S. Wettengl (2013) - Die Kleine Scheuer im Rosenstein und das Paläolithikum um Heubach

July 24, 2017 | Author: Stefan Wettengl | Category: Upper Paleolithic, Magdalenian, Open Air Sites, Swabian Jura
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Description

WISSENSCHAFTLICHE ARBEIT FÜR DIE BACHELORPRÜFUNG IN UR- UND FRÜHGESCHICHTLICHER ARCHÄOLOGIE UND ARCHÄOLOGIE DES MITTELALTERS AN DER PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT DER EBERHARD KARLS UNIVERSITÄT TÜBINGEN

Die Kleine Scheuer im Rosenstein und das Paläolithikum um Heubach – Altfunde und neue Forschungen Betreuer: Prof. Dr. Harald Floss

Erstellt von Stefan Wettengl [email protected]

Tübingen, 10. Juli 2013

Die vorliegende Bachelorarbeit wurde von mir selbständig und ohne die Verwendung anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel verfasst.

Tübingen, den 10. Juli 2013

„Du brauchst noch ein Zitat. Jeder hat ein Zitat!“ S. Fröhle

Danksagung Den Grundstein für die Entstehung dieser Arbeit setzte Prof. Dr. Harald Floss. Durch den Kontakt zum Arbeitskreis Steinzeit und dem glücklichen Umstand, dass ich aus der Region stamme, ist die Idee dieser Abschlussarbeit entsprungen. Hierfür und für die Beratung, Unterstützung und Betreuung danke ich Herr Floss vielmals. Was dann folgte, waren die zahlreichen Funde und Unterlagen, die mir dankenswerterweise vom Arbeitskreis Steinzeit, insbesondere in Zusammenarbeit mit Wolfgang Naak und Adolf Regen, zur Verfügung gestellt wurden. Natürlich gebührt der Dank allen Mitgliedern und Ehemaligen des Arbeitskreises Steinzeit Ostalb, die in jahrelanger, mühsamer und geduldiger Arbeit sammelten und sicherlich weiter sammeln werden. Auch Hasso Kaiser danke ich für die Bereitstellung von Funden und Informationen über die Erforschung des Gebietes um Schwäbisch Gmünd. Weiterhin danke ich Krischan Hoyer M.A., Jens Frick M.A. und Klaus Herkert M.A. für die Anregungen, für Artefaktbestimmungen und für die Ausrüstung. Wenn es um Ausrüstung geht, muss Simon Fröhle erwähnt werden. Seine Kenntnis und seine Kamera ermöglichten erst die Fotografien und das weitere Bearbeiten bei Photoshop. Er fand zum Beispiel in mühsamster Arbeit heraus, wie man einen Strich in ein PhotoshopDokument einfügt. Außerdem hatte er für Fragen rund um die Abschlussarbeit immer ein offenes Ohr und sorgte auch für die Kartierungen in dieser Arbeit, weswegen ihm an dieser Stelle durchaus gedankt sei. Natürlich dürfen die anderen fleißigen Mitschreiber Nadine, Mareike und Timmi, welche die Zeit des Schreibens versüßten, in diesem Abschnitt nicht fehlen. Bevor die Fotos gemacht werden konnten mussten auch die Funde der Kleinen Scheuer bereitgestellt werden. Hierfür danke ich Christoph Lehnert, der mir die Funde aus der Sammlung geliehen hat. Ein weiterer herzlicher Dank geht an den Heubacher Stadtarchivar Gerhard Kolb für die Ratschläge bei der Aufarbeitung der Forschungsgeschichte. Nicht zuletzt danke ich natürlich grenzenlos meiner Familie für das Vertrauen und die Unterstützung während meines Studiums.

Inhalt

1. Zielsetzung ....................................................................................................................... 1 2. Der Naturraum um Heubach......................................................................................... 2 2.1 Beschreibung des Umlandes ............................................................................................. 2 2.2 Eingrenzung des bearbeiteten Bereiches .......................................................................... 4 3. Forschungsgeschichte ..................................................................................................... 4 3.1 Der Rosenstein und die Grabungen in der Kleinen Scheuer ............................................ 4 3.2 Ein Jahrhundert danach - Die Frage nach dem Verbleib der Artefakte ............................ 7 3.2.1 1916 - Grabung R.R. Schmidt ........................................................................................ 8 3.2.2 1921 - Die Forschungen Franz Kellers: „Rosensteins Urgeschichte“ ......................... 9 3.2.3 Die Forschungen im 2. Weltkrieg .................................................................................. 9 3.2.4 Forschungen im späten 20. Jahrhundert ..................................................................... 11 3.3 Aktuelle Forschungen ..................................................................................................... 14 4. Geologie und Rohmaterial ........................................................................................... 15 4.1 Der Rosenstein und sein Umland.................................................................................... 15 4.2 Die Geologie der Freilandfundstellen ............................................................................. 18 4.3 Rohmaterialversorgung ................................................................................................... 20 5. Funde.............................................................................................................................. 23 5.1 Die Kleine Scheuer ......................................................................................................... 23 5.1.1 Beschreibung ............................................................................................................... 23 5.1.2 Steinartefakte ............................................................................................................... 25 5.1.3 Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke ............................................................... 27 5.1.4 Fazit ............................................................................................................................. 33 5.1.5 Organische Artefakte ................................................................................................... 34 5.1.6 Menschliche Überreste ................................................................................................ 34 5.2 Die Schnitzerei aus Gagat ............................................................................................... 35 6. Essingen Heuholz - Eine Jungpaläolithische Freilandfundstelle? ............................ 37 6.1 Beschreibung .................................................................................................................. 37 6.2 Die Artefakte im Überblick ............................................................................................ 38 6.3 Betrachtung der ausgewählten Artefakte ........................................................................ 39 6.4 Das Knochenartefakt....................................................................................................... 43 6.5 Fazit ................................................................................................................................ 44

7. Weitere Fundstellen im Umland Heubachs ................................................................ 45 7.1 Essingen Friedhof (Sammlung Naak) ............................................................................. 45 7.2 Heubach Sand ................................................................................................................. 45 7.3 Herlikofen Krähenbühl ................................................................................................... 46 7.4 Bettringen Alte Burg (Sammlung Naak) ........................................................................ 47 7.5 Bettringen Gügling (Sammlung Naak) ........................................................................... 48 7.6 Bettringen Rainhalden (Sammlung Naak) ...................................................................... 49 7.7 Zimmern Froschlache (Sammlung Naak, Raschke) ....................................................... 49 7.8 Bargau Hochsträß (Sammlung Naak) ............................................................................. 51 7.9 Bargau Schlössle (Sammlung Kaiser) ............................................................................ 52 7.10 Eiersberg (Sammlung Kaiser) ....................................................................................... 53 8. Ergebnisse ...................................................................................................................... 55 8.1. Steht die Kleine Scheuer im Zusammenhang mit den Freilandfundstellen? ................. 55 8.2. Das Paläolithikum der Freilandfundstellen.................................................................... 56 Literatur Tafeln Anhang

1.

Zielsetzung

1. Zielsetzung In dieser Arbeit soll die Region um Heubach im Ostalbkreis auf paläolithische Funde untersucht werden. Die Fundstelle befindet sich, was die paläolithische Forschung betrifft, in einer bisher eher unbekannteren Region der Schwäbischen Alb. Der Fokus liegt klar bei den weltbekannten Höhlenfundstellen des Ach- und Lonetals. In dieser Arbeit soll unter anderem eine Fundstelle, die etwas abseits am Nordrand der Schwäbischen Alb liegt, ausführlicher besprochen werden. Durch den glücklichen Umstand, dass sich ein Großteil der Funde aus der „Kleinen Scheuer“ im Rosenstein noch in der urgeschichtlichen Sammlung in der Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie des Institutes für Ur- und Frühgeschichte befindet, konnten die Altfunde dieser Höhle ausgewertet werden. Das Material für die gesamte Arbeit stammt dabei einerseits aus der im Jahr 1916 ausgegrabenen Höhle „Kleine Scheuer“ im Rosenstein, andererseits aus neueren Funden von Freilandfundstellen, die z.B. von Sammlern des Arbeitskreises Steinzeit Ostalb begangen werden. Die ackerbaulich genutzte Landschaft des Albvorlandes erbrachte dabei einige interessante Funde, die hier in dieser Arbeit sozusagen als Ensemble von paläolithisch geprägten Stücken vorgestellt werden sollen. Dabei werden die Stücke artefaktmorphologisch besprochen und bestmöglich definiert. Natürlich besteht bei Freilandfundstellen die Gefahr, nur auf ein heterogenes Fundspektrum zurückgreifen zu können. Weil dies gerade bei diesen Fundstellen der Fall ist, muss ein Filter über die Artefakte gelegt werden. D.h. Mikrolithen, getemperte Lamellenkerne, Artefakte, die neolithischen Charakter haben und chronologisch nicht aussagekräftige Stücke, werden in dieser Arbeit nicht behandelt, weil es bereits bekannt ist, dass mesolithische und neolithische Freilandfundstellen existieren.

Man

en denke

masse nur

an

Iggingen/Brainkofen als ergiebigste mesolithische Fundstelle der Region (Abb.1).

Da die Kleine Scheuer im

Magdalénien aufgesucht wurde, ist vor

allem

die

jungpaläolithischen

Suche Artefakten

nach im

Abb.1: Mikrolithen aus Iggingen/Brainkofen (Kind 2009, 337)

1

2.

Der Naturraum um Heubach

Umland nicht verkehrt. Die Aufgabe besteht nun darin, die paläolithisch anmutenden Artefakte zu isolieren und Verbindungen zwischen den Fundstellen aufzusuchen. Um diesen Punkten nachzugehen, werden zum einen für das Paläolithikum typische Stücke behandelt, zum anderen soll auch ein Blick auf das verwendete Rohmaterial geworfen werden. Die spannendste Frage ist wohl, ob die Freilandfunde mit den Artefakten der Kleinen Scheuer korrelieren. Mit diesen Informationen soll ein neues Gesamtbild der paläolithischen Fundstellen in der Region um Heubach entstehen, die bisher leider weniger beachtet wurden. Leider, weil das scheinbar unspektakuläre und wenig zahlreiche Inventar der Kleinen Scheuer und die neuen Freilandfundstellen doch sehr interessante Funde lieferten und in Zukunft liefern werden. Diese Arbeit ist hoffentlich erst ein Einstieg in die weitere Erforschung dieser Region und damit dem Ausbau der Erforschung der Schwäbischen Alb. Denn auch diese Region war eine Heimat für den paläolithischen Menschen und seine Hinterlassenschaften passen bislang in das Bild, das wir von anderen Fundstellen der Alb kennen.

2. Der Naturraum um Heubach

2.1 Beschreibung des Umlandes Direkt am Fuß der nördlichen Schwäbischen Alb liegt die Kleinstadt Heubach, die mit ihrer traditionsreichen Textilindustrie überregionale Bekanntheit erlangt hat. Vor allem die sehenswerte Landschaft lockt Touristen in die Gegend um den Rosenstein, der zahlreiche Höhlen, unter anderem auch die „Kleine Scheuer“, welche Gegenstand dieser Arbeit ist, beherbergt. Die Burgruine Rosenstein ist schon aus der Ferne sichtbar und prägt das Gesicht der Stadt Heubach. Von diesem Punkt hat der weite Ausblick ins Remstal sicher nicht nur heutzutage seine Reize. Viele der behandelten Fundstellen sind vom Rosenstein aus gut zu überblicken, wie z.B. Zimmern Froschlache, Bettringen Gügling, oder Heubach Sand. Der Sand im Westen Heubachs ist aufgrund seines Klingeninventars eine sehr interessante Fundstelle. Als Vorläufer der Schwäbischen Alb wird er auf seinem Plateau ackerbaulich genutzt, weswegen dort schon seit mehreren Jahrzehnten Freilandfunde aus steinzeitlichem Kontext gesammelt wurden. Einige Klingenfragmente, die im Abstand von mehreren Jahren gefunden wurden, konnten 2

2.1

Beschreibung des Umlandes

sogar wieder zusammengesetzt werden. Es ist sicherlich ein Vorteil, dass die Fundfläche auf dem Sand relativ klein ist. Im direkten Umland befinden sich weitere steinzeitliche Freilandfundstellen, wie Essingen Heuholz, Waldstetten Schlatt, oder Iggingen Birkichäcker, um nur einige zu nennen. Die Fundstellen enthalten Fundmaterial, das hauptsächlich aus dem Mesolithikum und auch dem Neolithikum stammt. Paläolithische Fundstellen scheinen in dieser Region hingegen entweder seltener vorzukommen, weniger erschlossen

zu

sein,

oder

wurden bisher nicht identifiziert. Die Kleine Scheuer brachte bei Forschungen

im

frühen

20.

Jahrhundert jedoch Funde aus dem

Aurignacien

und

Magdalènien hervor.

dem

In der

moderneren Literatur (Weniger 1981; Auffermann 1998) wird die Fundstelle zeitlich nur in das Magdalénien eingeordnet. Die Auswertung

der

Freilandfundstellen

bestätigt,

dass diese im Bezug auf das Paläolithikum

nicht

zu

vernachlässigen

sind.

Neue

Funde,

die

zur

Bearbeitung

Abb.2: Lage der Kleinstadt Heubach (Quelle: http://www.mrkartographie.de/uploads/pics/BW-Verkehr.jpg)

dankenswerterweise von Wolfgang Naak, Thomas Abele, Adolf Regen und Hasso Kaiser ausgeliehen wurden, zeigen oftmals eine paläolithische Ausprägung. Mit viel Vorsicht können die Funde vom dort häufig vorkommenden Mesolithikum und Neolithikum abgegrenzt werden. Basierend auf den Altgrabungen in der Kleinen Scheuer soll im Rahmen dieser Arbeit das Paläolithikum der Freilandfundstellen um Heubach untersucht werden.

3

2.2

Eingrenzung des bearbeiteten Bereiches

2.2 Eingrenzung des bearbeiteten Bereiches Der Bereich soll dabei eingegrenzt werden, um die Übersicht zu behalten. Eine südliche Grenze stellt die Hochfläche der Schwäbischen Alb dar. Erste Vorläufer wie der Sand oder die Flur Schlatt in Waldstetten und auch die Kleine Scheuer als höchster Punkt, können somit einbezogen werden. Die nördliche und östliche Grenze wird die Rems sein. Mit ihrem Ursprung bei Lauterburg, fließt sie nahe der Fundstelle „Heuholz“ durch Essingen und bildet dort die östliche Grenze. Flussabwärts verläuft sie in westlicher Richtung durch Mögglingen, Böbingen und schließlich durch Schwäbisch Gmünd und Lorch. Entlang dieser Linie verläuft die nördliche Grenze, wobei die Fundstelle Herlikofen Krähenbühl nördliche der Rems liegt, aufgrund eines sehr interessanten Fundes trotzdem Erwähnung findet. Als westliche Grenze dient Waldstetten. Dadurch ergibt sich ein Geländequerschnitt, der von Süd nach Nord abfällt. Die Fundstellen auf dem Freiland finden sich häufig an Geländespornen, die in nördliche Richtung steil in das Remstal abfallen. Beispiele sind die Flure Waldstetten Schlatt, Heubach Sand, Essingen Heuholz oder Bettringen Gügling (s. Karte im Anhang). Letzen Endes zeigt sich so ein einheitliches und überschaubares Landschaftsmuster. Ein weiterer Grund für die Grenzen sind die Sammlungsaktivitäten. Nördlich der Rems finden sich sehr viele mesolithische und neolithische Freilandfundstellen. Der Blickpunkt der beteiligten Sammler liegt jedoch auch im Bereich südlich der Rems, was die Zusammenarbeit zwischen der Universität Tübingen und den Sammlern des Arbeitskreises Steinzeit begünstigt. Bevor es aber zu den aktuellen Sammlungsaktivitäten kam, wurde die Kleine Scheuer erforscht. Auch damals hatte alles seinen Anfang in einer Begehung.

3. Forschungsgeschichte

3.1 Der Rosenstein und die Grabungen in der Kleinen Scheuer Bereits im ausgehenden 16. Jahrhundert schrieb der Tübinger Historiker Martin Crusius die „Schwäbische Chronik“, worin Volkssagen über den Rosenstein und den Scheuelberg enthalten sind und erzählt wird, dass Heubach früher auf dem Hochberg 4

3.1

Der Rosenstein und die Grabungen in der Kleinen Scheuer

lag (vgl. Oeftiger/Wagner 1985, 14). Sicherlich sind damit die frühgeschichtlichen Befestigungswälle auf dem Hochberg gemeint. Auch Merian sieht in seiner „Topographia Sueviae“ im Jahr 1643 noch eher das Eigenartige der Landschaft um den Rosenstein, als die Altertümer (Oeftiger/Wagner 1985, 14). Aus den ersten Quellen erschließt

sich, dass

der Rosenstein

mit seinen Eigenarten als

mystische

Landschaftsmarke angesehen wurde. Mit der Aufklärung rückt sukzessive die

Abb.3: Rosensteins Urgeschichte. Faksimile der 2. Auflage (1982)

Abb.4: Franz Keller mit seiner Frau in seinem Garten (Keller 1933, 75)

Erforschung der Altertümer in den Vordergrund, bis schließlich 1870 die Beschreibung des Oberamtes Gmünd erschien. Darin sind auch die Befestigungsanlagen des Rosensteins erwähnt (Oeftiger/Wagner 1985, 14). Ende des 19. Jahrhunderts gründete der Heubacher Apotheker E. Plicksburg einen Verschönerungsverein, der den Rosenstein mit Erfolg pflegte und durch Wanderwege begehbar machte. Dieser Verein ging wenige Jahre später im Schwäbischen Albverein auf. Zu dieser Zeit kam Franz Keller (1852-1938) ins Spiel, welcher mit seiner Naturverbundenheit und seinem Forschungsdrang begann, sich über Jahrzehnte mit dem Rosenstein zu beschäftigen. Zunächst kümmerte er sich um den Rosenstein und seine Wallanlagen, bis er 1911 auch auf die Kleine Scheuer aufmerksam wurde (Oeftiger/Wagner 1985, 21). Die für diese Arbeit grundlegende Kleine Scheuer wurde schließlich immer mehr ins Licht gerückt. Vor den ersten Grabungen im Jahr 1912 wurde die Höhle von H. Maier begangen, wobei ein fossiler, aufgeschlagener Röhrenknochen mit Nagespuren gefunden wurde (Maier 1936, 235). Erst vier Jahre später unternahm Maier mit Kollegen eine Begehung 5

