Sind Obstanlagen geeignete Nahrungs- und Nisthabitate f�r Wildbienen?

May 30, 2017 | Author: Michael Blanke | Category: N/A
Report this link


Description

Erwerbs-Obstbau (2005) 47:27–36 DOI 10.1007/s10341-005-0054-5

ORIGINALBEITRAG

Dieter Wittmann · Daniela Klein · Matthias Schindler · Vera Sieg · Michael Blanke

Sind Obstanlagen geeignete Nahrungs- und Nisthabitate fr Wildbienen? Eingegangen: 7 Dezember 2004 / Angenommen: 21 Dezember 2004 / Online verffentlicht: 11 Mrz 2005  Springer-Verlag 2005

Zusammenfassung Wildbienen sind inzwischen eine allgemein anerkannte Option fr die Bestubung im Obstbau. Ihre Funktion als Bestuber wird vor allem dann erheblich an Bedeutung gewinnen, wenn die Zahl der Imker und der Honigbienenvlker weiter zurckgeht. Wir untersuchten die Bedeutung von Obstanlagen als Nahrungs- und Nisthabitate fr Wildbienen in der Obstversuchsanlage Klein-Altendorf bei Bonn. In dieser Obstversuchsanlage und in ihrer unmittelbaren Umgebung wurden whrend der Vegetationsperiode 2002 und 2003 insgesamt 59 Wildbienenarten nachgewiesen. Whrend der Obstblte wurden 25 Bienenarten erfasst, davon 21 in der Obstanlage. Eine Biotoptypenkartierung ergab, dass weder die Obstversuchsanlage noch ihre Umgebung im Umkreis von einem Kilometer ausreichend Nistmglichkeiten fr Wildbienen boten und somit eine spontane Besiedlung nahezu ausgeschlossen war. Whrend der Obstblte waren erheblichen Ressourcen an Pollen und Nektar vorhanden. Kirschblten enthielten im Mittel der untersuchten Sorten ‘Sam‘, ‘Oktavia‘, ‘Schneiders‘, ‘Regina‘ und ‘Kordia‘ pro Blte 12,5 l Nektar, wobei Blten der Sorte ‘Sam‘ mit 16 l am meisten Nektar enthielten. Die Anzahl Pollenkrner pro Blte lag im Durchschnitt der Kirschsorten bei 74.000, wobei die Sorte ‘Sam‘ mit 99.000 die meisten Pollen hatte. Apfelblten produzierten im Mittel der Sorten ‘Gala‘, ‘Elstar‘, ‘Golden Delicious‘ und ‘Jonagold‘ 8,5 l Nektar, wobei die Sorte ‘Jonagold‘ mit 17 l den meisten Nektar enthielt. Die durchschnittliche Pollenproduktion einer Apfelblte lag bei 46.000; die meisten Pollen (72.000) enthielten Blten der Sorte ‘Gala‘. Eine Modellrechnung zeigt, dass in dieser Obstanlage mit dem Angebot an Kirschpollen/ha 350.000 Individuen der zur Kirschblte fliegenden Osmia cornuta Prof. Dr. D. Wittmann ()) · D. Klein · M. Schindler · V. Sieg Institut fr Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde der Universitt Bonn, Melbweg 42, 53127 Bonn E-Mail: [email protected] M. Blanke Obstversuchsanlage Klein-Altendorf, Meckenheimer Straße 42, 53359 Rheinbach

aufgezogen werden knnten und mit den Apfelpollen/ha 22.200 Individuen der spter auftretenden Mauerbiene Osmia rufa. In den untersuchten Blten der Sßkirschen waren bei einer Sorte bis zu 62% der Pollen taub. Da sie von den Bestubern dennoch auf die Narben bertragen werden, kann dies zu einer Fehlbelegung oder zur Verstopfung der Narbenoberflche fhren. Zudem ist zu erwarten, dass tauber Pollen im Larvenfutter der Wildbienen zu Entwicklungsstrungen oder zum Tod der Larve fhrt. Die Qualitt der Nektar- und Pollenressourcen hngt vom Anbausystem, der Obstart und Sorte ab. Vorgeschlagen werden Maßnahmen zur Gestaltung und Optimierung von Obstanlagen und ihrer Umgebung, mit dem Ziel, Wildbienen nachhaltig anzusiedeln und als Bestuber zu nutzen. Ausschlaggebend hierfr sind Nistpltze fr oberirdisch und im Boden nistende Arten und Nahrungsressourcen, die den Wildbienen auch noch nach der Obstblte zur Verfgung stehen. So kann erreicht werden, dass Wildbienen ihren Lebenszyklus vollenden knnen und im nchsten Frhjahr eine neue Generation fr die Bestubung zur Verfgung steht. Schlsselwrter Apfel (Malus domestica Borkh.) · Bestubung · Honigbiene · Hummel · Mauerbiene · Nektar · Pollen · Sandbiene · Wildbiene

Do orchards provide sufficient forage and nesting sites for native bees? Abstract Solitary bees and bumblebees may gain relevance as pollinators of fruit trees, if the number of beekeepers further decreases. In a field study near Bonn, Germany, the quality of a fruit orchard and its surroundings was investigated as to its suitability as a feeding and nesting habitat for native bees. During the 2002 and 2003 growing period, 59 native bee species were recorded in the area, of which 25 or 21 native bee species were found, respectively, during apple and cherry blossoming in the area or in the fruit orchard. A land use survey showed that neither the orchard nor its surroundings within 1 km offered sufficient nesting sites for native

