal ab und glauben nicht an eine – auch in mo-

gleichzeitig viele Ideale der ursprünglichen Bio-

ralischer Hinsicht – Selbstregulierung von Märk-

bewegung nicht mehr erfüllt werden. Eine Reihe

ten. Wenn nun aber Systeme des fairen Handels

von journalistischen und populärwissenschaftli-

möglichst marktkonform gestaltet werden, so

chen Publikationen erheben vor diesem Hinter-

liegt es auf der Hand, dass es zu Paradoxien und

grund den Vorwurf einer „Öko-Lüge“ und iden-

teilweise zur Unterlaufung der ursprünglichen

tifizieren beim Lebensmittelhandel zudem ein

Ideen der Entwicklung durch Zahlung fairer

bewusstes Täuschmanöver bzgl. der Erwartun-

Preise im Sinne einer „moralischen Ökonomie“

gen und Versprechungen bzgl. Biolebensmitteln

jenseits der dominierenden Marktgesellschaft

(z.B. Bode 2010; Arvay 2012; Kreutzberger 2012).

kommt (vgl. Goodman 2004). Schließlich ist „fair“

Trotz aller bestehenden staatlich reglementier-

im Sinne von „gerecht“ nicht einfach zu definie-

ten und freiwilligen Kennzeichnungssysteme für

ren und in der ökonomischen Praxis zu opera-

87

Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

tionalisieren und nimmt zwangsläufig darauf

immer mit einer Abstraktion vom konkreten

Bezug, was am konventionellen Handel „unge-

Produkt verbunden und daher in seiner Validi-

recht“ ist. In jedem Fall kann festgehalten wer-

tät mit erheblichen Einschränkungen und Unsi-

den, dass die Sinnhaftigkeit und der moralische

cherheiten verbunden. Die einzige Alternative

Wert eines fair-trade-Lebensmittels – ähnlich wie

ist allerdings eine fallspezifische Beurteilung,

bei den Bioprodukten – in hohem Maße von den

die wiederum umfangreiche und detailreiche In-

konkreten Zusammenhängen des jeweiligen

formationen voraussetzt, die in der Praxis kaum

Produkts abhängen. Eine pauschale Bewertung

verfügbar sind und nur mit erheblichem Auf-

durch bestehende Kennzeichnungssysteme ist

wand verarbeitet werden können.

5. Wissen und Transparenz Als Problem der gegenwärtigen Lebensmittel-

innen haben angesichts der Vielzahl an Kenn-

versorgung wird häufig eine mangelnde Trans-

zeichnungen fast nur die Wahl, der Produktli-

parenz ausgemacht. Die Konsument_innen

nie und der Firma grundsätzlich zu vertrauen

könnten – so die Argumentation – leichter Ver-

oder eben nicht. Für Letzteres spräche u.a. eine

antwortung für die Produktionsbedingungen

grundsätzliche moralische Skepsis gegenüber

und Folgen von Lebensmittelproduktion, -han-

Lebensmittel-Discountern oder Informationen

del und -konsum übernehmen, wenn sie nur die

aus dritter Hand, wie sie z.B. Clemens Arvay in

richtigen und vollständigen Informationen über

seinem Buch „Der große Bio-Schmäh: Wie uns

die Herkunft und Produktionsweise erhielten.

die Lebensmittelkonzerne an der Nase herum-

Die Argumentation ist im Prinzip nicht verkehrt,

führen“ – gerade auch im Hinblick auf „Zurück

übersieht allerdings einige Faktoren, die eine

zum Ursprung“ liefert (Arvay 2012). Woran aber

umfassende Wissensvermittlung schwierig und

liegt es, dass diese Informationen anscheinend

teilweise sogar unmöglich machen. Außerdem

von so begrenztem Wert für die individuelle

scheint es dabei eine paradoxe Situation zu ge-

Konsumentscheidung sind? Dafür gibt es meh-

ben. Es ist nämlich bereits seit Jahrzehnten eine

rere Gründe:

