Walter Schlegel: Vom mittelalterlichen Bischofshof zum Residenzbau Fürsterzbischof Wolf Dietrichs, in: Ammerer Gerhard und Ingonda Hannesschläger (Hg.), Strategien der Macht. Hof und Residenz um 1600, Salzburg 2011, S. 333-370

July 26, 2017 | Author: Walter Schlegel | Category: Architecture, Architectural History, History of architecture, Architecture and Public Spaces
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Vom mittelalterlichen Bischofshof zum Residenzbau Fürsterzbischof Wolf Dietrichs VON WALTER SCHLEGEL

DER ALTE BISCHOFSHOF Der während des Investiturstreits von Kaiser Heinrich V. im Jahr 1106 zum Salzburger Erzbischof erhobene Konrad I. von Abenberg (1106–1147)1 leitete mit der Schenkung seiner an St. Peter angrenzenden Gebäude an das Kloster vom 13. Jänner 1110 2 eine völlige Neustrukturierung des historischen urbanen Zentrums ein. Er überließ den Mönchen, die direkt an der Felswand hausten und ständig von Steinschlag bedroht waren, seinen Wohnsitz, womit die räumliche Trennung zwischen Erzbischof und St. Peter vollzogen wurde. Obwohl die jüngere Forschung davon ausgeht, dass Erzbischof Konrad erst nach seiner Rückkehr aus dem durch die politischen Wirren erzwungenen Exil (1112– 1121) die Möglichkeit hatte, mit dem Neubau eines Bischofshofs, einer neuen Residenz im Bereich nordwestlich des Domes, zu beginnen,3 erscheint es doch unwahrscheinlich, dass er 1110 seinen bisherigen Hof an St. Peter abgegeben hätte, ohne bereits eine entsprechende neue Unterkunft zu besitzen. Aufgrund dieser Überlegung ist die Errichtung eines bewohnbaren Neubau(teil)es bereits zwischen 1106 und 1110 in Erwägung zu ziehen.4 Mit dessen Errichtung ist die Existenz einer für den Wohnsitz eines Erzbischofs wohl unabdingbaren Hauskapelle anzunehmen. Die Grundmauern dieser capella sancti Johannis Baptistae in aula 5 wurden im Zuge der archäologischen Untersuchung auf dem Residenzplatz im Jahr 2008 freigelegt, wodurch erstmals die genaue Lage und Größe der Hofkapelle gesichert ist 6 (Abb. 1). Die Kapelle ragte aus dem geschlossenen Geviert, von der heutigen Residenzfassade gemessen, rund 25 Meter (inklusive der außenliegenden Strebepfeiler der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts neu angefügten Apsis) nahezu parallel zum mittelalterlichen

Dom in den Domfriedhof im südlichen Bereich des Residenzplatzes hinein. Ihr westlicher Abschluss mit dem Eingangsportal lag etwa bündig mit der Innenseite der heutigen Platzfassade.7 Aufgrund der Grabungsergebnisse und aus den erhaltenen Ansätzen von Wanddiensten können wir von einem dreijochigen Raum (Innenmaße etwa 18 ¥ 7 Meter) ausgehen, der reich mit romanischer Bauplastik ausgestattet war (Abb. 2 u. 3). Nach und nach entstand der neue Hof als eine Ansammlung unterschiedlicher Einzelobjekte, die um einen geräumigen Innenhof — etwa das Areal um den heutigen Haupthof der Residenz — gruppiert, alle Funktionen erfüllten, um einen autarken Wirtschaftsbetrieb zu gewährleisten. Der „Hof“ beherbergte neben der erzbischöflichen Wohnung mit angegliederten repräsentativen Sälen alle für die Hofhaltung und Verwaltung notwendigen Räumlichkeiten wie Kanzlei, Schreibstube, Archiv und Bibliothek, dazu Küche, Keller, Vorratsräume und Speicher, das Arsenal, Gemeinschafts- und Wohnräume für die Hofbediensteten, die Türnitz, weiters Werkstätten und Lagerräume für sämtliche notwendigen Hofhandwerker wie Maurer, Steinmetzen, Zimmerer, Tischler, Schmiede, Plattner, Sattler, Seiler, Binder, Schuster, Bäcker, Metzger etc., auch entsprechende Pferdestallungen, Heuböden und — nicht zu vergessen — Lagerstätten für den Stallmist. Die erzbischöfliche Wohnung dürfte sich im Osttrakt zum heutigen Residenzplatz, in nächster Nähe zu Dom und Hofkapelle, befunden zu haben. In der Nacht vom 4. zum 5. April 1167 brannte ein Großteil der Stadt nieder: Die Grafen von Plain hatten als Parteigänger von Kaiser Friedrich I. Barbarossa die über Salzburg verhängte Reichsacht vollzogen und die Stadt niedergebrannt.8 Die kirch-

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Abb. 1: Residenzplatz, Grabung 2008: freigelegte Grundmauern der Hofkapelle (Foto Bundesdenkmalamt)

lichen Objekte des Stadtzentrums, der Dom mit dem Baptisterium St. Johannes der Täufer, die drei Domklöster, die Marienkirche als Vorgängerbau der Franziskanerkirche, die Michaelskirche, die Jakobsund Thurnerkapelle im Domfriedhof und auch die Salvator-Kirche jenseits der Salzach, werden als zerstört genannt.9 Eine 1986/87 im Nordhof des heutigen Toskanatraktes der Residenz durchgeführte archäologische Grabung belegte mehrfach eine zum Teil mächtige Brandschicht, was beweist, dass auch der Bischofshof mit der angrenzenden Bürgerstadt schwerstens in Mitleidenschaft gezogen worden war. Die planmäßige Neuanlage des großen rechteckigen Marktplatzes (Alter Markt) zu Beginn des 13. Jahrhunderts10 könnte mit dem Wiederaufbau

der Bürgerstadt in Zusammenhang stehen. Es wäre denkbar, dass mit der Renovierung des erzbischöflichen Hofes eine würdige „Schauseite“ zum neuen Marktplatz ausgebildet wurde. Am 14. Januar des Jahres 1298 wies Erzbischof Konrad IV. von Fohnsdorf (1291–1312) der bisher gering dotierten Johanniskapelle ein Drittel der reichen Einkünfte aus dem Zehent in Saaldorf und Salzburghofen zu, um eine bessere Ausstattung der Gottesdienste und deren Beleuchtung zu gewährleisten.11 Die Kapelle wurde als Benefizium an Domkanoniker vergeben, der jeweilige Benefiziat hatte bei Prozessionen dem Erzbischof das Legatenkreuz12 voranzutragen. Für das tägliche Leben im Bischofshof war das Jahr 1355 von einiger Bedeutung: Erzbischof Ortolf

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Abb. 2: Residenzplatz, Grabung 2008: aus dem Schutt der Hofkapelle geborgene Kapitellteile und Basis eines Säulchens (Foto Bundesdenkmalamt)

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WALTER SCHLEGEL Abb. 3: Hofkapelle hl. Johannes der Täufer; Versuch eines schematisierten Grundrissplans. Die Kapelle liegt annähernd parallel zur nördlichen Außenflucht des romanischen Doms (schwarze Schräglinie). — Weiß: romanische Hofkapelle; hellgrau: die deutlich angesetzte gotische Apsis (unklar, ob innere Figuration halbkreisförmig oder mit Umbau 5 ⁄8-Schluss); dunkelgrau: Dombögen und Residenzfassade (Grabungsplan Bundesdenkmalamt, Bearbeitung Ulrich Ghezzi)

von Weißeneck (1343–1365) ließ durch den Mönchsbergstollen des Almkanals, das „Lueg“, eine aus Holzröhren gefertigte Leitung zur Trinkwasserversorgung verlegen. Bisher war der Hof auschließlich auf Wasser aus Zisternen angewiesen. Für die Erlaubnis zur Leitungsführung durch den Stollen verpflichtete sich der Erzbischof den zwei „Almherren“ Domkapitel und Kloster St. Peter gegenüber, in Zukunft ein Drittel der Kosten zur Erhaltung des Stollens beizutragen.13 Das Domkapitel erlaubte Erzbischof Pilgrim II. von Puchheim (1365–1396) im Jahr 1389 den Bau einer Kapelle anschließend an den nördlichen Domturm iuxta gradu per quos ascenditur ad palatium Archiepiscopale14. Dies ist der früheste Nachweis für den bereits vorhandenen Treppenturm in der Ecke zwischen nördlichem Domturm und bischöflichem Hof, durch welchen eine direkte Verbindung vom Hof in den Dom gegeben war (Abb. 4). Über Baumaßnahmen Erzbischof Burkhards von Weißpriach (1461–1466) sind wir wegen des Fehlens entsprechender Urkunden nur sehr vage unterrichtet.15 Er gestaltete im Jahr 1465 den gegen den Marktplatz gelegenen Bauteil, das sogenannte Rinderholz, tiefgreifend um und stattete diesen Trakt

mit herrschaftlichen Zimmern zur Wohnung für seinen Bruder Balthasar von Weißpriach aus,16 der mit wichtigenVerwaltungsämtern betraut war. Hinsichtlich des Baugeschehens unter Leonhard von Keutschach (1495–1519) wird nahezu ausschließlich von seinen Maßnahmen auf der Festung berichtet, während die Stadtresidenz dagegen nicht erwähnt wird. Das Ziel seiner umfassenden Bautätigkeit auf dem Hauptschloss war, den Wehrbau wesentlich zu verstärken und für sich einen prächtig ausgestatteten Wohnbereich einzurichten. Der Prunk in den heutigen Fürstenzimmern lässt vermuten, dass auch im Bischofshof ähnlich reich gestaltete Räume existierten. Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg (1519– 1540), der langjährige Koadjutor und unmittelbare Nachfolger Erzbischof Leonhards, „modernisierte“ während seiner über zwanzigjährigen Regierungszeit Teile des erzbischöflichen Hofs, verzögert und unterbrochen durch die im Jahr 1525 ihren Höhepunkt erreichenden Bauernkriege.17 Die Chronik Virgil Reitgärtlers von 1546 (1549), die mehreren Salzburger Chronisten als Grundlage diente und teils wortwörtlich abgeschrieben wurde,18 zählt die Baumaßnahmen Langs auf: Vermerckht die gebey so Erzbischoff Matheus gethan hat volgt: Erstlich den

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Abb. 4: Paulus von Vianen, Detail aus der „Stadtansicht von der Mönchsbergseite“ (1602); Feder/ Pinsel 153 ¥ 400 mm, Braunschweig, Herzog-Anton-Ulrich-Museum, Inv.Nr. 71: Treppenturm (rot), Zimmerhütte am Frauenhof (gelb) (Foto Braunschweig, Herzog-Anton UlrichMuseum, Bearbeitung Ulrich Ghezzi u. Hubert Auer)

Schneckhen zu Hoff, und die Schön new gros herrlich Türniz neben des Schneckhen mit den fennstern von den Aschhoff hinaus, darünnen über 30 tisch gesezt mügen werden, erwähnt aber zugleich, dass Er hat Ime auch furgenommen den gannzen Hoff aufs zierlichist und wahrhafftigist zu pawen, wie dann daselb vermaint gebeu schon in der vysier verferttigt und abgenommen gewest, aber durch den Baurn Khrieg verhindert worden.19 Es lagen für diese geplante Verbesserung und Verschönerung des Hofs demnach bereits vyssier, Planunterlagen, vor, deren Verwirklichung aber durch die ausbrechenden Bauernunruhen verhindert wurde. Als Urheber dieser leider nicht erhaltenen Umbaupläne kann mit ziemlicher Sicherheit Reichart von Randwick genannt werden, der als Baumeister für Matthäus Lang durch elf Jahre den Wiederaufbau des Schlosses Wellenburg in der Nähe von Augsburg betreute.20 Lang holte Randwick 1521 nach Salzburg und bestellte ihn noch im selben Jahr zu seinem Hofbaumeister.21 Das älteste erhaltene Inventar des Bischofshofs aus dem Jahr 1540,22 erstellt nach dem Tod des Kardinals, vermittelt uns anhand der Reihenfolge

der aufgezählten Räumlichkeiten — entsprechend dem Rundgang für die Inventarerstellung — erstmals genauere Kenntnisse über Lage und Funktion der einzelnen Gebäude bei Hof,23 wobei anscheinend Räume, die zur Zeit von Matthäus Lang ungenutzt waren, nicht erwähnt werden.24 Die großteils im Uhrzeigersinn um den Innenhof durchgeführte Bestandsaufnahme beginnt bei der über zwei Geschosse reichenden Hofkapelle mit den davor und daneben liegenden Sälen und der Librey darüber, dem Aufbewahrungsort nicht nur für Bücher und Aktenbündel, sondern auch für Kleinodien, Siegel und Petschaften früherer Erzbischöfe, Messbücher und kirchliches Gerät, Schreibzeug, wertvolle Textilien, Tapisserien, Ornate und Kaseln, auch Bischofstäbe, einer davon aus Ainkhurn25. Die Librey war also eine Mischung aus Bibliothek, Archiv, Schreibstube und Schatzkammer und unterstand der Hofkammer, deren Räume unmittelbar im

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Abb. 5: Richard Schlegel, „Steckbild“, Baubestand 1553 (nach Schlegel, 2004, S. 11). Westlich des mittelalterlichen Doms das Geviert des Bischofshofs, nördlich der Pfarrkirche (= Franziskanerkirche) deutlich sichtbar das noch unbebaute Areal des „Pfarrgärtls“ (Bearbeitung Hubert Auer) Legende:

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Verwaltung der Hofkammer Marstall, Pferde- und Wagenstall „Rinderholz“ Hofmeisterei

2 6 10 14

Hofkasten-Speichergebäude Alte Türnitz Neue Türnitz Hofkapelle

anschließenden Eckbereich, wo außen der Treppenturm als Bindeglied zum Dom stand, situiert waren. Die Hofkanzlei samt Hofkammer inklusive diverser Schlafkammern reichte im Südflügel bis an einen Altan, der etwa an derselben Stelle wie der heutige Balkon über dem Durchgang zum Domplatz zu suchen ist.26 Hofseitig stand östlich dieses Durchgangs der Hoftorturm, der das Dach der angrenzenden Hofkammer scheinbar nicht überragte.27 Dieser neben dem Hofzugang von Süden situierte Turm wie auch der erwähnte Altan könnten Hinweise dafür sein, dass dem Eingang vom Frauenhof ursprünglich mehr Bedeutung als die einer reinen Seitenpforte zukam.

3 Stallungen im Erdgeschoss 7 „Gang in die Pfarr“ 11 Aschhof

4 Speckkasten 8 Pfarrgärtl 12 Domfriedhof

Gegen Westen anschließend stand das mächtige Speichergebäude, der Hofkasten, mit seinen vom Hof her beschickbaren Aufzugs- und Speicheröffnungen. Über den Dachboden war die Anbindung an die Verwaltung in der Hofkammer hergestellt. Ob die unter Erzbischof Wolf Dietrich erwähnten Stallungen im Erdgeschoss zum ursprünglichen Baubestand zählten, bleibt ungewiss. Das südliche Ende des Westflügels mit Gewölben im Erd- und Obergeschoss beherbergte weitere Speicher, so z. B. den Speckkasten. Gegen Norden schlossen der Marstall, der Pferde- und Wagenstall, in dessen Nähe die Dungstätte zu suchen ist, sowie diverse Keller an, die zur Gesinde- oder Mundküche über-

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leiteten. Gegen Norden beendete die alte Türnitz den Westtrakt. Die in München verwahrte „Anonyme Chronik“28 erwähnt zur alten Türnitz eine zusätzliche Küche, die alte Silberkammer und darüber liegend einen großen Saal, der über den neben der Küche erwähnten Schnecken29 erreichbar war. Der infolge des Rundganges für die Inventarisierung nächst erwähnte „Neubau“ dürfte lediglich eine Überbauung des Bereiches der alten Türnitz darstellen.30 Hier lagen die Stuben des Newenpaus Darinnen mein gnedigister Herr zewonnen pflegt, dazu ein Studorj, seine Schlafkammer und die Garderobe.31 Von diesen fürstlichen Privaträumen führte ein oberer Gang in die Pfarr. Damit hatte der Erzbischof im Westtrakt über die Stallungen hinweg eine direkte Verbindung zum Bereich von Pfarrkirche und Pfarrgärtl mit kleinem Weiher und Badestube.32 Unmittelbar anschließend an die alte Türnitz stand gegen den Marktplatz hin das so genannte Rinderholz, 1465 von Erzbischof Burkhard von Weißpriach mit repräsentativen Wohnräumen und Sälen ausgestattet (siehe oben) 33, die anscheinend mit den neuen Räumen über der alten Türnitz verbunden und unter Matthäus Lang zu einem großzügigen fürstlichen Wohnbereich vereint wurden. Dass der Erzbischof hier wohnte, wird bestätigt durch eine Nachricht aus dem Jahr 1525, als sich Lang mit seinen Getreuen vor den aufständischen Bauern auf die Festung zurückziehen musste: Zu morgens haben sy den Hoff eingenommen, was sy auf der Camer gefunden zu sich genommen und geplündert, auch werklichen grossen Schaden in der Canzley und auf der Camer in den Brieflichen urkhundten, vorschreibungen, Raitpüechern und Registern gethan, dieselben zerrissen und verwüest, das man bis über Knie darin umb ist gangen. In dem Rinderholz an dem Marckht herfür, darin Bischoff Matheus sein wohnung gehabt, haben die weiber Ir Schleyer werckht an den stangen zu den fennstern außgereckht und gedrückhnet34. Hier werden unten eine große Stube mit einer Trinkstube, ein Bad mit Nebenräumen, darüber im „mittern Rinderholz“ die Truchsessenstube und ihr gegenüber die goldene Kammer und goldene Stube genannt.35 Im „obern Rinderholz“, dem 2. Obergeschoss, wird ein Sommerhaus er-