3.1

Der Rosenstein und die Grabungen in der Kleinen Scheuer

und oberflächliche Schürfung, bei der neben Wildpferd- und Bärenzähnen auch Silexartefakte gefunden wurden. Die erste Grabung in der Kleinen Scheuer im Rosenstein fand im September desselben Jahres unter der Leitung von R. R. Schmidt statt (Maier 1936, 235). Die Abtragung der ehemals bis zu 1,70 m hohen Ablagerung aus der Eiszeit erfolgte in fünf Stufen von je 30 cm. Eine genaue stratigraphische Unterteilung der Schichten ist nach Maier (1936, 238) nicht erfolgt, weil es keine dunklen Streifen von Herdstellen, oder einschlussfreie Zwischenschichten gegeben habe. Da die Funde nach jeweils 30 cm strikt getrennt wurden, gibt es zudem keine Unterteilung in geologische oder archäologische Horizonte (Auffermann 1998, 140). Somit kann davon ausgegangen werden, dass die nachgewiesene Besiedlung der Höhle ausschließlich im Magdalénien stattgefunden hat, während andere Autoren (Keller 1933; Riek 1935; Maier 1936) das Inventar in Aurignacien und Magdalénien aufgliedern. Aber es treten im Inventar zu wenige Artefakte auf, die eindeutig für ein Aurignacien sprechen. Die Funde aus der einwöchigen Grabung befinden sich heute in der Urgeschichtlichen Sammlung der Universität Tübingen (Inventarnummer: Tü 1916/1). Im Jahr 1919 setzte der in Reutlingen geborene Heubacher Arzt und Ehrenbürger Dr. Franz Keller die Grabungen in einem kleineren Bereich vor dem Felsblock, der die Höhle in zwei Bereiche aufteilt, fort (Keller 1933, 3). Der Heimatforscher war als Gauobmann im Schwäbischen Albverein tätig und hatte von seinen Mitmenschen den ehrenhaften Namen „Rosensteindoktor“ erhalten. Seine Neigung zu metaphorischem Schreiben wird in seiner Publikation aus dem Jahr 1921 und einer Notiz, die im Vorwort von Walter Gröner in der 3. Auflage zu finden ist, (Abb. 3) deutlich: „Baute mein Nest nah dem Felsblock, der mir Schutz und Erquickung bot, gleich den zwei Falken, die ich um ihn fliegen sah.“ (Vorwort, Faksimile der 2. Auflage 1982). Keller veröffentlichte mit der Monographie „Rosensteins Urgeschichte“ eine erste Auswertung der Erforschung des Rosensteins. Seine Auswertung basiert auf seinen eigenen Funden. Neben den Steinartefakten wurden auch Bärenzähne, Knochen von Makrofauna, Rentiergeweih und zwei menschliche Zähne gefunden (Maier 1936, 248). Einige Knochen, unter anderem ein Metapodium eines Höhlenbären, befinden sich im Museum für Naturkunde in Stuttgart. Heute finden sich aber leider nicht mehr alle Artefakte und Knochen. Die Gründe für deren Verschwinden könnten der 2. Weltkrieg und/oder Unachtsamkeit sein. Nach fast einem Jahrhundert soll die Forschungsgeschichte mit dieser Arbeit aufgearbeitet und dem Verschwinden der vielen Funde nachgegangen werden. 6

3.2

Ein Jahrhundert danach - Die Frage nach dem Verbleib der Artefakte

3.2

Ein Jahrhundert danach - Die Frage nach dem Verbleib der Artefakte

Wo Teile der restlichen Artefaktfunde Kellers sind, bleibt unbekannt. Weder Anfragen im Landesmuseum Stuttgart, im Naturkundemuseum Stuttgart – wo sich Knochen aus der Kleinen Scheuer befinden (Abb.5), im Kreisarchiv Ostalbkreis und im Stadtarchiv Heubach brachten neue Erkenntnisse. Lediglich im Heimatmuseum, im Heubacher Schloss, befinden sich noch 21 Artefakte aus der Kleinen Scheuer (s. Anhang). Diese passen von der Typologie und vom Rohmaterial zu den Funden aus Tübingen. Außerdem sind noch zwei Bärenzähne (s. Anhang) und die Harpune aus Bein, von der sich zwei Abgüsse in der Urgeschichtlichen Sammlung im Tübinger Schloss befinden, ausgestellt. Im Landesmuseum Stuttgart befindet sich immerhin die Schnitzerei einer Dasselfliegenlarve

des

Rentieres aus Gagat, die später

noch

ausführlicher beschrieben

wird.

Im

Heimatmuseum Heubach findet sich ein Abguss des Objekts. Bei einem Gespräch mit dem Stadtarchivar

wurde

klar, dass die Funde auch im 2. Weltkrieg und/oder während der

Abb.5: Knochen aus dem Naturkundemuseum Stuttgart (Foto: Th. Rathgeber)

Besatzungszeit verloren gegangen sein könnten. Zu dieser Zeit waren die Funde in Heubachs alter Realschule aufbewahrt, welche sich an der Position der heutigen Stadthalle befand. Während der Besatzungszeit wurde die Realschule teilweise ausgeräumt, wobei die Funde Kellers abhanden gekommen sind. Kolb konnte wenigstens die heute ausgestellten Stücke sicherstellen (mdl. Mitt. G. Kolb). Die letzte Aufarbeitung fast aller Funde aus der Kleinen Scheuer geschah in den frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts durch Dr. Hans Maier aus Berlin, welcher die Ergebnisse im Jahr 1936 unter dem Titel „Die altsteinzeitliche Wohnhöhle „Kleine

7

3.2.1

1916 - Grabung R.R. Schmidt

Scheuer“ im Rosenstein“ in der Zeitschrift für Deutsche Vorgeschichte (Mannus) veröffentlichte. Die Artefaktzahlen unterscheiden sich in der Literatur sehr. Auch die Zählung der Artefakte, welche sich in der urgeschichtlichen Sammlung in Tübingen befinden, brachte keine Übereinstimmung. Im Folgenden sollen die verschiedenen Anzahlen aus der eigenen Zählung und der Literatur chronologisch aufgelistet werden, um herauszufinden, wann sich die Spuren verlieren.

3.2.1

1916 - Grabung R.R. Schmidt

In alten Grabungsdokumenten aus der urgeschichtlichen Sammlung Tübingen wurde zuerst eine unangenehme Entdeckung gemacht. In den Dokumenten Schmidts steht geschrieben, dass auch in der Großen Scheuer gegraben wurde und dabei 221 Stücke aus dem Aurignacien und dem Magdalénien und 102 Absplisse gefunden wurden (Abb.6). Aus der Kleinen Scheuer sind ebenfalls das Aurignacien und das Magdalénien mit 136 Stücken, 27 Absplissen und 4 Knochenpfriemen erwähnt. Die Schichten sind wie folgt aufgeteilt: Schicht 1: 42, Schicht 2: 39, Schicht 3: 8, Schicht 4: 3, ohne Schicht 44 Artefakte. In

keinem

Dokument,

außer in diesem, wird erwähnt,

dass

es

paläolithische Grabungen und Funde aus der Großen Scheuer gibt. Weitere Nachforschungen in Sammlungsakten, die von Christoph Lehnert zur Verfügung

gestellt

wurden, erbrachten keine weiteren

Ergebnisse

zu

Abb.6: Grabungsdokumentation R.R. Schmidts (Sammlungsarchiv Tübingen). Gedrucktes Dokument s. Anhang.

vermeintlichen Grabungen in der Großen Scheuer.

8

1921 - Die Forschungen Franz Kellers: „Rosensteins Urgeschichte“

3.2.2

3.2.2

1921 - Die Forschungen Franz Kellers: „Rosensteins Urgeschichte“

In seiner Dissertation „Rosensteins Urgeschichte“ erwähnt Keller (1933, 13) bei seiner Rohmaterialbeschreibung 170 Artefakte, wovon 46 aus Hornstein und 124 aus Feuerstein sind. Die Differenzierung der Rohmaterialien reiche von Hornstein und Feuerstein der Albhochfläche, bis zu Feuerstein aus der Schweiz. Eine genauere Beschreibung der Rohmaterialsituation findet sich in Kapitel 4.3. Allerdings mit den Funden aus der Schmidtschen Grabung von 1916. Keller trennte die Artefakte typologisch in 84 Klingen auf, wovon 33 zu Kratzern und 16 Schabern weiterverarbeitet wurden. Durch den Begriff „Schaber“ wird klar, dass die Terminologie nicht mit der heutigen übereinstimmt. Vermutlich meinte Keller damit Lateralretuschen. Desweiteren spricht Keller (1933, 13) von 26 Pfeilspitzen, 6 Bohrern, 6 Sticheln und 6 Pfriemen. Eine weitere undifferenzierte Erwähnung finden die Harpune, ein Meißel, eine Wurfspeerspitze und „viele kleine Federmesser“ (Keller 1933, 13). Leider ist nicht klar, wo sich der Großteil der Artefakte befindet. Zumindest 21 Artefakte stammen höchstwahrscheinlich aus der Grabung Kellers und sind im Heimatmuseum im Heubacher Schloss ausgestellt.

3.2.3

Die Forschungen im 2. Weltkrieg

Im Jahr 1935, ein Jahr vor Dr. Hans Maiers Publikation, veröffentlichte Gustav Riek die „Kulturbilder aus der Altsteinzeit Württembergs“. In diesem Werk werden leider keine Artefaktzahlen genannt. Riek schreibt, dass „einige schöne Werkzeuge, in der Urgeschichtlichen Sammlung Tübingen niedergelegt (wurden)“ (1935, 73). Schicht II und

III

werden

als

Fundschichten

genannt.

Schicht

II

wird

durch

die

„Schmalklingenkulturstufe III“ (Magdalénien) definiert, Schicht III hingegen durch die „Schmalklingenkulturstufe I“ (Aurignacien) (Riek 1935, 73). Die Kleine Scheuer wird 13 m hinter dem Eingang von einem 1,9 m hohen Felsblock, der von der Decke gestürzt ist, in zwei Teile getrennt. Im hinteren Teil wurde von Keller eine Schichtenfolge beschrieben, die von Riek aufgearbeitet wurde. Riek erwähnt vier Schichten in einer Höhe von 1 m. Die fundtragenden Schichten II und III befinden sich über dem Höhlenlehm (0,8m-1 m Tiefe) und einer Bärenschicht (0,8m-0,4 m) in der Lage von 0,4

9

3.2.3

Die Forschungen im 2. Weltkrieg

m und 0,2 m. Das Aurignacien befand sich demnach in 0,4 m Tiefe und das Magdalénien in 0,2 m Tiefe (Riek 1935, 73). Eine erste Zusammenfassung verlautet, dass Dr. Hans Maier aus Berlin im Jahr 1936 die beiden Inventare ausgewertet hat und somit noch die komplette Anzahl an Artefakten zur Verfügung hatte. Das heißt, er müsste aus der Kleinen Scheuer 333, nämlich 163 von Schmidt und 170 von Keller, Steinartefakte ausgewertet haben. Die Zahlen sollen mit Maiers Publikation verglichen werden. Maier schreibt (1936, 235), dass er mit Freunden im August 1916 eine oberflächliche Schürfung vornahm, bei der Wildpferd- und Bärenzähne, Feuersteinartefakte und eine Knochenharpune entdeckt wurden. Die Funde wurden an Schmidt gesandt, welcher daraufhin mit H. Maier Anfang September die Höhle, in welcher bis auf die Schürfung offiziell noch kein Eingriff stattgefunden hat, binnen einer Woche ausgrub. Außerdem erwähnt Maier (1936, 241), dass Funde aus dem Grabungsschutt entnommen wurden. Diese erklären die Funde ohne Schichtbezeichnung. Sicherlich blieben auch hier viele kleine Funde unentdeckt, was einen Informationsverlust bedeutet. Erst 20 Jahre später wurde der Fundstoff von Maier ausgewertet, nachdem er Tübingen verlassen hatte und die Arbeit in Berlin verfasste. Maier erhielt von Keller die wichtigsten Stücke aus seiner Grabung im Jahr 1919 zur wissenschaftlichen Bearbeitung. Bis zu dieser Zeit waren sie in der Heubacher Altertumssammlung aufbewahrt. Ob die Funde wieder zurück an die Besitzer gingen, wird aus dem Text leider nicht ersichtlich. Es steht jedoch nicht geschrieben, dass Maier die Stücke zum Verbleib erhielt, sondern Schmidt überließ ihm die Funde zur wissenschaftlichen Bearbeitung und F. Keller stellte sie ihm zur Verfügung (Maier 1936, 235). Auch die Dasselfliegenlarve ging von der Stuttgarter Altertümersammlung nach Berlin. Dieses Stück befindet sich heute wieder im Landesmuseum in Stuttgart.

Maier (1936, 240) spricht in seiner Publikation von 314 Steinwerkzeugen und 9 Knochen- und Horngeräten. Genaue Anzahlen von Grundformen, oder Kernen nennt Maier nicht. Er nennt lediglich die Klingen als vorherrschende Grundform. In der Publikation sind Zeichnungen zu sehen, die mit den Stücken aus der Urgeschichtlichen Sammlung übereinstimmen. Somit ist belegt, dass zumindest ein Teil der Artefakte seinen Weg zurück nach Tübingen gefunden hat. Eine weitere positive Entdeckung ist die Übereinstimmung einer Zeichnung Maiers mit einem ausgestellten Stück im Heubacher Heimatsmuseum. 10

3.2.4

Forschungen im späten 20. Jahrhundert

Maier hat zudem die Schichtenfolge der Kleinen Scheuer ansatzweise erklärt. Er teilt die Schichten in 5 stratigraphische Einheiten ein. Lage 5 war frei von Einschlüssen. In Lage 4 befanden sich Reste von Tieren und im oberen Teil erst Artefakte. Im Magdalénien diente die Höhle wohl als Jagdaufenthalt. Dies ist zu vermuten, weil Feuerstellen fehlen und die Anzahl an Werkzeugen höher ist, als die von unmodifizierten Artefakten, bzw. Kernen. Auch die Höhenlage und die fehlende Nähe zum Wasser nennt Maier als Argumente für kürzere Jagdaufenthalte. (Maier 1936, 251)

3.2.4

Forschungen im späten 20. Jahrhundert

In Gerd-Christian Wenigers Dissertation „Wildbeuter und ihre Umwelt“ (1981) wird die Kleine Scheuer ebenfalls aufgeführt. Die Differenzierung der Artefakte erfolgte in dieser Dissertation nur grob, da die vielen Fundstellen der Schwäbischen Alb für die Arbeit, die sich von ihrer Fragestellung eher auf andere Aspekte bezieht, zu zahlreich wären (vgl. Weniger 1981, 155). In den Tabellen wird klar, dass aus selbigem Grund nur ein Ausschnitt des Artefaktinventars der Kleinen Scheuer ausgewertet wurde. Ein weiterer Grund ist wohl die ausschließliche Behandlung des Magdaléniens in der Dissertation Wenigers. Ein Abgleich mit einer eigenen Datenbank, die erstellt wurde, um die Funde übersichtlich aufzunehmen, zeigte, dass Weniger nur 59 Artefakte in der zweiten Auflistung aufführt, weil er nur die Schichten I und II aus der Altgrabung aufnahm. Die Schichten III und IV wurden vermutlich nicht aufgenommen, weil sie in älteren Publikationen als aurignacienzeitlich eingeordnet wurden (z.B. Keller 1933; Riek 1935; Maier 1936). Auch die Artefakte ohne Schichtzuordnung wurden nicht in die Arbeit mit aufgenommen. Insofern konnten aus dieser Quelle keine Hinweise zum Verschwinden der Artefakte gewonnen werden. Trotzdem sollen die Ergebnisse in folgenden zwei Auflistungen, die der Arbeit entnommen sind erwähnt werden.

11

3.2.4

Forschungen im späten 20. Jahrhundert

Steinartefakte des Magdaléniens nach Weniger (1981, 156/157)

Größe der Grabung:

10 m²

Größe des potentiellen Wohnraumes:

90 m²

Anzahl der Steinwerkzeuge insgesamt:

21

Anz. der Steinwerkzeuge eingeschränkt:

10

Anz. Geschossspitzen:

1

Anz. Harpunen:

1

Anz. Nadeln:

1

Anz. Knochen/Geweihgeräte:

1

Anz. Knochen/Geweih bearbeitet:

2

Gagat:

ja

Kunstobjekt:

ja

Die Auflistung zeigt die relativ geringe Größe der Grabung im Vergleich zu den anderen Höhlenfundstellen (vgl. Weniger 1981, 156/157) Auch der Wohnraum ist durch die Erosion heutzutage nicht mehr komplett erhalten.

Zusammensetzung des Steininventars nach Weniger (1981, 158/159)

Anzahl Artefakte:

59

Anz. Kerne:

9

Anz. Werkzeuge gesamt.:

21

Anz. Werkzeuge ohne Rückenret., Lateral/Endret., Zähnung, Hohlkerbe:

10

Anz. Kratzer:

3

Anz. Stichel:

1

Anz. Bohrer:

3

Anz. Endretusche:

3

Anz. Lateralretusche:

11

Auffällig ist hier, dass 9 Kerne aus den Schichten I und II stammen, wovon allein 8 aus Schicht II geborgen wurden. Es gibt sonst nur 3 weitere Kerne, von denen jeweils einer aus Schicht III, Schicht IV und aus dem Grabungsschutt stammt. Dieser Verteilung können mehrere Ursachen zugrunde liegen. Ob die Kerne vornehmlich in der jüngeren Besiedlung durch den Menschen eingebracht wurden, ob sie sich durch taphonomische Prozesse umgelagert haben, oder ob die Verteilung der ungenauen Grabungsmethodik zugrunde liegt, bleibt offen. 12

3.2.4

Forschungen im späten 20. Jahrhundert

Abb.7: Die Ausleihe von 1985 (Sammlung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie Tübingen)

Wagner entlieh Stücke aus der Urgeschichtlichen Sammlung Tübingen für eine weitere Aufarbeitung. Dabei ordnet er die Schichten III und IV dem Aurignacien zu (Oeftiger/Wagner 1985, 53). Einige Stücke sind zwar an dickeren Klingen gearbeitet, wie der hohe Doppelkratzer (Taf.2, 7), jedoch wurden in diesen Schichten auch Stücke gefunden, die dem Magdalénien zuzuordnen sind. Außerdem unterscheidet Auffermann (1998, 140) den Doppelkratzer eindeutig von einem aurignacienzeitlichen Kielkratzer. Weitere Artefakte dieser Schichten sind z.B. der große, bifaziell genutzte Klingenkern und das kleine Kombinationsgerät aus Kratzer und Stichel. Gerade dieses Artefakt ist sehr charakteristisch für das Magdalénien, weil es aus Bohnerzjaspis, vermutlich aus der Freiburger Gegend, gefertigt ist (s. Kap. 5.1.3). Ein Rohmaterialtransport über diese Distanz von mehreren 100 km ist vor allem im Magdalénien bekannt (Floss 1994). Somit muss man die Schichtenfolge kritisch betrachten, denn es scheint so, als ließen sich aus den Fundschichten nur sehr zweifelhafte Schlüsse zur Datierung ziehen. Nichtsdestotrotz lässt sich eine aurignacienzeitliche Nutzung der Höhle, zumindest mit Kurzaufenthalten, nicht ausschließen. In jedem Fall wurde die Höhle im Magdalénien

13

3.3

Aktuelle Forschungen

als Jagdlager genutzt. Die Anzahl der Artefakte stimmt mit denen, die heute in der Urgeschichtlichen Sammlung verwahrt sind, überein. Auch Auffermann (1998, 140) spricht die Problematik der Datierung an. Die Argumentation basiert auf der ungenaueren Grabungsmethodik vor fast 100 Jahren und auf

der

Sedimentationsdynamik.