stetige Zunahme von Informationen seitens

Erstens handelt es sich bei der vermeintlich

der Hersteller und des Handels über Herkunft

objektiven Produkt(ions)information insofern

und Produktionskriterien festzustellen, die aber

um eine Scheinobjektivität, als jegliche noch

nicht zwangsläufig dazu führt, dass sich die Ver-

so kodifizierte und quantifizierte Information

braucher_innen besser informiert fühlen. In der

das Ergebnis von Konstruktionsprozessen sind,

Flut von Zertifikaten, Labels, Herkunftsangaben

die ihrerseits auf bestimmten Grundannahmen

und neuerdings auch digitalen Möglichkeiten

basieren und durch Komplexitätsreduktion nur

der Rückverfolgung und Produktionsinforma-

einen sehr begrenzten Ausschnitt der Produkti-

tion (u.a. durch mit Smartphones lesbare QR-

onswirklichkeit wiedergeben können. So liegen

Codes) fühlen sich Kund_innen oft mehr verun-

z.B. jeder Berechnung von Energie- oder Öko-

sichert, als dass ihnen diese Informationsquellen

bilanzen wie auch eines „ökologischen Fußab-

die „richtige“ Entscheidung abnehmen könnten.

drucks“ nicht nur vereinfachte Annahmen über

Die Abbildung der „Landhendlkeulen“, die unter

Zusammenhänge zwischen Lebensmittelkon-

der „Zurück zum Ursprung“-Produktlinie bei der

sum und Umweltfolgen zugrunde, sondern auch

Aldi-Tochter Hofer in Österreich verkauft werden

bestimmte Setzungen von Systemgrenzen, also

(Abb. 6), verdeutlicht dieses Dilemma. Die Kund_

zwischen Zusammenhängen, die bilanziert wer-

88

„Wissen, wo’s herkommt“

Abb. 6: „Landhendlkeulen“ der Produktlinie „Zurück zum Ursprung“ beim Discounter „Hofer“ (Österreich) (Aufnahme: U. Ermann, Graz, 21.03.2015) den und solchen, die zwangsläufig außerhalb

Linie dadurch definiert, dass ein Produkt neben

der Bewertung bleiben. Produktspezifischer

Hygienerichtlinien auch möglichst gut den Krite-

Energieaufwand steht hierbei z.B. oft einem Bei-

rien der Standardisierung und der Homogenität

trag zu Landschaftspflege oder Artenvielfalt ent-

entspricht, also keine Abweichungen von einem

gegen, die sich weniger gut quantifizieren lassen

vorgegebenen Standard und keine Schwankun-

und daher oft außerhalb der Systemgrenzen von

gen in der Konsistenz und optischen Erschei-

Umweltbilanzierungsmethoden bleiben.

