Reershemius, Gertrud/Ziegler, Evelyn (2015): „Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile im DaF-Unterricht: Beispiele aus dem Film Fack ju Göhte.“ In: Imo, Wolfgang/Moraldo, Sandro (Hg.): Interaktionale Sprache im DaF-Unterricht. Tübingen: Stauffenburg. S. 241-274.

July 13, 2017 | Author: Evelyn Ziegler | Category: Contact Linguistics, Language Attitudes (Languages And Linguistics), Soziolinguistik, DaF-Unterricht
Report this link


Description

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile im DaF-Unterricht: Beispiele aus dem Film „Fack ju Göhte“1 1. Einleitung Dieser Artikel versteht sich als variationslinguistischer Beitrag zur vielfach geforderten Behandlung von „Sprache-in-Interaktion“ im DaF-Unterricht (vgl. Günthner et al. 2013, Imo 2013, Moraldo 2013), und zwar hier im Medium Film. Filme werden im universitären DaFUnterricht schon länger eingesetzt. Allerdings geschieht dies eher zur Vermittlung landeskundlicher und kultureller denn sprachbezogener Inhalte. Aus sprachdidaktischer Perspektive spricht allerdings sehr viel dafür, mit Filmen oder Filmausschnitten im DaFUnterricht zu arbeiten. 1) Sprache im Film konzentriert sich auf dialogisch-performative Formen der Mündlichkeit, die medial stilisiert sind (Bell/Gibson 2011: 557). Stilisierte Merkmale werden so als salient präsentiert und sind dadurch für die Rezipienten leichter wahrzunehmen.2 2) Mediale Stilisierungen haben das Potential, soziale und semiotische Moden spezifischer sozialer Gruppen zu popularisieren und damit Sprachveränderungsprozesse zu verstärken (Androutsopoulos 2005). Dadurch bietet Sprache im Film ein hohes Didaktisierungspotential. Sie ermöglicht Einblicke in Sprachstile und Typisierungspraktiken, die soziolinguistische Differenzierungen und soziale Zuschreibungen erkennbar machen. 3) Gleichzeitig bietet Sprache im Film Anlässe zur Reflexion über Sprachgebrauch und Sprachwandel. 4) Durch die gezielte Auswahl von Filmen, die ein jugendliches Publikum ansprechen, lässt sich nicht nur die Vielfalt alltagssprachlicher Ausdrucksweisen thematisieren, sondern auch an die Lebenswelt jüngerer SprachlernerInnen anknüpfen und damit die Motivation und Lernbereitschaft fördern. Wir möchten in unserem Beitrag bei der didaktischen Aufbereitung von Sprache im Film zwei Aspekte zentral setzen: zum einen den Aspekt „Gespräche unter Jugendlichen“, wie er von Huneke/Steinig (2010: 62) als Gegenstand des DaF-Unterrichts im Lernbereich „Varietäten des Deutschen“ formuliert wird; zum anderen den Aspekt „aktuelle Entwicklungen in der deutschen Gegenwartssprache“, der bisher im DaF-Unterricht noch nicht angemessen behandelt wird, vermutlich auch deshalb, weil die entsprechenden Entwicklungen häufig als Abweichungen und Fehler, nicht aber als neue, gruppenspezifische Formen, z.B. als spezifische jugendsprachliche Stile, wahrgenommen und bewertet werden. Diese Formen sind in mehrfacher Hinsicht für den DaF-Unterricht interessant: Die Beschäftigung mit jugendsprachlichen Formen bietet die Chance, Sprachvermittlung mit Sprachreflexion zu verbinden, d.h. spezifische sprachliche Strukturen zu vermitteln und dabei die sprachreflexive Kompetenz der LernerInnen zu fördern, indem (a) jugendsprachliche Varietäten als Formen „innerer Mehrsprachigkeit“ neben anderen sozialen oder dialektalen Varietäten behandelt werden können und (b) der Zusammenhang von Sprachvariation und Sprachwandel thematisiert werden kann. Sprachvariation ist eine Grundbedingung für Sprachwandel und jugendsprachliche Formen sind hier von zentraler Bedeutung, weil auch sie zum Sprachwandel beitragen können. So zeigen verschiedene Studien, wie sich spezifische jugendkulturelle Formen zuerst innerhalb der Jugendsprache und später im allgemeinen Sprachgebrauch ausbreiten und zu usuellen Normen avancieren. Exemplarisch beschreibt diesen Prozess Androutsopoulos für das anfänglich nur in der Hip-Hop-Szene

                                                                                                                1 2

Für hilfreiche Kommentare danken wir Patrick Voßkamp und Katja Cantone-Altintas/Universität Duisburg-Essen. In Kapitel 4 wird dieser Punkt näher ausgeführt.

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

gebräuchliche Verb „chillen“, das sich zuerst in der Jugendsprache, später im kolloquialen Standard ausbreitet und so zur „Erneuerung des Standards“ beiträgt (Androutsopoulos 2005: 175).3 Im Mittelpunkt unseres Beitrags steht der Zusammenhang von Sprachvariation und Sprachwandel. Im Folgenden behandeln wir solche jugendkulturellen Sprachentwicklungen, die kontaktinduziert sind und auf migrationsbedingte Mehrsprachigkeit zurückgehen. Damit ist gemeint, dass wir solche Sprachmerkmale näher in den Blick nehmen, die anfänglich nur von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, also in bestimmten jugendkulturellen Szenen verwendet wurden, nun aber auch bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund zu beobachten, d.h. in der Jugendsprache allgemein gebräuchlich sind. Mit der Schwerpunktsetzung auf sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile ist ein vertiefter Einblick in aktuelle Sprachentwicklungen möglich, weil „Sprache-in-Interaktion“ nicht nur beschrieben, sondern auch in ihrem gesellschaftlichen Bedingungskontext behandelt und erklärt werden kann. In der Wahrnehmung von SprecherInnen, und sicher noch mehr in der Wahrnehmung von SprachlernerInnen, ist Sprache und damit auch der Sprachgebrauch statisch, homogen und invariant (s. dazu auch das Einführunsgkapitel von Imo/Moraldo in diesem Band). Tatsächlich aber ist der Sprachgebrauch variabel, d.h. durch ständige Veränderungen und Adaptationsprozesse charakterisiert. Wie aber kommt es zu diesen Veränderungen, wie lassen sie sich erklären? Mit Mattheier (2008) können diese Veränderungen auf zwei Variationsprozesse zurückgeführt werden, wobei der eine mit dem anderen verbunden sein kann. Danach lässt sich, kurz zusammengefasst, ein Teil der Varianten als artikulatorisch-perzeptiv bedingte Varianten beschreiben, die im Prozess des kommunikativen Handelns entstehen und die phonetischphonologische Ebene betreffen. Zu einem gewissen Teil lassen sich diese Sprachveränderungen aber auch als soziokommunikativ bedingte Varianten beschreiben, mit denen SprecherInnen ihre Kommunikation in verschiedenen sozialen und situativen Konstellationen ausgestalten und für ihre Zwecke optimieren. Generell zu unterscheiden ist dabei zwischen der Neubildung von und der Übernahme von Varianten aus anderen Varietäten bzw. Sprachen. Bei Letzteren handelt es sich um sprachkontaktinduzierte Varianten, also solche, die im Folgenden den Fokus bilden. Soziokommunikativ bedingter Sprachwandel steht in Zusammenhang mit spezifischen Kommunikationsbedürfnissen gesellschaftlicher Gruppen und dementsprechend auch mit gesellschaftlichen Entwicklungen. Zu den aktuell bedeutsamen gesellschaftlichen Entwicklungen zählen Globalisierung, Migration und Mediatisierung (Blommaert 2010, 2013). Mit Mediatisierung ist gemeint, dass Menschen mit und mittels Medien kommunizieren. Zentral ist die Frage, wie sich „Kultur, Alltag und Identität der Menschen durch die Entwicklung der Medien verändern“ (Krotz 2003: 7). Insofern bezeichnet Mediatisierung einen soziokulturellen und kommunikativen Wandel, der darauf zurückzuführen ist, „dass die Kommunikationsumgebungen der Menschen immer ausdifferenzierter und komplexer werden und dass infolgedessen immer mehr Menschen immer häufiger und differenzierter ihr soziales und kommunikatives Handeln auf immer mehr ausdifferenzierte Kommunikationsmedien beziehen“ (Krotz 2003: 13).4 Das Mediatisierungskonzept ist für unseren Beitrag in mehrfacher Hinsicht relevant: zum einen in Zusammenhang mit dem Themenkompex Migration und Kommunikation (vgl. Kap. 2.1) und zum anderen in Zusammenhang mit der Rolle der Medien, d.h. hier der Rolle des Mediums Film für die Popularisierung und soziolinguistische Indexikalisierung sprachlicher Merkmale und Stile (vgl. Kap. 3).

2. Phasen der Migration nach Deutschland, ihre Darstellung in DaF-Lehrwerken und im Film                                                                                                                 3

4

In einem weiteren Kontext wäre zu fragen, inwieweit die Popularisierung von „chillen“ auch gesellschaftlich bedingt ist, d.h. in Zusammenhang mit Veränderungen der work-life-balance steht. Für eine ausführliche Diskussion des Mediatisierungskonzepts vgl. Androutsopoulos (2014).

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Um den Migrationskontext zu verstehen, der die Hintergrundfolie für den Sprachgebrauch der Jugendlichen im hier im Fokus stehenden Film „Fack ju Göhte“ bildet, möchten wir im Folgenden einen kurzen Abriss zur Migration in Deutschland geben. Dabei möchten wir auch darauf eingehen, welche Perspektiven auf das Thema „Migration“ in Lehrwerken für den DaFUnterricht dominieren und wie das Thema „Migration“ im Film, d.h. in ausgesuchten Filmen behandelt wird. Der folgende Abschnitt kann insofern Hintergrundmaterial für eine DaFUnterrichtseinheit liefern und als Vorschlag für eine kleine Filmreihe dienen, mit dem der Gegenstandsbereich „sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile“ angereichert oder auch eingeführt werden kann. 2.1 Phasen der Migration nach Deutschland

2013 lebten in Deutschland rund 16,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Darunter versteht man den Teil der Bevölkerung, der seine Wurzeln außerhalb Deutschlands hat. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes besteht die Bevölkerung mit Migrationshintergrund aus den seit den 1950er Jahren nach Deutschland Zugewanderten und allen in Deutschland geborenen AusländerInnen. Mit 9,7 Millionen hatte 2013 der Großteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund einen deutschen Pass, gut 6,8 Millionen waren AusländerInnen.5 Diese Zahlen unterstreichen, dass sich der Charakter der Migration in Deutschland seit den 1950er Jahren in mehrfacher Hinsicht geändert hat. Erstens ist der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund gestiegen. Er liegt inzwischen bei 20,5 Prozent der Gesamtbevölkerung (vgl. Statistisches Bundesamt). Zweitens hat sich die Zusammensetzung dieses Bevölkerungssegments verändert. In den 1960er und 1970er Jahren kamen Migranten vor allem aus einigen spezifischen Ländern nach Deutschland. Demzufolge ließen sich zum Beispiel türkische, italienische oder jugoslawische Gemeinschaften innerhalb Deutschlands identifizieren. Jan Blommaert (2010: 6f) beschreibt diese Situation für Europa folgendermaßen: People left their country and settled in another. In that new country, they lived separated from their country of origin, perhaps (but not necessarily) in ethnic communities. They took their languages and other cultural belongings with them, but the separation from the land of origin and the permanent nature of migration was likely to bring pressure to accommodate to the host society. A tradition of study emerged in Western host societies on such relatively isolated, stable and residential immigrant groups, often also consisting of large communities from the same country or even region of origin: Turks in Germany, Algerians and West-Africans in France, Caribbeans and East-or South-Asians in Britain.

