© Springer-Verlag 2008 Doris Hattenberger und Anna Wöllik (Naturgefahren-)Mess- und Frühwarnsysteme: Einzelne rechtliche Aspekte Das Naturgefahrenpotential steigt, und damit auch die Bedeutung jener Bemühungen, die auf einen wirksamen Schutz vor Naturgefahren abzielen. In der jüngeren Vergan- genheit werden verstärkt Frühwarn- und Messsysteme als eine Strategie zum Schutz vor Naturgefahren eingesetzt. Die damit im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen sind vielfältig; einzelne davon versucht der vorliegende Beitrag1) anzusprechen. Da die Kompetenz zur Gefahrenprävention und Gefahrenbekämpfung auf mehrere Kompe- tenzträger aufgeteilt ist, stellt sich die Frage nach Möglichkeiten einer Kooperation in Bezug auf Errichtung, Betrieb und Finanzierung derartiger Systeme. Des Weiteren werden allfällige Bewilligungspflichten geprüft. Nicht zuletzt werden einzelne zivil- rechtliche, insbesondere haftungsrechtliche Aspekte aufgegriffen, wobei sich Beson- derheiten aufgrund des âPrototypen-Charaktersâ dieser Systeme ergeben. Schlagworte: Frühwarnsysteme; Messsysteme; Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft; forsttechnischer Dienst für Wildbach- und Lawinenver- bauung; allgemeine Raumplanung und Naturgefahren; Katastrophenhilfe; Kooperation zwischen den Kompetenzträgern; Schutz- und Regulierungsbauten; Anlage; Bauten; bauliche Anlage; Werk- vertrag; Warnpflicht; Gewährleistung; Prototyp; Schadenersatz; Produkthaftung. Rechtsnormen: Art 15a B-VG; §§ 38, 41, 42 WRG; § 11 ForstG; Naturschutzgesetze; Bauord- nungen; Wildbach- und Lawinenverbauungsgesetz; §§ 879, 922, 933, 1151, 1165, 1168a, 1311 ABGB; § 1 KSchG; § 377 UGB; §§ 1, 5, 8 PHG. Baurechtliche Blätter 11, 89â101 (2008) DOI 10.1007/s00738-008-0395-1 Printed in Austria bbl I. Einleitung â Begriffsbestimmung Das Gebirgsland Ãsterreich war in der Vergangenheit nur zu oft von wiederkehrenden Naturkatastrophen betroffen, die in steilen Wildbachgebieten2) vor allem in Gestalt von Murgängen auftraten und verheerende 1) Ãberarbeitete Fassung eines Gutachtens, das die Auto- rinnen im Auftrag des Forsttechnischen Dienstes der Wild- bach- und Lawinenverbauung, Fachschwerpunkt âFrüh- warn- und Monitoringsystemeâ erstellt haben. 2) Vgl die Begriffsbestimmung in § 99 Abs 1 Forstgesetz 1975, BGBl 1975/440: âEin Wildbach im Sinne dieses Bundes- gesetzes ist ein dauernd oder zeitweise flieÃendes Gewässer, das durch rasch eintretende und nur kurze Zeit dauernde Anschwellungen Feststoffe aus seinem Einzugsgebiet oder aus seinem Bachbett in gefahrdrohendem AusmaÃe ent- nimmt, diese mit sich führt und innerhalb oder auÃerhalb seines Bettes ablagert oder einem anderen Gewässer zu- führt.â Schäden hinterlieÃen.3) In Ãsterreich übernimmt der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinen- verbauung (FTD f WLV) als Dienststelle des Bundes- ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die Aufgaben des Naturgefah- renmanagements hinsichtlich der Bedrohung der Be- völkerung, ihres Lebens-, Siedlungs- und Wirtschafts- 3) Vgl dazu nur Wurzer, Die Abwehr von Hochwässern und Lawinen (1974) 231; zu den mit Naturgefahren allgemein zusammenhängenden versicherungsrelevanten Fragen Nor- man-Audenhove, Naturkatastrophen â wer kommt für die Schäden auf? ÃBA 2007, 337; Hlatky, Naturkatastrophen und deren Versicherung in Ãsterreich. Fragen und Antworten, VR 2006, 202; Sinabell/Url, Versicherungslösungen für Na- turgefahren: Optionen effizienter Lösungen für Ãsterreich, VR 2006, 177; WeiÃ, Versicherung von Gemeinden gegen Naturkatastrophenschäden, RFG 2006, 52; Berz, Naturkatas- trophen und Klimaänderung: Befürchtungen und Hand- lungsoptionen der Versicherungswirtschaft, VR 2001, 75. Herausgeber und Schriftleitung: Ass.-Prof. Dr. Karim Giese ao. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Jahnel Heft 3, Juni 2008, 11. Jahrgang baurechtliche blätter:bbl D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme90 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 raumes, der Verkehrswege und sonstigen Infrastruktur sowie der Kulturgüter durch Wildbäche und Muren.4) Während sich die SchutzmaÃnahmen im alpinen Raum lange Zeit auf BaumaÃnahmen beschränkten5), wurden in den letzten Jahren auch verschiedene Früh- warnsysteme entwickelt und getestet. Ihre Vorteile lie- gen vor allem in den nur einen Bruchteil jener von Schutz- und Regulierungsbauten betragenden Kosten sowie in der rascheren Realisierbarkeit. Aus diesen Gründen liegt die Annahme nahe, dass Frühwarnan- lagen in Zukunft â nach Ãberwindung des derzeitigen Prototypen-Stadiums â vermehrt zum Einsatz kom- men werden.6) Frühwarnsysteme sind Bestandteile eines komple- xen Schutzkonzeptes, das im Rahmen eines integralen Risikomanagements aktive und passive MaÃnahmen umfasst.7) Die technische Komponente â die Mess- bzw Warnanlage selbst â besteht im Wesentlichen aus fol- genden Elementen: ⢠den Sensoren, welche die Messergebnisse (Daten) lie- fern, vor allem â Sensoren zur Niederschlagsmessung â Sensoren zur Messung des Wasserstandes/Pegels bzw der Abflusshöhe: Ultraschall und Radar â Sensoren zur Erfassung von Schallwellen sowie seismischer Wellen: Geophone und Mikrophone â (zusätzlich) Videokameras ⢠den Geräten (samt Software) â zur Datenspeicherung (vor Ort durch so genannte Datenlogger) â zur Datenübertragung (Kabel, Modem, Funk, Sa- tellit, Infrarot) und â zur Datenauswertung sowie schlieÃlich ⢠jenen zur Energieversorgung (Stromnetz, Batterie/ Akku, Solarpanel, Aggregat, Wasserkleinkraftwerk etc).8) Dabei ist zwischen Messanlagen (reine Beobachtungs- stationen, âMonitoringâ) und Warnanlagen (Alarmie- rung bei Grenzwertüberschreitung) zu unterscheiden. Um die für die Warnfunktion nötigen zuverlässigen Grenzwerte in Erfahrung zu bringen, ist eine Anlage bis zum Ereignis eines Murganges ausschlieÃlich als Messstation tätig. Nach dessen Stattfinden sind die Messdaten auszuwerten und auf deren Grundlage erste Grenzwerte für die einzelnen Messstationen zu definie- ren und festzulegen.9) An die Erfassung, Ãbertragung und Auswertung der Daten â dh an die technische 4) Siehe dazu www.die-wildbach.at sowie www.forstnet. at/article/archive/4938 (beide zuletzt abgefragt am 12.2. 2008). 5) Vgl Wurzer, Abwehr (FN 3) 231 ff. 6) Vgl Schmidt, Warnsysteme in Wildbacheinzugsgebie- ten (2002) 143. 7) Vgl Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 23 und 118. 8) Vgl dazu die Publikation Lebensministerium (Hrsg), Warn- und Messsysteme in Ãsterreich, Zustandsbericht 2004 (2004). 9) Vgl Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 95. Komponente â schlieÃen sich im Falle einer Grenz- wertüberschreitung ein Alarmierungs- sowie ein MaÃnahmenplan an.10) Der Alarmierungsplan hat zu regeln, welche Personen und Stellen je nach der vorlie- genden Warnstufe, in welcher Reihenfolge und auf welche Weise zu verständigen sind. Der MaÃnahmen- plan bestimmt, welche MaÃnahmen von wem und in welchem zeitlichen Ablauf zu setzen sind.11) Zusam- mengefasst handelt es sich bei Frühwarnsystemen so- mit um âEinrichtungen, die geeignet sind, drohende Naturgefahren rechtzeitig zu erkennen, um automa- tisch eine Warnung/Alarmierung auszulösen, die zur Ergreifung geeigneter MaÃnahmen führt, um Schäden zu vermeiden und/oder zu vermindern.â12) II. Aufgabe Naturgefahrenbeobachtung und -bekämpfung A. Vorbemerkung Nach den Vorgaben der österreichischen Rechtsordnung ist der Betrieb von Warn- und Messanlagen wegen der geteilten Zuständigkeiten in den Angelegenheiten der Gefahrenprävention und -bekämpfung13) für mehrere Kompetenzträger von Bedeutung und Nutzen. Diese Zu- ständigkeiten im Bereich der Naturgefahrenbeobach- tung, der Sammlung einschlägiger Informationen sowie der präventiven und repressiven Naturgefahrenbekämp- fung sollen zunächst grob erfasst werden. Diesbezüglich soll âzweigeteiltâ vorgegangen werden: In einem ersten Teil werden jene gesetzlichen Bestimmungen vorgestellt, die einer Behörde oder Dienststelle ausdrücklich die Aufgabe der Naturgefahrenbeobachtung, die Sammlung und Weitergabe diesbezüglicher Informationen über- tragen. In einem zweiten Punkt soll auf jene Zuständig- keiten des Bundes, der Länder oder Gemeinden einge- gangen werden, bei denen die Erforschung und Beob- achtung von Naturgefahren eine Voraussetzung und Grundlage der Entscheidungsfindung ist. Die Unter- scheidung ist freilich keine trennscharfe; das trifft ins- besondere auf den FTD f WLV zu. Hier ergeben sich Doppelzuständigkeiten und Ãberschneidungen. B. Ausdrückliche gesetzliche Betrauung mit Aufgaben der Naturgefahrenerforschung und der Naturgefahreninformation In Bezug auf die Aufgabe Naturgefahrenbeobachtung, Informationssammlung und deren Weitergabe sind zwei Einrichtungen zu nennen: einerseits das Bundes- 10) Vgl Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 67 f. 11) Vgl Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 70. 12) Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 21. 13) So ist die Katastrophenprävention grundsätzlich Sache des jeweiligen Materiengesetzgebers, während die Katastro- phenbekämpfung â das sind MaÃnahmen zur Bewältigung einer bereits eingetretenen Katastrophe â Sache der Länder ist. Siehe dazu BuÃjäger, Katastrophenprävention und Katas- trophenbekämpfung im Bundesstaat (2003) 1 ff. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme 91 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 forschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Na- turgefahren und Landschaft14), andererseits der forst- technische Dienst für Wildbach- und Lawinenver- bauung. Das genannte Bundesforschungs- und Ausbil- dungszentrum wird gemäà der Zielbestimmung des § 1 BWF-G unter anderem auch für den âSchutz vor Na- turgefahren und zur Risikopräventionâ errichtet.15) Diese Aufgabe soll durch âwissenschaftliche Arbeiten, Erhebungen und darauf beruhende Dienstleistungenâ erfüllt werden. Das Zentrum ist gemäà § 4 Abs 2 BWF-G Informations-, Koordinations- und Beratungs- stelle des Bundes auch im Bereich der Naturgefahren. Und in diesem Zusammenhang findet sich auch eine ausdrückliche, auf derartige Informationssysteme Be- zug nehmende Kompetenz. Es ist dem Zentrum näm- lich aufgegeben, auch âMonitoringsystemeâ im Bereich der Naturgefahrenwissenschaften zu koordinieren (§ 4 Abs 2 Z 2 BWF-G). Nach Z 4 des § 4 Abs 2 BWF-G umfasst der Aufgabenbereich des Forschungszentrums âAuskunfts-, Gutachter- und Beratungstätigkeiten so- wie Erstellung von Planungsunterlagen für die Bundes- verwaltung, Gebietskörperschaften oder sonstige na- türliche oder juristische Personenâ. Das Forschungs- zentrum erbringt seine Aufgaben grundsätzlich gegen Entgelt oder Kostenersatz (§ 8 Abs 1 BWF-G). Eine gesamthafte Betrachtung der Regelungen, die die Aufgaben der Dienststellen des FTD f WLV regeln, ergibt eine sehr weitreichende Betrauung mit dem nichtbehördlichen Naturgefahrenmanagement.16) Der Aufgabenkatalog, der sich aus einer Mehrzahl von Vor- schriften erschlieÃt â das sind die Bestimmungen des Forstgesetzes,17) des Wasserbautenförderungsge- setzes18) und des Wildbachverbauungsgesetzes19) â um- fasst Aufgaben der âBeobachtung und Erforschungâ von Naturgefahren, die Projektierung und Durchfüh- rung von konkreten SchutzmaÃnahmen sowie Auf- gaben der Ãberwachung. Und in Ãberschreitung der Bezeichnung der Dienststellen sind diese nicht nur für die Naturgefahren Wildbach und Lawine, sondern wie sich aus § 27 Abs 2 lit a ForstG, § 7 der Gefahrenzonen- planverordnung (brauner Hinweisbereich) und § 9 Wasserbautenförderungsgesetz ergibt, auch für andere Naturgefahren, nämlich zB Felssturz, Steinschlag, Schneeabsitzung, Erdabrutschung, Muren, Hochwas- 14) Eingerichtet durch das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Na- turgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird (BWF-G), Art 7 des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2004, BGBl I 2003/83. 15) Vgl auch RV 970 BlgNR 22. GP 42. 16) Hattenberger, Naturgefahren und öffentliches Recht, in Weber/Fuchs/Khakzadeh (Hrsg), Recht im Naturgefahren- management (2006) 67 (70 und 82). 17) §§ 11, 30 und 98 ff. 18) § 9 WBFG, BGBl 1985/148 idF BGBl 1985/487. 19) § 19 des Gesetzes von 1884 betreffend Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern, RGBl 1884/117 idF BGBl 1959/54. ser und Wind zuständig. Im gegebenen Zusammen- hang ist auf jene Aufgabennormen einzugehen, die die Gefahrenbeobachtung umfassen. Dazu zählt mE zu- nächst die Gefahrenzonenplanung nach § 11 ForstG. Gefahrenzonenpläne, die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt- schaft âunter Heranziehungâ20) der Dienststellen des FTD f WLV zu erstellen sind, haben die wildbach- und lawinengefährdeten Bereiche, deren Gefährdungsgrad sowie jene Bereiche darzustellen, für die eine beson- dere Art der Bewirtschaftung oder deren Freihaltung für spätere SchutzmaÃnahmen erforderlich ist. Diese Pläne dienen zwar zum einen als Entscheidungsgrund- lage für den FTD f WLV,21) zum anderen aber sind sie ânach MaÃgabe der den Dienststellen gebotenen Mög- lichkeiten so zu erstellen, dass sie als Grundlage für Planungen auf den Gebieten der Raumplanung, des Bauwesens und des Sicherheitswesens (â¦) geeignet sindâ. Und der GZPl ist zum einen von den Dienststel- len der WLV zur allgemeinen Einsicht aufzulegen und zum anderen den betroffenen Gebietskörperschaften und den Bezirksverwaltungsbehörden zur Verfügung zu stellen (§ 11 Abs 8 ForstG). Darüber hinaus ist den Dienststellen ganz generell die âVertretungâ des âöf- fentlichen Interesses der Wildbach- und Lawinenver- bauungâ aufgetragen; sie sind beispielsweise zur Mit- wirkung im Rahmen der behördlichen Sachverständi- gentätigkeit in Angelegenheiten der Wildbach- und Lawinenverbauung berufen (§ 102 Abs 5 lit f ForstG), auf ihren Vorschlag sind die Einzugsgebiete der Wild- bäche und Lawinen durch Verordnung festzulegen (§ 99 Abs 5 ForstG), sie sind in den Verfahren der Fest- legung entsprechender SchutzmaÃnahmen nach den §§ 100 und 101 ForstG anzuhören bzw beizuziehen, ihnen obliegt die Erstellung eines Wildbach- und La- winenkatasters, der wohl wiederum anderen Entschei- dungsträgern als Grundlage der Entscheidungsfindung zur Verfügung steht, und sie sind nicht zuletzt seit der ForstG-Nov 2002, BGBl I 2002/59, zur âMitwirkung bei der Erstellung von Plänen und Monitoringsystemen, die sich auf Einzugsgebiete (â¦) beziehenâ berufen, auch wenn diese âanderen Zwecken als denen der Abwehr von Wildbächen und Lawinen dienenâ. Zu dieser zu- letzt genannten Aufgabe verweisen die Materialien22) auf die aus den verschiedenen Bereichen stammenden Planungen, Managementsysteme und âdie dazu erfor- derlichen Monitoringsystemeâ, die auch Einzugsgebiete von Wildbächen und Lawinen betreffen. Um Zielkon- flikte zu vermeiden, Synergien zu schaffen und eine breite Abstimmung bereits während der Planerstellung bzw des Einsatzes von Monitoringsystemen auf diesen Flächen zu erreichen, wird â so die Erläuterungen zur 20) In § 102 Abs 5 lit e ForstG ist von der âAusarbeitungâ der Gefahrenzonenpläne die Rede. 21) § 1 lit a der Verordnung des BMLF über die Gefahren- zonenpläne, BGBl 1976/436, nennt die Projektierung und Durchführung von MaÃnahmen, lit b nennt die Sachverstän- digentätigkeit. 22) RV 970 BlgNR 22. GP 39. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme92 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 Regierungsvorlage â der FTD f WLV zur Mitwirkung ermächtigt. Zusammenfassend lässt sich demnach zu diesen Kompetenzbestimmungen festhalten, dass der FTD f WLV umfassend mit der Aufgabe des Schutzes vor Na- turgefahren betraut ist und in dieser Eigenschaft sein Fachwissen durch die Mitwirkung bei der Planung oder im Rahmen der ihm aufgegebenen Sachverständigen- tätigkeit zur Verfügung zu stellen hat. Ergänzend genannt seien dann noch öffentlich zu- gängliche Datensammlungen zu Naturgefahren, die der im konkreten Fall zur Entscheidung berufenen Be- hörde als Entscheidungsgrundlage dienen können. Zu erwähnen ist das in Umsetzung der WasserrahmenRL eingerichtete Wasserinformationssystem Austria, in dem die für die wasserwirtschaftliche Planung erfor- derlichen Planungsgrundlagen zu erfassen sind. Dieses Informationssystem hat auch Aussagen über âMaÃ- nahmen zum Schutz vor Naturgefahrenâ zu enthalten (§ 59 Abs 2 WRG). Und für die Führung dieses Was- serinformationssystems sind beispielsweise auch die Daten des FTD f WLV âheranzuziehen und in fachge- mäÃer Weise zu verwendenâ. Die erfassten Daten sind für jedermann zugänglich, soweit nicht das Umwelt- informationsgesetz oder das Datenschutzgesetz 2000 Einschränkungen vorsehen (§ 59 Abs 4 WRG). C. Naturgefahren als eine Determinante der Entscheidungsfindung Abgesehen von dieser ausdrücklichen Betrauung mit Aufgaben der Naturgefahrenbeobachtung ist das Wis- sen um die Wahrscheinlichkeit und Gefährlichkeit von Naturgefahren eine Grundlage der Entscheidungsfin- dung für mehrere Entscheidungsträger. Zunächst zu erwähnen sind die im Rahmen der all- gemeinen Raumplanung maÃgeblichen Akteure.23) Ein Blick in die Zielkataloge der Raumordnungsge- setze der Länder erweist, dass die Gefahrenabwehr eine vordringliche Aufgabe der Raumplanung ist.24) So dürfen nach den einschlägigen Bestimmungen der Landes-Raumordnungsgesetze Flächen, die sich wegen der Gefährdung durch Naturgefahren zur Bebauung nicht eignen, nicht als Bauland ausgewiesen werden. Den forstrechtlichen und wasserrechtlichen Gefahren- 23) Dazu Hattenberger, Naturgefahren (FN 16) 76 ff. 24) So definiert etwa das sbg ROG den âSchutz der Bevöl- kerung vor der Gefährdung durch Naturgewaltenâ als Raum- ordnungsziel (§ 2 Abs 1 Z 4 sbg ROG, LGBl 1998/44 idF LGBl 2007/108). Das tir ROG benennt als Ziel der überörtlichen Raumordnung âdie Sicherung des Lebensraumes, insb der Siedlungsgebiete und der wichtigen Verkehrswege vor Natur- gefahrenâ (§ 1 Abs 2 lit d tir ROG LGBl 2006/27 [WV]). Als Ziel der örtlichen Raumordnung wird die âausgewogene An- ordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse (â¦) der Sicherung vor Naturgefahrenâ genannt (§ 27 Abs 2 lit a tir ROG). Eingehend dazu Kanonier, Natur- gefahren und Gefährdungsbereiche in den Raumordnungs- gesetzen der Bundesländer, bbl 2005, 51. zonenplänen kommt im Rahmen der Entscheidungs- findung die Funktion eines nicht-verbindlichen Hilfs- mittels zu;25) aufgrund der Verpflichtung zu sorg- fältiger Erhebung der Planungsgrundlagen â die ge- wissenhafte Erarbeitung der Planungsgrundlagen ist eine Bedingung für die RechtmäÃigkeit des Flächen- widmungsplanes26) â, sind diese aber gebührend zu würdigen. Des Weiteren ist das Wissen um die Wahrschein- lichkeit und das Ausmaà der Gefährdung durch ein Elementarereignis auch für jene Behörden und Dienst- stellen von Bedeutung, die für die Bewältigung einer unmittelbar drohenden konkreten Gefahr bzw für die Bewältigung einer bereits eingetretenen Gefahrensitu- ation zuständig sind. In diesem Zusammenhang kom- men unterschiedliche Zuständigkeitsträger in Betracht. So zB die nach der StVO zuständige Behörde, die im Falle eines Elementarereignisses die zum Schutz der StraÃenbenützer oder zur Verkehrsabwicklung erfor- derlichen Verkehrsverbote oder -beschränkungen zu erlassen hat (§ 43 Abs 1 lit a StVO). Oder die Sicherheits- behörde, die das Betreten eines Gefahrenbereiches so- wie den Aufenthalt zu verbieten hat, wenn eine allge- meine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrerer Menschen besteht (§ 36 SPG). Und nicht zuletzt erfor- dert die Inanspruchnahme der Zuständigkeiten nach den Katastrophenhilfegesetzen der Länder Wissen über die Gefahrensituation. Zuständige Behörden nach die- sen Gesetzen sind entweder die Gemeinden27) oder die Bezirksverwaltungsbehörden,28) bei Ãberschreiten der Grenzen des politischen Bezirkes auch die Landesregie- rungen. Relativ detailliertes Wissen über die Wahrschein- lichkeit und das potentielle Ausmaà einer Wildbach- oder Lawinengefahr ist auch für den sog âUnterneh- merâ nach dem Gesetz aus 1884 betreffend Vorkeh- rungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswäs- sern29) eine Grundbedingung. Nach dem Konzept dieses Gesetzes legt der Unternehmer ein âGeneralpro- jectâ vor, das die für die âzur unschädlichen Ableitung eines bestimmten Gebirgswassers oder zur Verhinde- rung der Entstehung oder eines schädlichen Abganges bestimmter Lawinenâ erforderlichen Vorkehrungen für ein bestimmtes Gebiet â das sog âArbeitsfeldâ â ent- hält.30) Als Unternehmer auftreten können neben der Staatsverwaltung auch die âbetheiligten Länder, Be- zirke, Gemeinden und andere Interessenten einzeln oder in Gemeinschaftâ.31) 25) Nach der Judikatur sind Gefahrenzonenpläne keine Rechtsverordnungen, sondern eine Art âGutachten mit Pro- gnosecharakterâ, VwGH 27.3.1995, 91/10/0090. 26) Vgl VfSlg 8280/1978; Berka, Flächenwidmungspläne auf dem Prüfstand, JBl 1996, 69 (79 f). 27) ZB Niederösterreich, Salzburg. 28) So zB in den Bundesländern Burgenland, Oberöster- reich, Steiermark, Tirol und Vorarlberg. 29) RGBl 1884/117 idF BGBl 1959/54. 30) § 9 Abs 2 WildbachverbauungsG. 31) § 9 Abs 1 WildbachverbauungsG. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme 93 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 Spezifische Informationen über Naturgefahren sind daher für eine Mehrzahl von Entscheidungsträger von Bedeutung. Demnach ist auch der Betrieb von Mess- und Warnsystemen für alle diese Entscheidungsträger von Relevanz und Interesse. Grundsätzlich ist (selbst- redend) davon auszugehen, dass jede Dienststelle oder Behörde selbst sich jenes Wissen verschaffen muss, das für die Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Und es liegt im Verantwor- tungsbereich der jeweils für die Gefahrenprävention oder -bekämpfung zuständigen Einrichtung auch die Entscheidung darüber zu treffen, ob derartige Mess- und Warnsysteme ein geeignetes Instrument zur Ge- winnung der für die Entscheidung im Einzelfall not- wendigen Grundlagen ist. III. Möglichkeiten der Kooperation Aufgrund der aufgezeigten Mehrfachzuständigkeiten im Bereich der Naturgefahrenbeobachtung und -be- kämpfung macht ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen bei der Errichtung, dem Betrieb und der Fi- nanzierung derartiger Anlagen durch die verschie- denen Kompetenzträger Sinn. Es stellt sich die Frage, auf welche (rechtliche) Grundlage eine Kooperation zwischen den beteiligten Einrichtungen gestellt werden könnte. Gegenstand einer derartigen Kooperation könnte einerseits die Frage der Informationsweiter gabe, andererseits aber auch die Frage des gemeinsamen Be- triebes solcher Anlagen und deren Finanzierung sein. In Betracht kommen mE drei Varianten: Zum einen ist eine Kooperation auf informeller Basis möglich. Solcherart informelle Strukturen können bei entsprechender Kooperationsbereitschaft der beteilig- ten Personen gut funktionieren. Ihr Nachteil besteht aber darin, dass bei Fehlen der angesprochenen Bereit- schaft zur Zusammenarbeit, diese eben scheitern muss und zudem die Verantwortlichkeitsstrukturen unklar sein können.32) Eine zweite Möglichkeit würde darin bestehen, dass zwischen den Rechtsträgern (die âhinterâ den âbeteilig- ten Akteurenâ stehen) Verträge gemäà Art 15a B-VG abgeschlossen werden. Der âabstrakteâ Zweck einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG ist es, ein Instrument zu bieten, mit dem die durch die Verteilung der Kom- petenzen im Bundesstaat gezogenen Grenzen über- wunden werden können und eine Kooperation über diese Kompetenzgrenzen hinweg ermöglicht werden soll. Da im Falle eines Elementarereignisses mehrere Kompetenzträger betroffen sind, und â wie im gege- benen Zusammenhang von Relevanz â ein Informa- tionsfluss zwischen den Behörden eine wesentliche Voraussetzung erfolgreicher Krisenbewältigung sein kann, dürfte ein geradezu typischer Anwendungsfall einer Art 15a B-VG-Vereinbarung vorliegen.33) Durch eine Art 15a B-VG-Vereinbarung, die zwischen dem 32) Vgl BuÃjäger, Katastrophenprävention (FN 13) 64. 33) Vgl BuÃjäger, Katastrophenprävention (FN 13) 63. Bund als dem âhinterâ den Dienststellen des FTD f WLV stehenden Rechtsträger und den Ländern, als die für die Katastrophenbewältigung zuständigen Rechts- träger abgeschlossen werden könnte, könnte sicher- gestellt werden, dass die durch den Einsatz von Warn- und Messsystemen gewonnenen Informationen an die für die Anordnung von notwendigen AbwehrmaÃnah- men zuständige Einsatzleitung zu übermitteln sind. Der Grad der Verpflichtung â Weiterleitung von Mess- ergebnissen oder auch sachverständige Auswertung im Sinne einer Gefährdungsprognose â ist durch die Ver- einbarung zu präzisieren. Fraglich ist nun, ob der ge- meinsame Betrieb von Warn- und Messsystemen durch eine solche Vereinbarung geregelt werden kann. Nach umstrittener, aber mE überwiegender Auffassung kön- nen auch Angelegenheiten der Privatwirtschaftsver- waltung Gegenstand einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG sein.34) Insbesondere vertritt auch der VfGH die- se Auffassung, sofern â was im gegebenen Zusammen- hang unstreitig angenommen werden kann â damit öffentliche Zwecke verfolgt werden.35) Die Errichtung und der gemeinsame Betrieb könnten also sehr wohl Gegenstand einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG sein. âVorsichtigerâ zu beurteilen ist die Frage, ob auch die Finanzierung solcher Vorhaben mittels Art 15a-Verein- barung geregelt werden kann (dazu unten Pkt IV). Zur Frage der Durchsetzbarkeit einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG ist festzuhalten, dass es dazu âledig- lichâ eine Feststellungskompetenz des VfGH gibt. Der VfGH ist berufen, zum einen darüber zu entscheiden, ob eine Vereinbarung gemäà Art 15a B-VG vorliegt und zum anderen festzustellen, ob die Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung eingehalten wurden (Art 138a B-VG). Eine Durchsetzung der wechselseitigen Ver- pflichtungen aus einer solchen Vereinbarung ist nicht vorgesehen. Eine dritte Möglichkeit, den Informationsfluss zwi- schen den beteiligten Einrichtungen zu regeln, wäre der Abschluss eines âzivilrechtlichenâ Vertrages. Bund und Länder sind auch âTräger von Privatrechtenâ (Art 17 B-VG) und in dieser Eigenschaft ermächtigt, durch pri- vatrechtliches Rechtsgeschäft Rechte und Pflichten zu begründen. Und Gegenstand eines solchen Vertrages könnte wiederum die Verpflichtung zur Information und sachverständigen Aussage über die Gefährdungs- situation sein, ebenso wie die Verpflichtung zur ge- meinsamen Errichtung und zum gemeinsamen Betrieb derartiger Anlagen einschlieÃlich deren Finanzierung. Der Vorteil einer solcherart auf der Grundlage des Pri- vatrechts abgeschlossenen Vereinbarung läge in der Durchsetzbarkeit. 