Siedlung und Bevölkerung in Ostgallien zwischen Gallischem Krieg und der Festigung der römischen Herrschaft. Röm.-Germ. Forsch. 73 (Mainz, Darmstadt 2016).
SIEDLUNG UND BEVÖLKERUNG IN OSTGALLIEN ZWISCHEN GALLISCHEM KRIEG UND DER FESTIGUNG DER RÖMISCHEN HERRSCHAFT
RÖMISCH-GERMANISCHE FORSCHUNGEN
BAND 73
RÖMISCH-GERMANISCHE KOMMISSION DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS
RÖMISCH-GERMANISCHE KOMMISSION
Siedlung und Bevölkerung in Ostgallien zwischen Gallischem Krieg und der Festigung der römischen Herrschaft Eine Studie auf Basis landschaftsarchäologischer Forschungen im Umfeld des Oppidums „Hunnenring“ von Otzenhausen (Lkr. St. Wendel) VON SABINE HORNUNG
VERLAG PHILIPP VON ZABERN
VII, 601 Seiten mit 424 Abbildungen und einer Tabelle
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Zur Frage einer römischen Militärpräsenz zwischen Gallischem Krieg und Trevereraufstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Das Militärlager von Hermeskeil im Kontext der historischen Überlieferung . . . . . . . . . . . . . 160 Zu den Auswirkungen der römischen Eroberung im Umfeld des „Hunnenrings“ . . . . . . . . . 162 DAS TREVERERGEBIET VON DER SPÄTLATÈNEZEIT BIS ZUR FESTIGUNG DER RÖMISCHEN HERRSCHAFT – ÜBERLEGUNGEN ZUR SIGNIFIKANZ DES FALLBEISPIELES „HUNNENRING“ . . . . . . . . . . . . 165 Zentralorte der Spätlatènezeit . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Zur Genese und Entwicklung der treverischen Oppida . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Zur Frage möglicher Vorgängersiedlungen . . . . 168 Die Entwicklung der Oppida bis zum Gallischen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Zur Funktion der treverischen Oppida nach dem Gallischen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Fazit: Konsolidierung kontra Polarisierung . . . . 187 Die kleinen Befestigungen – Funktion und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Das Treverergebiet unter römischer Herrschaft . . . 199 Eingliederung in das Imperium . . . . . . . . . . . . . . 199 Entstehung neuer Zentren – Urbanisierungsprozesse in römischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Städtische Zentren und Hauptorte . . . . . . . . . . . 205 Vici oder „agglomérations secondaires“ und Kultbezirke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Aspekte der ländlichen Besiedlung – Kontinuitäten und Diskontinuitäten . . . . . . . . . . . . . . . 223 Offene Siedlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Gräberfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Sozialer Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Ökonomischer Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Siedlung und Bevölkerung zwischen spätlatènezeitlicher Blüte und der Festigung der römischen Herrschaft – Versuch einer historischen Deutung für das Treverergebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 SYNCHRONER REGIONALVERGLEICH – FALLBEISPIELE ZUR ENTWICKLUNG VON SIEDLUNG UND BEVÖLKERUNG IM 1. JAHRHUNDERT V. CHR. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Spuren eines Genozids? Das Schicksal der Eburonen aus archäologischer Sicht . . . . . . . . . . . . 275 Historische Grundlagen – die schriftlichen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Die Rolle der Eburonen im Gallischen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Neue Identitäten – neue Strukturen ? . . . . . . . . 278 Archäologische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Die Entwicklung der Besiedlung im Gebiet der Eburonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
Archäologische Zeugnisse einer Krise? . . . . . . . 290 Kontinuität oder Neubeginn? . . . . . . . . . . . . . . 297 Germanen und Römer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Palynologische Quellen zum Wandel der Kulturlandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Die Häduer – „Brüder“ Roms . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Die Häduer im Gallischen Krieg . . . . . . . . . . . . . 319 Die besiedlungsgeschichtliche Entwicklung im Gebiet der Häduer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Von Bibracte nach Augustodunum – Genese und Entwicklung des Stammesmittelpunktes . . . 322 Der Mont Beuvray und die Siedlung an den Yonnequellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Autun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Alte und neue Zentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Die Entwicklung komplexer Siedlungshierarchien in der späten Latènezeit . . . . . . . . 337 Kontinuität und Wandel in römischer Zeit . . . . 341 Die Besiedlung im ländlichen Umfeld der Zentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Fazit – Romanisierung als Statuszeiger? . . . . . . . 345 Die Remer – Eine politische Erfolgsgeschichte am Rande der Gallia Belgica . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Die Remer als Verbündete Roms in den historischen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse der Spätlatènezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Dorfartige Siedlungen der Mittel- und Spätlatènezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Die Genese offener Zentralsiedlungen . . . . . . 