Dieses Migrationsmuster hat sich inzwischen geändert. Wie in anderen westeuropäischen Ländern ist auch in Deutschland das Bevölkerungssegment mit Migrationshintergrund zunehmend heterogener. Obwohl die türkeistämmigen Migranten mit 2,8 Millionen Menschen immer noch die größte identifizierbare Gruppe in Deutschland darstellen, machen sie lediglich 17 Prozent der Gesamtbevölkerung mit Migrationshintergrund aus. Migration ist gegenwärtig durch Diversifizierung gekennzeichnet und weniger statisch als vielmehr fließend: Die migrationsbedingte Vielfalt nimmt zu, d.h. Migranten kommen nicht mehr nur aus einigen wenigen Herkunftsländern. Das hat zur Folge, dass nicht mehr Großgruppen dominieren, sondern viele kleinere Gruppen aus vielen verschiedenen Ländern einwandern, sodass von einer „Diversifikation der Diversität“ gesprochen werden kann (Cindark/Ziegler i. Dr.); die Motivation zu immigrieren ist vielschichtig und die Migranten bewegen sich zwischen verschiedenen Migrationsländern, zum Teil kehren sie als Remigranten auch in ihre Herkunftsländer zurück, sodass die Mobilität insgesamt zunimmt. Die Entwicklungen der Kommunikationstechnologie, insbesondere im Bereich der neuen Medien, erlauben es Migranten in ganz anderer Form (z.B. via E-Mail, Handy, Skype, soziale Netzwerke) und in weitaus größerer Intensität mit ihrem

                                                                                                                5

Vgl. Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Migration Integration/Migrationshintergrund/Migrationshintergrund.html; Zugriff am 21.2.2015.

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Herkunftsland und dessen Kultur und Sprache in Verbindung zu bleiben. Auch in den Zielländern von Migration ändern sich die Kommunikationsformen zwischen Migranten (Blommaert 2010, 2013). Diese Enwicklungen sind insgesamt Ausdruck eines soziokulturellen Wandels, der als „Mediatisierung“ (Krotz 2003) bezeichnet wird und zusammen mit den anderen Entwicklungen eine neue Phase von Migration kennzeichnet, die von Stephen Vertovec unter dem Stichwort „superdiversity“ zusammengefasst wird (Vertovec 2007). 2.2 Behandlung des Themas Migration in DaF-Lehrwerken

Im Deutsch-als-Fremdsprache Unterricht wird das Thema Migration vorzugsweise als Teil der Landeskunde behandelt. Wir haben uns daher stichprobenartig folgende landeskundliche Lehrwerke im Hinblick darauf angesehen, wie Migration in Deutschland präsentiert wird: ˗ Margarete Hansen/Barbara Zuber (1996): Zwischen den Kulturen. Strategien und Aktivitäten für landeskundliches Lehren und Lernen. Berlin / München: Langenscheidt. Migration wird explizit in einem eigenen Kapitel „Deutsche im Ausland – Fremde in Deutschland. Deutsche Migrationsprozesse und Migrationsprozesse in Deutschland” thematisiert. ˗ Ulrike Gaidosch/Christine Müller (2006) Zur Orientierung. Deutschland in 30 Stunden. Zweite, aktualisierte Auflage. München: Hueber. Dem Thema Migration ist eine thematische Doppelseite „Geschichte der Migration nach Deutschland“ gewidmet. Im Kapitel „Religiöse Vielfalt“ findet sich eine Statistik, die zeigt, dass der Islam die größte Religionsgemeinschaft in Deutschland nach den katholischen und protestantischen Kirchen darstellt. Im Kapitel „Menschen in Deutschland“ gibt es sechs Kurzporträts, unter anderem ein Portrait einer aus Russland eingewanderten Rentnerin und ein Portrait eines Senegalesen, der mit einer Deutschen verheiratet ist. ˗ Angela Kilimann/Ondrej Kotas/Johanna Skrodzki (2008) 45 Stunden Deutschland. Orientierungskurs Politik, Geschichte, Kultur. Stuttgart: Klett. Migration wird im Kapitel „Interkulturelles Zusammenleben“ ausführlich thematisiert. Es geht dabei weniger um Migrationsgeschichte als um den Alltag des interkulturellen Zusammenlebens in Deutschland. Insgesamt fällt auf, dass ein heterogenes Bild der Bevölkerung gezeichnet wird, wie die Bebilderung zeigt, die nicht nur Weiße präsentiert. Im Kapitel „Politische Beteiligung und Teilhabe“ gibt es sechs Kurzporträts von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, die in Deutschland leben. ˗ Uta Matecki (2008) Dreimal Deutsch. In Deutschland. In Österreich. In der Schweiz. Stuttgart: Klett. Migration wird in einem einzigen kurzen Paragraphen unter dem Stichwort „Krisen und Konflikte“ behandelt. ˗ Anna Pilaski/Birgitta Fröhlich/Christiane Bolte-Costabiei/Heinke Behal-Thomsen (2011): Entdeckunsgreise D-A-CH. Kursbuch zur Landeskunde. Berlin / München: Langenscheidt. Migration wird nicht eigenständig thematisiert, sondern ist integriert in sechs der insgesamt elf Kapitel: Beim Thema „Sprache und Integration“ wird unter anderem über Sprache und Migration gesprochen; im Kapitel „Menschen“ stellen zwei von 17 Kurzporträts berühmter deutschsprachiger Persönlichkeiten Menschen mit Migrationshintergrund dar. Im selben Kapitel findet sich eine Statistik über den jeweiligen Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund in der Schweiz, in Deutschland und Österreich. Ebenfalls im Kapitel „Menschen“ wird unter dem Slogan „So oder so ist das Leben“ neben fünf anderen Lebensformen ein Ehepaar vorgestellt, das vor 40 Jahren aus Spanien nach Deutschland eingewandert ist. Unter der Überschrift „Studieren in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ werden Studierende aus Indien, Portugal und Polen vorgestellt. Im Kapitel

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

„Kinder Deutschlands“ werden vier Kinder interviewt, unter anderem auch ein Mädchen, dessen Eltern aus Somalia eingewandert sind. Der deutsch-türkische Schriftsteller Feridun Zaimoglu kommentiert die Interviews. In einem Kapitel über Wirtschaft werden drei Arbeitnehmer aus Spanien, den USA und der Türkei porträtiert, die seit einigen Jahren in München arbeiten. Der Vergleich der Landeskundelehrwerke, die zwischen 1996 und 2011 publiziert wurden, zeigt verschiedene Formen der Thematisierung von Migration, die wir im Folgenden als „Diskurse“ bezeichnen. „Diskurs“ meint in Anlehnung an Foucault ein komplexes Aussagensystem, das in öffentlichen Auseinandersetzungen zu gesellschaftlich strittigen Themen produziert wird. Ein Diskurs besteht aus allen Aussagen, Statistiken, Texten, Bildern und Filmen, die sich um ein Thema gruppieren. Er wird „von mehr oder weniger großen gesellschaftlichen Gruppen getragen [...], [spiegelt] das Wissen und Einstellungen dieser Gruppen zu dem betreffenden Thema, [das er] auch aktiv prägt und dadurch handlungsleitend für die zukünftige Gestaltung der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Bezug auf dieses Thema wirkt“ (Gardt 2007: 30). Unsere Vorgehensweise lässt sich theoretisch als eine von der Soziolinguistik ausgehende Diskursanalyse poststrukturalistischer Prägung einordnen (vgl. Baxter 2010; Blommaert 2005; Spitzmüller/Warnke 2011). Die soziolinguistische Perspektive ist relevant, weil durch sie Aspekte der Pragmatik berücksichtigt werden können. Dazu zählen z.B. Fragen danach, wie und aus welcher Perspektive Landeskundelehrbücher das Themenfeld Migration sprachlich und bildlich aufbereiten und welche Kontexte und Wertungen dabei dominieren. Eine in der Soziolinguistik gegründete Diskursanalyse trägt der Tatsache Rechnung, dass die Analysegegenstände das Resultat von kommunikativem, also sozialem Handeln sind und demzufolge in sprachlichen und damit sozialen Kontexten verankert sind. Die aktuellen Theoriedebatten in der Soziolinguistik unterstreichen, dass diese Kontexte extrem komplex sein können. Blommaert (2007) schlägt deshalb vor, mit dem Konzept des Polyzentrismus zu arbeiten. Polyzentrismus meint hier die verschiedenen Kontexte, in denen der Erwerb von Einstellungen, z.B. zu bestimmten Diskursthemen, erfolgt. Dazu zählen Bildungsinstitutionen, peer groups, einflussreiche Einzelpersonen wie Eltern, Lehrer, Partner etc. Auch Lehrwerke nehmen an Diskursen teil bzw. schreiben sich in Diskurse ein. Wie unterschiedlich diese Diskurse sein können und inwieweit sich einzelne Diskursstränge weiterentwickeln, zeigen die untersuchten Lehrwerke. Hansen/Zuber (1996), aber auch Gaidosch/Müller (2006) beschreiben Migration in Deutschland vor allem unter historischen Gesichtspunkten, d.h. als Migrationsgeschichte. Im Landeskundelehrwerk von Kilimann/Kotas/ Skrodzki (2008) wird ein deutlicher Schwerpunkt auf die Gegenwart und den Alltag des interkulturellen Zusammenlebens gelegt. Das Lehrwerk von Matecki (2008) folgt diesem Diskurs im weitesten Sinne, wobei hier aber Migration in den deutschsprachigen Ländern weitgehend ausgeblendet bleibt und lediglich in einem Paragraphen unter der Überschrift „Krisen und Konflikte“ Erwähnung findet. Bei Pilaski/Fröhlich/Bolte-Costabiei/Behal-Thomsen (2011) wird Migration als ein integrierter und integraler Bestandteil verschiedener Gesellschaftsbereiche dargestellt. Dies unterstreicht, dass die in den Landeskundelehrwerken zu findenden Diskurse über Migration durchaus heterogen sind, d.h. unterschiedliche gesellschaftliche Betrachtungsweisen und Schwerpunktsetzungen spiegeln können.