Deshalb

spricht

sie

die

Fundstelle

als

magdalénienzeitlich an, weil sich Abbauformen, Werkzeuge und das Rohmaterial der zwei vermeintlich aurignacienzeitlichen Schichten nicht von den Magdalénienschichten abheben und auch die Knochen- und Geweihgeräte typisch für das südwestdeutsche Magdalénien sind (Auffermann 1998, 140 f.). Auffermann hatte 1998 dieselbe Anzahl an Artefakten zur Verfügung, wie sie sich heute noch in der Sammlung befinden.

Eine eigene Zählung der restlichen Artefakte in der urgeschichtlichen Sammlung der Universität Tübingen erbrachte eine Anzahl von 175 Stücken, wovon 163 aus Gestein sind. Unter den 163 Stücken finden sich auch 7 Stücke in Form von Geröll, Kalkspat, Sandstein (Retuscheur und Sandsteinplatte mit Rötel) und ein Belemnit. Die restlichen 156 Funde sind Steinartefakte aus Silex (vgl. Auffermann 1998, 140).

3.3 Aktuelle Forschungen Die ersten Begehungen von Oberflächenfundplätzen begannen in den frühen fünfziger Jahren von Reinhold Schmid, Prof. Dr. Wilhelm Pfeffer, Hasso Kaiser und Axel Nuber, gefolgt von ersten Fundmeldungen in den Fundberichten aus Schwaben. Jedoch war es noch keine geschlossene Arbeitsgruppe. Die Gründung der Arbeitsgruppe erfolgte im Jahr 1989 von Werner Raschke, Klaus Posselt, Adolf Regen, Werner Wilhelm und Gerhard Stiegele. Ihr Sammlungsgebiet lag vor allem nördlich der Rems, bei der Lein und dem Kocher und der Frickenhofer Höhe. Dabei entdeckten sie über 100 Freilandfundstellen, die sich vorwiegend aus mesolithischen und neolithischen Inventaren zusammensetzen. Der heutige „Arbeitskreis Steinzeit“ wurde im Jahr 2001 von Wolfgang Naak, Klaus Posselt, Adolf Regen und Werner Wilhelm ins Leben gerufen. Lange Zeit wurden paläolithische Funde für reine Zufälle gehalten, in der falschen Annahme, Freilandfundstellen aus dieser Zeit seien in dieser Gegend nicht 14

4.

Geologie und Rohmaterial

existent. Erst durch die Zunahme von Artefakten, die nicht in das regionale Mesolithikum und Neolithikum passten, wurde begonnen, gezielt paläolithische Lagerplätze zu suchen. In der gesamten Zeit wurden mit einem Faustkeil aus Iggingen Birkichäcker 1973, einem Bruchstück eines Faustkeiles aus Lorch Gairen 1995 auch mittelpaläolithische Artefakte entdeckt (s. auch Zimmern Froschlache, Herlikofen Krähenbühl). Zur Bestimmung der Artefakte wurden z.B. Prof. Dr. Kind vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, oder Prof. Dr. Floss von der Universität Tübingen herangezogen. Die Arbeitsgruppe kümmert sich neben den Sammlungsaktivitäten unter anderem um Veröffentlichungen, Museumskonzeptionen, experimentalarchäologische Kurse für Schüler und Studenten und Ausstellungen. Mit ihrer Philosophie, die Öffentlichkeit zu Informieren, einen Beitrag zur Erforschung des Ostalbkreises zu leisten und die Artefakte zu sichern, bietet sich jetzt eine Chance an, zusammen mit der Universität Tübingen in beidseitigem Interesse das Paläolithikum in Teilen des Ostalbkreises zu erforschen. Die

Informationen

und

Funde

aus

den

privaten

Sammlungen

wurden

dankenswerterweise vom Arbeitskreis Steinzeit im Ostalbkreis gesammelt und zur Verfügung gestellt.

4. Geologie und Rohmaterial

4.1 Der Rosenstein und sein Umland

Der Rosenstein ist geomorphologisch als Weißjura-Massenkalkausleger einzuordnen. Mit folgenden Bergen bildet der Rosenstein die „Rosenstein-Randhöhen“, oder die „nördlichen Albuch Randhöhen“ (Dongus 1974, 2) (von Westen nach Osten): Scheuelberg, Nägelberg, Glasenberg, Heidenburren, Hochberg, Mittelberg, dem Lauterburger Hart, bis zum Langert bei Aalen. Dabei biegt der Albtrauf beginnend am „Hohen Fels“ (703 m NN) des Scheuelbergs mit einem deutlichen Knick von einer Südwest-Nordost-Richtung auf eine Westsüdwest-Ostnordöstliche Richtung und setzt 15

4.1

Der Rosenstein und sein Umland

sich rund 18 km geradlinig bis zum Langert fort. (Dongus 1974, 2; 14; 21) Ein solcher gerader Traufverlauf ist für die Schwäbische Alb untypisch. Der Grund hierfür liegt darin, dass dieses Gebiet tektonisch beeinflusst ist. Die Störung wird als „Schwäbisches Lineament“ bezeichnet (Dongus 1974, 3). Es handelt sich um eine tektonische Mulde mit einer 500-1000 m breiten Grabenzone, die den Albuchtrauf vom Langert bis zum Rosenstein um 50-100 m nach unten versetzt (Dongus 1974, 4). Die Burgruine Rosenstein wird dadurch um 30 m abgesenkt (Seibold 1951,

294).

Mit

tief

einschneidenden Traufbuchten

und

Muldenlagen (Dongus 1974, 22; 32) bildet dieser Teil der Alb

in

diesem

Landschaftsstrich den oberen Teil des südwestdeutschen Schichtstufenlandes (Oeftiger/Müller 1995, 10).

Abb.8: Die Berghalbinsel des Rosensteins (links) (Oeftiger/Wagner 1985, Titelbild)

Das Tal nordwestlich des Rosensteins

ist

aufgrund

seiner Schichtversenkung um 140

m

als

Kessel

einzuordnen, der sich nach Nordosten

zum

Remstal

öffnet. Der für diese Arbeit wichtige

Teil

des

Schichtstufenlandes entstand

Abb.9: Der geologische Aufbau und die tektonische Störung (Oeftiger/Müller 1995, 13)

im Jura. Dieser Teilt sich wiederum in drei Abschnitte auf: dem Schwarzen, dem Braunen und dem Weißen Jura. Auch diese drei Schichten werden in jeweils sechs verschiedene Untereinheiten aufgeteilt, die mit griechischen Buchstaben (α bis ζ) aufgeteilt sind (vgl. Geyer/Gwinner et al. 2011, 210; Abb. 70). Die Reihenfolge verläuft von der untersten Einheit beginnend normal nach dem griechischen Alphabet: α, β, γ, δ, ε, ζ. Spricht man zum Beispiel vom Weißen Jura delta, wird die Abkürzung „wδ“ verwendet (Abb.10). Für die 16

4.1

Der Rosenstein und sein Umland

Fundstellen werden die Bereiche um den wδ (Rosenstein) und den bβ – dem braunen Jura beta – für die Freilandfundstellen wichtig sein. Der Rosenstein selbst ist im Südosten durch das Lappertal und im Südwesten durch einen Quellarm des Klotzbachs, welcher in Böbingen in die Rems mündet, in seiner Lage fast komplett von der Albhochfläche getrennt. Die Berghalbinsel ist nur durch einen kleinen Sattel mit der Albhochfläche verbunden. Dabei fallen Weißjura-Schichten des Rosensteins steil in das Braunjura-Vorland ab, welches sich flacher zu den Schwarzjura-Platten des Remstales abebnet.

(Oeftiger/Müller

1995, 10) Der Braune Jura entstand

in

einem

Meeresbecken,

das

durch

Meeresstraßen

mit

dem

Weltmeer verbunden

war

(Reiff

Der

1993,

Albtrauf

am

71).

Rosenstein

zeichnet sich durch für die Alb charakteristische Stufen ab. Der Fuß wird durch Tone und

Mergel

des

oberen

Braunjuras und des mittleren Weißjuras gebildet. Darüber liegen die Deckgesteine der Bank- und Massenkalke des wδ,

welche

den

steilen

Abb.10: Geologie des Schwäbischen Jura (Geyer/Gwinner 2011, 210)

Felskranz entlang des Berges bilden (Oeftiger/Wagner 1985, 43). Der Übergang von Bank- zu Massenkalken ist an der Basis der Kleinen Scheuer zu sehen (Oeftiger/Wagner 1985, 44). Zwischen dem wδ 2-3 befinden sich die Höhlen des Rosensteins. Die markantesten Höhlen sollen in Kürze genannt werden. Im nordöstlichen Bereich befinden sich die Höhlen „Große Scheuer“ und „Haus“. Die Große Scheuer liegt 703 m NN, ist 40 m lang, bis zu 6 m breit und 10 m hoch. Die beeindruckende Höhle wurde durch Wasser geformt und weist eine Einschwemmung von 9 m Höhe auf (Keller 1933, 35). Das „Haus“ ist am Eingang 6 m breit und 10 m hoch. Hier fanden sich Hallstatt- und Römerzeitliche und Mittelalterliche Funde, hauptsächlich in Form von Keramik (Keller 1933, 37 f.). Südöstlich, unter dem 17

4.2

Die Geologie der Freilandfundstellen

Sedelfelsen (Ostfelsen), befindet sich mit dem „Finsteren Loch“ die größte Höhle des Rosensteins. Die rund 130 m lange Durchgangshöhle wurde während der Hallstattzeit und im Mittelalter aufgesucht, was Brandschichten belegen (Keller 1933, 28). Schließlich folgt der Sattel, der den Rosenstein mit der Albhochfläche verbindet. An der westlichen Südseite zeigt sich der Sophienfels, in dem sich die „Dreieingangshöhle“ befindet. Die 19 m lange Höhle wurde ebenfalls in der Hallstattzeit und im Mittelalter aufgesucht (Keller 1933, 20; 23). Leider wurden zwei zugespitzte Feuersteinklingen aus dem Magdalénien, die sich im Grabungsschutt befanden, nicht in intakten Schichten gefunden. Eine davon wurde aus Hornstein, die andere aus „Feuerstein aus der Kreide der Schweiz“ (Keller 1933, 21) gefertigt. Etwa 300 m entfernt, in westlicher Richtung, befindet sich der Westfelsen, auf dem die Burgruine Rosenstein steht. Der untere Teil des Felsens beherbergt die „Kleine Scheuer“, die in dieser Arbeit aufgrund der eiszeitlichen Funde im Fokus stehen soll. An der westlichen Nordseite befinden sich die „Plicksburggrotten“

unterhalb

den

östlichen

Ausläufern

des

Lärmfelsens

(Oeftiger/Müller 1995, 12).

4.2 Die Geologie der Freilandfundstellen Typisch

für

Freilandfundstellen die

Lage

auf

die ist einem

Talrand (siehe Essingen Heuholz). Dort befindet sich

die

Fundstelle

südlich des Remstales. Vom

Remstal

zum

soll

die

charakteristische

Lage

Albtrauf

kurz

geologisch

beschrieben werden. Im Remstal befindet sich die

Abb.11: Die Geologie Fundstelle Essingen Heuholz (Geol. Karte BW, Blatt 7126 (Aalen) M=1:25000)

holozäne Talfüllung aus Auelehm und Flusskies (Geol. Karte BW, Blatt 7126 Aalen). 18

4.2

Die Geologie der Freilandfundstellen

Die nächste Schicht ist das untere Aalenium (bα) mit darunter liegendem Opalinuston. Das Aalenium ist eine etwa 110 m mächtige Serie von Tonsteinen (Reiff 1993, 71). Nach einem sehr steilen Anstieg folgt die Fundstelle, die auf dem oberen Aalenium (bβ) liegt (Abb.11: al2). Diese tonigen Böden mit Sandstein enthalten zudem Brauneisenooide und oolithische Eisenerzflöze, die schon im Mittelalter in der Gegend um Aalen abgebaut wurden (Reiff 1993, 73). Südlicher geht der Braune Jura in den Weißen Jura (wα-wζ) über, d.h. Ton- und Sandsteine werden zuerst von OxfordMergeln, dann von Oxford-Kalken abgelöst (Reiff 1993, 73). Auf der Hochfläche über den Weißjura-Massenkalken befinden sich beispielsweise Tertiärer Feuersteinlehm und jungpleistozäne Ablagerungen, wie Feuersteinschlufflehm. Auch der Sand, Bargau oberhalb des Birkhofs und der Eiersberg liegen auf dem sandigen, oberen Aalenium. Die Fundstelle Bargau Hochsträß befindet sich im Übergang zwischen dem oberen Aalenium und dem Oolithkalk (Geol. Karte BW, Blatt 7225 Heubach). Die Fundstellen Bettringen Gügling und Zimmern Froschlache liegen auf der oberen Filderfläche (vgl. Dongus 1974, 11). Sie fallen in nördlicher Richtung steil in das Remstal ab. Die Talwände bestehen aus Stubensandstein (Dongus 1974, 12). Waldstetten Schlatt befindet sich auf vier maßgebenden Schichten. Der Geländesporn wird nach Norden vom Bettringer und Waldstetter Bach eingeschnürt. Von der Talfüllung bis zur Ackeroberfläche ergibt sich von Nord nach Süd folgender geologischer Verlauf: Stubensandstein und Knollenmergel aus dem mittleren Keuper, Psiloceraten- und Schlotheimienschichten (Tonsteine, Kalksandsteine) aus dem Schwarzen Jura und schließlich pleistozäner Lößlehm (Geol. Karte BW, Blatt 7224 Schwäbisch Gmünd Süd). Die Funde stammen aus dem Bereich an der Hangkante zwischen Keuper und Schwarzem Jura. Die Funde aus Waldstetten Schlatt konnten aus Zeit- und Platzgründen nicht in diese Arbeit mit aufgenommen werden. Für zukünftige Untersuchungen bieten die gesammelten Funde jedoch eine ausgiebige Anzahl an Artefakten, von denen einige als mittelpaläolithisch Einzuordnen sind. Dies ergab eine erste Sichtung des Fundstoffes. In welche Zeitstellung(en) Waldtstetten Schlatt letzten Endes einzuordnen ist, bleibt noch offen.

19

4.3

Rohmaterialversorgung

4.3 Rohmaterialversorgung Die paläolithische Rohmaterialversorgung soll in dieser Arbeit anhand von Literatur, dem Fundmaterial der Kleinen Scheuer und der Freilandfundstellen überblickt werden. Da im Magdalénien der Rohmaterialaustausch des Paläolithikums über weite Distanzen verlief, wurde auch die Kleine Scheuer mit ortsfremdem Rohmaterial versorgt. Die Transportdistanzen steigen, von unter 20 km im Aurignacien, später im Gravettien vereinzelt schon auf rund 20-100 km an, während im Magdalénien der Transport über eine Distanz von mehr als 100 km deutlich ansteigt und lokales Rohmaterial nicht als einzige Quelle dient (Burkert & Floss 2005, 332). Die magdalénienzeitliche Rohmaterialversorgung der Kleinen Scheuer teilt sich wie folgt auf:

Rohmaterial (Anz.)

Herkunft

Distanz

Häufigkeit

Abfälle

Jurahornstein (76)

Alb

1-2 km

Dominant

Ja

Keuperhornstein (52)

Mainhardter Wald

25 km

Häufig

Ja

Radiolarit (6)

Fluvioglazialer Schutt

35 km

Begleitend

Nein

Tertiärer Hornstein (16)

Randecker Maar

40 km

Begleitend

Nein?

Tab. 1: (Nach Burkert & Floss 2005, 341 und Auffermann 1998, 141)

Häufigstes Rohmaterial

ist

lokaler Jurahornstein, welcher

in

der

direkten Umgebung in kieselknollenführende n Verwitterungs- und Schuttdecken vorkommt

(Burkert

2012,

Weitere

72).

Kieselknollen man

nach

findet Burkert

(2001, 32) auch nahe der

„Waldstraße“

Abb.12: Der magdalénienzeitliche Rohmaterialtransport (Floss 2009, 182)

20

4.3

Rohmaterialversorgung

zwischen Bartholomä und Königsbronn. Das Vorkommen befindet sich ca. 8 km südöstlich von Heubach entfernt. Direkt in der Nähe, 2 km nördlich von Zang, befindet sich ein Feuersteinlehmvorkommen im Gewann „Kohlplatte“, das Jurahornsteinknollen führt (Burkert 2001, 32 f.). Eine Rohmaterialprobe von der Hochfläche des Scheuelbergs bestätigt, dass auch dort verkieselte Hornsteine in der Region vorkommen (s. Fundstelle Sand). Für die Schwäbische Alb sind nach Beurer (1971, 7) komplett verkieselte

Kalksteine

(Kieselknollen),

oder

kalkhaltige

Verkieselungen

(Kalkkieselknollen) keine Seltenheit. Maier (1936, 244) nennt mit einem Vorkommen von Jurahornstein südlich des Mittelbergs, das rund 2 km südöstlich der Kleinen Scheuer liegt, ein explizites Beispiel für Rohmaterial in der unmittelbaren Umgebung des Rosensteins. Auch bei Tauchenweiler im Gewann „Herrenhäule“, gut 3 km südlich von Essingen, soll es bis zu kopfgroße

Knollen

von

Jurahornstein geben, die farblich nicht monoton und stark gebändert sind (Burkert 2001, 33). Die

wichtigste

Quelle

für

Keuperhornstein

in

Baden-

Württemberg

nach

Burkert

ist

(2012, 67) der Mainhardter Wald, der rund 40 km nordwestlich von

Abb.13: Rohmaterialproben „Herrenhäule“ bei Tauchenweiler. Wiedmann, Anordnung: S.Wettengl)

Gewann (Foto: H.

Heubach liegt (Messung mit Top 50 Viewer stimmt nicht mit Tabelle 1 überein). Die Versorgung der Kleinen Scheuer könnte aber nicht nur Keuperhornstein von diesem Ort enthalten. Andere Vorkommen in der Hohenloher Ebene, im Welzheimer Wald, der etwa 10 km näher an Heubach liegt, als der Mainhardter Wald, zeigen dass es durchaus Alternativen gibt. Noch näher gelegene Vorkommen gibt es an den Höhen entlang des Rot- und Kochertales, oder an einem natürlichen Aufschluss am Talhang des Waldstetter Baches (Burkert 2012, 71 f.). Mit einer Distanz von nicht einmal 10 km ist Waldstetten das nächstgelegene bekannte Keuperhornsteinvorkommen.