28

bees, which hampered their spontaneous inhabitation. During the flowering period, considerable amounts of nectar and pollen became available. The cherry varieties ‘Schneiders‘, ‘Sam‘, ‘Oktavia‘, ‘Regina‘ and ‘Kordia‘ contained an average of 12.5 l nectar per blossom, ‘Sam‘ being the best nutritional source (16 l). The average number of pollen grains per cherry blossom was 74,000; single blossoms of ‘Sam‘ produced 99,000 pollen grains per flower. ‘Gala‘, ‘Elstar‘, ‘Golden Delicious‘, and ‘Jonagold‘ apple blossoms contained on average 8.5 l of nectar, with ‘Jonagold‘ containing the most (17 l). The mean number of pollen grains per apple blossom was 46,000; the most pollen (72,000) was found in ‘Gala‘ blossoms. Calculation showed that 1 ha of cherry trees in this orchard could rear 350,000 individuals of Osmia cornuta, which is abundant during cherry blossoming. The pollen available in 1 ha of apple trees was sufficient to rear 22,200 larvae of the mason bee Osmia rufa. Up to 62% of the pollen grains of the studied strains of sweet cherry were malformed and empty. As pollinators collect and deposit such pollen on the stigmas, it may cause clogging of the stigmas. Empty pollen will also be fed to the larvae, which may lead to deficiencies during larval development or even death. The quality of pollen and nectar resources for native bees depended on the size of tree, fruit species, and variety. Measures are suggested to design and improve orchards with the aim of attracting and maintaining populations of pollinators. Fruit orchards may be improved with nesting habitats for ground and above-ground nesting bees and with sufficient foraging plants until late summer. Bees may then complete their life cycles and rear enough offspring for efficient pollination in the coming spring. Keywords Apple (Malus domestica Borkh.) · Bumblebee · Cherry · Honeybee · Mason bee · Pollination · Solitary bee

Droht ein Bestubungsdefizit? Bestubung wurde bisher von vielen Landwirten als eine Serviceleistung verstanden, die unbemerkt und unentgeltlich entweder von Wildbienen aus einer mehr oder weniger intakten Umgebung bezogen wurde oder aber gegen eine geringe Gebhr durch die Honigbienen eines Nebenerwerbs- oder Hobbyimkers erbracht werden musste. Seit mehr als einem Jahrzehnt zeigt die Statistik des Deutschen Imkerbundes einen deutlichen Rckgang der Imker, mit der Konsequenz, dass es auch immer weniger Bienenvlker in Deutschland gibt. Der Hauptgrund hierfr ist bekannt: Der Befall mit der Varroa-Milbe erfordert eine arbeitsaufwndige Pflege und Behandlung der Vlker. Wildlebende Honigbienenvlker gibt es in Deutschland nur noch ußerst selten und wenn, dann kommen sie kaum dort vor, wo sie zur Bestubung von Kulturpflanzen dringend bentigt werden. Auch solitr lebende Wildbienen und Hummeln kommen nur noch selten und mit wenigen Arten in landwirtschaftlichen

Nutzflchen wie in Obstbaugebieten vor (Westrich 1989; Corbet et al. 1994; O‘Toole 1994; Williams 1996; Steffan-Dewenter 1998). Was knnen wir tun, um die Bestubung und damit die landwirtschaftliche Produktion vor allem im Obstbau, aber auch im Gemse- und Saatgutanbau auch in Zukunft zu gewhrleisten? Um einem weltweit drohenden Defizit an Bestubern entgegenzuwirken, wurde bereits bei der Umweltkonferenz der Staaten, Rio de Janeiro 1992, beschlossen, eine internationale Initiative zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der Bestuber zu grnden. Die daraus entstandene „International Pollinator Initiative“ (IPI) wurde 2002 in Nairobi von allen Nationen, die auch die RioKonvention unterschrieben hatten, unterzeichnet. Im selben Jahr formierte sich die European Pollinator Initiative (EPI; http://www.biodiv. org/programmes/areas/agro/ pollinators.asp). Ausdrcklich untersttzt werden diese Initiativen von der FAO (Food and Agriculture Organisation 1989). Das Institut fr landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde der Universitt Bonn (ILZ) hat an der Entstehung der IPI und an der Erstellung des Maßnahmenkatalogs zu ihrer Umsetzung mitgewirkt. In zwei Fallstudien [Diplomarbeiten D. Klein. und V. Sieg] untersuchte das ILZ in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Gartenbau (KOGA) die Eignung verschiedener Wildbienen als Bestuber. Vorrangiges Ziel war, die Qualitt der Nektar- und Pollenressourcen und die Verfgbarkeit von Nistpltzen fr Wildbienen in einer Obstanlage zu ermitteln.

Material und Methoden Standort Die 22 ha große Obstversuchsanlage Klein-Altendorf (OVA) des Instituts fr Gartenbauwissenschaft der Universitt Bonn liegt in der Nhe von Meckenheim (Koordinaten: N 5037,51; E 6 59,32). Die umliegenden Flchen werden landwirtschaftlich und gartenbaulich intensiv genutzt. In einem Umkreis von einem Kilometer um die Anlage wurde eine Biotoptypenkartierung durchgefhrt. Witterungsbedingungen zur Obstblte Die Untersuchungen wurden whrend der Obstblte zwischen dem 25.03.02 und 15.05.02 sowie zwischen dem 06.03.03 und 05.05.03 durchgefhrt. Im Frhjahr 2002 und 2003 erfroren trotz Frostschutzberegnung viele Blten zu Beginn der Apfel- und Sßkirschblte. Whrend der Vollblte in 2002 war das Wetter oft bedeckt und regnerisch. Der Blhzeitraum 2003 war durch eine ausgedehnte Schnwetterperiode mit leichtem Regen gegen Ende der Blte geprgt.

