Verbreitungsmedien, Organisation und die nächste Gesellschaft

June 8, 2017 | Author: Anna Henkel | Category: Media Studies, Systemtheorie, Next Society, Gesellschaftstheorie, Verbreitungsmedien
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Dieser Text ist veröffentlicht in: Henkel, Anna (2010): Verbreitungsmedien, Organisation und die nächste Gesellschaft S. 83-112 in Steffen Roth/Lukas Scheiber/Ralf Wetzel (Hrsg.), Organisation multimedial. Zum polyphonen Programm der nächsten Gesellschaft. Heidelberg: Carl-Auer. Verbreitungmedien, Organisation und die nächste Gesellschaft Anna Henkel, Universität Bielefeld ([email protected]) 1.

Die These der nächsten Gesellschaft .......................................................................................................... 2

2.

Theoriekontext: Unwahrscheinliche Kommunikation ............................................................................. 4

3.

4.

2. 1

Zeit und Struktur .................................................................................................................................. 5

2. 2

Bedingungen der Komplexitätssteigerung von Kommunikation .......................................................... 6

Komplexität und Gesellschaft..................................................................................................................... 7 3. 1

Stratifikation ........................................................................................................................................ 9

3. 2

Funktionale Differenzierung .............................................................................................................. 11

3. 3

Nächste Gesellschaft ? ....................................................................................................................... 13

Konsequenzen als ungelöste Probleme am Beispiel formale Organisation .......................................... 14 4. 1

Formale Organisation........................................................................................................................ 15

4. 2

Erweiterte Berechenbarkeit von Entscheidungsprozessen ................................................................. 16

4. 3

Konsequenzen als ungelöste Probleme .............................................................................................. 18

5.

Ausblick...................................................................................................................................................... 21

6.

Literatur ..................................................................................................................................................... 24

Technische Neuerungen führen aus soziologischer Perspektive die Frage nach ihren gesamtgesellschaftlichen Implikationen mit sich. Dies gilt, wählt man die Perspektive einer auf dem Kommunikationsbegriff aufbauenden Gesellschaftstheorie, insbesondere für solche Innovationen, die als kommunikatives Verbreitungsmedium fungieren: historisch stehen die Veränderungen in der Primärstruktur der Gesellschaft und damit der Übergang von der segmentär differenzierten über die stratifizierte zur funktional differenzierten Gesellschaft jeweils in Verbindung mit der Entstehung eines neuen Verbreitungsmediums – erst der Schrift, dann dem Buchdruck (Luhmann 1999a). Davon ausgehend liegt es nahe, aus dem Aufkommen eines neuen Verbreitungsmediums auf einen Wandel der primären gesellschaftlichen Differenzierungsform zu schließen – und der Computer ist eine solche technische Innovation mit verbreitungsmedialem Charakter. Bereits Niklas Luhmann stellt deshalb Überlegungen hinsichtlich der verschiedenen Auswirkungen des Computers auf die Kommunikation an (Luhmann 1999a, S. 302-311; 405-412; Luhmann 2000, S. 361ff). Im Anschluss, sowie die Beschrei-

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bung der Computer-Gesellschaft als „next society“ von Peter Drucker aufgreifend, vermutet Dirk Baecker, dass wir uns auf dem Weg zu oder bereits in einer „nächsten“ Gesellschaft befinden (Baecker 2007). Die folgenden Ausführungen diskutieren diese These einer nächsten Gesellschaft. Nach den Annahmen der Luhmannschen Gesellschaftstheorie kommt es zu einer Veränderung der gesellschaftlichen Primärstruktur infolge eines Komplexitätssprungs in der möglichen Kommunikation. Ein solcher Komplexitätssprung setzt voraus, dass alle drei Grundprobleme der Kommunikation – Verstehen, Verbreitung, Erfolg – auf einem neuen Komplexitätsniveau bearbeitet werden. Erst unter dieser Voraussetzung erfolgt ein so grundlegender gesellschaftlicher Strukturwandel, dass von einer neuen Primärstruktur die Rede sein kann (Luhmann 2005e), was wiederum Voraussetzung für einen Wandel der gesellschaftlichen Kulturform ist. Unbestritten ist, dass der Computer Gesellschaft verändert. Doch diese Veränderungen führen mangels sozialstruktureller Innovationen eher in ungelöste Probleme der funktional differenzierten als in eine nächste Gesellschaft. Im Folgenden wird einleitend die These der nächsten Gesellschaft rekapituliert (Abschnitt 2 „Die These der nächsten Gesellschaft“). Daran schließt deren Diskussion an. Im ersten Schritt wird der theoretische Kontext dargestellt, in den die Aspekte des Verbreitungsmediums und eines Wandels der gesellschaftlichen Primärstruktur eingebettet sind (Abschnitt 3 „Theoriekontext: Unwahrscheinliche Kommunikation“). Im zweiten Schritt werden diese Grundlagen auf die Frage nach dem Zusammenhang von Komplexität und Gesellschaft angewendet: Stratifizierte, funktionale und „nächste“ Gesellschaft werden auf den Typus des Verbreitungsmediums, der Erfolgssicherung, der Sozialstruktur und den Komplexitätsgrenzen hin vergleichen. Es ergibt sich, dass das Potential zu einer nächsten Gesellschaft bislang nicht aktualisiert ist (Abschnitt 4 „Komplexität und Gesellschaft“). Der These eines primären gesellschaftlichen Strukturwandels hin zur nächsten Gesellschaft wird die Vermutung entgegengestellt, dass die funktional differenzierte Gesellschaft an den Grenzen ihrer Komplexitätsverarbeitungsfähigkeit angelangt ist. Dies wird am Aspekt der formalen Organisation näher gezeigt (Abschnitt 5 „Konsequenzen als ungelöste Probleme am Beispiel formale Organisation“). Ein Ausblick fasst diese Überlegungen zusammen und zieht Schlussfolgerungen hinsichtlich der Systemreferenz Gesellschaft (Abschnitt 5 „Ausblick“). Die Ausführungen werden kursorisch am Beispiel der Verwendung von Pharmaka exemplifiziert (Henkel 2009b).

1.

Die These der nächsten Gesellschaft

2

Die These der nächsten Gesellschaft basiert auf der Annahme eines historischen Zusammenhangs der Entstehung neuer Verbreitungsmedien mit dem Wandel der primären gesellschaftlichen Differenzierungsform. Der Computer sei für die Gesellschaft ebenso folgenreich wie zuvor die Einführung der Verbreitungsmedien Sprache, Schrift und Buchdruck: Jedes neue Verbreitungsmedium konfrontiere die Gesellschaft mit neuen und überschüssigen Möglichkeiten der Kommunikation, für deren selektive Handhabung die bisherige Struktur und Kultur der Gesellschaft nicht ausreiche. Jede Einführung eines neuen Verbreitungsmediums müsse daher zur Umstellung dieser Struktur und dieser Kultur führen, solle sie auf breiter Front überhaupt möglich sein. Andernfalls werde das neue Medium auf eine periphere Verwendungsform beschränkt (Baecker 2007, S. 7). Von diesem Zusammenhang ausgehend wird vermutet, dass eine Gesellschaft, die auf die Einführung des Computers zu reagieren beginnt, sich strukturell grundsätzlich verändert. Die dann entstehende „nächste Gesellschaft“ müsse sich in allen ihren Formen der Verarbeitung von Sinn von der modernen Gesellschaft ohne Computer unterscheiden, was sich in ihren Institutionen, Theorien, Ideologien oder Problemen gleichermaßen manifestiere (Baecker 2007, S. 8). Derartige Veränderungen gesellschaftlicher Sinnverarbeitung weisen eine spezifische strukturelle Problemformel auf, ebenso wie bereits die gesellschaftlichen Strukturprimate der segmentären Differenzierung, der Differenzierung nach Zentrum/Peripherie, der stratifikatorischen Differenzierung und schließlich der funktionalen Differenzierung eine je spezifische Problemformel aufwiesen. Anhand historisch-vergleichender Studien zu ganz unterschiedlichen empirischen Themen wie Architektur, Wissenschaft, Universität, Organisation oder Familie wird vermutet, dass sich die nächste Gesellschaft durch eine ökologische Ordnung auszeichnet: Die nächste Gesellschaft sei zu verstehen als eine Population von Kontrollprojekten, bestehend aus ökologisch geordneten heterogenen Einheiten (Baecker 2007, S. 9f). Die Vermutung einer durch den Computer ausgelösten Veränderung der Gesellschaft hin zur nächsten, ökologisch-heterarchischen Primärstruktur sieht sich im Kontext der Luhmannschen Gesellschaftstheorie und bezieht sich explizit auf eine These, die in der Gesellschaft der Gesellschaft am Ende des Kapitels über Kommunikationsmedien aufgestellt wird. Hier heißt es, dass die Gesellschaft die Einführung von Schrift, Buchdruck und Computer nur überlebt habe, weil es ihr gelungen sei, so genannte Kulturformen des selektiven Umgangs mit dem durch die neuen Medien produzierten Überschusssinn zu finden.1 In den Studien zur nächsten Gesellschaft bezieht sich Baecker ausschließlich auf dieses Konzept der Kulturform sowie das jeweils neu hinzugekommende Verbreitungsmedium: Weil Luhmann zwar seine These von 1

Baecker 2007, S. 10, zitiert: Luhmann 1999a, S. 405ff; der Begriff der Kulturform sowie die von Baecker im folgenden aufgegriffenen Gedanken finden sich dort insbesondere S. 410-412.