34) Vgl dazu die Nachweise bei Thienel, in Korinek/Holou- bek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht â Kommentar, Art 15a Rz 25 ff. 35) VfSlg 14.945/1997; kritisch zu dieser Einschränkung auf öffentliche Zwecke Thienel (FN 34) Rz 27. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme94 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 IV. Finanzierung Hinsichtlich der Frage der Kostentragung gilt grund- sätzlich das Prinzip der Konnexität; dh jede Gebiets- körperschaft hat den Aufwand zu tragen, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt (§ 2 F-VG). Ange- knüpft wird dabei an die Kompetenz zur Vollziehung. Kosten, die daher durch den Betrieb von Warn- und Messsystemen durch die Dienststellen des FTD f WLV entstehen, sind vom Bund zu tragen.36) Werden der- artige Systeme von den Ländern oder Gemeinden zur Besorgung der ihnen durch Gesetz übertragenen Auf- gaben der Gefahrenvorsorge oder Gefahrenbekämp- fung betrieben, so sind die Kosten von den Ländern bzw den Gemeinden zu tragen. Geht man nunmehr davon aus, dass die NutznieÃer solcher Warn- und Messsysteme verschiedene Entschei- dungsträger sein können, so stellt sich die Frage der Regelung einer allfälligen Kostenbeteiligung. Ob die Regelung einer gemeinsamen Finanzierung derartiger Systeme im Wege einer Vereinbarung nach Art 15a B-VG zulässig ist, ist â wie oben schon angedeutet â um- stritten. Festgehalten sei, dass zahlreiche staatsrecht- liche Vereinbarungen â wie beispielsweise auch die Vereinbarung über die Aufteilung und Verwendung der nach § 4 Z 2 des Katastrophenfondsgesetzes 1986, BGBl 1986/396 zur Verfügung stehenden Mittel für ein Warn- und Alarmsystem sowie die Einräumung wechselsei- tiger Benützungsrechte an den Anlagen dieses Systems â dies vorsehen. Entscheidungen der Höchstgerichte der jüngeren Vergangenheit sowie das BVG Gemeindebund weisen allerdings in die Richtung, dass eine vom Grund- satz der Konnexität abweichende Kostentragung durch staatsrechtliche Vereinbarung nur aufgrund ausdrück- licher verfassungsgesetzlicher Ermächtigung zulässig ist.37) Eine â wie zu betonen ist â âabweichendeâ Kosten- tragung, kann daher durch eine Art 15a-Vereinbarung nicht getroffen werden. Eine solche Vereinbarung könnte nur die Verpflichtung zum Erlass entspre- chender rechtlicher Grundlagen für eine abweichende Kostentragung vorsehen.38) Es müsste aber mE zulässig sein, durch eine solche Vereinbarung die Tragung der Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Mess- und Warnsysteme auf die beteiligten Gebietskörper- schaften so aufzuteilen, wie es dem daraus gezogenen Nutzen entspricht, weil damit nur der ohnedies in § 2 F-VG vorgesehene Grundsatz der Konnexität â âKos- tentragung für ihre Aufgabenâ â konkretisiert wird. Eine zweite Möglichkeit, die Kostentragung auf die NutznieÃer derartiger Anlagen aufzuteilen, wäre (wie- derum) der Abschluss eines âzivilrechtlichen Ver- tragesâ. Der Vorteil einer solchen Vereinbarung läge in der Durchsetzbarkeit. Im Zusammenhang mit der Finanzierung sei noch darauf hingewiesen, dass Mess- und Warnsysteme auf 36) Es handelt sich um die Vollziehung einer Bundes- materie durch eigene Dienststellen. 37) Vgl Thienel (FN 34) Rz 35 ff. 38) Thienel (FN 34) Rz 38. der Grundlage des § 9 Wasserbautenförderungsgesetz (WBFG) wohl als förderungsfähig anzusehen sind. Dies deshalb, weil § 9 WBFG âMaÃnahmenâ, die â grob ge- sprochen â jede Gefahrerhöhung verhindern sollen, für förderungsfähig erklärt und damit einen sehr weiten Begriff wählt, der durchaus Mess- und Warnsysteme mitumfasst. Einschlägig dürften die MaÃnahmen ge- mäà den Z 4 und 5 des § 9 WBFG sein. Darin werden MaÃnahmen für förderungsfähig erklärt, die âder dro- henden Entstehung neuer Runsen und Rutschungen, neuer Lawinengebiete, von Felssturz und Steinschlag entgegenarbeitenâ (Z 4) oder âden Schutz gegen Lawi- nen, Felssturz, Steinschlag und Muren betreffenâ (Z 5). V. Bewilligungspflichten Die Frage allfälliger Bewilligungspflichten für Mess- und Warnsysteme ist insbesondere auf der Grundlage dreier gesetzlicher Grundlagen zu untersuchen. Zum einen nach den Bestimmungen des Wasserrechtsge- setzes, zum anderen auf der Grundlage der Natur- schutzgesetze der Länder und nicht zuletzt auch gemäà den Bauordnungen der Länder. A. Wasserrechtsgesetz Zunächst zu den wasserrechtlichen Bestimmungen: Diesbezüglich könnte sich eine Bewilligungspflicht aus den Bestimmungen über den Gewässerschutz (§§ 31a ff WRG), aus § 38 WRG, dessen Ziel die Verhinderung von Hochwassergefahren ist, sowie aus den Bestim- mungen über den Regulierungs- und Schutzbau (§ 41 WRG) ergeben. Vorweg sei erwähnt, dass der Begriff der âAnlageâ im WRG nicht definiert ist. Die Judikatur geht aber diesbezüglich von einem sehr weiten Begriffs- verständnis aus. Unter âAnlageâ ist alles das zu verste- hen, was âangelegtâ wurde, dh âvon Menschenhand erbaut oder vorgekehrt wurdeâ.39) Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass Mess- und Warnsysteme unter den Begriff der Anlage iS des WRG zu subsumie- ren sind. Eine Bewilligungspflicht auf der Grundlage der Vor- sorgetatbestände des WRG (§§ 31a bis 31c WRG) ist auszuschlieÃen, da es sich nicht um die im Gesetz ge- nannten Anlagentypen handelt (âAnlagen zur Lage- rung und Leitung wassergefährdender Stoffeâ [§ 31a WRG], âGewinnung von Sand und Kies mit besonde- ren Vorkehrungenâ [§ 31c Abs 1 WRG], âAnlagen zur Gewinnung von Erdwärmeâ [§ 31c Abs 5 lit a und b WRG] und âAnlagen zur Wärmenutzung der Gewäs- serâ [§ 31c Abs 5 lit c WRG]).40) Eher unwahrscheinlich dürfte wohl auch eine Bewil- ligungspflicht nach § 32 WRG sein, da bei derartigen 39) VwGH 13.12.1928, Slg 15448; VwGH 22.6.1933, Slg 17249. 40) Eingehender dazu Hattenberger, Anlagenrelevante Be- stimmungen des WRG, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Ãffent- liches Wirtschaftsrecht, Band 2, 2. Auflage (2007) 1014. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme 95 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 Anlagen ânach dem natürlichen Lauf der Dinge nicht mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässerâ41) zu rechnen sein dürfte (keine pro- jektsgemäÃe und projektstypische Einwirkung). Eine Bewilligungspflicht könnte sich allenfalls aus § 38 WRG ergeben. Danach sind bestimmte âbesondere bauliche Herstellungenâ bewilligungspflichtig. Von den dort aufgezählten Tatbeständen kommt jener betref- fend âAnlagen innerhalb der Grenzen der Hochwasser- abflussgebietesâ in Betracht. Dabei gilt als Hochwasser- abflussgebiet jenes Gebiet, das bei 30-jährlichen Hoch- wässern überflutet wird (§ 38 Abs 3 WRG). § 38 WRG zielt erkennbar auf die Verhinderung von Hochwasser- gefahren und unterwirft undifferenziert sämtliche An- lagen in diesem Gebiet einer Bewilligungspflicht.42) Die Eignung einer Anlage, die Gefahr zu vergröÃern, ist demnach keine Bewilligungsvoraussetzung. Zuletzt ist auch noch an eine Bewilligungspflicht gemäà § 41 WRG zu denken. Die zitierte Bestimmung stellt eine Bewilligungspflicht für Schutz- und Regulie- rungswasserbauten auf. Sofern solche Messanlagen âBestandteilâ eines Schutz- und Regulierungsbaus sind, wären sie im Rahmen des Bewilligungsverfahrens für den Schutz- und Regulierungsbaus mitzugenehmigen. Eine solche âgemeinsameâ Genehmigung würde vor- aussetzen, dass die Mess- und Warnanlage mit dem Schutz- oder Regulierungsbau in Verbindung steht. Sollte das nicht der Fall sein (frei stehende Anlage), so ist eine Bewilligungspflicht nach § 41 WRG fraglich. Mit Rücksicht auf das bisherige Verständnis des Be- griffs der âSchutz- und Regulierungsbautenâ wird man dies verneinen müssen. Als Beispiele für bewilligungs- pflichtige Schutz- und Regulierungsbauten gemäà § 41 WRG werden nämlich Uferbefestigungen, Hochwas- serdämme, Verbreiterungen und Sohlestabilisierungen genannt.43) Warn- und Messsysteme lassen sich in die- se Aufzählung nicht einreihen. Dessen ungeachtet halte ich eine erweiternde, Mess- und Warnsysteme mit- umfassende Interpretation dieses Begriffs für gut ver- tretbar. Mess- und Warnsysteme können durchaus auch als âFortentwicklungâ der klassischen Schutz- und Regulierungsbauten gesehen werden. Auch ihre Zweckbestimmung ist es, Schutz vor den schädlichen Einwirkungen des Wassers zu leisten. Ein Verständnis derselben als âSchutzbautenâ oder besser noch als âVor- kehrung gegen die schädlichen Einwirkungen des Was- sersâ iSd § 42 WRG, der unzweifelhaft den Begriff der 41) So die Formel des VwGH hinsichtlich der Bestimmung jener Vorhaben, die der Bewilligungspflicht nach § 32 WRG unterliegen. VwGH 30.1.1964, 391/63; VwGH 19.3.1985, 84/ 07/0393; VwGH 18.3.1994, 93/07/0187; VwGH 20.2.1997, 96/ 07/0130; VwGH 18.2.1999, 99/07/0007. 