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Abb. 6: Residenz-Nordostecke, 1. OG, hofseitiger Raum (ehemaliger „Schnecken“?); Befundung der nördlichen Seitenwand: über dem von unten aufsteigenden Putzgrat sitzt die völlig abgearbeitete Konsole, deren Profil im Mauerspalt noch zu erahnen ist, darüber setzt eine Gewölberippe an (Foto Bundesdenkmalamt, Bearbeitung Hubert Auer)

wähnt, möglicherweise ein sonniger Raum, wohl nach Süden ausgerichtet. Laut Inventar von 1540 wurde dieser als Depot für Bettzeug, Strohsäcke, Polster und zwei Himmelbetten verwendet. Dem Bereich der angrenzenden alten Librey dürfte zusammen mit der anschließenden Rumpelkammer zur Zeit Langs keine besondere Bedeutung zugekommen sein. Wahrscheinlich dienten diese Räume

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Abb. 7: Residenz-Nordostecke, Hoffassade des „Schnecken“? Bei Fassadenarbeiten im Jahr 1943 wurde zwischen der Horizontalbänderung oberhalb des linken nördlichen Fensters im 2. OG dieser Giebel einer Wandöffnung entdeckt

Abb. 8: Residenz, Domplatzfassade mit den durch extremen Raureif (im Jahr 1942) sichtbar gewordenen Fensteröffnungen des früheren Hofkastens. Zwischen den deutlich erkennbaren quadratischen Fenstern – dem Einbau eines zusätzlichen Geschosses entsprechend – lassen sich die Konturen je eines Fensters vor dem Umbau erahnen (Fotos Richard Schlegel)

ebenfalls als Depot für vieles, worauf eine daneben liegende Rumpelkammer hinweist. Am nördlichen Ende des Osttraktes,36 am markanten Gebäuderücksprung gegen das Rinderholz, errichtete Matthäus Lang seine schön new gros herrlich türnitz neben des schneckhen mit den fennstern von dem Aschoff hinaus.37 Der große Saal, der sicher im 1. Stock lag, bot die Möglichkeit, 25 oder über 30 Tische38 mit entsprechenden Sitzmöbeln aufzustellen.39 Durch die Angabe, dass die Fenster der Türnitz in den Aschhof und nicht in den südlich daran anschließenden Domfriedhof gerichtet waren,40 wird deutlich, dass die Türnitz im Norden lag und die Räume der Hofmeisterei im Osttrakt südlich der Neuen Türnitz in Zusammenhang mit der Hofkammer zu lokalisieren sind. Die Räumlichkeiten der Kapläne, die zur Aufbewahrung der zahlreichen Ornate, Kirchenkleider, Traghimmel, Altartücher, Kelche, Leuchter etc. dienten,41 müssen wohl in nächster Nähe zur Hofkapelle angenommen werden und lagen wahrscheinlich im Geschoss unter der Hofmeisterei. Vom Schnecken neben der Türnitz wissen wir wenig, dürfen aber annehmen, dass diese Wendel-

treppe als Hauptzugang zum großen Saal bequem zu begehen oder sogar besonders gestaltet war. Das sehr schlanke, an die Außenseite des Traktes angesetzte Türmchen, welches auf den beiden Stadtansichten von 1553 (Abb. 5) und 1565 (siehe Abb. 10) dargestellt ist,42 erscheint gar zu eng für eine bequeme Treppe und sitzt zudem jenseits des Hofzuganges aus dem Aschhof. So weit nach Süden dürfte die Türnitz nicht gereicht haben. Auch ist weiter nördlich an dieser Außenseite keinerlei Anbau verbürgt. Der Schnecken müsste demnach an der Hoffassade der Türnitz zu suchen sein, wofür sich der vorspringende Baukörper neben der heutigen Einfahrt in der Nordostecke des Innenhofs anbietet: Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der damalige Osttrakt im Vergleich zu heute um etwa ein Drittel schmäler war, ragte dieser Bauteil mit seinem annähernd quadratischen Grundriss frei in den Hofraum hinein. Die heute daran anschließende Hofnordwand wurde erst unter Erzbischof Wolf Dietrich in dieser Lage errichtet. Sie ist durch eine Baunaht deutlich als späterer Anbau gekennzeichnet (Abb. 13). Zum Zeitpunkt der Bauuntersuchung im Jahr 1997 wurden die im

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1. Obergeschoss entdeckten Reste architektonischer Schmuckelemente (Abb. 6) in Zusammenhang mit einem Foto aus dem Jahr 1943 (Abb. 7) als Teile einer zweiachsigen, zum Hof hin offenen Loggia interpretiert, doch wäre es durchaus denkbar, dass sie Elemente der weitgehend aufgelösten Hoffassade des Schneckens waren.43 Da die diversen Kellerräume in der Niederschrift des Inventars zum Teil zusammengefasst wurden, fällt es schwer, sie genauer zu lokalisieren. Hans Bayr hat sie zuzuordnen versucht 44 und bietet für den größten Keller, den sogenannten „Gesindekeller“, in welchem laut seiner Berechnung an die 80.000 Liter Wein lagerten, den Bereich unter dem Saal der neuen Türnitz an.45 Die baulichen Gegebenheiten kämen diesem Standort sehr entgegen, auch wenn unter Erzbischof Wolf Dietrich im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts dieser Trakt samt Keller nach Norden verlängert und im mittleren Teil hinter dem damals herausgebrochenen großen Schnecken eine breite Kellerstiege eingebaut wurde. Nicht unerwähnt soll der Hinweis bleiben, dass Matthäus Lang im Jahr 1523 eine Bauordnung erließ, mit welcher er eine Baukommission, bestehend aus fünf Bauräten, dem Hofmeister, Hofschreiber, Hofbaumeister (Reichart von Randwick), Kammerer und Bauschreiber installierte. Die in der Verordnung enthaltenen „Instruktionen für den Hofbaumeister“ fordern — zeitlos gültig — umfassende Gebäudeplanung, verbindliche Kostenberechnung, perfekte Bauorganisation, zentrale Materialienverwaltung, gegenseitige Kontrolle bei der Abrechnung, dazu Aufsicht über Personal, Arbeitszeit und Arbeitsleistung. Die erzstiftischen Gebäude sollten alle zwei Jahre hinsichtlich ihres Bauzustandes überprüft sowie Reparatur- und Verbesserungskonzepte erstellt, beraten und in Protokollen festgehalten werden.46 Die Baumaßnahmen der beiden Nachfolger von Matthäus Lang kennen wir wiederum lediglich aus mehreren fast gleichlautenden Chroniken, exaktere urkundliche Belege und Daten fehlen jedoch. Administrator Herzog Ernst von Bayern (1540– 1554)47 ließ im südöstlichen Eckbereich Hofkapelle/ Hofkammer den sall zu hof vor der cammer anstelle

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der bisherigen Holzdecke mit einem Gewölbe auf schönen marbelstainen seullen ausstatten, ebenso hat er den hültzen48 saall vor der capelln cammer und wohnung als lang derselbig gewesen ist, zu ainer herrlichen schönen stuben zuegericht unnd gebaut, darin die rathstuben und die cantzley beyeinander gehabt.49 Für die bessere tägliche Versorgung des Hofs ließ er ain Pfister bauen, damit dieselb zu Hoff an der Hanndt sey, die Notturfft Prodt im Hoff Pachen lassen. So hat er auch inn den Traidt Casten zu Hoff mehr Pöden lassen machen, unnd zuerichten, dahin man das Traidt schütten mag,50 wobei die Fenster in der Platzfassade der neuen Geschosseinteilung entsprechend geändert werden mussten. (Abb. 8 und 9) Zwischen der Hofmeisterei und der alten Türnitz ließ er eine Schmiede anbauen mit Zimmern darüber, in denen der Schmied wohnte und zusätzlich eine Sattlerwerkstätte eingerichtet werden konnte. Unter der Kanzlei, anstelle des alten Marktkellers, wurde eine Brauerei eingerichtet, um des Hoffs Notturfft preuen [zu] lassen.51 Für die meist über mehrere Tage ausgedehnten Besuche seines Neffen, des regierenden Bayernherzogs Albrecht V. (1528–1579), ließ Herzog Ernst im Verband der erzbischöflichen Räume eine prunkvolle Wohnstube gestalten, die als „Herzog Albrecht Zimmer“ bis zu den durchgreifenden baulichen Änderungen unter Erzbischof Wolf Dietrich Bestand hatte.52 Erwähnenswert ist, dass Herzog Ernst bei Baumaßnahmen am Pfaffenhauß am Aschhoff, dem späteren „Kaplanhaus“, eine Gruppe welischer maurer beschäftigte, denen allerdings etliches wieder einstürzte, worauf Herzog Ernst ain unlust gehabt unnd nachmalß Teutsch maurer befüerdert unnd braucht.53 Ob diese welschen Maurer auch im Bischofshof beschäftigt waren, ist nicht überliefert. Interessant erscheint jedoch, dass bereits zu dieser Zeit italienische Bautrupps hier arbeiteten. Michael von Kuenburg (1554–1560) setzte die bereits als baufällig bewerteten Teile des Hofs instand, so die alte Türnitz und die Hofmeisterei, die Ställe und den Getreidekasten. Vermutlich handelte es sich dabei um eine gründliche Reparatur oder aber Erneuerung der Dachstühle. Gegen den Aschhof hin ließ er schöne cöstliche unnd fürstliche

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Abb. 9: Residenz, Domplatzfassade mit Eintragung der Fensteröffnungen des großen Hofkastengebäudes entsprechend den „Raureifaufnahmen“ (Fotogrammetrischer Plan Bundesdenkmalamt, Abt. f. Architektur und Bautechnik, Bearbeitung Ulrich Ghezzi)

Zimern einbauen, darin Er manchmalß selbst aigner Person gewont, so auch in der goldenen Stube, im Herzog Albrechts Zimmer und der Truchsessen Stube.54 Erzbischof Michael veränderte zudem das Erscheinungsbild des Hofs durch die Errichtung eines weiteren Turmes: Zwischen der gesindt Khuchl unnd der alten Turnitzen hat Er ain schon hochen Thurn uber dem Hof aufpaut, zu obrist darein ein gloggen gehangen damit man in der Fasten unnd an den vesttagen zum essen leuth, Er hat auch ain Nacht wacht in denselben thurn verorndt da die wachen alle viertl ur ain straich an die gloggen thuen müessen, da man vor nie khain wacht Im Hof gehalten hat, Es sei dann unfridt gewest. Dieser Glockenturm ist auf der Stadtansicht von 1565 (siehe Abb. 10) im Bereich des Westtraktes eindeutig identifizierbar. Unklar ist lediglich, ob er als Baukörper in den Innenhof hereinragte oder in den Gebäudeflügel integriert war. Wegen der erhöhten Brandgefahr ließ der Erzbischof die erst von seinem Vorgänger eingebaute Schmiede, den Pfister wie auch das Bräuhaus wieder aus dem Hof entfernen. Weiters berichtet die Chronik: Im garten bei der Pfarkhirchen hat Er uber das Weyerl ain schon lust Hauß erpaut, desglei-

chen ain schön lustig voglhaus sambt einem Stübl wie auf dem Geschloß 55 (Abb. 5). Die Regierungszeit von Erzbischof Johann Jakob von Kuen-Belasy (1560–1586) ist durch zahlreiche unterschiedliche Baumaßnahmen geprägt. Einerseits verstärkte er Befestigungsanlagen im Erzstift, so z. B. die Burg Hohenwerfen oder die Talsperre am Pass Lueg, andererseits baute er den bischöflichen Hof großzügig aus und gab ihm damit ein neues Erscheinungsbild. Die Stadtansicht aus dem Jahr 1565 (Abb. 10) zeigt deutlich die Veränderungen an der nördlichen Schauseite zum Marktplatz.56 Das Rinderholz wurde aufgestockt, die Nordfassade weitgehend vereinheitlicht, dem Bau wurde ein Grabendach hinter hochgezogenen Blendmauern aufgesetzt und die Gebäudekanten der Mode der Zeit entsprechend mit kleinen Aufsatztürmchen bekrönt. Auch der gesamte Ostflügel wurde mit Grabendächern ausgestattet. Die hier ebenfalls neu hochgezogenen Blendmauern vermitteln (fälschlicherweise?) den Eindruck einer Erhöhung um ein Geschoss. Leider gibt die sehr oberflächlich beschreibende „Salzburgische Cronica“ keinen Namen, kein Detail

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Abb. 10: Stadtansicht von 1565 – Detail. Der Gesamtkomplex des umgebauten Bischofshofs ist farbig hervorgehoben. Aus den früher zahlreichen Einzelobjekten ist durch eine weitgehend vereinheitlichte Fassadenstruktur ein Ganzes geworden; deutlich erkennbar der mächtige Torturm (Mitte) und der schlankere Wachtturm (rechts); an der Ostfassade neben der Hofkapelle das schlanke Uhrtürmchen (Erzabtei St. Peter, Original seit 1945 verschollen; Fotobearbeitung Ulrich Ghezzi)

und kein Baudatum preis.57 Umso erfreulicher ist es, dass unter Johann Jakob erstmals mehr Informationen aus Archivalien wie Protokollen oder Briefen, zum Teil bereits aus Rechnungen ersichtlich sind. So hören wir etwa vom Tod des gewesten Paumaister[s] Rueprecht Rettinger um 158158 und lesen von den Problemen wegen der Nachbesetzung mit einem möglichst gueten verstendigen Paumaister. Der Erzbischof wandte sich an den

befreundeten Bischof von Passau mit der Bitte, ihm jemanden zu empfehlen oder gleich zu schicken.59 Ein Austausch von qualifizierten Untertanen scheint üblich gewesen zu sein: Der Bischof von Passau bedankte sich 1576 dafür, dass ihm Johann Jakob seinen Leibmedico Doktor Melchior Mühlhausen zur Verfügung geschickt habe,60 Herzog Wilhelm von Bayern dafür, dass der erzbischöfliche Koch nach München kam, um seinen Köchen die

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WALTER SCHLEGEL Abb. 11: Paulus van Vianen, Detail aus „Ansicht von Salzburg vom Nonnberg“ (1602?); Feder laviert, 315 ¥ 645 mm, Staatsgalerie Stuttgart, Kupferstichkabinett Inv.-Nr. 5879. Der Frauenhof erstreckte sich vom Dom bis an das Franziskanerkloster, welches noch direkt an die Kirche anschloss (Foto Staatsgalerie Stuttgart)

gueten Nudlen lernen machen und unns solcher Nudlen kochen solle,61 hingegen wurde im Jahr 1580 bei eingetretenem Leibschaden für Johann Jakob leihweise der Schneidarzt Jacob Vogl aus München gerufen.62 Für das Umfeld des Hofs zu Salzburg interessant ist der Briefwechsel des in Regensburg beim Reichstag weilenden Erzbischofs mit seinem Hofmeister in Salzburg, Felix Altmann zu Urstein, der während der Abwesenheit des Landesherrn gemeinsam mit dem Domdechant die Verwaltung leitete. Vorrangig beschäftigten sich die Briefe zwar mit den Befehlen von Johann Jakob, der in Regensburg gewisse Speisen für seine Tafel nicht erhielt und diese daher aus Salzburg orderte (so z. B. rote Birn, Kartschofflen, Kapaunen, Indianische Pfauen und Hennen, geselchten Lax etc), in jedem Brief korrespondierte er jedoch auch über die Baumaßnahmen am Frauenhof: Mitte August 1576 wurde dort von Maurermeister Peter und Zimmermeister Stephan, Gebrüder Schallmoser, mit der Errichtung einer neuen Hofzimmerhütte, unten gemauert, darauf ein Stock gezimmert, begonnen. Der Erzbischof trieb zur Eile an, damit vor dem Winter und bis zu seiner Rückkunft alle Arbeiten beendet seien.63 Diese Zimmerhütte am Frauenhof ist mit dem im Süden des Platzes an die Klostermauer von St. Peter angebauten Objekt mit Satteldach,

dem einzigen größeren Bauwerk an der Mauer, zu identifizieren (siehe Abb. 4, Baukörper im unteren Bereich des Frauenhofs); im nördlichen Bereich des Platzes, in unmittelbarer Nähe oder gar angebaut an den Bischofshof existierte jedenfalls kein Bau (Abb. 11). Mit der Erkrankung des Erzbischofs im Jahr 158064 wurde ihm noch im selben Jahr Georg von Kuenburg als Koadjutor beigestellt, es war aber nicht eindeutig, wer ab diesem Zeitpunkt die Befehlsgewalt besaß. Küche und Keller gerieten in Unordnung, Kuchlmeister und Zehrgadner stritten um die Vormacht in den Kellern, es gab Probleme in der Türnitz wie auch Mängel im Stall: die Roß so vorhanden, sein nichts werth; Fazit: Dem Koadjutor sollte die gesamte Handlungsvollmacht über die Hofkammer zukommen.65 Mit dem Bauwesen betraute Georg von Kuenburg 1584 den bürgerlichen Zimmermeister Stephan Schalmoser, daß er zu allen fürfallenden Sachen gewerttig seye, wobei jede seiner Verrichtungen vom Bauschreiber schriftlich festzuhalten war. Da Schalmoser als neuer Hofbauverwalter zusätzlich zum bisherigen Zimmermeisterdienst nicht zurecht kam, wurde ihm Hans Angerer als Hofzimmermeister zur Seite gestellt,66 während dem bisherigen Bauschreiber Georg Moräcker trotz seiner Bitte, ihn in Dienst zu behalten, gekündigt wurde.67 Die laufenden Bauarbeiten gin-

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gen weiter, wie eine Bestellung von 1000 Stämmen Bauholz bei den Untertanen auf der Fager und am Thurnberg für das Jahr 1585 belegt.68 Mit einer derart großen Menge war für Tramdecken und Dachstühle ausreichend vorgesorgt. Im Pfarrgärtl wurde die Brunnstube beim Weiherl repariert und abgedichtet.69 Zehn Tage nach dem Tod von Johann Jakob trat Georg von Kuenburg als seit 1580 bestellter Koadjutor am 14. Mai 1586 dessen Nachfolge als Erzbischof von Salzburg an. Wie immer, so wurde auch für diesen neuen Erzbischof geputzt, gerieben, geweißt und renoviert, um den Hof bis zu seinem Einritt entsprechend vorzubereiten.70 Dass in der Tafelstube (getäfelte Stube, nicht das Speisezimmer) in gründlicher Generalüberholung die Täfelung an Decke und Seitenwänden durch Zimmerer gesäubert, neu gefirnisst und der Fußboden neu ausgespänt wurde, könnte darauf hinweisen, dass dieser Raum als Krankenzimmer von Erzbischof Johann Jakob gedient hatte.71 Auch Neuanschaffungen in Hinblick auf das große Fest des Einritts des Erzbischofs am 5. und 6. Oktober 1586 wurden getätigt: Der Zimmermeister Sebastian Möräcker erhielt den Lohn für 144 Stühle aus Ahornholz und eine runde Tafel aus Fichte.72 Im Hof, in der Käsgasse, im Hennen Gartl 74 und im Rinderholz wurde das schadhafte

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Pflaster ausgebessert, im hülzen Schneggen neben der Taflstuben ein neues Geländer montiert. Der Heustadl erhielt Roßständ.76 Aus Vorwinterarbeiten erfahren wir von drei Brunnen im Bereich des Bischofshofs: Im fürstlichen Hof, am Frauenhof und in der dem Pfarrgärtl benachbarten Münzstätte.75 Die Bezahlung der Zimmerleute für Arbeiten an einem Fenster bei Unsers genedigisten Fürsten und Herrn Wartstuben im Thurn wirft die Frage nach der Existenz und Lage eines Turmes unmittelbar an den erzbischöflichen Wohnräumen auf.76 Erwähnenswert erscheint auch die Nachricht von einem Altar (Altbestand oder neu?) im fürstlichen Zimmer: Die Hofmeisterei bezahlte dem Hofdrechsler Thomas Laubinger umb .11. Rosen und umb .7. klainere Kößl [Buschkrüge oder Vasen?] so in unsers genedigisten Fürsten und Herrn Zimer zu ainem Altar gebraucht worden.77 Für leider nicht näher genannte, nur als Pau an der S. Johanns Capeln im Hof bezeichnete Arbeiten wurde ein Kostenüberschlag über 206 Gulden vorgelegt, doch verschob man die Durchführung auf 1587: Soll auf den frieling vermüg der beratschlagung mit dem Pau verfaren werden.78 Da Erzbischof Georg von Kuenburg jedoch bereits am 25. Januar 1587 starb und sein Nachfolger völlig andere Pläne mit der Hofkapelle hatte,79 kamen diese Arbeiten möglicherweise gar nicht zur Ausführung.