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der Kulturform einer Gesellschaft auf einen von allen Kommunikationsmedien dieser Gesellschaft (Sprache, Schrift, Buchdruck und Fernsehen, Geld, Macht, Wahrheit und Liebe) produzierten Überschusssinn beziehe, dann jedoch diese These nur an Verbreitungsmedien (im Unterschied zu Erfolgsmedien) vorführe, könne diese Vorgehensweise als beispielhaft angesehen und für die Studien zur nächsten Gesellschaft entsprechend vorgegangen werden (Baecker 2007, S. 11).

2.

Theoriekontext: Unwahrscheinliche Kommunikation

Aufgrund der voranstehenden Darstellung der These von der nächsten Gesellschaft kann zugleich der Ausgangspunkt der im Folgenden zu führenden Diskussion spezifiziert werden: Widersprochen wird nicht der These, dass der Computer als Verbreitungsmedium funktional äquivalent zu Schrift und Buchdruck das Erreichen von Empfängern verändert. Widersprochen wird ebenfalls nicht der Vermutung, dass sich aufgrund dessen Kommunikation – was impliziert: Gesellschaft – verändert. Auch die von Dirk Baecker als spekulativ bezeichnete Vermutung bleibt unwidersprochen, dass sich jede gesellschaftliche Differenzierungsform durch eine je spezifische Kulturform charakterisieren lasse. Die Argumentation setzt vielmehr an genau dem Punkt an, an dem die These der Kulturform auf die Untersuchung von Verbreitungsmedien beschränkt wird. Die Unterscheidung gesellschaftlicher Kulturformen erfolgt bei Luhmann am Ende einer ausführlichen Darstellung von Kommunikationsmedien, also keineswegs allein Verbreitungsmedien. Auf diese Stellung im Kontext von Kommunikationsmedien weist die Einleitung zu den Studien zur nächsten Gesellschaft hin – um dann aus der rhetorischen Vorgehensweise am Kapitelende auf eine paradigmatische Vorgehensweise zu schließen. Dem kann entgegengehalten werden, dass Epochen gesellschaftlicher Strukturkatastrophen sich über die Benennung des charakteristischen Verbreitungsmediums prägnant unterscheiden lassen, was für Luhmann Anlass zu der sprachlichen Engführung gewesen sein mag. Doch nicht aus dem Auftreten, sondern aus dem Durchsetzen eines neuen Verbreitungsmediums kann auf den Wandel des gesellschaftlichen Strukturprimats einschließlich der Kulturform geschlossen werden. Zumindest neben, wenn nicht vor der Frage nach der Kulturform der nächsten Gesellschaft muss deshalb untersucht werden, inwieweit tatsächlich ein gesellschaftlicher Strukturwandel katastrophalen, also grundlegenden Ausmaßes im Zusammenhang mit dem Computer beobachtbar ist. Diese Untersuchung setzt verschiedene theoretische Annahmen voraus, die in diesem Abschnitt unter dem Stichwort „Unwahrscheinliche Kommunikation“ zusammengefasst werden: Das Stattfinden bestimmter Kommunikation ist unwahrscheinlich, weil erstens aus 4

der zeitlichen Theoriegrundierung der Systemtheorie die Enttäuschungsanfälligkeit jeder Struktur folgt und weil zweitens jede Kommunikation mit den drei Problemen von Information, Mitteilung und Verstehen konfrontiert ist.

2. 1 Zeit und Struktur Die Systemtheorie nimmt Kommunikation als Grundelement des Sozialen an. Dies impliziert eine genuin zeitliche Perspektive: Gesellschaft liegt der Prozess des Aneinanderanschließens kommunikativer Operationen basal zugrunde. Indem sich Kommunikation aus ihren eigenen Elementen heraus reproduziert und dafür Zeit braucht, ist sie ein selbstreferentieller Prozess (Luhmann 1984, S. 192ff). Sinnhafte Kommunikation ist die spezifische Operation sozialer Systeme.2 Die Gesamtheit der Kommunikation ist Gesellschaft. Kommunikation als operatives Element des Sozialen (ebenso wie Handlung als Modus der gesellschaftlichen Selbstbeobachtung) verschwindet, sobald die jeweils nächste Operation anschließt (Luhmann 1984, S. 28, 77). Beobachtungen und Schlussfolgerungen lassen sich jedoch nur auf etwas richten, das eine gewisse Zeitfestigkeit aufweist. Das notwendige Gegenstück zur zeitlichen Operation ist deshalb die zeitfeste Struktur. Ganz allgemein ist der Strukturbegriff definiert als Muster erwartbarer Selektionen (Luhmann 1984, S. 66, 74f). Strukturen entstehen, wenn nicht mehr alles mit allem verbunden werden kann und ausgehend von einer zufälligen Verknüpfung durch Wiederholung eine Struktur entsteht (Luhmann 1984, S. 383f). Solche Strukturen gelten für „ewig“ (Luhmann 1984, S. 385), wobei gerade diese Zeitfestigkeit sozialen Wandel ermöglicht: Während einzelne Elemente irreversibel sind, weil sie sofort wieder verschwinden, können erwartbare Strukturen Gegenstand von Änderungsbemähungen werden (Luhmann 1984, S. 188). Die Möglichkeit des Strukturwandels impliziert zugleich ein permanentes Stabilisierungserfordernis: Im Unterschied zum Strukturalismus sind Strukturen in der Luhmannschen Systemtheorie genuin enttäuschungsanfällig, weil sie von den kommunikativen Ereignissen reproduziert werden müssen. Mit jedem neuen Ereignis ist dadurch die Möglichkeit des Andersanschließens verbunden (Luhmann 1984, S. 385, 400), was jede konkrete Struktur stabilisierungsbedürftig macht. Der so zunächst formal bestimmte Strukturbegriff findet je nach Untersuchungsgegenstand und theoretischem Forschungsinteresse unterschiedliche Ausformulierungen. Zu unterschei2

Sinn wird bereits in den 70er Jahren als Grundbegriff der Soziologie vorgeschlagen und trotz der Veränderungen innerhalb der theoretischen Konzeption der Systemtheorie auch bis zum Spätwerk beibehalten, vgl. Luhmann 1971; Luhmann 1984, S. 92-147; Luhmann 1999a, S. 44-60 Zur Umstellung der Systemtheorie von Handlung auf Kommunikation vgl. Luhmann 1999a, S. 33ff; Luhmann 2005b, S. 39f

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den ist insbesondere zwischen semantischen Strukturen und Sozialstrukturen. Semantische Strukturen – oder kurz: Semantik – sind all jene Unterscheidungen, die für die Selektion von Sinninhalten verfügbar gehalten werden.3 Sozialstrukturen beziehen sich auf die Ordnung von Erwartungen. Erwartungsstrukturen stellen eine zeitfeste Verbindung bestimmter Handlungstypen her und fungieren so als soziale Strukturen (Luhmann 1984, S. 139). Erwartungsstrukturen ermöglichen, zeitübergreifende Orientierungen sowohl wechselseitig zu unterstellen, als auch gegebenenfalls zu verändern.4 Darüber hinaus sind separat die sogenannten StrukturIdentitäten zu differenzieren.5 Indem eine spezifische Verbindung von Erwartungen an Identitäten festgemacht werden kann, gewinnen die Erwartungen Zeitfestigkeit. Als StrukturIdentitäten unterscheidet Luhmann Dinge, Personen, Rollen, Programme und Werte (Luhmann 1984, S. 426-433).

2. 2 Bedingungen der Komplexitätssteigerung von Kommunikation Eine Kommunikation kommt zustande, wenn drei Selektionen aufeinander bezogen stattfinden: Die Selektion einer Information (Information), die Selektion, diese Information mitzuteilen (Mitteilung) und schließlich die Selektion, an diese mitgeteilte Information kongruent – also bezogen auf diese Information sinnvoll – anzuschließen (Verstehen) (Luhmann 1999a, S. 290f, 316f; Luhmann 2005a, S. 212f; Luhmann 2005e, S. 29). Weder die Verständlichkeit der Information, noch das Erreichen eines Empfängers und nicht die Anschlussfähigkeit einer mitgeteilten Information sind ohne Weiteres gegeben. Zugleich gilt, dass wenn mit Verständnis, Erreichen von Empfängern oder Erfolg nicht gerechnet werden kann, die entsprechende kommunikative Offerte in der Regel unterbleibt.6 Entsprechend ist Kommunikation mit drei Unwahrscheinlichkeitsschwellen behaftet (Luhmann 1999a, Kap 2: Kommunikationsmedien, v.a. 290f, 316f; Luhmann 2005a, S. 29; Luhmann 2005e). An dieser Stelle setzt die Entwicklung der systemtheoretischen Medientheorie an. Wenn Kommunikation insgesamt und erst recht bestimmte Kommunikation unwahrscheinlich ist,