29

Obstblten als Nahrungsressourcen fr Wildbienen Untersucht wurden Apfelblten der Sorten ‘Elstar‘, ‘Gala‘, ‘Golden Delicious‘ und ‘Jonagold‘ auf der Unterlage M9, deren Bume als „schlanke Spindel“ erzogen waren. Bei den Sßkirschen wurden die Sorten ‘Oktavia‘, ‘Regina‘, ‘Sam‘, ‘Schneiders‘ und ‘Kordia‘ auf der Unterlage Gisela 5 ausgewhlt. Um die Nektarproduktion zu ermitteln, wurden von jeder Sorte 5 Bume ausgewhlt, auf jedem 6 Bltenbschel mit Gaze umhllt und je 5 Blten beprobt. In zweitgigen Abstnden wurde die Nektarmenge in den Blten um 8:00 und um 15:00 Uhr mit Kapillarrhrchen gemessen. Zudem wurde die Pollenmenge in den Blten jeder Sorte bestimmt. Hierfr wurden aus 30 Antheren jeder Apfel- und 50 Antheren jeder Sßkirschensorte die Pollenkrner entnommen und ihre Anzahl mit einem Cell Counter + Analyser System (Typ: Casy 1, Modell TT, Schrfe System, Deutschland) bestimmt (Hamm et al. unverffentlicht). Fr die Berechnung der Nektar- und Pollenmenge pro ha wurde jeweils die Anzahl der Blten pro Baum geschtzt und die Zahl der Bume pro ha ermittelt. Pollenangebot und seine Nutzung durch Wildbienen Prinzipiell bieten Obstanlagen im Frhjahr ein reichhaltiges Angebot an Pollen fr Wildbienen. Untersucht und berechnet wurde, wie viele Apfelpollen bzw. Kirschpollen notwendig sind, um eine Larve einer Mauerbiene aufzuziehen. Daraus wurde berechnet, wie viele Larven potenziell aus dem Pollenangebot in der Obstplantage ernhrt werden knnten. Fr diese Berechnung wurde in Brutzellen der Mauerbienen Osmia cornuta (n=8) und Osmia rufa (n=40) die Herkunft des Pollenvorrats analysiert und die Anzahl der Pollenkrner bestimmt. Diese Brutzellen waren whrend der Blte von Apfel und Sßkirsche angelegt worden. Erfassung der Bienenfauna Wildbienen wurden whrend der Obstblte alle zwei bis drei Tage und anschließend bis Anfang September einmal pro Woche mit einem Handkscher gefangen. Um zu berprfen, ob es zu einer spontanen Besiedlung der Obstversuchsanlage durch oberirdisch nistende Wildbienen kommt, wurden in der Obstversuchsanlage 18 Nisthilfen aufgestellt. Diese wurden aus Buchenholzplatten gefertigt, in die 150 mm lange Gnge mit Durchmessern von 4, 6, 8 und 10 mm gebohrt wurden. Je sechs Platten wurden gruppiert (Abb. 1) und in den Baumreihen aufgestellt. Verhalten der Wild- und Honigbienen beim Bltenbesuch Whrend der Blte von Apfel und Sßkirsche wurden die Bltenbesucher erfasst. Hierbei wurde dokumentiert, ob

Abb. 1 Nisthilfe aus 2 Buchenholzplatten mit Bohrgngen fr berirdisch nistende Wildbienen wie Mauerbienen

die Bltenbesucher Pollen trugen und auf welchen Bltenteilen sie landeten und ob es dabei zu Narbenkontakt kam. Außerdem wurde ihr Sammelverhalten (Nektar oder Pollen) und die Verweildauer notiert. Um die Hufigkeit der Bltenbesucher in einem Beobachtungsareal zu messen, wurden an 144 Apfelbumen und 25 Kirschbumen jeweils 20 Bltenbschel markiert. An diesen wurden whrend 5-mintiger Beobachtungsintervalle alle Bltenbesucher erfasst, an Apfelbumen insgesamt 12 h und 4 h an Sßkirschen. Zustzlich wurde das Verhalten der Hummel Bombus terrestris und das der Mauerbiene Osmia cornuta im Folienhaus der Obstversuchsanlage bzw. in einem Flugkfig am Institut fr Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde analysiert.

Ergebnisse Biotoptypenkartierung Die Umgebung der Obstversuchsanlage Klein-Altendorf und damit das Einzugsgebiet potenzieller Bestuber, wird intensiv landwirtschaftlich genutzt (Abb. 2). Auf den Ackerflchen werden berwiegend Getreide und Zuckerrben angebaut (Tabelle 1), die kaum Nahrung fr Bienen bieten. Durch die intensive Bodenbearbeitung auf diesen Flchen sind sie fr die Besiedlung durch bodennistende Wildbienen nicht geeignet. In den Obstanlagen befinden sich Apfel-, Birnen-, Pflaumen- und Kirschpflanzungen. Sie bieten ein reichhaltiges Nahrungsangebot, das allerdings auf das Frhjahr beschrnkt ist. Zudem sind nur wenige Nistmglichkeiten fr oberirdisch oder im Boden nistende Bienen vorhanden. Auf den Flchen der Baumschule werden hauptschlich solche Alleebume und Zierstrucher angepflanzt, die fr Bienen als Nahrungsquelle ungeeignet sind. Die Erdbeerfelder bieten zwar Pollen, jedoch keinen Nektar und keine Nistmglichkeiten. Bienenfauna in Klein-Altendorf whrend der Obstblte Insgesamt wurden whrend der Vegetationsperiode 2002 und 2003 59 Wildbienenarten im Untersuchungsgebiet nachgewiesen. Whrend der Obstblte wurden 25 Arten erfasst, davon 21 in der Obstversuchsanlage. Von diesen waren 5 Arten Kuckucksbienen, die parasitisch leben,

30 Abb. 2 Biotopkartierung in 1 km Umkreis um die Obstversuchsanlage Klein-Altendorf (Farbvorlage; D. Klein, V. Sieg)

Tabelle 1 Anteil der Biotoptypen im Umkreis von 1 km um die OVA Klein-Altendorf und ihre Eignung als Nist- und Nahrungshabitat fr Bienen

Kategorien

Acker Obstkulturen Baumschule Erdbeerfelder Obstbrache Laubwald Brache Straße/Verkehr Gewsser Siedlung Weideflche Gesamtflche

Flche

Flche

[ha]

[%]

