Salzmann’sche noduläre Degeneration 20 Jahre nach perforierender Keratoplastik bei Keratokonus

June 14, 2017 | Author: Moatasem El-husseiny | Category: Treatment Outcome, Humans, Keratoconus, Male, Clinical Sciences, Middle Aged, Optometry and Ophthalmology, Degeneration, Corneal transplantation, Der, Graft Rejection, Neurosciences, Middle Aged, Optometry and Ophthalmology, Degeneration, Corneal transplantation, Der, Graft Rejection, Neurosciences
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Kasuistiken Ophthalmologe 2011 · 108:963–965 DOI 10.1007/s00347-011-2361-6 Online publiziert: 15. April 2011 © Springer-Verlag 2011

Z. Gatzioufas · T. Hager · M. El-Husseiny · N. Kozeis · B. Seitz Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar

Die Salzmann’sche noduläre Degenera­ tion (SND) ist eine nichtentzündliche, progrediente degenerative Hornhaut­ erkrankung, die entweder durch erha­ bene bläulich-weiße oder gelblich-weiße subepitheliale Knötchen gekennzeichnet ist [1]. Histopathologisch handelt es sich um eine Ansammlung aus extrazellulä­ rer Matrix zwischen einem ausgedünnten Hornhautepithel und einer fragmentier­ ten Bowman-Lamelle [5]. Man nimmt an, dass eine chronische Reizung der Augen­ oberfläche z. B. im Zusammenhang mit vorbestehenden Hornhautentzündungen zur Entwicklung einer SND führt [1].

kroskopie zeigte am RA bläulich-­weiße Knötchen in der oberflächlichen Epithel­ schicht des Hornhauttransplantates ­ohne Epitheldefekte oder Endothelveränderun­ gen (.  Abb. 1a). Wir diagnostizierten eine noduläre Salzmann-Degeneration. Die Untersuchung des vorderen Augen­ abschnitts am LA zeigte ein klares Horn­ hauttransplantat ohne morphologische Auffälligkeiten. Die zen­trale Hornhaut­ dicke betrug 603 µm am RA und 530 µm am LA. Die Endothelzelldichte lag bei 674 cells/mm2 RA und 896 cells/mm2 LA. Die Hornhauttopographie ­ zeigte am RA in der unteren Hemisphäre eine deutliche Aufsteilung mit relativer Abflachung oben (. Abb. 1b). Funduskopisch bestanden beidseits keine Auffälligkeiten.

Anamnese und klinischer Befund Ein 45-jähriger männlicher Patient stellte sich in unserer Klinik mit seit 9 Monaten progredienter Visusverschlechterung auf dem rechten Auge (RA) vor. Vor 20 Jah­ ren hatte er sich aufgrund eines Kerato­ konus desselben Auges einer perforieren­ den Keratoplastik unterzogen. Am linken ­Auge (LA) wurde bei gleicher Grunder­ krankung vor 18 Jahren ebenfalls eine per­ forierende Keratoplastik durchgeführt. Zusätzlich berichtete der Patient über eine rezidivierende Herpes-simplex-In­ fektion am rechten Auge. Das letzte Re­ zidiv lag 3 Jahre zurück. Andere ophthal­ mologische oder allgemeine Erkrankun­ gen bestanden nicht. Die Medikamenten­ anamnese war leer. Die bestkorri­gierte Sehschärfe betrug 0,4 auf dem rechten und 0,8 auf dem linken Auge. Die objek­ tive Refraktion betrug +0,25 sph/–9,25 cyl/92° für das RA und −3,25 sph/−5,5 cyl/97° für das LA. Die Spaltlampenmi­

Salzmann’sche noduläre Degeneration 20 Jahre nach perforierender Keratoplastik bei Keratokonus

Therapie und Verlauf Wir besprachen mit dem Patienten aus­ führlich die therapeutischen Möglichkei­ ten und erwogen die Möglichkeit einer Rekeratoplastik am rechten Auge. Trotz der unsicheren Transplantatprognose bei reduzierter Endothelzellzahl sowie subkli­ nischer HSV-Infektion entschlossen wir uns jedoch mit dem Patienten zunächst zu einer phototherapeutischen Keratektomie (PTK) mit dem Excimer-Laser (MEL 70, Zeiss-Meditec, Fokusdurchmesser: 7 mm, avisierte Profiltiefe: 20 µm ohne Maskie­ rungsmittel +60 µm mit Maskierungs­ mittel +60 µm mit Maskierungsmittel) als gering invasives Verfahren unter sys­ temischer HSV-Prophylaxe mit Acyclovir. Die Knötchen wurden zunächst mecha­ nisch mit dem Hockey-Messer abgetra­ gen. Der Excimer-Laser wurde mit einer

