„Von Tante Emma zu Onkel Ali“ - Ethnische Ökonomien und Stadtentwicklung in Köln-Kalk
Unter dem Titel „Migranten als Gentrifier? - Ethnische Ökonomien und Stadtentwicklung in Köln-Kalk“ haben im vergangenen Semester 2009/10 Geographie-Studenten der Rheinischen-Wilhelms-Universität, Bonn unter Leitung von Diplom-Geograph Markus Keck ein Geländepraktikum in Köln-Kalk durchgeführt. Die Studenten haben Experten, Kalker Kleinunternehmer und Kalker Bürger und Passanten zu ihrer Meinung zum Image des Viertels befragt. Untersucht werden sollte, ob in Kalk von Gentrifizierung gesprochen werden kann und wenn ja, ob dies im Zusammenhang mit Menschen mit Migrationshintergrund stehen könnte. Experten aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, der Jugend-, Bildungs- und Sozialarbeit beurteilten die Entwicklung des Stadtteils Kalk in sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht: Aus den Kindern ehemaliger „Gastarbeiter“, die in den längst abgebauten Fabriken Kalks tätig waren sind nun selbstständig Erwerbstätige mit einem eigenen Gemüseladen, einem Telefon- und Internet-Cafe oder einem Döner-Laden geworden. Diese „ethnischen Ökonomien“, also wirtschaftliche Unternehmungen von Personen mit Migrationshintergrund, beleben und bereichern die Atmosphäre und den Flair der Kalker Straßen, darüber waren sich die Experten weitgehend einig. Allerdings ist das Projekt Existenzgründung oft mit Risiken verbunden und viele der kleinen Familienunternehmen halten dem Wettbewerb mit dem neuen Einkaufscenter KalkArcaden direkt an der Kalk Post nicht stand. Oft schuftet die ganze Familie mit und schafft es kaum das Existenzminimum und die Marginalisierung zu überwinden, so die Befunde der Studenten. Die Auswertung der Passanten-Befragung ergab, dass sich Kalk in den letzten Jahren positiv verändert habe, dass Nachbarschaftsverhältnisse gut seien, dass der Mix aus unterschiedlichen Kulturen zum Veedel-Gefühl beitrage und dass die meisten Bewohner Kalks gerne dort wohnen. Die Einkaufsmöglichkeiten werden als wichtigster positiver Aspekt des Viertels benannt, der übrigens auch Nicht-Kalker in das Stadtteil zieht – und mit guten Einkaufsmöglichkeiten sind dabei vor allem die KalkArcaden gemeint. Die Arbeitslosigkeit gilt als wichtigstes negatives Merkmal, während das Label „sozialer Brennpunkt“ von den meisten Befragten als zutreffend bezeichnet wird. Auffällig ist, dass die Bewohner Kalks das Image ihres Stadtteils durchweg positiver einschätzen, als die befragten Nicht-Bewohner Kalks, während Nicht-Kölner fehlende Integrationsförderung von Migranten als sehr problematisch ansehen und das Image Kalks am negativsten beurteilen. Ein Prozess der Gentrifizierung wurde von den Studenten letztendlich in Frage gestellt, da die eher negative Aussenwahrnehmung des Stadtteils nicht auf eine attraktive Wirkung bei einer statushöheren sozialen Gruppe schliessen lassen kann, durch die, – so die Logik der Gentrifizierung – das Stadtteil eine Aufwertung erfahren würde.
Die Studenten konnten also keine direkten Hinweise für Gentrifizierung feststellen. Aber sie konnten trotz allem eine tendenzielle Aufwertung Kalks feststellen. Gute Einkaufsmöglichkeiten für Kalker und Nicht-Kalker, ein „interkulturelles Wohlgefühl“ gemischt mit Armut unter den Kalkern macht also den sozialen Brennpunkt aus, welcher zugleich in seiner kulturellen Diversität gefällt. Zum Begriff der „Gentrifizierung“: Unter Gentrifizierung verstehen Geographen einen Prozess bei dem „Pioniere“, die sich durch kreative Lebensweise auszeichnen Kneipen und Kulturstätten errichten und so eine „Szene“ schaffen. Diese zieht die „Gentrifizierer“ an, welche die finanziellen Möglichkeiten zur Aufwertung mitbringen, während die zuvor ansässige Bevölkerung mit geringerem ökonomischen Potential letzendlich verdrängt wird.
Comments
Report "\"Von Tante Emma zu Onkel Ali\" - Ethnische Ökonomien und Stadtentwicklung in Köln-Kalk "