nung aufweist. Alternative Qualitätsbegriffe

Zweitens führt auch die sprachliche Kon-

hingegen betonen gerade die Individualität und

struktion von Produkt- und Produktionskriteri-

Vielfalt von Produkten, die auch das Abweichen

en zu Missverständnissen und Unklarheiten. Ein

von Normen einschließen. Gleiches gilt für den

Beispiel liefert der Begriff der „Qualität“, der wie

Begriff der „Sicherheit“ von Lebensmitteln. Wäh-

kaum ein anderer den Eindruck erweckt, eindeu-

rend hier nach dem industriellen Paradigma, das

tig und objektiv zu sein. Tatsächlich begegnen

auch in der Agrar- und Ernährungspolitik vor-

uns aber tagtäglich Qualitätsbegriffe, die nicht

herrscht, vor allem die technische Beherrschbar-

nur unterschiedliche Vorstellungen von der Be-

keit von Risiken und der Ausschluss der Möglich-

schaffenheit eines Produkts beinhalten, sondern

keit menschlichen Versagens gemeint ist, sehen

oft sogar gegenteilige Begriffsinhalte bezeich-

alternative Konzepte gerade nicht in der Abwe-

nen. So wird in der Nahrungsmittelindustrie wie

senheit, sondern genau umgekehrt in der Anwe-

auch im Lebensmittelhandel Qualität in erster

senheit individuellen menschlichen Handelns

89

Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

und dem Vertrauen auf persönliche Beziehungen

die ausschließlich von kommerziellen Interessen

in der Lebensmittelproduktion ein Kriterium für

geleitet ist und wiederum überhaupt keinen An-

„Sicherheit“. Ebenso kann „Transparenz“ entwe-

spruch erhebt, Wissen zu vermitteln. Es bleibt

der als technisches und kodifiziertes System der

festzuhalten, dass neben einem expliziten und

Rückverfolgbarkeit (traceability) gesehen wer-

kodifizierbaren Wissen weitere Wissensformen

den oder als unmittelbare Sichtbarkeit einzelner

eine Rolle beim Lebensmittelkonsum spielen:

menschlicher Handlungen, Entscheidungen und

Man spricht diesbezüglich von implizitem, von

Arbeitsschritte. So wird in der Vermarktungs-

stillem Wissen (tacit knowledge), von in den

praxis „Transparenz“ auf ganz unterschiedliche

menschlichen Körper verbundenem embodied

Weise hergestellt: z.B. durch Zertifizierung, aber

knowledge (Carolan 2011) sowie von in soziale

auch durch die Inszenierung „gläserner Fabri-

Interaktionen verankertem embedded know-

ken“, Betriebsführungen und dergleichen.

ledge. Das Problem im Hinblick auf eine (politi-

Drittens beschränken sich die üblichen „ob-

sche, gesellschaftliche) Einflussnahme auf dieses

jektiven“ Produktinformationen zwangsläufig

Wissen besteht darin, dass diese Wissensformen

auf kodifizierbares Wissen, also Wissen, das in

ja gerade dadurch definiert sind, dass sie gewis-

Form von Kennzeichen, Labels, Zahlen oder

sermaßen immun gegen kodifizierbares Wissen

sprachlichen

weitergegeben

sind. Möglichkeiten einer Ernährungsbildung,

werden kann. Derartiges Wissen spricht aber

die auf derartige Wissensformen ausgerichtet

nur einen Teil des relevanten Konsumwissens

sind, könnten z.B. in einem Erlebnischarakter

an, nämlich eine rationalisierte Ebene des Wis-

liegen. Anstatt objektive Informationen zu för-

sens. Eingekauft und gegessen wird aber nicht

dern, müsste dazu etwa gemeinsames Kochen

nur mit dem Kopf, sondern auch mit der Hand

und gemeinsames Essen mit einer Reflexion des

und mit dem Bauch. Mit „Hand“ ist die Praxis des

Erlebten, Gefühlten, Geschmeckten – selbstver-

Konsumierens gemeint, die sich keineswegs nur

ständlich auch in Kombination mit einem mehr

nach rationalen bzw. rationalisierbaren Kriterien

oder weniger objektiven Expert_innenwissen –

richtet, sondern genauso auch auf Routinen, auf

ermöglicht werden.

Informationen

Affekte und auf spontane Reaktionen zurückzu-

Ein weiteres Problem besteht bei der Zu-

führen ist. Nicht zuletzt spielen bei diesen Prak-

schreibung von Verantwortung. Es ist heute zu

tiken auch Gefühle, Lust und Geschmack eine

einem weit verbreiteten Diskurs geworden, den

wichtige Rolle. Diese Ebene wird hier mit dem

Endverbraucher_innen die Verantwortung für

„Bauch“ bezeichnet. Eigentlich sollte es nicht

die Bedingungen und Folgen der Produktion

überraschen, dass beim Essen Lust, Emotion,

und des Handels zu übertragen. So wichtig ein

Körper und Geschmack sowie tradierte Konven-

Verantwortungsbewusstsein für die Folgen des

tionen und Gewohnheiten von elementarer Be-

eigenen Konsumhandelns auch sein mag: Die

deutung sind (vgl. zum aktuellen Trend zu em-

Zuschreibung von Verantwortung an die Adres-

bodied food geographies kritisch Goodman 2015).

