Wikipedia im Theologentest. Wie brauchbar ist das Online-Lexikon bei biblischen Themen?, in: Faszination Bibel, 1/2014, 70-73

May 27, 2017 | Author: Walter Hilbrands | Category: Biblical Studies, Wikipedia, Encyclopedia
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WIKIPEDIA IM THEOLOGENTEST Wie brauchbar ist das Online-Lexikon bei biblischen Themen?

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BIBELZUGÄNGE

Für die meisten Menschen ist ein Blick in Wikipedia die erste Option, wenn es um Fragen zu Fakten, Daten oder Hintergründen geht. Doch wie zuverlässig ist Wikipedia eigentlich – vor allem, wenn es um sensible oder heiß diskutierte theologische Fragestellungen geht?

Von Walter Hilbrands

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edes Kind kennt Wikipedia. Allein die deutschsprachige Wikipedia-Seite wird über 18 Millionen Mal am Tag aufgerufen. Der Leser erhält einen ersten, leicht zugänglichen und kostenlosen Einstieg zu allen Themengebieten mit Literaturhinweisen und Weblinks. Die Internet-Enzyklopädie wurde 2001 von Jimmy Wales begründet. Seine Idee war es, das Wissen der gesamten Menschheit jedem frei zugänglich zu machen. Heute gibt es Wikipedia in mehr als 280 verschiedenen Sprachen mit insgesamt über 30 Millionen Artikeln. Die Produktion des großen Brockhaus wurde kürzlich eingestellt – das berühmte Lexikon war gegen Wikipedia chancenlos. Open-Source-Projekt: Jeder darf mitmachen Mitmachen darf jeder. Eine Anmeldung ist nicht zwingend, wird aber gerne gesehen. Beiträge nicht angemeldeter Nutzer („User“) werden erst gesichtet, bevor die Allgemeinheit sie einsehen kann. Das Sichten soll vor Vandalismus schützen, da ständig unangemeldete Nutzer, die nur mit ihrer IP-Adresse erscheinen, die Artikel aufmischen. Die meisten Autoren melden sich unter einem Pseudonym (Nickname) an, nur wenige unter ihrem Klarnamen. Die Mitarbeit bei Wikipedia ist freiwillig und hängt von engagierten Autoren ab. Entsprechend unterschiedlich ist die Artikelqualität und Artikeldichte. Charakteristisch für Wikipedia ist die Dynamik. Viele Artikel werden laufend weiterentwickelt und können nach einem Jahr ganz anders aussehen. Während viele Bereiche der Biologie vorzüglich erschlossen sind, sind biblische und theologische Themen nicht selten unterbelichtet. So werden im Artikel über das Markusevangelium auch die theologischen Schwerpunkte dargestellt und es wird eine beeindruckende Bibliografie geboten. Hingegen geht der Beitrag über das Matthäusevangelium kaum über eine Skizze hinaus. Zum Epheserbrief bekommt man derzeit nicht viel mehr als einen inhaltlichen Abriss zu lesen. Die wenigen flachen Sätze zum 1. Korinther- und zum 2. Timotheusbrief sind eines Lexikons unwürdig. Hier kann und muss noch viel Arbeit geleistet werden! Im Bereich des Alten Testaments sieht es im Allgemeinen etwas besser aus, da hier jüdische Autoren fleißig waren. Verschiedene Jesus-Artikel sind ebenfalls sehr sorgfältig erarbeitet und stehen professionellen Lexikonartikeln nicht nach. Grundlegendes Prinzip: Überprüfbarkeit Wikipedia will keine eigene Forschungsarbeit fördern, sondern das enzyklopädisch relevante Wissen sachlich dar-