165,2 77,2 32,7 5,6 1,2 1,5 1,5 26,7 3,4 1,3 0,5 316,8

52,1 24,4 10,3 1,8 0,4 0,5 0,5 8,4 1,1 0,4 0,2 100

Nisthabitat

Nahrungshabitat

O x xx x xx x xx O O xx x

O xxx x xxx xxx x xxx O O xx x

Kategorien der Habitateignung fr Wildbienen: o = ungeeignet, x = gering geeignet, xx = mittelmßig geeignet, xxx = geeignet, xxxx = gut geeignet, xxxxx = sehr gut geeignet. Ein sehr gutes Nist- und Nahrungshabitat umfasst ein ganzjhrig hohes Blhangebot, viele verschiedene Bltenpflanzen und Gebschstrukturen, offene Flchen fr im Boden nistende Bienenarten und Nistmglichkeiten fr oberirdisch nistende Bienen. OVA Obstversuchsanlage

also keinen Pollen sammeln und somit als Bestuber eine sehr geringe Rolle spielen (Tabelle 2). Von den 1500 (in 2002) und 1000 (in 2003) Bohrgngen, die als Nisthilfe angeboten waren, wurden weniger als 1% von Mauerbienen (Osmia) belegt. Die Sandbiene Andrena haemorrhoa war die einzige Wildbienenart, die in grßerer Individuenzahl vorkam. Zur Obstblte wurden 22 Honigbienenvlker (Apis mellifera) mit jeweils ca. 12.000– 25.000 Bienen in die Versuchsanlage Klein-Altendorf eingestellt.

Hufigkeit der Bltenbesuche auf den Obstbumen Auch bei der Erfassung der bltenbesuchenden Bienen zeigte sich, dass in der Obstversuchsanlage nur wenige Wildbienen aktiv waren. An 2900 Bltenbscheln der Apfelbume konnten whrend insgesamt 12-stndiger Beobachtung 71 Honigbienen und 2 Sandbienen (Andrena haemorrhoa) registriert werden. An 500 Bltenbscheln der Sßkirschen wurden in 4 h 72 Honigbienen, 2 Erdhummeln (Bombus lucorum) und eine Sandbiene (Andrena haemorrhoa) beobachtet.

31 Tabelle 2 Liste der im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Bienenarten (Angaben zur Biologie nach Westrich 1989) Artname

Fundort

Phnologie

Sozialitt/ Generationen

Nisttyp

Blten-besuch

Andrena bicolor F. Andrena carantonica (Pr.) Andrena dorsata (K.) Andrena flavipes (Panz.) Andrena florea F. Andrena fulva (Mller) Andrena haemorrhoa (F.) Andrena hattorfiana (F.) Andrena labiata F. Andrena lathyri (Alfken) Andrena minutula (K.) Andrena minutuloides (Perkins) Andrena proxima (K.) Anthidium strigatum (Panz.) Apis mellifera L. Bombus hortorum (L.) Bombus lapidarius (L.) Bombus lucorum (L.) Bombus pascuorum (Scop.) Bombus pratorum (L.) Bombus ruderarius (Mller) Chelostoma campanularum (K.) Coelioxis inermis (K.) Colletes cunicularius (L.) Colletes daviesanus (Smith) Colletes similis (Schenk) Eucera longicornis L. Halictus rubicundus (Christ) Halictus tumulorum (L.) Heriades truncorum (L.) Hylaeus annularis (K.) Hylaeus communis (Nyl.) Hylaeus confusus (Nyl.) Hylaeus gracilicornis (Mor.) Hylaeus gredleri (Frster) Lasioglossum calceatum (Scop.) Lasioglossum costulatum (Kriech.) Lasioglossum lativentre (Schenk) Lasioglossum leucopus (K.) Lasioglossum morio (F.) Lasioglossum nitidulum (F.) Lasioglossum. pauxillum (Schenck) Lasioglossum villosulum (K.) Megachile centuncularis (L.) Megachile lapponica (Thomson) Megachile versicolor (Smith) Megachile willughbiella (K.) Melitta leporina (Panz.) Nomada fabriciana (L.) Nomada flava PANZ. Nomada fucata PANZ. Nomada marshamella (K.) Nomada panzeri (Lep.) Nomada ruficornis (L.) Nomada succincta (Panz.) Osmia aurulenta (Panz.) Osmia cornuta (Latr.) Osmia leucomelana (K.) Osmia rufa (L.) Stelis ornatula (Klug)

B OVA, B, DB OVA, B, DB OVA, B, DB OVA OVA OVA, B, DB DB B B, DB B, DB DB B DB OVA, B, DB OVA, B, DB OVA, B, DB OVA, B, DB OVA, B, DB OVA, B DB OVA OVA B DB DB DB DB OVA OVA DB OVA, B, DB DB DB OVA OVA, B, DB OVA OVA, B OVA OVA, DB DB OVA, B OVA OVA, DB OVA OVA OVA OVA B OVA, B OVA, B OVA OVA OVA B DB OVA, B OVA, B OVA OVA

‹, ‹ ‹, ‹, › ‹ ‹ › ‹ ‹ ‹, › › › ‹, ‹, ‹, ‹, ‹, ‹ ‹, › › ‹ › › ‹, › › › › › › › › ‹, ‹, ‹, › ‹, › ‹, › › › › › › ‹ ‹ ‹, ‹ ‹ ‹ ‹ ‹, ‹ ‹, ‹ ›

Solit./bi K./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./bi Solit./bi Solit./uni Solit./uni Soz. Psoz. Psoz. Psoz. Psoz. Psoz. Psoz. Solit./uni Klept. Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Psoz. Psoz. Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Solit./uni Psoz. Solit./uni Solit./uni Solit./uni Psoz. Solit./uni Psoz. Solit./bi Uni Uni Uni Uni Uni Klept./bi Klept./uni Klept./bi Klept./uni Klept./uni Klept./uni Klept./uni Uni Uni Uni Uni Klept./uni

endo endo endo endo endo endo endo endo endo endo endo endo endo hyper hyper indiff indiff endo indiff indiff hyper hyper para endo endo endo endo endo endo hyper hyper hyper hyper hyper hyper endo endo endo endo endo endo endo endo hyper hyper hyper hyper endo endo endo endo endo endo endo endo hyper hyper hyper hyper hyper

poly poly poly poly oligo poly Poly oligo poly oligo poly poly oligo poly poly poly poly poly poly poly poly oligo k.A. oligo oligo oligo oligo poly poly oligo poly poly poly poly poly poly oligo poly poly poly poly poly poly poly oligo poly poly oligo k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. poly poly poly poly k.A.