DER UMBAU/NEUBAU ZUR RESIDENZ UNTER WOLF DIETRICH Mit der Wahl Wolf Dietrichs von Raitenau (1587– 1612)80 am 2. März 1587 kam ein Achtundzwanzigjähriger auf den erzbischöflichen Stuhl, der fünf Jahre lang in Rom studiert und dort durch seinen Onkel Kardinal Markus Sittikus von Altemps nicht nur dessen neuen, prächtig ausgestatteten Palast, sondern auch die „moderne“ Lebensführung höchster Gesellschaftskreise kennen und schätzen gelernt hatte. In Salzburg erwartete ihn eine vom Mittelalter geprägte Kleinstadt mit einem Bischofsitz, der in keiner Weise seinen Vorstellungen von zeitgemäßer Architektur und fürstlicher Hofhaltung entsprach. Die Stadt war ihm bereits

vertraut, hatte er doch 1584/85 die vorgeschriebene einjährige Kapitularresidenz als Anwärter auf Sitz und Stimme im Salzburger Domkapitel hier verbracht. Bis zum Eintreffen des Palliums wohnte Wolf Dietrich im so genannten Keutschacherhof im Kaiviertel,81 der für seine Ankunft eiligst gesäubert, im Komfort verbessert und adaptiert worden war.82 Parallel zu den Arbeiten im Keutschacherhof liefen die Vorbereitungen für den neuen Herrn im Bischofshof. Eine neue Wasserzuleitung aus lerchenen Brunnenrohren wurde vom Frauenhof herein verlegt, im mittleren Geschoss des Rinderholzes

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wurde im kleinen Stübl neues Täfelwerk und vor den Fenstern hölzerne Fensterbalken eingebaut, die vom Hofmaler Ernst Habich mit griener Öllfarb angestrichen und mit Gold und Silber geziert83 wurden. Neben Verbesserungen im herrschaftlichen Bad im Pfarrgärtl (aus zwei Stuben oberhalb des Bades entstand ein größerer Raum mit Täfelung)84 wuschen und säuberten die Zimmerleute das fürstliche Leibzimmer mit der Wartstube, das Herzog Albrecht Zimmer wurde gefirnisst.85 Mobiliar wurde ergänzt, repariert und erneuert, ein Kasten für den geschnekheten Sall (der über den Schnecken erreichbare Saal der neuen Türnitz?) hergestellt, im Wohnbereich des Fürsten im oberen Rinderholz vom Hofmaler Habich ein Fenstergitter im Sitzerker mit Farbe sowie Gold und Silber bemalt.86 Den Malermeister Michael Gschwendtner bezahlte man dafür, dass er im oberen Rinderholz in dem schönen Zimmer eine neue Bettstatt blau anstrich und mit Gold und Silber verzierte. Zudem wurden von ihm zwölf Federbuschen so auf die Pötter [Betten] im Fürsten Zimer gemacht worden, mit Öllfarb angestrichen, halben Tail versilbert und die geschmuckh vergolt.87 Etliche Fenster des Fürsten erhielten engmaschige Fliegengitter aus geflochtenem Messingdraht und Haar.88 Im Dezember 1587 erhielten zwei Frauen einen Lohn dafür, dass sie die Glasfenster in Marstall, Edelleutstall und in den Wagenställen, wo neben den Fahrzeugen auch die Zugpferde untergebracht waren, reinigten.89 Die neue Rüstkammer ob der Hofmaisterey erhielt eine neue Täfelung90 und gegen Jahresende 1587 wurde Zimmermeister Sebastian Möracker für die Herstellung eines großen erzbischöflichen Leibschlittens entlohnt.91 Ein Jahr nach seinem Regierungsantritt begann Wolf Dietrich, sich mit den großen Bauvorhaben zu befassen: Nach Ankauf und Abbruch etlicher vor allem bürgerlicher Objekte wurde 1588 mit der Errichtung des Neugebäudes, des Palastes jenseits des Domfriedhofs, dem alten Bischofshof gegenüber (heute auch „Glockenspielgebäude“ bzw. „Salzburg Museum“),92 begonnen. Die Bauleitung (Planung?) lag in Händen des aus Italien stammenden Hofbaumeisters und welschen Sekretärs Johann Baptist Ninguarda, der allerdings nach wenigen Jahren wegen Unstimmigkeiten wieder aus den erz-

bischöflichen Diensten entlassen wurde, womit auch der Baufortschritt stockte. Die Nachricht aus der „Anonymen Chronik“, dass Wolf Dietrich 1589 im Bischofshof den schönen Wachtthurm, der im Hoff gewesen ist 94 abbrechen ließ, könnte mit einer akuten Baufälligkeit des Turmes erklärt werden, oder aber der Chronist irrte sich bei der erst Jahre später erfolgten Niederschrift im Datum, denn der Westtrakt mit dem darin integrierten Turm wurde erst nach 1607 abgebrochen.94 Wolf Dietrich wandte sich 1591 an seinen Vizedom zu Leibnitz, der ihm helfen sollte, einen geeigneten Baumeister für ansehnliche gepew zu finden. Hans Jakob von Kuenburg empfahl ihm darauf den aus dem Valle Intelvi nahe dem Comosee stammenden Baumeister Andrea Bertoletto (auch Bertoletti) mit dem Hinweis, dass dieser in der Steiermark das Schloss Weinburg also verricht, das es jederman, wer es sicht, vest lobt, und ebenso das Schloss Mureck maistentails erpaut und auf den italienischen formb zuegericht habe.95 Es ist denkbar, dass der Hinweis auf die italienische formb den Ausschlag gab, dass Bertoletto nach Salzburg verpflichtet wurde.96 Unter Andrea Bertoletto wurden 1592 die Arbeiten am Neugebäude wieder aufgenommen, wobei es in der Anfangsphase wegen der Differenz zwischen welschen und salzburgischen Maß- und Mengeneinheiten offenbar Probleme bei Abrechnungen gab.97 Nach dem Abbruch der Ringmauer an der Nordostecke des Bischofshofs sowie der daran anschließenden nördlichen Begrenzungsmauer des Domfriedhofs zum Aschhof hin wurde im April 1592 eine um 30 Schuh (etwa 9 Meter) gegen den Dom zurückversetzte, neue Friedhofsmauer errichtet, diese auf der Innenseite mit Arkaden versehen und darauf ein auf das schönist ausgemalter 98 Verbindungsgang zwischen Bischofshof (Hofkapelle) und Neugebäude aufgesetzt.99 Von dem neuen Gang aus wurde auch eine Anbindung in den Dom geschaffen. Die Grundfläche des alten Domfriedhofs wurde durch die neue Begrenzung entscheidend verkleinert (siehe den Grabungsplan im Beitrag von Peter Höglinger), nur eine kleine Restfläche im Umfeld der Domapsiden blieb frei verfügbar. Entweder aus

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Abb. 12: Residenz, Hofbogengebäude, Ostfassade zum Domplatz. Links der drei Durchfahrtsöffnungen existierten ursprünglich zwei weitere Bögen in Entsprechung zu den gegenüber geplanten fünf Portalen des großen Domprojekts von Vincenzo Scamozzi (Foto Josef Linsinger)

Platzmangel oder, was eher anzunehmen ist, aus hygienischen Gründen100 ließ Wolf Dietrich bereits ab 1595 durch Andrea Bertoletto den neuen Friedhof zu St. Sebastian errichten, nach italienischem Vorbild als „campo santo“ über nahezu quadratischer Grundfläche mit umlaufenden Gruftarkaden. In dessen Zentrum wurde 1597 mit dem Bau des erzbischöflichen Mausoleums begonnen. Im Jahr 1595 erfolgte nach ihrer Profanierung der Umbau der Hofkapelle 101 zur Guardarobba, darinnen man den Kirchen-Ornat aufbehalten und verwahren thuet.102 Dass darin wertvolles KirchenOrnat aufbewahrt wurde, scheint zweifelhaft, denn die von den Archäologen 2008 in Resten aufgedeckte Pflasterung des Kapellenbodens aus runden Bachsteinen, dem auf Straßen, Plätzen, in Vorhäusern und Kellern üblichen Material, war wohl kaum zur Lagerung textiler Kostbarkeiten geeignet. Die kirchlichen Gewänder wurden wahrscheinlich über einer neu eingezogenen Zwischendecke im Obergeschoss aufbewahrt. Der gleichzeitig erwähnte Abbruch der kleinen Kapelle zur hl. Dreifaltigkeit auf dem Bischofsaal 103 gibt Probleme wegen ihrer Lokalisierung auf. Es wäre möglich, dass es sich um die Kapelle im Bereich des

Herzog Albrecht Zimmers neben dem großen Saal im Rinderholz handelte. Im Jahr 1597, nur fünf Jahre nach seiner Errichtung, wurde der Verbindungsgang zum Neugebäude wieder abgebrochen und der Domfriedhof endgültig aufgelöst, womit die Voraussetzungen für den großen Hofplatz, den heutigen Residenzplatz, geschaffen waren. Nur die Guardarobba, die profanierte Hofkapelle, ragte noch bis 1656 in den freien Raum hinein.104 Ebenfalls 1597 verlegte Wolf Dietrich seine Wohnräume in den Osttrakt des Bischofshofs und ließ am 6. Oktober mit dem Abbruch des Rinderholzes beginnen.105 Es scheint zu diesem Zeitpunkt keine zufriedenstellende Planung existiert zu haben, zudem war um 1596 der Obristbaumeister Andrea Bertoletto gestorben, was ein möglicher Grund dafür war, dass die Arbeiten hier nur sehr zögerlich durchgeführt und schließlich bis etwa 1607 gänzlich eingestellt wurden. Der Brand des mittelalterlichen Domes am 11. Dezember 1598106 mit den misslungenen Reparaturversuchen an den schadhaften Gewölben sowie die schließlich getroffene Entscheidung zum totalen Abbruch des Münsters eröffnete unerwartet neue Perspektiven für eine völlige Neugestaltung

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Abb. 13: Residenz, Erdgeschoss. Schematisierter Baualterplan zu den Baumaßnahmen Erzbischof Wolf Dietrichs. Für die Plandarstellung wurde der älteste erhaltene Plan von 1787, aufgenommen vor den Teilabbrüchen unter Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo durch Wolfgang Hagenauer, herangezogen, der in den Grundzügen noch den Bestand aus der Zeit Wolf Dietrichs wiedergibt (Bearbeitung Ulrich Ghezzi) Legende: 1 Haupthof (heute „Salzburger Residenz“) 2 Großer Hof der Erweiterungsbauten („Dietrichsruh“), heute südlicher Hof des so genannten „Toskana-Traktes“ 3 Nördlicher kleinerer Hof der Erweiterung mit den beiden Wendeltreppen in den südlichen Ecken 4 So genanntes „Hofgärtl“, unter Wolf Dietrich lediglich von einer Mauer eingefasst 5 Ehemalige Käsgasse, unter Wolf Dietrich überbaut, heute kleine Wirtschaftshöfe 6 Ehemaliger „Polierhof“, als Bauhof in Verwendung bis um 1980 7 Hauptstiege 8 Hofbogengebäude, heute mit den späteren Trakten um Hof Nr. 4 als „Wallistrakt“ bezeichnet 9 Einbau der kleinen Oratorien mit der „Palastfassade“ in der Franziskanerkirche 10 Ursprünglich schmaler Osttrakt der „Dietrichsruh“ mit den drei Grotten, im 2. OG die offene Loggia Wolf Dietrichs

11 Sala terrena, beidseits zu den Gartenhöfen Nr. 2 und 3 offen; westlich anschließend großes Brunnenhaus und Voliere, über der Sala terrena Wolf Dietrichs„Kaisersaal“ 12 Vorhaus als Verbindung zwischen Loggia, Kaisersaal und den Kunstgalerien, heute als „Steinsaal“ bezeichnet 13 Osttrakt des Nordhofs, ursprünglich offene, zweigeschossige Pfeilerhalle mit Skulpturen, darüber Landkartengalerie 14 Nordtrakt mit zweigeschossiger Halle hinter Säulenreihe mit Grotten, Figurennischen, z. T. mit Wasserbecken, darüber im Eckbereich zum Alten Markt „VierJahreszeiten-Zimmer“, anschließend weitere Galerieräume 15 Über der westlichen, pfeilerverstärkten Hofbegrenzungswand im 2. OG ein schmaler Gang mit Gemäldegalerie 16 „Schnecken“ (?)

Farbenlegende: Dunkelblau – 1604/1605. Erste Erweiterungsphase: Neubau des Hofbogens sowie Verlängerung des Osttrakts gegen Norden, die bisher rückspringende Ecke wird geschlossen Rosa – 1605–1608. Vorrangig Erweiterungsbauten um die zwei Höfe nördlich der Franziskanerkirche (später „Toskanatrakt“); 1606–1611 Umbau des alten Bischofshofs Grün – 1610/11. Späte Einfügungen: a) Hauptstiege als neue Erschließung der fürstlichen Repräsentationsräume b) „Chortrakt“ an der Kirche entlang der Käsgasse c) Straßentrakt an der Sigmund-Haffner-Gasse, umschließt die zahlreichen Winkel hinter der abgetreppten Begrenzung der Dietrichsruh Hellblau-rosa-gestreift – Westtrakt des Haupthofs, mit der ursprünglich vierbogigen Halle im Haupthof eindeutig ein Bau Wolf Dietrichs, im 2. OG durchgreifende Änderungen unter seinem Nachfolger Markus Sittikus ab dem Jahr 1612 Hellblau – Unter Markus Sittikus nach Neuordnung des gesamten nördlichen Bereichs zum Alten Markt unter Beibehaltung der Hoffassade Neubau des Nordtrakts sowie Ausführung der angrenzenden Fassade des „Landkartentrakts“, vollendet 1614 Hauptachse schwarz eingezeichnet zwischen Haupthof (1) und Dietrichsruh (2), eindeutig ursprünglicher achsialer Zusammenhang (siehe den durch den späteren Einbau der Hauptstiege verborgenen fünften Pfeiler in der Südwestecke des Hofs, Abb. 14)

des Stadtzentrums. Das von Wolf Dietrich arg bedrängte Domkapitel erklärte sich schließlich gegen entsprechende finanzielle Hilfestellungen zur Errichtung von Ersatzbauten bereit, das veraltete, südlich an den Dom angebaute Domkloster ebenfalls zum Abbruch freizugeben. Welche Pläne Wolf Dietrich beschäftigten, um das Zentrum der Stadt nach seinen Vorstellungen neu zu gestalten, bevor der Standort von Dom und Domkloster in die Überlegungen miteinbezogen werden konnte, wird sich wohl nie klären lassen. In diesem Zusammenhang ist der Briefwechsel zwischen dem Erzbischof und dem Orden der erst kurz zuvor in Salzburg angesiedelten Franziskaner zu erwähnen, der ab Ende August 1587 den Versuch andeutet, das Kloster aus der Stadt hinaus nach Mülln zu verlegen.107 Sollte das direkt an die Franziskanerkirche angebaute Klostergebäude gänzlich demoliert werden, um für einen erzbischöflichen Bau Platz zu schaffen? Hat die strikte Ablehnung der Absiedelung durch den damaligen Generalkommissar des Ordens, P. Valentin Friccius aus Wien, ein Umdenken bewirkt?108