Maskierungsflüssigkeit (Vislube AT, TRB Chemedica) angewendet, um die Ober­ fläche zur glätten. Die Hornhautde­fekte heilten innerhalb von 4 Tagen nach der PTK komplikationslos ab. Die bestkor­ rigierte Sehschärfe betrug am Entlas­ sungstag 0,4. Postoperativ wurden Ste­ roidaugentropfen (Fluorometholon AT) 4-mal täglich sowie benetzende Augen­ tropfen (Povidon AT) 8-mal täglich gege­ ben und über 4 Monate ausgeschlichen. Bei der Nachkontrolle nach 4 Monaten zeigte sich ein befriedigendes postope­ ratives Resultat. Spaltlampenmikrosko­ pisch bestand eine geringe Haze-Bildung bei sonst unauffälliger Transplantatmor­ phologie (. Abb. 2a). Die bestkorrigierte Sehschärfe verbesserte sich auf 0,7 cc. Die objektive Refraktion betrug −2,0/−5,5/120 RA und −3,5/−5,5/100 LA. Die Aufsteilung in der Hornhauttopographie war rückläu­ fig (. Abb. 2b). Die Hornhautdicke be­ trug 525 µm RA und 530 µm LA. Es kam zu keinem therapiebedingten Wiederauf­ treten der Herpesinfektion.

Diskussion Zur Salzmann’schen nodulären Degene­ ration sollen neben mechanischen äuße­ ren Reizen auch immunologische Fakto­ ren und vorangegangene virale Infektio­ nen der Hornhaut beitragen [1, 7]. Eine Salzmann’sche noduläre Degeneration kann auch nach einer Laser-in-situ-Ke­ ratomileusis auftreten [4, 6]. Unser Pa­ Dieses Manuskript basiert auf einem Vortrag, gehalten auf der Tagung der Deutschen   Ophthalmologischen Gesellschaft 2010. Der Ophthalmologe 10 · 2011 

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Abb. 1 9 a Spaltlampenbefunde des Hornhauttransplantates am rechten Auge bei der Erstvorstellung: noduläres subepitheliales fibrotisches Ge­webe auf dem Hornhauttransplantat (Sehschärfe 0,4 cc). b Die Pentacam-Topographieaufnahme zeigt eine deutliche Aufsteilung, insbesondere in der unteren Hemisphäre, mit relativer Abflachung oben

Abb. 2 9 a Dezente HazeBildung auf dem Hornhauttransplantat 4 Monate nach PTK (Sehschärfe 0,7). b In der Hornhauttopographie zeigt sich eine deutliche Normalisierung der Transplantatoberfläche

tient hatte in der Vorgeschichte eine her­ petische Keratitis, die die Entwicklung einer Salzmann’schen nodulären Dege­ neration induziert haben könnte. Nach unserem besten Wissen ist dies die erste Fallbeschreibung einer nodulären Salz­ mann-Degeneration auf einem Horn­ hauttransplantat nach einer perforieren­ den Keratoplastik bei Keratokonus, die möglicherweise durch eine vorangegan­ gene herpetische Augenerkrankung in­ duziert ­wurde. ­Gerade bei hohem Trans­ plantatalter und niedriger Endothelzell­ dichte ist die perforierende Keratoplastik eine Therapieoption zur optischen Reha­ bilitierung. Nachteil wäre eine mehrmo­ natige postopera­tive Heilung, verbunden mit einer lang andauernden visuellen Re­ habilitationsphase bei einem berufstäti­

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gen Patienten. Als gering invasiver Thera­ pieversuch bieten sich eine Abrasio cor­ nae und Pannektomie mit PTK an. Nach­ teile dieses Eingriffs sind eine unsichere Transplantatprognose sowie eine mögli­ che Reaktivierung des Herpes-simplexVirus durch den Excimer-Laser, was im Rahmen der präoperativen Aufklärung sowie durch prophylaktische Behand­ lung mit systemischer Acyclovir-Gabe Berücksichtigung finden sollte [3]. Un­ ser Beispiel zeigt, dass auch bei fortge­ schrittenem Transplantatalter und redu­ zierter Endothelzellzahl die photothe­ rapeutische Keratektomie Methode der ersten Wahl zur Behandlung einer nodu­ lären Salzmann’schen Degeneration sein kann, sofern eine ausreichende endothe­ liale Funktion vorliegt [2].

