Wertstromanalyse 4.0: Ganzheitliche Betrachtung von Wertstrom und Informationslogistik in der Produktion

June 1, 2017 | Author: Markus P. Roessler | Category: Information Systems, Value Stream Mapping, Industry 4.0
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WERTSTROMANALYSE

Wertstromanalyse 4.0 Ganzheitliche Betrachtung von Wertstrom und Informationslogistik in der Produktion Tobias Meudt, Markus P. Rößler, Jörg Böllhoff und Joachim Metternich, Darmstadt

Einleitung

Neue Möglichkeiten

Nur wenige Methoden zur Verbesserung der Produktion bieten einen so ganzheitlichen Analyse- und Gestaltungsansatz wie die Wertstrommethode. Mike Rother und John Shook veröffentlichten 1999 das Buch „Sehen Lernen“, das bis heute die methodische Grundlage vieler Verbesserungsinitiativen in der produzierenden Industrie bietet [1]. Der Titel beschreibt in treffender Art und Weise das Ziel der Wertstromanalyse: Sie soll es ermöglichen, systematisch die Verschwendung in aufeinander folgenden Produktionsprozessen zu erkennen und Verbesserungspotenziale aufzudecken. Sehen lernen fällt auch in Anbetracht der Diskussionen um das Thema Industrie 4.0 nicht leicht. Bereits bestehende Produkte werden mit dem Prädikat Industrie 4.0-fähig neu angeboten. Zum systematischen und sinnvollen Einsatz digitaler Lösungen zur Prozess-, Material- und Informationsflussoptimierung muss jedoch der aktuelle Zustand einer Fertigung erfasst werden.

*) Danksagung Diese Veröffentlichung entstand im Rahmen der Projekte „Effiziente Fabrik 4.0“ und „Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Darmstadt“ mit freundlicher Unterstützung des Landes Hessen und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

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Die Wertstromanalyse ist eine weit verbreitete und bewährte Methode, welche es ermöglicht, wertstromübergreifend Prozesse abzubilden, zu analysieren und Ideen zur Verbesserung abzuleiten. Die Digitalisierung der Produktion unter dem Begriff Industrie 4.0 verspricht neue Möglichkeiten, die Produktion effizienter zu gestalten oder gar zu revolutionieren. Nur wenige Unternehmen können jedoch eine Produktion von Grund auf neu planen und dabei alle Möglichkeiten von Industrie 4.0 berücksichtigen. Vor allem für Unternehmen, die eine bestehende Produktion digital aufrüsten wollen, gilt es, einen neuen Ansatz aufzuzeigen. Dieser Ansatz nutzt die bewährten Methoden der Schlanken Produktion und bildet gleichzeitig die Möglichkeiten der Digitalisierung systematisch ab, um anschließend Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten.

Die in diesem Beitrag vorgestellte Wertstromanalyse 4.0 eröffnet hier neue Möglichkeiten. Dabei wird die klassische Wertromanalyse so erweitert, dass sie hilft, sowohl informationslogistische Verschwendungen als auch digitale Verbesserungschancen zu erfassen, und diese transparent abbildet. St. Galler Konzept der Informationslogistik lautet: „Als Informationslogistik wird die Planung, Steuerung, Durchführung und Kontrolle der Gesamtheit der Datenflüsse verstanden, die über eine Betrachtungseinheit hinausgehen, sowie die Speicherung und Aufbereitung dieser Daten. Dabei werden nur solche Datenflüsse zur Informationslogistik gezählt, die der Unterstützung von Entscheidungen dienen“ [2]. Hierbei werden einerseits Verschwendungen informationslogistischer Art, also im Umgang mit Daten und Information selbst, aufgedeckt. Andererseits werden Verschwendungen, welche die klassische Wertstromanalyse aufdeckt, darauf hin untersucht, ob sich neue Verbesserungsmöglichkeiten durch eine Digitalisierung ergeben. Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise redundante Systeme und Speichermedien oder Medienbrüche bei der Datenverarbeitung erkannt werden. Genauso müssen eine anforderungsgerechte Datenqualität und visuelle Aufbe-

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reitung für Entscheider überprüft werden. Dazu werden im Folgenden zunächst die grundlegenden Potenziale charakterisiert. Im zweiten Schritt wird das prinzipielle Vorgehen der Wertstromanalyse 4.0 zur Aufdeckung klassischer und informationslogistischer Verschwendung beschrieben. Den Abschluss bildet ein Praxisbeispiel zur Anwendung der Methode in der Produktion.

Potenziale der Digitalisierung im Kontext von Industrie 4.0 Der Ansatz von Industrie 4.0, welcher auf Digitalisierung und Internettechnologien basiert, verspricht eine effizientere Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen, eine Steigerung des Kundennutzens sowie die Erschließung neuer Märkte durch Integration von Material-, Energie- und Informationsflüssen [3]. Dabei stellt sich jedoch häufig die Frage, wie diese Potenziale erkannt und für das eigene Unternehmen genutzt werden können. Neben der Optimierung der Datenverarbeitung selbst kann Digitalisierung die kontinuierliche Verbesserung auf drei Stufen unterstützen (Bild 1). Stabile Produktionsprozesse bilden die Voraussetzung für die Gestaltung Just-intime gerechter Wertströme. Hierzu müssen zunächst Instabilitäten, beispielsweise in Form hoher Ausschussraten, stark

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