Z Erziehungswiss (2014) 17:349–367 DOI 10.1007/s11618-013-0477-y © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Prof. Dr. I. Züchner () Philipps-Universität Marburg, FB Erziehungswissenschaften, 35032 Marburg, Deutschland E-Mail:
[email protected] Dr. N. Fischer Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), Schloßstraße 29, 60486 Frankfurt am Main, Deutschland E-Mail:
[email protected] Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen – Ist die Ganztagsschule ein Instrument zur Entkopplung des Zusammenhangs von sozialer Herkunft und Bildungserfolg? Ivo Züchner · Natalie Fischer Zusammenfassung: Eine zentrale politische Zielsetzung für den Ausbau von Ganztagsschulen in Deutschland war die Verminderung des starken Zusammenhangs von sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Der Beitrag untersucht im Sinne einer Zwischenbilanz auf Basis der deutschen Ganztagsschulforschung und internationaler Forschung zu außerunterrichtlicher Aktivitäten in- wieweit es empirische Hinweise für pädagogische und dabei kompensatorische Effekt durch ganztägige Angebote in Schulen gibt. Zudem werden Daten der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) herangezogen. Insgesamt zeigen sich stärkere Effekte von Ganztags- schulen auf soziales Lernen als auf Schulleistungen. Allerdings gibt es erste Hinweise auf kom- pensatorische Wirkungen. Schlüsselwörter: Ganztagsschule · Soziale Herkunft · Bildungserfolg · Ganztagsangebote Compensatory effects of extracurricular activities in German schools: Can “all day schools” weaken the link between socio-economic background and academic achievement? Abstract: The introduction of “all-day schools” (i.e. schools that provide extended education times and extracurricular activities) has been a major topic in educational debates in Germany in the last decade. One of the main goals for expanding the provision of all-day schooling in Germany was to support the development of academic skills and abilities of all students indepen- dent of their socio-economic-background. Based on empirical results of current studies and the data of the “study of the development of all day schools” educational effects of extracurricular activities are analyzed. Typically studies show that extracurricular participation supports social learning rather than academic achievement. Nonetheless, data provide first hints of compensatory 350 I. Züchner und N. Fischer effects. Thus all-day schools can weaken the link between socio-economic background and academic achievement. Keywords: All day school · Socio-economic background · School performance · Extra-curricular activities Die Ganztagsschule hat in Deutschland in den letzten Jahren enormen Aufschwung erfah- ren. So hat sich zwischen 2002 und 2010 der Anteil der Ganztagsschulen (bzw. „schu- lischen Verwaltungseinheiten“ mit Ganztagsbetrieb) laut Angaben der KMK von 16 auf rund 51 % erhöht, gegenüber 871.000 Ganztagsschülerinnen und -schülern 2002 wurden im Schuljahr 2010/2011 insgesamt 2,15 Mio. Schülerinnen und Schüler an allgemein- bildenden Schulen von der KMK als Ganztagsteilnehmerinnen und -teilnehmer geführt (KMK 2008, 2012). Die Ganztagsschule gilt als Hoffnungsträger bezüglich einer ganzen Reihe bildungs- politischer Herausforderungen: Neben der Erweiterung der Bildungs- und Lernmög- lichkeiten und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf war eine zentrale Erwartung an den Ganztagsschulausbau, dass die Ganztagsschulen bessere und indivi- duellere Fördermöglichkeiten bieten und zum Abbau herkunftsbedingter Unterschiede beim Bildungserfolg beitragen können. Entsprechend rückt die Frage nach individuellen Wirkungen des Ganztagsschulbesuchs in den Mittelpunkt. Der vorliegende Beitrag wid- met sich in einer Art erster Bilanz der entstandenen Ganztagsschulforschung den ent- sprechenden Fragen: Führt Ganztagsschulbesuch bzw. ganztägiger Schulbesuch generell zu anderen oder sogar besseren Lernergebnissen? Und: Halten Ganztagsschulen gerade für Kinder aus ressourcenärmeren Haushalten besondere Potenziale bereit, um herkunfts- bedingte Bildungsungleichheiten auszugleichen? 