21

4.3

Rohmaterialversorgung

Radiolarit

wurde

durch

alpine

Gletscherbewegungen bis vor die südliche Schwäbische Alb transportiert. Flüsse und Schotter eignen sich nach Hahn (1991, 23) als

hervorragende

Quellen

für

Rohmaterialien. Der Tertiäre Hornstein aus der Kleinen Scheuer stammt vom Randecker Maar. Das bekannte Vorkommen wurde ebenfalls in den anderen Paläolithischen Höhlen der Schwäbischen Alb verwendet. Auch im Steinheimer Becken, rund 14 km südöstlich von Heubach, gibt es ein Vorkommen von Tertiärem Hornstein von minderer Qualität (Burkert 2012, 73). Ob dieses Material auch

Abb.14: Rohmaterialprobe aus einem Baumwurf auf dem Scheuelberg. Aufgesammelt von W. Naak (Foto: S. Fröhle, Anordnung: S.Wettengl)

in die Kleine Scheuer gebracht wurde, ist unbekannt. Auffermann (1998, 141, Tabelle 90)

gibt

zudem

6

Artefakte

aus

unbestimmtem

Rohmaterial

an.

Bohnerzhornsteinvorkommen findet man nach Burkert (2001, 36) meistens in tertiären Lagerstätten, wie z.B. in Schotterterassen des Kocher- und Brenztals. Für die Freilandfundstellen sind besonders die oben genannten Kieselknollen des oberen Weißen Jura interessant. Die Knollen sind an vielen der aufgenommenen Fundstellen vorhanden. Vor allem auf dem Sand bei Heubach ist ein Großteil des Inventars aus diesem Material gefertigt. Die Verbreitung zeigt sich durch die Anwesenheit einer Knolle in Essingen Heuholz und einigen Stücken aus Bargau Hochsträß. Aus den Freilandfundstellen wurde es insgesamt ersichtlich, dass auch lokaler Jurahornstein, Keuperhornstein und z.T. Bohnerzhornstein als Rohmaterial verwendet wurde.

22

5.

Funde

5. Funde 5.1 Die Kleine Scheuer

5.1.1

Der

Beschreibung

höchste

Punkt

des

Rosensteins liegt bei 735,1 m NN (Oeftiger/Wagner 1985, 10). Die Kleine Scheuer befindet sich am Fuß des Westfelsen, auf dem sich die Burgruine Rosenstein befindet. Der Eingang der Höhle liegt

647,7

m

NN,

38

m

unterhalb der Ruine und 135 m über der Talsohle (Maier 1936, 237). Durch die südwestliche gelegene Höhlenöffnung ist die

Abb.15: Längenprofil, Grundriss und Profile der Kleinen Scheuer mit Grabungsflächen. (Oeftiger/Wagner 1985, 51)

Sonneneinstrahlung über die meiste Zeit des Tages möglich. Die Höhle teilt sich in zwei Bereiche auf, die sich hinter dem 8,40 m hohen und 7,20 m breiten Eingang befinden. 13 m hinter dem Eingang befindet sich ein 1,90 m hoher Felsklotz. Dieser aus der Decke herausgebrochene Fels teilt die Höhle in ihre zwei Bereiche, weil er sich beinahe über die komplette Breite der Höhle erstreckt. Die Kulturschichten befanden sich hinter dem Felsklotz. Da der Hang direkt vor der Höhle schnell steil abfällt, fehlt ein Vorplatz gänzlich. Dadurch und durch den Wasserausfluss bedingt, fehlen im vorderen Teil der Höhle die Kulturschichten (Maier 1936, 238). Da der Albtrauf an seiner Neckarseite durch Erosion, die den schnell fließenden Neckarzubringern geschuldet ist, zurückweicht, wurde der Vorplatz der Höhle drastisch verändert und die Höhle durch die Erosionsprozesse für die eiszeitlichen Menschen vielleicht erst zugänglich (Oeftiger/Müller 1995, 12 und Oeftiger/Wagner 1985, 47). Gleichzeitig fehlen der Würm-Eiszeitliche Eingang und der vordere Teil der Höhle und damit auch andere Kulturschichten (Oeftiger/Wagner 1985, 47). Ein weiterer Grund für das Fehlen von intakten Auflagerungen könnte die Wasserdurchlässigkeit des Massenkalkes des 23

5.1.1

Beschreibung

Weißjura δ sein. Durch Versickerungsprozesse könnten die Kulturschichten im vorderen Bereich vom Wasser weggespült worden sein, während sich die Schichten in der Sedimentfalle hinter dem Felsklotz stauen und erhalten konnten (Oeftiger/Wagner 1985, 48). Gleichzeitig ist dieses Wasser zwar keine sehr ausgiebige, aber immerhin eine Flüssigkeitsquelle. Im Taleinschnitt zwischen dem Rosenstein und dem südwestlich gelegenen Hochberg, der so genannten „Stellung“, befindet sich zudem ein Quellarm des Klotzbachs. Von der Höhle aus ist dieser innerhalb von wenigen Minuten erreichbar. Zusätzlich bietet die Höhle im Winter wärmere Temperaturen, weil sie nach hinten ansteigt und durch den Felsklotz eine natürliche Barriere aufgebaut ist. Deshalb wurde sie von den Menschen und von Höhlenbären als Überwinterungsplatz, Wurfplatz und Sterbestätte genutzt (Oeftiger/Wagner 1985, 48). Die Funde aus der Kleinen Scheuer fallen mit den anderen Funden der südlicher gelegenen Albhöhlen in die Würmkaltzeit. Hahn (1981) ordnet die Kleine Scheuer ausschließlich in das Magdalénien ein. Die Besiedlung der Alb im Allgemeinen ist in der jüngeren Altsteinzeit durch das Aurignacien gekennzeichnet. Jedoch kommen datierende Funde nur aus dem Lone- und Achtal. Das Alter liegt zwischen 23 000 und 37 000 BP. (Hahn 1981, 6) Das Gravettien hingegen ist nur an wenigen Fundstellen, wie in der Brillenhöhle (>25 000 Jahre BP), dem Geißenkösterle (23625 ± 290 BP), oder dem Hohle Fels bei Schelklingen (21 160 ± 500 BP) nachgewiesen (Hahn 1981, 7). Zwischen Gravettien und Magdalénien befindet sich der Höchststand der WürmVereisung und somit der höchsten Gletscherausdehnung. Vor allem weil sich die Kleine Scheuer rund 30 km Luftlinie nordwestlich von Stetten ob Lontal und fast 50 km Luftlinie nördlich von Schelklingen befindet, ist die Zeit ohne Besiedlung, wie sie auch bei den anderen Höhlen vermutet wird, vor allem bei der Kleinen Scheuer, offensichtlich. Hinzu kommt, dass die Kleine Scheuer auf einer Höhe von rund 650 m NN liegt und damit über 100 m höher als beispielsweise der Hohle Fels bei Schelklingen (534 m NN). Jedoch ist nicht auszuschließen, dass in diesem kalten und trockenen Zeitraum keine Sedimentation stattfand und Funde somit nicht eingebettet wurden (Hahn 1981, 7). Die Wiederbesiedlung der Schwäbischen Alb und damit auch die Hochzeit der Besiedlung der Kleinen Scheuer beginnt ab etwa 14 000 BP, mit einem Maximum der Besiedlung der Schwäbischen Alb allgemein zwischen 13 000 und 12000 BP (Hahn 1981, 7). Nach Weniger (1986, Karte 5), war die Kleine Scheuer ein kleines Haupt- bzw. Außenlager, das vornehmlich im Sommer aufgesucht wurde. Die Wege der Rentiere in 24

5.1.2

Steinartefakte

ihre Sommereinstände verlaufen hauptsächlich entlang der beiden großen Flüsse Rhein und Donau. Von Norden entlang des Neckars kommend, verbreiteten sich die Rentiere auch über das Rems- und Filstal (Weniger 1986, Karte 4) und damit auch in den Bereich der Kleinen Scheuer. Der Ausblick vom Rosenstein in das Remstal war sicherlich ein vorteilhafter Faktor für ein Jagdlager.

5.1.2

Steinartefakte

Die Steinartefakte der Kleinen Scheuer setzen sich aus mehreren verschiedenen Rohmaterialien zusammen, die nochmals genauer bestimmt wurden. In folgender Tabelle befindet sich ein Überblick der eingebrachten Rohmaterialien. Einzig der Baltische Feuerstein lässt sich nicht in eine genaue Region einordnen. Alle anderen Materialien stammen aus bekannten Vorkommen (s. Kap. 4.3).

Abb. 16: Rohmaterialien aus der Kleinen Scheuer (S.Wettengl)

25

5.1.2

Steinartefakte

Einige Stücke, wurden wie schon erwähnt in das Aurignacien eingeordnet.

Den

Großteil des Inventars machen aber die Artefakte aus dem Magdalénien aus. Dabei ist auffällig, dass die Kombinationswerkzeuge meistens aus Kratzer und Stichel bestehen.

Abb. 17: Die Grundformen aus der Kleinen Scheuer (S.Wettengl)

Definition

Kerne

Klingenk.

Lamellenk.

Abschläge

Klingen

Lamellen

Schicht unbek.

1

-

1

13

56

-

Schicht I

1

-

-

8

9

1

Schicht II

7

1

-

6

18

2

Schicht III

1

1

-

1

6

-

Schicht IV

1

-

-

-

2

-

Gesamt

11

2

1

28

91

3

Tabelle 2: Artefaktaufteilung nach Schichten

Die Beschriftungen der Artefakte reichen von Schicht I bis IV und einer unbekannten Schicht. Die wichtigsten Fundkategorien nach Schichten sind in Tabelle 2 dargestellt. Aus den Klingen und Abschlägen wurden weitere Werkzeuge hergestellt (Abb. 18) Auffällig ist, dass keine Lamellen modifiziert wurden und diese im gesamten Inventar nicht zahlreich sind (Abb. 17). Dies mag auch mit dem Informationsverlust im Zusammenhang stehen, der mit der veralteten Grabungstechnik einhergeht.

26

5.1.3

Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke

Abb. 18: Modifizierte Grundformen aller Schichten (S.Wettengl)

5.1.3

Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke

Aus den Funden, die in der Urgeschichtlichen Sammlung in Tübingen liegen, wurden die wichtigsten Artefakte, welche typisch für das Magdalénien sind, ausgesucht, um hier beschrieben zu werden. Dabei werden Kerne, die Gruppen von Grundformen und das Rohmaterial behandelt. Besonders die Klingenindustrie zeigt eine Vielfalt an Modifikationen. Kombinationswerkzeuge sind häufig vertreten. Auffällig ist, dass Klingen aus Tertiärem Hornstein des Randecker Maars allgemein länger sind und einen dickeren Querschnitt haben, als Klingen aus den anderen Rohmaterialien. Jedoch gibt es seltener auch größere Klingen aus Keuperhornstein und Baltischem Feuerstein (Abb. 22, 2).

Kerne: Zuerst sollen die markantesten Kerne beschrieben werden. Diese bestehen aus Muschelkalkhornstein (Taf.1, 2), Keuperhornstein (Taf.1, 1) und Jurahornstein (Taf.1, 3). Bei den zwei letzteren handelt es sich um Klingenkerne. Besonders das Stück mit der

Fundnummer

herausgearbeiteten

69

zeigt

Schlagfläche

die

größten

ausgehen.

Klingennegative, Das

Stück

zeigt

die

von

eine

einer laterale 27

5.1.3

Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke

Kernkantenpräparation, die nicht als Leitgrat für den primären Klingenabbau fungiert, sondern als laterale Begrenzung. Die Klingen wurden schließlich unidirektional neben der Präparation abgebaut. Weitere Klingen wurden vom Artefakt mit der Fundnummer 83 abgebaut. Der Kern ist sowohl auf der Ventral als auch auf der Dorsalfläche beschlagen worden. Eine sekundäre Verwendung als Kernkratzer ist nicht auszuschließen. Ein Restkern trägt die Fundnummer 84; von der Form her sehr unregelmäßig erscheint und Schläge aus mehreren Richtungen erkennbar sind. Wahrscheinlich wurde noch versucht die letzten Grundformen zu gewinnen, bevor der Kern verworfen wurde. Zuletzt konnte noch ein Lamellenkern konischer Form bestimmt werden, dessen Lamellennegative von einer gut präparierten Schlagfläche ausgehen.

Klingen: Es wurden 10 Klingen zur näheren Bestimmung ausgesucht. Auch in den anderen Kategorien, wie bei den Kratzern oder Sticheln kommen Klingen vor. Diese überschneiden sich aber nicht mit den jetzt genannten Klingen, von denen fünf aus Tertiärem Hornstein aus dem Randecker Maar (Fundnummern (Fn)): 3, 25, 78, 100, 118; Bsp. s. Taf.3, 3; 4) bestehen, und jeweils eine Klinge aus Keuperhornstein (Fn: 31), Muschelkalkhornstein oder dunkler Keuper (Fn: 99), Bohnerzhornstein (Fn: 120), Jurahornstein (Fn: 133) und Baltischem Feuerstein (!) (Fn: 130) hergestellt ist. Typisch für das Magdalénien sind dabei die Artefakte mit den Fundnummern 100, 125 und 3, weil es sich um hochrückige Klingen handelt. Das basale Fragment 100 zeigt dazu noch den präparierten Schlagflächenrest (frz.: „talon en éperon“. Vgl. dazu: Floss 2002) (Taf.7). Nummer 120 ist ein weiteres basales Fragment einer gekerbten Klinge. Das vermehrte Auftreten von Bruchkanten, zeigt, dass viele Werkzeuge in der Höhle gebraucht und bei Schaden verworfen wurden. Auch das terminale Bruchstück einer ehemaligen Spitzklinge (Fn: 133) zeigt deutliche Gebrauchsspuren. Besonders auffällig ist eine gut erhaltene, vermutlich am basalen Ende gebrochene Spitzklinge (Fn: 78). Sie zeigt deutliche Lateralretuschen und eine retuschierte Spitze, weswegen eine Schäftung denkbar gewesen sein könnte. Ein vom Rohmaterial her besonderes Stück ist das gerade mal 1 cm breite und 2,2 cm lange mediale Fragment einer Klinge aus Baltischem Feuerstein. Die durchscheinende Klinge ist beidseitig lateralretuschiert. Woher das Material stammt ist bisher unbekannt.

28

5.1.3

Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke

Kratzer: Die häufigsten Klingenwerkzeuge aus der Kleinen Scheuer sind Kratzer. Diese sind häufig zu Kombinationsgeräten ausgeformt. Sollte ein Kratzer noch zusätzlich, am gegenüberliegenden Ende zu einem Stichel modifiziert sein, wird dieser komplett beschrieben. Werkzeuge, die ausschließlich Stichel sind, werden dann in der Kategorie Stichel beschrieben. Insgesamt lassen sich 6 Kratzer, die nicht mit weiteren Werkzeugtypen kombiniert sind, zählen. Drei sind aus Tertiärem Hornstein (Fn: 49, 77 (Taf.3, 2), 81), zwei aus Bohnerzhornstein (Taf.2, 3; (Fn: 76)) und einer aus grüngelblichem Keuperhornstein mit roter Sprenkelung (Taf.2, 6). Die Kratzerkappe befindet sich

Abb. 19: Links: Bohnerzjaspis (Markgräfler Jaspis). Z.B. Auggen südlich von Freiburg. Rechts: 3 Rückengestumpfte Formen aus Gönnersdorf - Südwestecke (nach Floss 1994, Farbtaf. VI)

bei allen Stücken am terminalen Ende. Eine weitere Gemeinsamkeit sind die lateralen Retuschen der Stücke. Diese sind z.B. bei Fundnummer 49 artifizell, aber die Unregelmäßigkeit in Größe und Fläche zeigt beispielsweise bei Fundnummer 76, dass vermeintliche

Retuschen

auch

durch

Kryoturbation zustande kommen können. Einen

Doppelkratzer

aus

Abb. 20: Bohnerzjaspis aus dem Altinger Stollen bei Schliengen (Kaiser 2007, 113)

Muschelkalkhornstein (Taf.1, 7) hat Maier (1936, 241) beschrieben und ihn als „Kielschaber“ dem Aurignacien zugeordnet. Da das Inventar im gesamten ins Magdalénien fällt und bei der Grabung keine stratigraphischen Einheiten festgelegt wurden, muss auch ein hochrückiger Kratzer nicht unbedingt ins Aurignacien datieren.

Stichel: Zur Beschreibung wurden 10 Stichel aus unterschiedlichsten Rohmaterialien ausgewählt. Drei Stücke sind aus Jurahornstein (Fn: 209, Taf.2, 8; 139), weitere drei aus 29

5.1.3

Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke

Bohnerzhornstein (Taf.2, 2; 4; 5), zwei aus Tertiärem Hornstein (Fn: 9, Taf.2, 9) und ein Stück ist aus Bohnerzjaspis gefertigt (Taf.2, 1). Bohnerzjaspis kommt als Rohmaterialquelle im äußersten Südwesten Baden-Württembergs vor, wie z.B. in Schliengen im Kreis Lörrach (Kaiser 2007, 113) und wurde durch den Menschen unter anderem bis ins Mittelrheingebiet nach Gönnersdorf transportiert (s. Abb. 19; 20). Alle Stichel sind aus Klingen hergestellt, außer das Stück mit der Fundnummer 80. Durch die Modifikationen kann nicht mehr festgestellt werden, ob es ursprünglich ein Abschlag, oder eine Klinge war. Fünf Stichel haben zusätzlich eine Kratzerkappe (Fn: 8, 80, 139, 140, 141), welche stets am terminalen Ende gearbeitet sind, während die Stichelschläge aus basaler Direktion stammen (Taf.2, 1; 2; 4; 8). Bei diesen Kombinationsgeräten handelt es sich zudem um Mehrschlagstichel. Die Stichelbahnen verlaufen demnach vom basalen Ende ausgehend an beiden Lateralkanten in Richtung Terminalende. Somit ergeben sich im Allgemeinen tropfenförmige Artefakte, bedingt durch eine Spitze mit Stichelschlägen und einer gegenüberliegenden Kratzerkappe (Abb.21, 2; 3). Das typischste Artefakt ist aus Bohnerzhornstein gefertigt (Taf.2: 2). Von den anderen fünf Sticheln verläuft die Stichelbahn bei vier Stücken (Fn: 9, 143, 144, 209) von Terminalende zum Basalende und bei einem (Fn: 147) vom Basalende zum Terminalende. Nur Fundnummer 143 und 9 sind dabei zu Mehrschlagsticheln ausgearbeitet. Fundnummer 209 ist ein Stichel an der Bruchkante einer großen Klinge. Einen Stichel an Endretusche könnte das Stück mit der Nummer 144 repräsentieren. Die auf 2,7 cm verkürzte Klinge zeigt ein retuschiertes Ende, von dem der Stichelschlag ausgeht. Dass diese endretuschierte Klinge keine Ausnahme ist, belegt z.B. Fundnummer 79.