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Grafik 1: Diskurse über Migration in DaF-Lehrwerken6

Diskurs 1

Diskurs 2

Diskurs 3

Migrationsgeschichte

Interkulturelles Zusammenleben (Migration als Problem; vgl. Matecki 2008)

Migration als die unmarkierte Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens

Vor diesem Hintergrund gehen wir von einer soziolinguistischen Perspektive aus und setzen die Sprachreflexion im DaF-Unterricht zentral, d.h. fokussieren auf aktuelle Sprachentwicklungen im Kontext jugendkultureller Ausdrucksweisen. Anders als die anderen Beiträge in diesem Band, die sich mit spontanen Kommunikationen beschäftigen, um Tendenzen der Gegenwartssprache aufzuzeigen, nehmen wir Sprache im Film zum Ausgangspunkt, um durch Migration ausgelöste Veränderungsprozesse im Sprachgebrauch Jugendlicher und in den damit verbundenen Diskursen zu untersuchen sowie der Frage nachzugehen, wie diese im Film repräsentiert werden. 2.3 Behandlung des Themas Migration im Film

Die Geschichte der Darstellung von Migranten, d.h. des Diskurses über Migranten im deutschen Film, möchten wir schlaglichtartig an den Filmen „Angst essen Seele auf“ (Rainer Werner Fassbinder 1974), „Süperseks“ (Torsten Wecker 2004) und „Fack ju Göhte“ (Bora Dagtekin 2013) skizzieren. „Angst essen Seele auf“, ein Melodrama, erzählt die Geschichte der verwitweten Putzfrau Emmi, die sich in den zwanzig Jahre jüngeren Marokkaner Ali verliebt, deren Beziehung aber wegen der Feindseligkeit und Intoleranz ihrer Umgebung scheitert. Eine Partnerschaft zwischen einem Migranten und einer Deutschen, dazu noch zwischen einer älteren Frau und einem deutlich jüngeren Mann, wird als ein Skandalon in den Augen der Gesellschaft gesehen. „Süperseks“, dreißig Jahre später gedreht, ist eine Komödie, in der ein junger türkeistämmiger Hamburger namens Elviz auf die Idee kommt, in der Hansestadt eine türkische Telefonsexhotline einzurichten. Die Handlung spielt im Spannungsfeld der türkischen und deutschen Kulturen, das in erster Linie als Ursache für komische Verwicklungen präsentiert wird. Schon in den Filmtiteln wird eine Entwicklung deutlich, die vom „Gastarbeiter“ und seinem Sprachgebrauch, dem sogenannten „Gastarbeiterdeutsch“ (vgl. Clyne 1968, Meisel 1975, Keim 1984) über das Konzept der multikulturellen Gesellschaft und Code-Switching als konversationeller Praxis (vgl. Androutsopoulos 2012) hin zu einer postmultikulturellen Entwicklung geht, in der Migration eine selbstverständliche Hintergrundvariable ist, die nicht mehr explizit thematisiert wird. Diese dritte Phase markiert der Film „Fack ju Göhte“. Linguistisch lässt sich das sogenannte „Gastarbeiterdeutsch“ als die Varietät des Deutschen beschreiben, die von Arbeitsmigranten der ersten Generation seit den 1960er Jahren gesprochen wurde, unabhängig davon, ob sie Sprecher einer romanischen oder slawischen Sprache bzw. Türkisch- oder Griechischsprecher waren. Diese SprecherInnen haben ihre sprachliche Sozialisation in ihren Herkunftsländern erfahren. Der Erwerb des Deutschen verlief weitgehend ungesteuert und zeigt über die verschiedenen Sprechergruppen hinweg gewisse

                                                                                                                6

Für die Gestaltung dieser Grafik und auch der Grafiken 2 und 4 möchten wir uns bei Irmi Wachendorff (Universität Duisburg-Essen) bedanken.

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Gemeinsamkeiten. Typisch für die Realisierung dieser Varietät ist nach Keim (1984) z.B. das Fehlen von Artikeln („der arbeitet mehr mit Kopf“), Präpositionen („ich fahre Espania zwei Wochen“) und Kopulaverben („mein Frau viel krank“), die Stellung der Negationspartikel vor dem finiten Verb im Hauptsatz („ich nix verstehe“) und die Reduktion der drei Genera auf das Genus femininum („deine Sohn“). Der Protagonist des Films „Angst essen Seele auf“ wird als Sprecher dieser Varietät präsentiert. Im Film „Süperseks“ aus dem Jahre 2004 ist eine der dominanten Sprachpraxen, auf die die Protagonisten zurückgreifen, das Code-Switching. Code-Switching ist eine mehrsprachige Praxis, bei der bilinguale Sprecher der gleichen Sprachen miteinander kommunizieren, indem sie einzelne Worte bzw. Phrasen oder Äußerungen aus einer Sprache A in eine Sprache B übernehmen. Je nach kommunikativem Kontext ist verhandelbar, welche Sprache dabei als Matrixsprache fungiert (Myers-Scotton 2002). Konversationelles Code-Switching dient verschiedenen kommunikativen Funktionen, etwa der Stukturierung von Gesprächen („discourse related code-switching“, Auer 1998: 2) oder der Unterstützung kommunikativer Beziehungsarbeit („participant related code-switching“, Auer 1998: 2) und wird in dieser Perspektive als Kontextualisierungshinweis analysiert. Kontextualisierungshinweise sind nach Auer „all activities by participants which make relevant, maintain, revise, cancel [...] any aspect of context which, in turn, is responsible for the interpretation of an utterance in its particular locus of occurrence“ (Auer 1992: 4). Kontextualisierungshinweise geben insofern wichtige Interpretationshilfen zum Verständnis einer Äußerung. Wie Androutsopoulos (2012) zeigt, wird im Film „Süperseks“ Code-Switching zwischen Türkisch und Deutsch vor allen Dingen zur Markierung von Konflikten, z.B. Generationenkonflikten, zwischen den Filmfiguren eingesetzt. Der Film „Fack ju Göhte“ (FjG) aus dem Jahre 2013 unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von den beiden zuvor genannten Filmen. Im Zentrum des Films steht der gerade aus der Haft entlassene Kleinkriminelle Zeki Müller, der feststellen muss, dass die Beute seines letzten Raubzuges auf einer Baustelle vergraben wurde und sich mittlerweile unter der Turnhalle der Goethe-Gesamtschule befindet. Zeki gelingt es, sich einen Job als Aushilfslehrer an der Schule zu sichern. Während er nachts nach seinem Schatz gräbt, muss er tagsüber den Lehrer in einer extrem problematischen zehnten Klasse geben, eine Aufgabe, für die er sich als erstaunlich talentiert erweist. Das Thema Migration ist nicht im Fokus des Films, auch wenn die Namen einiger Filmfiguren auf einen Migrationshintergrund deuten. So wird etwa die männliche Hauptfigur durch ihren Namen „Zeki Müller“ als eine Person mit Migrationsgeschichte eingeführt: „Zeki“ ist ein männlicher türkischer Vorname arabischer Herkunft und bedeutet: „der Aufgeweckte, der Kluge“.7 Der Nachname Müller ist einer der drei häufigsten deutschen Familiennamen (Heintze 2013). Er kann als Synonym für den Durchschnittsdeutschen verstanden werden. Auch die Namen einiger Schülerinnen und Schüler verweisen auf einen möglichen Migrationshintergrund, zum Beispiel Zeynep und Burak, sie unterscheiden sich aber in ihrem Sprachgebrauch nicht von ihren Mitschülern Chantal oder Daniel („Danger“). In linguistischer Hinsicht geht es im Film FjG um die Sprache von Jugendlichen, die unter anderem von „ethnolektalen“ Merkmalen bestimmt ist. Mit dem Begriff „Ethnolekt“ wird in der Soziolinguistik eine informelle, alltagssprachliche Varietät bezeichnet, die von Jugendlichen mit Migrationshintergrund vor allem im urbanen Umfeld verwendet wird (vgl. Auer 2003, Androutsopoulos 2011, Wiese 2011). Der Begriff „Ethnolekt“ wie auch die Ableitung „ethnolektal“ sind unseres Erachtens jedoch problematisch, weil die ohnehin schon unscharfe Kategorie der ethnischen Zugehörigkeit hier an bestimmte Sprachformen gebunden wird. Darüber hinaus wird die Heterogenität der so bezeichneten Varietäten ausgeblendet.8 Aktuelle Studien

                                                                                                                7

8

Die Sematik des Vornamens spiegelt sich in der Anlage der Figur Zekis im Film wider, die sich einerseits durch schlitzohrige Cleverness auszeichnet, und andererseits im entscheidenden Moment Glück hat. Eine kritische Diskussion des Konzepts „Ethnolekt“ findet sich auch in Freywald et al. 2013.

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

zeigen zudem, dass die mit diesen Begriffen erfassten Sprachformen längst nicht mehr nur von Jugendlichen mit Migrationshintergund verwendet werden (vgl. Auer 2013). Vor diesem Hintergrund schlagen wir vor, den Begriff „contemporary urban vernaculars“ (vgl. Rampton 2011) zu verwenden. Da die Begriffe „Stadtsprache“ und „städtische Umgangssprache“ in der germanistischen Linguistik bereits etabliert sind, bietet es sich an, ins Deutsche übertragen von „sprachkontaktinduzierten jugendkulturellen Stilen“ zu sprechen. Im Folgenden werden wir mit diesem Begriff arbeiten. Im Film FjG werden Merkmale sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Stile (im Folgenden MsjS) zur Charakterisierung nicht nur einzelner Filmfiguren, sondern auch spezifischer jugendkultureller Gruppen eingesetzt. Dabei geht es im Film nicht um die Thematisierung von Migration. Vielmehr wird Migration als selbstverständlicher Aspekt der deutschen Alltagskultur vorausgesetzt. Insofern sind im Film FjG Migrant oder Nicht-Migrant keine relevanten sozialen Kategorien. Die einzige Filmszene, in der das Thema Migrationshintergrund angesprochen wird, ist diejenige, in der sich Zeki Müller als neuer Aushilfslehrer in der Klasse 10b der GoetheGesamtschule vorstellt:9 Beispiel 1: Kanak mich nicht an KLA = Klasse 10b ZEK = Zeki Müller (Vertretungslehrer, Hauptrolle) BUR = Burak ((Klasse quatscht, Müller betritt den Raum, macht die Tür kräftig zu und legt die Tasche auf den Tisch)) {29:10}

01

ZEK:

bin die vertretung für frau SCHNAbelstedt;

02

mein name is MÜLler-=

03

=un ich bin hier nur voRÜbergehend.

04

BUR:

wieso heißn sie eigentlisch MÜLla:: ja?

05

=sie sehn gar nich AUS wie ein mülla;

06

sie sind ein BRUder=mann.

07

ZEK:

kaNAK mich nich AN hier,=

08

=du kriegst gleich ne SEchs-

09

wo is das KLASsenbuch;

10

((Klasse lacht))

  Burak, einer der Schüler, fordert eine Positionierung des Lehrers Zeki Müller als jemand mit Migrationshintergrund ein, indem er auf den Kontrast zwischen dessen fremdländischem Aussehen und dem Nachnamen „Müller“ hinweist und ihn als „Bruder“ bezeichnet. Zeki Müller weist diese Fremdkategorisierung als Migrant zurück, indem er mit einer Ausländer stark abwertenden Redewendung erwidert: „kaNak mich nich AN hier“, die so viel bedeutet wie: „Pöbel mich nicht an!“.

                                                                                                                9

Transkribiert nach den Konventionen von GAT 2, Minimaltranskript (Selting et al. 2009).

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Damit zeichnet der Drehbuchautor und Regisseur Bora Dagtekin, selbst türkisch-deutscher Herkunft, mit FjG ein anderes Bild der deutschen Gegenwartsgesellschaft als die oben genannten Filme. Dieses Bild der Gesellschaft soll im Folgenden für eine Unterrichtseinheit im DaFUnterricht aufbereitet werden. Dabei werden sprachreflexive, d.h. soziolinguistische Aspekte im Vordergrund stehen. Unser Beitrag gliedert sich wie folgt: Im folgenden Kapitel werden wir den Forschungsstand zu sprachkontaktinduzierten jugendkulturellen Stilen kurz skizzieren und dabei auch referieren, wie Merkmale sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Stile durch einen Prozess der Mediatisierung aufgegriffen und transformiert werden. Danach werden wir einen Überblick über den Forschungsstand zum Thema „Film und soziolinguistischer Wandel“ geben (Kap. 4). In Kapitel 5 präsentieren wir auf der Basis von Transkripten ausgewählter Szenen des Films FjG Didaktisierungsvorschläge. Den Abschluss bildet ein Kapitel, das dazu einlädt, den im Film dargestellten sprachlichen und gesellschaftlichen Wandel zu reflektieren.

