Mit Beiträgen von Luca Di Blasi, Eva Biome, Julia Bodenburg, Margrit E. Kaufmann, Gertraude Kreil, Peter C. Pohl und Hania Siebenpfeiffer, MaryAnn Snyder-Körber, Olaf Stieglitz und Karen Struve Unter der Mitarbeit von Ludwig Lohmann
Kulturverlag Kadmos Berlin
Kaleidogramme Band 126
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»Will you be a lousy scab; or will you be a man «: Gendercodierungen des Streikbrechers in der Kultur der US-Gewerkschaftsbewegung OLAF STIEGLIT Z
Salt of the F.arth ist ein ungewöhnliches Ereignis in der US-amerikanischen Filmgeschichte. Schon während d& Dreharbeiten regte sich heftiger Protest, nach seiner Erstvorführung im Jahr 1954 fand der Film keinen Vercrieb und es sollten beinahe 20 Jahre vergehen, his er einem größeren Publikum gezeigt werden konnte. Heute hingegen gilt Salt of the Earth als ein wichtiger Meilenstein des unabhängigen Kinos. Diese wechselvolle Rezeption hängt zum einen mir den Menschen zusammen, die ihn :.w einer ganz bestimmten Zeit gedreht haben. Zum anderen verweise sie auf seine kontroverse, weil radikale Handlung, denn Saft ofthe Earth ist ein Produkt der •Schwarzen Liste• H ollywoods, der Praxis der Berufsverbote, die in der US-Filmindustrie in der Frühphase des Kalten Kriegs auf Druck des Kongresses in Washington eingeführt wurde, um das Kinopublikum vor den vermeintlichen Einflüssen kommunistischer Propaganda zu schützen. Der Regisseur des Films, Herbert J. Biberman, gehörte zu den sogenannten >Hollywood TcnBlackliscing< drehte Biberman 1953 Saft of the Earth ohne jede Unterst ützung H ollywoods und mit einem winzigen, einzig i.iher Spenden finanzierten Budget. 1 Der fast ausschließlich mit Laien besetzte Film erzählt d ie Geschichte des Streiks von Latino-Minenarbeitern und vor allem ihrer f rauen im Südwesten der USA. Gezeigt wird ein Arbeitskampf, der zunächst ganz Saft vf the f.arth, USA 1954, produio;iecc v. Paul Jarrico; Regie: Herben Biherman; Drehhuch: Michael Wilsnn; Cast: Rosaura Revueltas, Will Gear. Zur Produktions- und Rczeptionsgeschichre von Saft vf the carth siehe v. a. Baker (2007.). Der Film basiert auf einem Streik, der 1951 in New Mexico stattfand.
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wesentlich auf der Kultur und den Ritualen einer männlich dominierten Gewerkschaftswelt fußt - auf Versammlungen mit männlichen Wortführern, auf einer rauen Solidarität unter beschwerlich arbeitenden Kollegen, deren Auflehnung vor allem durch das Ziel motiviert wird, ihren Familien ein besseres und sichereres Leben zu ermöglichen. Als diese Rebellion jedoch an der Macht der Minenbesitzer zu scheitern droht, übernehmen die Ehefrauen und Töchter die Streikposten und verunsichern so die Denkmuster sowohl der Gewerkschafter als auch der .Minenbesitzer. Es ist dieser >feministische Drehrovozieren damit anfangs sogar die Gewalt ihrer eigenen Ehemänner und Brüder, bevor am Ende die Gemeinschaft der Bergarbeiterfamilien doch wieder zusammenhält und den Streik zum Erfolg bringt. Saft of the carth ist Erinnerungspolitik. Obgleich der Film einen bestimmten Streik zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten >community< zeigt, beansprucht er zugleich eine Darstellung des einen, immer gleichen Streiks zu sein, den die heterogene Arbeiterklasse in den Vereinigten Staaten immer wieder zu führen habe. Und zu dessen Bestandteilen gehörte nach Ansicht Bibermans und seines Teams auch >der Streikbrecher< und mit ihm eng verwoben >det Verräterothering< des Spitzels im Film über die Koppelung an geschlechtlich codierte Zuschreibungen funktioniert. Mit der Feminisierung des Verräters gehen mehrere andere Konstellationen einher: die Re-Integration der •rebellischen< Frauen in die Solidargemeinschaft der Gewerkschaft, die Re-Maskulinisierung der Männer im Angesicht eines
Den Minenarbeitern war die Weiterführung des Streiks gerichclich verboten worden; es war gerade der Einsatz der Frauen, der einerseits den Streik schließlich zum Erfolg führte, und andererseits dem Film eine ausdrückliche Botschaft von Geschlechtergleichheit gab.