349 Kontinuität und Wandel nach dem Gallischen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Die Oppida . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Die Entwicklung der Oppida vor dem Gallischen Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Die Zeit nach dem Gallischen Krieg . . . . . . . . 357 Reims – Vom Oppidum zur Hauptstadt der Gallia Belgica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Die Genese der vici in der civitas Remorum . . . . 363 Die Heiligtümer – Symbol der Kontinuität territorialer Strukturen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Siedlung und Bevölkerung zwischen Tradition und Akkulturation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Fazit – Die Remer im Spannungsfeld von kultureller Persistenz und Romanitas . . . . . . . . . 373 Die Mediomatriker – ein (fast) unbeschriebenes Blatt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Territoriale Strukturen und Siedlungshierarchien der späten Latènezeit und frühen Kaiserzeit . . . . 375 Spätlatènezeitliche Befestigungen – Lage und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Die bedeutendsten Zentren der Spätlatènezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Befestigungen mit untergeordneter zentralörtlicher Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
INHALTSVERZEICHNIS
Zentralisierung und Urbanisierung in der civitas Mediomatricorum nach der augusteischen Neuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Zur Frage eines Verlustes der östlichen Stammesgebiete durch Ansiedlung der Triboker . . . . . . . . 396 Germanisches und Römisches im Gebiet der Triboker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Exkurs: Zur Frage der Nemeter im Gebiet um Speyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Entstehung neuer Strukturen im Gebiet von Tribokern und Nemetern . . . . . . . . . . . . . 404 Die villa als Spiegel indigener Gesellschaftsstrukturen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 Fazit – Die Mediomatriker: ein geteilter Stamm? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 Die Leuker – Verbündete Roms? . . . . . . . . . . . . . . 411 Boviolles – Nasium. Zur Frage des Hauptortes der Leuker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Spätlatènezeitliche Siedlungshierarchien im Gebiet der Leuker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 Die Genese der römischen Siedlungslandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Fazit – Infrastruktureller Wandel als besiedlungsgeschichtlicher Faktor . . . . . . . . . . . . 427 SYNTHESE – SIEDLUNG UND BEVÖLKERUNG ZWISCHEN GALLISCHEM KRIEG UND DER FESTIGUNG DER RÖMISCHEN HERRSCHAFT . . . 429 Die Entwicklung bis zum Gallischen Krieg . . . . . . 429 Eine Phase der Konsolidierung – die Stufe LT D1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 Der Beginn spätlatènezeitlicher Zentralisierungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 Die Entstehung der Oppida . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Verkehrstechnische Anbindung der neuen Zentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Gesellschaft und Organisation . . . . . . . . . . . . . . 442 LT D2a – Urbanisierung, Diversifizierung und ökonomischer Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Zentralisierungsprozesse im Spiegel wirtschaftlicher Polarisierung . . . . . . . . . . . . . . 446 Verkehrstechnischer Wandel und Konzentration auf den innergallischen Wirtschaftsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 Sozialstrukturen im Spiegel der archäologischen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Der Gallische Krieg als Instrument ökonomischer Konsolidierung ? Die Stufe LT D2b und der Horizont GR 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 Die Zentren eines neuen Wirtschaftsraumes . . . . 461 Infrastrukturelle Konsolidierung . . . . . . . . . . . . . 464 Die Rolle der römischen Armee – Militärische Intervention als wirtschaftspolitisches Instrument? . . . . 469 Die Zeit des Gallischen Krieges – überlieferte Truppenbewegungen und archäologische Relikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
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Die Zeit bis zum Beginn der augusteischen Feldzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Gesellschaft im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Genese neuer Strukturen und Festigung der römischen Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 Die Entstehung neuer Zentren als Ausdruck strukturellen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 Neue Identitäten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 Die Region um den „Hunnenring“ im Spiegel überregionaler Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . 518 ZUSAMMENFASSUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 LITERATURVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 LISTEN 1–12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 Liste 1: Spätlatènezeitliche und frührömische Fundstellen im Umfeld des „Hunnenrings“ . . . . . . 