› › ›



› › › › › ›



› › › › ›



› ›

Fundort: OVA Obstversuchsanlage Klein Altendorf, B Bach, DB Saum an der Bahntrasse. Phnologie (Darstellung idealisiert): ‹ MrzMai, › Juni-September; Sozialitt: solit. solitr, k kommunal, psoz. primitv eusozial, soz. hoch eusozial, klept. kleptoparasitisch; Anzahl der Generationen: uni univoltin, bi bivoltin; Nisttyp: endo endogisch, hyper hypergisch, indiff indifferent; Bltenbesuch: oligo oligolektisch, poly polylektisch.

32

sammelten Nektar, 7% sammelten Pollen, bei 8% wurde keine Sammelaktivitt beobachtetet. Von den nektarsammelnden Honigbienen landeten 38% auf der Narbe, wohingegen die Pollensammlerinnen zu 80% die Narbe berhrten. Hummeln und Sandbienen landeten mittig auf der Narbe. In den Blten der Sßkirschen sammelten 64% der Honigbienen ausschließlich Nektar und 36% ausschließlich Pollen. Insgesamt berhrten 75% der Honigbienen bei der Landung die Narbe (Abb. 3). Von den beobachteten Hummeln landeten etwa 97% beim Besuch der Kirschblten auf der Narbe (Tabelle 3). Auffallend war, dass die Hummeln nur kurz auf den Blten verweilten und hufig zwischen den verschiedenen Kirschsorten wechselten. Die Mauerbienen Osmia cornuta, die den Pollen in einer Bauchbrste transportieren, landeten bei 92% ihrer Anflge so auf den Kirschblten, dass sie mit der Bauchbrste die Narbe berhrten (Abb. 3). Auch die Sandbiene Andrena haemorrhoa landete beim Bltenbesuch meist mittig auf der Narbe, sammelte oftmals Pollen und Nektar, wobei sie sich sehr stark mit Pollen einpuderte. Pollen- und Nektarangebot Von den vier untersuchten Apfelsorten enthielten Blten der Sorte ‘Jonagold‘ mit 16,7 l den meisten Nektar, die Blten der brigen drei Apfelsorten 1,8–13,2 l. Die grßte Anzahl an Pollenkrnern wurde in Blten der Apfelsorte ‘Gala‘ nachgewiesen. In Blten der triploiden Apfelsorte ‘Jonagold‘ wurden die wenigsten Pollenkrner gefunden (Tabelle 4), die allerdings fr die Befruchtung im Obstbau keine Rolle spielen. Bei Sßkirschen (Tabelle 5) enthielten die Blten der Sorte ‘Sam‘ die grßte Nektarmenge und die meisten Pollenkrner. ‘Schneiders spte Knorpelkirsche‘ war in diesen Frostjahren die Sorte mit der geringsten Nektarmenge und ‘Kordia‘ die mit den wenigsten Pollenkrnern pro Blte. Obstpollen in den Brutzellen der Mauerbienen

Abb. 3 a Honigbiene auf einer Apfelblte beim Nektar sammeln, ohne Kontakt weder mit den Antheren noch mit der Narbe und daher kein guter Bestuber. b Eine bodennistende Sandbiene Andrena haemorrhoa beim Verlassen ihres Nestes, c beim Besuch einer Kirschblte [Fotos: D. Klein (b), M. Schindler (a,c)].

Verhalten der Bltenbesucher auf den Obstbumen Honigbienen zeigten beim Besuch von Apfelblten deutliche Unterschiede im Verhalten: 85% der Individuen

Weibchen der Mauerbiene Osmia cornuta verproviantierten ihre Brutzellen (n=28) durchschnittlich mit 8,4 Mio. Kirschpollen (Bosch 1994b). Hingegen trugen die Weibchen von Osmia rufa im Mittel pro Brutzelle (n=40) 8,3 Mio. Apfelpollen ein. Rein rechnerisch reicht die Pollenmenge, die von den Kirschbumen auf einem Hektar produziert wird, fr die Aufzucht von etwa 350.000 Individuen von O. cornuta, die von einem Hektar der Apfelplantage fr 22.000 Individuen von O. rufa. Im Zusammenhang mit der Aufzucht von Wildbienenlarven sind die Ergebnisse der Pollenanalysen bei Sßkirschen von besonderer Bedeutung. In den untersuchten Kirschsorten traten taube Pollenkrner auf, wobei in den Blten der Sorte ‘Kordia‘ mit 62% mehr als die

33 Tabelle 3 Narbenkontakte von Honig- und Wildbienen whrend des Besuchs auf Blten von Apfel- und Sßkirsche

Abb. 4 Anteil tauber Pollen pro Anthere bei den 5 untersuchten Sßkirschensorten

Abb. 5 Tauber Pollen bei Sßkirschen (REM-Aufnahme V. Sieg)

Bienen- bzw. Obstbart

Honigbienen auf Apfel Honigbienen auf Sßkirsche Mauerbienen auf Sßkirsche Erdhummeln auf Sßkirsche

Narbenkontakte

Stichprobenumfang

[%]

[n]

38 75 92 97

71 116 564 217

34 Tabelle 4 Nektarmenge und Anzahl Pollenkrner pro Apfelblte

Apfelsorten

Ploidiegrad

Nektarmenge

Pollenkrner/Blte

[l/Blte] ‘Gala‘ ‘Elstar‘ ‘Jonagold‘ ‘Golden Delicious‘

Diploid Diploid Triploid Diploid

Hlfte der Pollen im Untersuchungsjahr taub waren (Abb. 4, 5).