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Semantik ist verstanden als kontingent typisierter Sinn, d.h. als generalisierter und damit relativ situationsunabhängig verfügbarer Sinn, der immer eine Selektion und prinzipiell auch anders möglich ist, vgl. Luhmann 1980, S. 17ff 4 Luhmann 1984, S. 414 „Erwartung“ ist hier nicht als innerpsychischer Vorgang, sondern als kommunikative Sinnform gemeint (Luhmann 1984, S. 399), die strukturell die Wahl bestimmter Handlungen nahe legen. Dabei beziehen sich „Verhaltenserwartungen“ generell auf kommunikativ adressierbare Einheiten. Dazu gehören neben Personen z.B. auch Organisationen. 5 Luhmann bringt hier das Beispiel von Büchern und Liegestühlen, die jeweils verschiedene Erwartungen zusammenfassen, wobei man zufällig von beiden erwarten kann, dass sie zusammenklappen können – was dann aber sehr Unterschiedliches bedeutet, vgl. Luhmann 1984, S. 426f 6 „Man wird Kommunikationen unterlassen, wenn Erreichen von Personen, Verständnis und Erfolg nicht ausreichend als gesichert erscheinen.“, vgl. Luhmann 2005e, S. 31

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aber wie selbstverständlich stattfindet, kann dies als soziologische Leitfrage dienen. Entsprechend den drei Unwahrscheinlichkeitsschwellen werden drei verschiedene Typen von Medien unterschieden. Auf das erste Problem des Verstehens reagiert Sprache. Auf die Schwierigkeit des Erreichens von Empfängern sind die Verbreitungsmedien spezialisiert. Hier kommen Schrift und Buchdruck ins Spiel. Die dritte Unwahrscheinlichkeitsschwelle schließlich, der Erfolg kommunikativer Offerten, wird durch unterschiedliche Erfolgsmechanismen erwartbar gemacht. Für den Übergang zur funktional differenzierten Gesellschaft ist die Entstehung funktionsspezifischer Erfolgsmedien zentral: Indem Sonderprobleme wie die des Rechts, der Wirtschaft oder der Politik in ebenso harte wie asymmetrische Codierungs-Alternativen (Recht/Unrecht, Zahlung/Nichtzahlung) überführt werden, können sich Sondersemantiken und später unter entsprechenden Bedingungen Funktionssysteme bilden (Luhmann 1999a; Luhmann 2005a). Der Entstehung funktionsspezifischer Erfolgsmedien, die als Codierung der Funktionssysteme im Sinne gesellschaftlicher Subsysteme fungieren können, ist an dieser Stelle besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Bereits 1981 konstatiert Luhmann im Zusammenhang mit der Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation: „Die drei Arten von Unwahrscheinlichkeit verstärken sich wechselseitig. Sie können nicht eine nach der anderen abgearbeitet und in Wahrscheinlichkeiten transformiert werden. Wenn eines der Probleme gelöst ist, wird die Lösung der anderen umso schwieriger. Wenn man eine Kommunikation richtig versteht, hat man umso mehr Gründe, sie abzulehnen. Wenn die Kommunikation den Kreis der Anwesenden überschreitet, wird Verstehen schwieriger und Ablehnen wiederum leichter.“ (Luhmann 2005e, S. 31f, erstveröffentlicht auf englisch im Jahr 1981).

3.

Komplexität und Gesellschaft

Dieser Theoriekontext hat Konsequenzen für die Beantwortung der Frage, welche Aspekte bei der Untersuchung eines Zusammenhangs von Verbreitungsmedium und gesellschaftlicher Primärstruktur zu berücksichtigen sind. Nimmt man an, dass der Hinweis auf „Sprache“ zur Bearbeitung der Unwahrscheinlichkeitsschwelle der Verständlichkeit ausreicht,7 so verbleiben neben der Variable des Verbreitungsmediums mindestens noch zwei weitere Faktoren: erstens der Aspekt des Erfolgsmechanismus, der unter Bedingung des Erreichens von mehr Empfän7

Dieser Aspekt wird bei Luhmann nicht weiter behandelt. Zu vermuten ist jedoch, dass es zu einer Vereinheitlichung von Sprache bzw. jedenfalls der Verkehrssprache kommt, wie sie sowohl infolge der Entstehung von Schrift, als auch infolge der Entstehung des Buchdrucks tatsächlich beobachtbar ist. Hier steht die empirische Studie über das Verschwinden von Dialekten einerseits, zugleich aber auch die Variation von Sprache und die Entstehung neuer dialektartiger Formate (etwa in Chat-Foren) noch aus.

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gern die Anschlussfähigkeit sichert, sowie zweitens der Typus von Sozialstruktur, der kommunikative Erwartungsstrukturen auf dem höheren Komplexitätsniveau zuverlässig erwartbar macht. Beide Aspekte ergeben sich aus der oben skizzierten Grundannahme der Unwahrscheinlichkeit bestimmter kommunikativer Strukturen. Die Grenzen der jeweils möglichen gesellschaftlichen Komplexitätssteigerung werden beschränkt nicht nur durch die Erreichbarkeit von Empfängern, sondern zugleich durch die Aussicht auf Erfolg der Kommunikation und die Grenzen der sozialstrukturellen Verarbeitbarkeit dieser Kommunikation. Der erste Aspekt, die Frage nach der Erfolgsaussicht von Kommunikation, ergibt sich direkt aus den oben erwähnten Unwahrscheinlichkeitsschwellen der Kommunikation. Wenn mit einem neuen Verbreitungsmedium das Erreichen von mehr Empfängern möglich wird, impliziert dies eine Komplexitätssteigerung gesellschaftlicher Kommunikation nur unter der Bedingung, dass außerdem ein Mechanismus entsteht, der die Annahme so ermöglichter Kommunikation wahrscheinlich macht. Die Ausdifferenzierung der Erfolgmedien als Erfolgsmechanismus zum Umgang mit den durch den Buchdruck entstehenden kommunikativen Zumutungen ist jedenfalls ein, wenn nicht das zentrale gesellschaftstheoretische Argument für die Umstellung der gesellschaftlichen Primärstruktur auf funktionale Differenzierung. Moral findet sich bei Luhmann deshalb als untergeordneter Mechanismus, weil sie zwar in einer stratifizierten Gesellschaft in der Lage war, die kommunikativen Herausforderungen durch das Verbreitungsmedium Schrift aufzufangen, mit den Verbreitungsmöglichkeiten des Buchdrucks aber an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangt (Luhmann 1999a, Kap. 2; Luhmann 2005a). Die Entstehung eines neuen Verbreitungsmediums erzwingt deshalb die Frage, inwieweit ein funktionales Äquivalent auf der Ebene der Erfolgsmechanismen im Entstehen begriffen ist, das die Annahme kommunikativer Offerten unter Bedingung neuer Verbreitungsmöglichkeiten wahrscheinlich macht. Der zweite Aspekt, die Grenzen der sozialstrukturellen Verarbeitbarkeit, mag in der Luhmannschen Gesellschaftstheorie als nachrangiger Aspekt erscheinen. Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass dem Übergang von der Erwartungsstabilisierung über Rollen auf die Erwartungsstabilisierung über Organisationen als Bedingung funktionaler Differenzierung ebenso große Aufmerksamkeit gewidmet wird, wie dem Übergang von Moral zu Erfolgsmedien hinsichtlich der Erfolgsmechanismen. Aus der Grundanlage der Theorie, nach der Kommunikationen operativ aneinander anschließen, folgt die genuine Enttäuschungsanfälligkeit von Strukturen. Wenn mit der Entstehung eines neuen Verbreitungsmediums die Anschlussmöglichkeiten von Kommunikation sowie das Komplexitätsniveau von Kommunikation insgesamt steigen, bedarf es Mechanismen der Strukturstabilisierung, die Strukturen auf dem höheren 8

Komplexitätsniveau absichern. Eine zentrale Ausgangsthese der Luhmannschen Gesellschaftstheorie ist, dass formale Organisation eine solche Möglichkeit der Bildung und Absicherung von Erwartungsstrukturen auf höherem Komplexitätsniveau liefert, indem über das Prinzip der freiwilligen, vertraglich festgelegten Mitgliedschaft die Verpflichtung auf organisationsspezifische

(statt

gesellschaftsweite)

Verhaltenserwartungen

ermöglicht

wird

(Luhmann 1995; Luhmann 1999c). Die Möglichkeiten gesellschaftlicher Strukturstabilisierung implizieren eine Komplexitätsgrenze, verstanden als Grenze der kommunikativen Komplexitätssteigerung eines bestimmten Gesellschaftstyps. Solange für die Einrichtung von Verhaltenserwartungen nur Personen zur Verfügung stehen, liegen die Grenzen der gesellschaftlichen Komplexitätsverarbeitung in dem, was von Einzelpersonen an Verhalten erwartet werden kann. Durch eine Ausbildung von Rollen können derartige Verhaltenserwartungen zwar über spezifische Interaktionskontexte hinaus generalisiert werden. Die Komplexität der Erwartungen bleibt aber auf die Person als Zurechnungs- und vor allem Sanktionsadresse begrenzt. Die Entstehung formaler Organisation mit kontingenter Mitgliedschaft erweitert diese Komplexitätsgrenze auf das, von dem erwartet wird, dass die jeweilige Organisation sie zu kontrollieren, also über sie zu entscheiden, in der Lage ist. Die Komplexitätsgrenze liegt somit in den Kontrollmöglichkeiten der Buchhaltung. Unterscheidet man im Anschluss an die Luhmannsche Gesellschaftstheorie zwischen dem gesellschaftlichen Strukturprimat der Stratifikation und der funktionalen Differenzierung und ergänzt mit Dirk Baecker die „nächste Gesellschaft“, ergibt sich als Zusammenfassung folgende Tabelle, die in den nächsten drei Unterabschnitten erläutert wird:

Gesellschaftstyp

Stratifiziert

Funktional diff.