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>weibischen< Denunzianten und nicht zuletzt die Rückbesinnung auf das gemeinsame und übergeordnete Ziel eines erfolgreichen Streiks. Das >othering< des Spitzels wird zum Katalysator einer erneuerten Gemeinschaft, die sich beim gemeinsamen feiern und Singen als homogener den je begründet. Ich werde im Folgenden dieser - im Sinne Michel Foucaults - produktiven Rolle der Figur des Streikbrechers für die US-Gewerkschaftsgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachgehen und da bei zeigen, dass dies in hohem Maße an vergeschlechtlichte Vorstellungen einer männlichen Arbeiterklassensolidarität gekoppelt war, in der sich Bilder vom Spitzel oder von den >agents provocateurs< mit Ideen von Klasse, Ehre und auch Patriotismus verbanden. Dabei wird sich zeigen, dass scheinbar eindeutige Ansichten über die Kohärenz von Geschlechtercharakteristika strategisch einsetzbar waren und einer Vielfalt durchaus auch miteinander in Konflikt • stehender Entwürfe entgegentreten sollten. Ich werde dazu im Hauptteil meines Aufsatzes populäre Lieder der US-Gewerkschaftsbewegung untersuchen und fragen, inwieweit diese als einerseits langlebige und andererseits leicht veränderbare Bestandteile der Protestkultur3 Anteil an dieser Produktivmachung des Anderen hatten. Zunächst wird jedoch ein erster Teil die Bedeutung von Streikbrechern und Denunzianten für die >labor history< und die Erinnerungspolitik der gewerkschaftlichen Linken in den USA nachzeichnen.
1. >Labor spies< - Streikbrecher und Verräter in der Geschichte der US-Arbeiterbewegung Die massive Industrialisierung der Vereinigten Staaten ab Mitte des 19. Jahrhunderts war von unzähligen, sehr großen und oft außerordentlich gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Arbeiter_innen auf der einen sowie Unternehmern auf der anderen Seite begleitet. Bis weit in das 20 . .Jahrhundert hinein bestimmte ein ausgesprochen gcwcrkschaftsfeindlicher Konsens die Haltung der Fabrikbesitzer, Eisenbahnmagnaten und Ölbarone. Die Figur Quellenkritisch darf nicht unerwähnt bleiben, Union Mailabor spy< ist Teil der Saga um den jahrzehntelangen Kampf für die Durchsetzung bzw. um die Verhinderung der >open-shopoffiziellen< Hilfestellungen aus Politik und Justiz gehörten die vielfältigen Spielarten des >strikebreaking< zu den gängigs:n Praktiken der Unternehmerseite.5 Der Begriff >strikebreaking< umfasst im US-Sprachgebrauch mehr als nur das Anheuern einer arbeitswilligen Reserve, bestehend aus Arbeitslosen oder erst kürzlich eingewanderten Menschen, um eine streikende Belegschaft zu ersetzen. Vielmehr umschreibt der Begriff auch das bezahlte Engagement von bewaffneten Truppen, deren Auftrag es war, das Fabrikgelände abzusichern oder Streiks gewaltsam zu beenden. Zur Durchsetzung privatwirtschaftlicher Interessen wurde zusätzlich auf private Detekteien zurückgegriffen. Die Unternehmerseite bediente sich dabei oft kommerzieller Anbieter und die Pinkerton National Detective Agency steht beinahe synonym für eine große Gruppe von privaten Polizeitruppen, die zum Teil durchaus offen mit ihren Angeboten warben, Arbeitskämpfe zugunsten ihrer Auftraggeber auf Unternehmerseite zu entscheiden.6 Der Einsatz von verdeckt arbeitenden Agenten, Informanten und >agents provocateurs< zur Informationsgewinnung sowie zur Zersetzung von Gewerkschaften gehörte von Beginn an zum Arsenal dieser privaten Detekteien. 7 So besitzt die zielgerichtete und gewaltsame Zerschlagung der >Molly Maguires< genannten Gruppe von irischstämmigen Minenarbeitern in Pennsylvania während der 1870er Jahre durch Pinkerton-Detektive bis heute einen sehr hohen Stellenwert im kollektiven Gedächtnis sowohl der US-Arbeiterbewegung insgesamt als auch besonders der irisch-amerikanischen Bevölkerungsgruppe.8 Doch spielten diese >undercover< arbeitenAls >open shop• bezeichnet man ein Unrernehmen, in dem es entweder keine oder lediglich eine vom Unternehmen selbst gegründete und/oder konrrollierce Gewerkschaft gibt. Smith (2003). Mom (1982). Ebd., 62f. Broehl (1964 ). Zur Erinnerungspolitik vgl. auch Kenny (199 5), der u. a. auf den HollywoodFilm aus demjahr J 970 Bezug nimmt, derden Pinkerton-AgenreninsZenrrumder Erzählung rückte.