1,8 2,0 16,7 13,2

71.900 38.000 21.900 53.100

Tabelle 5 Nektarmenge und Anzahl Pollenkrner pro Kirschblte Sßkirschsorten

Nektarmenge

Pollenkrner/Blte

[l/Blte]

Diskussion Effizienz der Bestuber Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Hummeln (Bombus), Sandbienen (Andrena haemorrhoa) und Mauerbienen (Osmia cornuta und O. rufa) gute Bestuber fr Obstkulturen sind (Paarmann 1977; Torchio 1988; JacobRemacle 1989; Maeta 1990; Marquez et al. 1990; Vincens u. Bosch 2000). Von den oben genannten Autoren werden hierfr folgende Grnde angefhrt: Hummeln bestuben auch in den khleren Morgen- und Abendstunden sowie bei kaltem Wetter. Sie besuchen zwei- bis dreimal mehr Blten pro Minute als Honigbienen und haben, ebenso wie solitre Wildbienen, eine geringere Orts- und Sortenstetigkeit als Honigbienen. Aus diesem Grund wechseln sie eher zwischen verschiedenen Reihen einer Obstart. Viele solitre Wildbienen tragen in ihrer dichten Krperbehaarung lose Pollenkrner, die leicht auf den Narben abgestreift werden knnen. Im Gegensatz dazu benetzen die Honigbienen den gesammelten Pollen mit Nektar und transportieren ihn als klebriges Pollenpaket an den Hinterbeinen. Dieser Pollen ist fr die Bestubung nicht mehr geeignet. Zur Bestubung kann also nur der Pollen kommen, der noch nicht aus dem Haarkleid gekmmt worden ist. Obstanlagen als Nahrungsressourcen fr Wildbienen Apfel- und Kirschblten zhlen mit 1,8–16,7 l Nektar pro Blte zu den reichhaltigsten Nektarquellen fr Bienen im Frhjahr (Tabelle 4, 5). Im Vergleich dazu produziert Lwenzahn (Taraxacum officinale) zwischen 3,7 und 7,4 l Nektar pro Blte, whrend bei verschiedenen Weidenarten (Salix) nur 0,5–5,5 l in 100 (!) Blten nachgewiesen wurden (Maurizio u. Schaper 1994). Aber auch der Pollen der Obstblten ist im Frhjahr fr viele Wildbienen unentbehrlich. Unsere Modellrechnung soll lediglich zeigen, dass mit dem Pollen von Obstbumen große Populationen von Wildbienen aufgezogen werden knnen. Bosch u. Kemp (1999) berechneten, dass 250 Weibchen der in Nordamerika verbreiteten Mauerbiene Osmia lignaria ausreichend sind, um einen Hektar Apfelkultur zu bestuben. O‘Toole (2000) empfiehlt 500 Weibchen der in Deutschland weit verbreiteten

‘Oktavia‘ ‘Regina‘ ‘Sam‘ ‘Schneiders‘ ‘Kordia‘

12,3 12,1 15,8 10,0 k.A.

62.000 84.000 99.000 63.000 60.000

Mauerbiene Osmia rufa zur Bestubung von einem Hektar Apfelkultur. Eine erhebliche Tragweite haben unsere Befunde zur Anzahl und zur Qualitt der Pollen von Sßkirschen, vor allem derjenigen Sorten, deren Blten grßere Mengen tauber Pollen enthalten. Zum einen sind, je nach Sorte, bis zu 64% der Pollen fr die Befruchtung nicht geeignet. Da sie von den Bestubern dennoch auf die Narben bertragen werden, knnen sie zu einer Fehlbelegung oder Verstopfung der Narbenoberflche fhren (Wilcock u. Neiland 2002). Zum anderen sind derartige Sorten, die durch ihr vermeintlich hohes Angebot an Pollenkrnern fr Bienen sehr attraktiv sind, aus der Sicht der Bestubungseffizienz und der nachhaltigen Nutzung von Bestubern bedenklich: Wildbienenlarven erhalten fr ihre Entwicklung bis zum adulten Insekt eine einmalige Verproviantierung mit einer genau dosierten Menge an Pollenkrnern, die je nach Geschlecht unterschiedlich groß ist. Sollten dieser Dit auch nur geringe Volumenanteile an nicht verwertbaren Substanzen beigemischt sein, wird sich die Larve nicht weiterentwickeln knnen oder zu einer Kmmerform heranwachsen. hnliche Komplikationen treten auch bei der Ernhrung und Entwicklung der Honigbienenlarven auf (Wittmann u. Engels 1987). Somit mssen wir die Aussage, dass Obstanlagen reichhaltige Nahrungsressourcen fr Wildbienen und Honigbienen bereithalten, einschrnken — die Qualitt der Ressourcen hngt auch von den Obstsorten ab. Diversitt von Wildbienen in Obstanlagen Unsere Befunde zur relativ geringen Hufigkeit von Wildbienen als Bestuber der Obstblten in KleinAltendorf stimmen mit hnlichen Erhebungen aus den letzten Jahren in verschiedenen Regionen Europas gut berein (Jacob-Remacle 1989; Klug u. Bnemann 1985; Paarmann 1977). Ergebnisse lterer Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Diversitt von Wildbienen in

35 Tabelle 6 Anbauempfehlungen fr Heckenpflanzungen zur Frderung von Wildbienen in Obstanlagen

Empfohlene Strucher

Ungeeignete Bume und Strucher

Blutroter Hartriegel (Cornus sanguinea) Brombeeren (Rubus sp.) Faulbaum (Frangula alnus) Heckenkirschen (z. B. Lonicera xylosteum) Heckenrosen (z. B. Rosa canina) Liguster (Ligustrum vulgare) Weidenarten (z. B. Salix aurita)

Japanische Quitte (Chaenomeles speciosa) Eberesche (Sorbus aucuparia) Sadebaum (Juniperus sabina) Weißdorn (Crataegus sp.)