579 Liste 2: Frühlatènezeitliche Fundstellen im Umfeld des „Hunnenrings“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 Liste 3: Hochkaiserzeitliche Siedlungs- und Grabfunde im Umfeld des „Hunnenrings“ . . . . . . . 581 Liste 4: Treverische Oppida . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 Liste 5: Sonstige Befestigungen des Treverergebietes mit Hinweisen auf eine spätlatènezeitliche Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 Liste 6: Römische vici / agglomérations secondaires im Treverergebiet . . . . . . . . . . . . . . . . 585 Liste 7: Spätlatènezeitliche-frührömische Befestigungen bzw. Oppida, überregional . . . . . . . . . . . . . 587 Liste 8: Offene Zentralsiedlungen / habitats groupés der Spätlatènezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 Liste 9: Römische vici oder Städte mit Hinweisen auf spätlatènezeitliche Vorgängerbesiedlung . . . . . 592 Liste 9a: Civitasvororte und frühe Koloniegründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 Liste 10: Römische Militärpräsenz der späten Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596 Liste 10a: Augusteisch-tiberische Truppenstützpunkte entlang des Rheines . . . . . . . . . . . . . . . 597 Liste 11: Verbreitung der Campana A und B / B-oïde in Ostgallien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 Liste 12: Elitengräber des Arbeitsgebietes . . . . . . . 598
Vorwort
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine geringfügig überarbeitete Habilitationsschrift, welche 2014 vom Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angenommen wurde. Die Fertigstellung des Manuskriptes erfolgte im Oktober 2013, so dass später erschienene Literatur nur noch in Einzelfällen berücksichtigt werden konnte. Ausgangspunkt dieser Studie waren die Ergebnisse eines landschaftsarchäologischen Forschungsprojektes im Umfeld des Oppidums „Hunnenring“ von Otzenhausen, welches unter meiner Leitung seit Herbst 2006 am Arbeitsbereich Vorund Frühgeschichtliche Archäologie des Mainzer Instituts für Altertumswissenschaften angesiedelt ist. Vor allem der Nachweis eines Militärlagers aus der Zeit des Gallischen Krieges bot vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse zu besiedlungsgeschichtlichen Entwicklungen während des 1. Jahrhunderts v. Chr. die einmalige Gelegenheit, exemplarisch der Frage nach den Auswirkungen der römischen Eroberung auf die einheimische Bevölkerung nachzugehen und diese regionalen Ergebnisse in eine überregionale Studie einzubetten. Eine detaillierte Vorlage sämtlicher für die Interpretation relevanter Einzelbefunde hätte jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit gesprengt, so dass diesbezüglich auf die mehrbändige Reihe „Mensch und Umwelt“ in den Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie verwiesen sei, in der sämtliche Ergebnisse der Geländeforschungen und interdisziplinären Studien aus diesem Projekt ausführlich vorgelegt werden. Eine Reihe von Absolventinnen und Absolventen des Arbeitsbereiches Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz haben die Forschungen mit ihren Abschlussarbeiten besonders bereichert. Sie tragen durch die Aufarbeitung einzelner Fundplätze bzw. Fragestellungen ganz wesentlich zu ihrem Gelingen bei. Daher möchte ich Daniel Burger M. A., Ayla Jung M. A., Timo Lang M. A., Sandra Schröer M. A. und Maria Smettan M. A. an dieser Stelle ganz herzlich danken. Ihre Master-, Magister- und Bachelorarbeiten erscheinen zeitnah in der Reihe „Mensch und Umwelt“. Auch das caesarische Militärlager von Hermeskeil wird im Mittelpunkt einer eigenen Monographie stehen, die nach Abschluss der Grabungen und Prospektionen voraussichtlich 2018 in der
Reihe Beihefte zur Trierer Zeitschrift erscheinen soll. Entsprechend sind im Rahmen der vorliegenden Studie nur einzelne Befunde und Funde näher besprochen, die für eine Modellbildung bzw. Interpretation besondere Bedeutung besitzen. Einen ganz wesentlichen Anteil am Erfolg der Geländeforschungen hatte stets das gesamte Team, weshalb ich gleich an erster Stelle allen Beteiligten meinen besonderen Dank aussprechen möchte. Ich vermag nicht, sämtliche Studierende namentlich zu erwähnen, die seit 2007 an den Grabungen und Prospektionen teilgenommen haben. Alles in allem waren es seither schon mehr als 500 werdende Kolleginnen und Kollegen, die an meiner Seite den nicht selten naturgewaltigen Elementen des Hochwaldes trotzten. Jedem einzelnen gilt mein besonderer Dank für eine tatkräftige Mitarbeit und die dem Projekt entgegengebrachte Begeisterung. Es war jedoch vor allem die uneingeschränkte Unterstützung meiner Grabungsleiter vor Ort, die nicht nur den Erfolg jeder einzelnen Geländekampagne garantierte, sondern mir zugleich den nötigen Freiraum geschenkt hat, mich immer wieder an den Schreibtisch zurückzuziehen, um die vorliegende Arbeit zu verfassen. Über viele Jahre hinweg waren Arno Braun M. A., Timo Lang M. A., Dominic Rieth M. A., Patrick Mertl M. A. und Ayla Jung M. A. an meiner Seite, und ich kann ihnen allen nicht genug danken für die Freundschaft und das Vertrauen in meine nicht selten mit reichlich Arbeit verbundenen Ideen. Danke für die Bereitschaft, weit mehr zu geben, als ich jemals entlohnen könnte! Ohne eine enge Kooperation mit der zuständigen Denkmalpflege ist ein solch großangelegtes, längerfristiges Forschungsvorhaben mit intensiver Geländearbeit nicht zu realisieren. Daher möchte ich mich auch ganz besonders bei den Mitarbeitern der Generaldirektion kulturelles Erbe, Außenstelle Trier, insbesondere Herrn Dr. Hans Nortmann und Herrn Dr. Marcus Reuter, sowie Herrn Dr. Walter Reinhard und Herrn Prof. Dr. Wolfgang Adler von der Denkmalpflege des Saarlandes bedanken. Ihnen verdanke ich nicht nur über viele Jahre hinweg eine kollegiale Zusammenarbeit, sondern auch tatkräftige Unterstützung bei der Lösung vieler kleiner und größerer Probleme, die mir immer wieder den Weg für die Realisierung neuer