se der Konsument_innen birgt die Gefahr, dass

Bei der Lektüre von politischen Strategien zur

sich Regierungen und staatliche Organisationen

Verbraucher_innenpolitik entsteht aber der Ein-

sowie Unternehmen nicht in der Verantwortung

druck einer Überrationalisierung des Konsum-

sehen, da ja die Verbraucher_innen die Macht

verhaltens. In der unternehmerischen Produkt-

haben, zwischen Alternativen zu wählen und

politik werden „Hand“ und „Bauch“ durchaus

die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch

angesprochen. Diese subjektive Ansprache von

zementiert eine solche Sichtweise implizit das

Kunden erfolgt allerdings in Form von Werbung,

herrschende spätkapitalistische Wirtschaftssys-

90

„Wissen, wo’s herkommt“

tem, indem davon ausgegangen wird, dass die

Verantwortung gleich. Insofern ist ein kritisches

Märkte zu gerechten und nachhaltigen Ergeb-

Hinterfragen des eigenen Konsumverhaltens

nissen führen, wenn nur die Konsument_innen

sicherlich wünschenswert, wie auch die Aus-

ihre Verantwortung wahrnehmen, ihre Macht

nutzung der Einflussmöglichkeiten der Markt-

„richtig“ einsetzen und die aus moralischer Sicht

macht des Konsumenten, wie sie in Form von

gebotenen Entscheidungen treffen. Das viel-

Konsumboykott-Aufrufen und einer Diskreditie-

zitierte Prinzip des „Abstimmens mit dem Ein-

rung von Unternehmen bereits verschiedentlich

kaufswagen“ und der Appell an die Marktmacht

erfolgreich praktiziert wurde. Eine pauschale

der Konsument_innen ist zudem kein wirklich

Übernahme von Verantwortung für alles, was mit

demokratisches Prinzip: Es gibt wohlhabenden

unserem Essen irgendwie in Verbindung steht,

Menschen weitaus mehr Macht als ärmeren, und

ist aber weder realistisch noch wünschenswert.

es setzt Kaufkraft mit Entscheidungsgewalt und

6. Vorschläge für die Geographie-Didaktik Wie lassen sich nun diese Überlegungen im

der Lebensmittelproduktion gebracht werden,

Geographieunterricht konstruktiv umsetzen?

wie sie sich mit den damit verbundenen Fra-

Die meisten der vorangegangenen Überlegun-

gen auseinandersetzen und selbst zu eigenen

gen machen deutlich, dass es keine einfachen

Urteilen und Praktiken gelangen können. Für

Antworten auf die Frage nach der Herkunft des

eine solche Bewusstseinsbildung halte ich es für

Essens gibt, zumal eine Reduzierung von „Her-

wichtig, Wissen nicht nur zu vermitteln, sondern

kunft“ auf eine räumliche Adressangabe wenig

Schüler_innen zu motivieren, selbst Wissen zu

hilfreich ist, die politisch und moralisch rele-

generieren.