Obstbaubetrieben — vermutlich aufgrund der allgemein hheren Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft — ehemals hher war. Rhl (1977) fand sdlich von Bonn bei zweijhrigen Untersuchungen auf einem Obstbetrieb 61 Wildbienenarten und auf einem kologisch wirtschaftendem Obstbetrieb 80 Arten. Bei Untersuchungen auf Streuobstwiesen wurden von Steffan-Dewenter u. Tscharntke (1995) 71 Bienenarten und von Mohr et al. (1992) auf strukturreichen Streuobstwiesen im Nordpflzer Bergland 100 Arten festgestellt. Eine wesentliche Ursache fr die geringe Anzahl an Wildbienenarten und Individuen in der hier untersuchten Anlage ist sicherlich das sprliche Angebot an natrlichen Nistpltzen. An ihnen htten sich bereits in den vergangenen Jahren grßere Populationen ansiedeln knnen. Da in den von uns aufgestellten Nisthilfen nur sehr wenige Nester angelegt wurden, wird deutlich, dass auch keine spontane Besiedlung mit Wildbienen aus der Umgebung mglich war. Dabei ist zu bercksichtigen, dass sich der Flugradius vieler Wildbienen bei einem ausreichenden Nahrungsangebot auf 100–200 m beschrnkt und ihr maximaler Flugradius unter einem Kilometer liegt (Torchio 1988; Westerkamp 1991; Bosch 1994a; Bosch und Blas 1994; Gathmann und Tscharnke 2002). Um Wildbienen fr die Bestubung in Obstanlagen nachhaltig anzusiedeln und einen genetischen Austausch zwischen den Bienenpopulationen zu gewhrleisten, knnen Nistmglichkeiten und Nahrungspflanzen in der Obstanlage dazu beitragen, in der Umgebung die Voraussetzungen fr eine natrliche Zuwanderung zu schaffen. Vor allem in Regionen, in denen zahlreiche intensiv bewirtschaftete Obstanlagen in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, ist im Verbund der einzelnen Betriebe ein großrumiges Landschaftsmanagement anzustreben. Frdermaßnahmen Selbst wenn in Obstanlagen nach der Frhjahrsblte keine Kulturpflanzen mehr zu bestuben sind, bentigen die noch spter im Jahr aktiven Wildbienen ausreichend Nektar und Pollen. Besonders zu erwhnen sind hier Hummeln und manche Furchenbienen mit ihren einjhrigen Kolonien und diejenigen solitren Wildbienen, die im Sommer mit einer zweiten Generation (bivoltine Arten) auftreten. Generell gilt fr kolonienbildende und bivoltine Arten, dass sie bis in den Sptsommer gute Bedingungen fr ihre Reproduktion bentigen, damit sie im

folgenden Frhjahr mit zahlreichen Nachkommen fr die Bestubung zur Verfgung stehen. Um die Bestubung und gleichzeitig die Naturschutzleistung in Obstanlagen und in ihrer Umgebung nachhaltig zu verbessern, knnen eine Reihe von Maßnahmen zur Frderung der Wildbienenfauna getroffen werden. Ziel ist einerseits, das Nistplatzangebot zu verbessern, andererseits den Wildbienen das ganze Jahr ber ein ausreichendes und vielfltiges Bltenpflanzenangebot zur Verfgung zu stellen. Um die Nistmglichkeiten fr oberirdisch nistende Wildbienen in einem Obstbaubetrieb und seiner Umgebung zu erhhen, bieten sich folgende Mglichkeiten (Westrich 1989; Hintermeier u. Hintermeier 1997): – Hartholzblcke und Lsslehmksten mit Lchern von 3–10 mm, – alte Ziegelsteine mit Lchern, – Bambusrohre, – Schilfrohrstngel, – Totholz, – alte Zaunpfhle usw. Im Boden nistende Wildbienen stellen zum Teil sehr unterschiedliche Ansprche an den Nistplatz. Viele Arten bevorzugen vegetationsarme Bodenoberflchen. Im Bereich der Nistpltze sollte keine tiefe Bodenbearbeitung durchgefhrt werden, da die Brutzellen oft nur etwa 5– 10 cm tief im Boden liegen. Um die Populationsgrße z. B. bestimmter Sandbienenarten zu frdern, knnten spezielle Nistbeete (Rashad 1982) angelegt werden. Um deren Besiedlung zu beschleunigen, knnten in das Nistsubstrat Erdblcke mit Brutzellen aus der Zucht ausgebracht werden (Schindler u. Wittmann unverffentlicht). Hierdurch wre es mglich, relativ schnell große Populationen, z. B. der Sandbiene Andrena flavipes als ein mglicher Bestuber von Apfelkulturen (Abrol 1998), zu etablieren. Um ein ausreichendes Nektar- und Pollenangebot ber das ganze Jahr zu gewhrleisten, knnen geeignete Bume und Strucher gepflanzt bzw. Bltenpflanzen eingest werden. Detaillierte Angaben zu mglichen Trachtpflanzen befinden sich z. B. in Westrich (1989) und Hintermeier u. Hintermeier (1997). Bei ihrer Auswahl ist zu beachten, dass potenzielle Wirtspflanzen fr Birnengitterrost, Feuerbrand, Scharka, Monilia oder die San-JosSchildlaus ausgeschlossen werden (Tabelle 6).

36 Danksagung Wir danken Prof. (emer.) G. Bnemann, Hannover, fr die kritische Durchsicht des Manuskriptes und A. Engel, Bonn, fr wertvolle Anregungen, Dr. D. Cooke, Universitt Bristol, UK, fr die Korrektur des englischen Abstract und A. Kunz und Herrn Wiesel fr die technische Untersttzung bei der Durchfhrung der Untersuchungen in Klein-Altendorf.