1 Ganztagsschule und der Ausgleich herkunftsbedingter Ungleichheiten Mit der PISA-Studie 2000, die 2001 eine neue Bildungsdebatte auslöste, wurde auch die Frage der Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft wieder in den Blick gerückt (Baumert und Schümer 2001). Eine solche Debatte war schon in den 1960er-Jahren entstanden, sie bedeutete damals den Auftakt der Bildungsreform. Und auch in den 1960er-Jahren wurde die Ganztagsschule (damals in Verbindung mit einem Gesamtschulsystem für die Sekundarstufe I) als Instrument für die Bekämpfung von Bil- dungsarmut und Bildungsungleichheit angesehen (Ludwig 2005). Ein entsprechendes Gesamtsystem konnte sich jedoch in den Ländern nicht durchsetzten. Die gesellschaftliche Herausforderung lag (und liegt bis heute) darin, dass Kinder aus Familien aus niedrigeren sozialen Schichten bzw. ressourcenärmeren Haushalten deut- lich geringere Chancen auf den Besuch höherer Bildungsinstitutionen und das Erreichen höherer Bildungsabschlüsse hatten und haben (Dahrendorf 1965; Becker 2009). In der Analyse der Reproduktionsmechanismen sozialer Ungleichheit im Bildungssystem wurde in den Folgejahren nach Boudon (1974) zwischen einem „primären“ und einem „sekun- dären“ Effekt unterschieden, da Bildungsungleichheit zum einen über Unterschiede im Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen … 351 erreichten Leistungsniveau (primärer Effekt), zum anderen durch unterschiedliche Ent- scheidungen bei der Wahl der Bildungslaufbahn in Abhängigkeit von der sozialen Posi- tion (sekundärer Effekt) entstehen (Ditton et al. 2005; Merkens 2012). Eine neue Diskussion darüber entstand durch die Resultate aus der PISA-Studie 2000, die einer breiten Öffentlichkeit zeigten, dass Bildungserfolg hierzulande stark an die soziale Herkunft gekoppelt ist, so stark wie in fast keinem anderen OECD-Staat (Baumert und Schümer 2001). Dies wurde in der PISA-Studie deutlich am sogenannten „sozialen Gradienten“, dem Zusammenhang zwischen Kompetenzen und sozialer Herkunft. Zudem zeigte sich, dass in der Risikogruppe, also unter den 10 % der Schülerinnen und Schüler, deren Fähigkeiten und Kenntnisse in der 9. Klasse nicht mehr als hinreichend bezeichnet werden können, überproportional viele Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und Kinder mit Migrationshintergrund vertreten waren. Diese Befunde sind in den Folgejahren immer wieder bestätigt worden (zuletzt Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012). Eine der wesentlichen Reaktionen auf die verschiedenen Herausforderungen der PISA-Ergebnisse war das Investitionsprogramm Zukunft, Bildung und Betreuung (IZBB) von Bund und Ländern, das bundesweit eine Intensivierung des Auf- und Ausbaus von Ganztagsschulen zu Folge hatte. Obwohl bis dahin nur wenige empirische Resultate zur Wirkung ganztägiger Schulorganisation vorlagen, wurde davon ausgegangen, dass Ganz- tagsschulen besondere (bessere) Lernpotenziale besitzen und dort herkunftsbedingte Unterschiede weniger stark zum Tragen kommen.1 Das basierte unter anderem auf fol- genden Annahmen: 1. Ganztagsschulen bieten über den Tag verteilt mehr Zeit zu lernen und daher mehr Chancen für individuelle Betreuung und Unterstützung. 2. Hausaufgabenhilfe, Lernzeiten und Förderangebote in der Ganztagsschule haben das Potenzial, in Elternhäusern fehlende Ressourcen für die Lernunterstützung zu kompensieren. 