Sandler Jacob Rezension zu Claudia Hein Die Essbarkeit der Welt

May 30, 2017 | Author: Jacob Sandler | Category: Komparatistik, Literaturwissenschaft, Psychoanalyse Freud/Lacan
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Rezension zu: Claudia Hein, Die Essbarkeit der Welt. Einverleibung als Figur der Weltbegegnung bei Italo Calvino, Marianne Wiggins und Juan José Saer, Aisthesis-Verlag,Bielefeld 2016, 377 Seiten von Jacob Sandler Komparatistisches Vier-Gänge-Menü mit menschlichem Nachgeschmack

Bereits der Titel, von Claudia Heins 2016 im Aisthesis Verlag erschienenen Studie Die Essbarkeit der Welt, verweist, in Analogie zu Hans Blumbergs ›Lesbarkeit der Welt‹, auf den kultur- bzw. literaturwissenschaftlichen Ansatz, dem sich das Buch verpflichtet fühlt: Die Gastropoetik und alimentäre Metaphorik, die spätestens seit dem Annales-Forscherkreis, an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, später bei Claude Lévi-Strauss, Gaston Bachelard, Derrida sowie Roland Barthes einen erkenntnistheoretischen Vorstoß in der Ergründung des Verhältnisses von Wissen, Welt, Sprache und Geschichte herbeiführte. Die Autorin zeigt anhand einer Auswahl kulturtheoretischer, philosophischer, anthropologischer und psychoanalytischer Texte (Hegel, Feuerbach, Canetti, Bachtin und Freud) sowie den drei literarischen Texten Sotto il sole giguaro von Italo Calvino, Marianne Wiggins’ John Dollar und Juan José Saers El Entenado, dass die Figur bzw. Metapher der Einverleibung als entscheidendes Kontinuum in der Aneignung von Weltwissen in der Kulturtheorie sowie Literaturproduktion fungiert. Dabei wählt sie eine ganz besondere Form der Einverleibung, den Kannibalismus, und den damit verbundenen kolonialistischen sowie postkolonialen Diskurs über die Entdeckung der neuen Welt als Drehund Angelpunkt ihrer Studie. Im Kern der sowohl psychoanalytisch wie auch dekonstruktivistisch angelegten Studie steht die Frage nach der Art und Weise der Funktion der Figuren der Einverleibung als Sinnstiftungsfiguren

und

deren

kulturelle

Funktion

innerhalb

des

postkolonialen

Kannibalismusdiskurses. Bereits die Primärtextauswahl verdeutlicht dies, handelt es sich doch um Texte, die jeweils in den 1980er Jahren – also am Höhepunkt postkolonialer Theoriebildung – entstanden sind.

Wichtige theoretische Grundkonzepte von Heins Untersuchung sind Freuds Verständnis der Figur der Einverleibung und die daraus resultierende Ambivalenz dieser Figur, die Nachträglichkeit, im Sinne einer Suche nach Erklärungsmodellen von Ursprungsmomenten sowie die dafür notwendige Aufhebung der Grenzen zwischen Fiktion und Realität, Literatur und Theorie sowie diskursiver Realität und Wirklichkeit. Die Besonderheit von Heins Betrachtung der Figur der Einverleibung liegt folglich in der Verschränkung von körperlich-konkretem und zeichenhaftem >In-den-Mund-NehemenGusto


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