Schon einen Tag nach dem Brand des Domes ließ Wolf Dietrich vom Hof aus durch ein Fenster zum Frauenhof einen gestelzten, hölzernen Gang in die Pfarrkirche bauen. Diese wurde für die Dauer der Unbenutzbarkeit des Domes zur Bischofskirche erhoben, auch der alte Taufstein wurde in die Pfarrkirche transferiert.109 Von Bauarbeiten an der Residenz schweigen die Quellen. Hingegen wurde das Neugebäude gegenüber weitergeführt, Wolf Dietrich ordnete Holzlieferungen an, Eichenstämme aus dem Pfleggericht Haunsberg und 450 Stämme Fichtenholz vom Untersberg.110 Parallel dazu begannen Vorbereitungsarbeiten zum Abbruch des Domes, die einsturzgefährdeten Türme des Westwerks wurden bis auf die Höhe des Langhauses gekürzt und wichtige Reliquien aus den Altären geborgen und gehn Hof in sanct Maria Magdalena Capellen übertragen.111 Es ist nicht überliefert, wann, wie, wo oder über welche Mittelsmänner Wolf Dietrich Kontakte zu dem berühmten italienischen Baumeister und Architekten Vincenzo Scamozzi knüpfte. Nachweisbar ist lediglich, dass sich Scamozzi ab Jahresende

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1603 bis Mitte Februar 1604 in Salzburg am Hof Wolf Dietrichs aufhielt, da es Probleme mit seiner Heimreise nach Italien gab.112 Auch wenn Scamozzi als Gast des Erzbischofs gut abgeschirmt war, so ist es doch verwunderlich, dass keine der zeitgenössischen Quellen die Anwesenheit eines so bedeutenden Baumeisters erwähnt oder gar seinen Namen nennt. Einen Nachweis dafür, dass er 1604 in Salzburg weilte, lieferte Scamozzi selbst in seinem Traktat „L’idea dell’archiettura universale“ (1615) mit einer detailierten Beschreibung der geplanten Erweiterung des Neugebäudes.113 Die Tatsache, dass Scamozzi Mitte Februar die Heimreise antrat und Wolf Dietrich sehr bald darauf – mit Ende der kalten Jahreszeit, in der keinerlei große Bautätigkeit möglich war – mit der Umsetzung eines konkreten architektonischen Gesamtkonzeptes beginnen konnte, müsste als Nachweis dafür ausreichen, dass Vincenzo Scamozzi bereits mit brauchbaren Bauplänen nicht nur für einen neuen Dom, sondern auch für Umbau, Neugebäude und Erweiterung der erzbischöflichen Residenz114 nach Salzburg gekommen war. Voraussetzung dafür wären wesentlich frühere Kontakte als die im Winter 1603/1604 nachgewiesenen. Davon ist uns allerdings nichts überliefert, genauso wie es nie zu klären sein wird, inwieweit Wünsche und Vorstellungen Wolf Dietrichs in die Planung miteinflossen oder ob Scamozzi völlig freie Hand bei seinen Entwürfen hatte. Wolf Dietrich begann nachweislich im Frühjahr 1604 mit dem Bau des so genannten Hofbogens, jenem Flügelbau der Residenz, der sich bis an die Grundgrenze des Klosters St. Peter erstreckte und damit den bis dahin bis zum Franziskanerkloster reichenden Frauenhof (siehe Abb. 11) um etwa ein Drittel verkürzte (Abb. 12). Dass zur gleichen Zeit bereits ein Plan für einen mächtigen Domneubau115 mit insgesamt fünf Bogenöffnungen in der nach Westen gerichteten Portalfront existiert haben muss, ist durch die ursprünglich ebenfalls fünf Bogenöffnungen im Hofbogengebäude116 entsprechend der gegenüberliegenden Domfassade abgesichert. Die beiden südlichen Bögen waren nicht als Durchfahrten ausgebildet. Hier lag eine offene Halle mit marmorner Mittelsäule dahinter, die als Vorraum

zum privaten Stiegenaufgang in die von Wolf Dietrich während des Gesamtumbaues der Residenz als Ausweichquartier genutzten Räume im zweiten Obergeschoss diente. Das Vermauern der zwei Öffnungen erfolgte wahrscheinlich noch unter Wolf Dietrich im Zusammenhang mit der Aufgabe des großen Domprojektes Scamozzis. Der Baubeginn für den Hofbogen ist jedenfalls von bisher 1605 auf 1604 zu korrigieren, da noch im Jahr 1604 Abt Martin Hattinger von St. Peter das angrenzende, wegen des bereits hochgezogenen Neugebäudes finster gewordene Refektorium des Klosters erweitern ließ, um zusätzliche Fenster zur Belichtung zu gewinnen.117 Bemerkenswert ist, dass das Fußbodenniveau der fürstlichen Etage im Hofbogen, der bis an die mittelalterliche Wand zwischen Karabinierisaal und Haupttreppe hineinreicht, höhenbestimmend für den gesamten Erweiterungsbau Wolf Dietrichs wurde und sich bis in den Chorumgang auf dem neuen Kapellenkranz in der Franziskanerkirche und in die Oratorien auswirkte. Dementsprechend musste bereits unter Wolf Dietrich ein Ausgleich vom tiefer liegenden Karabinierisaal in den (heute so genannten) Kaisersaal geschaffen werden: die zweiläufige marmorne Freitreppe mit den klingenden Metallbalustern am Westende des Karabinierisaales. Das höhere Niveau zieht sich bis in den Nordtrakt hinein, erst zwischen „Schöner Galerie“ und dem erzbischöflichen Schlafzimmer an der Nahtstelle zum Osttrakt finden sich die entsprechenden Ausgleichstufen. Im März 1605 setzten im „Pfarrgärtl“ die Abbrucharbeiten für den gesamten Baubestand zwischen Pfarrkirche und Salzmarkt (heute Churfürststraße) ein,118 nur drei Objekte an der Ecke zur Kirch- oder Pfarrgasse (heute Sigmund-Haffner-Gasse) blieben erhalten. Diese Vorarbeiten dienten zur Verwirklichung des Gesamtkonzeptes für Umbau und Erweiterung der erzbischöflichen Residenz. Obwohl wir keine archivalischen Belege — Pläne, Urkunden oder Rechnungen — besitzen, ist dieses Gesamtkonzept Vincenzo Scamozzi zuzuschreiben. Das Hauptargument dafür ist die durch den östlichen Haupthof der Residenz und durch den südlichen Hof der Erweiterung („Diet-

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richsruh“) laufende gemeinsame Hauptachse, die sicher nicht durch Zufall entstanden ist, sondern ein zusammenhängendes, in einem Plan dokumentiertes Konzept voraussetzt (Abb. 13). Ein zweites Argument ist das zeitliche: Scamozzi muss bereits mit fertigen Plänen nach Salzburg gekommen sein. Die Zeit seines Aufenthaltes wäre von einer ersten Besichtigung bis zur Ausfertigung verwirklichbarer Pläne für Dom, Neugebäude und Residenz, also für drei große Bauvorhaben gleichzeitig, viel zu kurz gewesen. Wolf Dietrich begann 1604 nach Scamozzis Aufenthalt zum ehestmöglichen Zeitpunkt, gleich am Ende der Frostperiode, mit der Umsetzung der Pläne für seinen Residenzumbau. Scamozzis Name ist zwar als Planverfasser nicht genannt, doch kein anderer, auch nur annähernd ähnlich fähiger Fachmann ist zu dieser Zeit in Salzburg nachweisbar. Der welsche Hofbaumeister Andrea Bertoletto war bereits gestorben, und den einheimischen Bau- und Maurermeistern ist ein so großzügig durchdachtes Gesamtkonzept nicht zuzutrauen. Dass durch den noch unter Wolf Dietrich erfolgten Einbau der Hauptstiege im ersten Hof die Achsen nicht mehr übereinstimmen, spielt keine Rolle, da sich in der Südwestecke des Hofs eingebaut eine fünfte Pilasterbasis (Abb. 14) der westlichen Hofwand als Beleg für die ursprüngliche Breite des Haupthofs erhalten hat. Die Planung sah eine Trennung zwischen repräsentativem, offiziellem Bereich des Fürsten um den heutigen Haupthof der Residenz und dem privaten Wohnbereich um zwei zusammenhängende Gartenhöfe im Bereich der Erweiterungsbauten vor. Noch heute ist im Erdgeschoss der Weg vom Haupthof in die ehemaligen Gärten nur über untergeordnete Räume möglich. In der Beletage allerdings griffen von den um den Haupthof gruppierten, heute so genannten Prunkräumen vornehm und kostspielig ausgestattete Raumeinheiten in die Trakte um den nördlichen Gartenhof über: Hier waren gegen Norden die Galerien mit den reichen Kunstsammlungen und im Zwischentrakt über der nach beiden Gärten hin offenen Sala terrena der Kaisersaal angeordnet, jeweils mit Ausblick in die mit Brunnen, Wasserbecken, Grotten, Nischen, Figuren und Pflanzen ausgestatteten Gärten.

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Abb. 14: Residenz, Haupthof. Die in der Südwestecke des Hofs versteckt eingebaute fünfte Pfeilerbasis ist ein Beleg für den ursprünglich breiter geplanten Hof (Foto Walter Schlegel)

Unmittelbar nach Demolierung der Bauten im Norden der Franziskanerkirche wurde 1605 jenseits der damals noch westlich am Bischofshof vorbeiführenden Käsgasse mit dem Bau des Palastflügels entlang der Kirche begonnen. Die seit dem Dombrand bestehende hölzerne Verbindung zur Kirche wurde nun durch einen gemauerten Übergang ersetzt. Die Arbeiten am Neubautrakt erfolgten parallel zu den noch laufenden Abbrüchen im Norden des Areals.119 Obwohl die gesamte Erweite-

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WALTER SCHLEGEL Abb. 15: Franziskanerkirche, Stuckdecke des so genannten „Wolf-Dietrich-Oratoriums“ im 2. OG hinter der „Palastfassade“. Die Decke stammt eindeutig von Erzbischof Markus Sittikus, der das „Betstübl“ zum Zweck der Beheizbarkeit verkleinerte (Abtrennung eines kleinen Heizraums) und die prunkvolle Decke einbauen ließ (Foto Hubert Auer)

rung gegen Westen (dem später so genannte Toskanatrakt) in einer einzigen Bauphase errichtet wurde, war der Zeitdruck für die Errichtung der Gebäude um den südlichen Hof besonderers groß, weil einerseits im Hofbogengebäude die Zahl der Räume für Wohnung und Repräsentation des Fürsten nicht ausreichte, Wolf Dietrich andererseits bestrebt war, das Geviert des alten Bischofshofs möglichst rasch zu räumen, um auch hier mit den Baumaßnahmen beginnen zu können. In Verbindung mit dem neuen Trakt an der Kirche wurde im gotischen Hochchor im ersten nördlichen Kapellenjoch anstelle der Georgskapelle jene schmale „Palastfassade“, bezeichnet mit 1606, mit bekrönendem Sprenggiebel und Wappen Wolf Dietrichs, eingebaut (siehe Abb. 13 im Beitrag von Christoph Brandhuber und Oliver Reggenthaler in diesem Band), worin in zwei Etagen jeweils kleine Oratorien, „Betstübl“, die Teilnahme am Gottesdienst in der Kirche ermöglichten120 (Abb. 15). Diese Palastfassade wurde wegen ihrer Details seit jeher mit Scamozzi in Verbindung gebracht.121 Mit diesem ersten Eingriff in den Kirchenraum wurde die schrittweise Änderung der gotischen Seitenkapellen im Hochchor zum barocken Kapellenkranz eingeleitet. Die unmittelbar an den Einbau der Oratorien anschließenden Kapellen erhielten

jeweils reichen Dekor aus vergoldetem Glanzstuck, der sich bei der dritten Kapelle noch über den Außenbogen hinzieht. Die erste Kapelle wurde für den Onkel Wolf Dietrichs, den heilig gesprochenen Bischof von Mailand, Carl Borromäus, eingerichtet,122 endgültig fertiggestellt wurde sie erst unter Markus Sittikus von Hohenems, der – ebenfalls ein Neffe des Heiligen – sein Steinbockwappen in den Stuck des Außenbogens setzte. Zur Bewältigung dieser umfassenden Baumaßnahmen erließ Wolf Dietrich eine „Instruction uber die Pawmaisterey de Anno“ (das Datum fehlt, es kann sich aber nur um die Jahre 1605 oder 1606 handeln), mit welcher er zur Unterstützung des hochfürstlichen Baukommissärs Egydius Riedl, Bauschreiber und Aufseher, heute würde man sie als „Bauleiter“ bezeichnen, für genau abgegrenzte Bereiche der erzbischöflichen Baustellen einsetzte:123 Peter Schalmoser für die Ziegelöfen, Steinbrüche und Steinmetzen in der Riedenburg, weiters für das lange Bauholz, das für die Hofgebäude geschlagen wurde; Georg Löscher aus Hallein für Steinbruch und Steinbrecher am Untersberg, für die Bestellungen aus den Brüchen zu Adnet, für die Steinmetzen sy seyen gleich teutsche oder welsche, für das Eisenzeug aus der Baumeisterei, überdies für die noch zu erledigenden Arbeiten an der neuen Dechantei (Neubau anstelle des abgebrochenen Keutschacherhofs im Kai) sowie am Neugebäude; Jakob Perger für Bauaufsicht und Verrechnung beim

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Abb. 16: Residenz, Sala terrena; ursprünglich nach beiden Seiten zu den Gärten offene, sechsjochige Halle, deren reich mit Groteskenmalerei bedecktes Gewölbe auf zwei schlanken Säulen ruht (Foto Hubert Auer)

jezigen Paw bey Hoff, und sovill den Pfargartten betrifft, außerdem Paul Prunner für den Bau im Frauengarten (Hofmarstall), für die allgemeine Zimmermeisterei und die Zimmererhütte, ebenso für den Steinbruch und die Steinmetze beim Marstall. Im allgemeinen Text der „Instruction“ wird ausdrükklich befohlen, dass keiner in den Bereich des anderen eingreife, dass jeder seine Materialbestellungen (rechtzeitig und nie zuviel) zu verantworten, detto die notwendigen Handwerker, Schmiede, Schlosser, Tischler, Glaser, Klampferer etc., dasselbe gilt für die Vorräte an Kalk und Sand sowie das Mischen des Mörtels selbst zu bestellen und zu verrechnen habe. Es endet mit der Ermahnung, dass ain Jeder bey seinem Paw, und bey seiner Verrichtung mit allen ernst hallten solle, damit sy Ihrer arbait treulich und embsig obligen, und nicht alß saumbselig sein, wie bißhero maistenthailß beschehen.124 Der Holzbedarf für die Bauten war enorm. Die Untertanen mussten wiederholt abwechselnd aus den angrenzenden Pfleggerichten die am Untersberg für die Hofgebäude gefällten Stück Stammholz per Robot auf den Anger in Maxglan bringen, wo sie zwischengelagert wurden. Die Details dazu waren mit dem hochfürstlichen Baukommissär Willibald Schneck auszuhandeln.125

Zum frühest möglichen Zeitpunkt – wahrscheinlich gegen Ende des Jahres 1606 – übersiedelte Wolf Dietrich aus dem Osttrakt des Residenzplatztraktes in die Beletage von Hofbogen und Dietrichsruh. Im Geschoss darunter wurde seine Gefährtin Salome Alt mit den gemeinsamen Kindern einquartiert.126 Die heute in der Stiegenhaushalle im 2. Stock über dem Doppelfenster zur Belichtung des Stiegenlaufes angebrachte Marmortafel mit lateinischem Inschriftsbezug auf Wolf Dietrichs überstandene Krankheit (1604) hat mit diesem Bau nichts zu tun, sie stammt aus Schloss Altenau (heute Schloss Mirabell).127 Die Dietrichsruh war gegen Westen, zur heutigen Sigmund-Haffner-Gasse, durch eine hohe, abgetreppte Schauwand abge-

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schlossen128, deren nördliche Hälfte samt einer mittig sitzenden Figurennische im Jahr 1787 abgebrochen wurde.129 An die mit Kolossalpilastern gegliederte Abtreppung schloss im Mitteltrakt gegen Osten das über drei Geschosse reichende Vogelhaus und daran eine monumentale, offene Rundnische mit einem großen, oval geschwungenen Wasserbecken an. Als „Gelenk“ zwischen den beiden neuen Höfen folgte weiter gegen Osten die beidseits in hohen Mauerbögen offene Sala terrena, eine zweigeschossige, sechsjochige Halle mit einem auf zwei schlanken Marmorsäulen ruhenden, mit reicher Groteskenmalerei und Wappen Wolf Dietrichs geschmücktem Gewölbe130 (Abb. 16). Darüber lag mit gleicher Größe der Kaisersaal, bis zur Fertigstellung des Karabinierisaales der geräumigste Saal in der Residenz. Die in München liegende „Anonyme Chronik“ liefert eine Beschreibung dieser Maßnahmen: [...] hat er wieder im Pfarrgärtl einen schönen Bau gethan, der gar hin hinder in die Kirchgassen und herfur auf den Salzmarckt am Hof, darein ist Kunst und Maisterschafft von Tuff und anderen schwarz-weiß allerlei eingelegten Steinen das allerschönst Prunnwerk sambt einen schönen großen Voglhaus und allerlei Form, schöne weiße steinerne Bilder und andere zierliche Gebeu mit schönen marbelsteinen Säulen und sonderlich bei dem Prunnwerk da ist es schön mit glatten Marbelstain [...], da hat es von allen Figuren gemalne Zimmer, nachdem gehet man durch einen schönen ausgemalnen Gang herumb gegen den Saal zu der Pfarrkirchen [...], gehet man über 2 Stiegen wieder herab, da hats neben der Kirchen ein schön fürstlich Bad [...]131 – wahrlich eine exzellente Ausstattung. Der östliche Flügel der Dietrichsruh besaß im Erdgeschoss drei Nischen, wovon die beiden seitlichen am Ende des 19. Jahrhunderts vermauert wurden. Die mittlere als die größte mit ihrer marmornen Portalarchitektur und dem Wappen Wolf Dietrichs im Sprenggiebel reicht über zwei Geschosse132 (Abb. 17). Die sehr geringe Tiefe dieses Traktes ging zur Erbauungszeit bis an die Käsgasse, nur knapp hinter die Rückwand der Mittelnische (siehe Abb. 13). In diesem schmalen Baukörper konnten in der Südecke des Hofes im zweiten Obergeschoss durch die Abnahme einer mit Maß-

werkformen bemalten, hölzernen Zwischendecke in der im 19. Jahrhundert hier eingerichteten Schwarzenbergkapelle133 originale Deckenteile aus der Zeit Wolf Dietrichs aufgefunden werden. In der vergoldeten Holzdecke des kleineren Teiles im unmittelbaren Anschluss an das „Leibzimmer“ Wolf Dietrichs (siehe Nr. 5 in Abb. 20) schweben in ovalem Rahmen drei Engel vor einem blauen Himmel. Unmittelbar anschließend, nur durch reich profilierte Holzrahmen getrennt, folgt etwa die Hälfte der Darstellung einer von Orangenbäumen überwucherten Pergola, deren leeres Mittelfeld abermals den Blick auf einen fliegenden Engel freigibt (Abb. 18). Die große stilistische Nähe dieses Fragments zur Pergolamalerei in der „Loggia dipinta“ im Palast seines Kardinal-Onkels in Rom (Abb. 19) lässt die Vermutung zu, dass sich Wolf Dietrich nach diesem Vorbild eine ähnlich gestaltete Loggia in seinem neuen Palast in Salzburg wünschte.134 Die Ergänzung des Pergolafeldes auf seine ursprüngliche Länge mit Einbeziehung eines zweiten Endfeldes am nördlichen Ende ergab, dass sich fünf dieser Pergolafelder in die Länge des Osttraktes zu einer durchgehenden Loggia einfügen lassen (Nr. 12 in Abb. 20). Die Lage dieser zum Garten hin offenen Loggia besticht deshalb, weil sie das Leibzimmer Wolf Dietrichs unmittelbar mit dem Kaisersaal verband (siehe Abb. 20). Die offenen Loggia dürfte sich im Klima Salzburgs nicht allzu lange gehalten haben, denn auf der Stadtansicht um 1656135 sind deren Öffnungen bereits auf drei sehr große rundbogige Fenster mit Verglasung reduziert, die im 19. Jahrhundert durch eine „normale“ Fensterreihe ersetzt wurden. Der nördliche Hof beherbergte im zweiten Obergeschoss die Galerien und Kunstsammlungen, wovon im Osttrakt gegen den Alten Markt in den Jahren um 1990 die bedeutenden Reste der Wandmalerei der Landkartengalerie Wolf Dietrichs in mehrjähriger Restauratorenarbeit freigelegt und konserviert werden konnten.136 Im Nord- und Westtrakt waren die reichen Bestände vor allem an Gemälden untergebracht. Die beiden unteren Geschosse aller vier Hoffassaden waren charakterisiert durch zweigeschossige Bogenstellungen, wovon die Nordseite als Blickpunkt vis à vis der Sala ter-