stellen. Ein grundlegendes Prinzip ist die Überprüfbarkeit der Aussagen. Hierzu dienen Literaturangaben, Einzelnachweise und ausgewählte Weblinks. Wikipedia verfolgt nicht das Ziel, die biblische Zuverlässigkeit und Historizität der beschriebenen Ereignisse zu verteidigen. Stattdessen wird der Mainstream der kritischen Bibelforschung abgebildet. So verwundert es nicht, dass unter „Jericho“ dem biblischen Bericht direkt widersprochen wird. Immerhin wird die Problematik der Chronologie gestreift, ebenso die Möglichkeit, dass die archäologischen Spuren des biblischen Geschehens durch Erosion ausgelöscht sein könnten. In knapp zwanzig Zeilen wird auf „Jericho in der Bibel“ eingegangen, darunter keine zwei Zeilen zum Neuen Testament. Etwas umfangreicher wird die heutige Situation unter der palästinensischen Autonomiebehörde und das Thema „Tourismus“ in Jericho dargestellt. Wikipedia ist nun mal kein Bibellexikon. Alle biblische Themen findet man in der Kategorie „Bibel“ mit entsprechenden Unterkategorien. Die Kategorien sind ganz unten am Artikelende eingeblendet. Sie sind Teil von Kategoriebäumen mit einer logischen Struktur und ermöglichen eine umfassende thematische und systematische Suche. In Kategorie „Orte in der Bibel“ finden sich rund zweihundert Einträge. Dazu gehören auch Gewässer und Gebirge sowie die Artikel „Hiskija-Tunnel“, „Golgota“ und „Berg der Seligpreisungen“. Unter „Sodom und Gomorra“ findet man eine schlichte Nacherzählung der biblischen Erzählung und einige Zeilen zur Interpretation, die seit Juli 2012 mit einem Wartungsbaustein versehen sind. Obwohl die Aussagen ordentlich belegt und die Frage nach Missbrauch der Gastfreundschaft oder homosexueller Vergewaltigung behandelt wird, wünscht ein Benutzer eine Überarbeitung mit der Begründung: „Der Abschnitt ist reine Privat-Exegese.“ Es folgen verschiedene archäologische Thesen zur Zerstörung der Städte. Dass es sich um eine Legende handeln könnte, wird im Gegensatz zum Artikel „Jericho“ nicht mal als Möglichkeit erwähnt. Das macht deutlich, wie unterschiedlich die Artikel gelagert sind. Prinzip der Neutralität Ein anderes Prinzip von Wikipedia ist die Neutralität des Standpunkts. Grundsätzlich sollen Artikel so formuliert werden, dass Freund und Feind damit leben können. Ausgeschlossen werden sollen Meinungen im Sinne des „Point of View“ (POV). Statt einseitiger Darstellungen sollen Argumente pro und kontra abgewogen werden. Dass dies ein hohes Ideal ist und nicht immer gelingt, versteht sich von selbst. Wie in jedem anderen Lexikon gibt es gute und schlechte Artikel. Da alles Schreiben und Verbessern freiwillig