3. Forschungsüberblick: Deutschland

sprachkontaktinduzierte

jugendkulturelle

Stile

in

Im Folgenden referieren wir schlaglichtartig die Forschungsliteratur zu sprachkontaktinduzierten jugendkulturellen Stilen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Arbeiten für den deutschen Sprachraum. Neben einer Zusammenstellung der sprachlichen Charakteristika behandeln wir insbesondere die Entwicklung, die diese Sprachmerkmale in soziolinguistsicher Perspektive, d.h. in den Medien und in der Jugendkultur genommen haben. Durch die Publikation des Buches „Kanak Sprak“ von Feridun Zaimoglu im Jahre 1995 wurde die interessierte Öffentlichkeit darauf aufmerksam, dass sich in den urbanen Zentren der deutschsprachigen Länder neue Formen des Sprechens entwickelten, die vor allem bei jungen Männern mit Migrationshintergrund beobachtet werden konnten. Angeregt durch die semifiktiven Interviews bei Zaimoglu und durch die ein Jahr später von Hermann Tertilt publizierte ethnographische Fallstudie „Turkish Power Boys: Ethnographie einer Jugendbande“ begannen sich die Medien und die Sprachwissenschaften gleichermaßen für das Phänomen zu interessieren. Die linguistischen Untersuchungen nähern sich den neuen Sprachpraktiken aus unterschiedlichen forschungsmethodologischen Perspektiven – ethnographisch, konversationsanalytisch, variationslinguistisch –, so dass heute vergleichsweise viele Untersuchungen zu den Strukturen, Funktionen und Bewertungen dieses Sprachgebrauchs sowie zu den sprachlichen Repertoires der betreffenden Sprecher vorliegen (vgl. Auer 2003, Dirim/Auer 2004, Keim 1984, Kern/Selting 2006 und Wiese 2011). Dabei ist auffällig, dass sich weder Wissenschaftler noch Journalisten auf eine einheitliche Bezeichnung für die beobachteten neuen Formen des Sprechens einigen können: Türkendeutsch, Türkenslang, Kiezdeutsch, Migranten-Slang, Ghetto-Deutsch, Lan-Sprache sind nur einige der Bezeichnungen, die man in der Literatur findet, gerne in Anführungszeichen, denn nicht wenige dieser Labels sind diskriminierend oder abwertend gemeint (vgl. Androutsopoulos 2011). Darüber hinaus zeigt die internationale Forschung, dass ganz ähnliche Phänomene auch in anderen, vor allem nord- und westeuropäischen Ländern wie zum Beispiel Norwegen, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Großbritannien zu beobachten sind (vgl. Kotsinas 1998, Hinskens/Muysken 2007, Quist 2008, Freywald et al. 2013). Für den deutschsprachigen Kontext lassen sich auf der Grundlage der Forschungsliteratur (vgl. Androutsopoulos 2001, Keim/Knöbl 2007, Auer 2013, Wiese 2013) folgende Merkmale als charakteristisch für diesen neuen sprachkontaktinduzierten Sprechstil zusammenfassen, ohne dass diese Merkmale jedoch in allen „communities of practice“ konsequent verwendet werden müssen:

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Tabelle 1: Merkmale kontaktinduzierter jugendsprachlicher Stile

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Koronalisierung von /ç/ zu /ʃ/: „ich“ > „isch“ Anlautcluster des Typs /ts/ werden zu /s/ reduziert: „zwei“ > „swei“ Nichtvokalisierung von auslautendem /r/ Fehlen von Glottalverschlüssen im Wort- und Silbenanlaut Kürzung langer Vokale Silbenzählender Rhythmus, Nicht-Reduktion von Nebensilben Fehlende Kasusmarkierung: „auf ihrer Hose“ > „auf ihre Hose“ Verberststellung: „Ich gehe zur Schule“ > „Geh isch Schule“ Verstöße gegen die Subjekt-Verb Kongruenz: „Wir werden nicht wie die Deutschen rausgeschmissen“ > „Wir werden nicht wie die Deutsche rausgeschmissen“ 10. Nicht-Realisierung von Pronomina: „Wann hast du sie fotografiert?“ > „Wann has du fotografiert?“ 11. Nicht-Realisierung von Präpositionen und Artikeln in Lokal- und Richtungsangaben: „Isch geh Solarium“ 12. Ad-hoc Verwendung der Genera: „mein Fuß“ > „meine Fuß“ 13. Diskursmarker wie etwa „(h)ey Alter!“, „lan“, „isch schwör“ 14. Desemantisierung evaluativer Adjektive: „krass“ 15. Generalisierung der Verben „gehen“ und „machen“: „ich schlag dich krankenhausreif“ > „isch mach disch krankenhaus“ 16. Aufforderungspartikel: „Musstu“, „Lassma“ 17. Politisch inkorrekte bzw. obszöne Schimpfworte („Spast“, „Fotze“ etc.)

Einige Studien weisen darauf hin (vgl. Keim 2007), dass es keineswegs nur männliche Jugendliche bzw. junge Männer sind, die sich dieser Sprechweisen bedienen und dass sich der Migrationshintergrund der Sprecher nicht auf zum Beispiel türkisch festlegen lässt, auch wenn im deutschsprachigen Kontext vor allen Dingen der Sprachgebrauch türkeistämmiger Jugendlicher untersucht wird. Auch die Medien spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zum einen berichten die Medien über diesen neuen Sprechstil, zum Teil in direktem Zusammenhang mit sozialen Brennpunkten in urbanen Zentren, wie etwa 2006 bei der Berichterstattung über die Zustände an der Rütli-Schule in Berlin, z.B. im Artikel „Die verlorene Welt“ von Stefan Berg et al., erschienen in Der Spiegel (14/2006). In diesen Berichten werden oftmals einzelne sprachliche Merkmale wie etwa die Koronalisierung des palatalen Frikativs /ç/ oder die Verwendung von Diskursmarkern zur Illustration der Bildungsferne der beschriebenen Jugendlichen herangezogen. Zum anderen beginnen Hip-Hop-Musiker sich ebenso eklektisch einiger dieser Merkmale in ihren Songtexten zu bedienen. Gleichzeitig avancieren diese Merkmale auch zu neuen sprachlichen Stereotypen für Comedy-Künstler, wie zum Beispiel für das Duo Stefan und Erkan (vgl. Androutsopoulos 2007 oder Kotthoff 2004). Die kontaktinduzierten jugendkulturellen Stile erfahren damit einen Prozess der Mediatisierung, der zu ihrer Verbreitung und ihrer Indexikalisierung führt: Sprachliche Merkmale werden dadurch unmittelbar mit sozialen Kategorien in Verbindung gebracht (vgl. Silverstein 2003, Agha 2007). Diese Prozesse hat Androutsopoulos (2007: 128) folgendermaßen beschrieben:

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Grafik 2: Mediatisierung und Indexikalisierung kontaktinduzierter jugendsprachlicher Stile nach Androutsopoulos (leicht modifiziert) Stilisierung durch Comedy, Film, Rap-Musik Performance und Fiktion

Kontaktinduzierte jugendsprachliche Stile in den Medien Metasprachliche Diskurse

Selbststilisierung: Rap-Musik, PopMusik

Implizit: Berichte über Politik und Kultur (TV, Radio, Zeitungen etc.) Explizit: Berichte über KjS (TV, Radio, Zeitungen, etc.)

Auer (2003, 2013) differenziert diesen Prozess auf der linguistischen Ebene weiter aus und setzt verschiedene Formen des Gebrauchs sogenannter ethnolektaler Varietäten an: Er unterscheidet verschiedene Formen des Ethnolekts: einen primären Ethnolekt, der vor allem von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund in deutschsprachigen Großstädten gesprochen wird. Dieser primäre Ethnolekt wird durch die Medien zu einem sekundären Ethnolekt indexikalisiert und auf eine überschaubare Anzahl von sprachlichen Merkmalen (= sekundäre ethnische Merkmale) reduziert, mit denen Jugendliche mit Migrationshintergrund stilisiert werden. Wird der sekundäre Ethnolekt von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund aufgegriffen und für bestimmte konversationelle Aktivitäten als Sprechen mit „fremder Stimme“ (Bachtin 1990: 115ff) verwendet (= crossing), z.B. um jemanden zu zitieren oder zu karikieren, wird er von Auer als tertiärer Ethnolekt bezeichnet. Wenn Merkmale des primären Ethnolekts schließlich sowohl von Jugendlichen mit als auch ohne Migrationshintergrund verwendet werden und sich zu habituellen Bestandteilen ihrer sprachlichen Alltagspraxis entwickeln, wird dies von Auer als eine De-Ethnisierung des primären Ethnolekts gedeutet, vgl. die folgende Grafik:

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Grafik 3: Modell zur Entwicklung ethnischer Merkmale nach Auer (2013: 12)

Wie wir bereits weiter oben ausgeführt haben, halten wir die Verwendung des Begriffs Ethnolekt bzw. ethnolektale Merkmale für problematisch. Unabhängig von dieser Kritik ist das Modell von Auer aber insofern instruktiv, als es die Genese und den Entwicklungsprozess der von uns als sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile bezeichneten Sprachformen sehr gut veranschaulicht und die Rolle der Medien in diesem Prozess berücksichtigt. Im folgenden Kapitel soll nun näher darauf eingegangen werden, welche Rolle dem Medium Film für Sprachwandel zugeschrieben wird.

4. Film und soziolinguistischer Wandel Im Folgenden soll es vor allem darum gehen zu analysieren, in welcher Weise das Medium Film zur Mediatisierung von Sprache, d.h. zur Mediatisierung von Varietäten, Stilen und einzelnen Sprachmerkmalen beiträgt. Weiter oben haben wir den Begriff der Mediatisierung eingeführt und betont, dass es sich dabei um einen Prozess handelt, der sich zum einen auf das kommunikative Handeln in den Medien bezieht, zum anderen auf das kommunikative Handeln mittels Medien. Insofern bezieht sich der Begriff der Mediatisierung auch auf die Bedingungen unseres Umgangs mit Sprache und unsere Wahrnehmung von Sprache und wie sie sozial und situativ in den Medien eingebettet wird. Aus soziolinguistischer Perspektive stellen sich mit Blick auf das kommunikative Handeln in den Medien, wie z. B. im Film, drei Fragen (vgl. Coupland 2014: 78): 1. Inwieweit ändern sich die medialen Möglichkeiten, Formate und Genres und damit auch die Bedingungen der Repräsentation und Rezeption von kommunikativem Handeln? 2. Inwieweit ändert sich die soziolinguistische Indexikalisierungspraxis, d.h. die Verknüpfung von bestimmten sprachlichen Praktiken mit bestimmten gesellschaftlichen Gruppen oder Milieus und ihre Einbettung in spezifische kommunikative Kontexte? 3. Inwieweit ändern sich mit der soziolinguistischen Indexikalisierungspraxis auch die Diskurse über Sprache und kommunikatives Handeln? Die in diesen Fragen angesprochenen Veränderungen lassen sich mit Androutsopoulos (2014: 6f) unter den Begriff des „soziolinguistischen Wandels“ subsumieren, vorausgesetzt man teilt die Annahme, dass Sprachwandel in gesellschaftlichen Wandel eingebettet ist:

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Sociolinguistic change research carries the specific presupposition that whatever we identify as language change happens in the context of social change, and that these dimensions need to be handled integratively. Sociolinguistic change research aspires to understand change that is both linguistic and social, as part of a socially constituted linguistics. (Coupland 2014: 70)