Literatur Abrol DP (1998) Effect of climatic factors on population dynamics of Andrena flavipes pollinating apple flowers: A path analysis. Tropic Ecol 39 (1) 143–147 Bosch J (1992) Parasitism in wild and managed populations of the almond pollinator Osmia cornuta Latr. (Hymenoptera, Megechilidae). J Apic Res 31 (2) 77–82 Bosch J (1994a) Improvement of field management of Osmia cornuta (Latreille) (Hymenptera, Megachilidae) to pollinate almond. Apidologie 25: 71–83 Bosch J (1994b) The nesting behaviour of the mason bee Osmia cornuta (Latr.) with special reference to its pollinating potential (Hymenoptera, Megachilidae). Apidologie 25: 84–93 Bosch J, Blas M (1994) Foraging behaviour and pollinating efficiency of Osmia cornuta and Apis meliffera an almond (Hymenoptera, Megachilidae and Apidae). Appl Entomol Zool 29 (1) 1–9 Bosch J, Kemp W (2001) How to manage the blue orchard bee as an orchard pollinator. Sustain Agricult Network Handbook Series, Book 5:88 Corbet SA, Saville NM OsborneJL (1994) Farmland as a habitat for bumble bees. In: Matheson A (Hrsg) Forage for bees in an agricultural landscape. IBRA Publishers, Cardiff, UK, 34–46 FAO (2004) Conservation and management of pollinators for sustainable agriculture — the international response. In: Freitas BM, Pereira JOP (Hrsg) Solitary bees, conservation, rearing and management for pollination. Imprensa Universitaria, Fortaleza: 19–25 Free JB (1993) Insect pollination of crops. 2. Aufl. Acad Press Limited, London Gathmann A, Tscharntke T (2002) Foraging ranges of solitary bees. J Animal Ecol 71: 757–764 Havenith C (2000) Bestubung durch Wildbienen — eine Option fr den Obstbau. Erwerbsobstbau 42: 44–50 Hintermeier H, Hintermeier M (1997) Bienen, Hummeln, Wespen im Garten und in der Landschaft. 2. Auflage. Obst- und Gartenbauverlag, Mnchen Jacob-Remacle A (1989) Comportement de butinage de l‘abeille domestique et des abeilles sauvages dans des vergers de pommiers en Belgique. Apidologie 20: 271–285 Klug M, Bnemann G (1985) Die Leistungsfhigkeit solitrer Bienen als Bestuber von Kernobstblten I. Das Verhalten der Bienen beim Bltenbesuch. Gartenbauwissenschaft 50 (5) 212– 216 Maeta Y (1990) Utilization of wild bees. Farming Japan 24: 18–25 M rquez J, Bosch J, Vicens N (1994) Pollens collected by wild and managed populations of the potential orchard pollinator Osmia cornuta (Latr.) (Hym., Megachilidae). J Appl Entomol 117: 353–359 Matheson A (Hrsg) (1994) Forage for bees in an agricultural landscape. IBRA Publishers, Cardiff, England

Matheson A, Buchmann SL, O‘Toole C, Westrich P, Williams IH (Hrsg) (1996) The Conservation of Bees. Linnean Soc Symp Series, 18. Acad Press, London Maurizio A, Schaper F (1994) Das Trachtpflanzenbuch. 4. Auflage. Ehrenwirth, Mnchen Mohr N, Risch S, Sorg M (1992) Vergleichende Untersuchungen zur Fauna ausgewhlter Hautflglertaxa (Hymenoptera) von Streuobstwiesen im Nordpflzer Bergland. Beitr Landespfl Rheinland-Pfalz 15: 409–493 Mhlenberg M (1989) Freilandkologie. 2. Aufl. Quelle & Meyer, Heidelberg O‘Toole C (1994) Who cares for solitary bees? In: Matheson A (Hrsg) Forage for bees in an agricultural landscape. IBRA Publishers, Cardiff, England, 48–56 O‘Toole C (2000) The Red Mason Bee: Taking the sting out of beekeeping. A practical guide to managing Osmia rufa as a pollinator in gardens, allotments and orchards. Osmia Publi, Banbury, England Paarmann W (1977) Untersuchungen zur Bedeutung von Hummeln (Bombus spp.) fr die Bestubung blhender Obstbume. Z Angew Entomol 84: 164–178 Rashad El-Din S (1982) Utilization of non-Apis bees as crop pollinators. Final Report, June 1, 1977-December 18. 1982. Bee Research Laboratory. Dept. of Economic Entomology & Pesticides. Faculty of Agriculture. Cairo University: 1–144 Rhl D (1978) Untersuchungen an Hymenopteren eines naturnahen Lebensraumes, einer Brachflche sowie je eines alternativ und konventionell bewirtschafeten Obstgutes (Hymenoptera: Symphyta, Aculeata). Dissertation an der Math.-Nat. Fakultt der Universitt Bonn. S 220 Steffan-Dewenter I, Tscharntke T (1995) Wildbienen auf Ackerbrachen: Bedeutung von Bltenangebot, Vegetation und Flchenalter. Mitt Dtsch Ges Allg Angew Entomol (10) 319–322 Steffan-Dewenter I (1998) Wildbienen in der Agrarlandschaft: Habitatwahl, Sukzession, Bestubungsleistung und Konkurrenz durch Honigbienen. Agrarkologie 27. Agrarkologie, Hannover Torchio PF (1988) The blue orchard bee: an alternative pollinator of apples. Utah Sci, S 2–9 Vicens N, Bosch J (2000) Pollinating efficacy of Osmia cornuta und Apis meliffera (Hymenoptera: Megachilidae, Apidae) on ‘Red Delicious‘ apple. Environm Entomol 29: 1–6 Westerkamp C (1991) Honeybees are poor pollinators–why? Plant Syst Evol 177: 71–75 Westrich P (1989) Die Wildbienen Baden-Wrttembergs Band 1, 2. Ulmer, Stuttgart Wilcock C, Neiland R (2002) Pollination failure in plants: why it happens and when it matters. Trends in Plant Science 7 (6) 270–277 Williams IH (1996) Aspects of bee diversity and crop pollination in the European Union. In: Matheson A, Buchmann SL, O‘Toole C, Westrich P, Williams IH (Hrsg) The Conservation of Bees. Linnean Soc. Symp. Series, 18: 63–80. Acad Press, London Wittmann D, Engels W (1987) Welche Dit ergibt Arbeiterbienen bei in vitro-Aufzucht von Honigbienen? Apidologie 18 (3) 279–288 Winter F, Janssen H, Kennel W, Link H, Silbereisen R (1974) Lucas‘ Anleitung zum Obstbau. 29. Aufl. Eugen Ulmer, Stuttgart



Comments

Copyright © 2024 UPDOCS Inc.