3. Die Inanspruchnahme außerschulischer Aktivitäten im Sport oder musisch-kulturel- len Bereich (in Vereinen und Organisationen) ist schichtspezifisch verteilt (Engel und Treibleichen 2011; Thole und Höblich 2008). Ganztagsschule bietet die Möglichkeit, herkunftsspezifische Ungleichheiten bezüglich dieser Bildungserfahrungen zu redu- zieren, Kindern und Jugendlichen aus ressourcenärmeren Familien neue Bildungs- erfahrungen zu ermöglichen und zu helfen, dass diese sich als Person mit (neuen und anderen) Stärken erfahren. 4. Neue Freizeit- und bildungsbezogene Elemente der Schule können Vorbehalte und Ängste im Umgang mit Schule auch im Unterricht senken, Schule wird nicht nur als Unterricht erfahren. 5. Lehrkräfte können in Zusammenarbeit mit anderem Personal einen neuen Blick auf Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler gewinnen. 6. Neue Arbeitsformen oder neue Organisationsformen des Schulalltags (wie zum Bei- spiel die Rhythmisierung von Unterricht und Angeboten) können gerade Kindern und Jugendlichen, die mit einer auf Unterricht beschränkten Schule Schwierigkeiten haben, neue Motivation und Möglichkeiten bieten. Konzeptionell wird damit eine kompensatorische Funktion der Ganztagsschule ange- nommen: Die Ressourcen, die die Herkunftsfamilie nicht vermitteln kann (oder die Stig- 352 I. Züchner und N. Fischer matisierungsprozesse, die durch herkunftsbedingte Zuschreibungen im Bildungsprozess entstehen), die eingeschränktere Teilhabe an anderen Lernerfahrungen oder Unterstüt- zungssystemen (wie Nachhilfeschulen) soll durch intensiveres, anderes Lernen und bes- sere Förderung in den Ganztagsschulen kompensiert werden. Gleichzeitig wird weniger schuldistantes Verhalten gerade von Kindern aus sogenannten „bildungsfernen Schich- ten“ erhofft. Empirische Studien zum Verhältnis von Schule und Familie weisen darauf hin, dass die häusliche familiäre Unterstützung einen wesentlichen Beitrag zum Schulerfolg leis- tet (zusammenfassend Sacher 2008; Catsambis 1998; Shaver und Walls 1998). Entspre- chend stellt sich für die Ganztagsschule mit Blick auf eine kompensatorische Funktion die Frage, inwieweit die Ganztagsschule für diejenigen, die entsprechende Ressourcen zu Hause nicht zur Verfügung haben, besonders unterstützend wirken kann. Für eine solche kompensatorische Wirkung sind aber mindestens drei Voraussetzun- gen nötig: 1. Kinder mit entsprechendem Unterstützungsbedarf müssen entsprechend am Ganz- tagsbetrieb der Schulen teilnehmen, was gerade bei Ganztagsschulmodellen mit frei- williger Teilnahme nicht selbstverständlich ist. 2. Die Teilnahme an Ganztagsangeboten sollte zu positiven Auswirkungen auf die indi- viduelle Entwicklung der Schülerinnen und Schüler führen. 3. Die wahrgenommenen Ganztagsangebote und Möglichkeiten sollten außerdem tat- sächlich zu einer gewissen Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg – innerhalb der eingeschlagenen Schulwege – führen. Die Frage, inwieweit diese Voraussetzungen in der Ganztagsschule erfüllt sind, ist das zentrale Untersuchungsinteresse des vorliegenden Beitrags. Ihr wird auf der Basis der Resultate vorliegender Studien (Abschn. 2) sowie der Ergebnisse der StEG (Abschn. 3) nachgegangen. 2 Forschungsstand zu pädagogischen und kompensatorischen Wirkungen von Ganztagsschulen2 Empirische Erkenntnisse über pädagogische Wirkungen von Ganztagsschulen lagen im deutschsprachigen Raum bis zum Beschluss des IZBB nur begrenzt vor. Bedingt durch den „PISA-Schock“ und den damit verbundenen stärkeren Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland erfolgte in den letzten Jahren zunehmend eine Beschäftigung mit diesem Forschungsgegenstand (zusammenfassend Radisch 2009). 