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VORWORT
Vorhaben geebnet hat. Ebenso danke ich Herrn Dr. Thomas Fritsch und Michael Koch von der Terrex gGmbH, die mich vor allem in der oft so kritischen Startphase des Projektes auf vielfältige Weise unterstützten. Die Zahl der Kolleginnen und Kollegen, die mein Projekt über all die Jahre hinweg mit Ideen und Anregungen bereichert haben, ist unendlich groß. Da es kaum möglich wäre, wirklich allen gerecht zu werden, möchte ich mich bereits im Vorfeld bei all denen entschuldigen, die ich an dieser Stelle nicht namentlich nennen kann. Jedem einzelnen, der mit mir diskutiert hat, mir Zugang zu noch unpublizierten Funden gewährte, Informationen bereitwillig mit mir teilte oder mich mit Sonderdrucken versorgte, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Einige Kolleginnen und Kollegen sind jedoch auf besondere Weise mit meinem Projekt verbunden, so dass ich diese Gelegenheit nutzen möchte, ihren Beitrag ausführlich zu würdigen. Seit vielen Jahren verfolgt Herr Prof. Dr. Alfred Haffner meine Forschungen im Hochwald. Für unzählige Diskussionen, Ideen, unermüdliche Hilfsbereitschaft und seinen Beistand auch in schwierigen Zeiten bin ich ihm unendlich dankbar. Er hat das Entstehen dieser Arbeit ebenso begleitet wie Herr Dr. Jeannot Metzler und Frau Dr. Catherine Gaeng vom Musée National d‘Art et d‘Histoire Luxemburg, die mich stets am Titelberg willkommen hießen. Unsere Gespräche und gemeinsam entwickelte Gedanken haben die vorliegende Arbeit ganz wesentlich geprägt, und ich möchte mich bei beiden dafür ganz herzlich bedanken. In diesen besonderen Dank schließe ich auch Frau Prof. Dr. Susanne Sievers ein, der ich nicht nur in der spannenden Endphase der Arbeit zahlreiche wertvolle Hinweise und vielfältige Unterstützung verdanke. Auch Herr Dr. David Wigg-Wolf lieferte mir immer wieder Denkanstöße aus numismatischer Sicht. Unsere Diskussionen über wirtschaftlichen Wandel während des 1. Jahrhunderts v. Chr. waren mir eine große Hilfe. Dafür möchte ich ihm, wie auch den anderen Mitgliedern des Arbeitskreises Oppida – insbesondere Frau Dr. Claudia Nickel, Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz, Herrn Dr. Markus Helfert und Herrn Prof. Dr. Andreas Schäfer – sowie ferner auch Herrn Dr. Martin Schönfelder ganz herzlich danken. Retrospektiv habe ich wohl unzählige Stunden im Büro von Herrn Arno Braun M. A. verbracht und mit ihm über einzelne Probleme, Phänomene und Entdeckungen diskutiert. Die Begeisterung, mit der er den Fortschritt meiner Arbeit verfolgte, hat mir nicht selten dabei geholfen, Durststrecken zu überwinden, und dafür kann ich mich nicht genug bedanken. Herrn Philipp Altmeppen M. A. verdanke ich zahlreiche Denkanstöße und Rat von althistorischer Seite. Und auch Herrn PD Dr. Peter Haupt danke ich von ganzem Herzen für vielerlei fachliche Hinweise und Diskussionen. Er hat mich vor vielen Jahren ermutigt, das Projekt in Otzenhausen zu beginnen, so dass diese Arbeit ohne ihn wohl niemals zustande gekommen wäre. Keiner von uns beiden konnte damals ahnen, welche Überraschungen der Hochwald für mich bereithalten würde.
Im Laufe der Jahre haben sich aus meinem Projekt heraus zahlreiche Kooperationen entwickelt, die unsere Arbeit auf oft unerwartete Weise beflügelten. Daher möchte ich diese Gelegenheit nutzen, all denen meinen Dank auszusprechen, die auf unterschiedlichste Art an den Forschungen im Hochwald Anteil haben. Herrn Dr. Andreas Kronz danke ich für eine äußerst kreative und inspirierende Zusammenarbeit über viele Jahre hinweg, die mir nicht nur aus archäometallurgischer Sicht immer neue Perspektiven eröffnet. Gleiches gilt von bodenkundlicher Seite für Frau Prof. Dr. Sabine Fiedler, die mein Projekt um eine zuvor ungeahnte Facette bereichert. Frau Dr. Margarethe König verdanke ich nicht nur zahlreiche fachliche Hinweise, ihre Arbeit zu den botanischen Großresten aus unseren Grabungen liefert immer wieder spannende Einblicke in vergangene Lebenswelten. Mit Frau Dr. Tatjana Gluhak und Herrn Dr. Holger Schaaff verbindet mich eine Begeisterung für das Thema Mühlsteine. Gemeinsame interdisziplinäre Forschungsansätze werden für das Projekt gerade in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen, und ich möchte mich an dieser Stelle, ebenso wie bei Herrn Dr. Markus Helfert in Hinblick auf Vorarbeiten zur Keramik aus Hermeskeil, für die gute Zusammenarbeit ganz herzlich bedanken. Den Herren Dr. Pascal