Nächste Gesellschaft

Verbreitungsmedium

Schrift

Buchdruck

Computer

Erfolgsmechanismus

Moral

Erfolgsmedien

Erfolgsmedien +?

Strukturstabilisierung Rollen

Organisation

Organisation +?

Komplexitätsgrenze

Buchhaltung

Computer-Buchhaltung

Person

Eigene Abbildung

3. 1 Stratifikation Die primär über Stratifikation differenzierte Gesellschaft zeichnet sich neben dem Verbreitungsmedium Schrift aus durch die Entstehung einer über die Grenzen segmentärer Gruppen hinaus generalisierten Moral (Luhmann 1999a, S. 230ff). Solange Erwartungen nur innerhalb 9

einer Gruppe verlässlich erwartbar sind, außerhalb der eigenen Gruppe aber von anderen Erwartungen, anderen Wertmaßstäben, abweichenden Verhaltensweisen ausgegangen werden muss, genügt das Erreichen von Empfängern außerhalb der eigenen Gruppe nicht, um erfolgreich zu kommunizieren. Entscheidend ist darüber hinaus auf der Ebene der Sozialstruktur die Innovation der generalisierten Rollenstruktur. Mit Rollen, die überinteraktional generalisiert sind, entsteht die Möglichkeit, komplexere Verhaltenserwartungen zu stabilisieren. Diese Bedingungen werden am Beispiel der Verwendung von Pharmaka deutlich.8 Pharmaka zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Eigenschaften als genuin obskur, also unerkennbar gelten. Der grüne Trank der Vorantike ebenso wie die kleine weiße Tablette unserer Zeit ist weder in ihrer Identität noch in ihrer Qualität aufgrund von Alltagserfahrungen erkennbar. Die Stabilisierung der Erwartung, dass ein solches Pharmakon gefahrlos oder gar heilbringend verwendet werden kann, ist somit voraussetzungsvoll. In der Vorantike gab es zwar bereits Pharmaka, ihre Verwendung war aber entweder auf Extremsituationen oder auf eine kleine soziale Schicht begrenzt. Zauberinnen und Wundärzte hatten vor allem als Personen eine bestimmte Reputation. Erst um 400 v.Chr. beginnt sich gleichzeitig mit dem Corpus Hippokratikus der Arzt als überregionale Rolle auszudifferenzieren. In den folgenden Jahrhunderten ist mit der Verbreitung von Rolle und verschriftlichten medizinischen Kenntnissen eine rasante Komplexitätssteigerung des verfügbaren Arzneischatzes zu verzeichnen.9 Etwa im 10. Jahrhundert n.Chr. differenziert sich die separate Strukturidentität der Apothekerrolle aus, womit erneut eine Komplexitätssteigerung einhergeht. Über zunächst die Arzt- sowie dann die Apothekerrolle ist ohne besondere Kenntnis der je konkreten Person überinteraktional erwartbar, dass Pharmaka die erwarteten Identitäts- und Qualitätserfordernisse zur intendierten Verwendung erfüllen. Diese die stratifizierte Gesellschaftsform auszeichnende Verbindung von Schrift als Verbreitungsmedium, Moral als Erfolgsmechanismus und Rollen als dem dominanten sozialstrukturellen Typus findet die Grenze möglicher Komplexitätssteigerung in dem, was von Personen sinnvollerweise erwartet werden kann. Verhaltenserwartungen sind überinteraktional generalisiert, und über Schrift und Rollen kann die Komplexität solcher Erwartungen gesteigert werden. Allerdings sind Moral als Erfolgsmechanismus und Rollen als dominierender Sozialstrukturtypus auf Personen als Zurechnungsadresse ausgerichtet. Für den Bereich des Pharmazeutischen impliziert dies, dass die Komplexität jedes einzelnen Arzneimittels sowie eines verfügbar zu haltenden Arzneischatzes insgesamt nicht größer werden kann, als was von der 8

Vgl. als pharmaziehistorische Sekundärliteratur wenn nicht anders zitiert: Schmitz 1998a; Schmitz 1998b Deutliche wird dies im Vergleich der pharmazeutisch-medizinischen Literatur seit dem Corpus Hippokratikus, vgl. Schulze 2002 9

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konkreten Person des Apothekers als Rollenvertreter zu erkennen, herzustellen, aufzubewahren und richtig abzugeben erwartet werden kann.

3. 2 Funktionale Differenzierung Der Übergang von der primär stratifizierten zur primär funktional differenzierten Gesellschaft impliziert einen grundsätzlichen Strukturwandel. Zentrales Charakteristikum dieses Strukturwandels ist die Ergänzung des Verbreitungsmediums Schrift durch das Verbreitungsmedium Buchdruck. Für die Komplexitätssteigerung gesellschaftlicher Kommunikation kommen hinzu die Entstehung funktionsspezifischer Erfolgsmedien und formaler Organisation als eigenständiger Zurechnungsadresse. Diese drei Veränderungen – Buchdruck, Erfolgsmedien und Organisation – stehen in einem Verhältnis der Ko-Evolution. Mit dem Buchdruck steigen die Möglichkeiten des Erreichens von Empfängern kommunikativer Offerten. Gerade diese Steigerung kommunikativer Angebote stellt vor das Problem, unter welchen Bedingungen an welche kommunikativen Angebote kongruent angeschlossen werden kann. Moral bleibt relevant. Als primärer Erfolgsmechanismus erweist sie sich jedoch zunehmend als unterkomplex. An die Stelle der Moral tritt als spezifischerer Erfolgsmechanismus das Prinzip der Erfolgsmedien. Kongruentes Anschließen an kommunikative Offerten erfolgt zunehmend nach funktionsspezifischen anstelle generell moralischer Prinzipien. Die theoretische Grundidee besagt, dass an sich unwahrscheinliche Kommunikationen erfolgreich werden, indem die potentiell unbegrenzten Anschlussmöglichkeiten in die Form einer harten Alternative gebracht werden, die zudem asymmetrisch gebaut ist. Eine kommunikative Offerte gewinnt an Anschlussfähigkeit, wenn sie auf diese Weise auf Wahrheit, Recht oder Zahlung referiert. Luhmann beschreibt, dass derartige Unterscheidungen bereits in der Antike entstehen und als Sondersemantiken Kommunikation spezifizieren. Primär – das heißt: vor Moral – relevant werden diese Erfolgsmedien im Übergang zur funktional differenzierten Gesellschaft. In dieser Phase kommt es zur kommunikativen Schließung funktionsspezifischer Kommunikationen: An Zahlung können nur noch andere Zahlungen anschließen, an Wahrheit nur Wahrheitskommunikationen.10 Mit diesen beiden Veränderungen – der Entstehung des Verbreitungsmediums Buchdruck und der Ausdifferenzierung von Erfolgsmedien als funktionsspezifischen Codierungen – kommt es zum Wandel des gesellschaftlichen Strukturprimats. Der Buchdruck erweitert die Möglichkeiten des Erreichens von Empfängern, der neue Erfolgsmechanismus ermöglicht eine funkti10

Vgl. v.a. Luhmann 1999a, S. 316ff; als konzeptionelle Einführung der Luhmannschen Version der Erfolgsmedien, vgl. Luhmann 2005a (ursprünglich veröffentlicht 1974 in der Zeitschrift für Soziologie).

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onsspezifische Komplexitätssteigerung. Über diesen primär semantischen Zusammenhang darf jedoch eine dritte soziale Innovation nicht vergessen werden, von dem die primär funktional differenzierte Gesellschaft ebenfalls geprägt ist: Die sozialstrukturelle Innovation der formalen Organisation. Für die über spezifische Erfolgsmedien ausdifferenzierten Funktionssysteme ist die Entstehung funktionsspezifischer formaler Organisationen durchgehend relevant. Zwar sind formale Organisationen für verschiedene Funktionssysteme unterschiedlich bedeutsam – die Kunst der Gesellschaft ist weniger durch funktionsspezifische Organisationen geprägt als die Wirtschaft der Gesellschaft. Gleichwohl macht formale Organisation nunmehr einen Unterschied und die unterschiedliche Entwicklung verschiedener Funktionssysteme wird nicht zuletzt auf die jeweilige Einbindung formaler Organisation zurückgeführt.11 Über solche funktionssystemspezifische Unterschiede in der Bedeutung formaler Organisation hinaus ist formale Organisation gesellschaftstheoretisch betrachtet in zweifacher Hinsicht relevant. Erstens entsteht mit formaler Organisation ein neuer Typus von sozialer Zurechnungsadresse. Über Jahrtausende sind allein Personen die zentrale oder gar einzige Adresse von Verhaltenserwartungen. Rollen fungieren zwar als von Personen dezidiert unterschiedene Strukturidentität. Doch muss eine Rolle immer von einer Person ausgeübt werden. Im Unterschied zu Rollen sind Organisationen eigenständige soziale Einheiten und werden wie Personen als gesellschaftliche „Akteure“ angesehen.12 Zweitens entwickeln Organisationen je eigenständige Komplexität (Luhmann 1995; Luhmann 1999a, S. 830f; Luhmann 2000). Für Gesellschaft geht mit der Entstehung von Organisation somit die Möglichkeit einer erheblich gesteigerten Komplexitätsverarbeitung einher. Während gesellschaftliche Komplexität bislang ihre Grenzen in dem über Rollen Regel- und von Personen Erwartbaren fand, so liegen diese Grenzen nun in dem durch organisierte Entscheidungsprozesse Kontrollierbaren. Die funktional differenzierte Gesellschaft zeichnet sich gegenüber einer primär stratifizierten Gesellschaft durch ein höheres kommunikatives Komplexitätsniveau aus. Diese Komplexi11