30

5.1.3

Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke

Abb.21: Kombinationsgeräte aus Kratzer und Stichel (1-4), Kratzer (5-8) und Bohrer (9, 10). (Zeichnungen 1-10: S.Wettengl)

31

5.1.3

Beschreibung der aussagekräftigsten Stücke

Bohrer: Einer der Bohrer ist aus Radiolarit (Fn: 164, Abb.21, 9), einer aus Jurahornstein (Fn. 125, Abb.21, 10) gefertigt. Ersterer scheint aus einem kleinen Abschlag hergestellt zu sein, der basal zwei Bruchkanten hat, die die zwei Lateralkanten definieren, bis die Bearbeitung einsetzt. Ab hier wurden die Kanten auf der Dorsalfläche gezielt zu einer Spitze gearbeitet, welche den Bohrer charakterisiert. Zweiterer ist am terminalen Ende einer Klinge gefertigt. Beide Kanten wurden wie beim vorherigen Bohrer zu einer Spitze präpariert.

Abb.22: 1: Spitzklinge, 2: Endretuschierte Klinge aus baltischem Feuerstein, 3: Sekundäre Kernkantenklinge, 4: Kern, 5: Gezähntes Stück, 6: Spitzenfragment, 7: Kerbspitze (Zeichnungen 1-7: S.Wettengl)

32

5.1.4

Fazit

Spitzen: Zwei markante Spitzen (Fn. 136, Keuperhornstein und 150, Bohnerzhornstein; Abb.22, 6; Taf.3, 5; 6) sind von der Herstellung und wohl auch der Zeitstellung unterschiedlich. Bei 136 handelt es sich um das terminale Fragment einer Spitzklinge, welche deutliche Präparationen an den Lateralkanten zeigt, um die Spitze herauszuarbeiten. Leider blieb nur das vorderste Stück erhalten. Chronologisch jünger einzuordnen ist eine Kerbspitze (Abb.22, 7).

Sonstige: Die oben genannte endretuschierte Klinge (Fn: 79, Abb.22, 2) ist mit 5,7 cm Länge und 2,1 cm Breite für dieses Inventar relativ groß. Die deutliche Endretusche wurde am terminalen Ende angelegt und verläuft schräg. Das Artefakt an sich weist noch zwei Besonderheiten auf. Einerseits wurde die Schlagfläche insofern präpariert, dass sie den für das Magdalénien typischen „talon en éperon“ aufweist (vgl. Floss 2012a, 123), andererseits wurde die Klinge aus Baltischem Feuerstein geschlagen, was wohl weitere Transportwege voraussetzt, als z.B. von der Albhochfläche oder dem Randecker Maar. Mit 6,9 cm Länge und 2,0 cm Breite ist die primäre, einseitige Kernkantenklinge aus Hornstein (Fn. 96; Abb.22, 3) von ähnlicher Größe. Sie verbreitert sich langsam vom basalen zum terminalen Ende hin. Das terminale Ende zeigt eine Präparation und fungierte daher wohl als Kratzerkappe. Ein ehemaliger Kratzer aus Radiolarit (Fn. 207) kann wurde wohl nachträglich zum ausgesplitterten Stück. Hinzu kommt noch ein Retuscheur, vermutlich aus Sandstein (Taf.6). Die Oberfläche hat deutliche Ähnlichkeiten mit einem Schleifstein. Vielleicht wurde der Sandstein auch als Schleifstein für organische Artefakte genutzt, wobei sichtbare Hinweise in Form von Rillen fehlen.

5.1.4

Fazit

Die ungenaue Grabungstechnik und keine Aufteilung in archäologische oder geologische Horizonte machen eine chronologische Aufteilung schwer. Auf diese Problematik geht auch Albrecht (1978, 65 ff.) im Zusammenhang mit dem Petersfels ein. Bis auf wenige Stücke finden sich aber auch keine Hinweise auf eine ältere oder jüngere Besiedlung als dem Magdalénien. Somit kann die Fundstelle bisher nur sicher in das Magdalénien eingeordnet werden, da keine

14

C-Datierungen durchgeführt 33

5.1.5

Organische Artefakte

wurden. Vor allem die organischen Artefakte lassen Parallelen zu anderen Fundstellen, wie dem Petersfels, erkennen (vgl. Albrecht 1978, Tafel 24 u. 25). Insbesondere bei diesen Tafeln zeigt sich die Ähnlichkeit der Werkzeuge. Kleinere Kombinationsgeräte aus Stichel und Kratzer sowie größere Kratzer lassen sich in beiden Inventaren beobachten. An beiden Fundstellen wurden ebenfalls für das Magdalénien typische Geschossspitzen gefunden. Daher sollen in folgenden Zeilen neben den Steinartefakten auch die organischen Artefakte beschrieben werden.

5.1.5

Organische Artefakte

Als Rohstoff wurden für die organischen Artefakte Knochen, Geweih und Elfenbein verwendet. Neben einem Pfriem (Taf.4, 1), einem Meißel (Taf.4, 3) und einem Stück Geweih (Taf.4, 2), stechen besonders zwei Elfenbeinstäbchen (Taf.4, 5), eine Geschossspitze (Taf.4, 6) und eine Harpune aus Knochen (Taf.4, 4)

heraus. Die

Elfenbeinstäbchen zeigen leider keine weiteren Bearbeitungsspuren, belegen aber vielleicht die Präsenz von Mammuts. Der Zugang zu Elfenbeinmaterial könnte auch aus fossilen Überresten stammen. Auf die Jagd im direkten Umfeld kann nicht geschlossen werden. Da keine Mammutknochen in der Höhle gefunden wurden, könnten die Stücke auch eingebracht worden sein. Die Fauna setzt sich vornehmlich aus Höhlen- und Braunbären und Wildpferden zusammen (Maier 1936, 249 f.). Bearbeitungsspuren, in Form einer eingeritzten Rille, die fast entlang des kompletten Artefakts verläuft und einer abgeschrägten Basis, findet man hingegen bei der Geschossspitze. Riek (1935, 74) deutet die Einritzung als Blutrille. Die Harpune hat ebenfalls eine abgeschrägte Basis und ist bilateral bearbeitet. Auch Julien (1982, 215) nahm das basale Harpunenfragment aus der Kleinen Scheuer als bilateral auf, obwohl durch die Bruchstelle nur ein Wiederhaken erhalten ist. Dies ist durch die drei Ausbeulungen am basalen Ende zu erklären, die sicherlich für Schäftungszwecke angebracht wurden.

5.1.6

Menschliche Überreste

Die menschlichen Zähne aus der Kleinen Scheuer sind die einzigen dort gefundenen menschlichen Überreste aus der Eiszeit. Gefunden wurden sie von Keller. Nach Maier 34

5.2

Die Schnitzerei aus Gagat

(1936, 248) sind sie in der Altertumssammlung in Heubach aufbewahrt werden. Leider konnten die Zähne nicht mehr aufgefunden werden. Bei den Zähnen handelt es nach den Annahmen von Dr. Danzebrink aus Berlin um einen linken unteren Schneidezahn und einen linken unteren, vermutlich ersten Prämolar bei denen die Abkauung auf ein

Abb.23: Menschliche Zähne (Maier 1936, 249)

mittleres Lebensalter hindeutet (Maier 1936, 248). Maier spricht ebenfalls die Krümmung der Zähne an. Auf der rechten Abbildung erkennt man, wie der Zahn im Kiefer wohl in bukkale Richtung gekrümmt war. Maier nennt die starke Krümmung der Zähne „Kyrtodontie“ (1936, 248). Aufgrund dessen und des Abkauungsgrades schließt Maier (1936, 249) darauf, dass die Zähne vielleicht als Werkzeug gebraucht wurden. Die Zähne sind an der Wurzel versintert. Dadurch blieb laut einer Untersuchung ein Teil der Wurzelhaut und des Zahnfleisches im feuchten Höhlenboden erhalten. Weiter argumentiert Maier, dass die Zähne mit Gewalt, vielleicht bei der Jagd auf einen Bären, entfernt wurden, weil sie ansonsten wohl völlig gesund wirkten (vgl. Maier 1936, 249). Durch die Versinterung kann man außerdem ein sehr feuchtes Höhlenklima annehmen. Gerade bei der Schneeschmelze im Frühjahr, zu der Zeit, als die Höhle aufgesucht wurde, herrschten feuchte Bedingungen (Maier 1936, 249). Um dies alles zu überprüfen, wäre es natürlich nötig, die Zähne mit modernen Methoden nochmals auszuwerten. Insofern ist es vor allem ein Verlust, dass gerade die scheinbare Wurzelhaut und das Zahnfleisch nicht mehr bewiesen werden können. Dass die Zähne gerade bei einem Kampf mit einem Bären herausgeschlagen wurden, ist natürlich ebenfalls Spekulation. Jedoch erkennt man auf den Abbildungen, dass die Zähne noch gesund aussehen, was nicht für eine Zahnkrankheit spricht.

5.2 Die Schnitzerei aus Gagat Der

spektakulärste

Fund

aus

der

Kleinen

Scheuer,

die

Schnitzerei

einer

Rentierdasselfliegenlarve (Oedemagena tarandi) ist ziemlich unscheinbar. Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass man die kleine Schnitzerei heute noch im Original im Landesmuseum Stuttgart bewundern kann. Erst mehrere Jahre nach dem Fund, gelangte 35

5.2

Die Schnitzerei aus Gagat

das Gagatkunstwerk glücklicherweise als Dank in Kellers Hände, nachdem es 1916 von einem Mitarbeiter unterschlagen worden war. Keller fand in seiner Nachlese im Schutt der ersten Grabung weitere Gagatstücke und Rötelbrocken (Oeftiger/Wagner 1985, 56), welche für diese Arbeit aber nicht mehr aufzufinden waren. Woraus die Nachbildung der Larve geschnitzt wurde, ist häufig diskutiert. Nach Maier (1936, 245) ist es eine Schnitzerei aus Lignit. Dingfelder (1961) geht von

Pechkohle

aus,

während Riek und Paret es als Gagatschnitzerei sehen (vgl. Adam/Kurz 1980,

63).

Bosinski

(1982, 36) geht von einer

Kohleschnitzerei

aus.

Die

Abb. 24: Die Gagatschnitzerei. Oben befindet sich das ehemalige Loch für den Anhänger. (Oeftiger/Wagner 1985, 55)

Gagatschnitzerei des Rosensteins wurde als Hinterleib einer Hornisse (Riek 1935, 74), oder gar als Kaurischnecke (Maier 1936, 248) gedeutet. Mit einer Länge von 3,8 cm kommt sie aber der Rentierdasselfliegenlarve, welche in der Natur etwa 3 cm groß wird, sehr nahe (Dingfelder 1961, 91). Posterior, wo einst die Durchlochung war, ist das Kunstwerk spitz zulaufend, während es anterior steil ansteigt. Die naturgetreue Segmentierung wurde durch mehrere quer verlaufende Kerben herausgearbeitet, welche sich auf der Dorsal- und Ventralfläche zeigen. Eine Wulst wird durch die beiden Längskerben

gebildet.

Somit

zeigt

sich

die

frappierende

Ähnlichkeit

zu

Rentierdasselfliegenlarven. Sogar die Anzahl der Segmente und der Kriechwülste sind von der Anzahl nahezu identisch zum natürlichen Exemplar (Dingfelder 1961, 91). Die vorderen Punkte zeigen die Atemöffnungen. Die augenförmigen Punkte befinden sich am Ende des Tieres, welche besonders typisch für die Larven sind. Vergleiche mit Originalen Rentierdasselfliegenlarven zeigten die verblüffende Ähnlichkeit (Dingfelder 1961, 91 f.). Somit ist es die gängige Deutung, dass es sich um eine aus Gagat geschnitzte Nachbildung einer Rentierdasselfliegenlarve handelt. Warum schnitzten die Menschen gerade diese Larve? Dahinter könnte die Bedeutung stecken, die die Larve heute noch für die Inland-Inuit im nördlichen Alaska hat. Nach einem harten Winter gelten die Larven im Frühling als Leckerbissen, wenn sie lebendig verspeist werden. Dabei müssen sie zuvor von der Fleischseite des Rentierfells, wo die Larven sehr 36

6.

Essingen Heuholz - Eine Jungpaläolithische Freilandfundstelle?

zahlreich vorkommen können, entfernt werden (Adam/Kurz 1980, 53). Somit wird die Larve schon vor Jahrtausenden eine wichtige Rolle für die Eiszeitjäger des Magdaléniens gespielt haben. Denn nachdem die Eier auf der Haut abgelegt wurden, bohren sich die Larven durch die Haut und bilden die typisch auffälligen Dasselbeulen (Dingfelder 1961, 92). Nicht nur, weil die Larven sehr Auffällig sind sondern auch, weil sie in das potentielle Nahrungsspektrum der Menschen gehört haben. Gagatvorkommen befinden sich nach Adam und Kurz (1980, 64) im Schwarzen Jura der Schwäbischen Alb. Maier (1936, 244) nennt in Bezug auf unbearbeitete Gagatfunde aus der Grabung ein Vorkommen im Posidonienschiefer bei Bad Boll. Das Vorkommen befände sich etwa 30 km südwestlich von Heubach entfernt. Als chronologisch gleichgestellte und bezugsnahe Fundstelle ist der Petersfels im Brudertal zwischen Engen und Bittelbrunn zu beachten (Dingfelder 1961, 92). Auch dort fanden sich viele Schnitzereien aus Gagat, wie z.B. die frauenförmigen Anhänger, oder die Schnitzerei eines Kleinohrigels (Adam/Kurz 1980, 53). Woher das Rohmaterial für die Schnitzerei der Kleinen Scheuer letzten Endes stammt, bleibt Spekulation. Für das Magdalénien, mit seinem ausgeprägten Rohmaterialtransport, wäre es allerdings nicht unüblich, wenn der Gagat aus dem Hegau stammen würde.

6. Essingen Heuholz - Eine Jungpaläolithische Freilandfundstelle?

6.1 Beschreibung Die Fundstelle „Essingen Heuholz“ (rund 533 m NN) befindet sich rund 1 km westlich der Kleinstadt Essingen bei Aalen. Von Heubach aus liegt die Fundstelle aus knapp 7 km in östlicher Richtung entfernt am Fuß der Alb und erstreckt sich über eine Fläche von etwa 0,3 km². Die Bodenbeschaffenheit ändert sich in östlicher Richtung von lehmigem zu sandigem Boden. Ein natürliches Vorkommen von bläulich-grau gebändertem Hornstein ist gegeben. Jedoch sind die natürlichen Trümmer, die man auf dem Acker finden kann, zerklüftet und stellen somit kein gut zu bearbeitendes Rohmaterial dar. Von der Größe sind die Stücke im besten Fall mit Hühnereiern zu vergleichen. Die Lage der Fundstelle lässt sich als Geländesporn beschreiben, der aus den Vorläufern der Schwäbischen Alb hervorgeht und seine Spornlage durch den im 37

6.2

Die Artefakte im Überblick

westlichen Bereich verlaufenden Lauchklingenbach und den im östlichen Bereich verlaufenden Donnenbach erhält. Diese Bäche speisen die Rems, welche in einem Halbkreis, von Westen kommend, gegen den Uhrzeigersinn um die Fundstelle fließt und sich dabei auf rund 1 km annähert, um ihren Verlauf schließlich in westliche Richtung fortzusetzen. Die Begrenzung im Norden ist ein steiler, bewaldeter Hang, dem der Schießbergbach entspringt. In südlicher Richtung wird die Fundstelle von einer Straße begrenzt, hinter der sich der Albtrauf erhebt. Nicht alle Bereiche der Fundstelle sind beackert. Größere Teile Richtung Osten sind durch Kleingartenanlagen überbaut, sodass die begehbare Fläche eingeschränkt ist. Geologisch ist die Fundstelle dem Braunen Jura β zuzuordnen, genauer gesagt der Eisensandstein-Serie des oberen Aaleniums. Der sandige Boden ist mit Tonstein und Sandstein durchsetzt (Geol. Karte BW, Blatt 7126 Aalen).

6.2 Die Artefakte im Überblick Bestimmung

Unmodifiziert

Modifiziert

Fragmentiert

Gesamt

Anteil

Kerne

51

-

-

51

10,47 %

Lamellenk.

21

-

-

21

4,31

%

Klingenk.

1

-

-

1

0,21

%

Kernkantenk.-

1

-

1

0,21

%

Abschläge

95

31

105

231

47,4

%

Absplisse

7

-

-

7

1,44

%

Lamellen

13

-

9

22

4,52

%

Klingen

13

9

10

32

6,57

%

Rohmaterial 1

-

-

1

0,21

%

Kratzer

-

7

-

7

1,44

%

Schlagsteine 5

-

-

5

1,03

%

Frostsch.

8

4

-

12

2,46

%

Mikrolithen 7

-

-

7

1,44

%

Kerbreste

2

-

-

2

0,41

%

Trümmer

54

-

-

54

11,1

%

Pseudoartef. 18

-

-

18

3,70

% 38

6.3

Betrachtung der ausgewählten Artefakte

Spitzen

-

7

-

7

1,44

%

Lateralret.

-

3

-

3

0,62

%

Ausgespl. St. 2

-

-

2

0,41

%

Stichel

2

-

-

2

0,41

%

Kernscheibe 1

-

-

1

0,21

%

487

100

%

Steinartefakte Gesamt (mit Pseudoartefakten):

Tabelle 3: Artefakte Essingen Heuholz. (Mischinventar aus Mesolithikum und Jungpaläolithikum) Modifizierungen äußern sich in diesem Fall durch Retuschen. Pseudoartefakte sind Silices, die durch den Pflug, oder Sedimentationsprozesse ein artefaktähnliches Aussehen erhalten haben. Die eindeutige Bestimmung jedoch ist subjektiv.

6.3 Betrachtung der ausgewählten Artefakte Die Funde aus der Flur Heuholz wurden einzeln durchgesehen. Es wurden 15 Artefakte aussortiert, die Möglicherweise ins Jungpaläolithikum einzuordnen sind (Taf.8 u. 9). Die Artefakte lassen sich wie folgt unterteilen: Jurahst.

Keuperhst.

Bohnerzhst.

Unbek.

Kernscheibe

1

-

-

-

Kern

-

-

1

-

Klinge

3

2

-

-

Ausgespl. Stück

2

-

-

-

Bifaziell bearb.