Brengel, Dr. Knut Rassmann und Dr. David Jordan bin ich für ihre Unterstützung beim Einsatz unterschiedlichster geophysikalischer Verfahren ebenso zu großem Dank verpflichtet, wie Herrn Prof. Dr. Kai-Christian Bruhn, Frau M. Eng. Silke Boos und Herrn Prof. Dr. Hartmut Müller in Bezug auf Geographische Informationssysteme und Vermessungstechnik. Herr Dr. Patrick Jung M.A. hat mit seiner Mitarbeit in der Frühphase des Projektes ganz wesentliche Grundsteine für dessen Erfolg gelegt, wofür ich ihm ebenfalls ganz herzlich danken möchte. Auch Frau Dr. Fabienne Olmer und die Herren Prof. Dr. Wolfgang Wilcke, Dr. Julian Wiethold und PD Dr. Christian Stolz haben wichtige Beiträge zu den Forschungen im Hochwald geliefert. Mit Blick auch auf die laufenden Arbeiten in Hermeskeil bedanke ich mich bei Frau lic. phil. Debora C. Tretola Martinez, Frau Prof. Dr. Christa Ebnöther und Frau Prof. em. Dr. Stefanie Martin-Kilcher für ihre Unterstützung vor allem in Hinblick auf die Amphorenfunde sowie bei Dr. Andrew P. Fitzpatrick, Prof. Dr. Colin Haselgrove, PD Dr. Martin Luik, Prof. Dr. Michel Reddé und Prof. Dr. Nico Roymans für ihre Bereitschaft zum fachlichen Austausch, welche das Teilprojekt Hermeskeil gerade in der jetzigen Auswertungsphase in vielerlei Hinsicht sehr bereichert. Um ein landschaftsarchäologisches Forschungsprojekt über viele Jahre hinweg am Laufen zu halten, braucht es jedoch nicht nur wissenschaftliches Durchhaltevermögen, sondern auch umfangreiche finanzielle Mittel. Hierfür gilt mein besonderer Dank der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die mir nicht nur durch Finanzierung meiner eigenen Stelle in der Startphase des Projektes den Weg geebnet, sondern auch im Rahmen der inneruniversitären Forschungsförderung immer wieder geholfen hat, finanzielle Engpässe
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VORWORT
zu überbrücken. Erst das außergewöhnliche Engagement der Gemeinde Nonnweiler jedoch konnte den Forschungen im Hochwald eine längerfristige Perspektive eröffnen – sei es durch Finanzierung meiner Stelle im Rahmen einer Drittmittelförderung oder die Bereitstellung von Unterkünften und Verpflegung für die Grabungs- und Prospektionsteams. Für das mir entgegengebrachte Vertrauen möchte ich den Mitgliedern des Gemeinderats und den beiden verantwortlichen Bürgermeistern – den Herren Hans-Uwe Schneider und Dr. Franz Josef Barth – sowie den Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung ganz herzlich danken. Auch der Stadt Wadern und den dortigen Bürgermeistern Jochen Kuttler bzw. vormals Fredi Dewald sowie allen Mitarbeitern danke ich für die langjährige Förderung des Teilprojektes Oberlöstern. Die Forschungen in Hermeskeil wurden in der Vergangenheit dankenswerterweise ebenfalls von der Stadt Hermeskeil und zahlreichen privaten Spendern, von Stiftungen und Sponsoren sowie dem Freundeskreis Nationalpark Hunsrück-Hochwald unterstützt. Seit 2015 ist dieses Teilprojekt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert, der an dieser Stelle mein besonderer Dank gilt. In diesen Dank möchte ich allerdings nicht nur unsere finanziellen Förderer, sondern auch all jene Landwirte und Eigentümer einschließen, die uns großzügig die Arbeit auf ihren Nutzflächen ermöglicht haben. Herrn Prof. Dr. Christopher F. E. Pare danke ich ganz besonders für seine langjährige Unterstützung. Er hat es mir stets ermöglicht, mein Projekt weiterzuführen, mir alle Res-
sourcen des Arbeitsbereiches Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie zur Verfügung gestellt und mir jederzeit mit fachlichem Rat zur Seite gestanden. Ich weiß seine tatkräftige Unterstützung gerade in der Endphase meiner Habilitation sehr zu schätzen. Besonders herzlich möchte ich Frau Dipl.-Des. Irene Bell und Herrn Dr. Volker Grünewald danken. Sie haben mich bei der graphischen Gestaltung bzw. dem Satz der vorliegenden Arbeit nicht nur unterstützt, sondern darüber hinaus auch wesentliche Arbeiten für mich übernommen. Für diese mitnichten selbstverständliche Hilfsbereitschaft kann ich ihnen nicht genug danken. Frau Prof. Dr. Eszter Bánffy und Frau Prof. Dr. Susanne Sievers bin ich für die Aufnahme der Arbeit in die Römisch-Germanischen Forschungen ebenfalls zu großem Dank verpflichtet. Herrn Dr. Daniel Neumann verdanke ich eine hervorragende redaktionelle Betreuung des Bandes von Seiten der Römisch-Germanischen Kommission. Widmen möchte ich diese Arbeit dem Gedenken an meinen viel zu früh verstorbenen ersten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Niels Bantelmann. Ihm verdanke ich mehr, als ich jemals in Worte fassen könnte. Mainz, im August 2016
Sabine Hornung