Zum Verhältnis von Organisation und Gesellschaft, vgl. Luhmann 1999a, S. 826ff; Luhmann 2000, S. 380ff. Zur unterschiedlichen Bedeutung formaler Organisation für verschiedene Funktionssysteme stellt Luhmann insbesondere grundsätzliche Überlegungen an. Zum einen geht er davon aus, dass Funktionssysteme, deren Funktion der Veränderung gesellschaftlicher Umwelt liegt – also v.a. Erziehung und Krankenbehandlung – stärker als andere Funktionssysteme von Organisation abhängig sind, dafür jedoch weniger bis nicht abhängig von Erfolgsmedien, vgl. Luhmann 1999a, S. 407f; Luhmann 2005d. Die andere These besagt, dass der Grad, in dem formale Organisation für ein Funktionssysteme relevant wird, ein Faktor für dessen Entwicklung und Relevanz im Verhältnis zu anderen Funktionssystemen ist, vgl. Luhmann 1999b, S. 320ff 12 Als Voraussetzung gilt, dass die „Intention“ intentionalen Handelns sich auf die von den beteiligten Individuen erwartete gemeinsame Wirkung koordinierten Handelns bezieht, vgl. Scharpf 2000, S. 101 Bereits Ende der 1970er Jahre beschreibt Karl Weick demgegenüber, dass Organisation – im Sinne eines „komplexen Akteurs“ keineswegs auf gleichgerichtete Interessen der Organisationsmitglieder angewiesen ist, worin einer ihrer Stabilitätsvorteile gesehen werden kann, vgl. Weick 1985, S. 133ff Dem entspricht, dass nicht nur „natürliche Personen“ rechtsfähig sind, sondern auch „juristische Personen“.

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tätssteigerung basiert auf den höheren Verbreitungsmöglichkeiten von Kommunikation durch den Buchdruck, auf dem gegenüber Moral spezifischeren Erfolgsmechanismus der jeweils funktionsspezifischen Erfolgsmedien und den höheren Komplexitätsverarbeitungsmöglichkeiten von formaler Organisation gegenüber gesellschaftlichen Strukturrollen. Die Grenzen einer so ermöglichten Komplexitätssteigerung liegen ebenfalls auf allen diesen drei Ebenen. Als der wesentlich begrenzende Faktor kann die Verarbeitungskapazität der formalen Organisationen angesehen werden. Formale Organisation muss in der Lage sein, ihre Entscheidungsprogramme zu kontrollieren. Mit der doppelten Buchführung liegt bereits im 16. Jahrhundert eine effektive Möglichkeit der Komplexitätskontrolle vor, auf die formale Organisation zurückgreifen kann. Die Komplexitätsgrenzen liegen in den Grenzen einer auf dem Papier von Hand durchgeführten doppelten Buchführung.

3. 3 Nächste Gesellschaft ? Vor diesem Hintergrund wird unmittelbar einsichtig, dass der Computer einen Unterschied macht. Wie bereits Schrift und Buchdruck erweitert der Computer die Möglichkeit des Erreichens von Empfängern kommunikativer Offerten. Doch diese Innovation hinsichtlich der Verbreitung von Kommunikation löst nicht allein schon einen kommunikativen Komplexitätssprung aus. Dazu käme es erst, wenn – ähnlich der Ausdifferenzierung von Erfolgsmedien im Übergang zum Strukturprimat funktionaler Differenzierung – ein neuer Erfolgsmechanismus sich ausbildete, der die zusätzliche Komplexität mit zusätzlichen Annahmechancen versähe. Bislang ist nicht ersichtlich, was als zusätzlicher oder zu den Erfolgsmedien funktional äquivalenter komplexitätssteigernder Erfolgsmechanismus in Frage kommen könnte und wurde auch kein theoretisches Angebot in diese Richtung gemacht. Nur geringfügig anders verhält sich die soziologische Beobachtungslage hinsichtlich der sozialstrukturellen Ebene. Waren für den Übergang zur stratifizierten Gesellschaft die Entstehung von Rollen und für den Übergang zur funktional differenzierten Gesellschaft die Entstehung formaler Organisationen von wesentlicher Bedeutung, so ist auf dieser sozialstrukturellen Ebene bislang keine durchgreifende Innovation beobachtbar, die auf einen grundsätzlichen Wandel des gesellschaftlichen Strukturprimats hindeuten könnte. Ein hierzu gemachter Vorschlag geht dahin, Netzwerke als sozialstrukturelle Innovation zu sehen – ein Vorschlag, der eine grundsätzliche Schwierigkeit birgt: Es wird nicht deutlich, wie Netzwerke auf eine netzwerk-spezifische Art und Weise die Erfüllung von Verhaltenserwartungen sichern. Netzwerke werden definiert über den Hinweis auf einen „Organisationsgrenzen überschreitenden“ Mitgliedschaftsbegriff von Netzwerkorganisationen“ (Baecker 2007, S. 49) und mögen die durch 13

Entscheidungsreproduktion gezogenen Grenzen von Organisationen überschreiten – doch unklar bleibt, wie diese Netzwerk-Mitgliedschaft das Verhalten von Personen in besonderer Weise stabil festlegt. Über kontingente Mitgliedschaft Verhaltenserwartungen gegen Enttäuschung abzusichern, ist bereits das gesellschaftsevolutionäre Novum der formalen Organisation. Fraglich ist, inwieweit Netzwerke einen Modus der Stabilisierung von Verhaltenserwartungen bereithalten, der sich von der interaktiven Kontrolle der Gruppe und der mit Mitgliedschaftsentzug drohenden Kontrolle der Organisation unterscheidet sowie effektiv in der Lage ist, bestimmte Verhaltenserwartungen gegen etwaige Eigeninteressen der Mitglieder durchzusetzen. In einer Gesellschaft, die neben Schrift und Buchdruck über den Computer verfügt, bleibt, so die hier vertretene Schlussfolgerung, formale Organisation der zentrale sozialstrukturelle Faktor zur Ordnung von Verhaltenserwartungen.

4.

Konsequenzen als ungelöste Probleme am Beispiel formale Organisation

Meine Gegenposition zur These der „nächsten Gesellschaft“ ist, dass Gesellschaft durch die Entstehung eines neuen Verbreitungsmediums nicht zu einem nächsten Strukturprimat übergeht, sondern in Ermangelung eines neuen Erfolgsmechanismus und einer sozialstrukturellen Innovation an der Integration der neuen kommunikativen Komplexitätsmöglichkeiten zunehmend scheitert. Diese „Überforderungs-These“ ist mindestens ebenso gewagt wie die These der nächsten Gesellschaft. Ihre theoretisch-spekulative Grundlage findet sie in der Beobachtung einer „technisch induzierten, dann aber gebrauchsbestimmten, eigendynamischen Explosion von Kommunikationsmöglichkeiten“ (Luhmann 1999a, S. 302), die Luhmann an den Anfang seines Abschnitts über „Elektronische Medien“ im bereits zitierten Kapitel über Kommunikationsmedien in der Gesellschaft der Gesellschaft stellt. Luhmann war der Ansicht, dass sich die Konsequenzen dieser Neuerungen noch nicht abschätzen ließen, wagt aber eine erste Beschreibung ihrer Strukturen. Zu den in diesem Zusammenhang aufgestellten Beobachtungen gehört, dass durch die Telekommunikation die räumlichen Beschränkungen der Kommunikation gegen Null tendierten; über die Möglichkeiten des Sammelns und Auswertens von Daten die Kommunikation in neuartiger Weise intensiviert und beschleunigt würden; und es Kino und Fernsehen zu einer Verschmelzung von optischer und akustischer Wiedergabe komme, die durch die Schrift markant getrennt waren (Luhmann 1999a, S. 303ff). Ganz abgesehen von den sich daraus ergebenden Anschlussfragen stellt jede einzelne dieser Beobachtungen genug Hypothese für ein ganzes Forschungsprogramm dar. Mit der Weiterentwicklung elektronischer Medien seit Ende der 1990er Jahre kommen weitere Beobachtun14

gen zu möglichen Auswirkungen hinzu. Das betrifft neben den Inhalten, Funktionen und Auswirkungen virtueller Welten wie second life eine Vielzahl von ganz handfesten rechtlichen und politischen Fragen nach der Gestaltung von Eigentumsrechten, dem Verhältnis von Information und Privatheit oder den Bedingungen, unter denen Regulierung angesichts größerer Informationsverarbeitungsmöglichkeiten gestaltet werden kann.13 Diese Themen angemessen zu bearbeiten, würde den Rahmen eines Artikels erheblich überschreiten. Angesichts der empirischen Fokussierung des vorliegenden Sammelbandes wird deshalb die These einer Überforderung der bestehenden Differenzierungsform am Beispiel der formalen Organisation erörtert. Auch diese, bereits auf die Systemreferenz Organisation begrenzte Frage, muss sich auf eine Skizze beschränken. Verdeutlichen sollen diese exemplarischen Ausführungen, welchen Unterschied der Computer für formale Organisation macht und welche unter Umständen problematischen Konsequenzen die so eröffneten kommunikativen Komplexitätspotentiale haben.

