S. Berke, Frührömische Funde aus Ostwestfalen, in: D. Bérenger (Hrsg.), Archäologische Beiträge zur Geschichte Westfalens. Festschrift für Klaus Günther zum 65. Geburtstag, Internationale Archäologie Studia honoraria 2 (Rahden/Westf. 1997) 185–194.
. Arch. Beitrage zur Gesch. Westfalens Studia Honoraria 2, 1997
Fruhromlsche Fundeans Ostwestfalen Von Stephan Berke
Mit der Entdeckung im Jahre 1987 und dem Beginn der systematischen Ausgrabungen am Fundplatz von Kalk rieseNiewedde im Osnabriicker Land und den bedeut samen Ergebnissen dieser Arbeiten, scheint die westfii lische Archaologie nun vom Zwang befreit, innerhalb ihres Arbeitsgebietes die Ortlichkeit der Varusschlacht nachweisen zu miissen. 1 Einer Arbeit, der sie sich mal mehr mal weniger, vor allem im 19. und in der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts intensiv gewidmet hatte. Hierbei versuchte man schon friih die sparlichen und ungenauen topographischen Beschreibungen der anti ken Uberlicferung mit romischen Bodenfunden, echten und vermeintlichen, in Bezug zu setzen, um so dem Schlachtort naher zu kommen.2 Diese Arbeiten fiihrten zwar zur Entdeckung der bekannten romischen Lager in Westfalen,3 aber in Bezug auf die Lokalisierung der Varusschlacht brachten sie keine greifbaren Ergebnisse.4 1987, im Jahre der Wiederentdeckung des Fundplatzes von Kalkriese,5 veroffentlichte Klaus Gunther einen Bei trag mit dem Titel: .Archaologischgeographische Annaherung an den Ort der Varusschlacht". 6 Seine Absicht war es, mit Hilfe einer kritischen Betrachtung der geographischen Verhaltnisse und von romischen Funden aus Ostwestfalen, den Raum einzugrenzen, in dem die Suche Aussicht auf Erfolg haben konnte. 7
teilweise eine Neubewertung ihrerFundgeschichten und damit auch ihrer Aussagekraft, teilweise treten neue, bis her nicht publizierte Fundstiicke hinzu.
Ziel des vorliegenden Beitrages soll es jedoch nicht sein, die Diskussionen um die Ortlichkeit der Varusschlacht neu aufzunehmen, sondern lediglich alle die romischen Funde kritisch zusammenzustellen, die zeitlich vor der Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr. zu datieren sind und damit eventuell im Zusammenhang mit den romischen Feldziigen der Jahre 13 v.Chr.bis 16 n.Chr. stehen konn ten. Damit soll eine Grundlage zur weiteren Erforschung der romischen Infrastruktur in diesem Teil des romi schen Okkupationsgebietes geschaffen werden. Denn wie die Funde und vor allem der Befund des romischen Wachtpostens auf der Sparrenberger Egge bei Bielefeld8 zeigen, ist auch in den nachsten Jahren sicher mit wei teren Entdeckungen romischer Anlagen, seien es Lager oder aber vor allem solcher Wachtposten, zu rechnen. Bei insgesamt nur 45 Funden IaBt sich eine umfangrei che Auswertung des hier zusammengestellten Kataloges nicht vornehmen, wenn man das Fundmaterial in seiner Aussagekraft nicht iiberstrapazieren will. Daher soll im folgenden auch nur auf einige Auffalligkeiten einge gangen werden.
Im Rahmen eines Forschungsprogrammes der Deut schen Forschungsgemeinschaft mit dem Titel .Romi sche Funde in der Germania Magna" hatte der Verfas ser die Gelegenheit, alle romischen Funde Westfalens aufzunehmen, neu zu bestimmen und die jeweiligen Fundgeschichten zu klaren. Das Ergebnis dieser Arbeit bedeutet fur die augusteischen Funde aus Ostwestfalen
Bei der Mehrzahl der Funde (80 %) handelt es sich um Miinzfunde. Besondere Aufmerksamkeit verdienen jedoch die sonstigen Funde aus Ostwestfalen. MuB auf grund des fragmentarischen Zustandes der Pilumspitze von der Grotenburg 9 hinter diese immer noch genauso ein Fragezeichen gesetzt werden, wie hinter den Sigil latafund vom Huinskenberg, 10 ~
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Abb. 3 BielefeldGadderbaum. Romische Schuhnagel aus der Anlage auf der Sparrenberger Egge. M. l : 1.