Wie Androutsopoulos (2014) im Einleitungskapitel des von ihm herausgegebenen Bandes „Mediatization and sociolinguistic change“ pointiert darlegt, ist die Soziolinguistik bis vor relativ kurzer Zeit mehrheitlich einem Diktum gefolgt, das vor allem von der englischsprachigen Forschung ausging und besagt, dass Medien kaum Einfluss auf Sprachveränderungsprozesse nehmen (vgl. Chambers 1998, Labov 2001), da sie den sprachlichen Standard bzw. standardnahe Varietäten präsentierten, verbreiteten und so stabilisierten. Diese Position wird, so Androutsopoulos (2014: 3ff) in jüngster Zeit zunehmend kritisiert, und zwar aus zwei Gründen: Erstens wird argumentiert, dass sich die Medien weiter entwickelt haben und zunehmend interaktive Beteiligungsmöglichkeiten integrierten, so dass heute nicht mehr von passiven Medienkonsumenten ausgegangen werden kann. Zweitens wird darauf hingewiesen, dass die Gegenüberstellung von „communities of practice“ auf der einen Seite und Sprache in den Medien auf der anderen Seite, d.h. authentischer Sprachgebrauch hier und nicht-authentischer Sprachgebrauch da, nicht gerechtfertigt ist, da die Grenzen zunehmend verschwimmen, erkennbar zum Beispiel daran, dass Sprache in den Medien immer konversationeller und umganssprachlicher wird.10 Für die Analyse von Sprache im Film stellen sich daher folgende Fragen: 1. Bildet Sprache im Film auch aktuelle Sprachentwicklungen, d.h. Sprachvariation ab? 2. Kann das Medium Film Sprachentwicklungen beeinflussen, d.h. initiieren, intensivieren und popularisieren? 3. Wie transportiert das Medium Film Diskurse über Sprache? Film ist fiktiv, ein Kunstwerk, das auf einem Drehbuch basiert. In einem Drehbuch konzipiert ein Autor unter anderem Dialoge, die gesprochene Sprache repräsentieren. Sowohl Nähe als auch Ferne zu nicht-fiktiven Formen des Sprechens kann dabei ein vom Autor gewählter Kunstgriff sein. Anders als zum Beispiel zahlreiche mediale Genres im Internet ist Film nicht interaktiv, d.h. dass die ZuschauerInnen in das Leinwandgeschehen nicht kommunikativ eingreifen können. Interessant sind neuere Entwicklungen, wenn ZuschauerInnen Filme oder Filmclips auf YouTube hochladen und kommentieren, bzw. zum Kommentieren einladen, oder wenn sie Filmclips mit einer eigenen Tonspur unterlegen. Filmkritik ist somit keine ausschließlich journalistische Domäne mehr. Film selbst ist aber nach wie vor ein klassisches one-way Medium, bei dem ZuschauerInnen ein Kunstwerk konsumieren, auf dessen Gestaltung sie nur begrenzt Einfluss nehmen können. Sie tun dies allerdings indirekt, indem sie ins Kino gehen oder Filme als DVD oder BlueRay kaufen, denn die Marktforschung beobachtet im Detail, was das Filmpublikum erwartet. Der Film FjG ist in unseren Augen ein Beispiel dafür, dass das Medium nicht nur gesprochene Varietäten abbildet, die dem Standard nahe stehen, sondern auch standardferne Varietäten und Sprachgebrauchsformen. Interessanterweise wurde der Film FjG von der Filmkritik gerade dafür explizit gelobt. So schrieb Moritz von Uslar am 5. Dezember 2013 in „Die Zeit“: Es sind, natürlich, die Wucht, die Härte, der Bums, die absolute Zeitgemäßheit und Gegenwärtigkeit der Sprache. … Es ist ein grobes, derbes, plastisches, wunderbar falsches Deutsch, das aber auf Anhieb einleuchtet und richtig klingt: Kiezdeutsch, cooles Deutsch, Locker-Deutsch, Asi-Deutsch, MultikultiDeutsch, Balkan-Deutsch, kreolisches Deutsch.

                                                                                                                10

Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Untersuchung von Ziegler (2012) zur Verwendung von Kurzformen des indefiniten Artikels in der Zeitungssprache, die zeigt, dass die Verwendung der Kurzform in der Zeitungssprache in spezifischen Kontexten relativ zeitnah zu ihrer Verwendung in der Alltagssprache aufkommt und damit den Sprachwandel in der Mündlichkeit spiegelt.

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Die soziolinguistische Medienforschung hat in den vergangenen zwanzig Jahren wiederholt auf einen Prozess hingeweisen, den sie mit Begriffen wie „conversationalism“ (Fairclough 1994; 1995) oder „vernacularization“ (Coupland 2014) beschreibt: Analysen von Sprache im Fernsehen, Film und Radio zeigen, dass die Sprache dieser Medien stilistisch vielfältiger geworden ist, sich zunehmend weniger an Standardformen orientiert als vielmehr an den kommunikativen Praxen der Alltagskommunikation und der gesprochenen Sprache. Diese Entwicklung lässt sich in allen Filmen beobachten, in denen Bora Dagtekin, der Regisseur von FjG, das Drehbuch geschrieben hat, also in FjG und in den TV-Serien Türkisch für Anfänger und Doctor’s Diary. In einer soziolinguistischen Perspektive auf Sprache im Film geht es deshalb nicht in erster Linie um die Frage, ob die im Film verwendete Sprache nicht-fiktive Formen des Sprechens (adäquat) abbildet. Vielmehr geht es um die Frage, wie Sprache als ein Mittel neben anderen eingesetzt wird, um Charaktere auszugestalten. Dies geschieht üblicherweise durch Stilisierungen. Bei Stilisierungen im Medium Film greift ein Drehbuchautor einige signifikante Merkmale einer Varietät auf. Dabei steht jedoch nicht das Bemühen im Vordergrund, eine Varietät so abzubilden, wie sie in ihrer gesamten Komplexität in nicht-fiktiven Formen des Sprechens verwendet wird, sondern das Bestreben, dass diese Formen des Sprechens für die Rezipienten identifizierbar sind (Bell/Gibson 2011: 569). Warum ist diese Art von stilisierter Sprache, die auch als inszenierte Sprache, d.h. „performed language“ bezeichnet wird (Bell/Gibson 2011; Jaffe 2009; Kerswill 2014), überhaupt ein relevanter Untersuchungsgegenstand für die Soziolingistik? Diese Frage kann wie folgt beantwortet werden: Erstens zeigen mediale Stilisierungen einen bestimmten Stand von soziolinguistischer Indexikalisierung: Die gewählten Sprachmerkmale werden in ihrer Zuordnung zu sozialen Kategorien wiedererkannt, identifiziert. Sie transportieren damit auch Diskurse über spezifische Formen des Sprechens. Zweitens kann davon ausgegangen werden, dass erfolgreiche Medienprodukte (also auch Filme) Stilisierungen von nicht-fiktiven Formen des Sprechens einem Massenpublikum vertraut machen und so dazu beitragen, dass diese Merkmale übernommen, d.h. in das eigene Repertoire integriert und verwendet werden können. Daraus folgt, dass Medienkonsumenten auf diese Weise neues Varietätenwissen und mit diesem neuen Varietätenwissen auch neue Spracheinstellungen erwerben können, die wiederum metasprachliche Diskurse mitprägen. Zur soziolinguistischen Analyse von Sprache im Film schlagen wir ein dreistufiges Vorgehen vor, das an Androutsopoulos (2012) und Queen (2013) angelehnt ist und das wir der in Kapitel 5 folgenden Didaktisierung des Films FjG zugrunde legen: ˗ Repertoireanalyse, ˗ Charakteranalyse, ˗ Szenenanalyse. Eine Analyse des Repertoires untersucht die sprachlichen Mittel und Merkmale, die im Film eingesetzt werden. Man kann sinnvollerweise die Repertoire- und Charakteranalyse in einen Schritt zusammen fassen, indem untersucht wird, welche sprachlichen Mittel und Varietäten einer Filmfigur zur Verfügung stehen, wie sie sozial einzuordnen ist (Alter, Geschlecht, Beruf, Nationalität etc.), welche Bedeutung sie im Film hat (Hauptrolle, Nebenrolle etc.) und wie sie bewertet wird, z.B. positiv, negativ, neutral etc. (Bleichenbacher 2008). Darauf aufbauend folgt eine Analyse einzelner, für die soziolinguistische Fragestellung repräsentativer Szenen.

5. Didaktisierungsvorschlag zum Film FjG Die Behandlung des Themas sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile bietet sich unseres Erachtens für fortgeschrittene LernerInnen des Deutschen als Fremdsprache (B2 bis C1; Europäischer Referenzrahmen) für den universitären Unterricht an. Für die Realisierung des

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Unterrichtsvorschlags sollten fünf bis sechs Stunden veranschlagt werden. Wir schlagen die unten skizzierte Vorgehensweise vor, um folgende Lernziele zu erreichen: 1. Gegenstandsbereich Sprachvariation: Identifikation sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Merkmale; 2. Gegenstandsbereich soziolinguistische Differenzierungen und soziale Ordnungen: Zuordnung von Sprachmerkmalen zu bestimmten Filmfiguren anhand der folgenden Fragestellungen: Welche Filmfigur verwendet welchen Sprachgebrauch? Welche sozialen und sprachlichen Kontraste werden in den verwendeten Sprachstilen / Varietäten der Filmfiguren deutlich? 3. Gegenstandsbereich Sprachwandel: Reflexion über aktuelle Sprachwandelprozesse und die damit verbundenen metasprachlichen Diskurse. 5.1 Einstieg: sprachliche Merkmale sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Stile

Der Einstieg erfolgt anhand eines Beispiels, das ein authentisches Gespräch zwischen Jugendlichen wiedergibt und zeigen soll, dass die MsjS auch in spontanen Interaktionen unter Jugendlichen verwendet werden. Das Gespräch findet zwischen fünf Berliner Jugendlichen statt, die in einem Tanzstudio Schritte einüben. Der folgende Auszug kann als Arbeitsblatt präsentiert werden. Es empfiehlt sich, das kurze Transkript mit verteilten Rollen laut vorlesen zu lassen, um den Duktus der gesprochenen Sprache zu unterstreichen. Beispiel 2: Tanzstudio (Aus: Wiese 2012: 11-12): Elif:

Isch kann misch gut bewegen, wa? Ischwöre. Egal, was für ein Hiphopmusik isch höre, ey, mein Körper drinne tanzt voll, Lan. […]

Aymur:

Was steht da auf ihre Hose? [=im Tanzvideo, das im Hintergrund läuft]

Sarah:

Bestimmt ihr Name oder so.

Aymur:

“Melinda” oder so.

Deniz:

Melissa. Mann, die is ein Püppchen, Lan.

Juri:

Ihre Schwester is voll ekelhaft, Alter. Ischwöre.

Sarah:

Ey, weißte, Mann. Lara is ihre Schwester, wa. Die ähneln sisch bisschen.

Elif:

Wer?

Juri:

Sie und Lara.

Elif:

Wer is Lara?

Juri:

Die mit den Knutschfleck immer hier. Du kennst!

Elif:

Mann, die hat tausend! Jeden Tag nen neuen Freund, Mann.

Aymur:

Ja, und die hat immer hier Knutschfleck.

Arbeitsauftrag 1: Welche der in Tabelle 1 aufgelisteten Merkmale finden sich im Transkript?