2.1 Schichtspezifische Selektionsprozesse in der Teilnahme an Ganztagsangeboten Die Frage nach den Möglichkeiten der Minderung sozialer und ethnischer Disparitäten der Bildungsbeteiligung und des Kompetenzerwerbs legt zunächst die Betrachtung der Ausgewogenheit der Teilhabe an Ganztagsangeboten nahe. Aktuelle Studien geben Hin- weise auf gewisse Selektionseffekte in Ganztagsschulen, Teilnahme am Ganztagsbetrieb hängt unter anderem vom Ausbaugrad der Schulen, Schulformen und der Organisations- Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen … 353 form der Ganztagsschulen ab. So ergaben Mehrebenenmodelle im Rahmen der Begleit- forschung der offenen Ganztagsgrundschule in Nordrhein-Westfalen, dass Kinder aus Familien mit geringerem Sozialstatus eher seltener am Ganztagsangebot einer Schule teilnehmen (Beher et al. 2007; Prein et al. 2009; Börner et al. 2010). Demgegenüber sind Kinder mit Migrationshintergrund an offenen Ganztagsgrundschulen in Nordrhein-West- falen sogar überproportional häufig Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ganztagsbetrieb (Börner et al. 2010, S. 184). Mit Blick auf den sozioökonomischen Hintergrund der Fami- lien zeigen hingegen die Analysen der IGLU-2006-Daten – mit bundesweiter Stichprobe – in Bezug auf die Gesamtstichprobe aus gebundenen und offenen Ganztagsschulen (im Gegensatz zu Halbtagsschulen) eine niedrigere Beteiligung von Kindern, deren Eltern der „oberen Dienstklasse“ (EGP) angehören im Vergleich zu allen anderen Schülerinnen und Schülern (Holtappels et al. 2010). Die Daten der StEG (Abschn. 3) wiederum legen nahe, dass gerade in den offenen Ganztagsschulen eine gewisse soziale Selektivität vorhan- den ist und dass gerade offene Ganztagsgrundschulen bezogen auf den HISEI eher über- durchschnittlich hohe Ausprägungen in der sozioökonomischen Zusammensetzung der Schülerschaft ihrer Schule aufweisen als gebundene (Steiner 2009, S. 90 f.). Hinsichtlich der individuellen Nutzung offener Ganztagsangebote zeigte sich, dass freiwillige Ganz- tagsangebote vor allem in der Grundschule aber tendenziell auch in der Sekundarstufe I eher von Kindern aus bildungsnahen Schichten genutzt werden (Steiner 2009, S. 97 f., 2011b; Prein et al. 2009). Als wichtigster Grund für die geringere Teilnahme von Kindern aus ressourcenärmeren Haushalten erwiesen sich laut Elternaussagen in den Ganztags- schulstudien die für Ganztagsschulteilnahme entstehenden und privat aufzubringenden Kosten (z. B. Teilnahmegebühr, Essensgeld) (Prein et al. 2009). 2.2 Individuelle und kompensatorische Wirkungen Empirische Erkenntnisse über pädagogische Wirkungen von Ganztagsschulen liegen im deutschsprachigen Raum nur begrenzt vor und basierten gerade in den 1970er- und 1980er- Jahren eher auf kleineren Studien (Radisch und Klieme 2004). Bedingt durch den „PISA-Schock“ und den damit verbundenen stärkeren Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland erfolgte in den letzten Jahren zunehmend eine Beschäftigung mit diesem Forschungsgegenstand (zusammenfassend auch Radisch 2009) – wesentlich unterstützt durch das IZBB. Die vor dem IZBB bis 2003 publizierten Studien liefern, bedingt durch Einschränkungen hinsichtlich des Designs, generell nur schwache Hinweise auf die päd- agogische Wirkung ganztägiger Schulorganisation (hierzu ausführlich Holtappels et al. 2008, S. 42 f.; Radisch 2009). Im Wesentlichen zeigten sich meist keine signifikanten Unterschiede in den schulischen Leistungen; zum Teil schnitten die Schülerinnen und Schüler an ganztägig geführten Schulen sogar etwas schlechter ab (etwa Fendel 1967, S. 141 ff.; Eigler et al. 1977, S. 94 ff.; Witting 1997, S. 195 ff.). Vor dem Hintergrund eines meist niedrigeren durchschnittlichen sozialen Status der Schülerinnen und Schüler in den Ganztagsschulen gelang es jedoch, bessere Ergebnisse zu erreichen als zu erwarten gewesen wären. Insgesamt finden sich in den älteren Studien immer wieder Hinweise, die pädagogische Wirkungen der Ganztagsschule auf Sozialverhalten