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Abb. 17: Residenz, „Dietrichsruh“, Ostfassade. Im EG mittig die Herkulesnische, die beiden seitlichen Grotten wurden um 1800 zugemauert. Im 2. OG die ehemals offene Loggia Wolf Dietrichs, ganz rechts hinter den geschlossenen Fensterjalousien liegt der Raum der so genannten „Schwarzenbergkapelle“ mit den oberhalb einer Zwischendecke aufgefundenen Teilen der Plafond-Gestaltung der Loggia (Foto Residenzgalerie Salzburg, Roswitha Juffinger, Bearbeitung Hubert Auer)

rena mit schlanken Rotmarmorsäulen vor einer Reihe von fünf Grotten aufwändiger gestaltet war als die beiden Längsseiten. Unterhalb der Landkartengalerie befand sich eine offene Wandelhalle mit Bogenöffnungen auf Mauerpfeilern, wo Skulpturen zur Schau gestellt waren, die Gegenseite wies die idente Bogenform auf, hier allerdings vermauert als geschlossene Trennwand zu den drei dahinterliegenden, so genannten Hofhäusern, wo bis zum Abbruch 1787 höhere Hofbeamte wie Hofkanzler, Hofchirurg etc. wohnten. In den beiden südlichen Ecken dieses Hofs wurde jeweils eine Wendeltreppe angebaut, über die ein unmittelbarer Zugang von der Beletage in die Gärten und die vielfach für Feste verwendete Sala terrena führte.137 Eine erhaltene, allerdings erst im Jahr 1612 zusammengestellte Rechnung des Hoftischlermeisters Simon Claner über jahrelange Arbeit bei Hof 138 hilft uns, den von Wolf Dietrich ab 1606 genutzten Bereich erstmals genauer abzugrenzen (Abb. Plan 20). Wir erfahren aufgrund der teilweise angegebenen Raummaße, welche der genannten Räume mit verdiefften Pöden (Kassettendecken), mit allerley Rundung, also runden Deckenfeldern, oder auch in der miete ein Rundell mit einen eingefasten Tuech, wohl mit eingespannter und bemalter (?) Leinwand, ausgestattet waren. Zum besonderen Glück sind erstmals die Wohnräume Wolf Dietrichs zu identifi-

zieren. Die detailiertesten Angaben betreffen die Neue Ritterstube (die spätere Kaiserstube, heute Kaisersaal; Nr. 1 Abb. 20), für die Claner eine Kassettendecke, das Versetzen von elf großen und kleinen Tüchern (wahrscheinlich bemalt) in die vertieften Felder der Decke und zusätzlich die Herstellung einer 10 Schuh hohen Prusttafer (Wandtäfelung) in Rechnung stellt. Die gleichzeitigen Nachrichten über Aktivitäten im Geviert des alten Hofs beschränken sich im Wesentlichen auf Demolierungen. So wird aus 1607 berichtet, dass der Abbruch der alten Türnitz, so Erzbischof Michael gebaut hat, der Mundkuchel und was auf der seiten ist gestanden die ganze khäßgassen herab erfolgte.139 Stainhauser ergänzt dazu: Er hat auch die Käsgassen, durch die man gehen, reiten und fahren konnte, vom Markt herauf auf den Frauenhof, gehn St. Peter lassen vermauern und zum Hof hin zue genommen und verpaut.140 Ein Beispiel mag aufzeigen, wie mühsam es heute ist, aus den Chroniken den Ablauf von Abbruch und Neubau in zeitlicher Reihenfolge zu rekonstruieren: Die „Salzburgische Cronica“ von 1612141 berichtet aus dem Jahr 1596 (Johann Stainhauser142 schreibt wahrscheinlich richtiger 1597), dass man begonnen hat, das Rinderholz abzubrechen und fährt unmittelbar fort, [...] und hat solchen abgebroch-

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WALTER SCHLEGEL Abb. 18: Residenz, 2. OG, Raum der ehemaligen Schwarzenbergkapelle, Rest der Deckengestaltung der offenen Loggia Wolf Dietrichs in Form einer begrünten Pergola nach dem Vorbild der „Loggia dipinta“ im Palazzo Altemps in Rom (Foto Stephan Bstieler)

nen Hoff umb .50. Schritt [in anderen Texten richtig: 50 Schuh] hineingesetzt, also das der Hoff vill khleiner und enger worden, womit die nachweislich erst 1610 begonnene Hofverkleinerung viel zu früh angesetzt wird. Dieses Dilemma konnte zwar durch Bauuntersuchungen und -beobachtungen während mehrerer Umbau- und Adaptierungsphasen, vor allem in den Jahren 1995 bis 1997 verringert werden, doch bleiben zahlreiche Unklarheiten weiterhin bestehen. Weitgehend klar dagegen ist das Ausmaß der Abbrüche Wolf Dietrichs durch die Feststellung der im heutigen Bau noch vorhandenen Mauerzüge vor seiner Regierungszeit.143 Im Südtrakt entspricht die Breite des Karabinierisaales der spätmittelalterlichen Substanz. In der Trennwand zwischen Saal und Haupttreppe, der ursprünglichen Hoffassade des großen Kastengebäudes, konnten im Zuge von Putzausbesserungen, Leitungsverlegungen etc. mehrfach historische Maueröffnungen oder zumindest deren Reste (Abb. 21) bis in eine Höhe ungefähr 1,5 m über Fußbodenniveau des Saales lokalisiert werden. Dazu zählt z. B. ein 1996 freigelegtes, segmentbogig profiliertes Portal im Erdgeschoss

(heute Archäologisches Institut der Universität), welches aus dem Gangbereich in das um rund 70 cm tiefer sitzende, mittelalterliche Niveau des Erdgeschosses hinunterführt. Mit diesem tiefer sitzenden Geschoss ergab sich für die darüber angeordnete Silberkammer mit den beiden gewölbetragenden, rustizierten Pfeilern eine imponierende Raumhöhe. Im westlichen Teil der Platzfassade steckt bis in etwa die gleiche Höhe wie im Hof ebenfalls die mittelalterliche Mauer, wobei die Raureifaufnahme (siehe Abb. 8) zwischen den quadratischen Speicherfenstern (hervorgehoben in Abb. 9) die Lage jener Fenster erahnen lässt, die Bestand hatten, bevor Herzog Ernst von Bayern um 1550 mehr Schüttböden als bisher im Speicher einbaute.144 Die westliche Wand des Durchgangs zum Domplatz wurde erst unter Wolf Dietrich eingefügt (Baufuge), der alte Durchgang war sicher schmäler. Die Ostwand dieses Durchgangs zeigt auf der Innenseite romanischen Fugenstrich bis über das zugemauerte Fenster zum Durchgang im ersten Obergeschoss hinauf (Abb. 22). Dieser östliche Bereich des Südflügels wurde mehrfach geändert durch die Anhebung des mittelalterlichen Erdgeschossniveaus und den Einbau von Küchen in Erd- und Obergeschoss samt Einwölbung. Diesem älteren Bestand wurde der große Festsaal, der Karabinierisaal, aufgesetzt, der unter Wolf Dietrich nur die Raumhöhe der angrenzenden Prunkräume — immerhin etwa 6 m — aufwies145 und nahezu über die gesamte Länge des Südtraktes reicht. Auf diese geringere Raumhöhe gehen die bei-

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Abb. 19: Rom, Palazzo Altemps, die bemalte Loggia im Palast des Kardinals Markus Sittikus von Hohenems, des Onkels Wolf Dietrichs (Foto Residenzgalerie Salzburg)

den Marmorportale an den Längsseiten des Saales zurück, die erst nach der Erhöhung des Raumes und der 1689 nachfolgenden Raumausstattung durch einen Stuckmarmoraufsatz in die heutige Form gebracht wurden. Das östliche Ende des Hofdurchgangs ist zugleich die Ecke des mittelalterlichen Hoftorturms (siehe Abb. 10), dessen Kante sich im Putz der Hoffassade im 3. Obergeschoss deutlich abzeichnet. Die Trennwand zwischen dem Vorraum des Karabinierisaal und den jetzigen Garderoben im 2. Obergeschoss war vor dem Anbau der Hauptstiege die freistehende Turmwand. Im Bischofsaal des 3. Stocks, heute Eingangsfoyer der Residenzgalerie, konnte die Turmkante mit einer großflächigen, vorgeritzten Eckquaderung nachgewiesen werden (Abb. 23).146 Der südöstliche Eckbereich gegen den Dom beinhaltet wiederverwendetes Baumaterial aus Abbruchschutt und verschwenktem Wiederaufbau zugunsten der Einfügung der nördlichen Dombögen unter Erzbischof Guidobald von Thun um 1660.147 Die alte Palastecke ist nur in ihren Fundamenten im Domgrabungsmuseum erhalten. Im Osttrakt gegen Norden bis zur heutigen Hofeinfahrt steckt im Erdgeschoss, zum Teil bis zum Ansatz der Gewölbe, wieder romanisches Mauerwerk mit dem dafür typischen Fugenstrich. Ein ziemlich beschädigtes

Fenstergewände aus Sandstein in der Innenwand des heutigen mittleren Bibliotheksraumes in Richtung Westen (Abb. 24) könnte ein Beleg dafür sein, dass diese Ecke zwischen der gewölbten, ursprünglich bis an die Einfahrt durchgehenden Halle und dem Hoftorturm nicht bebaut war. Von dieser Halle aus war die Hofkapelle zum hl. Johannes dem Täufer zugänglich, wahrscheinlich durch ein monumental gestaltetes Portal. Es ist anzunehmen, dass für den Erzbischof im ersten Obergeschoss eine Empore vorhanden war. Für die im Scheitel des unter der Halle liegenden saalartigen Kellergewölbes aufgefundenen (wieder verschlossenen) drei

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Abb. 20: Residenz, Gesamtplan (Grundplan 2. OG, 1787 von Wolfgang Hagenauer) mit Eintragung der durch die Rechnung des Hoftischlermeisters Simon Claner von 1612 identifizierbaren, von Wolf Dietrich genutzten Räume 1–11 (Bearbeitung Ulrich Ghezzi) Legende: 1 „Neue Ritterstube“ mit Prusttafer und 11 großen und kleinen eingefasten Tüechern (bemalte Leinwandflächen?) 2 „Kleines Vorzimmer“ neben der Treppe (später so genannte „Kaiserstiege“) 3 Kleines Gangl von der Ritterstube, als man in die Kürchen geht – der Übergang vom Hofbogentrakt in den Bereich „Dietrichsruh“ und Franziskanerkirche 4 Wart Zimmer – der Vorraum zu den „Leibzimmern“ des Fürsten 5 In der hf. Gn. Leib Zimmer, mit allerley Rundungen in der Kassettendecke 6 der hf. Gn. Khamer, ebenfalls mit „Rundungen“ 7 neben obbemeltem Zimer – der anschließende Raum gegen den Stiegenhaussaal 8 dann in einem Clainen Zimerls darneben – der kleine Raum hinter dem vorigen mit einer Tür auf den Kapellenkranz in der Kirche 9 dann in die Pfarr, zwey Beetstübl – die beiden kleinen Oratorien übereinander, hinter der „Palastfassade“ in der Kirche. Der Raum im 1. OG besitzt noch die orig.

Kassettendecke, im 2. OG wurde nach Abtrennung einer kleinen Heizkammer (hier noch der Rest der Holzdecke mit eingefaster, völlig geschwärzter Leinwand(?) erhalten) die Betstube unter EB Markus Sittikus mit Wandmalerei und einer prunkvollen Stuckdecke mit eingelassenen Bildern ausgestattet 10 einen verdiefften Poden, gegen den Alltar in der Pfarr: nach den angegebenen Maßen kann es nur der kleine Vorraum zwischen „Wolf-Dietrich-“ und „Totenoratorium“ über dem nördl. Seitenschiff der Franziskanerkirche sein, wo nahe dem Eingangsportal der Altar stand 11 Auf dem undern Poden, bey der Stiegen ist ein Saal – die Stiegenhaushalle im 1. OG 12 Loggia Wolf Dietrichs zwischen dem erzbischöflichen Leib Zimer und 13 Kaisersaal 14 Landkartengalerie (die letzten drei Räume ohne Nennung bei Simon Claner)

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Abb. 21: Residenz, Südtrakt am Domplatz, 1. OG. 1996 bauseits freigelegter Rest des Außengewändes eines mittelalterlichen Fensters in der ehemaligen Hoffassade, heute Trennwand zwischen Haupttreppe und Silberkammer/Karabinierisaal Abb. 22: Residenz, Südtrakt: Ein Beispiel für die bis in das 1. OG zahlreich festgestellten Mauerpartien mit romanischem Fugenstrich (Fotos Walter Schlegel, Bearbeitung Hubert Auer) Abb. 23: Residenz, 3. OG., Bischofsaal (Foyer Residenzgalerie). Freigelegte nordwestliche Turmkante mit großflächiger Eckquaderung nach Vorritzung (Foto Bundesdenkmalamt, Bearbeitung Hubert Auer)

Entlüftungsöffnungen mit schwerem Eisengitter konnte bisher keine sinnvolle Erklärung oder zeitliche Zuordnung gefunden werden, da aufsteigender Kellergeruch im unmittelbaren Eingangsbereich zur Hofkapelle nicht gut vorstellbar ist. Die Hofeinfahrt in ihrer heutigen Breite existierte vor Wolf Dietrich nicht, nur ein kleinerer Ausgang führte zu einer Pforte durch die Ringmauer auf den Aschhof. Alt ist die südliche Begrenzungsmauer der Einfahrt in der Breite der angrenzenden Keller- und Erdgeschosshalle. Erst unter Wolf Dietrich wurde der Osttrakt hofseitig um etwa 5 m, die Länge der heutigen Portierloge, verbreitert.148 Wo genau die „neue“ Türnitz des Matthäus Lang mit dem darunterliegenden Gesindekeller gegen Norden anschloss, muss mangels Befundes149 offen bleiben. Als vorläufige These wird versucht, eine Klärung des Baubestandes im großen nördlichen Keller die-

ses Traktes, heute der Raum mit der Sammlung der Gipsabgüsse des Archäologischen Institutes, herbeizuführen:150 Die vermutlich auf die Planung

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Abb. 24: Residenz, EG südlicher Teil des Osttrakts. Beschädigtes mittelalterliches Fenstergwände aus Sandstein aus dem „Saal vor der Kapelle“ gegen Westen (Fotos Walter Schlegel, Bearbeitung Hubert Auer)

Abb. 25: Residenz, EG Nordosttrakt. Basis des EG-Pfeilers, der auf dem teilummantelten rustizierten Pfeiler des Kellergewölbes aufsitzt, mit dem Bogenansatz des ursprünglich eineinhalb Geschosse hohen Kellergewölbes

Scamozzis zurückgehende Verlängerung des Osttraktes um etwa zwei Fensterachsen als Entsprechung zur Gebäudeecke des Neubaues gegenüber und damit die Verbauung der bisher rückspringenden Ecke am Aschhof (siehe Abb. 13) erfolgte frühestens 1604, nach Scamozzis Aufenthalt in Salzburg. Noch vor dieser Verlängerung ließ Wolf Dietrich in dem Keller unter der Türnitz ein Gewölbe auf zwei schlanken rustizierten Pfeilern mit kreuzförmiger Grundfläche einfügen. Diese Pfeiler reichten laut Bauuntersuchung bis knapp unter das heutige Fußbodenniveau des Erdgeschos-

ses und trugen eine im Bogenansatz nachgewiesene halbkreisförmige Wölbung (Abb. 25; siehe auch Abb. 20 im Beitrag von Wilfried Kovacsovics), deren Scheitelhöhe etwa 1,30 Meter über dem derzeitigen Erdgeschossfußboden lag. Der Keller war demnach zirka eineinhalb Geschosse hoch. Im Zuge der Traktverlängerung und der gleichzeitig angestrebten Niveaugleichheit der Geschosse wurde dieses höher sitzende Gewölbe und zugleich damit der darüberliegende, von Matthäus Lang erbaute Saal der Türnitz, demoliert. Dabei dürften auch die seit Erzbischof Michael von Kuenburg

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Abb. 26: Residenz, Keller im Nordosttrakt, heute Sammlung der Abgüsse klassischer Skulpturen des Archäologischen Instituts der Universität Salzburg. Rustizierter Pfeiler in Kreuzform mit doppelt abgesetzter Basis als Kern des nachträglich verstärkten Stützelements samt Gurtbögen zur Ablastung der darauf ruhenden Wand bis in Höhe des 3. OG (Foto Hubert Auer)

unmittelbar darüber bestehenden und von Wolf Dietrich bis zu seiner Übersiedlung in den Hofbogen benützten Wohnräume zum Aschhof zerstört worden sein. An ihrer Stelle schuf Wolf Dietrich die Zimmerflucht der fürstlichen Repräsentationsräume, die heutigen Prunkräume. Die Ablastung der neuen Trennwände in der Beletage, die Einwölbung des Erdgeschosses zusammen mit der Traktverlängerung und dem Einbau der breiten Treppe veränderten die Substanz des Kellers weitgehend. Der südliche Pfeiler wurde mit dem Bau der Kellertreppe zu einem massiven Block über quadratischem Grundriss vollkommen ummantelt, der zweite, nördliche Pfeiler wurde dagegen um die rustizierte Kreuzform lediglich durch verklammerte Konglomeratvorlagen verstärkt (Abb. 27). Hier ruht auf zusätzlichen Gurtbögen eine bis in das dritte Obergeschoss durchgehende Wand auf. Der weiter nördlich ebenfalls freistehende Pfeiler sowie der Wandpfeiler an der nördlichen Außenwand – beide Elemente im Bereich der an den Längswänden ablesbaren Traktverlängerung – wurden dem mit Vorlagen verstärkten Pfeiler hinsichtlich ihres kreuzförmigen Grundrisses angeglichen. Sogar der doppelt abgesetzte Fundamentblock wurde in den Kreuzecken nachempfunden (Abb. 28).