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Arbeitsauftrag 2: Gibt es auch sprachliche Merkmale, die eher allgemeine Phänomene gesprochener Sprache sind und nicht notwendigerweise zu den kontaktinduzierten jugendspachlichen Stilen gehören? Eine Ergebnissicherung könnte zum Beispiel in Form von Tabellen wie Tabelle 2 und 3 erfolgen. Die LernerInnen werden auf diese Weise darauf hingewiesen, dass jugendkulturelle Stile Merkmale unterschiedlicher Varietäten aufweisen. Tabelle 2: Merkmale sprachkontaktinduzierter jugendsprachlicher Stile Koronalisierung Diskursmarker

„Isch“; „misch“; „sisch“ („ich“, „mich“, „sich“) „Lan“ (Anrede für „Mann“ in der Funktion eines Diskursmarkers); „Ischwöre“ („ich schwöre“) „Die ähneln sisch bisschen“; „die hat immer hier Knutschfleck“

Nicht-Realisierung des Artikels Fehlende bzw. falsche Kasusmarkierung Nicht-Realisierung von Pronomina

„was für ein Hiphopmusik isch höre“; „Was steht da auf ihre Hose“; „Die mit den Knutschfleck immer hier“ „Du kennst!“ („Du kennst sie!“)

Tabelle 3: Merkmale gesprochener Sprache Vergewisserungssignal Diskursmarker Wortstellung Reduzierte Formen

„wa?“; „ey“; „ey, weißte“; „Mann“ „mein Körper drinne tanzt voll“; „Die mit den Knutschfleck immer hier“; „die hat immer hier Knutschfleck“ „is“; „nen neuen Freund“

5.2 Vertiefung: Sammeln und Zuordnen von Merkmalen kontaktinduzierter jugendsprachlicher Stile im Film FjG

Im Folgenden werden zwei Auszüge aus dem Transkript des Films FjG präsentiert: ein kurzes (Beispiel 3) und ein längeres (Beispiel 4). Es geht bei diesem Arbeitsschritt um die Frage, welche Filmfiguren mit MsjS sprechen, und wie sie sich sozial zuordnen lassen. In den Transkriptauszügen zeigt sich, dass nur eine bestimmte Gruppe von SchülerInnenn mit diesen Merkmalen spricht und dass diese Gruppe gleichzeitig aus SchülerInnen mit und ohne Migrationshintergrund besteht (Chantal, Burak, Zeynep, die Hauptschüler). Die Kontrastgruppe sind die sogenannten „Nerds“, also naturwissenschaftlich interessierte Jungen, deren Sprachgebrauch insgesamt relativ standardorientiert ist und sich lediglich durch einige lexikalische Besonderheiten auszeichnet, wie z.B. intertextuelle Anspielungen auf sprachliche Versatzstücke aus verschiedenen Science Fiction Filmen. Zweitens ist auffällig, dass die Gruppe der Jugendlichen, die Merkmale kontaktinduzierter jugendkultureller Stile verwenden, insgesamt nur sehr wenige dieser Merkmale verwenden. Es gehört zu den Charakteristika des Mediums Film, mit wenigen distinktiven Merkmalen Kontraste zu setzen. Beispiel 3: Amokalarm BUR = Burak, Schüler

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

ZEY = Zeynep, Schülerin 01

ZEY:

E::y?

02

BUR:

w_wa:s;

03

ZEY:

gib mir meine zwei euro JETZ wieder?=

04

=MANN? isch muss guthaben kaufE:n,

05

BUR:

o:h mädschen verpiss disch,

06

ZEY:

ja FICK deine mutter,=

07

=mann,=

08

=gib ma jetzt-

09

BUR:

ja was FICK deine mutter;=

10

=BISte behindert-=

11

=fick DEIne mutter,

12

ZEY:

wie soll DAS denn gehen?

 

Beispiel 4: Chantal hochbegabt CHA = Chantal, Schülerin ZEK = Zeki Müller, Vertretungslehrer ZEY = Zeynep, Schülerin NER = Nerds, Schüler HAU = Hauptschülerinnen   01

ZEK:

02

hey-= =gib ma eine- ((schnorrt Chantal um eine Zigarette an, steckt sich die Packung danach selbst in die Tasche))

03

CHA:



04

ZEK:

rauchen IS_scheiße;

05

CHA:

ohne SINN ja?

06

ZEK:

(5.0) ((pustet Rauch aus)) in diesem test den ihr neulich gemacht habt ne?

07

CHA:

hä?

08

ZEK:

((raucht)) (2.0) du warst die beste;

09

kann sogar sein dass du ne klasse überspringen wirst

10

CHA:

(3.0) aber isch hab doch voll die schleschten

9

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

NOten herr mülla:; 11

ZEK:

(2.0) ja:: weil du unterFORdert bist-

12

ist oft so bei hochbegabten-=

13

=ab jetzt wirst du speziell gefördert-

14

kann sein dass du schon mit (2.5) SIEBzehn dein abi haben wirst,

15

ZEY:

[a:h]

16

CHA:

[wu:::h_a:h]

17 18

oh mein gott ZEK:

allerdings musst du aufhören dich von den andern so RUNterziehen zu lassen((Chantal nickt mehrfach))

19

und n_bisschen mehr einsatz zeigen-

20

ZEY:

hey meint der MISCH oda was?

21

CHA:

ne::in,

22

herr mülla (.) wirklisch sie verarschen misch nisch oda?

23 24

guck_ma isch zitter schon vo:ll, ZEK:

25

schantal ich bin SELber aufgeregtso jemand wie du das passiert ei_m nur alle zehn JAhre; ((Geräusche im Hintergrund)

26

CHA:

27

oh mein GOTT, muss ich DOCH nisch kassiererin werden, ((Rangelei bei den Mülltonnen))

28

ZEK:

wer SIND n die da unten

29

ZEY:

die beHINderten werden von der hauptschule abgezogen ((Erpressung/Drohung der Hauptschüler im Hintergrund))

30

ZEK:

die sehen nich behinderter aus als ihr

31

CHA:

wohl

32

ZEY:

ja mann=wie nerds (1.0)

33

jugend forscht un=so ((Rangelei; Chantal, Zeynep und Zeki gucken zu))

34

ZEY:

ja HELFT den=n mal

35

CHA:

waru:m?

36

ZEK:

weil du SELber bald n nerd sein wirst

37

weil DAS die EINzigen männer sind die dich

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

noch gut finden 38

wenn du erstma CHEmie studierst-

39

leberwurstflecken auf_m kittel und fettige haare hast

40

CHA:

isch_schwöre herr müller sie machen misch so fertisch, (3.0) ((überlegt))

41 42

ok=lass sie boxen ZEY:

oah=schantal eigentlisch GAR kein BOCK auf schlägerei=ne, ((Chantal und Zeynep greifen ein))

43

CHA:

lass sie in ruhe

44

HAU:

glaubst du bist besser weil du GYmi gehst?

45

CHA:

die gehen auf meine schule also lass sie in ruhe=[sonst]

46

HAU:

[] ((Geschrei und Rangelei zwischen Hauptschülerin und Chantal))

47

ZEK:

ey (1.0) die hat n MEsser ((Rangelei stoppt))

48

HAU:

((Chantal und Zeynep überwältigen Hauptschülerin))

49

HAU:

50

lass mich LOS alter verpiss disch ma:nn (1.0) schlampe alter (1.0) ((Chantal und Zeynep halten Hauptschülerin fest))

51

CHA:

wenn du den noch einmal zu nahe kommst dann schneid isch deine hässlischen exTENsions ab

52

du FOtze;

53

HAU:

ey nein mann bitte nich ey die waren voll TEUer

54

CHA:

ja dann verpiss disch jetzt

55

und ihr auch ((Chantal tritt nach anderen Hauptschülerinnen))

56

los=weg hier ma:nn ((Hauptschülerinnen schreien noch kurz und gehen))

57

ZEK:

geht doch

58

ZEY:

((Zeynep und Chantal klatschen sich ab))

59

CHA:

60

ZEK:

61

[check] [check]

ey (..) Nerds (2.2) bedankt euch

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

((Musik aus „Star Wars“ wird eingespielt)) 62

NER:

die föderation garantiert euch (--) ewige dankbarkeit

63

CHA:

jaja schon ok isch bin auch intelligent=

64

=DESwegen

65

du bist doch immer bei Jugendforscht oda?

66

NER:

(--) ä:::h?

67

CHA:

ja:=dings weil vielleischt kann isch mir das ja ma angucken,

68

weil hier isch isch bin ähm im unterricht kann nämlisch sein dass isch n bisschen untafordert bin un_so;

69

ZEK:

((lacht)) ((Musik aus „Star Wars“ wird eingespielt; Nerds beraten sich))

70

CHA:

was reden die jetzt;

71

ZEY:

weiß isch doch nich

72

CHA:

isch will nisch so hässlisch werden wie die;

73

NER:

ok (.) aber du musst antistatische kleidung tragen

74

CHA:

(1.0)

75

(3.0)

Wir schlagen vor, die Transkripte zu lesen – entweder wieder laut mit verteilten Rollen oder individuell. Idealerweise sollten die entsprechenden Filmauszüge anschließend noch einmal präsentiert werden. Folgende Arbeitsaufträge bieten sich für die Einzel- bzw. Gruppenarbeit an: Arbeitsauftrag 1: Welche Merkmale kontaktinduzierter jugendkultureller Stile finden sich in den Beispielen 3 und 4? Antizipiertes Ergebnis: Der Film konzentriert sich auf einige ausgewählte Merkmale kontaktinduzierter jugendkultureller Stile: Koronalisierung („isch“, „misch“), Nicht-Realisierung von Artikeln und Pronomen (Beispiel 4, Zeile 42: „oah=schantal eigentlisch GAR kein BOCK auf schlägerei=ne“) sowie von Präpositionen bei Richtungsangaben (Beispiel 4, Zeile 44: „glaubst du bist besser weil du GYmi gehst“); Nichtreduzierung von Endsilben (Beispiel 3, Zeile 4: „kaufE:n“), Diskursmaker (Beispiel 4, Zeile 40: „isch_schwöre“). Arbeitsauftrag 2: Welche Figuren benutzen diese Merkmale, welche Figuren benutzen diese Merkmale nicht? Antizipiertes Ergebnis: Burak, Chantal, Zeynep und die Hauptschüler benutzen diese Merkmale, die „Nerds“ und Zeki Müller nicht. Arbeitsauftrag 3:

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Wie viele Schülergruppen lassen sich durch ihre unterschiedliche Sprachverwendung identifizieren? Antizipiertes Ergebnis: Zwei Gruppen: die „Nerds“, die Gruppe um Chantal. Arbeitsauftrag 4: Welche sozialen Merkmale unterscheiden die beiden Gruppen? Antizipiertes Ergebnis: Die „Nerds“ sind ausnahmslos Jungen; sie sind lernerfolgsorientiert, tragen Brillen und ziehen sich nicht unbedingt modisch an. Die Gruppe der SchülerInnen um Chantal ist dagegen sehr modebewusst, besteht aus Jungen und Mädchen und schreckt nicht vor gewalttätigen Auseinandersetzungen zurück. Bemerkenswert ist, dass die Gruppe der latent gewaltbereiten Schulverweigerer die eigentlichen Helden des Films sind, und dass die Figur Chantal ausgerechnet in der vorgestellten Szene nicht nur die „Nerds“ verteidigt, sondern signalisiert, dass sie sich ab jetzt auch als leistungsorientiert sieht. Arbeitsauftrag 5: Wie hängen diese sozialen Ordnungen und die Sprachverwendung der jeweiligen Gruppen zusammen? Der Übergang zu Frage 5 markiert dabei den Schritt, bei dem die DaF-LernerInnen erfahren, dass Sprachgebrauch – hier im Film – soziale Zugehörigkeit und soziale Unterschiede anzeigen (= indexikalisieren) kann. Indem sie die Zuordnung von MsjS zu spezifischen sozialen Kategorien systematisch analysieren und dabei auch die Unterschiede in der Zuschreibungspraxis von sprachlichen Merkmalen zu sozialen Kategorien entdecken, erarbeiten sie sich das Konzept der soziolinguistischen Indexikalisierung. 5.3 Reflexion über aktuelle Sprachwandelprozesse und die damit verbundenen metasprachlichen Diskurse