42) Das führt zu der etwas paradoxen Situation, dass Hochwasserschutzanlagen (und diese Funktion erfüllen auch Mess- und Warnsysteme) wegen der von ihnen ausgehenden möglichen Hochwassergefahr in diesen Gebieten bewilli- gungspflichtig sind. 43) Vgl dazu Raschauer, Wasserrecht â Kommentar (1993) § 41 Rz 2. Schutz- und Regulierungsbauten iSd § 41 WRG (etwas) konkretisiert, wird nicht nur vom Gesetzeswortlaut, sondern wohl auch von der âIntentionâ des Gesetzes getragen und ist daher mE zu befürworten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Bewilligungspflicht gemäà § 41 WRG auch für Vor- kehrungen (dh auch Mess- und Warnsysteme) gilt, die zum Schutz vor Steinschlag und Vermurungen errich- tet werden. Der Wortlaut des § 41 WRG spricht von âSchutz- und Regulierungsbautenâ, ohne diese näher zu definieren. Von der Bewilligungspflicht erfasst sind aber des Weiteren auch die âVorkehrungen zur un- schädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juli 1884, RGBl Nr 117â. Diese Vorkeh- rungen sind nun gemäà der einschlägigen Vorschrift dieses Gesetzes (§ 2) sehr weit gefasst und bloà beispiel- haft konkretisiert. Erfasst sind dabei aber auch âVor- kehrungen zur Befestigung des Bodensâ innerhalb des Arbeitsfeldes. Davon abgesehen âsprichtâ § 42 WRG von der âHerstellung von Vorrichtungen und Bauten gegen die schädlichen Einwirkungen des Wassersâ und gibt damit dem Begriff der âSchutz- und Regulierungs- bautenâ einen wiederum sehr weiten Inhalt. Mit Rück- sicht auf diese gesetzlichen Vorgaben, aber auch mit Rücksicht auf Aussagen in der Literatur und Judikatur dazu,44) ist mE davon auszugehen, dass MaÃnahmen gegen Vermurungen vom Begriff der âSchutz- und Re- gulierungsbauten in § 41 WRG erfasst sind. Schutzbauten gegen Steinschlag dürften hingegen mit Bedachtnahme auf den Wortlaut der genannten Bestimmungen und der dazu ergangenen Judikatur45) grundsätzlich nicht gemäà § 41 WRG bewilligungs- pflichtig sein. Dies auch deshalb, weil mit § 41 WRG nur jene Schutz- und Regulierungsbauten gemeint sein dürften, die im Nahebereich (arg âanliegendes Gelän- deâ, Vorkehrungen zur Bodenbefestigung innerhalb des Arbeitsfeldes) eines Gewässers errichtet werden. Sollte aber der abzuwehrende Steinschlag Folge der âschädlichen Auswirkungenâ eines Gewässers sein (§ 42 WRG), so ist § 41 WRG wohl wiederum anzuwen- den. B. Naturschutzgesetze der Länder Fraglich ist zum zweiten, ob für derartige Messanlagen eine naturschutzrechtliche Bewilligung bzw die An- zeige des Vorhabens an die Naturschutzbehörde erfor- derlich ist. Dazu ist zunächst zu sagen, dass einige der österreichischen Naturschutzgesetze mit ähnlicher Diktion âMaÃnahmen zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder zur Abwehr von Katastrophen so- 44) Vgl Raschauer, Wasserrecht (FN 43) § 41 Rz 2: Erfasst sind alle MaÃnahmen, die auch das anliegende Gelände vor âAuskolkungen, Unterwaschungen, Ãberflutungen und Ver- murungenâ schützen; mwN zur Judikatur. 45) Siehe dazu beispielsweise die Nachweise bei Raschauer, Wasserrecht (FN 43) § 41 Rz 2; oder Oberleitner, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz (2007) § 41 Rz 5. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme96 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 wie zur unmittelbaren Beseitigung von Katastrophen- folgenâ explizit von ihrem Anwendungsbereich ausneh- men.46) Fraglich ist, ob die Errichtung und der Betrieb von Mess- und Warnanlagen als eine MaÃnahme ange- sehen werden kann, die der Abwehr einer âunmittel- barâ drohenden Gefahr dient. ME wird man das wohl ausschlieÃen müssen. Dies deshalb, weil Mess- und Warnsysteme âweit im Vorfeldâ der Abwehr einer un- mittelbaren Gefahr errichtet werden. Die Diktion der Landesnaturschutzgesetze zielt auf die Freistellung von MaÃnahmen, die unmittelbar vor dem Eintritt einer Gefahr zu treffen sind. Aus diesem Grund ist nach meinem Dafürhalten davon auszugehen, dass die Er- richtung und der Betrieb von Mess- und Warnsys- temen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Naturschutzgesetze fallen. Ob nun eine Bewilligungs- oder Anzeigepflicht für die Errichtung und den Betrieb von Warnsystemen be- steht, hängt im Weiteren vom Standort der Anlage ab, und zwar insofern, ob dieser Standort âbloÃâ in der freien Landschaft oder aber in einer naturschutzrecht- lich besonders geschützten Zone liegt (zB Feucht gebiete, Alpinregion, Gletscher, Landschafts- oder Naturschutz- gebiete, Nationalparks), weil die Naturschutzgesetze je nach Sensibilität des geschützten Raumes unterschied- lich strenge Regelungen vorsehen. Was die Frage der Genehmigungspflicht in der âfrei- en Landschaftâ47) anbelangt, so fällt die Beantwortung dieser Frage für die einzelnen Bundesländer wohl un- terschiedlich aus. In § 5 lit a) Z 1 des bgld NSchG ist etwa vorgesehen, dass âEinrichtungen zur Wartung oder Kontrolle behördlich genehmigter Anlagenâ von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind. Da â wenn ich recht sehe â derartige Anlagen häufig auch zur Kontrolle bestehender Schutz- und Regulierungsbauten eingesetzt werden, könnte diese Ausnahmebestim- mung zur Anwendung kommen. Häufig vorgesehen ist eine Bewilligungspflicht für âGebäudeâ oder âbauliche Anlagenâ. Ob ein Mess- und Warnsystem den Begriff der âbaulichen Anlageâ erfüllt, ist fraglich. Die Natur- schutzgesetze enthalten â so weit zu sehen â keine eigenständigen Definitionen der Begriffe âBauwerkâ oder âbauliche Anlageâ. Solcherart Definitionen ent- halten aber â mit Ausnahme Kärntens â die Bauord- nungen der Bundesländer.48) Und es ist gemeinsamer 46) So § 3 des bgld NSchG, LGBl 1991/27 idF LGBl 2004/58; § 3 krnt NSchG, LGBl 2002/79 idF LGBl 2005/103; § 2 oö NSchG 2001, LGBl 2007/138; § 3 Abs 1 lit b sbg NSchG 1999, LGBl 1999/73 idF 2007/100; § 2 Abs 1 lit b tir NSchG, LGBl 2007/57 (das allerdings explizit auf die Bestimmungen des Katastrophenhilfsdienstgesetzes verweist); § 2 Z 1 wr NSchG, LGBl 1998/45 idF LGBl 2006/12. 47) Dieser Bereich ist in den Gesetzen unterschiedlich de- finiert. Zumeist ist es jener Bereich, der in den Flächenwid- mungsplänen nicht als Bauland ausgewiesen ist. Vgl BuÃjäger, Ãsterreichisches Naturschutzrecht (2001) 47. 48) § 2 Abs 1 bgld BauG, LGBl 1998/10 idF LGBl 2006/13; § 4 Z 4 nö BauO, 8200-14; § 2 Z 2 öo BauTG, LGBl 1994/67 idF LGBl 2006/97; § 4 Z 12 stmk BauG, LGBl 1995/59 idF LGBl Inhalt dieser Definitionen, dass âBauwerkeâ oder âbau- liche Anlagenâ Anlagen sind, für deren Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Dass dieses Begriffsverständnis mangels Definition auch für die Anwendung der Naturschutzgesetze maÃgeblich ist, hat der VwGH in der Entscheidung vom 13.5.1985, 84/10/0064 ausdrücklich festgehalten. Sollten demnach für die Errichtung eines Mess- und Warnsystems bau- technische Kenntnisse erforderlich sein, so sind die Bewilligungstatbestände der Naturschutzgesetze zu berücksichtigen. So unterwirft beispielsweise § 5 des krnt Naturschutzgesetzes âdie Errichtung von Gebäu- den und sonstigen baulichen Anlagenâ einer Bewilli- gungspflicht (§ 5 Abs 1 lit i K-NSG). Zu beachten ist dann aber weiters noch, dass die Bewilligungspflicht für Schutz- und Regulierungsbauten dann entfällt, wenn in einem Genehmigungsverfahren nach einem anderen Gesetz bereits ein Naturschutzgutachten ein- geholt und berücksichtigt wurde. Dieser Ausnahmetat- bestand kann also wiederum dann zur Anwendung kommen, wenn die Mess- und Warnanlage Bestandteil des Schutz- und Regulierungsbaus ist. Und zu beachten ist zuletzt noch, dass sonstige bauliche Anlagen von der Bewilligungspflicht des § 5 K-NSG auch dann ausge- nommen sind, wenn sie wasserrechtlich bewilligungs- pflichtig sind. Auch § 7 Abs 1 Z 1 des nö NSchG49) unterwirft âdie Errichtung und wesentliche Abänderung von allen Bauwerken, die nicht Gebäude sind und die auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Gebäuden ste- hen und von sachlich untergeordneter Bedeutung sindâ einer Bewilligungspflicht. Verwiesen sei in diesem Zu- sammenhang auf die Ausnahmeregelung des § 4 Abs 2 Z 2 nö NSchG, wonach âSanierungen und Anpassungen an den Stand der Technik gemäà dem WRG 1959, BGBl 215/1959 idF BGBl I 123/2006 von Hochwasserschutz- maÃnahmen, soweit damit keine Neutrassierungen von Dämmen verbunden sindâ, vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind. Im sbg NSchG könnte die Bestimmung des § 26 Abs 1 lit d einschlägig sein. Danach sind alle âGelände verändernden MaÃnahmen auf Almen und in der Al- pinregionâ der Naturschutzbehörde anzuzeigen. In den Bundesländern Oberösterreich,50) Steier- mark,51) Tirol, Vorarlberg52) und Wien ergibt sich für die Errichtung und den Betrieb von Mess- und Warnanla- gen aus den einschlägigen Bestimmungen betreffend Vorhaben im Grünland weder eine Anzeige- noch eine Bewilligungspflicht. 