Wolf Dietrich hat auf den Osttrakt nachweislich das 3. Obergeschoss (heute Residenzgalerie) aufsetzen lassen, wie die im ehemaligen Bischofsaal (Eingangsfoyer der Galerie) oberhalb eines Marmorportales freigelegte Wandmalerei — sein Wappen – belegt (Abb. 29). Damit wird auch klar, dass Wolf Dietrich diesen Trakt baulich inklusive Dach vollendet hat, denn niemand würde eine Wandmalerei auf die Mauer eines noch nicht überdachten Rohbaues setzen. Es ist leider nicht überliefert, welche Funktion diesem Geschoss ursprünglich zugedacht war. Auch wie weit Wolf Dietrich die fürstlichen Räume in der Beletage vollenden konnte, ist nicht geklärt. Sicher scheint

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WALTER SCHLEGEL Abb. 28: Residenz, Keller im Nordosttrakt. Im Vordergrund der formal dem Bestand nachempfundene – samt abgesetztem Sockel in den einspringenden Ecken – Pfeiler der Traktverländerung Wolf Dietrichs (Foto Hubert Auer)

die Art der Ausstattung der Säle mit Kassettendecken, denn für Simon Claner sollten im März 1611 bestellte 700 Lerchene Lädn zur Hofarbeith geliefert werden.151 Es ist denkbar, dass diese Arbeiten nach dem Sturz Wolf Dietrichs im Oktober 1611 von seinem Nachfolger weitergeführt wurden.152 Entscheidend für das künftige Aussehen des Palastes war die neue Positionierung eines Hauptportales zum großen Hofplatz (Residenzplatz), die aufgrund der an die Haupteinfahrt angrenzenden Räume sicher mit den Umbauten Wolf Dietrichs in Verbindung zu bringen ist. Das unter Erzbischof Franz Anton von Harrach in Zusammenhang mit der Neufassadierung des Haupttrak-

tes nach Plänen von Johann Lukas von Hildebrandt 1711 mit neuem, figuralem Aufsatz in die heutige Form gebrachte Portal sitzt annähernd mittig in der Fassade zwischen Dombögen und nördlicher Gebäudekante. Wolf Dietrich muss geradezu hellseherische Fähigkeiten besessen haben, um diesen Ort zu wählen, standen doch damals noch keine Dombögen, dafür aber noch – dem neuen Portal wesentlich näher – der Baukörper der ehemaligen Hofkapelle. Vom heutigen Nordtrakt ist Wolf Dietrich nur die Hoffassade mit den hohen Sockeln und der Pilastergliederung analog zur Westfassade des Hofs als Rest einer ausgedehnten Erweiterung der Residenz in Richtung Marktplatz zuzuschreiben. Zumindest war sie so weit gediehen, dass sich sein Nachfolger an diese Vorgaben hielt: Am Markt, wo das Rinderholz ist gewesen, auch ein schönes Gebeu aufgeführt. 1610 den 3. April hat Wolf Dietrich ein Gebeu abgemessen im Hof, da zuvor die [alte] Türnitz ist gewesen bei dem Ziehprunn und herumb wo man zuvor in die Mundtkuchl ist gangen und den 19. dto. angefangen zu pauen ein Capeln und darinnen sein Begrebnus in willens zu pauen, dieweil das Grab bei St. Sebastian wässerig ist, in Capellen daz in Freydhof ist.153 Wie breit der geplante Zwischentrakt zu einem zusätzlichen Hof mit trockenerem Mausoleum gegen den Marktplatz projektiert war, kann nur eine archäolo-

VOM BISCHOFSHOF Abb. 29: Residenz, 3. OG, Bischofsaal (Foyer Residenzgalerie). Marmorportal, darüber Wappen Wolf Dietrichs an der Trennwand zur Dachgeschoss-Rampe (Foto Residenzgalerie Salzburg, Oskar Anrather)

gische Untersuchung des Areals des heutigen Gartenkiosks des Cafe Tomaselli klären. Stainhauser ergänzt dazu: Solch unformblich und unnothwendiges Gepeu läßt jeztmals sein Successor Marx Sittig ganz und gar hinweckbrechen [...]. Das Abbruchmaterial des bis in Höhe der bereits erkennbaren Fensteraufteilung gediehenen Baues154 wurde für den soeben begonnenen Domneubau verwendet, der Marktplatz an dieser Stelle gepflastert.155 Markus Sittikus vollendete zur Fassade Wolf Dietrichs einen relativ schmalen Nordflügel mit einer Galerie im zweiten Obergeschoss, die spätere Schöne Galerie, sowie 1614 die anschließende Fassade an der Außenseite des Traktes mit der Landkartengalerie, wo er an der Ecke zum Markt sein Wappen anbringen ließ. Die Vollendungsmaßnahmen von Markus Sittikus im Nordtrakt hängen eng mit dem Ausbau des Westflügels und der Verbauung der Käsgasse zusammen. Von Wolf Dietrich stammt jedenfalls die offene, über zwei Geschosse reichende Bogenhalle im Haupthof, die aber noch während seiner Regierung um ein Bogenelement verkürzt wurde

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(siehe oben). Wir sind wegen des darüberliegenden so genannten Markus Sittikus Saales auf die Vermutung angewiesen, dass Markus Sittikus den vorhandenen (?) Saal fertigstellte und stuckieren ließ.156 Da sich sämtliche Chronisten mehr mit Abbrüchen als mit Aufbaumaßnahmen beschäftigten, ist derzeit nicht klar, wem die Bausubstanz des Saales mit der dahinter anschließenden Überbauung der Käsgasse zuzuordnen ist. Eine konsequente Befundung konnte nicht durchgeführt werden, da sie allzu große Schäden an der stuckierten Raumhaut verursacht hätte. Etwa 1610, gleichzeitig mit dem Baubeginn gegen den Marktplatz hin, ließ Wolf Dietrich ergänzende Bauteile errichten, die vor allem die Erreichbarkeit gewisser Räume verbessern und erleichtern sollte. So wurde der schmale Palastflügel am Chorhaupt der Franziskanerkirche erbaut, um im 2. Stock einen Zugang zu Kirche und Oratorien zu gewährleisten, ohne die erzbischöflichen Leibzimmer betreten zu müssen. Die nach den Motiven der darin hängenden Bilder als „Sintflutgang“ bezeichnete Halle verbindet in der Achse der Kirche die Beletage mit dem Umgang über dem Kapellenkranz. Am südlichen Ende führt eine Wendeltreppe in den Hof. Die Fassade in der ehemaligen Käsgasse sitzt bündig auf der Außenwand der etwa doppelt so tiefen mittleren Kapelle der Kirche (ehemals „Käserkapelle“) auf. Durch den Anbau dieses „Chortraktes“ wurden die östlichen Fenster des Hallenchores um mehr als die Hälfte ihrer Höhe zugemauert. An der heutigen Sigmund-Haffner-Gasse wurde der bis dahin freistehende, abgetreppte Hofabschluss der Dietrichsruh durch einen parallel mit der Gasse verlaufenden, schmalen Baukörper verhüllt, womit im unmittelbaren Anschluss an die Kirche hinter hohen Scheinbögen ein kleiner Wirtschaftshof, der später so genannte Polierhof entstand. In den Räumen im 2. Obergeschoss konnte Wandmalerei freigelegt werden, die nahelegt, dass auch dieser Bereich zur erzbischöflichen Wohnung (mit Salome Alt?) zählte. Hinter dem letzten Rücksprung der „steinernen Verlegenheit“ wurde wieder ein Treppenhaus eingefügt.

An der Südfassade des Haupthofs entstand eine monumentale zweiläufige Treppe, durch die neben der Erschließung des 3. Obergeschosses der Weg zu den neuen Repräsentationsräumen würdig und kürzer gestaltet werden konnte (siehe Abb. 20). Betretbar war die neue Stiege vom Domgang aus, erst Markus Sittikus hat den Antritt in die Bogenhalle des Westflügels verlegt.157 Der Sturz des Erzbischofs in der kriegerischen Auseinandersetzung mit Herzog Maximilian von Bayern im Jahr 1611 und schließlich seine Resignation 1612 beendeten neben all seinen Träumen auch seine Ideen bezüglich der baulichen Um- und Neugestaltung des Zentrums von Salzburg. Neugebäude und Hofmarstall waren fertiggestellt, der wesentlich vergrößerte Bau der Residenz war weitgehend vollendet, der kaum begonnene Teil gegen den Marktplatz wurde ebenso wie die Fundamente für den noch 1611 eingeleiteten Domneubau mit Nord-Süd gerichteter Achse von seinem Nachfolger Markus Sittikus demoliert und erst nach einer völligen Neuplanung ausgeführt. Über den Stand der baulichen und künstlerischen Innenausstattung der Residenz können wir nur Vermutungen anstellen. Markus Sittikus benötigte immerhin noch drei Jahre, um den neuen Palastbau Wolf Dietrichs innen und aussen völlig fertigzustellen.158 Eine „Kurzfassung“ dieses Beitrags ist bereits seit 1615 in der anonymen Chronik im Stift Nonnberg erschienen: Er [Wolf Dietrich] hub auch an, den schönen fürstlichen Hof abzubrechen. Auf den Fraunhoff hat es etliche schöne Zimber und einen Traidtkasten sambt einer Stallung, dahin baut er einen Sall, auch auf den Frauhoff über den Platz gegen S. Petter ein Haus, darunter 3-schwibig Durchgäng. Auf den Marckht hat es ein schöns hochs Haus wol mit Zimber und einen Sall sambt einen Trompetergang, darauf man bey Bischoff Johann Jacob alle Tag aufbliess. Diess lyess er alles weckhprechen, es hat auch ein ebene Gassen von Marckht gerat auf zur Pfar, welche man dye Käsgassen nennet. Dise verpaut er alle zum Hoff inwentig mit schönen lustigen Prunwerckh, aber er baut vül am Marckht herauss und bauet doch den Hoff nit gar aus.159

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Anmerkungen 1 Aus dem Geschlecht der Grafen von Abenberg–Frensdorf in Franken, vgl. Dopsch/Machilek (2006), S. 9–50. 2 SUB I (1910), S. 325, Nr. 155 vom 13. Jan. 1110; ausführlich dazu Dopsch (1981), S. 255 f.; Hahnl (1983), S. 844–846; Wiedl (1998), S. 63–82. 3 Nach dem Exil Erben (1910), S. 71 f.: „gegen 1130“; Martin (1914), S. 1: „Bau mag erst nach der Verbannung erfolgt sein“; Dopsch (1981), S. 256: „nach 1121“; Hahnl (1983), S. 845, u. Wiedl (1998), S. 76: „1124“; Bayr (2006), S. 51: „nach 1121“. 4 Datierung vor oder um 1110: Hübner (1792), S. 151: „[...] schenkte Erzbischof Konrad den Mönchen den erzbischöflichen Hof, weil er eine neue Wohnung an der Domkirche zu erbauen anfing“; Zauner (1796), S. 125: „Sobald dieser neue Residenzbau vollendet war, trat er im Jahre 1110 den alten erzbischöflichen Hof sammt den umliegenden, mit einer Mauer umgebenen Gebäuden [...] auf immer ab“; Pagitz (1968), S. 128: „um 1110 Verlegung der erzbischöflichen Residenz aus dem Bereich des Klosters St. Peter“; Zaisberger (1993), S. 45: „Als Folge der Trennung der Güter des Klosters von denen des Erzbischofs muss dieser einen eigenen Bischofsitz zur Verfügung gehabt haben“. 5 Pagitz (1968), S. 127–130, hat ausführlich dargelegt, wie das Patrozinium des hl. Johannes des Täufers von der ursprünglich zum Dom gehörenden Taufkapelle auf dem Frauenhof (Domplatz) auf die neue Hofkapelle übertragen wurde. Leider wird immer wieder falsch Johannes der Evangelist als Patrozinium der Hofkapelle zitiert, so zuletzt in Bayr (2006), S. 90, aufgrund einer irrigen Auskunft von Wilfried Schaber. 6 Dem Grabungsteam Peter Höglinger (Bundesdenkmalamt) und Frau Ulli Hampel ist für die freundliche Überlassung der Grabungsfotos und -pläne sowie für wertvolle Anregungen herzlichst zu danken. Dazu: Schlegel (2009b), S. 56–59, (aufgrund neuerer Forschungsergebnisse inzwischen teilweise überholt). 7 Bayr (2006) konnte die Ergebnisse der Grabung 2007 noch nicht kennen; er setzt den Eingangsbereich zur Kapelle bündig mit der Innenhoffassade; die Hofkapelle hätte demnach den Trakt vollkommen durchdrungen. 8 Dopsch (1981) I/1, S. 286 f. 9 MG Necr. II. p. 121 f. 10 Klaar (1939), S. 48. 11 SUB IV (1918), Nr. 201 vom 14. Jan. 1298, u. Martin (1931) Nr. 362. Eine Kopie der Stiftungsurkunde wird 1558 laut „Verzeichnis der Inventarij Stifft, und Zehent Register, auch brifflicher Urkhunden, sambt anderen alten Copeien und Notln, zue der Fürstlichen Saltzburgischen Hofcapeln, Sanct Johannes Baptiste gehörig“, neben anderen Urkunden in der Hofkapelle aufbewahrt: „Indulgentiae a Cunrado Archiepo Salisburgen: Conceßae Capellae S. Joannis Baptistae in Curia ibide, Anno MCCLXXXXVIII quinto in July“ (SLA, Hofkammer, Causa Domini 1558–1567, Lit. A). 12 Im Jahr 1179 übertrug der Papst Erzbischof Konrad III. von Wittelsbach auf Lebenszeit die Legation über das gesamte deutschsprachige Gebiet; die Würde des „Legatus natus“ verblieb in der Folge beim Salzburger Metropolitansitz.

13 SLA, Hofbaumeisterei Alte Bauakte A/II Nr. 3, ReversCopia: Wir Ortolf von Gottes Gnaden Ertzbischoff zu Salzburg verjahen offenbar diesen Brief, daß Wir [...] einen Brunn in Rohren durch das Lueg, da die Alm durchgehet, her von Weingarten, in unsern Hof geführet haben [...], und sollen gleichen Burd an der Bergbesserung mit ihnen tragen [...]. 14 BHStA, AUR 1389 I 04 (Salzburg/Domkapitel) vom 4. Jan. 1389: Bau und Dotierung der „Pilgrimskapelle“. Der Treppenturm wurde erstmals identifiziert von Klein (1956), S. 212. Archäologischer Nachweis bei Kovacsovic/Moosleitner (1987), Abb. 19, S. 28, u. Abb. 20 Plandetail 5, S. 31, sowie im Gesamtplan der Domgrabungen, Umschlag-Rückseite innen. Dazu: Schlegel (2008), S. 218. 15 Hübner (1792), S. 152 f., u. Zauner (1798), S. 131; vgl. Anm. 2: Dopsch (1981) I/1, S. 535, u. Hahnl (1983), I/2, S. 859. 16 Chronicon Salisburgense (ed. Duellius 146), zit. nach Bayr (2006), S. 90: Ipse etiam Burchardus aedificavit et renovavit domum in curia versus forum nomine Rinderholtz propter Valthasarem de Weispriach fratrem ipsius et uxorem eius, qui ibidem habitavit cum virginibus suis et aliis amicis. 17 Die Chroniken bieten lediglich eine Aufzählung seiner Bauführungen ohne Datumsangaben, womit eine zeitliche Reihung kaum möglich ist. Eingehend mit der Person des Kardinals beschäftigten sich (Auswahl): Bayr (1990), Sallaberger (1997), Bayr (2006); Riegel (2009). 18 Trdan (1914), S. 135–166. 19 Reitgärtler (1546), fol. 279, weitere Baumaßnahmen z. B.: auf der Festung die Zisterne, darzue er ainen Welschen Maister vonn Venedig gehabt, auch die Anlage des Weingartens vom Schlossberg herab in die Wiese des Abtes von St. Peter hinaus mit allerlai schönen Welschen und fruchtbaren Paumen, alß Feigen, Pomeranzen unnd andren [...], das dann ain sondere Zier bey ainem sollichen Haus ist; etc. 20 Riegel (2009), S. 72 f. u. 144. 21 HHStA, AUR 1521 V/1, Bestallungsbrief vom 1. Mai 1521; siehe auch Bayr (1990), S. 118. Randwick erhielt zusätzlich 1523 das Pfleggericht Glanegg, dazu das Amt Anif und Gutrath auf sieben Jahre verliehen (HHStA, AUR 1523 VIII/31), er verspricht: Ich sol und wil auch mein lebenlanng seiner furstl. genaden und derselben stifft pawmaister sein und mich zu den gepewen und allem annderen, darzue ich von seiner furstl. gnaden wegen gebraucht wirde, treulich, willigklich, fleissigklich und on all widerrede darinnen gehorsamblich halten, diennen und gwerttig sein und mich darinen in nichts sparen, es seye hie zu Saltzburg bey seiner furstl. gnaden hof oder seiner furstl. gnaden slössern und hewsern, in seiner furstl. gnaden lannde oder ausser lanndes, wohin sein furstl. gnad oder derselben anwälde von seiner furstl. gnaden wegen mich ordnen und schickhen werden. 22 AES, Inventar (1540) 1/5, Fasz. 4. Unverständlich erscheint, warum die Bearbeitung der „Inventare der Salzburger Burgen und Schlösser“, Residenz I u. II, Hg. Komitee für Salzburger Kulturschätze (Salzburg 1992), die Inventare aus den Jahren 1540 u. 1559, immerhin die ältesten der Residenz, völlig ignoriert hat.