Bei diesem letzten Arbeitsschritt geht es darum, dass die DaF-LernerInnen die konkrete soziolinguistische Indexikalisierungspraxis im Film FjG als eine Form der Repräsentation von Sprachvariation und damit auch Sprachwandel erkennen und mit Blick auf gesellschaftliche Implikationen reflektieren, entweder mit Bezug auf die deutsche Gegenwartsgesellschaft oder mit Bezug auf die Gesellschaft ihres eigenen Herkunftslandes. FjG zeichnet sich dadurch aus, dass die sprachlichen Merkmale, um die es hier geht, nicht in erster Linie mit sozialen Merkmalen wie Migration in Verbindung gebracht, sondern mit spezifischen, relativ bildungsfernen jugendkulturellen Milieus assoziiert werden. Diese Entwicklung wird in der aktuellen Forschung als „De-Ethnisierung“ bezeichnet (vgl. in diesem Zusammenhang das Modell von Auer 2013, zusammengefasst in Grafik 3 weiter oben). Mit dem Konzept der „De-Ethnisierung“ von Sprachmerkmalen wird eine Form von Sprachvariation erfasst, die sich darauf bezieht, dass spezifische Sprachmerkmale, die anfänglich von einer bestimmten jugendkulturellen Sprechergruppe verwendet wurden, d.h. von solchen Jugendlichen mit Migrationshintergrund, nun von Jugendlichen allgemein verwendet werden und so nicht mehr ausschließlich ethnische, sondern auch soziale Marker sind. Inwiefern die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung dieser Merkmale bereits eine überwiegend soziale ist, d.h. wie im Film FjG auf ein bestimmtes bildungsfernes Milieu verweist, könnte von den DaF-LernerInnen diskutiert werden, gerade auch vor dem Hintergrund ihrer eigenen Spracherfahrungen mit MsjS oder mit Blick auf Spracheinstellungen älterer SprecherInnen. Zu diskutieren wäre in diesem Zusammenhang auch, wie dieser Sprachwandel, d.h. Ausbreitungs- und Übernahmeprozess

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

abläuft und ob Jugendliche MsjS ins Erwachsenenalter mitnehmen oder nicht (vgl. Rampton 2011, Wiese 2011, Auer 2013). Zur Erläuterung und Veranschaulichung dieses Prozesses schlagen wir folgendes Modell vor (vgl. Grafik 4), das den Stand der Forschung ebenso berücksichtigt wie das Gesellschaftsbild, das der Film FjG von Deutschland zeichnet. Das Modell integriert sprachliche, interaktionale und mediale Aspekte und differenziert – analog zum Film FjG – nicht zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Neben der Rolle der Medien wird die Bedeutung von Alltagsinteraktionen hervorgehoben, um den Erwerb und den Gebrauch von MsjS zu erfassen. In diesem Zusammenhang wird des Weiteren unterschieden, inwieweit MsjS eine Ressource darstellen, die (a) habituell in Alltagsinteraktionen unter Jugendlichen oder (b) markiert, d.h. im Kontext spezifischer konversationeller Aktivitäten, wie etwa Zitieren und Karikieren, verwendet werden können. Grafik 4: Erwerbswege und Verwendungsformen von Merkmalen sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Stile

Merkmale sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Stile (MsjS)

Interaktionen

• habitueller Gebrauch von MsjS • aktivitätsbezogener Gebrauch von MsjS

Medien

• Mediatisierung • Indexikalisierung

Jugendliche und junge Erwachsene

Anhand der folgenden YouTube Kommentare11 zum Sprachgebrauch im Film FjG (abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=39EIGgcLBsI) können die DaF-LernerInnen die aktuelle Wahrnehmung und Bewertung dieses Sprachstils untersuchen: Arbeitsauftrag 1 Welche Spracheinstellungen zur Sprache im Film FjG werden geäußert? Inwiefern sind diese Einstellungsäußerungen altersgebunden? Textbox 1: YouTube Kommentare zur Sprache im Film FjG

                                                                                                                11

Die folgenden YouTube Kommentare werden unverändert wiedergegeben. Die Namen bzw. Pseudonyme wurden anonymisiert.

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

K.L. Ich habe mir den Film heute angesehen und muss sagen, dass es eine totale Enttäuschung war. Jeder erzählt von dem lustigen Film „FACK JU GÖHTE“,aber was sieht man, kopierte Gags und simple Klischeebedienung, das ist tiefstes RTL-Niveau! Schade! B.D. Deine Aussage das ist RTL-Niveau. K.L. +B.D. Warum? B.D. „Aber was sieht man, kopierte Gags und simple Klischeebedienung, das ist tiefstes RTL-Niveau!“ Darum! N.T. + K.L. was denn für’n klischee? die leute sprechen so in diesen bezirken und bevölkerungsschichten... das ist keine klischeebedienung das ist reale Wiedergabe bzw. Projektion der Sprache dieser Jugendlichen... B.D. Ich lese mir diese nachricht nicht durch weil du in HochDeutsch geschrieben hast :D Und das eh keiner kapiert was du uns sagen willst jetzt verstehe ich auch wieso du den Film sch#### fandest!Wegen den Gags und der Jugendsprache kann ich verstehen dann kuck dir lieber alte Filme an wo die Leute genauso reden wie DU!

Antizipiertes Ergebnis: Kommentarschreiber K.L. bewertet die Sprache in FjG negativ. Er ist kein Jugendlicher. Er schreibt seinen Kommentar schriftnormorientiert. Kommentarschreiber B.D. bewertet die Sprache in FjG positiv. Er ist Jugendlicher. Um seine positive Einstellung zur dargestellten Jugendsprache zu betonen, schreibt er standardfern und wertet die Schriftnormorientierung von Kommentarschreiber K.L. dementsprechend ab. Kommentarschreiber N.T. nimmt keine explizite Bewertung der Sprache im Film FjG vor, attestiert der dargestellten Sprache aber Realitätsnähe (im Gegensatz zu K.L.) und assoziiert sie mit bestimmten sozialen Herkunftsmilieus der Jugendlichen. Das Alter des Schreibers bleibt unklar. In diesem letzten Arbeitsschritt wird den LernerInnen auch vermittelt, dass die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung jugendkultureller Stile differieren kann. Wie die Kommentare nahelegen, ist die positive Bewertung oft altersabhängig. Entsprechend könnte abschließend diskutiert werden, ob eine Wahrnehmung vom MsjS, die diese überwiegend als Marker für bildungsferne Jugendliche interpretiert, die allgemeine Ausbreitung dieses Sprachstils behindert oder gegebenenfalls auch fördert.

6. Fazit Die Analyse sprachlicher Aspekte des Films FjG zeigt, dass migrationsbedingter Sprachkontakt ein Prozess ist, der in zwei Richtungen verläuft: Migranten adaptieren die Sprache(n) des sie aufnehmenden Landes, aber sie können ihrerseits auch die sprachlichen Praktiken und Stile dieses Landes mitgestalten. Wir haben im Verlauf dieses Artikels gezeigt, wie sprachliche Merkmale

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

indexikalisiert werden und zur Entwicklung neuer Sprachformen und -stile beitragen können. Die Rolle der Medien ist in diesem Prozess von besonderem Interesse. Die Merkmale sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Stile, das zeigt der Film in aller Deutlichkeit, sind inzwischen in der Mitte der deutschsprachigen Gesellschaft angekommen. Sie sind damit ein Beispiel soziolinguistischen Wandels (Androutsopoulos 2014, Coupland 2014). Soziolinguistischer Wandel kann durchaus kontrovers wahrgenommen werden, wie die YouTube Kommentare in Kapitel 5.3 zeigen. Eine interessante Parallele dazu wären auch die Debatten um Anglizismen in der deutschen Sprache (vgl. Moraldo 2008). Auf der diskursiven Ebene haben wir gezeigt, dass der Film FjG die Merkmale sprachkontaktinduzierter jugendkultureller Stile so einsetzt, dass ihre Herkunft aus dem Migrationskontext zwar gerade eben noch erkennbar ist, sie jedoch als der unmarkierte Sprechstil der Schülergruppe um Chantal, Burat, Zeynep und Danger, also der eigentlichen Helden des Films, präsentiert werden. Damit wird die Gesellschaft, die der Film porträtiert, als eine solche dargestellt, in der Migration ein normaler Bestandteil des Alltags und durchaus sichtbar ist, ohne dass jedoch das Thema Migration explizit zum Thema gemacht werden muss. Der Film trägt damit zu einem gesellschaftlichen Diskurs bei, der Migration in Deutschland als den Normalfall, die unmarkierte Form, beschreibt. Für den DaF-Unterricht bedeutet das, dass der Film FjG im Kontext der verschiedenen Diskurse und Gegendiskurse zum Thema Migration in Deutschland behandelt und analysiert werden sollte. Diese Diskurse und Gegendiskurse werden vor allem in den Medien präsentiert. Insofern würden wir für die didaktische Arbeit im DaF-Zusammenhang anregen, dass der Film FjG zum Ausgangspunkt einer größeren Lehreinheit zum Thema Mediendiskurse über Migration in Deutschland genommen wird. Wie dies für das Medium Film didaktisch umgesetzt werden kann, haben wir zu zeigen versucht und dabei auch Filmvorschläge gemacht. Ein Film, mit dem die Reihe fortgesetzt werden könnte, ist der Film „300 Worte Deutsch“ (2015) von Regisseur Züli Aladag. Auf der Grundlage unseres Didaktisierungsvorschlags könnten DaF-LehrerInnen nun auch eigene Ideen zur Didaktisierung entwickeln. Ab geht’s!12

7. Literaturverzeichnis Agha, Asif (2007), Language and Social Relations. Cambridge: Cambridge University Press. Androutsopoulos, Jannis (2001), From the Streets to the Screens and back again: On the Mediated Diffusion of Ethnolectal Patterns in Contemporary German. In: LAUD Linguistic Agency A 522, 1-24. Androutsopoulos, Jannis (2005), „... und jetzt gehe ich chillen“: Jugend- und Szenesprachen als Erneuerungsquellen des Standards. In: Ludwig Eichinger / Werner Kallmeyer (Hgg.): Standardvariation: Wie viel Variation verträgt die deutsche Standardsprache? Berlin: de Gruyter, 171-206. Androutsopoulos, Jannis (2007), Ethnolekte in der Mediengesellschaft. Stilisierung und Sprachideologie in Performance, Fiktion und Metasprachdiskurs. In: Christian Fandrych / Reinier Salverda (Hgg.): Standard, Variation und Sprachwandel in germanischen Sprachen / Standard, Variation and Language Change in Germanic Languages. Tübingen: Narr, 113-155. Androutsopoulos, Jannis (2011), Die Erfindung des Ethnolekts. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 41, 93-120. Androutsopoulos, Jannis (2012), Repertoires, characters and scenes: Sociolinguistic difference in Turkish – German comedy. Multilingua 31, 301-326. Androutsopoulos, Jannis (2014), Mediatization and sociolinguistic change. Key concepts, research traditions, open issues. In: Jannis Androutsopoulos (Hg.): Mediatization and sociolinguistic change. Berlin: de Gruyter, 3-48.

                                                                                                                12

Jugendsprachlich für „Fangt an!“.