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geschieht, hängt es ganz vom Engagement der (wenigen aktiven) Autoren ab, wie umfangreich und wie tiefschürfend ein Eintrag aussieht. Wikipedia bietet allerdings die Chance, die Dinge ständig zu verbessern. Deutlich lässt sich die anfängliche dynamische Pionierphase von der Konsolidierungsphase abgrenzen. In letzter Zeit geht die Zahl der Autoren zurück und es setzt sich die Expertenphase durch. Man mag dies bedauern, wird aber die Qualitätssicherung begrüßen. Merkmale gehaltvoller Artikel Woran erkannt man gute Artikel? Da unterschiedliche Autoren an einem Artikel beteiligt sind, sind die Artikel nicht unbedingt einheitlich geprägt. Verschiedene Auffassungen können sogar innerhalb eines Artikels unversöhnlich nebeneinander stehen. Dennoch gibt es einige Indizien für gehaltvolle Artikel: Einige Artikel haben eine interne Auszeichnung erhalten, erkennbar oben rechts an einem blauen „L“ (lesenswert) oder gar mit einem grünen Stern für „exzellent“. Insbesondere jüngere Auszeichnungen garantieren Qualität. Derzeit sind über 2.250 Artikel exzellent und mehr als 3.600 lesenwert. Nicht umsonst als exzellent ausgezeichnet wurden die Artikel über „Jesus von Nazaret“, „Simon Petrus“, „Auge für Auge“ und „Jerusalemer Urgemeinde“ (eine Übersicht bietet Portal „Christentum“). Die Literaturangaben sollten nicht zu knapp sein und bei umstrittenen Themen neuere Werke aus den verschiedenen Lagern anführen und verarbeiten. Werden kritische und konservative Bücher genannt und zitiert? Werden wissenschaftliche Veröffentlichungen von evangelikalen Autoren aufgelistet oder ausgeblendet? Die Wortwahl verrät nicht selten, ob der Artikel noch aus der Pionierphase stammt, als vieles selbstgestrickt war und auf den Entwurf eines einzelnen Autors zurückging. Dann ist der Stil lapidar und biblische Ereignisse werden lediglich nacherzählt. Ist die Sprache hingegen enzyklopädisch, betont sachlich und die Darstellung fair und differenziert, sind vielfach auch die Inhalte fair und ausgewogen. Die Artikellänge bedeutet nicht automatisch Qualität. Aber ein umfangreicher Beitrag deutet darauf hin, dass intensiver gearbeitet und verschiedene Standpunkte berücksichtigt wurden. Ein Blick in die „Versionsgeschichte“ zeigt, wer wann und wie umfangreich an dem betreffenden Artikel gearbeitet hat. Jede noch so kleine Bearbeitung wird peinlich genau dokumentiert und bleibt für immer einsehbar. Insider kennen die Autoren und ihre Überzeugungen. Man kann auch sehen, welche Edits rückgängig gemacht wurden und wo Bearbeitungskämpfe („Editwars“) stattgefunden haben, besonders bei theologisch brisanten oder ganz aktuellen Themen. Nützliche Tools (z.B. die Seite http://vs.aka-online.de/cgi-bin/ wppagehiststat.pl) fassen die Ergebnisse über die beteiligten Autoren statistisch übersichtlich zusammen. Positiv ist, wenn verschiedene Auffassungen nebeneinander dargestellt werden und der Leser sich selbst ein Bild machen kann. Anderenfalls wird womöglich eine bibelkritische Auffassung ungebrochen entfaltet. Beispielsweise werden unter „Jesaja“ fünf Argumente für eine Spätdatierung

focus israel

und gegen eine jesajanische Verfasserschaft genannt. Anschließend folgen acht Gegenargumente, die für die Einheit des Buches sprechen. Mehr wird man von Wikipedia nicht erwarten können. Schließlich bietet www.wiki-watch.de eine wertvolle Außensicht. Dort kann man den Artikelnamen eingeben und erhält schnell eine Übersicht über Qualitätsmerkmale oder Defizite. Der Artikel „Auszug aus Ägypten“ erfüllt mehrere dieser Kriterien positiv: Der Artikel hat eine angemessene Länge, ist durchweg nüchtern und enzyklopädisch formuliert, Evangelikale werden mehrfach zitiert (K. A. Kitchen, J. J. Bimson, J. K. Hoffmeier), verschiedene Meinungen werden sachlich dargestellt und Quellen ausreichend angegeben. Allerdings wird nur am Rande die Frühdatierung im 15. Jahrhundert angesprochen. Dass der Artikel polarisiert, zeigen gleich mehrere Wartungsbausteine und ein Blick auf die volle Diskussionsseite, wo eine eingreifende Überarbeitung gefordert wird. Weitere Tipps zur Überprüfung Weitere Prüfsteine für die theologische Ausrichtung von Artikeln sind die Angaben zu Verfasserschaft, Entstehungszeit, Einheit des Buches und zur Historizität. Werden die biblischen Angaben zur Autorenschaft ernst genommen? Wird der biblischen Chronologie widersprochen? Welche Aussagen werden zur Integrität eines Bibelbuchs gemacht? Nützlich ist schließlich noch die Bildersammlung, die man am Artikelende unter „Weblinks“ findet. Hier finden sich gemeinfreie Fotos, die auch für kommerzielle Zwecke genutzt werden können. Im Artikel „Qumran“ sind es über 200 Bilder von den Höhlen, Ruinen und einzelnen Schriftfragmenten, zum „Herodium“ sind es über 300 und zu „Massada“ über 460 Bilder. Selbst mit einbringen Wer sich nicht mit dem Regelwerk von Wikipedia auskennt und unbedarft Artikel umschreibt, muss sich nicht wundern, wenn seine Edits rückgängig gemacht („revertiert“) werden. Das kann bei Neulingen für Frust sorgen, die die Mechanismen nicht durchschauen. Nicht selten verteidigen eingefleischte Wikipedianer „ihre“ Artikel wie ein Platzhirsch. Christen werden Wikipedia nicht grundlegend umschreiben können. Aber sie können sich als Autoren konstruktiv und kenntnisreich einbringen und haben ein weites Betätigungsfeld, Freundlichkeit, Geduld und Toleranz zu üben. /// Kommentieren Sie diese Artikel auf www.faszination-bibel.net unter folgendem Webcode: p2t5v8 Dr. Walter Hilbrands ist Studiendekan und Dozent für Altes Testament an der Freien Theologischen Hochschule Gießen.