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23 Zwei Autoren haben sich intensiv mit diesem Inventar und der daraus abzuleitenden Grundrissrekonstruktion auseinandergesetzt: Bayr (2006) und Riegel (2009); Riegel kannte offensichtlich den Beitrag Hans Bayrs nicht. Eine vergleichende Gegenüberstellung würde hier den Rahmen sprengen, weshalb nur auf krasse Unterschiede eingegangen wird. 24 Untergeordnete Nebenräume werden in diesem Beitrag vernachlässigt, bemerkenswert erscheint aber, dass Schlafstellen des Hofgesindes wie Stallburschen, Knechte und Helfer, Küchengesinde etc. teilweise in primitiven Holzverschlägen in Vorhäusern, auf Gängen, unmittelbar neben dem Stall oder direkt im Heu (Fuhrknechte) genannt werden. Auch die Edelknaben schliefen in einem Gang. 25 Einhorn, Zahn des Narwals. 26 Bayr (2006), S. 53. 27 Die Stadtansicht von 1553 zeigt anstelle des Torturms nur einen zweigeschossigen, an den Südflügel angelehnten Hofeinbau. 28 BHStA, Anonyme Chronik, Pgm 1694, veröff. Schlegel (1952). 29 Als „Schnecken“ wurde grundsätzlich jede Form einer Wendeltreppe bezeichnet, so z. B. der hülzen schneckhen, mit dem wohl eine untergeordnete Treppe für die Dienerschaft gemeint war. Der Fürst bewegte sich eher auf edlerem Material, auf Stufen aus Konglomerat oder Marmor. 30 AES, Inventar (1540), 1/5, Fasz. 4, fol. 24. Die Formulierung Unndterm dach doselb, oder aufm Neupaw deutet eher auf eine Aufstockung hin (hier scheint Riegel, 2009, S. 152, der Wahrheit näher zu liegen als Bayr, 2006, S. 57, der darin einen vollkommenen Neubau sieht). 31 Unndtern dach fanden sich hier 1540 Modelle für Baumaßnahmen an den Burgen zu Mittersill, Pettaw unnd anndern gepauen (fol. 24 in AES, wie Anm. 22), in der librey wurde z. B. ain muster des schloßpaws zu Dächspach (Taxenbach) angetroffen (fol. 2v in AES, wie Anm. 22). Vielleicht sind diese Entwurfsmodelle in unmittelbarer Nähe zu den erzbischöflichen Räumen ein weiterer Beleg für das Interesse Matthäus Langs am Baugeschehen. 32 Zum Pfarrgärtl: Schlegel (2009a), S. 33 f. 33 AES, Inventar (1540) 1/5, Fasz. 5: der von Matthäus Lang hinterlassenen Kleidungsstücke, fol. 2v: volgend in bemelltem rynnderholtz der öbern zymer, darin mer hochgedacht unnser gnedigister her cardinal p. gewondt. 34 Reitgärtler (1546), fol. 272. 35 Die „Goldene Stube“ aus der Zeit von Erzbischof Leonhard von Keutschach auf der Festung ist noch erhalten (Anfang 16. Jh.). 36 Dieser Trakt wurde erst unter Erzbischof Wolf Dietrich auf die heutige Dimension verlängert; siehe Baualterplan (Abb. 13). 37 Reitgärtler (1546), fol. 279. 38 Hier sind sich AES, Inventar (1540) 1/5, Fasz. 4 und Reitgärtler (1546) nicht einig. 39 Die neue Türnitz muss noch vor den Bauernkriegen fertiggestellt gewesen sein, da am 31. Jan. 1526 in diesem Saal ein von Matthäus Lang einberufener Landtag stattfinden konnte (Sallaberger, 1997, S. 480, zit. aus AStP Ms b XIII/32, 253). 1537 findet darin eine Salzburger Provinzialsynode statt (Sallaberger, 1997, aus: Acta Reformationis Catholic. II. S. 333 f. u. 495)

40 Hier dürfte Bayr (2006), Grundriss S. 91, irren. 41 Die Auflistung des Inventars dieser Räume beansprucht immerhin 7 Seiten. 42 Wenn Treppenturm, dann müssten die Fenster ähnlich wie beim Hoftorturm in ihrer Höhe versetzt gewesen sein; wegen der oben in der Turmfassade angedeuteten Uhr bisher als Uhrtürmchen interpretiert. 43 Im Innenraum wurden an den beiden Seitenwänden jeweils um 2,10 m von der Fensterwand nach hinten versetzte Gewölbeansätze mit traditionell spätgotischen Rippen auf profilierten Konsolsteinen festgestellt. In den Ecken der Fensterwand, hier beidseitig um 30 cm zurückversetzt, auf schräg nach aussen gerichteten, mit fein geglättetem Putz bedeckten Wandflächen Ansätze von Bögen, die ihrer Richtung nach auf einen gemeinsamen Mittelpfeiler (-säule?) nahe der Aussenflucht der Hoffassade zuliefen (der Mauerpfeiler zwischen den beiden heutigen Fenstern durfte im Zuge der Bauuntersuchungen aus statischen Gründen nicht angetastet werden). Bei Verputzarbeiten an den Hoffassaden im Jahr 1943 konnte zwischen den Horizontalbändern zwischen 1. u. 2. OG über dem nördlichen Fenster der flache Giebel eines profilierten Steingewändes einer ehemals doppelten Wandöffnung fotografiert werden, die mit den Öffnungen darunter zusammenhängen dürfte. (Die Erwartung auf weitere Baufunde bei künftigen Fassadenarbeiten im Hof ist groß.) In der mächtigen Trennwand dieses Baukörpers zur heutigen Einfahrt sind Reste einer engen, geradläufigen, vom Erd- bis in das 2. OG führenden Dienerschaftstreppe erhalten (im Erdgeschoss derzeit WC-Bereich, darüber abgemauert). 44 Bayr (2006), S. 54 f. 45 Ebd., S. 61: „Die Annahme eines Neubaues von Grund auf, mit einem Weinkeller im Erdgeschoss und darüber einem zweistöckigen Speisesaal, scheint logisch.“ 46 SLA, Geheimes Archiv XX/1, „Pawordnung instruction“ vom 3. Nov. 1523. 47 Er verweigerte trotz der vom Papst gesetzten Fristen mehrfach die Priesterweihe, um sich alle Optionen für eine vielleicht bessere, weltliche Laufbahn, auch innerhalb seiner Familie, offenzuhalten. 48 BHStA, Fikler’sche Chronik, Pgm 2891, fol. 158v/159, mit Ergänzung: hültzen saall. Teils veröffentlicht bei Schlegel (1952), S. 141 f. 49 BHStA, Anonyme Chronik, Pgm 1694, fol. 594, veröff. Schlegel (1952). 50 Mehr Pöden bedeutet eine Vermehrung der Geschosse, der Schüttböden. Die Konsequenz daraus ist eine Veränderung der Lage der Fenster. Ob die durch Rauhreifbildung an der Domplatzfassade im Jahr 1942 sichtbar gewordenen und von Richard Schlegel fotografierten Fenster des ehemaligen Kastens (Schlegel, 1942, S. 77–80) diesem Umbau zuzurechnen sind, oder erst den Maßnahmen unter Erzbischof Johann Jakob von Kuen-Belasi, könnte nur eine Untersuchung der Fassade klären. 51 SLA, Salzburgische Cronica (1612), Hs 12, fol. 172: Vermerkkht die Gepeü, So Herzog Ernnst gethann hat. 52 Auch der Nachfolger Herzog Ernsts, Erzbischof Michael von Kuenburg, pflegte enge Kontakte zu Albrecht. Die Chronik des Hans Baumann von 1561 (BHStA, Pgm 1695, fol. 344v) berich-

VOM BISCHOFSHOF tet von einem Besuch Albrechts bei Erzbischof Michael, der in dieser Form wohl nur unter Freunden denkbar ist: Anno dm. 1557 den .20. Februari an Sontag der Herrn vastnacht ist hertzog Albrecht zwischen 9. unnd 10. Uhr in der nacht auf einer Gutscha gegen Saltzburg khomen, unversehen unnd unbekhant, sambt etlichen seiner Edlleut und diener gen Hof gangen, Ertzbischof Michael (der diser Zeidt den Adl wie gebreichig zu Gast gehabt) alß unbekhant ein mumschantz gebracht, die Ertzbischoff Michael gewungen. Nachmals hat sich Hertzog Albrecht aufgethan und zuerkhenen geben, dem man sambt den seinigen auf dem Rinderholz zu essen unnd trinckhen gab auftragen, unnd hertzog Albrecht ist zue Saltzburg bliben vonn der Sontag nacht biß auf denn Pfintztag morgen in die vier tag da ist Er am wasser wider hinann gefaren. 53 Baumann (1561), fol. 336v. 54 Ebd., fol. 348: Folgen die gepew so Ertzbischoff Michael gethan. 55 Ebd., fol. 348. Die Bemerkung wie auf dem Geschloß blieb bisher unbeachtet, bedeutet aber, dass auf der Festung ein Vogelhaus existierte. 56 StiftsA Nonnberg, Chronik II 25 Cb: Auf den Marckht hat es ein schöns hochs Haus wol mit Zimber und einen Sall sambt einen Trompetergang, darauf man bey Bischoff Johann Jacob alle Tage aufbliess. Veröff. von Keplinger (1955) S. 67–91. 57 SLA, Salzburgische Cronica (1612), Hs 12, fol. 188v, berichtet lapidar: Er hat den erzbischofflichen Hoff, mit schönen Neuen herrlichen Säälen und gepeüen geziert und gebaut, Sonderlich gegen den Marckht hinauß, welliches man das Rinderholz haist, schönne fürstliche Zimer und Saall gebauet [...]. 58 SLA, Hofkammer-Protokoll 1579–1584, p. 331, vom 3. Dez. 1583. Rettinger war sicher mit den Baumaßnahmen bei Hof beschäftigt, wahrscheinlich stammte auch die Planung von ihm. 59 SLA, Hofkammer, Hofbauamt 1580–1589, Lit. D, Schreiben vom 19. Juli 1582: [...] Dieweill dann Eu. fürstl. Gn. statliche gepew, darzue Sy dergleichen Pauverstendige Leuth gebraucht, verrichten lassen, demnach so ist an Eu.fürstl.Gn. unnser freundtlich gesynnen, dieselb wolle uns mit ainer solichen Person verholffen sein, oder doch andeuttung geben, wo wir dieselb bekhommen möchten [...]. 60 SLA, Hofkammer, Causa Domini 1575–1576, Lit. H, Schreiben vom 9. Aug. 1576. 61 Ebd., Lit. N, Schreiben vom 6. Sept. 1576. 62 Ebd., Causa Domini 1579–1582, Lit. E, Schreiben aus 1580. 63 SLA, Hofkammer, Hofkastenamt 1576, Lit.A, 7 Briefe zwischen 15. Aug. u. 25. Okt. 1576. Im Brief vom 25. Okt. beauftragte Johann Jakob seinen Hofmeister zusätzlich: Unnsern Hof Caplan Paulusen Götschler wellest anzaigen, das er auf obangeregten Erchtag Unnser Laib und ander Zimer haytzen lasse, daran beschieht auch Unnser willen. 64 Reitgärtler (1549), fol. 169 f.: 1580 hat ihn die Hand Gottes berührt, dermassen, das man Ihn häben und lögen und täglich in einem Sessel hin und wider tragen müssen. 65 SLA, Hofkammer-Protokoll 1581, 332; Protokolle vom 29. Aug. u. 4. Nov. 1581. 66 Ebd. 1579–1584, 331; 1584. 67 Ebd. 1583–1584, 333; Prot. vom 4. Juni 1584: bey dem aufkhinden beleiben lassen, dann sein Hochftl. Gnaden nit Jeden sein Weib und Kind ernören khinnen.

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68 Ebd. 1579–1584, 331; Prot. vom 19. Aug. 1584; jeder Baum soll 34 Werkschuh (etwa 10 m) lang und am dünneren Ende mindestens 7 Zoll stark sein, dann werden 12 Kreuzer pro Stamm bezahlt. 69 SLA, Lehenbuch 109, fol. 178; Bezahlung der Arbeiten am 17. Mai 1586. 70 Das gründliche Durchputzen nicht nur der erzbischöflichen Räume wurde sicher jedesmal vor Einzug eines neuen Erzbischofs durchgeführt, hier hat sich erstmals die Aufzählung der Maßnahmen samt Kosten erhalten (SLA, Lehenbuch 109, fol. 113, 114v, 118, 120, 120v, 121v u. 123v); z. B. zahlt die Hofmeisterei der Weschin und Weibern, so diese Wochen in der Tafel Stuben und Leib Zimmer die Poden, auch die Fenster in der Wart Stuben geriben, und den Zimmerleuten die Laugen zu auswaschung der Zimmer angossen und zuegetragen, auch der im nördlichen Hofbereich vorhandene Schöpfbrunn (Zisterne) wird geschärft und der notturfft nach außgeseübert. Fünf Weiber haben etwa 200 Zinnschüsseln gerieben und die alte Türnitz samt dem Sommerhäusl im Pfarrgarten geputzt. Der Dommesner wird für das Reinigen des grossen messingen Leichters am Sall vor dem Rinderholz, auch den so vor dem schönen Zimmer hengt bezahlt. 71 SLA, Lehenbuch 109, fol. 113; die Hofmeisterei bezahlt am 13. Mai 1586 den Zimmermeister Sebastian Moräcker für die geleistete Arbeit. 72 Ebd., fol. 118v. 73 Das eb. Hennenhäusl und -gartl befanden sich an der Klostermauer von St. Peter an der Südseite des Frauenhofs nahe der Nordostecke des Klosterbereiches, also ziemlich nahe am Dom. 74 SLA, Hofkammer-Protokoll 1579–1584, 331; 1584. 75 SLA, Lehenbuch 109, fol. 131v, 29. Nov. 1586. 76 Ebd., fol. 132, 5. Dez. 1586. 77 Ebd., fol. 134, 19. Dez. 1586. Leider erfolgte zu den kleineren Kapellen und Altären bei Hof keine exaktere Ortsangabe, wodurch die Lokalisierung z. B. der hl. Dreifaltigkeits- und hl. Maria Magdalenakelle bisher nicht möglich war. 78 Ebd., fol. 150v. 79 Erzbischof Wolf Dietrich profanierte 1596 die Hofkapelle, siehe unten. 80 Über keinen der Salzburger Erzbischöfe sind wir durch zeitgenössische Chroniken so gut unterrichtet, wie über Wolf Dietrich, auch wenn Daten und Ereignisse von den Chronisten teilweise aus der Erinnerung, oft Jahre später, nieder- und voneinander abgeschrieben wurden. Durch neue Erkenntnisse aus Umbau-, Adaptierungs- und Restaurierungsarbeiten in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jh. zusammen mit Befunden aus archäologischen Untersuchungen musste so mancher Punkt korrigiert werden, womit jedoch ein klareres Bild vom Ablauf der Baumaßnahmen Wolf Dietrichs gewonnen werden konnte. — Die wichtigsten Chroniken: BHStA, Fikler’sche Chronik, Pgm 2891, Wolf Dietrich fol. 287–289, begonnen 1588, veröff.: Schlegel (1952); BHStA, Anonyme Chronik, Pgm 1694, fol. 200–206, ca. 1589, veröff.: Schlegel (1952); Hauthaler (1873), Johann Stainhauser, niedergeschrieben etwa 1614/15; StiftsA Nonnberg, Chronik II, 25 Cb, ca. 1610–1615 anonym, veröff.: Keplinger (1955). — Literaturauswahl zu den Residenzbauten Wolf Dietrichs: Martin (1911 u. 1949); Schlegel (1939 u. 1944); Schlegel (1952); Stahl (1987);