4. 1 Formale Organisation Formale Organisation ist ein zentrales Charakteristikum der funktional differenzierten Gesellschaft.14 Organisation als eigenständiger Systemtypus bildet sich durch das Aneinanderanschließen von Entscheidungs-Operationen. Unter Entscheidung ist dabei zu verstehen, dass eine Handlung auf eine an sie gerichtete Erwartung – ob kongruent oder abweichend reagiert (Luhmann 1984, S. 400; Luhmann 1999b, S. 272-301). Entscheidungen in diesem Sinne finden nicht nur in Organisationen statt. Im Unterschied zu Einzelentscheidungen verknüpfen sie sich in Organisationen zu einem Entscheidungszusammenhang: Die Entscheidungen einer Organisation schließen jeweils an die eigenen Entscheidungen an und berücksichtigen vergangene sowie mögliche künftige Entscheidungen. Jeweils organisationseigene Strukturen entstehen, indem die Organisation über die Prämissen ihrer eigenen Entscheidungsfindung entscheidet. Dabei sind als zwei Typen von Entscheidungsprämissen Kommunikationswege (Dienstwege) und Entscheidungsprogramme (Regeln sachlich richtigen Entscheidens) zu unterscheiden (Luhmann 2000, S. 225ff). Gesellschaftstheoretisch betrachtet ist Organisation immer Organisation in Gesellschaft. Dies impliziert die Frage nach der gesellschaftlichen Funktion von Organisation. Die früh formu13

Als Überblick vgl. beispielsweise Rammert 2000; Degele 2002; Schuppert/Voßkuhle 2008. Zur Ausdifferenzierung von Organisation als eigenständiger Systemreferenz, vgl. bereits Luhmann 2005c, erstveröffentlicht 1975 in Marlis Gerhardt (Hrsg.): Die Zukunft der Philosophie, S. 85-107. Bezüglich des Zusammenhangs funktionaler Differenzierung und formaler Organisation vgl. weiter Luhmann 1999a, Kap. 4: Systemdifferenzierung; Luhmann 2000, S. 380ff.

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lierte und für die Entwicklung der Gesellschaftstheorie zentrale These Luhmanns dazu ist, dass formale Organisation die Stabilisierung von Verhaltenserwartungen funktional äquivalent zur Interaktion unter Anwesenden erfüllt (Luhmann 1995). Hinsichtlich dieses Bezugsproblems kann formale Organisation als Alternative zur interaktiven Kontrolle beobachtet werden. Denn mit der Mitgliedschaft verpflichtet sich das Mitglied auf die Erfüllung bestimmter Erwartungen. Kommt ein Mitglied diesen Erwartungen nicht nach, kann ihm die Mitgliedschaft entzogen und an seine Stelle ein anderes Mitglied gesetzt werden. Für Gesellschaft geht mit diesem alternativen Mechanismus der Verhaltens- und damit Erwartungsstabilisierung ein erhebliches Potential an Komplexitätssteigerung einher. Nicht nur die interne Komplexität von Organisation ist steigerbar, indem das Verhalten vieler Personen über Mitgliedschaft, Dienstweg und Programme aufeinander abgestimmt wird. Vor allem entstehen mit Organisationen eigenständig adressierbare Einheiten. Neben Personen können nun auch Organisationen Handlungen zugerechnet werden.

4. 2 Erweiterte Berechenbarkeit von Entscheidungsprozessen Die Einführung „der Computer-Buchhaltung“ bedeutet hinsichtlich der Systemreferenz Organisation eine erhebliche Komplexitätssteigerung. Bereits das Prinzip der Konditionierung von Verhaltenserwartungen über kontingente Mitgliedschaftsverträge in ebenso kontingenten Organisation impliziert gegenüber der gesamtgesellschaftlichen Verhaltenskonditionierung über Rollen die Möglichkeit des Aufbaus organisationsspezifischer Komplexität in sachlicher, zeitlicher und sozialer Hinsicht. Die Grenzen dieser organisationsspezifischen Komplexität liegen in dem, was die jeweilige Organisation über ihre Entscheidungsprämissen koordinieren und kontrollieren kann. Diese Komplexitätsgrenzen werden durch die Computer-Buchhaltung bis an die Entgrenzung hin erweitert. Dies kann wiederum am Beispiel der PharmakonKommunikation verdeutlicht werden: Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war die Komplexität sowohl jedes einzelnen Arzneimittels als auch des Arzneischatzes insgesamt auf das von der Person des Apothekers Leistbare begrenzt. Die Anzahl der pharmazeutischen Grundstoffe und die Komplexität der Arbeitsschritte zur Herstellung eines Arzneimittels mussten von einer Einzelperson erfassbar sein; zeitlich durften Ruhe- und Lagerphasen das von der Einzelperson Überschaubare nicht überschreiten; und sozial konnte zwar Hilfspersonal beschäftigt werden, doch da der Apotheker persönlich für Identität und Qualität der Arzneimittel verantwortlich war, musste jede Entscheidung auf den Apotheker persönlich zurechenbar sein. Entsprechend war die Möglichkeit der Delegierung von Tätigkeiten auf eine persönlich noch kontrollierbare Dimension beschränkt. 16

Formale Organisation verändert diese Verhältnisse grundlegend. Die chemisch statt humoralpathologisch begründeten Arzneimittel wären durch Einzelapotheker weitgehend nicht herstellbar: Da chemische Arzneimittel nicht mehr wie traditionell aus dem ganzen Rohgrundstoff – vor allem Pflanzen – hergestellt werden, sondern ihnen synthetische Wirkstoffe in kleinsten Mengen zugrunde liegen, bedarf es einer Genauigkeit in der Dosierung, die bereits für die frühen Alkaloid-Arzneimittel aus herstellungstechnischen Gründen selbst mit erheblichem Aufwand nicht von Hand leistbar wäre (vgl. dazu auch Ridder 2000). Die industrielle Fertigung ist nicht nur kostengünstiger, sondern bezüglich der Wirkstoff-Arzneimittel sogar sicherer. Dieser Effekt wirkt sich mit dem Fortschritt der pharmazeutischen Chemie zunehmend aus. Die sachliche Komplexitätssteigerung durch das Ineinandergreifen von Handlungen aufgrund organisationaler Entscheidungsprämissen wirkt sich neben der Herstellung vor allem in der Entwicklung neuer Arzneistoffe und Arzneiformen aus. Gingen erste chemischpharmazeutische Entdeckungen noch auf Einzelpersonen – Ärzte und Apotheker – zurück, so sinkt deren Anteil im Verlauf des 19. Jahrhunderts zugunsten organisierter Forschung insbesondere der pharmazeutischen Industrie (Schmitz 1998b, S. 460ff). Parallel erfolgt eine zeitliche und sachliche Komplexitätssteigerung, die sich in den erweiterten Forschungs- und Entwicklungszeiten niederschlagen sowie sozial im Zusammenwirken einer Vielzahl von Spezialisten. Diese Entwicklung hin zu formaler Organisation erfolgt etwa seit den 1880er Jahren. Wurden seit der Jahrhundertwende bereits chemische Grundstoffe durch Apotheker von der chemischen Industrie bezogen, setzt der große Industrialisierungsschub mit der Entstehung eines Patent- und Warenzeichenschutzes in den 1870er Jahren ein (zur Entstehung der Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, vgl. Schmitz 1998b, S. 977ff). Die grundsätzlichen Veränderungen im Bereich der Pharmakon-Kommunikation erfolgen somit auf Grundlage der klassisch buchhalterisch koordinierten und kontrollierten formalen Organisation der funktional differenzierten Gesellschaft. Mit der Einführung des Computers wird diese Entwicklung verstärkt: Seit spätestens den 1970er Jahren gewinnen die organisierten Programme der Herstellung und Entwicklung von Arzneimitteln eine Komplexität, die von der Einzelperson Apotheker nicht nur nicht mit ähnlichem Ergebnis durchgeführt werden könnten, sondern deren Ergebnis auch nur zu kontrollieren der Einzelapotheker in seinem Laboratorium nicht in der Lage ist. Die Tablette als typisch industrielle Darreichungsform anstelle der bis dato üblichen flüssigen Arzneimittel, wird in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu Retard- und Deportarzneiformen weiterentwickelt. Seit den 1980er entstehen außerdem Arzneiformen wie Liposomen, 17