­Fazit für die Praxis Besteht eine Indikation zur chirurgischen Intervention bei sekundärer nodulärer Salzmann’scher Degeneration nach perforierender Keratoplastik, kann die PTK auch bei unsicherer Transplantatprog­ nose eine optisch wirksame Therapieoption darstellen, was invasivere chirurgische Maßnahmen vermeiden hilft.

Korrespondenzadresse Dr. Z. Gatzioufas Klinik für Augenheilkunde,   Universitätsklinikum des Saarlandes Kirrberger Str., Geb. 22, 66421 Homburg/Saar [email protected] Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Zusammenfassung · Abstract Literatur   1. Das S, Link B, Seitz B (2005) Salzmann’s nodular degeneration of the cornea: a review and case series. Cornea 24:772–777   2. Das S, Langenbucher A, Pogorelov P et al (2005) Long-term outcome of excimer laser phototherapeutic keratectomy for treatment of Salzmann’s nodular degeneration. J Cataract Refract Surg 31:1386–1391   3. Deai T, Fukuda M, Tomoda Y et al (2004) Excimer laser photokeratectomy reactivates latent herpes simplex virus. Jpn J Ophthalmol 48:570–572   4. Lim MC, Chan WK (2009) Salzmann nodular degeneration after laser in situ keratomileusis. Cornea 28:577–578   5. Stone DU, Astley RA, Shaver RP, Chodosh J (2008) Histopathology of Salzman nodular corneal degeneration. Cornea 27:148–151   6. VanderBeek BL, Silverman RH, Starr CE (2009) Bilateral Salzmann-like nodular corneal degeneration after laser in situ keratomileusis imaged with anterior segment optical coherence tomography and high-frequency ultrasound biomicroscopy. J Cataract Refract Surg 35:785–787   7. Vannas A, Hogan MJ, Wood I (1975) Salzmann’s nodular degeneration of the cornea. Am J Ophthalmol 79:211–219

Ophthalmologe 2011 · 108:963–965  DOI 10.1007/s00347-011-2361-6 © Springer-Verlag 2011 Z. Gatzioufas · T. Hager · M. El-Husseiny · N. Kozeis · B. Seitz

Salzmann’sche noduläre Degeneration 20 Jahre nach perforierender Keratoplastik bei Keratokonus Zusammenfassung Einleitung.  Wir berichten über einen einzigartigen Fall eines jungen Patienten, der bei Keratokonus vor 20 Jahren eine perforierende Keratoplastik erhalten hatte und sich in unserer Klinik mit Visusverschlechterung bei Salzmann’scher nodulärer Degeneration auf dem Transplantat, wahrscheinlich aufgrund einer rezidivierenden Herpeskeratitis, vorstellte. Der Patient wurde mit einer phototherapeutischen Keratektomie (PTK) behandelt, und trotz niedriger Endothelzellzahl des Hornhauttransplantates konnte die Sehschärfe zufriedenstellend wiederhergestellt werden.

Schlussfolgerung.  Auch bei unsicherer Transplantatprognose aufgrund mehrerer Risikofaktoren (Transplantatalter, geringe Endothelzellzahl, subklinische rezidivierende HSV-Infektion) stellt ein ophthalmochirurgischer Therapieversuch mittels PTK bei Salzmann’scher nodulärer Degeneration eine vielversprechende Therapiemethode zur Vermeidung einer Rekeratoplastik dar. Schlüsselwörter Salzmann’sche noduläre Degeneration ·   Herpetische Keratitis · Hornhauttransplantat · Keratokonus · Keratoplastik

Salzmann’s nodular degeneration on a corneal graft 20 years after penetrating keratoplasty for keratoconus Abstract Introduction.  We report a unique case of a young patient who underwent penetrating keratoplasty for keratoconus 20 years previously and presented in our department with visual deterioration due to Salzmann’s nodular degeneration (SND) on the corneal graft, induced probably by underlying recurrent herpetic (HSV) keratitis. The patient was ­treated with phototherapeutic keratectomy (PTK) and despite the low endothelial den­ sity of the corneal graft, visual acuity was sufficiently restored.

Conclusion.  Treatment with PTK is a promising therapeutic option in SND to avoid repeat penetrating keratoplasty, even if the prognosis for the corneal graft is endangered by several risk factors (age of the graft, low endothelial density, subclinical recurrent HSV infection). Keywords Salzmann’s nodular degeneration ·   Corneal graft · Keratoconus · Herpetic   keratitis · Keratoplasty

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