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Auer, Peter (1992), Introduction. John Gumperz' Approach to Contextualization, in: Peter Auer / Aldo di Luzio (Hgg.): The Contextualization of Language, (= Pragmatics & Beyond NS 22), 138. Auer, Peter (Hg.) (1998), Code-switching in conversation: Language, interaction and identity. London: Routledge. Auer, Peter (2003), ‚Türkenslang’: Ein jugendsprachlicher Ethnolekt des deutschen und seine Transformationen. In: Annelies Häcki Buhofer (Hg.) Spracherwerb und Lebensalter. Tübingen: Francke, 255-264. Auer, Peter (2013), Ethnische Marker zwischen Varietät und Stil. In: Arnulf Deppermann (Hg.) Das Deutsch der Migranten. (=Jahrbuch des Instituts für Deutsche Sprache 2012). Berlin: de Gruyter, 9-40. Bachtin, Michail M. (1990), Literatur und Karneval. Zur Romantheorie und Lachkultur. Frankfurt a. Main: Fischer. Baxter, Judith (2010), The language of female leadership. London / New York: Palgrave Macmillan. Bell, Alan / Andy Gibson (2011), Staging language: An introduction to the sociolinguistics of performance. In: Journal of Sociolinguistics 15/5, 555-572. Bleichenbacher, Lukas (2008), Multilingualism in the movies: Hollywood characters and their language choices. Tübingen: Francke. Blommaert, Jan (2005), Discourse. A critical introduction. Cambridge: Cambridge University Press. Blommaert, Jan (2007), Sociolinguistics and discourse analysis: Orders of indexicality and polycentricity. Journal of Multicultural Discourses 2 (2), 115-130. Blommaert, Jan (2010), The sociolinguistics of globalization. Cambridge: Cambridge University Press. Blommaert, Jan (2013), Ethnography, superdiversity and linguistic landscapes: Chronicles of complexity. Bristol: Multilingual matters. Chambers, Jack K. (1998), TV makes people sound the same. In: Laurie Bauer / Peter Trudgill (Hgg.): Language Myths. London: Penguin, 123-131. Cindark, Ibrahim / Evelyn Ziegler (i. Dr.), „Mehrsprachigkeit im Ruhrgebiet: Zur Sichtbarkeit sprachlicher Diversität in Dortmund.“ In: Ronny Beckert / Janine Luth / Stefaniya Ptashnyk / Patrick Wolf Farré / Matthias Wolny (Hgg.): Gegenwärtige Sprachkontakte im Kontext der Migration. Heidelberg: Winter. Clyne, Michael (1968), Zum Pidgin-Deutsch der Gastarbeiter. Zeitschrift für Mundartforschung 35, 130-139. Coupland, Nikolas (2014), Sociolinguistic change, vernacularization and broadcast British media. In: Jannis Androutsopoulos (Hg.): Mediatization and sociolinguistic change. Berlin: de Gruyter, 67-96. Dirim, Inci / Peter Auer (2004), Türkisch sprechen nicht nur die Türken: Über die Unschärfebeziehung zwischen Sprache und Ethnie in Deutschland. Berlin: de Gruyter. Fairclough, Norman (1994), Conversationalization of public discourse and the authority of the consumer. In: Russel Keat / Nigel Whiteley / Nicholas Abercrombie (Hgg.): The authority of the consumer. London: Routledge, 253-268. Fairclough, Norman (1995), Media Discourse. London: Arnold. Freywald, Ulrike / Leonie Carnips / Natalie Ganuza / Ingvild Nistov / Toril Opsahl (2013), Urban vernaculars in contemporary northern Europe: innovative variants of V2 in Germany, Norway and Sweden. In: Working Papers in Urban Language and Literacies 113, 1-21. Gaidosch, Ulrike / Christine Müller (2006), Zur Orientierung. Deutschland in 30 Stunden. Zweite, aktualisierte Auflage. München: Hueber.

10

Gertrud Reershemius / Evelyn Ziegler

Gardt, Andreas (2007), „Diskursanalyse – Aktueller theoretischer Ort und methodische Möglichkeiten.“ In: Ingo Warnke (Hg.): Diskursanalyse nach Foucault. Berlin/New York: de Gruyter, 27-52. Günthner, Susanne / Lars Wegner / Beate Weidner (2013), „Gesprochene Sprache im DaFUnterricht – Möglichkeit der Vernetzung der Gesprochene-Sprache-Forschung mit der Fremdsprachenvermittlung.“ In: Sandro M. Moraldo / Frederica Missaglia (Hgg.): Gesprochene Sprache im DaF-Unterricht. Grundlagen – Ansätze – Praxis. Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 113-150. Hansen, Margarete / Barbara Zuber (1996), Zwischen den Kulturen. Strategien und Aktivitäten für landeskundliches Lehren und Lernen. Berlin / München: Langenscheidt. Heintze, Albert (2013), Die deutschen Familien-Namen. Bremen: Dogma. Hinskens, Frans / Pieter Muysken (2007), The talk of the town. Languages in Amsterdam 15072007. In: Rita Franceschini (Hg.): Im Dickicht der Städte I: Sprache und Semiotik. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 37 (148), 7-23. Huneke, Hans-Werner / Wolfgang Steinig (2010), Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt Verlag. Imo, Wolfgang (2013), Sprache in Interaktion. Analysemethoden und Untersuchungsfelder (Linguistik – Impulse & Tendenzen 49). Berlin, Boston: de Gruyter. Jaffe, Alexandra (2009), Entexutalization, mediatization and authentication: orthographic choice in media transcripts. In: Text & Talk 29(5), 571-594. Keim, Inken (1984), Untersuchungen zum deutsch türkischer Arbeiter. Tübingen: Narr. Keim, Inken (2007), Die „türkischen Powergirls“. Lebenswelt und kommunikativer Stil einer Migrantinnengruppe in Mannheim. Tübingen: Narr. Keim, Inken / Ralf Knöbl (2007), Sprachliche Varianz und sprachliche Virtuosität von türkischstämmigen „Ghetto“-Jugendlichen in Mannheim. In: Christian Fandrych / Reinier Salverda (Hgg.): Standard, Variation und Sprachwandel in germanischen Sprachen. Standard, Variation and Language Change in Germanic Languages (Studien zur deutschen Sprache, Bd. 41) Tübingen: Narr, 157-200. Kern, Friederike / Margret Selting (2006), Konstruktionen mit Nachstellungen im Türkendeutschen. In: Arnulf Deppermann / Reinhard Fiehler / Thomas Spranz-Fogasy (Hgg.): Grammatik und Interaktion. Untersuchungen zum Zusammenhang von grammatischen Strukturen und Gesprächsprozessen. Radolfzell: Verlag für Gesprächsforschung, 319-347. Kerswill, Paul (2014), The objectification of ‘Jafaican’: the discoursal embedding of Multicultural London English in the British media. In: Jannis Androutsopoulos (Hg.) Mediatization and Sociolinguistic Change. Berlin: de Gruyter, 428-455. Kilimann, Angela / Ondrej Kotas / Johanna Skrodzki (2008), 45 Stunden Deutschland. Orientierungskurs Politik, Geschichte, Kultur. Stuttgart: Klett. Kotsinas, Ulla-Britt (1998), Language contact in Rinkeby, an immigrant suburb. In: Jannis Androutsopoulos / Arno Scholz (Hgg.): Jugendsprache. Linguistische und soziolinguistische Perspektiven. Frankfurt a. Main: Lang, 125-148. Kotthoff, Helga (2004), Overdoing Culture. Sketch-Komik, Typenstilisierung und Identitätskonstruktion bei Kaya Yanar. In: Karl J. Hörning / Julia Reuter (Hgg.): Neue Positionen zum Verhältnis von Kultur und sozialer Praxis. Bielefeld: transcript, 184-200. Krotz, Friedrich (2003), Metaprozesse sozialen und kulturellen Wandels und die Medien. In: Medien Journal, 27. Jhg., Heft 1, 7-19. Labov, William (2001), Principles of Linguistic Change II: Social Factors. Oxford: Blackwell. Matecki, Uta (2008), Dreimal Deutsch. In Deutschland. In Österreich. In der Schweiz. Stuttgart: Klett. Mattheier, Klaus J. (2008), „Allgemeine Aspekte einer Theorie des Sprachwandels.“ In: Werner Besch / Anne Betten / Oskar Reichmann / Stefan Sonderegger (Hgg.): Sprachgeschichte – Ein

Sprachkontaktinduzierte jugendkulturelle Stile…

9

Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Bd. 2/1., 1. Teilband [Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft]. Berlin: de Gruyter, 824-836. Meisel, Jürgen M. (1975), Ausländerdeutsch und Deutsch ausländischer Arbeiter. Zur möglichen Entstehung eines Pidgins in der BRD. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 5 (18), 9-53. Moraldo, Sandro M. (Hg.) (2008), Sprachkontakt & Mehrsprachigkeit: Zur Anglizismusdiskussion in Deutschland, Östereich und der Schweiz. Heidelberg: Universitätsverlag. Moraldo, Sandro M. (Hg.) (2013), Gesprochene Sprache im DaF-Unterricht. Grundlagen – Ansätze – Praxis (Sprache – Literatur und Geschichte 43). Heidelberg: Winter. Myers-Scotton, Carol (2002), Contact Linguistics. Bilingual encounters and grammatical outcomes. Oxford/New York: Oxford University Press. Pilaski, Anna / Birgitta Fröhlich / Christiane Bolte-Costabiei / Heinke Behal-Thomsen (2011), Entdeckunsgreise D-A-CH. Kursbuch zur Landeskunde. Berlin / München: Langenscheidt. Queen, Robin (2013), Working with performed language. In: Christine Mallinson / Becky Childs / Gerard Van Herk (Hgg.): Data Collection in Sociolinguistics. Methods and Applications. New York & London: Routledge. Quist, Pia (2008), Sociolinguistic approaches to multiethnolect: language variety and stylistic practice. In: International Journal of Bilingualism 12, 43-61. Rampton, Ben (2011), From ‚Multi-ethnic adolescent heteroglossia’ to ‚Contemporary urban vernaculars’. Language & Communication 31, 276-294. Selting, Margret / Peter Auer / Dagmar Barth-Weingarten / Jörg Bergmann / Pia Bergmann / Karin Birkner / Elizabeth Couper-Kuhlen / Arnulf Deppermann / Peter Gilles / Susanne Günthner / Martin Hartung / Friederike Kern / Christine Mertzlufft / Christian Meyer / Miriam Morek / Frank Oberzaucher / Jörg Peters / Uta Quasthoff / Wilfried Schütte / Anja Stukenbrock / Susanne Uhmann (2009), Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem 2 (GAT 2). Gesprächsforschung - Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion 10, 353-402 (www.gespraechsforschung-ozs.de). Silverstein, Michael (1993), Metapragmatic discourse and metapragmatic function. In: John A. Lucy (Hg.) Reflexive Language. Cambridge: Cambridge University Press, 33-58. Silverstein, Michael (2003), Indexical order and the dialectics of sociolinguistic life. In: Language and communication 23, 193-229. Spitzmüller, Jürgen / Ingo H. Warnke (2011), Diskurslinguistik. Eine Einführung in Theorien und Methoden der transtextuellen Sprachanalyse. Berlin/New York: de Gruyter. Vertovec, Stephen (2007), Super-diversity and its implications. Ethnic and Racial Studies 30, 1024-1054. Wiese, Heike (2011), „Ein neuer urbaner Dialekt im multiethnischen Raum: Kiezdeutsch“. In: Dieter Läpple / Markus Messling / Jürgen Trabant (Hgg.): Stadt und Urbanität im 21. Jahrhundert. Berlin: Kadmos, 146-161. Wiese, Heike (2012), Kiezdeutsch. Ein neuer Dialekt entsteht. München: Beck. Wiese, Heike (2013), From feature pool to pond: The ecology of new urban vernaculars. In: Working Papers in Urban Language and Literacies 104, 1-29. Zaimoglu, Feridun (1995), Kanak Sprak. Berlin: Rotbuch. Ziegler, Evelyn (2012), „Merkel hat nen Neuen!“ Die Kurzform nen: Ein Mündlichkeitsmarker par excellence“. In Britt Marie Schuster / Doris Tophinke (Hgg.): Andersschreiben. Formen, Funktionen, Traditionen. Heidelberg: Schmidt, 295-316.



Comments

Copyright © 2024 UPDOCS Inc.