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den >labor spies< zunächst nur eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr wurde das Bild des >strikebreaking< weitgehend von der Präsenz großer Truppen bewaffneter Söldner und offenen, militanten Konfrontationen bestimmt. Dies änderte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts; vor allem seit der Jahrhundertwende gewannen >labor spies< zunehmend an Bedeutung - oder gerieten zumindest stärker in die öffentliche Wahrnehmung,9 zudem mehrten sich die Stimmen, die ein indirektes, verdecktes Vorgehen gegen Gewerkschaften für weitaus effektiver hielten. 1889 konnte man in einem von der Pinkerton Detektei selbst herausgegebenen Text die frage lesen: Im Augenblick existiert eine große Unzufriedenheit in den Arheiterklassen [ ... ). Wäre es in diesen unruhigen Zeiten nicht ratsam für die Arbeitgeber, ein wachsames Auge auf die intriganten Männer iQ der Belegschaft zu werfen? 10
Um 1900 herum besaß der >labor spy< eine ständige Präsenz in den Debatten um die industriellen Auseinandersetzungen. Bezeichnenderweise erleichtert dies keineswegs die sozialhistorische Analyse dieses Phänomens, im Gegenteil: Nur wenigen Arbeiten aus dem Bereich der >labor hisrory< gelingt es punktuell, quellengesättigte Darstellungen anzubieten, in denen sich die konkreten Vorgehensweisen der destruktiven Praktiken nachvollziehen ließen, was u. a. daran liegt, dass Quellen von Agent_ innen und ihren Auftraggebern überaus rar sind. 11 Stattdessen verdichtete sich in diesem historischen Zeitraum die mittelbare Rede über die Informant_innen in den Reihen der Arbeiterorganisationen sowie in einer kritischen Öffentlichkeit. So erlangte die Figur des Spitzels einige Prominenz in der Folklore der Arbeiterbewegung. Wie Archie Green in seiner begriffsgeschichtlichen Untersuchung zeigen konnte, bündelte sich die Verwendung des Worts >fink< in der Sprache der US-Arbeiterschaft genau in diesem Zeitraum und ging einher mit einer Begriffsausweitung. 12 Waren >finks< zunächst vor allem Streikbrecher im ursprünglichen Sinn, also Menschen, die die Streikaufforderung der Gewerkschaften ignorierten, so dehnte sich die Semantik des Begriffs im Lauf des 19. Jahrhunderts aus. Mit ihm wurden von nun an auch und vor allem Agenten und Spitzel tituliert. Folgt man Greens Darstellung, dann geht dieser erweiterte, neue Wortgebrauch vor allem auf Mitglieder der lndustrial Workers of the World (IWW) zurück,
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.Jcffrcys-Jones (1972) sowie HyStrikcbreaking< im Allgemeinen wie auch der Einsatz von Spitzeln im Besonderen offiziell bestätigt. Zusammengenommen dienten Untersuchungsberichte, Enthüllungsjournalismus und Arbeiterfolklore dazu, das unsichere Wissen über die >labor spieslabor spies< eng mit Männlichkeitsvorstellungen innerhalb der USGewerkschaftsbewegung und darüber hinaus verbunden war. 15 Norwood
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veranschaulichte, wie heterogen die Interessen unterschiedlicher Gruppen innerhalb der US-Arbeiterklasse waren, dass Vorstellungen von Solidarität und gewerkschaftlicher Interessenvertretung, wie sie weiße, protestantische Industriearbeiter als Ideal formulierten, keineswegs notwendig von afroamerikanischen, mexikanischen oder süd- bzw. osteuropäischen M ännern geteilt wurden. Unterschiedliche Wertesysteme oder Arbeitserfahrungen ließen die jeweiligen Auffassungen von >guter Arbeitgerechter Entlohnung< oder >berechtigter Auflehnung< gänzlich verschieden ausfallen und miteinander in Konkurrenz treten. So waren auch die M aßstäbe dessen, was als Streikbruch oder denunziatorische Informationsweitergabe an Arbeitgeber oder Polizei bzw. Detekteien galt, mitunter sehr abhängig von der individuellen Perspektive. Was etwa für weiße, vergleichsweise gut ausgebildete Arbeiter in den Ind,µstri emetropolen des Nordostens einen