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage nach den Auswirkungen der römischen Eroberung auf Siedlungs-, Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen Ostgalliens in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Eine präzise Beurteilung der Verhältnisse nach dem Gallischen Krieg wird jedoch erst vor dem Hintergrund einer diachronen Betrachtung möglich, da wesentliche besiedlungsgeschichtliche wie sozio-ökonomische Entwicklungen bereits im späten 2. Jahrhundert v. Chr. ihren Anfang nahmen und bis in die folgende römische Kaiserzeit nachwirkten. Entsprechend lässt sich eine für die Stufe LT D2b deutlich fassbare Polarisierung zugunsten der innergallischen Gebiete mit einer wirtschaftlichen Schwerpunktverlagerung in Verbindung bringen, die über einen längeren Zeitraum hinweg andauerte und ihrerseits erst vor dem Hintergrund überregionaler Vernetzungen verständlich wird. Wesentlicher Indikator strukturellen Wandels ist hierbei die individuelle Besiedlungsentwicklung der bedeutendsten Zentren – seien es Oppida oder agglomérations secondaires – welche ökonomische Veränderungen unmittelbar widerspiegelt. Bereits in der Stufe LT D1b zeichnet sich recht deutlich eine mit den naturräumlichen Verhältnissen bzw. dem Verlauf wesentlicher Kommunikationsachsen korrelierende Zweiteilung des Arbeitsgebietes ab. Hierbei entstanden in den Regionen links des Rheines bis etwa zur Mosel während des fortgeschrittenen 2. Jahrhunderts v. Chr. differenzierte Siedlungshierarchien mit einer Reihe großer, in Rheinnähe gelegener Oppida und untergeordneten Mittelpunkten auf Ebene der Teilstämme. Diese wurden ihrerseits durch ein Netz weiterer Zentren in Form von offenen Gruppensiedlungen oder Kleinbefestigungen ergänzt, deren Lage an bedeutenden Verkehrsachsen – seien es Wasser- oder Landwege – einen Zusammenhang mit infrastrukturellen Anforderungen suggeriert. Wesentliche Impulse für die Herausbildung solch differenzierter Siedlungshierarchien scheinen von den süddeutschen Oppida ausgegangen zu sein. Eine Reihe struktureller Übereinstimmungen, die z. B. in der Errichtung von Pfostenschlitzmauern Ausdruck finden, weisen die frühen Zentren der Gebiete links des Rheines entsprechend als das Resultat eines sich von Südosten nach Nordwesten fortpflanzenden Zentralisierungsimpulses aus. Ihr wirtschaftliches Potential beruhte
nicht zuletzt auf einer engen Anbindung an die Rheinachse, welche sowohl in Hinblick auf Kontakte mit den mediterranen Gebieten, als auch die Beziehungen in Richtung Süddeutschland eine entscheidende Rolle spielte. Im Gegensatz zu den Verhältnissen an der östlichen Peripherie des Arbeitsgebietes lässt sich für die innergallische Region zwischen Loire bzw. Seine und Mosel in LT D1b ein niedrigeres Zentralisierungsniveau mit jeweils nur einem großen Oppidum als ideellem Stammeszentrum feststellen. Als Zentren untergeordneten Ranges fungierten hier die vor allem entlang der Flussläufe bzw. wenigen bedeutenden Überlandverbindungen entstehenden habitats groupés, für die sich in vielerlei Hinsicht den Oppida annähernd vergleichbare Funktionen abzeichnen. Diese im fortgeschrittenen 2. Jahrhundert v. Chr. neu entstehenden Strukturen spiegeln intensivierte Kontakte mit dem mediterranen Raum wider, wie nicht zuletzt die dichte Verbreitung der neuen Zentren an den für den Fernhandel mit dem Mittelmeerraum bedeutenden Verkehrsachsen belegt. Dieser Prozess scheint etwa mit Gründung der römischen Provinz Gallia Transalpina seinen Anfang zu nehmen, in deren Folge sich die ökonomischen Kontakte Roms mit dem gallischen Hinterland intensivierten, wo sich mit der zone du denier eine auch monetär auf den Mittelmeerraum hin ausgerichtete Wirtschaftszone herausbildete. Bereits zu Beginn der folgenden Stufe LT D2a lässt sich eine nunmehr gegenläufige Entwicklung beobachten, in deren Zuge die Oppida unmittelbar links des Rheines einen sukzessiven Niedergang erlebten. Dieser ist Ausdruck von Dezentralisierungstendenzen in Folge einer wirtschaftsgeographischen Schwerpunktverlagerung, die in einem Bedeutungszuwachs der Achse Rhône-Saône-Obermosel für den Fernhandel (beginnend bereits im Laufe von LT D1b) Ausdruck fand. Gleichzeitig verlor die Rheinachse ihre zuvor exponierte Stellung. Spätestens am Beginn von LT D2a wird diesen veränderten ökonomischen Strukturen entsprechend mit der Entstehung neuer territorialer Mittelpunkte vor allem in den Stammesgebieten der zone du denier die Herausbildung differenzierter Siedlungshierarchien fassbar. Mit Ausnahme des ökonomisch von jeher eng an den mediterranen Raum angeschlossenen und daher ohnehin progressiven Remergebietes setzten nunmehr
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auch in den übrigen nördlich angrenzenden Regionen Zentralisierungstendenzen ein, welche die Herausbildung erster Stammesmittelpunkte zur Folge hatten und einen von Süden kommenden wirtschaftlichen Impuls widerspiegeln, der sich auch in der folgenden Stufe LT D2b weiter in Richtung Norden fortsetzte. Dies wird nicht zuletzt durch eine in stärkerem Maße an den mediterranen Verhältnissen orientierte Struktur der innergallischen Oppida deutlich, für die sich in der Folge eine zunehmend engere Vernetzung auch in Ost-West-Richtung beobachten lässt. In Hinblick auf die Frage einer potentiellen Verknüpfung zwischen beiden Entwicklungslinien ist deren zeitlich weitgehend paralleler Verlauf zu betonen. Möglicherweise war die Entstehung einer neuen Wachstumsregion im Inneren Galliens – gemäß dem von der Wirtschaftsgeographie in der Theorie der Langen Wellen umrissenen Modell – ursächlich mit dem Niedergang der Zentren beiderseits des Rheines, als auch der süddeutschen