bzw. soziale Kompe- tenzen und im Hinblick auf das Schulklima nahe legen (etwa Joppich 1979, S. 638 ff.; Ipfling 1981, S. 6 f.; Witting 1997, S. 207 ff.; Köller und Trautwein 2003, S. 64 ff.; 354 I. Züchner und N. Fischer Klieme et al. 2005, S. 67 ff.). Systematische Auswirkungen auf Schulleistungen hingegen sind eher nicht belegt. Der Frage nach herkunftsspezifischen Wirkungen bzw. nach kom- pensatorischen Effekten wurde zumeist nicht nachgegangen. In neueren Studien zeigt sich: Auch im Urteil von Lehrkräften (Steinert et al. 2003) sowie Eltern und pädagogischem Personal (Börner et al. 2010; Wiesweg 2010) werden pädagogische Wirkungen der Ganztagsschule eher im Bereich des sozialen Lernens erzielt, während die Befragten weniger Veränderungen hinsichtlich der Schulleistungen berichten. Effekte hinsichtlich des sozialen Lernens konnten auch im Rahmen der im Land Brandenburg durchgeführten PIN-Studie nachgewiesen werden. Sie widmet sich anhand längsschnittlicher Daten der Entwicklung von sozialem Lernen und Freundschaftsbe- ziehungen nach dem Übergang in die Sekundarstufe (Jahrgangsstufe 7) (Kanevski und von Salisch 2011). Es zeigte sich, dass die Ganztagsschülerinnen und -schüler im Ver- gleich zu den Halbtagsschülerinnen und -schülern im Laufe eines Schuljahres eine höhere emotionale Fremdaufmerksamkeit entwickelten, stärker die Fähigkeit ausprägten, eigene Emotionen zu verfolgen und sich insgesamt weniger körperlich aggressiv verhielten (Kanevski und von Salisch 2011, S. 165 f.). Systematische Vergleiche von Kompetenzen von Halbtags- und Ganztagsschülerinnen und schülern wurden im Rahmen von Reanalysen der IGLU- und PISA-Daten vorge- nommen. Auf Schulebene ergaben sich in der Grundschulstudie keine Unterschiede im Leseverständnis zwischen Ganz- und Halbtagsschulen (Radisch et al. 2006). Die Aus- wertungen von IGLU 2006 auf Schülerebene weisen auf geringere Leseleistungen derer hin, die intensiv am Ganztagsbetrieb teilnehmen, hier betonen die Autoren mit Blick auf die Frage eines kausalen Zusammenhangs die geringe Aussagekraft der Daten aufgrund der querschnittlichen Anlage der Untersuchung. Sie interpretieren die geringere Leistung als „remediale Nutzung der Ganztagsangebote“ (Holtappels et al. 2010, S. 188), auf- grund derer sich eher leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler in Ganztagsangebo- ten finden. Auch für die Sekundarstufe I konnte anhand der PISA-Daten gezeigt werden, dass Nachmittagsangebote wie Hausaufgabenbetreuung und Fach- und Förderangebote vornehmlich von leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern besucht werden, Deutschangebote vornehmlich von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (Hertel et al. 2008). Gerade aufgrund dieser selektiven Teilnahme an einzelnen Angeboten sind Unter- schiede in Fachkompetenzen auf Basis querschnittlicher Daten nicht als Wirkungen zu interpretieren und nicht von Selektionseffekten zu unterscheiden (Hertel et al. 2008; Hol- tappels et al. 2010). Betrachtet man die internationale Forschung zur Wirkung der Teilnahme an außer- unterrichtlichen Angeboten im schulischen (und außerschulischen) Kontext, so liegen hier insbesondere aus den USA inzwischen einige Reviews und Metaanalysen von Längs- schnittstudien vor.3 Dabei werden Programme betrachtet, die sich die individuelle Förde- rung von fachlichen und sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zum Ziel setzen. Diese finden in verschiedenen Settings inner- und außerhalb von Schulen statt und sind sowohl hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung als auch hinsichtlich der Settings und der Intensität des Angebots mit Ganztagsangeboten vergleichbar.4 Auch hier ergeben sich immer wieder positive Wirkungen auf das Sozialverhalten und soziale Kompetenzen (Durlak et al. 