2008/6; § 2 Abs 1 tir BauO, LGBl 2001/94 idF LGBl 2007/73; § 2 Abs 1 lit f vlbg BauG, LGBl 2001/52 idF LGBl 2007/44; § 60 Abs 1 lit d wr BauO, LGBl 1930/11 idF LGBl 2007/31. 49) LGBl 5500-5. 50) Lediglich die Errichtung von Gebäuden und von Stütz- oder freistehenden Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,5 m ist auf bestimmten Flächen einer Anzeigepflicht unter- worfen (§ 6 Abs 1 öo NSchG 2001). 51) LGBl 1976/65 idF LGBl 2007/9. 52) LGBl 1997/22 idF LBl 2002/38. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme 97 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 Solche Anzeige- oder Bewilligungspflichten können sich aber vor allem für die Errichtung derartiger An- lagen in besonders geschützten Gebieten ergeben (Feuchtgebiete, Gletscher, Moore und insbesondere Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete). Eine ein- gehendere Analyse der diesbezüglichen Rechtsvor- schriften würde den Rahmen dieser Untersuchung wohl sprengen. Zudem ist zu bedenken, dass sich der Schutzumfang für bestimmte Schutzgebiete nicht schon aus dem Gesetz, sondern aus den Anordnungen einer Verordnung ergibt, mit der die Unterschutzstellung an- geordnet wird. C. Bauordnungen der Länder Bewilligungspflichten können sich dann noch insbe- sondere aus den Bauordnungen der Länder ergeben. Vorauszuschicken ist auch hier wiederum, dass die Bauordnungen der Länder eine Bewilligungspflicht re- gelmäÃig nur für âBautenâ, âBauwerkeâ oder âbauliche Anlagenâ vorsehen. Und darunter sind definitions- gemäÃ53) Werke oder Anlagen zu verstehen, deren Herstellung zum einen bautechnische Kenntnisse er- fordern, und die zum anderen mit dem Boden in Ver- bindung gebracht sind. Ob diese Voraussetzung auf Warn- und Messsysteme zutrifft, ist fraglich und lässt sich wohl nur im Einzelfall beantworten. Sollten diese Voraussetzungen aber zutreffen, so ist eine Bewilli- gungspflicht nach den Bauordnungen zu prüfen. Zunächst ist auf den Anwendungsbereich der Bau- ordnungen einzugehen, weil manche Bauordnungen möglicherweise einschlägige Ausnahmebestimmungen nennen. So sind etwa gemäà § 1 Abs 2 Z 6 des bgld BauG âBauwerke, für die Bewilligungen nach den was- serrechtlichen Vorschriften erforderlich sindâ vom An- wendungsbereich ausgenommen. Dasselbe verfügt § 1 Abs 1 lit g vlbg BauG. Die oö BauO nimmt durch § 1 Abs 3 Z 2 oö BauO âbauliche Anlagen, die wasserrecht- lichen Vorschriften unterliegen und unmittelbar der Benützung der Gewässer oder unmittelbar der Abwehr ihrer schädlichen Wirkungen (Schutz- und Regulie- rungsbauten) dienenâ vom Anwendungsbereich aus. Und nicht zuletzt bestimmt § 1 Abs 3 lit h der tir BauO, dass âMessstellen zur Feststellung der Schadstoffbela- stung der Luft, für gewässer- und wetterkundliche Be- obachtungen und dergleichen einschlieÃlich der zu ihrem Schutz erforderlichen Anlagenâ nicht der tir BauO unterliegen. Davon abgesehen nimmt § 1 Abs 3 53) § 2 Abs 1 bgld BauG; § 4 Z 4 nö BauO; § 2 Z 2 öo BauTG; § 4 Z 12 stmk BauG; § 2 Abs 1 tir BauO; § 2 Abs 1 lit f vlbg BauG; § 60 Abs 1 lit d wr BauO. Eine Definition fehlt nur in der krnt BauO. Mit der Judikatur des VwGH ist allerdings davon auszugehen, dass das Erfordernis bautechnischer Kenntnisse sowie die Verbindung des Werkes oder der An lage mit dem Boden Begriffsmerkmal ist (VwGH 23.12.1932, Slg 17409; VwGH 10.5.1950; Slg 3520; VwGH 10.7.1956, Slg 4125; VwGH 11.6.1991, 90/07/0107 uam). Einschränkender wird der âBauâ im sbg BauPolG definiert (s dazu gleich unten). lit q tir BauO âvon Gebietskörperschaften errichtete Verbauungen zum Schutz vor Naturgefahren, wie Steinschlagdämme, Steinschlagnetze, Schneebrücken, Quer- und Längswerke und dergleichenâ ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Gesetzes aus. Wendet man sich nun den Bewilligungstatbeständen der einzelnen Bauordnungen zu, so kommt eine Bewil- ligungspflicht für Warn- und Messsysteme (deren Er- richtung bautechnische Kenntnisse erfordern und die mit dem Boden in Verbindung gebracht werden) nur nach der krnt BauO (§ 6) und der wr BauO (§ 60 Abs 1) in Betracht. § 16 bgld BauG verlangt für geringfügige Bauvorhaben54) bloà die Mitteilung an die Baubehörde. Gemäà nö BauO ist die Bewilligungspflicht nur dann gegeben, wenn durch die bauliche Anlage Gefahren für Personen oder Sachen oder ein Widerspruch zum Orts- bild entstehen (§ 14 Z 2). Und die ortsfeste Aufstellung von Geräten bedarf nur dann einer Bewilligung, wenn die Stand sicherheit eines Bauwerks oder der Brand- schutz beeinträchtigt werden könnte oder bestimmte Rechte verletzt werden (§ 14 Z 5). All diese âWirkungenâ treten bei der Errichtung und dem Betrieb von Mess- und Warn systemen mE nicht auf, sodass eine Bewilli- gung nicht vonnöten ist. Ãhnlich ist die Rechtslage in Oberösterreich und Vorarlberg. Eine Bewilligung ist nur dann erforderlich, wenn mit der baulichen Anlage bestimmte Gefahren, Belästigungen oder Störungen verbunden sind.55) Keine Bewilligungspflicht ist auf der Grundlage des sbg BauPolG anzunehmen, weil nur der allgemeine Be- willigungstatbestand nach § 2 Abs 1 Z 1 sbg BauPolG in Betracht kommt, der âBautenâ einer solchen unter- wirft, als âBauâ aber definitionsgemäà (§ 1 sbg Bau- PolG) nur âüberdachte und überdeckte Bauwerkeâ gel- ten, âdie von Menschen betreten werden könnenâ.56) Das dürfte auf Mess- und Warnsysteme nicht zutref- fen. § 19 stmk BauG nimmt âkleinere bauliche Anlagenâ von der Bewilligungspflicht aus und enthält eine bei- spielhafte Liste derartiger kleinerer baulicher Anlagen. Zwar sind Mess- und Warnsysteme in dieser Aufzäh- lung nicht explizit genannt, von der Intensität mög- licher Auswirkungen dürften sie aber den dort genann- 54) Das sind ua auch Bauvorhaben, an denen keine bau- polizeilichen Interessen bestehen. 55) § 24 Abs 1 Z 2 oö BauO: âErrichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Ãnderung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verwendung, GröÃe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen oder das Orts- oder Landschaftsbild zu stören.â § 18 Abs 1 lit c vlbg BauG: âdie Errichtung oder wesentliche Ãnderung von Bauwerken, die keine Gebäude sind, sofern durch diese Bauwerke Gefahren für die Sicherheit oder die Gesundheit einer groÃen Anzahl von Menschen entstehen könnenâ, zB Tribünen, offene Parkdecks udgl. 56) Vgl dazu Giese, Salzburger Baurecht (2006) 148, wo- nach die âBetretbarkeitâ durch Menschen eine (Raum-) Ãff- nung (zB Tür) sowie eine gewisse MindestgröÃe des Raumes erfordert. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme98 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 ten Vorhaben durchaus vergleichbar sein, so dass auch für die Steiermark vom Entfall einer Bewilligungs- pflicht auszugehen ist. Zusammenfassend lässt sich daher zur Bewilligungs- pflicht nach den Bauordnungen Folgendes festhalten: Mess- und Warnsysteme sind nur dann vom Anwen- dungsbereich der Bauordnungen erfasst, wenn die schon genannten Voraussetzungen einer âbaulichen Anlageâ erfüllt sind. Nach manchen Bauordnungen sind bau- liche Anlagen dann vom Anwendungsbereich ausge- nommen, wenn für sie eine wasserrechtliche Bewilli- gung erforderlich ist. Nach der tir BauO sind derartige Systeme explizit ausgenommen. Sollte die genannte Ausnahme vom Anwendungsbereich nicht greifen, so sehen die meisten Bauordnungen eine Bewilligungs- pflicht nur für den Fall vor, dass eine Anlage bestimmte Störungen, Belästigungen oder Gefahren verursacht, Auswirkungen also, die auf Mess- und Warnsysteme mE nicht zutreffen (Oö, Nö, Vlbg). Nicht zuletzt nehmen manche BauO (Bgld, Stmk) geringfügige Bauvorhaben von der Bewilligungspflicht aus und ich meine, dass derartige Mess- und Warnsysteme die Voraussetzungen der Geringfügigkeit nach den zitierten Bestimmungen durchaus erfüllen. Eine Bewilligungspflicht kommt demnach nur nach der krnt BauO und der wr BauO in Betracht. VI. Zivilrechtliche Aspekte A. Vertragsrechtliche Einordnung Der Vertrag über die Errichtung einer Mess- bzw Warnanlage für Naturgefahren ist grundsätzlich als Werkvertrag gemäà § 1151 Abs 1 zweiter Satz ABGB zu qualifizieren: Mess- bzw Warnanlagen müssen jeweils an die örtlichen Gegebenheiten (Topographie, Geolo- gie, Vegetation, Gefährdungssituation etc) angepasst werden (Standortwahl, Aufstellung, entsprechende Ka- librierung etc) und sind daher im werkvertragsrecht- lichen Sinn eigens für den Besteller hergestellt, werden also unter Beachtung der spezifischen Umstände und im Sinne seiner speziellen Vorstellungen und Anwei- sungen errichtet.57) Ãberhaupt wird das individuelle Errichten von (technischen) Anlagen in der herr- schenden Lehre und Rechtsprechung durchgehend als Werk und der zugrunde liegende Vertrag als Werkver- trag (eventuell mit Elementen einer Geschäftsbesor- gung) qualifiziert.58) Auch die gegenständlichen Warn- 57) Vgl Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 27 mit Verweis auf Keusen, Warn- und Ãberwachungssysteme (Frühwarndiens- te) in Tagungsband des FAN Forums an der ETH Zürich (1997); Krejci in Rummel (Hrsg), Kommentar zum ABGB I³ (2000) §§ 1165, 1166 Rz 4 mwH; Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts13 II (2007) 254 f; Rebhahn in Schwimann (Hrsg), Praxiskommentar zum ABGB V³ (2006) § 1165 Rz 2 sowie § 1166 Rz 2. 