Oppidakultur verknüpft. Die ökonomische Strukturschwäche der rheinnahen Oppida in LT D2a äußerte sich zunächst in einer Verkleinerung der Siedlungsfläche sowie einem signifikanten Rückgang von Importen bzw. dem Ende des Münzzuflusses und mündete schließlich in der Auflassung der von dieser Entwicklung betroffenen Zentren um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Konkrete Auswirkungen einer solchen systematischen Dezentralisierung des östlichen Arbeitsgebietes auf die ansässige Bevölkerung lassen sich allerdings nicht immer ohne weiteres abschätzen. Grundsätzlich ist mit der Abwanderung von Teilen der Bevölkerung (vor allem endogenen Potentiale, wie z. B. Handwerkern) zu rechnen, die nicht nur einen Besiedlungsrückgang in den Oppida zur Folge hatten, sondern vermutlich auch deren ländliches Umfeld betrafen. Vor dem Hintergrund einer reduzierten Besiedlungsdichte ist nicht zuletzt auch das punktuelle Einsickern von Einflüssen aus den rechtsrheinischen Gebieten an der ostgallischen Peripherie zu sehen. Die oben skizzierte ökonomische Schwerpunktverlagerung hatte wohl auch überregional im Sinne einer Sogwirkung die Mobilität kleinerer Gruppen oder einzelner Personen im Zuge von Bevölkerungsverschiebungen in Richtung Westen zur Folge. Zudem sind für die Elite von Rheinanliegern, wie z. B. den Treverern, sowohl von archäologischer als auch historischer Seite traditionell Verbindungen in die rechtsrheinischen Gebiete belegt. Es bleibt zu fragen, in welchem Maße z. B. die Züge des Ariovist daher ebenfalls mit diesen wirtschaftlichen Entwicklungen in Verbindung stehen könnten. Denn Caesar selbst führt in den Commentarii de bello Gallico (BG I 31) primär ökonomische Hintergründe für die Migrationen rechtsrheinischer Gruppen an. Die wirtschaftliche Konsolidierung Galliens, das über einige wichtige Verkehrsachsen an die Gallia Transalpina angebunden war, bildete letztlich auch den Handlungsrahmen für die Ereignisse während der caesarischen Feldzüge selbst. Häufiger scheint die politische Haltung der Stäm-
me durch die Aussicht auf ökonomische Vorteile in Folge einer verstärkten Anbindung an Rom bestimmt worden zu sein, sofern dem nicht politische Ambitionen entgegenstanden. Der Krieg selbst war sicher in starkem Maße durch Caesars persönliche Vorteilnahme – sei es finanziell oder politisch – motiviert, aber auch die publicani und somit Rom gehörten zu den Profiteuren der wohl von Anfang an auf eine Eroberung abzielenden Feldzüge. Trotz der aus den historischen Quellen zu erschließenden enormen Verluste an Menschenleben, lässt sich in der Zeit nach der Eroberung für Zentralgallien keine längerfristige Strukturschwäche nachweisen. Noch in den 40er Jahren v. Chr. ist in den bedeutendsten Zentren vielmehr ein rasantes Bevölkerungswachstum festzustellen, das vor dem Hintergrund einer Abwanderung der ländlichen Bevölkerung in die Oppida bzw. agglomérations secondaires sowie überregionaler Mobilität zu deuten sein dürfte. In Zusammenhang mit der Kontrolle Galliens spielten bereits während des Krieges die einheimischen Zentren eine zentrale Rolle. Diese Politik scheint sich auch in den folgenden Jahrzehnten mit der Errichtung kleiner Stützpunkte in wesentlichen Schlüsselpositionen weiter fortzusetzen. Die zum Teil längerfristige römische Militärpräsenz hatte, ebenso wie die Einbindung lokaler Eliten in die Auxilien, nicht zuletzt auch einen recht individuellen Verlauf des Romanisierungsprozesses zur Folge. Unter römischem Einfluss manifestierte sich bereits im Laufe von LT D2b nunmehr auch in den Siedlungen ein gesteigertes Repräsentationsbedürfnis der Oberschicht, deren Bestattungen allerdings erst seit dem dritten Jahrzehnt v. Chr. die Übernahme fremder Sitten und Vorstellungen illustrieren. Allerdings bleibt die Mitgabe von Statussymbolen wie Import oder equidischem Totenzubehör zu jedem Zeitpunkt ein klassisches Peripheriephänomen und bietet daher ohnehin bestenfalls schlaglichtartige Einblicke in die sozialen Hierarchien. Der oben beschriebene Prozess einer wirtschaftlichen Schwerpunktverlagerung fand um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr., also zur Zeit des Gallischen Krieges bzw. bestenfalls wenig später, seinen Abschluss. In den Stammesgebieten der Treverer, Mediomatriker, Eburonen – in eingeschränktem Maße auch der Leuker – ist eine klare ökonomische Polarisierung zugunsten der westlichen Peripherie festzustellen, welche vor dem Hintergrund einer direkteren Anbindung der dortigen Zentren an die bedeutendsten Verkehrsachsen dieser Zeit zu sehen sein dürfte. Vermutlich bereits in einer frühen Phase der Stufe LT D2b zeichnet sich in diesem Zusammenhang letztmalig eine kleinräumige Verschiebung von der alten Achse RhôneSaône-Obermosel in Richtung der über Langes und Toul verlaufenden Agrippastraße zum Rhein ab. Auch für die unmittelbar an diese Achse angebundene Maas ist spätestens zu diesem Zeitpunkt eine exponierte Bedeutung anzunehmen. Das unter Agrippa ausgebaute Wegenetz basierte vielerorts auf älteren Wurzeln, so dass im Inneren Galliens die Optimierungen des Trassenverlaufs nur recht punktuell eine Entstehung neuer Zentren zur Folge hatten.