eklatanten Solidaritätsbruch und einen Austritt aus einer männlichhomosozialen Übereinkunft darstellte, nämlich Arbeit in einem bestreikten Betrieb aufzunehmen, konnte für afroamerikanische Migranten aus dem Süden der Vereinigten Staaten ein befreiender Akt sein, der in ihren Augen ihre Männlichkeitsvorstellung bestärkte. Die rassistische Gewalt, die in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts zum Beispiel in New York, Philadelphia, Bosto11, Detroit und Chicago ausbrach, hatte ihre Ursache nicht selren in solchen Gemengelagen und nahm ihren Anfang oft im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen. 1'; Diese regionale und/oder ethnisch bzw. >rassisch< codierte Diversity innerhalb der männlichen Gewerkschaftsbewegung vervielfältigte sich noch weiter, wenn man d ie Klassenkonstellation feiner auffächert. N eben der dichotomen Gegenüberstellung von Arbeiterklasse und >Bourgeoisielabor spy•, wie sie durch Folklore, Presse und Untersuchungsberichte verdichtet und aufgeladen war, als Mittel zur H erstellung einer Klassensolidarität, welche die Verwerfungen zwischen unterschiedlichen Gruppen innerhalb der Arbeiterbevölkerung überbrücken helfen sollte. Man setzte dabei auf eine weitverbreitete Annahme, nach der der Verrat und die arglistige Täuschung von engen Vertrauten nahezu unabhängig vom jeweiligen historischen Kontext immer und bei jedem/jeder einen Reflex von Abscheu und Verachtung hervorrief und man auf diese •6
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Weise mithin auch diejenigen Arbeiter_innen an sich binden konnte, die anderen Wertvorstellungen als denen der weißen, protestantischen Gewerkschaftsführern eher skeptisch gegenüberstanden.'7 Die Konstruktion des Spitzels als konstitutiven Anderen galt Vielen als >natürliches< Instrument bei der Konstitution einer homogenen und schlagkräftigen Arbeiterklasse, wobei insbesondere Songs, eines der wichtigsten Medien der Arbeiterbewegung, helfen sollten, diese Botschaft zu verbreiten .
II. Songs as Weapons - >Üthering< und Männ lichkeit in Songs der US-Arbeiterbewegung Als Ausgangspunkt, um mich aus einer machtanalycischen Perspektive den Songs anzunähern, dienen die Überlegungen von Archie Greeq,18 der sich auf den Begriff •labor lore• stützte, den er in bewusster Abgrenzung von anderen Konzepten wie etwa Erbe oder Tradition verwendete. >Laborlore< zeichnet sich nach Green durch zwei Besonderheiten aus: Erstens durch die Akzentuierung von Sprache und ihren Ambivalenzen. Die Sprache der Arbeiterfolklore wird nicht als Abbildung von Realität verstanden, sondern als eine Praxis, die bestimmte Bedeutungen hervorbringt. Zweitens ist so sichergestellt, sich bei der Analyse nicht von der Vorstellung einer homogenen und in sich konfliktfreien Gemeinschaft täuschen zu lassen. >Labor lore< fragt so immer auch nach den Verschiebungen und Brüchen in der Arbeiterkultur, nach Diversity; ein Aspekt, der auch deshalb von Bedeutung ist, weil die meisten untersuchten Lieder sowie viele der Künstler_innen ein eher orthodoxes Verständnis linker Politik repräsentieren. Arbeitskämpfe, das ist keine Überraschung, spielen in der Mehrzahl der Lieder eine zentrale Rolle. 19 Daneben sind für einen Zeitraum, der vor dem Ersten Weltkrieg beginnt und sich bis in die 19.SOer Jahre erstreckt, zwei weitere große Themenfelder wichtig: Einerseits die Einforderung von Bürgerrechten sowohl für die arbeitende Bevölkerung allgemein als auch insbesondere für African Americans und andererseits der Kampf gegen den Faschismus in den 1930er Jahren und während des Zweiten Weltkriegs. Konstellationen von Verrat finden sich in allen drei T hemenfeldern, die generell nicht immer klar voneinander zu trennen sind. Das wirft die •7 •A