-

-

-

1

Stichel

1

-

1

-

Kratzer

2

-

-

1

Gesamt

9

2

2

2

Anteil

60%

13,3%

13,3%

13,3%

Tabelle 4: Definition und Rohmaterialien der ausgewählten Stücke

Der Klingenkern aus Bohnerzhornstein (Taf.8, 1) ist mit zwei deutlichen Klingennegativen an einer halbkonischen Form versehen. Die Negative enden nicht an einer Spitze, sondern eher an einer Fläche. Von den vielen kleinen mesolithischen, oft getemperten Lamellenkernen, hebt sich dieser Kern noch am meisten ab.

39

6.3

Betrachtung der ausgewählten Artefakte

Etwas schwer zu erkennen ist eine Kernscheibe aus Jurahornstein mit rötlicher Verfärbung durch Hitzeeinwirkung (Taf.8, 3). Die Dorsalfläche ist unregelmäßig und fast zur Hälfte mit Kortex bedeckt. An der rückenartigen Lateralkante finden sich bei genauer Betrachtung die basalen Reste der Klingennegative. Da diese nicht sehr deutlich sind, handelt es sich wohl um einen frühen Präparationsabschlag, um den Schlagwinkel zu korrigieren und das Artefakt zu entrinden. Diese Methode ist typisch für die Kernkantenpräparation im Magdalénien (vgl. Floss 2012b, 380 f.). Zwei ausgesplitterte Stücke aus Jurahornstein sind ebenfalls im Inventar vorhanden. Beide sind an einem Abschlag entstanden. Ersteres ist nicht so deutlich ausgeprägt (Taf.8, 6) wie das Zweite (Taf.8, 5). Die Aussplitterungen, die durch den Gebrauch entstehen, sind unregelmäßig um das Artefakt verteilt. Auf der Dorsalfläche finden sich trotzdem an allen Kanten Aussplitterungen. Das eindeutigere Artefakt zeigt charakteristische Aussplitterungen am basalen und terminalen Ende, sowie auf der Ventral- und Dorsalfläche (Abb.25, 1). Die Negative ziehen sich bis auf die Flächen des Artefakts (vgl. Bettringen Gügling (Fn: 5)). Bei zwei Artefakten handelt es sich um natürliche Trümmer oder Frostscherben mit schildkrötenpanzerartiger Form (Taf.8, 2; 4). Beide Artefakte zeigen einen sehr ähnlichen Charakter. Die Bearbeitung erfolgte über Schläge auf die Ventralfläche, die die Negative auf der Dorsalfläche und somit die Arbeitskante zwischen den beiden Flächen herausbildeten (Abb.25, 2). Im Vergleich zur Ventralfläche lassen sich an den Negativen keine Patinierungsunterschiede feststellen, was eine rezentere Bearbeitung oder Beschädigung ausschließt. Dass Kratzer vereinzelt an Trümmern gearbeitet sind, ist im Jungpaläolithikum denkbar (Kind 2012, 415). Auch Abschläge wurden vermutlich zu Kratzern verarbeitet. Ein Stück aus Bohnerzhornstein zeigt einen sehr diffusen Bulbus und kaum Schlagwellen auf der Ventralfläche (Taf.9, 1). Man kann aber erahnen, dass der Schlagflächenrest entfernt wurde. Somit fällt die Kratzerkappe in den terminalen Bereich. Schaut man auf die Dorsalfläche, sieht man die Kappe allerdings nicht, weil sich diese eingezogen am Übergang zur Ventralfläche befindet. Die allgemeine Robustizität und Bearbeitung des Artefakts deutet auf ein jungpaläolithisches Gepräge hin. Die Fundstelle erbrachte bisher zwei Stichel. Das erste ist als stichelartiges Artefakt zu verzeichnen (Abb.25, 3). Der Abschlag aus Bohnerzhornstein zeigt am Terminalende eine „Stichelbahn“, die aber auch durch einen Bruch entstanden sein könnte. Das schönste Stück ist ein Mehrschlagstichel aus Jurahornstein, der an einem Abschlag 40

6.3

Betrachtung der ausgewählten Artefakte

gefertigt ist (Taf.9, 2 u. Abb.25, 4). Insgesamt lassen sich drei Stichelbahnen erkennen. Von der Ventralfläche rechts gesehen befindet sich die alte Stichelbahn, die als Schlagfläche für die zwei parallel verlaufenden linken Stichelbahnen diente. Die Schlagwellen lassen sich dank des homogenen Rohmaterials sehr gut nachvollziehen und bestätigen vorherige Aussage. Zudem sind die Bulbusnegative der parallelen Stichelbahnen noch zu erahnen. Sie sind von kleinen Negativen überprägt, welche durch den Gebrauch verursacht sein könnten. An der Kante zwischen den parallelen Stichelbahnen und der Schlagfläche findet sich in der Mitte ein Sporn, der für Gravuren oder Bohrarbeiten benutzt werden konnte. Dass Stichel nicht nur zum Gravieren, sondern

auch

als

Bohr-

oder

Schabgeräte

verwendet

wurden,

zeigten

Gebrauchsspurenanalysen (Pasda 2012, 426). Die Ähnlichkeit zu dem später genannten Stichel aus Bargau Hochsträß (Kap. 7.8) ist auffällig. Nur die zwei parallelen Stichelbahnen statt einer Stichelbahn ergeben den Unterschied. Ein Abschlag an einer Kernkante aus Bohnerzhornstein passt ebenfalls in das jungpaläolithische Ensemble (Taf.9, 3). Das abrupt eintretende terminale Ende ist entweder einem Schlagunfall oder der Bearbeitung geschuldet. Die terminale Kante zeigt eventuell Gebrauchsspuren, aber keine Bearbeitungsspuren. An der Lateralkante zeigen sich zwei ältere Teilnegative (vermutlich Klingennegative) der Kernkante. Es könnte sich hierbei um einen Präparationsabschlag einer Kernkante handeln. Mit fünf Klingen soll die letzte Artefaktgruppe besprochen werden. Die erste ist ein terminales Fragment aus Jurahornstein mit Hitzeeinwirkung. Es ist nur noch der vorderste Teil der Spitze erhalten, aber trotzdem ist der hohe Querschnitt zu erkennen. An der Spitze befindet sich ein Negativ, das sich von der Lateralkante leicht auf die Dorsalfläche zieht. Beide Lateralen zeigen somit eine Bearbeitung, die wohl zur Zuspitzung der Klinge führen sollte. Insgesamt entsteht so der Eindruck eines Fragments einer hohen Spitzklinge (Taf.9, 5 u. Abb.25, 5). An zweiter Stelle steht ein mediales Fragment einer Hornsteinklinge mit ähnlich hohem Querschnitt und Hitzeeinwirkung. Vom Rohmaterial ist dieses ähnlich zum vorherigen Artefakt (Taf.9, 9). Ein basales Fragment einer Klinge aus Jurahornstein zeigt vom Rohmaterial deutliche Ähnlichkeiten zur Freilandfundstelle Börslingen. Sie hat einen deutlichen Schlagflächenrest und Bulbus. Rezente Beschädigungen sind auf der Ventralfläche zu erkennen, aber durch ihre Patinierung sind die Paläolithischen Flächen deutlich von ihnen zu unterscheiden (Taf.9, 8 u. Abb.25, 6). Auffällig ist eine hohe und breite Klinge aus Jurahornstein mit Bulbusreduktion (Taf.9, 4). Die Reduktion ist so weit 41

6.3

Betrachtung der ausgewählten Artefakte

fortgeschritten, dass sich das basale Ende nur noch durch den Schlagflächenrest durchpaust. Da die Klinge medial gebrochen ist, fehlt das terminale Ende komplett und es sind keine weiteren Bearbeitungsspuren zu erkennen. Deutlicher ist eine Klinge aus Keuperhornstein mit dorsalem Abbau vom Schlagflächenrest ausgehend (Taf.9, 7). Das Stück zeigt zudem Bruchkanten, die man nicht mit Stichelbahnen verwechseln darf. Das letzte und merkwürdigste Stück ist zeitlich nicht sicher einzuordnen (Taf.9, 6). Mit zwei Bruchflächen ist die Einordnung als Klinge Spekulation. Das Artefakt zeigt eine bifazielle Komponente mit Negativen, die beide Flächen halb überprägen. Die Patinierung der älteren Flächen lässt sich von den Negativen unterscheiden. Das Rohmaterial ist unbekannt. Es könnte sich dabei um einen verkieselten Kalkstein handeln, der dem Jurahornstein nahe kommt. Chronologisch lässt sich das Artefakt in keine Zeit sicher einordnen, hat aber einen mittelpaläolithischen Charakter.

Abb.25: Artefakte aus der Fundstelle Essingen Heuholz. (M=1 cm) (1: Ausgesplittertes Stück; 2: Kratzer; 3, 4: Stichel; 5: Klingenfragment; 6: Klinge mit Endretusche)

42

6.4

Das Knochenartefakt

6.4

Das Knochenartefakt

Ein besonderer Fund der Fundstelle Essingen Heuholz ist ein Knochenartefakt, das von Wolfgang Naak bei einer Begehung gefunden wurde. Es handelt sich hierbei um ein 12,5 cm langes und rund 2,5 cm breites Knochenfragment, das an einer Lateralkante eine rezente Beschädigung aufweist, die durch den Pflug entstanden sein könnte. Im Querschnitt beträgt die Höhe knapp 1 cm. Die Ventralfläche ist beinahe eben, während die Dorsalfäche konvex ist. Die Seitenränder verlaufen parallel und sind abgerundet. Insgesamt macht der Knochen einen sehr glatten, polierten Eindruck. Die beiden Enden sind durch leicht verrundete Bruchflächen markiert. Es handelt sich um ein gebrochenes Stück. Am basalen Ende wurde eine Materialentnahme durchgeführt, um den CNSGehalt festzustellen. Die Ergebnisse erbrachten folgende Anteile: -

C: 7,98 %

-

N: 2,03 %

-

S: 0,17 %

Der Kollagengehalt des Knochens ist vergleichbar mit dem Gehalt von paläolithischen Funden. Anhand dieses Umstandes und dadurch, dass der Knochen von der Form einem paläolithischen Glätter ähnelt, wurde ein

erster

Versuch

gestartet

ein

aussagekräftiges Datum zu erhalten. Ein

weiterer

Grund

Vermutung

ist

Knochens.

Die

das

für Gewicht

Mineralisation

diese des ist

demnach fortgeschritten, weswegen das Artefakt

schwerer

ist,

als

unmineralisierte Knochen. Durch die glatte,

polierte

menschliche

Form

ist

die

Einwirkung

auf

das

Artefakt anzunehmen.

Abb.26: Das Knochenartefakt (Zeichnung: S.Wettengl)

Das Artefakt wurde schließlich in Oxford mittels

14

C-Methode datiert. Die Ergebnisse

erbrachten ein Alter von nur 192±25 Jahre BP. Das Ergebnis ist etwas überraschend, weil der Knochen nicht den Eindruck eines so jungen Objektes macht. Man muss somit

43

6.5

Fazit

davon ausgehen, dass die Bodenverhältnisse und Erosionsprozesse den Knochen zügig mineralisiert haben. Das Alter des Knochens ist ein Beleg dafür, dass Oberflächenfundplätze immer mit Vorsicht betrachtet werden müssen. Gerade durch das Pflügen werden die Fundschichten durcheinander gebracht, weswegen die Funde aus verschiedenen Zeitperioden offensichtlich vermischt auf der Oberfläche liegen.

6.5 Fazit Die Fundstelle Essingen Heuholz erbrachte offensichtlich ein sehr heterogenes Fundmaterial, das höchstwahrscheinlich vom Paläolithikum bis in die Neuzeit reicht. Das Knochenartefakt belegt die Heterogenität der Freilandfundstelle. Deshalb wurden vorsichtshalber weniger, aber dafür die aussagekräftigsten Artefakte herausgesucht, um die jungpaläolithische Komponente der Fundstelle zu untersuchen. Zweifelsohne ist der Fundplatz im Mesolithikum begangen worden, was sich durch die Funde von zwei Kerbresten, mehreren Mikrolithen und kleinen getemperten Lamellenkernen bestätigt. Für diese Region ist eine mesolithische Begehung nicht ungewöhnlich. Das Knochenartefakt erbrachte ein unerwartetes Ergebnis und datiert ca. in das frühe 18. Jahrhundert. Folgerichtig blieb dann für die Bearbeitung nur eine kleine, vorsichtige Auswahl von Funden übrig, die aber in ihrem Gesamtbild eine jungpaläolithische Komponente in das Fundspektrum Essingen Heuholz einbringen. Zwar äußert sich diese nicht so deutlich, wie in der Kleinen Scheuer, aber für den Anfang ist das Ergebnis positiv. Zudem muss man beachten, dass ca. 70% aller Artefakte Abschläge, die häufig nur fragmentiert vorkommen, Kerne, oder Trümmer sind, welche nur selten eine chronologische Aussagekraft haben. Somit sind die 15 ausgewählten Artefakte von der Anzahl genauer betrachtet keine Randerscheinung. Denn es wurden z.B. bisher nur zwei mesolithische Kerbreste gefunden. Insgesamt finden sich mit Spitzen, Mikrolithen und Kerbresten 16 mesolithische Artefakte, zu denen noch einige kleine Lamellenkerne hinzukommen. Dass mesolithische Fundplätze sehr ergiebig sein können zeigt die oben genannte Fundstelle Iggingen Birkichäcker. Jedoch scheint es sich bei Essingen Heuholz im Wesentlichen um undifferenziertes Material zu handeln. Deshalb sind die mesolithischen Artefakte dort nicht viel zahlreicher, als die, die in dieser Arbeit dem Paläolithikum zugeordnet wurden. 44

7.

Weitere Fundstellen im Umland Heubachs

7. Weitere Fundstellen im Umland Heubachs 7.1 Essingen Friedhof (Sammlung Naak) Die Fundstelle Essingen Friedhof befindet sich nur etwa 400 m östlich von Essingen Heuholz und wurde noch nicht oft begangen. Es sollen drei Artefakte kurz erwähnt werden. Eine Frostscherbe aus Jurahornstein mit einer Retusche auf der Ventralfläche, die hinter einem spitzenartigen Fortsatz auf der Dorsalfläche fortgeführt wird. Insgesamt wirkt das Artefakt eher grob retuschiert. Weil es sich um eine Freilandfundstelle handelt und das Artefakt Rostspuren zeigt, die sehr wahrscheinlich vom Pflug stammen, kann man den Artefaktcharakter aber anzweifeln. Zweitens ein Kern aus Hornstein mit rötlichen Verfärbungen durch Hitzeeinwirkung und Lamellennegativen. Das dritte Artefakt nimmt aufgrund des Rohmaterials einen höheren Stellenwert ein, weil es eine Klinge aus Bohnerzhornstein ist und dieses Material auch in der Kleinen Scheuer auftritt. Bearbeitungsspuren sind nicht zu erkennen, eher leichte Gebrauchsspuren an der Lateralkante. Die Klinge ist mit ihrem großen Bulbus und vom Gesamteindruck als jungpaläolithisch zu interpretieren (Taf.12, 5; Abb.27, 1).

7.2 Heubach Sand Die Fundstelle Heubach Sand ist mit ihrer Fülle an Artefakten mit die ergiebigste der Region. Dabei spielt auch der lange Sammlungszeitraum über mehrere Jahrzehnte eine Rolle. Nur einen halben Kilometer vom Stadtkern entfernt erreicht man nach einem steilen Aufstieg die Fundstelle. Das von West nach Ost leicht abfallende Gelände erreicht eine Höhe von 562 m NN. Geologisch liegt die Fundstelle im Dogger delta (Seibold 1951, 294). Das beackerte Plateau hat eine Fläche von etwa 0,1 km², wovon es nur wenige Quadratmeter mit einer höheren Funddichte gibt, wenn es um die jungpaläolithisch anmutenden Klingen geht. Der Großteil der Artefakte befand sich auf einem kleineren Bereich am Nordhang des Berges. Für eine detaillierte Bearbeitung der Artefakte ist der Umfang dieser Arbeit leider zu gering. Mit ihren Artefakten ist die Fundstelle jedoch in dieser Region einzigartig und soll daher trotzdem kurz mit einigen

45

7.3

Herlikofen Krähenbühl

Sätzen angerissen werden. Das Potential dieser Freilandfundstelle soll dadurch gezeigt werden und zu weiteren Untersuchungen anregen. Die Rohmaterialversorgung auf dem Sand erfolgte höchstwahrscheinlich über den südwestlich gelegenen Scheuelberg. Auf der nur etwa 800 m entfernten Hochfläche wurden Rohmaterialproben in Form von verkieseltem Hornstein gefunden. Ein Rohmaterial, aus dem ein Fundensemble auf dem Sand enthalten ist. Ein Großteil der Funde aus diesem Rohmaterial spricht für das Jungpaläolithikum, genauer gesagt sind sie vermutlich charakteristisch für das Magdalénien. Auffällig ist, dass bisher nur wenige Kerne gefunden wurden. Offensichtlich wurden die Grundformen an einem anderen Platz erzeugt und dann auf den Sand gebracht, oder die Kerne komplett ausgebeutet und verworfen. Insgesamt passt der Sand besiedlungstechnisch gut in das Gefüge der Region. Die Kleine Scheuer liegt nur 1,5 km östlich und bietet einen uneingeschränkten Blick auf den gut 80 m tiefer gelegenen Sand. Zweifelsohne gewährt letzterer mit seiner Spornlage ebenfalls einen vorteilhaften Ausblick auf das Remstal.

7.3 Herlikofen Krähenbühl Ein Levallois-Abschlag wurde Ende 2011 von Thomas Abele auf der südwestlich an Herlikofen angrenzenden Flur „Krähenbühl“ gefunden. Herlikofen befindet sich rund 4 km nordöstlich von Schwäbisch Gmünd entfernt. Die Rems fließt in gut 1 km Entfernung südlich vorbei. Die Fundstelle ist nur 3,5 km von der Fundstelle Iggingen „Birkichäcker“ entfernt, von der neben Funden hauptsächlich aus dem Mesolithikum und Neolithikum auch ein Faustkeil, der vermutlich ins Micoquien einzuordnen ist, stammt (Hildebrand 1995, 27). Mit einer Länge von 7 cm und einer maximalen Breite von 4,1 cm ist das Artefakt aus Herlikofen als Abschlag zu definieren, welcher aus einem hellen Hornstein gefertigt wurde (Taf.11, 7). Die Form des Artefakts lässt sich als konvex zur Querachse beschreiben. Eine partielle Retusche ist auf der Dorsalfläche an der Lateralkante des spitz zulaufenden Abschlags sichtbar. Vom Terminalende an verläuft ein Grat, der sich medial über die Dorsalfläche des Artefaktes zieht, um nach rund 4 cm, für die restliche Länge bis zum Basalende in zwei verschiedene Grate aufgeteilt, weiter zu verlaufen. Dabei kommt ein Grat tatsächlich am Basalende an, während der zweite an der Lateralkante endet. Die gebogene, konvexe Form des Artefakts wird dadurch unterstrichen (Abb.27, 2). Somit ergibt sich auch das für 46

7.4

Bettringen Alte Burg (Sammlung Naak)

Levallois-Abschläge typische Y-Muster auf der Dorsalfläche. Der Schlagflächenrest ist nicht komplett erhalten. Schaut man auf die Ventralfläche, so fällt links ein kleineres Negativ auf, dass den Schlagflächenrest nicht maßgeblich beeinflusst. Auf der rechten Seite findet sich ein längliches Negativ, welches ein Stück des Schlagflächenrests beseitigt hat. Der Verlauf des Schlagflächenrests lässt sich aber trotzdem noch nachvollziehen. Es handelt sich um den geschwungenen Schlagflächenrest, der im Französischen

als

„châpeau

de

gendarme“

bezeichnet

wird

und

für

die

Levalloismethode typisch ist (Floss 2012a, 123 f.). Somit kann das Artefakt in das Mittelpaläolithikum eingeordnet werden. Auch die Patinierung des Levallois-Abschlags ist homogen und zeigt keine rezenteren Bearbeitungsspuren oder Beschädigungen.