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So scheint beispielsweise der augusteischen Neugründung von Autun / Augustodunum die eng mit diesem infrastrukturellen Wandel verbundene Entstehung eines Umschlagplatzes für den Flusshandel auf dem gegenüberliegen Ufer des Arroux in LT D2 vorangegangen zu sein. Dieses Beispiel zeigt, dass die Genese der frührömischen Siedlungslandschaft im Inneren Galliens am Ende einer bodenständigen Entwicklung stand und vor allem verkehrstechnische Gegebenheiten über die Frage nach Kontinuitäten der Besiedlung entschieden. Letztere lassen sich in den angestammten Zentren entlang der wichtigsten Wasserwege, wie auch der Agrippastraßen, regelhaft beobachten. Verschiedentlich zeichnen sich kleinräumige Verschiebungen, wie beispielsweise die Aufgabe der Höhenoppida zugunsten neuer, verkehrsgünstig gelegener Talsiedlungen (z. B. im Falle Boviolles / Nasium oder Pommiers / Soissons) ab. Im Zuge eines auch in der römischen Kaiserzeit fortschreitenden Zentralisierungsprozesses und einer weiterführenden infrastrukturellen Erschließung Galliens ist im Bereich untergeordneter Verkehrsachsen noch bis in das 2. Jahrhundert n. Chr. mit der Entstehung neuer Märkte bzw. vici zu rechnen. Anders als in Zentralgallien erlaubt das Fehlen zentralörtlicher Strukturen der Stufe LT D2b in den rheinnahen Gebieten oft keine zuverlässige Beurteilung der Frage nach potentiellen Kontinuitäten der Besiedlung bis in frührömische Zeit. Es scheint sich jedoch um eine primär methodisch bedingte Problematik zu handeln, da die verkehrstechnische Schlüsselposition der römischen Zentren die Existenz einer Vorgängerbesiedlung recht wahrscheinlich macht und eine Mittelpunktfunktion auf Ebene der lokalen Gruppe von archäologischer Seite nicht notwendigerweise klar nachgewiesen werden kann. Nach dem Niedergang zentralörtlicher Strukturen im Laufe der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. ist hier mit einer ländlichen Streubesiedlung zu rechnen, wie sie sich für das Stadtgebiet von Mainz oder Worms, vermutlich auch Trier, in der Tat zwischenzeitlich abzuzeichnen scheint. An der östlichen Peripherie des Arbeitsgebietes war die Genese der römischen Siedlungslandschaft eng an die Errichtung von Truppenstützpunkten entlang des Rheines gebunden. Sowohl im Falle des als Basis für die Germanienfeldzüge unter Drusus angelegten Mainzer Lagers als auch einer Reihe spätaugusteisch–frühtiberischer Stützpunkte an Mittel- und Oberrhein bildete die Entstehung von Lagervici letztlich die wesentliche Voraussetzung für die Herausbildung neuer Zentren mit zunehmend urbaner
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Prägung, die zum Teil später als Vororte kleinerer civitates entlang des Rheines fungierten. Diese neuen Identitäten waren jedoch nicht notwendigerweise das Resultat einer aus den historischen Quellen erschlossenen Ansiedlung germanischer Stämme. Vielmehr sprechen zahlreiche Kontinuitäten der materiellen Kultur, die sich im linksrheinischen Gebiet bereits in LT D2a deutlich vom Fundmaterial der westlich angrenzenden Regionen unterschied, für ein Weiterleben indigener Strukturen, wohingegen Fremdeinflüsse nur punktuell und im Umfeld der römischen Militärstützpunkte fassbar werden. Die Anwesenheit kleinerer germanischer Gruppen war in augusteischer Zeit unmittelbares Resultat einer erhöhten Mobilität entlang der wesentlichen militärischen Aufmarschwege in Richtung der Elbe. Diese Fremden könnten als Auxiliare oder im Gefolge der römischen Truppen an den Rhein gekommen bzw. durch diesen neuen Wirtschaftsfaktor angezogen worden sein. Zudem lässt sich auch punktuell eine Vermittlung materieller Kultur durch Kontakte römischer Soldaten mit der rechts des Rheines lebenden Bevölkerung in Betracht ziehen. Innerhalb dieses komplexen Szenarios der Entstehung einer neuen Wachstumsregion auf Kosten anderer, nunmehr in ein wirtschaftliches Abseits geratener Gebiete, die schließlich erst im Zuge der augusteischen Grenzpolitik einen bescheidenen Neuaufstieg erlebten, bereitet der Nachweis punktueller Krisenereignisse von archäologischer Seite große Probleme. Dennoch sprechen im Falle des als Ausgangsbasis für die vorliegende Studie dienenden Gebietes um den „Hunnenring“ die recht plötzliche Aufgabe des Oppidums in Zusammenhang mit dem Fehlen einer direkten Nachfolgesiedlung bei gleichzeitiger Verlagerung des kultischen Mittelpunktes in eine verkehrsgünstigere Lage für ein Verlassen des Zentrums. Unklar bleibt letztlich, ob dies tatsächlich im Kontext kriegerischer Auseinandersetzungen mit Rom geschah. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang allerdings durchaus der Lagebezug zwischen dem Oppidum „Hunnenring“ und einem spätrepublikanischen Militärlager bei Hermeskeil. Angesichts der bislang zur Verfügung stehenden Datierungshinweise erscheint eine Verbindung mit den Ereignissen des Gallischen Krieges – potentiell dem Feldzug unter Labienus 51 v. Chr. – wahrscheinlich. Die Frage nach dem Einfluss der römischen Militärpräsenz auf die einheimische Bevölkerung lässt sich trotz dieser bemerkenswerten und zusammen genommen recht suggestiven Befunde dennoch bis heute nicht mit Sicherheit klären.
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Report "Siedlung und Bevölkerung in Ostgallien zwischen Gallischem Krieg und der Festigung der römischen Herrschaft. Röm.-Germ. Forsch. 73 (Mainz, Darmstadt 2016). "