Nanokapseln oder Mikroemulsionen, die als Arzneiträgersysteme im ultrafeinen Teilchengrößenbereich Fortschritte in der gezielten Therapie erzielen und die Verwendung erleichtern. Neue Herstellungsanlagen und -verfahren wie die Exzenterpressen oder die Kodierverfahren zum Ausschluss einer Arzneimittelverwechslung kommen ebenfalls hinzu (Schmitz 1998b, S. 504ff). Parallel zu diesen Entwicklungen auf der Herstellungsebene gehen vom Computer sachliche Komplexitätssteigerungen auf der Entwicklungsebene aus. Das HochdurchsatzScreening oder das Computer Aided Drug Design ermöglicht systematische Forschung anstelle weitgehend zufälliger Entdeckungen (Schmitz 1998b, S. 485ff). Dem entspricht, dass seit den 1970er Jahren standeseigene Organisationen der Apothekerschaft entstehen, die als ebenfalls formal organisierte, selbständige Einheiten die Kapazitäten zur Kontrolle der Qualität der industriellen Fertigarzneimittel haben – vom Einzelapotheker kann diese Leistung bestenfalls noch pro forma eingefordert werden (Schmitz 1998b, S. 771ff). Diese kurzen Stichworte zu den Veränderungen in der Sachdimension weisen bereits auf Erweiterungen hinsichtlich Zeit- und Sozialdimension hin. Nach dicht aufeinander folgenden Neuentdeckungen ganzer Arzneistoffgruppen bis in die 1930er Jahre impliziert pharmazeutische Forschung seitdem stetig zunehmende Entwicklungszeiten. Die Pharma-Branche gilt unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten als Muster-Beispiel für langfristige und in hohem Maße unsicherheitsbehaftete Forschungsinvestitionen (Brealey/Myers 2000, S. 271ff). Die Verschränkung einer Vielzahl unterschiedlicher Experten und Expertengruppen in der Forschung nimmt zu, dasselbe gilt hinsichtlich der verschiedenen Sachaufgaben der Organisation. Erst mit dem Computer wird es möglich, dass sich Unternehmen der Pharmaindustrie zusammenschließen oder gar Teil integrierter Chemie-Konzerne werden. Denn Zusammenschlüsse implizieren neben Größe eine internationale Dimension, die hohe Anforderungen an die Abstimmung regional getrennter Verhaltensprogramme sowie die Integration unterschiedlicher Länder- und Unternehmenskulturen stellt.

4. 3 Konsequenzen als ungelöste Probleme Der Computer macht zweifellos einen Unterschied – für Größe und Ausgestaltung von Organisationen ebenso wie für die organisational bearbeiteten Zwecke. Doch es erfolgt keine grundsätzliche Veränderung des Prinzips formaler Organisation: Nach wie vor ist es formale Organisation, die kommunikative Komplexität verarbeitet; nach wie vor stabilisiert formale Organisation die Erfüllung von Verhaltenserwartungen über beidseitig kontingente Mitgliedschaftsverträge. Statt der Umstellung auf ein grundsätzlich neues Prinzip zeichnet sich ab, dass formale Organisation an die Grenzen ihrer Verarbeitungsfähigkeit stößt. 18

Hinsichtlich der Systemreferenz Organisation ist im ersten Schritt zu konstatieren, dass sich ihre Charakteristika der eigenkomplexen Entscheidungsstrukturen sowie der Erwartungsstabilisierung über Mitgliedschaft als ausgesprochen ausdehnungsfähig und flexibel erweisen. Über den Computer entstehen sowohl internationale Großorganisationen mit einer breiten Produktpalette und einer Vielzahl von Mitarbeitern, als auch ein Typus der „MiniOrganisation“, die mit einem Minimum an Mitarbeitern in einem spezialisierten Bereich einen überproportionalen Marktanteil gewinnen. Beide Typen, die Groß- wie die Mini-Organisation sind auf den Computer angewiesen: Die Großorganisation, um ihre Programme sachlich, zeitlich und sozial aufeinander abzustimmen – ohne Computer unterstütztes Controlling wären Großorganisationen wie Bayer oder VW nicht denkbar; die Mini-Organisationen, um einzelne betriebliche Leistungen ganz über Verwendung des Computers herzustellen – neben den typischen Internet-Startups der 1990er Jahre gehört dazu beispielsweise der Versand von individuell zusammengestelltem Müsli. Im zweiten Schritt zeichnet sich ab, dass formale Organisation an die Grenzen ihrer Verarbeitungsfähigkeit von Komplexität kommt. Ein Indikator für typische Schwierigkeiten formaler Organisationen sind die zunehmend spezialisierten Beratungsdienstleistungen, die formalen Organisationen durch andere formale Organisationen angedient werden. Deutlich wird aus diesen Beratungsangebots-Trends, dass Organisationen nicht nur Beratungsbedarf hinsichtlich klassischer, betriebswirtschaftlicher Aufgaben wie Prozessoptimierung oder Angebotssteuerung haben, sondern zunehmend Anforderungen an die Mitglieder der Organisation gestellt werden: Time-Management, Teamfähigkeit, Umgang mit fremden Kulturen oder personal coaching gehören zu den Dienstleistungen zur Optimierung der Mitarbeiter. Während die klassische Taylorsche Vorstellung eines Betriebs davon ausgeht, dass der dispositive Faktor die Aufgaben des Personals als einem der Produktionsfaktoren festlegt, das Personal qua Mitgliedschaftsvertrag auf die Ausführung dieser Aufgaben verpflichtet wird und damit der Organisationszweck reibungslos erfüllt wird, so wird dieses Ideal einer mechanistischen Pflichterfüllung spätestens mit den Leitkonzepten der lernenden Organisation und der Wissensgesellschaft als unhaltbar offensichtlich.15 Mitglieder sollen nicht mehr nur die Aufgaben ihrer Stellenbeschreibung ausführen, sondern darüber hinaus ein hohes Maß an Flexibilität und Eigeninitiative zeigen. Dies gilt keineswegs nur für Management-Positionen. Projektförmige Arbeitsformen, die gerade in großen Organisationen unter hohem sachlichen und zeitlichen Abstimmungsdruck stehen, aber auch beispielsweise gelockerte Ladenschlusszeiten führen zu unregelmäßigen Arbeitszeiten und ungleichmäßiger Arbeitsbelastung für ganz un15

Vergleiche dazu beispielsweise, Leonard-Barton 1995; Nonaka/Takeuchi 1995; Willke 2004

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terschiedliche Tätigkeiten. Darüber hinaus sind trotz der Standardisierung von Verfahren die Eigeninitiativen von Mitarbeitern relevant für die Entscheidung in Risikosituationen oder bei technischem Versagen. Diese Entwicklung kann als eine „Rückkehr des Individuums“ beobachtet werden oder mit Dirk Baecker als eine Umstellung des Leitprinzips formaler Organisation von Rationalität auf Motivation (Baecker 2007, S. 47ff). Dazu heißt es, dass das Bewusstsein des Menschen im Umgang mit den Unwägbarkeiten der Kommunikation die einzige Ressource sei, die mit der Schnelligkeit der elektronischen Datenverarbeitung zwar nicht Schritt halten, aber ihr Paroli bieten und ihre Möglichkeiten ausnutzen könne (Baecker 2007, S. 51). Mit anderen Worten: Durch den Computer habe Gesellschaft ein Komplexitätsniveau erreicht, das nur noch durch die menschliche Konstitution der Kombination mentaler und sozialer Aufmerksamkeit und unter höchsten Ansprüchen an Zuverlässigkeit bearbeitet werden könne. Eine ähnliche sachliche Grundlage dieser Schlussfolgerung findet sich bereits bei Luhmann. In Organisation und Entscheidung äußert Luhmann in seinen Ausführungen über Technik die Vermutung, dass alles in allem die durch die Technologie selbst bedingten Störungen zunähmen, ohne dass das System noch die Möglichkeit habe, sich auf Handbetrieb umzustellen oder sich durch Zuruf zu koordinieren. Mehr als früher brauche die Organisation jetzt Kompetenzen für das Überbrücken von situativ auftretenden Schwierigkeiten (Luhmann 2000, S. 369). Doch anders als Baecker zieht Luhmann explizit nicht den Schluss auf einen Bedeutungszuwachs des Menschen. Hinsichtlich der Frage, woher die Fähigkeiten des Überbrückens situativer Schwierigkeiten kommen sollten, wenn alles auf den Computer eingestellt sei und die Kompetenzen für Durchgriffe auf andere Stellen des Systems fehlten (Luhmann 2000, S. 369), mutmaßt Luhmann, dass sich mit Geschick ein System der „integrierten Verspätungen“ einrichten lasse, „wenn am Ort genügend Fantasie, Wissen über Alternativen und Durchgriffskompetenz“ (Luhmann 2000, S. 369FN 19, Hervorhebung im Original) aktiviert werden könne. Dass es unter diesen Umständen wieder mehr auf den Menschen ankomme, könne man kaum glauben und erst recht nicht hoffen – jedenfalls liege darin keine Beruhigung (Luhmann 2000, S. 369FN 19). Diese eher pessimistische Auffassung hinsichtlich der Bearbeitbarkeit technologie- und damit komplexitätsbedingter Störungen durch das menschliche Bewusstsein ist aus einem Grund zu teilen, der sich aus den obigen Überlegungen zu den Charakteristika formaler Organisation ergibt: Formaler Organisation mit ihrem Instrument der Entscheidung über Mitgliedschaft fehlt die Handhabe, um Organisationsmitglieder auf umsichtiges, situationsadäquates oder wissensgenerierendes Verhalten zu verpflichten. Zwar ist es möglich, in einem Arbeitsvertrag 20