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Seunig (1981); Wolf Dietrich von Raitenau (1987): hier Beiträge zu „Architektur und Stadtplanung“ von: Georg W. Seunig, Franz Fuhrmann, Walter Schlegel, Wilfried Kovacsovics, Nora Watteck u. Adolf Hahnl; Wagner (1992 u. 1993); Schlegel (1992, 1993, 2009a+b). 81 Vorgängerbau der späteren Domdechantei, Ecke Kaigasse 12/Kapitelgasse 6 (wie Anm. 51, fol. 191): [...] erweehlet, unnd hernach inn den Keitschacher Hoff beglaitet worden, alda er, biß die Confirmation vonn Rhom khomen, verbliben [...]. 82 SLA, Lehenbuch 109, fol. 140, 140v u. 141v, Anfang März 1587.Y 83 Ebd., fol. 143v, und Lehenbuch 110, fol. 123v, vom April 1587. 84 SLA, Lehenbuch 110, fol. 192/192v, Mai u. Juni 1587. 85 SLA, Lehenbuch 109, fol. 113, Auszahlung vom 24. Mai 1587. 86 SLA, Lehenbuch 110, fol. 128, 3. Juli 1587. 87 Ebd., fol. 129v u. 298. 88 Ebd., fol. 140v. 89 Ebd., fol. 141v. Bemerkenswert, dass die Fenster der Stallungen mit dem teuren Material Glas versehen waren. 90 Ebd., fol. 143v/144, Dez. 1587. 91 Ebd., fol. 145v: umb ainen grossen Schlitten so für Ir füstl. Gn. Leib gemacht. 92 Zur Geschichte des Neubaues: Moÿ (1969), S. 185–220, und Marx/Laub (2003) mit Beiträgen zum Bau von Georg Steinmetzer, Wilfried K. Kovacsovics, Wilfried Schaber u. Roswitha Preiß. 93 Schlegel (1952), S. 143, siehe unter „Franziskanerkirche“. 94 1607 wurde der neue Hofmarstall fertiggestellt, womit die Stallungen — ein zusätzlicher Pferdestall war bereits im Hofkastengebäude eingerichtet worden — aus dem Bischofshof ausgelagert und der Westtrakt abgebrochen werden konnte. 95 StLA, Vizedomamt Leibnitz, Orig.-Urk. vom 6. Feb. 1591, Antwort des Vizedoms: [...] Was Eu. hf. Gn. begern und bevelchen anlangt, das derselben zeit ich mit rath pauverstandiger leut ainen erfahrnen paumaister, der etwan ansehnliche gepew verricht hat, bekommen und zueweisen sollte, darauf berichte Eu. hf. Gn .ich gehorsamist, das wol solche zu bekomen weren, sein aber wegen der religion und ander ursachen für Eu. hf. Gn. nit tauglich außer aines mans, der haist maister Andreas Bertholeto, welcher ain welscher, aber gar wol teutsch reden kann [...] So ist er mit reissn, modelln von pap zu machen zimlich fertig, auch seines wandls ain fromber einzogner stiller man [...] und ain tauglicheren der Zeit nit woll bekommen möchte [...] 96 Mit Andrea Bertoletto wurde scheinbar der früheste Kontakt zum Künstler- und Handwerkerkreis aus dem Gebiet des Valle Intelvi geknüpft, welcher sich im 17. Jh. so fruchtbar für Salzburg entwickeln sollte. Stellvertretend für viele dieser aus dem Intelvi stammenden, von den Erzbischöfen auch später noch verpflichteten „welschen Meister“ seien hier Santino Solari und Giovanni Antonio Dario genannt. Dazu: Cavarocchi (1979), S. 281–303. Siehe dazu den Beitrag von Gudrun Ponn-Lettner in diesem Band. 97 SLA, Hofkammer-Protokoll 1591–1594, fol. 44, vom 6. März 1592: Dem welschen Paumeister und Pauschreiber ist bevolchen worden, das Sy mit den welschen maurern nach dem Claffter zu .7. schuechen, inhalt Ires übergebnen Überschlags ain geding schliessen [...]

98 Schlegel (1952), S. 141. 99 Hauthaler (1873), Nr. 23. Dazu eine Unfallsmeldlung: SLA, Hofkammer-Protokoll 1595–1597, fol. 143, vom 15. Juli 1597: Die Witwe Elisabeth Künigin so mit einfallung aines gerüßtes an dem neuen Gang schaden empfangen, bittet um Gnadengeld: Es soll ihr mit einem Almosen geholfen werden bis sie wieder arbeitsfähig ist. 100 Watteck (1987), S. 219 f. 101 Obwohl die Chroniken das Jahr 1596 nennen, wurde bereits 1595 mit Baumaßnahmen begonnen: Abt Martin von St. Peter bittet um alle Dachziegel, die bei Hof abgebrochen werden: Ist bewilligt und das der Paumaister verordnung thue, damit die Ziegl von der Hofcapel dahin gegeben werden (SLA, Hofkammer-Protokoll 1595–1597, fol. 16v, vom 14. April 1595). 102 Hauthaler (1873), Nr. 47; auch SLA, Hs 12, fol. 199v. 103 Hauthaler (1873), Nr. 47. 104 Schlegel (2008), S. 221. 105 SLA, Hs 12, fol. 199v: Die Salzburgische Cronica setzt den Abbruchsbeginn in das Jahr 1596, doch ist hier eher Stainhauser (1614/15), Hauthaler (1873), Nr. 59, zu glauben, da er sogar das Tagesdatum aus 1597 nennt. Beide Chroniken berichten gleichzeitig von der erst 1610/11 erfolgten Verkleinerung des Innenhofs um 50 Schuh, womit die späte Niederschrift aus der Erinnerung neuerdings bestätigt ist (Stainhauser: unformblich und unnothwendiges Gepeü gegen den Marktplatz hinaus läßt jetztmals sein Successor Marx Sitti ganz und gar hinweckbrechen). 106 Reitgärtler (1546), fol. 296v; auch Hauthaler (1873), Nr. 65. 107 KFS, 3.1.3; für diesen Hinweis danke ich dem Archivar der Franziskanerprovinz, P. Oliver Ruggenthaler OFM, sehr herzlich. Siehe dazu auch Hübner (1792), S. 58. 108 Der Teilabbruch der Klostergebäudes zur Schaffung der Straßenverbindung zwischen Domplatz und Frauengarten geschah erst 1605 (Hauthaler, 1873, Nr. 158). 109 Ebd., Nr. 66. 110 SLA, Hofkammer Catenichl 1600, fol. 294: Schreiben vom 9. Nov. 1600, sowie Catenichl 1601, fol. 520, vom 12. Dez. 1601. 111 SLA, Salzburgische Cronica, Hs 12, fol. 181, wörtlich ident mit Hauthaler (1873), Nr. 114. Die Lage dieser Kapelle konnte bisher nicht eruiert werden. 112 SLA, Hofkammer Causa Domini 1603, Lit. M, Briefwechsel mit dem Postmeister Paul von Taxis in Innsbruck, weil sich der welsche Baumeister Vicenze Scamoza der von Wolf Dietrich bereitgestellten Postkutsche durchauß nit pedienen wollte, weshalb ihm und seinem Diener drei Pferde bis Trient zur Verfügung gestellt werden mussten. Die Mehrkosten wurden aus Innsbruck eingefordert. 113 Scamozzi (1678), S. 163, (Bd. 1, Cap. 3/8). 114 Donin (1948), S. 27, stellte die These auf, dass Scamozzi bereits mit ausgearbeitetem Planmaterial für Dom und Neubau nach Salzburg kam. Zuletzt: Franz (2007), S. 400: Scamozzi bringt einen Domplan mit nach Salzburg. 115 Zum Domneubau siehe die jüngste umfassende Bearbeitung von Lippmann (1999). 116 Die Entsprechung der 5 Bögen erstmals nachgewiesen von Schlegel (1952), S. 132 f. 117 ÖKT XII (1913), S. XL (1605).

VOM BISCHOFSHOF 118 Hauthaler (1873), Nr. 147 u. 152. 119 Wo immer anlässlich von Baumaßnahmen das Mauergefüge dieser Erweiterungsbauten sichtbar wurde, konnte die Wiederverwendung der aus den Abbrüchen stammenden Materialien festgestellt werden. 120 Beide Oratorien erhielten Holzkassettendecken, jene des oberen Raumes wurde unter Erzbischof Markus Sittikus von Hohenems, dem Nachfolger Wolf Dietrichs, nach Abtrennung eines kleinen Heizkammerls durch eine prunkvolle Stuckdecke mit Malereifeldern ersetzt (Abb. 15). Über einen kleinen Vorraum dieses oberen Oratoriums wurde ein Zugang in das so genannte Totenoratorium über dem nördlichen Seitenschiff der Franziskanerkirche ermöglicht, wo von Wolf Dietrichs Pracht noch heute ein Marmorportal und Malereien in Tür- und Fensterleibungen (zum Mittelschiff der Kirche) zeugen. Zur künstlerischen Ausstattung: Grillitsch (2009), S. 52–73. 121 Martin (1911); Schlegel (1939 u. 1944); Martin (1949); Schlegel (1952, 1992, 1993 u. 2009a); Stahl (1987); Seunig (1981); Wagner (1992 u. 1993). 122 Hauthaler (1873), Nr. 155 vom 10. Sept. 1605: [...] hat es ein schön neue Capelln sambt ainem wolgezirten kunstlichen Altar, ist geweiht in den Ehren des Carolus Boromeus, Bischovens zu Maylandt. Hier dürfte ein Irrtum Stainhausers vorliegen, da die Heiligsprechung erst 1610 erfolgte, kann ihm vor diesem Datum keine Kapelle geweiht gewesen sein; das Datum 1605 betrifft eher den Beginn der generellen Erneuerung des Kapellenkranzes. 123 SLA, Geheimes Archiv XXIII/35: Außthailung der Pawmaisterey wie es fürterhin damit solle gehalten werden. 124 Ebd. 125 SLA, Hofkammer, Catenichl 1608, fol. 256; Schreiben an den Pfleger zu Plain und Stauffenegg vom 9. Okt. 1608. 126 Hauthaler (1873), Nr. 152: Darinnen war die Salome Alt mit ihren Kindern. 127 Hübner (1792), S. 384 mit Text, 1792 noch in Mirabell. Martin (1911) S. 247, bringt die Übersetzung mit dem Vermerk, dass die Tafel „wohl seit Marx Sittich [...] an einem versteckten Orte in der Winterresidenz“ angebracht sei. Friedl (1999), III/2, bezeichnet hingegen den Standort in der Residenz als den originalen. 128 Wolf Dietrich ließ auch einen jenseits der Straße im so genannten Langenhof stehenden, mittelalterlichen Turm in seiner Höhe reduzieren: Hauthaler (1873), Nr. 153: Anno Christi 1605, den 28. Tag Augusti, haben Ihr hochfstl. genaden den Thurn am Langen-Hof, darauf man den ganzen Hof hat sehen mügen, der zuvor etlich hundert Jar gestanden ist, und die Störche darauf ein Nest gehabt, lassen abbrechen. 129 Wie schnell im Gedächtnis der Salzburger diese ehemals symmetrische Abtreppung in Vergessenheit geriet, zeigt die später für die erhalten gebliebene Hälfte gefundene Bezeichnung „steinerne Verlegenheit“. 130 Siehe dazu: Bstieler (2009), S. 74–93. 131 Die anonyme Chronik, BHStA, Pgm 1694, berichtet fälschlich von der Fertigstellung inklusive der Ausstattung im Jahr 1605. 132 In dieser Nische steht seit rund 50 Jahren die aus dem Schlosspark von Kleßheim zurückgeholte, überlebensgroße Mar-

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morstatue des Herkules, die einzige erhaltene, nachweislich aus den Residenzgärten stammende Skulptur. 133 Privatkapelle von Erzbischof Friedrich Fürst von Schwarzenberg (1835–1850) mit ursprünglich neogotischer Ausstattung, derzeit im Depot verwahrt. Dazu Hannesschläger (2010). 134 Wolf Dietrich kannte jedenfalls auch durch mehrfache Aufenthalte am bayerischen Hof zu Landshut die in der Stadtresidenz von Ludwig Refinger mit ähnlicher Pergola bemalte Decke des so genannten „Bacchussaales“. 135 Erzabtei St. Peter, Öl auf Leinwand, 109 ¥ 406 cm. — Die bei Fuhrmann (1963), Katalog Nr. 31, vorgeschlagene Datierung der Ansicht „vor 1663“ ist nicht falsch, kann aber auf die Zeit zwischen 1655 (Fertigstellung der Domtürme) und 1657 (Abbruchsbeginn des alten Konventstockes in St. Peter) begrenzt werden. 136 Dazu: Roemer (2009), 1/2, S. 94–117; Roemer (2010). Siehe auch den Beitrag von Lisa Roemer in diesem Band. 137 Der südöstliche Treppenturm ist erhalten geblieben, der andere wurde mit Teilen der westlichen Flügel gegen Ende des 18. Jh. zugunsten einer Residenzerweiterung entlang der Sigmund-Haffner-Gasse unter Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo abgebrochen. Dazu Walderdorff (2010). 138 SLA, Hofkammer-Hofbauamt 1590–1639, Lit. P, vom 14. April 1612: Claner stellte seine Rechnung über bisher unbezahlte Arbeiten in der Residenz nach dem unerwarteten Sturz von Eb. Wolf Dietrich und seiner Resignation am 7. März 1612 an das während der Sedisvakanz regierende Domkapitel mit der Bitte um Bezahlung eines offenen Restbetrages, die ihm nach Überprüfung seiner Forderungen durch eine Kommission genehmigt wurde. Anhand der leider nicht vollständig angegebenen Maße der Räume, in denen Claner Kassetten- und eingefaste Decken etc. eingebaut hat, wurde die Zuschreibung von 11 Räumen von insgesamt 14 möglich. Unter vertieften Pöden haben wir kassettierte Holzdecken zu verstehen, eingefaste Pöden waren dagegen Tafeldecken mit Deckleisten und flach profilierten Gesimsen, fallweise mit ebensolchen Rahmungen für eingehängte Deckenbilder. 139 BHStA, Anonyme Chronik, Pgm 1694, fol. 204. 140 Hauthaler (1873), Nr. 184. 141 SLA, Hs 12, fol. 199v. 142 Hauthaler (1873), Nr. 59. 143 Die Formulierung „vor Wolf Dietrich“ betrifft die Zeit bis zum Regierungsantritt Wolf Dietrichs, also auch noch das 16. Jh., in welchem traditionell vielfach noch in der Formensprache des „spätesten“ Mittelalters gebaut wurde, wie z. B. die schlanken Marmorsäulen in den Hallen des 1. OG des südöstlichen Eckbereiches belegen. 144 Eine zusammenhängende, großflächige Bauuntersuchung der Platzfassade mit Entfernung des Verputzes ist nicht absehbar, wobei die Innenwand entlang der Haupttreppe wesentlich fundträchtiger sein müste. 145 Seine Erhöhung auf zwei Geschosse durch Herausnahme der Decke erfolgte erst unter Erzbischof Guidobald von Thun: Schlegel (2008), S. 236 f.. 146 An dieser Stelle danke ich Frau Roswitha Juffinger,

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WALTER SCHLEGEL

Direktorin der Residenzgalerie Salzburg, nicht nur für die Genehmigung zur Durchführung von Stemmarbeiten, sondern auch für intensives Handanlegen bei den Freilegungsarbeiten. 147 Schlegel (2008), S. 228–235. 148 Die im Zuge des Einbaus eines zusätzlichen Verbindungsganges zwischen Nord- und Südkeller 1995/96 freigelegte Außenseite der Kellermauer besteht wie auch die EG-Südwand der Einfahrt aus mächtigen Konglomeratquadern, die Erweiterung in Richtung Innenhof ist nicht unterkellert. 149 Der Durchbruch der breiten, zwei Geschosse hohen Hofeinfahrt hat hier alle Spuren getilgt. 150 Riegel (2009), S. 161–164: Riegel kam zu einem ähnlichen Schluss, obwohl ihr die Ergebnisse der Bauforschung vor Erscheinen dieses Beitrags nicht zugänglich gemacht werden konnten. Um größere Klarheit zu erlangen, müssten in bisher weitgehend unberührten Räumen mit historischen Altputzen größere Flächen vom Verputz befreit werden; dies fand bei den letzten Adaptierungen aus denkmalpflegerischen und finanziellen Gründen nicht statt. 151 SLA, Hofkammer Catenichl 1611 vom 3. März 1611. Wie prächtig die Holzkassettendecken mit Bemalung, Vergoldung und den eingelassenen Bildern ausgestattet waren, zeigen die wenigen erhaltenen (Teil-)Stücke vor allem im Neubau (Salzburg Museum), aber auch in dem kleinen Rest der Loggia in der Dietrichsruh. 152 Weitere Hinweise auf hölzerne Kassettendecken in diesen Räumen ergeben zwei Schreiben des Erzbischof Franz Anton von

Harrach an seinen Bruder Alois Thomas Raimund: HHStA, AVA, Familien-Arch. Harrach, Kt. 73: Brief vom 24. Okt. 1709, betrifft den Audienzsaal: [...] den stucator, wan er willens hat herauf zu khumen, damit man den hilzenen boden vorher weckh nehmen [...]; der Brief vom 3. April 1710 betrifft den Ersatz der nachgedunkelten Holzdecken durch helle Stuckdecken: [...] sie können nicht glauben wie liecht jetzt die zimer heraus khumen, absonderlich meine rettirada, welche ehe vor so finster war [...] 153 BHStA, Anonyme Chronik, Pgm 1694, veröff. bei Schlegel (1952), S. 145. 154 Die Überlegungen zu diesem zusätzlichen Hof gegen Norden sind als Begründung dafür anzusehen, dass unter Wolf Dietrich die Außenfassade des angrenzenden Gebäudeflügels, der die Landkartengalerie beherbergt, nicht fertiggestellt worden war. 155 Hauthaler (1873), Nr. 59. 156 Es ist verlockend, hier die Existenz einer ebenfalls offenen Loggia über der hohen, über zwei Geschosse reichenden Bogenhalle in Betracht zu ziehen. Im Konzept des Vincenzo Scamozzi könnte sie sehr wohl existiert haben. 157 Das sparsam stuckierte, aufsteigende Gewölbe des abgebrochenen ersten Stiegenlaufes ist im 1. OG hinter einer Zwischendecke im heutigen Büro der Schlossverwaltung erhalten geblieben und durch ein Fenster in der Decke sichtbar. 158 Keplinger (1955), fol. 193v: Aber Marx Sittich liesse etlich wyderumb abprechen unnd pauet in den 3 Jar gar auss. 159 Ebd., fol. 193.



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