58) Vgl Krejci in Rummel (FN 57) §§ 1165, 1166 Rz 12 mwH; Rebhahn in Schwimann (FN 57) § 1165 Rz 12 mwH. und Messsysteme sind als derartige technische Anlagen zu qualifizieren.59) In manchen Fällen ist allerdings nicht allein von einem Werkvertrag auszugehen. In Betracht kommen zusätzlich unter anderem Kauf- oder auch Mietverträge über einzelne (Standard-) Geräte.60) Selbst dann liegt jedoch hinsichtlich der Errichtung der Anlage selbst, also der Installation der Geräte, Sensoren etc haupt- sächlich aufgrund der Anpassung an die konkreten Ge- gebenheiten ein Werkvertrag vor.61) Allenfalls wäre auch an einen gemischten Vertrag zu denken, bei dem die verschiedenen Vertragstypen zuzuordnenden Leis- tungen des errichtenden Vertragspartners einer einheit- lichen Gegenleistung (Zahlung) gegenüberstehen.62) Ein Vertrag über die Wartung und regelmäÃige (zB wöchentliche) Ãberwachung der Anlage (Kontrolle der Funktionstüchtigkeit, Wechseln der Videobänder etc) kann mit dem Errichter selbst oder aber auch mit einem anderen Vertragspartner abgeschlossen werden. Eben- so kann die laufende Datenanalyse und -auswertung Gegenstand eines gesonderten Vertrages mit einem weiteren Unternehmer sein.63) Je nach der individuellen Gestaltung handelt es sich dabei um Werk- oder freie Dienstverträge.64) B. Pflichten aus dem Werkvertrag über die Anlagenerrichtung Die Verpflichtungen des Werkunternehmers ergeben sich in erster Linie aus der Leistungsbeschreibung, wel- che den Hauptbestandteil des Werkvertrages bildet.65) Analog zur herrschenden Meinung bezüglich IT-Ver- träge ist es Aufgabe des Bestellers, die Anforderungen an das Mess- bzw Warnsystem zu formulieren. Genaue technische Vorgaben, Details, Methoden etc müssen davon jedoch nicht erfasst sein. Ebenso ist eine Prüfung des aufgrund der Anforderungsdefinition erstellten technischen Realisierungskonzepts (âPflichtenheftâ) 59) Vgl dazu auch OGH 15.7.1999, 6 Ob 51/99i, RdW 1999, 713: Installation einer Beleuchtungs- und Alarmanlage als Werkvertrag. 60) ZB Anlage Eiblschrofen II und IV: vgl Lebensministe- rium (Hrsg), Warn- und Messsysteme (FN 8) 49 und 51. 61) Vgl dazu auch die Trennung des Vertrages über die Errichtung eines Fertighauses vom Kaufvertrag über das Fertighaus in Rebhahn in Schwimann (FN 57) § 1165 Rz 10 mwH. 62) Vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht (FN 57) 14; Staudegger, Rechtsfragen beim Erwerb von IT-Systemen, in Jahnel/Schramm/Staudegger (Hrsg), Informatikrecht² (2003) 89. 63) Vgl Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 74 und 93. 64) Vgl zum freien Dienstvertrag Pfeil in Schwimann (FN 57) § 1151 Rz 30 ff; OGH 15.11.2001, 8 Ob A 95/01f, Arb 12.168: Die Tätigkeit eines Aufzugbetreuers, der als Miteigen- tümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft die War- tungsarbeiten nebenberuflich regelmäÃig (täglich) â wenn auch nach freier Zeiteinteilung verrichtet â ist als freier Dienstvertrag zu qualifizieren. 65) Vgl Rebhahn in Schwimann (FN 57) § 1165 Rz 27. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme 99 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 oder gar technischer Spezifikationen dem Besteller grundsätzlich nicht zumutbar.66) Aus der werkvertraglichen Warnpflicht gemäà § 1168a dritter Satz ABGB folgt, dass der Werkunter- nehmer den Besteller über die Möglichkeiten und Ri- siken des in Aussicht genommenen bzw vertraglich geschuldeten Werkes aufklären und vor Gefahren war- nen muss. Ergeben etwa die Berechnungen des Werk- unternehmers, dass im Zeitraum zwischen Alarmaus- lösung und Eintreten eines Schadensereignisses keine ausreichenden schadensvermindernden MaÃnahmen durchführbar sind, somit also keine vernünftige Warn- zeit erreichbar ist, so hat er entweder von der Errich- tung einer Frühwarnanlage gänzlich abzuraten oder eine sinnvolle Alternative hinsichtlich Technik und Methoden vorzuschlagen.67) Des Weiteren ist wohl auch von Warnpflichten hinsichtlich der Anweisungen des Bestellers bezüglich der zu messenden Parameter und der zu verwendenden Messgeräte im Hinblick auf deren ZweckmäÃigkeit und Verlässlichkeit auszuge- hen.68) Ebenso könnten mE Warnpflichten hinsichtlich der für die Sensoren und Kameras geplanten Standorte (zB Geophone nicht in unmittelbarer Nähe eines Ver- kehrsweges), deren Temperatureinsatzbereich und Feuchtigkeitsbeständigkeit bestehen.69) C. Gewährleistung Gewährleistungsansprüche kommen allgemein erst ab Ablieferung (Ãbergabe und Ãbernahme) des Werks in Betracht.70) Der Werkbesteller muss eine mangelhafte Anlage nicht annehmen, sondern kann sie zurückwei- sen. In diesen Fällen sind die Verzugsregeln (§§ 918 ff ABGB) anzuwenden.71) Angesichts ihrer Komplexität empfiehlt sich bei Verträgen über die Errichtung von Mess- bzw Warnanlagen eine detaillierte Vereinbarung über die Abwicklung eines Ãbernahmeverfahrens zur Feststellung der grundsätzlichen Funktionsfähigkeit der Anlage mit definierten Kriterien und einem Ãber- nahmeprotokoll, wie dies unter anderem bei Software- bzw IT-Verträgen ständige Praxis ist.72) Bezüglich der Beurteilung der Mangelhaftigkeit der Anlage kommt der erwähnten Leistungsbeschreibung zentrale Bedeutung zu. Darin sind möglichst klare Aussagen zu treffen. Vor allem der genaue Verwen- dungszweck (Warnung oder nur Messung) sollte ein- deutig festgelegt werden.73) In jedem Fall haftet der Werkunternehmer gemäà § 922 Abs 1 zweiter Satz 66) Vgl Staudegger, Rechtsfragen (FN 62) 96 ff mwH. 67) Vgl zum Kriterium der erreichbaren Warnzeit Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 73. 68) Vgl zur zentralen Bedeutung der Auswahl der rich- tigen Sensoren Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 56. 69) Vgl zu den Sensorenstandorten Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 52. 70) Vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht (FN 57) 66. 71) Vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht (FN 57) 65. 72) Vgl Staudegger, Rechtsfragen (FN 62) 103. 73) Vgl zur Mangelhaftigkeit als Voraussetzung der Ge- ABGB für die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaf- ten und die Verwendbarkeit gemäà der Natur des Ge- schäftes. Bei Prototypen bzw Erstlingskonstruktionen ist es allerdings schwierig, diese gewöhnlich vorausge- setzten Eigenschaften zu eruieren, da eine âVerkehrs- üblichkeitâ in diesem Sinne (noch) nicht existiert. Al- lerdings lässt sich eine Verkehrsauffassung dahinge- hend annehmen, dass ein System, das die Bezeichnung Messanlage trägt, wohl zumindest überwiegend authentische Messergebnisse liefern soll und auf Natur- gefahren ausgerichtete Anlagen auch extremen witte- rungsbedingten Belastungen standhalten können. Die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften sind aller- dings zusätzlich nach dem jeweiligen Stand der Tech- nik zu beurteilen. Wie bei IT-Verträgen ist es wohl auch hier Sache des Sachverständigen, eine durchschnitt- liche Fehlerquote bezüglich Messungenauigkeiten, Fehlalarme und Ausfälle (Unterbrechung der Messung, Probleme bei der Datenübertragung, im schlimmsten Fall kein Alarm im Ereignisfall) festzusetzen, in deren Rahmen Fehler als unvermeidbar hinzunehmen sind und keine Mangelhaftigkeit im Sinne des Gewährleis- tungsrechts begründen.74) Je nachdem, ob eine Mess- bzw Warnanlage als be- wegliche oder unbewegliche Sache zu qualifizieren ist, beträgt die Gewährleistungsfrist gemäà § 933 Abs 1 erster Satz ABGB zwei oder drei Jahre. Nach Welser kommt es für die Qualifikation als unbeweglich zu- nächst darauf an, ob überhaupt eine Verpflichtung übernommen wurde, bei deren Erfüllung Arbeiten an unbeweglichen Sachen vorzunehmen sind. Bei Vorlie- gen dieser Prämisse ist die Dreijahresfrist seiner An- sicht nach dann anzuwenden, wenn der vertraglich geschuldete Erfolg die gewöhnlichen Funktionen der unbeweglichen Sache ermöglicht. AuÃerdem können auch aus der typischen Verwendungsbestimmung der mangelhaften Sache selbst Schlüsse gezogen werden.75) Nach dieser Ansicht ist somit die funktionelle Verbin- dung eines Werkes mit einer unbeweglichen Sache ent- scheidend. Dementsprechend sind Mess- bzw Warnan- lagen in der Regel als unbewegliche Sachen zu qualifi- zieren und ist daher die dreijährige Gewährleistungs- frist anzuwenden. Sie dienen (dem Schutz) einer unbe- weglichen Sache und erfüllen ohne die Verbindung mit Grund und Boden keine Funktion.76) Daher sind auch die Bestimmungen zur Mängelrügeobliegenheit nach § 377 UGB auf Mess- und Warnanlagen grundsätzlich nicht anwendbar.77) währleistung Kurschel, Die Gewährleistung beim Werkver- trag (1989) 15 ff. 74) Vgl Staudegger, Rechtsfragen (FN 62) 105 f; OGH 29.5. 