eine allgemeine Bereitschaft zu Flexibilität und Eigeninitiative festzulegen. Allerdings ist diese Verhaltenserwartung zu unpräzise, um stabile Entscheidungsprogramme darauf zu errichten – geht es doch um Verhalten in gerade nicht vorhersehbaren Situationen. Je stärker Organisationen auf diesen Typus von engagiertem Allgemeinverhalten der Mitarbeiter angewiesen ist, desto stärker mag sie zu einem solchen Verhalten anzureizen oder zu motivieren suchen,16 was aber immer nur in Ergänzung zum eigentlichen Kern der vertraglich geregelten Erwartungsstabilisierung erfolgen kann. Wesentliches Instrument der Stabilisierung von Verhaltenserwartungen in durch vertraglich konstitutierte Mitgliedschaft charakterisierten formalen Organisationen ist die Drohung mit dem Entzug der Mitgliedschaft. Deshalb sind Motivationsmechanismen nicht funktional äquivalent zur vertraglichen Festlegung konkreter Verhaltenerwartungen: Erstens ist „motiviertes“ Verhalten nicht ausreichend formalisierbar, um als konkrete Verhaltenserwartung eingefordert werden zu können; zweitens stehen Motivation und Drohung mit Mitgliedschaftsentzug in einem pädagogischen Widerspruch. Motivation kann formale Vertragsbeziehungen als Mechanismus der Stabilisierung von Verhaltenserwartungen deshalb bestenfalls ergänzen, bildet aber nicht einen auch nur ähnlich effizienten, neuen Typus der Erwartungsstabilisierung. Statt dessen muss vermutet werden, dass gerade die steigenden Ansprüche an das freiwillige Engagement der Organisationsmitglieder zeigt, wie sehr formale Organisation mit ihren bisherigen Mechanismen der Komplexitätsverarbeitung an Grenzen stößt, für die bislang keine Alternative in Sicht ist.

5.

Ausblick

Die voranstehenden Ausführungen gehen von der kommunikationstheoretischen Prämisse aus, dass für einen grundsätzlichen Wandel gesellschaftlicher Kulturform neben der Entstehung eines neuen Verbreitungsmediums ein adäquater Erfolgsmechanismus sowie ein Mechanismus der sozialen Komplexitätsverarbeitung erforderlich sind. Eine gesellschaftstheoretische Skizze zeigt, dass für den Übergang von der stratifizierten zur funktional differenzierten Gesellschaft diese Bedingungen gegeben sind, im Falle des Computers jedoch entsprechende soziale Innovationen bislang nicht beobachtet wurden. Darauf basiert die These, dass der Computer bislang nicht in eine nächste Gesellschaft, sondern an die Grenzen der Komplexitätsverarbeitungsfähigkeit der funktional differenzierten Gesellschaft führt. Das Beispiel der formalen Organisation verdeutlicht, dass Organisation trotz der erweiterten Berechenbarkeit 16

eine Untersuchung außerhalb der von Baecker zitierten Management-Literatur: Åkerstrøm-Andersen/Born 2008

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von Entscheidungen auf die Sanktionsmöglichkeit des Mitgliedschaftsentzugs angewiesen bleibt. Der zunehmende Bedarf an Motivation der Mitarbeiter zu engagiertem Allgemeinverhalten kann als Indikator dafür gesehen werden, dass dieser traditionelle Mechanismus mit zunehmender Komplexität immer weniger hinreicht. Abschließend sei dem eine gesellschaftstheoretische Überlegung zum Verhältnis von Organisation und Gesellschaft hinzugefügt. Eine zentrale Aussage der Luhmannschen Systemtheorie über formale Organisation aus gesellschaftstheoretischer Perspektive besagt, dass die größten und wichtigsten Organisationen einem bestimmten Funktionsprimat zugeordnet werden könnten.17 Schulen, Banken, Universitäten, Gerichte oder Kirche seien hinsichtlich des obersten Organisationszwecks auf die Funktion der Erziehung (Schule), der Wirtschaft (Bank), der Wissenschaft (Universität), des Rechts (Gericht) oder der Religion (Kirche) verpflichtet. Åkerstrøm-Andersen prägt für Organisationen dieses Typus den Begriff der monophonen Organisation (Åkerstrøm-Andersen 2001). Spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist zu beobachten, dass sich diese monophone Orientierung vielfach in eine Polyphonie von Organisationszwecken auflöst, was die einzelnen Entscheidungsoperationen mitunter vor gravierende Prioritätsprobleme stellt (Åkerstrøm-Andersen 2001). Private Schulen, private Universitäten oder private Krankenhäuser beispielsweise müssen sich an der wirtschaftlichen Gewinnorientierung ebenso ausrichten, wie am ursprünglich monophonen Zweck der Erziehung, Wissenschaft oder Krankenbehandlung. Gerade für Kirche als formale Organisation wird deutlich, wie schwierig operatives Entscheiden wird, wenn neben die Ausrichtung an der Religion die Ausrichtung an wirtschaftlichen Kategorien hinzutritt (Stöber 2005; Henkel 2009a). Fragt man nun, wie es zu diesem in ganz unterschiedlichen Kontexten beobachtbaren Trend von monophonen zu polyphonen Organisationen kommt, so kann die Antwort in dem erweiterten Komplexitätsverarbeitungspotential durch das Computer- anstellte des BuchhalterControllings vermutet werden. Organisationstheoretisch betrachtet gibt es keinen organisationseigenen Grund, aus dem eine Organisation ihr Entscheidungsverhalten auf ein einzelnes Funktionsprimat ausrichten sollte. Im Gegenteil. Wenn Organisation darüber definiert ist, mit eigenen Entscheidungen an eigene Entscheidungen anzuschließen und dabei über die Prämissen dieses ihres Entscheidens zu entscheiden, gibt es keinen Grund, weshalb Organisation nicht auch über ihre primäre Zwecksetzung entscheiden können sollte. So betrachtet ist weniger die Polyphonie, als vielmehr die Monophonie von Organisationen erklärungsbedürftig. Meine These ist, dass die durchgängige Festlegung von Organisationen auf einen bestimmten Zweck darin begründet liegt, dass auf diese Weise die Komplexitätsvor17

Nach Luhmann bilden sich die wichtigsten und größten Organisationen innerhalb der Funktionssysteme und übernehmen deren Funktionsprimat sowie deren binäre Codierung, vgl. Luhmann 1999a, S. 841

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teile von Organisation innerhalb der Beschränkungen des Buchhalter-Controllings optimal zum Einsatz gebracht wurden. Mit der Erweiterung der Komplexitätskontrollkapazitäten der Organisation entfällt diese innerorganisationale Notwendigkeit einer monophonen Orientierung. Die Organisation kann die Herstellung mehrerer Produkte ebenso innerorganisational abbilden wie sie eine größere Anzahl von Entscheidungsanforderungen einzubeziehen in der Lage ist. Für Gesellschaft resultiert aus dieser erweiterten Zwecksetzungsfähigkeit formaler Organisationen die Schwierigkeit, nunmehr polyphone Organisationen auf spezifische gesellschaftliche Werte zu verpflichten. Das Konzept der Corporate Social Responsibility verlangt von Organisationen eben diese Selbstverpflichtung auf nicht-betriebswirtschaftliche Werte. Den geringen Erfolg solcher Selbstverpflichtungen zeigt nicht zuletzt die aktuell fortdauernde Finanz- und Wirtschaftskrise. Wie aber sollen Organisationen auf Werte verpflichtet werden? Sowohl der Ruf nach der ordnenden Kraft des Marktes als auch der aktuelle Umschwung in Richtung einer Regulierungsverpflichtung des Staates impliziert zwangsläufig eine Überforderung von Wirtschaft bzw. Politik, wenn man von operationaler Geschlossenheit der Funktionssysteme ausgeht. Dass Management-Problem der Motivation von Mitarbeitern zu engagiertem Verhalten taucht hier als gesellschaftliches Problem der Motivation von Organisationen zu gemeinwohlorientiertem Entscheidungsverhalten wieder auf. In beiden Fällen fehlt ein komplexitätsadäquater Mechanismus der Festlegung und Stabilisierung von Erwartungen. Die Herausforderung liegt darin, mit solchen Schwierigkeiten so umzugehen, dass Erwartungsstabilität gewährleistet ist. Andernfalls entgleitet die Komplexität der Kontrolle selbst der computergestützten Buchführung, was im Falle „systemrelevanter“ Organisationen gesellschaftliche Folgen hat. Diese gesellschaftlichen Folgen liegen nicht nur in einer Überforderung des Staates oder der Staatengemeinschaft, derart außer Kontrolle geratene Organisationen zu restabilisieren. Vor allem besteht die Gefahr, dass sich Komplexitätskontrollschwierigkeiten auf Organisationsebene zu einem Vertrauensverlust in Erwartungsstrukturen auf Gesellschaftsebene auswachsen und schlimmstenfalls eine Hyperinflation der Erfolgsmedien zur Folge haben: Die ursprüngliche Unwahrscheinlichkeit der Annahme von Kommunikationen mit besonderem Zumutungsgehalt kommt dann wieder zum Vorschein – aber jetzt in einer entwickelten Gesellschaft, die das nicht mehr ertragen kann (Luhmann 1999a, S. 384). In diesem Fall käme es anstelle einer nächsten, ökologischen Gesellschaft zum Zusammenbruch der funktional differenzierten.

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6.

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