vanten Aspekte von „Herkunft“ in den Blick zu

Nach dem Motto „Follow the Food!“ bietet es

nehmen. Es wurde aber auch gezeigt, dass auf

sich an, Schüler_innen ein Lebensmittel-Produkt

die wesentlich komplexeren Fragen nach einem

auswählen zu lassen, dessen Herkunft und Pro-

Produktionskontext ebenfalls nur Antworten

duktionszusammenhänge es dann zu erforschen

möglich sind, die in gewisser Weise reduktionis-

gilt. Da „Herkunft“ und „Produktionszusammen-

tisch und voraussetzungsvoll sind und daher al-

hänge“ weitaus mehr Aspekte umfasst als sich –

lenfalls Annährungen an die Wirklichkeit darstel-

etwa in einem Schulprojekt – herausfinden und

len können. Nicht zuletzt kann meines Erachtens

nachzeichnen lassen, ist es notwendig, relativ

die wissenschaftliche Geographie keine eindeu-

früh ein Problem ausfindig zu machen und eine

tigen Antworten auf die Frage geben, was ein

Fragestellung zu formulieren, auf die sich dann

moralisch „gut“ zu bewertendes Essen ist und

die geographische „Detektivarbeit“ konzentrie-

was nicht. Vor diesem Hintergrund sollte in der

ren kann. Interessant ist es in jedem Fall, in ei-

schulischen Geographie-Didaktik auch gar nicht

nem ersten Schritt festzuhalten, was man – als

der Versuch unternommen werden, Urteile über

Schüler_in bzw. als Konsument_in – über ein

moralisch gutes oder schlechtes Essen vorzu-

Produkt weiß und was man für Vorstellungen

geben und Schüler_innen zu einem „richtigen“

von der Herkunft und der Art und Weise der Her-

Einkaufen und Essen zu erziehen. Es ist aber

stellung hat. In einem zweiten Schritt kann man

sehr wohl möglich, Anleitungen und Anregun-

dann erste Hintergrundinformationen sammeln

gen zu liefern, wie junge Menschen zum Nach-

und den Produktinformationen nachgehen, wo-

denken über Zusammenhänge des Essens und

bei es auch darum geht, Zertifikate, Labels und

91

Hamburger Symposium Geographie – Geographien der Ernährung

ähnliche kodifizierten Informationen erst ein-

produktion als Erlebnis zu gestalten und somit

mal zu entschlüsseln. Dabei ergeben sich dann

implizites und persönlich erlebbares Wissen ver-

in der Regel auch interessante Fragestellungen,

fügbar und verhandelbar zu machen.

die z.B. mit „Regionalität“ und räumlicher Nähe,

Auf diese Weise kann es gelingen, die Fähig-

mit „Fairness“ und Nord-Süd-Beziehungen oder

keit zu schulen, eigenständig Wissen zu produ-

mit „Bio“ und Umweltproblemen zu tun haben

zieren, zu eigenen Urteilen zu gelangen und die-

können. Parallel können dann in einem dritten

se in der Gruppe zu diskutieren. Außerdem kann

Schritt vertiefende Informationen zum jeweili-

ein solches Nachverfolgen von Lebensmitteln

gen Problemkontext ausfindig gemacht werden.

helfen, eine kritische Sicht auf vermeintlich fest-

Ein interessantes Beispiel liefert hierzu die von

stehende Mechanismen und „Sachzwänge“ der

dem britischen Geographen Ian Cook erstellte

(industriellen) Produktions- und Distributions-

Website „www.follothethings.com“. Vor allem

weise zu entwickeln und Alternativen zum do-

sollten dann aber die Schüler_innen die Mög-

minierenden food regime der Agro-food-Indust-

lichkeit bekommen, sich selbst aktiv auf die Su-

rie und des filialisierten Lebensmittelhandels zu

che zu begeben: durch Betriebsbesichtigungen,

identifizieren. Es geht dann weniger darum, eine

Gespräche bzw. Interviews mit Hersteller_innen,

Entscheidung – z.B. hinsichtlich der Alternative

Arbeiter_innen, Händler_innen oder Verbrau-

zwischen den konventionellen Zitronen aus Spa-

cher_innen sowie mittels eigener Recherchen

nien und den Bio-Zitronen aus Chile – zu fällen,

beim Einkaufen oder Essen. Nicht zuletzt kann

sondern lokale und globale Zusammenhänge

das gemeinsame Zubereiten und Verkosten von

besser zu verstehen und mit eigenen Erfahrun-

Lebensmitteln dazu dienen, Lernen und Wissens-

gen in Verbindung zu setzen.

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