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Friihromische Funde aus Ostwestfalen
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Abb. 4 KirchlengernSiidlengern. I: Urne vorn Typ Haltern 91 A; 2: Zweigliedrige, DfOnnige Giirtelschnalle aus Bronze; 3: Fibel Almgren/Gliising 18a; 4: Fibel ahnlich Almgren/Gliising 44. M. I :2 (24) bzw. I :4 (1).
diese Funde bei entsprechenden Kartierungen immer beriicksichtigt. Bei den Recherchen wahrend der Fund aufnahme stellte sich aber heraus, daB die Fundge schichte der Stiicke sehr problematisch ist und sie in ihrer Fundzusammensetzung derart inhomogen sind, daf an ihrer Fundgeschichte gezweifelt werden muB. Daher wurden sie zwar in den Katalog mit aufgenom men, um die Forschungsergebnisse vorzustellen, blieben aber bei der Kartierung unberiicksichtigt. Kreisfreie Stadt Bielefeld 1. Bielefeld: Mittelerz des Augustus 28/16 v.Chr. (Nemausus Ser. lb). Lit.: FMRD VI, 6, 6002, 1; Gunther 1987, Nr. 22. Verbleib: Historisches Museum Bielefeld. 2. Bielefeld: As des Augustus 10/3 v.Chr.(Lugdunum) RIC1 360. Lit.: FMRDVI, 6, 6002, 2; Gunther 1987, Nr. 21. Verbleib: Historisches Museum Bielefeld. 3. Bielefeld, Ortsteil Brackwede: Denar der Republik 85 v.Chr. (Rom) Sydenham 719. Lit.: FMRD VI, 6,
6004, 1; Gunther 1987, Nr. 20. Verbleib: Histori sches Museum Bielefeld. 4. Bielefeld, Ortsteil Gadderbaum: Gefunden mit Hilfe eines Metalldetektors und bei einer Nachgra bung des Westfiilischen Museums fiir Archaologie auf der sogenannten Sparrenberger Egge im Jahre 1988. 1.) Denar des C. Marius 81 v.Chr. (Rom) Crawford RRC 378/lc mit XX:XXVIIII; 2.) halbierter Dup. Augustus 30 v.14 n.Chr. (Ne mausus) RIC2 157; 3.) zwei Dup. Augustus 30 v. 14 n.Chr. (Nemausus) RIC2 157; 4.) As des L Naevius Surdinus 15 v.Chr. RIC2 386. Lit.: Berenger 1993; Ilisch 1992a, 313 f.; ders. 1992b, 292; Berenger 1995. Verbleib: WMLKK (Abb. 2). 5. Bielefeld, Ortsteil Gadderbaum: Etwa 150 m west lich der Miinzfunde auf der Sparrenberger Egge fiel anlafslicheiner Begehung des Gelandes eine kleine, halbrunde WallGrabenanlage von 32 m Sehnen
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Hingeund 24 m Innendurchmesser auf. Der in den anstehenden Kalkstein eingearbeitete Graben von 1,52,0 m Breite, mit einer Tiefe von bis zu 0,5 m war wahrend der durchgefiihrten Grabung gut erkennbar. Der dahinter liegende, aus dem Graben aushub aufgeschiittete Wall war dagegen kaum si gnifikant. Nach Berenger" ist zu vermuten, daB die Anlage unfertig geblieben ist. Aus dem Graben, der Wallschiittung und der Innenflache konnten einige Funde geborgen werden, die den Verdacht verstar ken, daB es sich um eine romische Anlage handelt: 1.) Legionsdenar des M. Antonius (3231 v.Chr.). 2.) 21 eiserne Schuhnagel. Diese fanden sich so wohl im Graben, im Wall und im Bereich der Innen flache der Anlage. Zehn dieser Nagel weisen auf der Unterseite des Nagelkopfes noppenartige Erhebun gen auf, die ein charakteristisches Zeichen romi scher Schuhnagel zu sein scheinen (Abb. 3).19 Lit.: Berenger 1993 u. 1995. Verbleib: WMfA. Kreis Giitersloh 6. Halle, Ortsteil Kiinsebeck: Denar der Republik 89/88 v.Chr. (Italien) Sydenham 683. Lit.: FMRD VI, 6048, l; Gunther 1987, Nr. 19. Verbleib: Privat. Kreis Herford 7. Kirchlengern, OrtsteilSudlengern:20ImJahre 1949 wurde auf der siidlichen ElseMittelterrasse (Schim melkamp ), 25 m sudlich des spatkaiserzeitlichen Friedhofes von 1925 ein friihkaiserzeitliches Grab aufgedeckt (Abb. 4). Das Grab befand sich 0,6 m unterhalb der Oberflache und enthielt als Urne ein Gefaf vom Typ Haltern 91A. Diese sogenannten Kochtopfe finden sich im Bereich Westfalens eigent lich nur in romischen Zusammenhangen." Neben dem Leichenbrand, dessenAnalyse keine eindeutige Geschlechtszuweisung ergab,22 fand sich in der Urne eine zweigliedrige DfOrmige Giirtelschnalle aus Bronze. Die Biigelenden der Schnalle sind abge flacht und
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