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Stieglitz (20 13), darin v. a. die Einleitung. für eine übergeordnete Pcrspckcivc vgl. auch Moh r, Viehmann (2004). Green {1993) und (2001). Die Spurensuche nach ·laborspics•, •finks• und •srool pigeonslabor spyfink Othering< noch unterstrichen, in der eine Effemination, bisweilen sogar eine Entmenschlichung der Figur des Spitzels stattfindet. Union Maid verdeutlichte, dass jede echte Gewerkschafterin wisse, wie schwach die Agenten der Gegenseite letztlich seien: This union maid was wise To the tricks of company spies She couldn't be fooled by a company stool She'd always organize thc guys. 32
Als idcntitätspolitisches Ziel dieser Songs lässt sich eine als aufrecht und stolz apostrophierte Form von Männlichkeit herauslesen, die es den Gewerkschaftsmitgliedern ermöglichen sollte, sich gegen die effeminierenden Reize der denunziatorischen Versuchung abzuschotten. Auch dies konnte mithilfe historischer Analogien emotional aufgeladen werden, so etwa in diesem Beispiel, das aus der irisch-amerikanischen Tradition und dabei aus einer Frontstellung gegenüber militärisch organisierter Gewalt adaptiert wurde: British soldiers torrured Barry Just because hc would not tell. Thern the namcs of his brave companions And other things they wished to know. >Turn informer and we'll free you.< Proudly Barry answered >Nodevianten< Sexualität verknüpfte und eine Entmenschlichung suggerierte, die in den häufig zur Kennzeichnung des Verrats verwandten Vokabeln ohnehin mitschwingt. So etwa in Swingin' On A Scab: A fink is an animal char smells like a skunk He's two brackets lower than a punk. He makes his living out of breaking strikes 'Cause busting unions is a job he likes. 34
Wenn eine standhafte Solidarität unter heterosexuellen Männern das Produkt der identitätspolitischen Investition dieser Songs war, dann war die Denunziation als Werkzeug des politischen Gegners immer präsent - aber in durchaus wandelbarer Gestalt. Die Figur des Denunzianten im >othcring< konnte nur deswegen über Dekaden hinweg ihre einigende Wirkung entfalten, weil sie flexibel blieb, denn es galt, sie immer wieder neu aufzuladen. Dieser Befund lässt sich an Greens etymologische Analyse des Ausdrucks >finklabor lore< ist eine komplex zusammengesetzte Gestalt, die stets different aus den unterschiedlichen >Werkzeugen< der Unternehmerseite hergestellt werden muss. Am Ende von Number One Stooge heißt es: Now füme stge for love and some for money Some stooge for. a thrill or just to be t unny There's all kind of stooges but for my part l stooge just because l'm a stool at heart!·1s
Verräter gibt es mithin in allen möglichen> VerkleidungenNatur< des Menschen bestehen und dies erklärt die Existenz des Denunzianten als unausweichliches Übel. Es ist diese Ambivalenz zwischen Enthistorisierung einerseits und einer immer wieder unterschiedlich aktualisierten AuAadung andererseits, die sich in den sich wandelnden Songs der Arbeiter_innenbewegung als identitätspolitisch wertvoll erweist - sie waren nicht zuletzt deshalb so einflussreich, weil sie beides durch uneindeutige Sprache in einem flexiblen Medium zugleich vereinen konnten.
III. Fazit Arbeit und die Verhältnisse am Arbeitsplatz sind seit langem wichtige Kontexte der Geschlechtergeschichte. Dies gilt auch für eine auf historische Männlichkeitsvorstellungen hin ausgerichtete Geschichtsschreibung, in der unter anderem immer wieder auf die oftmals prägenden homosozialen Konstellationen unter Männern am außerhäuslichen Arbeitsplatz einerseits und deren spannungsreiches Verhältnis zu Familienkonzepten andererseits hingewiesen wurde. 36 Die US-Arbeiterbewegung und ihre Gewerkschaften und Parteien sind lohnende Objekte historischer Untersuchungen, die von derlei Fragen motiviert werden. In der Zeit zwischen Mitte des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts verstand sich die Mehrheit der Industriegewerkschaften der Vereinigten Staaten als Vertretungsorgane einer idealen Arbeitswelt, 11
Ebmännlichen
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