1996, 3 Ob 2004/96v. 75) Vgl Welser, Zwei Fragen des Gewährleistungsrechts, JBl 1982, 585 ff (590). 76) Vgl Kurschel, Gewährleistung (FN 73) 95 ff; Reischauer in Rummel (FN 57) § 933 Rz 4 mwH; OGH unter anderem JBl 1986, 448. 77) § 381 Abs 2 UGB. Auch nach dem bis 1.1.2007 gelten- den HGB war eine Anwendung der Regelungen über die Män- D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme100 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 Da die im Regelfall beschaffenden Gebietskörper- schaften gemäà § 1 Abs 2 zweiter Satz KSchG als Un- ternehmer im Sinne des KSchG gelten, kann die Ge- währleistungspflicht innerhalb der Grenzen des § 879 Abs 1 ABGB vertraglich abgeändert werden.78) In die- sem Zusammenhang ist wieder von besonderer Bedeu- tung, dass Frühwarnsysteme derzeit Prototypen dar- stellen. Daher könnte es als zulässig zu erachten sein, im Vertrag vorzusehen, dass der Werkunternehmer nicht für den Eintritt eines bestimmten Erfolges haftet bzw einstehen muss, womit die rechtzeitige Alarmie- rung gemeint sein könnte. Der Grund dafür kann darin liegen, dass der Unternehmer selbst an der hundertpro- zentigen Realisierung des Erfolges zweifelt, weil er noch keine bzw keine ausreichenden Erfahrungen gemacht hat. Sein Interesse an einer Haftungsbeschränkung ist daher durchaus legitim.79) D. Schadenersatz Vorauszuschicken ist, dass der Murgang als solcher selbstverständlich auch mittels Errichtung einer voll- kommen funktionstüchtigen Mess- bzw Warnanlage nicht verhindert werden kann. Das vorhandene Scha- densrisiko kann damit zwar minimiert, nicht jedoch völlig ausgeschaltet werden. Es bleibt in weiten Bereichen daher beim Grundsatz âcasum sentit dominusâ.80) In Betracht kommt nur die Geltendmachung eines An- spruches auf Ersatz jener Schäden, die auf eine mangel- hafte Konstruktion oder Errichtung der Anlage zurück- gehen und daher vermieden hätten werden können. Zunächst ist an eine Haftung wegen Vertragsver- letzung zu denken. Der vertragsbrüchige Teil â der Werkunternehmer â muss dem anderen Teil â dem Werkbesteller â Ersatz für jene Schäden leisten, die dadurch verursacht wurden, dass die Anlage mangel- haft ist.81) Im Rahmen der Anspruchsprüfung ist im gegebenen Zusammenhang die Kausalität von zentraler Bedeutung: Das Versagen der Anlage im Ereignisfall bzw ihre Neigung zu Fehlalarmen kann auf eine fehler- hafte Konstruktion bzw auf eine mangelhafte tech- nische Ausführung zurückzuführen sein.82) Es kann auch an einem Berechnungsfehler liegen, wenn der Grenzwert zu hoch gesetzt wurde, daher kein Alarm ausgelöst wird und Schäden eintreten. Wäre der Scha- gelrüge auf Werkverträge über die Herstellung einer unbe- weglichen Sache ausgeschlossen (§ 381 Abs 2 HGB). 78) Vgl § 929 zweiter Halbsatz ABGB; Krejci in Rummel (FN 57) § 879 Rz 106 f; Kurschel, Gewährleistung (FN 73) 120 ff; P. Bydlinski, Beschränkung und Ausschluss der Ge- währleistung, JBl 1993, 559 ff und 631 ff (560). 79) Vgl Rebhahn in Schwimann (FN 57) § 1165 Rz 33 â âErstlingswerkâ; OGH JBl 1966, 562. 80) Vgl Karner in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), ABGB Kommentar² (2007) § 1311 Rz 1; Harrer in Schwimann (Hrsg), Praxiskommentar zum ABGB VI³ (2006) § 1311 Rz 2 mwH. 81) Vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht (FN 57) 337. 82) Vgl Schmidt, Warnsysteme (FN 6) 76. den durch eine mangelfreie Konstruktion und korrekte Grenzwertsetzung zu vermeiden gewesen, dann ist Kausalität gegeben. Im Wesentlichen ist zu fragen, wel- che MaÃnahmen in der erreichbaren Warnzeit gesetzt hätten werden können (passive temporäre SchutzmaÃ- nahmen wie StraÃensperrungen, Evakuierungen uä). Diese Feststellungen hat ein Sachverständiger zu tref- fen. Des Weiteren ist hier das Erfordernis der Rechts- widrigkeit relevant: Ein Verhalten gilt allgemein erst dann als rechtswidrig, wenn unter AuÃerachtlassung der objektiven Sorgfaltsanforderungen Verhaltens- pflichten verletzt werden.83) Folglich handelt der Werk- unternehmer nicht rechtswidrig, wenn er bei der Erfül- lung des Vertrages über die Errichtung einer Mess- bzw Warnanlage die objektiven Sorgfaltsanforderungen be- folgt. Dies wird wohl der Fall sein, wenn er sich an die Regeln der Technik hält. Hier ist wieder relevant, dass eine absolute Zuverlässigkeit der Anlage nicht realisiert werden kann und daher grundsätzlich nicht vertraglich geschuldet ist. Solange sich Ausfälle sowie Fehlalarme im Rahmen der festgelegten Quote (Toleranzgrenze) halten, ist daher keine Rechtswidrigkeit anzunehmen und scheidet ein Schadenersatzanspruch aus. Fraglich ist, ob sich eine Haftung auch aus der Ver- letzung eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ergeben kann. In Betracht kommen Liegen- schafts- bzw Objekteigentümer, aber auch andere Per- sonen, die sich aus sonstigen Gründen im jeweiligen Einzugsgebiet aufhalten (StraÃen- bzw Bauarbeiter) oder deren Eigentum dort von einer Naturgefahr be- droht ist. Die Frage nach der Anwendbarkeit der Kon- struktion des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist allerdings mit erheblicher Rechtsunsicher- heit verbunden, da konträre Aussagen über seinen An- wendungsbereich und seine Grenzen vorliegen.84) Für die gegenständliche Untersuchung liegt das Haupt- problem darin, dass der Umfang des geschützten Per- sonenkreises schwierig festzulegen ist. So mögen die Eigentümer von im betroffenen Gebiet befindlichen Objekten in den Schutzbereich einbezogen sein, wäh- rend Hotelgäste wohl nicht mehr umfasst sind. Zu erwägen ist auÃerdem die Heranziehung des Pro- dukthaftungsgesetzes (PHG)85) als Haftungsgrundlage für den Ersatz von Schäden aufgrund fehlerhafter Warnanlagen. Gemäà § 5 Abs 1 PHG ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist. Es stellt sich daher die Frage, welche be- rechtigten Sicherheitserwartungen an die Anlage bzw ihre Bestandteile gestellt werden können. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der Alar- mierungsfunktion der Anlage eine bestimmte Zeit lang wohl überhaupt keine berechtigten Sicherheitserwar- 83) Vgl Koziol, Ãsterreichisches Haftpflichtrecht I³ (1997) 4/13 ff. 84) Vgl Harrer, Schadenersatzrecht (1999) 69. 85) Produkthaftungsgesetz BGBl 1988/99, zuletzt ge ändert durch BGBl I 2001/98. D. Hattenberger und A. Wöllik · Mess- und Frühwarnsysteme 101 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 tungen angenommen werden dürfen, da sich die Anla- ge im âProbebetriebâ befindet, der sich auch über Jahre hinweg erstrecken kann. Dieser Ansicht nach wäre eine Haftung nach dem PHG für Schäden infolge des Aus- falles einer Warnung im Ereignisfall mangels eines pro- dukthaftungsrechtlich relevanten Fehlers überhaupt auszuschlieÃen. Nach § 8 Z 2 PHG kann die Haftung auÃerdem durch den Nachweis ausgeschlossen werden, dass die Eigenschaften des Produkts nach dem Stand der Wissenschaft und Technik zu dem Zeitpunkt, zu dem es der in Anspruch Genommene in den Verkehr gebracht hat, nicht als Fehler erkannt werden konnten. Die Haftung nach dem PHG soll nicht eingreifen, wenn der Fehler trotz Einhaltung der höchsten Sorgfalt für den Haftpflichtigen unvermeidbar war.86) VII. Schlussbemerkung (Naturgefahren-)Frühwarn- und Messsysteme sind eine relativ junge Erscheinung in der Naturgefahrenbe- 86) Vgl Welser/Rabl, Produkthaftungsgesetz (2004) § 8 Rz 1. kämpfung, dementsprechend wenig bearbeitet sind bis- lang auch damit im Zusammenhang stehende Rechts- fragen. Angesichts der Tatsache, dass aus verschiedenen Gründen87) das Naturgefahrenpotential steigt, steigt auch die Bedeutung der Bemühungen um einen wirk- samen Schutz vor Naturgefahren. Es ist daher davon auszugehen, dass Frühwarn- und Messsysteme als eine Strategie eines wirksamen Schutzes vor Naturgefahren in Zukunft verstärkt zum Einsatz kommen werden, demnach werden auch damit im Zusammenhang ste- hende Rechtsfragen an Aktualität gewinnen. Mit dem vorliegenden Beitrag sollte diesbezüglich ein erster âRundblickâ unternommen werden. Korrespondenz: Ass.-Prof. Dr. Doris Hattenberger, Univ.- Ass. Mag. Anna Wöllik, Institut für Rechtswissenschaft, Uni- versität Klagenfurt, UniversitätsstraÃe 65â67, 9020 Klagen- furt, Ãsterreich, e-mail:
[email protected];
[email protected] 87) Zunahme von Starkniederschlägen aufgrund der glo- balen Erwärmung, abnehmende Schutzfunktion des Waldes, kritische Bodensituationen ua.