7.4 Bettringen Alte Burg (Sammlung Naak) Nur einige hundert Meter nördlich von Oberbettringen findet sich die Alte Burg (424 m NN), von der drei Artefakte aus den umliegenden Äckern vorgestellt werden. Wie die meisten folgenden Fundstellen liegt sie an einem Geländesporn, der nördlich zum Remstal abfällt und südlich in das Albvorland ausläuft. Zum einen findet sich ein Artefakt aus sehr inhomogenem Rohmaterial, vermutlich aus Hornstein. Das natürliche Stück wurde an seiner Lateralkante mit einigen Schlägen modifiziert. Eine rezente Absplitterung zeigt, dass die Bearbeitung patiniert und daher älter ist. Jedoch sind auch diese älteren Negative so unregelmäßig, dass man nicht von einer Retusche sprechen kann. Es könnte sich daher auch um ein Pseudoartefakt handeln, das durch taphonomische Prozesse geformt wurde. Das dritte Artefakt ist eine hochrückige Klinge aus Hornstein. Das Stück ist an den Lateralkanten umlaufend beschlagen worden. Durch die Modifizierung ist die Einordnung als Klinge spekulativ. Von der Funktionalität könnte das Stück als Schabeoder Kratzwerkzeug gedient haben. Chronologisch sind diese Stücke allerdings nicht sehr Aussagekräftig. Nur durch ihren robusten und verwitterten Charakter, könnte man auf mittelpaläolithische Stücke spekulieren.

47

7.5

Bettringen Gügling (Sammlung Naak)

7.5 Bettringen Gügling (Sammlung Naak) Die Fundstelle Bettringen Gügling befindet sich rund 1,5 km nordöstlich vom Stadtteil Oberbettringen auf einer Höhe von 425 m NN. Der Geländesporn ist von Westen bis Norden von einem bewaldeten Hang begrenzt, der steil ins Remstal abfällt. In östlicher und südlicher Richtung ist das Gelände mit dem Albvorland verbunden. Die Ausnahme ist ein mittelpaläolithisches Artefakt (Fn. 1). Es handelt sich um einen flachen Abschlag mit präparierter Schlagfläche, der aus verkieseltem Kalkstein gefertigt wurde (Taf.11, 4). Der querovale Umriss des Abschlags wird auf der Dorsalfläche von umlaufenden Negativen geprägt. Der Schlagflächenrest ist durch die nachträgliche Bearbeitung nur noch teilweise erhalten. Somit ergibt sich eine halbovale Form, die am Basalende mit einer Kerbe versehen ist. Ob die Kerbe eine Schäftungspräparation ist, oder durch rezente Einflüsse geschaffen wurde, kann nicht sicher gesagt werden. Folgende Artefakte mit jungpaläolithischem Habitus sind zu verzeichnen. Zwei Klingen, wovon eine aus Jurahornstein gefertigt wurde und keine weiteren Bearbeitungsspuren zeigt (Fn. 9). Bei der zweiten Klinge handelt es sich um ein mediales Klingenfragment aus Muschelkalkhornstein mit lateralen Gebrauchsspuren (Abb.27, 3), die mit einer Breite von 3 cm und einer Höhe von 1 cm robust erscheint (Fn, 2). Dass solche Klingen in ihrer Ausprägung und aus diesem Rohmaterial im Jungpaläolithikum dieser Region vorkommen, belegt zumindest ein großer Klingenkern aus Muschelkalkhornstein, der in der Kleinen Scheuer gefunden wurde (s. Kap. 5.1.3 (Kerne)). Zwei Abschläge sind zu beachten. Der erste (Fn. 4) besteht aus beigem Hornstein, ist spitz zulaufend und nicht modifiziert. Da Schlagflächenrest und Bulbus relativ groß geraten sind, ist ein harter direkter Schlag anzunehmen. Der zweite Abschlag (Fn. 3) ist aus homogenem, rindenparallel gebändertem Jurahornstein gefertigt. Das Terminalende ist durch Bearbeitung abgestumpft und die Lateralkante, die noch mit Kortex bedeckt ist, zeigt auf der Dorsalfläche verlaufende Negative. Insgesamt erhält der Abschlag so eine dreieckige Form. Die terminale Bearbeitung kann streng genommen als Endretusche bezeichnet werden. Zwei bohrerartige Artefakte (Fn. 6, 7) wurden aus Hornstein-Abschlägen hergestellt. Bei Nummer 7 zeigt sich an der „Bohrerspitze“ auf der Dorsalfläche links eine leichte Präparation. Der Rest der Spitze ist durch die natürliche Form des Abschlags gegeben. Fundnummer 6 ist ein größerer Abschlag, dessen Terminalende durch Präparation spitz 48

7.6

Bettringen Rainhalden (Sammlung Naak)

zugearbeitet wurde. Diese beiden Artefakte zeigen jedoch nicht die eindeutig retuschierte Spitze, die einen Bohrer als solchen definiert (Floss 2012c, 477). Ein ausgesplittertes Stück aus Hornstein geht aus einem Abschlag hervor (Fn. 5). Diese Artefakte wurden insbesondere im Aurignacien und im älteren Magdalénien als Keile und Meißel genutzt (Le Brun-Ricalens 2012, 451; Abb. 6). An diesem Fund zeigt sich die Aussplitterung der Kanten vor allem am dorsobasalen Ende und am ventroterminalen Ende, wo ein Negativ bis auf die Fläche übergreift. Die von der Dorsalfläche aus gesehen rechte Lateralkante weist ebenfalls Aussplitterungen auf (Abb.27, 4). Das Stück ist besonders gut mit dem ausgesplitterten Stück von der Fundstelle Essingen Heuholz (15) zu vergleichen (s. Taf.12, 9; 10; 11). Ein konischer Lamellenkern (Fn. 8) von geringer Größe befindet sich ebenfalls im Inventar. Der kleine Kern ist wohl ein Restkern, der chronologisch eher in das Mesolithikum einzuordnen ist.

7.6 Bettringen Rainhalden (Sammlung Naak) Die benachbarte Flur zum Gügling ist in östlicher Richtung die Flur Rainhalden, wovon zwei Artefakte aus Hornstein mehr oder minder von Interesse sind. Ein Abschlagfragment wurde am terminalen Ende modifiziert, oder zumindest zeigen sich Gebrauchsspuren, die die Retusche überprägt haben. Ein gebuchtetes Stück an einem großen Abschlag stellt das zweite Objekt dar. Der Artefaktcharakter lässt sich wegen den Pflugspuren und den Patinierungsunterschieden jedoch zu sehr anzweifeln, um diese Artefakte weiter zu beschreiben.

7.7 Zimmern Froschlache (Sammlung Naak, Raschke) Die Fundstelle Zimmern Froschlache befindet sich nur 1 km nordöstlich von der Flur Rainhalden. Wieder befindet sich der Acker auf einer Spornlage auf gleicher Meereshöhe wie die vorherigen Fundstellen. Zwei Kerne von unterschiedlicher Machart sind gefunden worden. Es sind einige Artefakte gesammelt worden, die einen mittelpaläolithischen Habitus haben. Darunter ein Abschlag mit sehr ausgeprägtem Schlagflächenrest und Bulbus (Taf.11, 5) und ein trümmerartiges Stück, das eine grobe Retusche zeigt und daher als 49

7.7

Zimmern Froschlache (Sammlung Naak, Raschke)

Schaber angesprochen werden kann (Taf.11, 1). Eindeutiger ins Mittelpaläolithikum einzuordnen sind zwei Artefakte aus der Sammlung Werner Raschkes, die von selbigem bereits in den siebziger Jahren gefunden wurden. Die Sammlung wurde aufgelöst. Ein Artefakt befand sich in Wolfgang Naaks Sammlung, welches zur Bearbeitung ausgeliehen wurde. Von dem anderen Artefakt konnte nur ein Foto sichergestellt werden, das von Hasso Kaiser stammt (s.Anhang). Das Artefakt aus der jetzigen Sammlung Naaks ist ein bifaziell modifiziertes Stück mit Bruchkante am basalen Ende (Taf.11, 2). Die Negative ziehen sich über das ganze Artefakt wobei die Grate vor allem auf der Dorsalfläche verrundet sind. Das Artefakt glänzt leicht speckig, was wohl durch taphonomische Einflüsse wie Wind, oder Bodenverhältnisse über die lange Einlagerungszeit verursacht wurde. Das zweite Artefakt aus der Sammlung Raschkes könnte eine Blattspitze sein. Leider ist auf dem Foto nur eine Fläche dargestellt. Ein Lamellenkern aus Jurahornstein, hat eine konische Form, wenn man die Negative von vorn betrachtet. Gegenüber zeigt sich aber, dass die scheinbar perfekte Form in eine unbrauchbare Partie ausläuft (Fn. 1). Dieser Kern ist chronologisch eher in das Neolithikum einzuordnen, weil es sich um sehr grazile, perfekt angelegte Lamellennegative handelt (s. Anhang). Der zweite Kern aus hellem Hornstein (Fn. 6) zeigt ebenfalls Lamellen und auch Abschlagnegative, die aber nicht von einer konischen Form gewonnen wurden, sondern sich aus allen Richtungen über den Kern verteilen. Daher kann man von einem Restkern sprechen, an dem zuletzt versucht wurde, noch Grundformen zu erzeugen. Beide Kerne sind aber von ihrer Bearbeitungsweise - beim ersten Kern war es wahrscheinlich die Spantechnik – wie gesagt in jüngere Zeitstellungen als dem Paläolithikum einzuordnen. Ein mediales Klingenfragment (Fn. 3) aus Hornstein und lateraler Bearbeitung zeigt eine Verrundung am basalen Ende, die vermutlich taphonomisch Bedingt ist. Der einzige Abschlag der besprochen wird, ist mit einer Länge von 2 cm nicht sehr groß. Jedoch ist er spitz zulaufend, weil er an einer Lateralkante für diese Form präpariert wurde. Er ist aus Hornstein gefertigt. Vom

Rohmaterial

besonders

ist

ein

Stück

aus

beinahe

schwarzem

Muschelkalkhornstein, das ventral und dorsal Negative zeigt. Es handelt sich hierbei um ein ausgesplittertes Stück (Abb.27, 5 u. Taf.13, 4) Zusammenfassend kann man über die Fundstelle Zimmern Froschlache sagen, dass es dort sowohl mittel- als auch jungpaläolithische Komponenten im Fundmaterial gibt.

50

7.8

Bargau Hochsträß (Sammlung Naak)

Jedoch wird die chronologische Bestimmung, wie bei allen hier aufgeführten Freilandfundstellen durch rezente Einflüsse und taphonomische Prozesse gestört.

7.8 Bargau Hochsträß (Sammlung Naak) Die Fundstelle Bargau Hochsträß liegt an einem Hang westlich eines Taleinschnittes am Albtrauf, an dem der Eselsbach verläuft. Von der Gemeinde Bargau (Schwäbisch Gmünd) ist die Fundstelle rund 1,5 km entfernt. Sie liegt auf einer Höhe von fast 550 m NN und ist somit über 100 m höher gelegen als die vorherigen Fundstellen. Gegenüber befindet sich der Scheuelberg, der wie am Anfang erwähnt den Beginn der RosensteinRandhöhen markiert. Ein vom Rohmaterial betrachtet besonders schönes Stück ist ein Kern aus gräulich-weiß gebändertem Jurahornstein (Fn. 1). Obwohl die eigroße Knolle aus homogenem Material besteht, zeigen sich viele steckengebliebene Schläge. Auf einer Fläche zeigt sich eine Form, die stark an eine Ventralfläche eines Abschlages erinnert, die dann durch die Präparation verkleinert wurde (s. Anhang). Unklaren Alters ist ein Trümmer aus Hornstein (Fn. 2), der an der Lateralkante eine grobe Retusche aufweist. Die Patinierung ist homogen, doch das Gestein sieht verwittert aus, ähnelt aber zugleich dem Material, das von der etwa 3 km entfernten Fundstelle Sand kommt. Insgesamt sollen vier Abschläge aufgeführt werden, von denen alle Bearbeitungsspuren tragen. Der erste Abschlag (Fn. 3) ist aus Jurahornstein und zeigt an der Lateralkante zwei Kerben, die nicht zwangsläufig anthropogenen Ursprungs sind (Taf.11, 3). Ein weiterer Abschlag (Fn. 4) ist ein basales Fragment aus Hornstein, das je nach Länge auch eine Klinge gewesen sein könnte. Hier soll es aber als Abschlag genannt sein, der an der Lateralkante durch seine Bearbeitung einen Rücken erhält. Gegenüber verläuft an der Kante eine marginale Retusche, die kurz vor der Bruchstelle von der Dorsal- auf Ventralfläche wechselt. Es lässt sich daher als alternierende Retusche beschreiben. Der dritte Abschlag aus Hornstein (Fn. 5) trägt eine deutliche Schlagnarbe. Von der Dorsalfläche aus gesehen zeigt sich Folgendes. Links zieht eine leichte Retusche fast bis zum Terminalende des Stückes, welches in einer Spitze endet. Rechts verläuft die Kante nahezu parallel zur linken, bis sie nach links abbiegt und so modifiziert wurde, dass die Spitze zustande kommt. Ob das Artefakt deshalb als Bohrer eingeordnet werden kann 51

7.9

Bargau Schlössle (Sammlung Kaiser)

bleibt fragwürdig. Jedenfalls differenzieren sich diese drei Abschläge vom mesolithischen Material aus dem Umland. Der letzte Abschlag aus Hornstein (Fn. 8) ist derart modifiziert, dass ihn nur noch ein Teil der Ventralfläche als solchen erkennen lässt (Taf.12, 8). Von seiner jetzigen Form würde er per definitionem als Klinge gelten. Maßgeblich für die Erwähnung soll aber die Stichelbahn, die sich entlang der kompletten Lateralkante zieht, sein. Es lässt sich ein deutliches Bulbusnegativ erkennen und die Bahn ist in sich gedreht. Auf der gegenüberliegenden Lateralkante befindet sich der Rest einer vorhergehenden Stichelbahn (Abb.27, 6). Es handelt sich um einen Mehrschlagstichel, dessen erste Stichelbahn als Schlagfläche für die zweite diente, was in das Konzept der Stichelerzeugung im Jungpaläolithikum passt (vgl. Pasda 2012, 422). Das Stück ist nach dem gleichen Prinzip hergestellt, wie der Stichel aus Essingen Heuholz. Zuletzt sollen zwei Klingen betrachtet werden. Die erste (Fn. 6) ist eine komplette, unmodifizierte Klinge aus (tertiärem) Hornstein, mit einer Lippe zwischen der Schlagfläche und Ventralfläche (Taf.12, 1). Der weiche direkte Schlag mit einem Geweihschlägel ist also anzunehmen (vgl. Floss/Weber 2012, 134). Außerdem ist der Schlagflächenrest durch die Bearbeitung auf der Dorsalfläche herausgestellt (Abb.27, 7). Die zweite Klinge (Fn. 7) ist ein basales Fragment aus Hornstein (Taf.12, 4 u. Abb. 27, 8). Die Besonderheit liegt darin, dass die Dorsalfläche etwa mittig durch einen Grat, der den höchsten Bereich markiert, in zwei Bereiche aufgeteilt wird. Auf der rechten Seite finden sich keine Negative. Links wird die Fläche jedoch durch zwei Grate in drei Negative, die durch die Kernkantenpräparation entstanden sind, aufgeteilt. Das Artefakt zeigt die typischen Merkmale einer sekundären Kernkantenklinge (vgl. Floss 2012b, 380).

7.9 Bargau Schlössle (Sammlung Kaiser) Nur einen Kilometer nordöstlich von der Fundstelle Bargau Hochsträß entfernt befindet sich das „Bargauer Schlössle“. Oberhalb des Schlosses in südlicher Richtung, am Fuß des Scheuelbergs wurden einige Interessante Stücke gefunden. Darunter befindet sich ein Klingenkern aus Jurahornstein, der vermutlich aus dem Neolithikum stammt. Die Patinierung der Negative ist frischer. Eine sekundäre Verwendung als Kernkratzer ist denkbar. Einen Abschlagskratzer findet man ebenfalls im Inventar. Da Abschlagkratzer 52

7.10

Eiersberg (Sammlung Kaiser)

auch im Mesolithikum mit oftmals nur marginaler Retusche und im Neolithikum vorkommen können (Kind 2012, 419), ist dieses Stück nicht zwangsläufig dem Jungpaläolithikum zuzuordnen. Ein wichtiger Fund ist das fragmentierte subfossile Knochenartefakt (Taf.14, links). Es zeigt scharfe Bruchkanten an der Unterseite und Schnittspuren im oberen Bereich, die vermutlich angelegt wurden, um den Knochen aufzubrechen. Die dunkle Verfärbung entstand eher durch die Lagerungsbedingungen, als durch Hitzeeinwirkung. Eine zeitliche Einordnung des Knochens ist ohne genaue Datierungsmethoden unmöglich.

7.10

Eiersberg (Sammlung Kaiser)

Der Eiersberg befindet sich rund 2 km südöstlich von Waldstetten. Er bildet ein Plateau auf 559 m Höhe NN, welches beackert ist und von Hasso Kaiser begangen wurde. Dabei wurde ein Abschlag aus Bohnerzhornstein mit deutlichem Schlagflächenrest, Bulbus und einer Schlagnarbe entdeckt (Taf.12, 2). Ebenfalls interessant ist eine konvexe, tordierte Lamelle (Taf.12, 3). Da keine Ventralretusche sichtbar ist, kann man leider nicht von einer Dufour-Lamelle sprechen. Deutliche Bearbeitungsspuren zeigt hingegen eine Hornsteinklinge, deren terminales Ende marginal spitz zuretuschiert wurde, um eine Bohrerspitze zu erhalten (Taf.12, 6). Wichtig ist ein Stück Serpentinit. Als ortsfremdes Material stellt es eine Ausnahme in den Funden dar (Taf.14, rechts). Warum und wann das Objekt zur Fundstelle gebracht wurde bleibt offen.