2010). Allerdings zeigen sich auch häufig positive Zusammenhänge zwi- schen der Teilnahme und dem Schul- und weiteren akademischen Erfolg (Feldman und Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen … 355 Matjasko 2005; Durlak et al. 2010) und sogar mit Lese- und mathematischen Kompeten- zen (Lauer et al. 2006). Während die Untersuchung der Effekte außerunterrichtlicher Programme zunächst rein am Ergebnis orientiert erfolgte, werden in neueren Studien zunehmend die den Wir- kungen zugrunde liegenden Prozesse sowie die „Teilnahme-Dosis“ betrachtet. Überein- stimmend kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass insbesondere die dauerhafte Teilnahme an den Programmen Erfolge im Hinblick auf die Schulleistung zeitigt (Fiester et al. 2005; Mahoney et al. 2009). Kompensatorische Wirkungen. International verfolgen „after-school-programs“ häu- fig den Zweck, insbesondere Kinder aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status zu fördern (Lauer et al. 2006; Huang et al. 2007). Viele Befunde amerikanischer Studien weisen entsprechend auf kompensatorische Effekte der Teilnahme an außerunter- richtlichen Angeboten hin: Vor allem für benachteiligte Gruppen wie zum Beispiel Schü- lerinnen und Schüler aus niedrigen sozialen Schichten oder Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund scheint es protektive Effekte bezogen auf das Schulversagen und den vorzeitigen Schulabbruch, das Absinken von Schulnoten und Schulmotivation und die Zunahme von problematischem Sozialverhalten und Risikoverhalten zu geben (Tucker et al. 1995; Mahoney und Cairns 1997; Mahoney und Stattin 2000; Cosden et al. 2001; Huang et al. 2007). In Deutschland liegen erste Hinweise auf kompensatorische Wirkungen aus dem Grundschulbereich vor. Das Projekt „Ganztagsorganisation im Grundschulbereich“ (GO) an der FU Berlin untersuchte im Längsschnitt die Entwicklung von Schulleistungen von Schülerinnen und Schülern an Ganztagsgrundschulen (Merkens et al. 2009) in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen und hatte unter anderem die Überprüfung mög- licher kompensatorischer Wirkungen von Ganztagsschulen zum Ziel (Merkens 2012). Dabei wurden Kinder, die die Ganztagsangebote ihrer Schule nutzten, mit Schülerinnen und Schülern verglichen, die an diesen Angeboten nicht teilnahmen. Nach einem Schul- jahr zeigen sich hier leichte Leistungsvorteile im Lesen für Schülerinnen und Schüler, die am Ganztagbetrieb teilnehmen. Es ergab sich auch ein Hinweis auf kompensatorische Effekte: Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache erreichen höhere Leseleistungen, wenn sie an Ganztagsangeboten teilnehmen (Bellin und Tamke 2010). In weiteren längsschnittlichen Analysen dieser Studie wird dieser Befund bestätigt. So zeigt die GO-Studie stärkere Lernzuwächse für die Berliner Grundschulkinder, die am Ganz- tagsbetreib teilnehmen, gegenüber denen, die nicht teilnehmen, dabei ist der Zuwachs in gebundenen Schulen noch etwas größer als in offenen Ganztagsschulen (Bellin 2012, S. 170). Dies gilt für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund gleichermaßen. Auch in der Evaluation der offenen Ganztagsgrundschulen in Nordrhein-Westfalen deuten die Antworten der Eltern auf kompensatorische Wirkungen hin: Insbesondere Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und Migrationshintergrund scheinen von den Ganztagsangeboten zu profitieren, in der Wahrnehmung der Eltern auch im Hinblick auf Schulleistungen (Börner et al. 2010, S. 185 f.). Allerdings ergaben Reanalysen der IGLU-Daten auf Schulebene keine Unterschiede zwischen Halb- und Ganztagsschulen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen sozialem Status und Migrationshintergrund einerseits und dem Leseverständnis andererseits (Radisch et al. 2006). 