Sehnsucht nach Gott Die amzi unterstützt messianisch-jüdische und arabischchristliche Werke in Israel und den palästinensischen Gebieten. Dazu gehört auch das Begegnungszentrum Beit Al Liqa’ in Beit Jala bei Bethlehem, das von Johnny und Marlene Shahwan geleitet wird. Sie erzählen: Es ist eine Freude zu sehen, wie Gottes Wort mehr und mehr die Herzen unserer Frauen erleuchtet. Seit mehr als vier Jahren treffen sich um die dreißig Frauen jeden Mittwochvormittag, um Gemeinschaft miteinander zu haben und etwas aus der Bibel zu lernen. Für uns ist das etwas ganz Besonderes, wie sehr die Frauen die wöchentlichen Treffen lieben, denn wir locken sie nicht mit tollen Ausflügen, Wellness-Wochenenden oder teurem Essen. Es ist Gott selbst, der sie anzieht, der in ihnen die Sehnsucht geweckt hat, ihn besser kennen zu lernen und ihr Leben nach seinem Wort auszurichten. Und immer wieder entdecken sie etwas Neues! So kannte z. B. kaum eine der Frauen biblische Persönlichkeiten wie Abigail, Debora oder Lydia. Nun lernen sie nicht nur mehr als die Weihnachtsund Passionsgeschichte kennen, sie profitieren auch von den für sie ganz neuen Begebenheiten und Menschen aus der Bibel für ihr tägliches Leben. In einigen Lektionen ging es um den Selbstwert der Frau. Gerade in der arabischen Kultur ist das ein heikles Thema. Oft wird Frauen vermittelt, dass sie nichts wert sind oder ihre Meinung nicht wichtig ist. „Du bist ein Königskind, eine Tochter Gottes! Lass dir von niemandem einreden, dass du nichts wert bist, sondern lebe in der Würde, die Gott dir als sein Kind gegeben hat!“, ermutigte Kathrin, die Leiterin der Gruppe, ihre Zuhörerinnen. Sie hat die Erfahrung gemacht, wie kraftvoll Gottes Wort ist: „Es ist ein Riesenunterschied, ob ich in einer Lektion Zitate aus Büchern verwende, Beispiele von mir erzähle oder ob ich die Bibel selbst sprechen lasse. Gottes Wort hat Autorität. Es ist wie ein zweischneidiges Schwert. Es bringt die Sachen auf den Punkt. Es überführt.“ Weitere Informationen finden Sie in unserer Zeitschrift focus israel und auf www.amzi.org.

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