53

7.10

Eiersberg (Sammlung Kaiser)

Abb.27: Eine Auswahl der aussagekräftigsten Artefakte aus dem Umland (1: Klinge aus Bohnerzhornstein, Essingen Friedhof; 2: Levallois-Abschlag, Herlikofen Krähenbühl; 3: Klinge aus Muschelkalkhornstein, Bettringen Gügling; 4: Ausgesplittertes Stück, Bettringen Gügling; 5: Ausgesplittertes Stück aus Muschelkalkhornstein, Zimmern Froschlache; 6: Doppelstichel; 7: Klinge mit herausgestelltem Schlagflächenrest; 8: Sekundäre Kernkantenklinge (6-8: Bargau Hochsträß)) (Zeichnungen 1-8: S.Wettengl)

54

8.

Ergebnisse

8. Ergebnisse

8.1. Steht die Kleine Scheuer im Zusammenhang mit den Freilandfundstellen? Tatsächlich lassen sich Verbindungen zwischen den Fundstellen beobachten. Der Klingenkern aus der Kleinen Scheuer (Muschelkalkhornstein; Taf.1, 1) ist mit dem Rohmaterial einer Klinge (Taf.13, 5) der Fundstelle Bettringen Gügling sehr ähnlich. Eine Klinge aus Hornstein der dem Randecker Maar Silex nahe kommt, wurde bei Bargau Hochsträß gefunden (Abb.27, 7). Die Kleine Scheuer wurde ebenfalls mit Rohmaterial aus dem Randecker Maar versorgt. Tab. 1 zeigt, dass Jurahornstein in der Kleinen Scheuer am häufigsten auftritt, während die anderen Gesteine seltener vorkommen. Auch in Essingen Heuholz konnte unter den jungpaläolithisch interpretierten Stücken eine ähnliche Tendenz beobachtet werden. Wie die Tabelle zeigt, kommt auch hier lokaler Jurahornstein am häufigsten vor, während Keuper- oder Bohnerzhornsteine vereinzelt vorkommen. Technologische Korrelationen konnten beim Vergleich der Inventare leider nicht festgestellt werden. Während Werkzeuge, wie Kratzer und Stichel, in der Kleinen Scheuer meistens an Klingen hergestellt wurden, beobachtet man bei den Freilandfundstellen kaum Klingenwerkzeuge. Die Stichel aus Essingen Heuholz und Bargau Hochsträß sind derart modifiziert, dass man eine Klinge als Grundform nicht mehr sicher nennen kann. Einzig der große Klingenkern aus der Kleinen Scheuer (Taf.1, 1) und eine Klinge aus Bettringen Gügling (Taf.13, 5), zeigen eine technologische Beziehung. Die Klingenproduktion des Kernes hätte eine solche Klinge als Zielprodukt erbringen können. Die Kerne der Freilandfundstellen zeigen nur selten eine paläolithische Ausprägung. Meistens sind es kleine Lamellen- oder Restkerne, die z.T. auch noch getempert sind. Somit fällt eine chronologische Einordnung der Kerne und schwer. Deshalb ist nur ein Kern aus der Fundstelle Essingen Heuholz erwähnt worden. Eine Ähnlichkeit zu den Kernen aus der Kleinen Scheuer lässt sich nicht feststellen. Sollte es gelingen in Zukunft weiterhin paläolithisch zu interpretierende Stücke zu finden, könnten sich die Beziehungen zwischen den einzelnen Freilandfundstellen und der Kleinen Scheuer verdichten.

55

8.2.

Das Paläolithikum der Freilandfundstellen

8.2.

Das Paläolithikum der Freilandfundstellen

Mittelpaläolithikum: Bereits vor dem Jungpaläolithikum zeigt sich die Präsenz des paläolithischen Menschen im Ostalbkreis mit einigen mittelpaläolithisch interpretierten Artefakten. Zum einen sind das Funde aus älteren Begehungen, wie z.B. das Faustkeilbruchstück aus Lorch Gairen, oder dem Faustkeil aus Iggingen/Brainkofen (Birkichäcker). Zum anderen sind es unbekanntere Funde aus den Fundstellen, die in dieser Arbeit behandelt wurden. Vor allem sind es zwei Stücke (Taf.11, 2; 7), die als bifaziell modifiziertes Stück und Levallois-Abschlag typologisch in das Mittelpaläolithikum eingeordnet werden können. Weitere Begleitfunde, die auf Tafel 11 abgebildet sind, wurden ebenfalls in diese Kategorie eingeordnet, weil sie durch die langwährenden taphonomischen Prozesse, einen sehr alten Eindruck machen. Wichtiger sind aber die technologischen Merkmale, die sich vor allem bei einem Abschlag aus Zimmern Froschlache äußern (Taf.11, 5). Hier lässt sich neben einem deutlichen Schlagflächenrest ein sehr ausgeprägter Bulbus erkennen, wie er in keinem der jungpaläolithischen Stücke aus der Kleinen Scheuer, oder dem Umland vorkommt. Eine mittelpaläolithische Komponente im Fundmaterial schlägt sich also nieder.

Levallois-

Abschlag

Schaber

Abschlag

Bifazielle

Blattspitze

Stücke

Herlikofen Kräh.

1

-

-

-

-

BettringenGügling

-

1

-

-

-

Zimmern Fr.

-

1

1

1

1

Bargau Hoch.

-

-

1?

-

-

Tabelle 5: Liste der aussagekräftigsten mittelpaläolithischen Artefakte

Jungpaläolithikum: Neben der ausführlicheren Behandlung der magdalénienzeitlichen Jagdstation „Kleine Scheuer“ und der Freilandfundstelle Essingen Heuholz wurden auch mehrere umliegende Fundstellen durchgesehen. Nachdem bereits über 400 Artefakte aus Essingen Heuholz aufgesammelt worden waren, besteht auch die jungpaläolithische Komponente dieser Sammlung aus den meisten Artefakten, wenn man Heuholz mit anderen Fundstellen vergleicht, die entweder noch nicht so lange begangen wurden 56

8.2.

Das Paläolithikum der Freilandfundstellen

und/oder einfach weniger Funde erbrachten. Trotzdem konnten einige Funde als jungpaläolithisch interpretiert werden. Dabei handelt es sich um eine Klinge mit herausgestelltem Schlagflächenrest (Taf.12, 1), eine Klinge aus rotem Bohnerzhornstein (Taf.12, 5), eine sekundäre Kernkantenklinge (Taf.12, 4), einen grazilen Bohrer (Taf.12, 6), einen Mehrschlagstichel (Taf.12, 8) ein ausgesplittertes Stück (Taf.12, 9) und eine Lamelle (Taf.12, 3). Ähnlichkeiten zwischen Essingen Heuholz und Bargau Hochsträß lassen sich vor allen durch die Stichel erkennen (vgl. Taf.9, 2 u. Taf.12, 8). Auch die ausgesplitterten Stücke (Taf.12, 9-11) ähneln sich von der Form. Die Fundstellen am Nordrand Bettringens zeichnen sich zumindest durch ähnliches Rohmaterial aus, das dort wohl gehäuft verwendet wurde. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um eine Art Jurahornstein, der im Gebiet der Ostalb vorkommt (s. Kap. 4.3).

Kern

Kernscheibe

Bohrer

Ausgespl.

Kratzer

Stichel

Klinge

Stück Bettr. Gü.

-

-

-

1

-

-

1

Zi. Fro.

-

-

-

1

-

-

-

Ba. Hoch.

-

-

(1)

-

-

1

1

Eiersberg

-

-

1

-

-

-

-

Ess. Heu.

1

1

-

2

3

2

6

Gesamt

1

1

2

4

3

3

8

Tabelle 6: Liste der aussagekräftigsten jungpaläolithischen Artefakte

Als Fundstellen auf den direkten Vorläufern des Albtraufs sind die Fundstellen Essingen Heuholz, Heubach Sand und Bargau Hochsträß durch Funde von einheitlichem Rohmaterial verbunden. Das Material ist ebenfalls in Kapitel 4.3 beschrieben und wurde in Essingen Heuholz und Bargau Hochsträß unmodifiziert vorgefunden, während auf dem Sand bei Heubach in Kapitel 7.2 genannte Klingen aus diesem Rohmaterial vorgefunden wurden. Insgesamt zeigt sich heutzutage also ein gewisser regionaler Bezug zwischen den Freilandfundstellen.

Inwiefern

der

paläolithische

Mensch

zwischen

selbigen

interagierte, kann leider noch nicht nachvollzogen werden. Dass die Region im Paläolithikum

aufgesucht

wurde

zeigt

die

Kleine

Scheuer

(Magdalénien).

Logischerweise mussten sich die Menschen demnach auch im Umland aufgehalten haben, was durch die paläolithisch interpretierten Funde untermauert wird. Gelingt es in

57

8.2.

Das Paläolithikum der Freilandfundstellen

Zukunft die Forschungen weiter zu betreiben und auszubauen, ist es möglich, die paläolithische Besiedlung im Umland der Kleinen Scheuer besser zu verstehen.

58

Literatur

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Bd.2,

frühgeschichtlichen

Heft

1:

von

Befestigungen.

Vor-

Stuttgart:

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Pasda 2012

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Seibold, E. 1951: Das Schwäbische Linneament zwischen Fildergraben und Ries. In: Neues Jahrbuch für Geologie und

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E.

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Reiff, W. 1993: Geologie und Landschaftsgeschichte der Ostalb. München: Karst und Höhle. 71-94.

Riek 1935

Riek,

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Weniger 1981

Weniger, G.C. 1981: Wildbeuter und ihre Umwelt. Ein Beitrag zum Magdalénien Südwestdeutschlands aus ökologischer

und

ethno-archäologischer

Dissertation: Universität Tübingen.

Sicht.

Tafeln (Maßstab = 1cm)

Tafel 1: Kerne aus der Kleinen Scheuer (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1: Lamellenkern; 2: Klingenkern mit Kernkante; 3: Bifazieller Klingenkern

Tafel 2: Stichel und Kratzer aus der Kleinen Scheuer (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1, 2, 4, 8: Kombinationsgeräte aus Kratzer und Stichel; 3, 6: Kratzer, 7: Doppelkratzer; 5, 9: Stichel

Tafel 3: Klingen und Spitzen in verschiedenster Ausführung (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1: Sekundäre Kernkantenklinge aus Jurahornstein; 2: Klingenkratzer aus tertiärem Hornstein; 3: Mediales Klingenfragment aus tertiärem Hornstein; 4: Spitzklinge basal gebrochen aus tertiärem Hornstein; 5: Spitzenfragment

aus

Keuperhornstein;

Klingenfragment aus Baltischem Feuerstein

6:

Spitzenfragment

aus

Jurahornstein;

7:

Mediales

Tafel 4: Organische Artefakte aus der Kleinen Scheuer (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1: Pfriem aus Knochen, 2: bearbeitetes Geweih, 3: Meißel aus Knochen, 4: Harpune aus Geweih/Knochen (Abguss), 5: Elfenbeinstäbchen, 6: Geschossspitze aus Knochen mit Rille, 7 Geschossspitze (beschädigt) aus Knochen

Tafel 5: Sandsteinplatte mit Rötelspuren (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl)

Tafel 6: Retuscheur aus Sandstein (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl)

Tafel 7: Klinge mit herausgestelltem Schlagflächenrest (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl)

Tafel 8: Artefakte Essingen Heuholz (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1: Klingenkern; 2, 4: Kratzer; 3: Kernscheibe/Präparationsabschlag; 5, 6: Ausgesplitterte Stücke

Tafel 9: Artefakte Essingen Heuholz (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl)

1:

Kratzer; 2: Mehrschlagstichel; 3: Kernkante; 4: Klinge mit Bulbusreduktion; 5: Spitze (Hitze); 6: Bifaziell modifiziertes Stück; 7, 8, 9: Klingen (9 mit Hitze)

Tafel 10: Der vermeintliche paläolithische Glätter, der sich als neuzeitliches Artefakt entpuppte (Fotos und Anordnung: D.Drucker)

Tafel 11: Mittelpaläolithisch (verdächtige) Artefakte aus dem Umland (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1; 5: Massive Abschläge, Zimmern Froschlache; 2: Blattspitzenfragment/Bifaziell retuschiertes Stück, Zimmern Froschlache; 3: Vergleichbares Rohmaterial, aber vermutlich Geofakt, Bargau Hochsträß; 4: Abschlag, Bettringen Gügling; 5: Abschlag, Zimmern Froschlache; 6: Bifaziell retuschiertes Stück, eventuell auch neolithisch, Essingen Heuholz; 7: Levallois-Abschlag, Herlikofen Krähenbühl

Tafel 12: Als jungpaläolithisch interpretierte Artefakte (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1: Klinge, Bargau Hochsträß; 2: Abschlag, Eiersberg?; 3: Lamelle, Eiersberg; 4: Sekundäre Kernkantenklinge, Bargau Hochsträß; 5: Klinge, Essingen Friedhof; 6: Bohrer, Eiersberg; 7: Abschlag mit Stichelbahn, Essingen Heuholz; 8: Mehrschlagstichel, Bargau Hochsträß; 9-11: Ausgesplitterte Stücke (9: Bettringen Gügling, 10 u. 11: Essingen Heuholz)

Tafel 13: Artefakte aus Muschelkalkhornstein (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl) 1: Klingenkern, Kleine Scheuer; 2: Klingenfragment, Kleine Scheuer; 3: Spitzenfragment, Kleine Scheuer; 4: Ausgesplittertes Stück, Zimmern Froschlache; 5: Klingenfragment, Bettringen Gügling

Tafel 14: Knochen und Serpentinit, Bargau Hochsträß und Eiersberg (Fotos: S.Fröhle, Anordnung: S.Wettengl)

Anhang

Die restlichen Artefakte aus der Kellerschen Grabung im Heubacher Heimatmuseum. Das erste, das dritte und das sechste Artefakt sind in Maiers Publikation aus dem Jahr 1936 abgebildet (Tafel II, 1; Tafel I, 6; Tafel II, 3); (Foto: S.Wettengl)

Bärenzähne und Harpune aus der Kleinen Scheuer im Heimatmuseum Heubach (Foto: S.Wettengl)

Dokumentation der Ausgrabung Schmidts aus dem Jahr 1916. Merkwürdigerweise wird die Große Scheuer mit aufgeführt, was durch keine bibliographischen Nachweise belegt werden konnte. Am ehesten muss wohl ein Irrtum vermutet werden, wenn man nicht an den kompletten Verlust der Artefakte annehmen will.

aus Platzgründen nicht in der Arbeit aufgeführt. (Kartierung: S.Fröhle)

Kartierung der Freilandfundstellen im bearbeiteten Bereich. Einige Fundstellen, wie Waldstetten Schlatt (vermutlich mittelpaläolithisch), sind

(Kartierung: S.Fröhle)

Kartierung der wichtigsten Rohmaterialvorkommen im bearbeiteten Bereich. Für Rohmaterial aus ferneren Vorkommen s. Kap. 4.3.

Geologische Übersichtskarte von Baden-Württemberg. (Geyer/Gwinner 2011, Einband)

Mittelpaläolithisches Artefakt gefunden auf der Fundstelle Zimmern „Froschlache“. Das Stück wurde von Werner Raschke gefunden, aber ist heute verschollen (Scan: S.Wettengl).

Typische Kerne, die chronologisch in das Neolithikum interpretiert wurden. Beim rechten Kern ist aber auch eine Interpretation als gekieltes Stück denkbar. (Links: Zimmern Froschlache, Rechts: Bargau Scheuelberg); (Foto: S. Fröhle)

Rohmaterialbeispiel (Jurahornstein), Bargau Hochsträß (Foto: S. Fröhle)

Gravierung am Eingang der Kleinen Scheuer: „Hier wohnte der Mensch der Eiszeit“ (Foto: S.Fröhle)

Blick in die Kleine Scheuer. Im hinteren Teil erkennt man den Felsklotz, der zwischen den Wänden klemmt und den hinteren Bereich der Höhle versperrt. Der Übergang von Bank- zu Massenkalken ist an der Basis der Höhle deutlich zu erkennen (Foto: S.Fröhle)

Aufnahme aus dem hinteren Teil der Höhle in Richtung Ausgang. Die alte Grabungsfläche befand sich direkt auf dem begehbaren Boden (Foto: S.Wettengl)

Schematische Darstellung der alten Grabungsfläche mit Schichtenfolge nach Riek (1935) und Maier (1936). Die Schichtenfolge ist stark vereinfacht, da nicht mehr nachvollzogen werden kann, wie die Sedimentauflagerung in der Höhle angeordnet war (Foto und Bearbeitung: S.Wettengl)

Der Sand von der Burgruine Rosenstein aus gesehen. Im Vordergrund Heubach (Foto: S.Wettengl)

Die Große Scheuer. Die eindrucksvolle Höhle wurde durch Wasserausspülung geschaffen (Foto: S.Fröhle)

Kellers Liebe zur Natur zeigt sich auch in zahlreichen Gedichten und Liedern. (Keller 1933)

Foto eines Liedtextes Franz Kellers aus der Franz Keller Stube im Heubacher Schloss (Foto: S.Wettengl)

Anmerkungen 1. Der Maßstab bei den Tafeln und Zeichnungen liegt immer bei 1 cm, sofern nicht anders angegeben.

2. Die Nummern bei den Artefaktbeschreibungen geben die jeweilige Fundnummer an. Im Falle der Kleinen Scheuer ist beispielsweise bei „100“ das Artefakt mit der Inventarnummer Tü 1916/1_100 (Kleine Scheuer, Rosenstein) gemeint. Bei den Freilandfunden wurden ebenfalls Fundnummern vergeben. Die Beschriftung der Funde erfolge nicht über alle Jahre gleich. Die korrekte Beschriftung lautet „Ort, Flur/Acker.Monat/Jahr“. Beispielsweise für einen Fund aus Essingen „Heuholz“ im März 2013 ergibt sich folgende verkürzte Schreibweise: EssHeu 03/13. Bei den Freilandfundstellen wurde die Nummerierung für Übersichtszwecke bei der Bearbeitung durchgeführt. Somit hängt die Fundnummer nicht mit den Fundumständen zusammen.

3. Die Höhen- und Flächenangaben und Distanzen wurden mit dem Top 50 Viewer (Landesvermessungsamt BW) digital an topographischen Karten gemessen.

4. Für geologische Angaben wurden zum einen die Angegebene Literatur, zum anderen Geologische Karten des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau verwendet. Der Maßstab der Karten beträgt 1:25000 und es wurden die Blätter 7225 Heubach, 7126 Aalen und 7224 Schwäbisch Gmünd Süd verwendet.



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