356 I. Züchner und N. Fischer Kompensatorische Wirkungen anderer Art zeigen sich zudem in Bezug auf die Bil- dungsteilhabe an außerunterrichtlichen Bildungs- und Freizeitangeboten. So zeigten sich in der längsschnittlich angelegten MUKUS-Studie (Lehmann-Wermser et al. 2010), dass es den Ganztagsschulen offensichtlich gelingt, gerade für Kinder aus Familien mit gerin- gerem soziökonomischen Status, Lern- und Bildungserfahrungen in Bereichen wie Musik und Kunst, bereitzustellen, die sie in außerschulischen Angeboten nicht in dem Maße wie andere Kinder wahrnehmen (Krüger und Kötters 2000; Zerle 2008). Auch der Natio- nale Bildungsbericht 2012 weist auf das umfangreichere Angebot an kulturell-musischen Aktivitäten an Ganztagsschulen hin (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012). 3 Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) Im Folgenden werden Ergebnisse zu Wirkungen von Ganztagsschulen der StEG präsen- tiert. Dabei werden zunächst bislang veröffentlichte Ergebnisse bilanziert und in einem zweiten Schritt spezifischere Analysen mit Blick auf die Frage der Minderung herkunfts- spezifischer Unterschiede dargestellt. 3.1 StEG Die StEG ist ein Kooperationsprojekt des Deutschen Instituts für Internationale Päd- agogische Forschung in Frankfurt (DIPF), des Deutschen Jugendinstituts in München (DJI) und des Instituts für Schulentwicklungsforschung an der Technischen Universität Dortmund sowie der Justus-Liebig-Universität in Gießen, gefördert vom Bundesministe- rium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds. Insgesamt wurden von 2005 bis 2009 längsschnittlich und mehrperspektivisch Daten an Ganztags- schulen in 14 der 16 Bundesländer erhoben. Dabei wurden in drei Befragungswellen an 371 Ganztagsschulen der Primar- und Sekundarstufe Schulleitungen, Lehrkräfte, weite- res pädagogisch tätiges Personal, Kooperationspartner der Schulen sowie die Schülerin- nen und Schüler der 3., 5., 7. und 9. Klassen und deren Eltern befragt. Die Befragungen fanden 2005, 2007 und 2009 statt (ausführlich Furthmüller et al. 2011). Zur Auswertung lagen Daten von über 50.000 Schülerinnen und Schülern vor. Der Gesamtdatensatz der Sekundarstufe enthält dabei eine Schülergruppe, die 2005 in der 5. Klasse und in den fol- genden vier Jahren noch zweimal befragt wurde (Längsschnittstichprobe). Diese Gruppe umfasste 6.853 Schülerinnen und Schüler aus 210 Schulen. Aussagen über Wirkungen der Ganztagsschulen auf schulische Leistungen sind allerdings auf (selbstberichtete) Noten beschränkt, in StEG wurden keine Leistungstests durchgeführt. 3.2 Individuelle Wirkungen und Ganztagsteilnahme Entsprechend der unter Abschn. 1 dargestellten Voraussetzungen für kompensatorische Wirkungen werden anhand vorliegender Analysen von StEG individuelle Effekte der Teilnahme an Ganztagsangeboten dargestellt und um deskriptive Ergebnisse zu Teilnah- memöglichkeiten und Teilnahmeverhalten ergänzt. Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen … 357 Individuelle Wirkungen. Auch in StEG zeigen sich Wirkungen der Teilnahme vor allem in Bezug auf das Sozialverhalten (Fischer, Kuhn et al. 2011). Es wurde aber auch wiederholt untersucht, ob sich die Teilnahme an Ganztagsangeboten förderlich auf die Entwicklung der Noten in den Hauptfächern auswirkt (Fischer et al. 2009; Kuhn und Fischer 2011a). Als Indikator der motivationalen Entwicklung wurde die Motivation zu lernen, um eigene Kompetenzen zu erweitern (Lernzielorientierung) einbezogen (Fischer et al. 2009; Kuhn und Fischer, 2011a; Fischer, Brümmer et al. 2011). Gerade nach dem Übergang in die weiterführende Schule zeigt sich hier typischerweise ein Abfall der Motivation und eine Verschlechterung der Fachleistungen (Jacobs et al. 2002; Urdan und Midgley 2003). Auf der Basis der Befragungen von 2005 und 2007 haben Fischer, Kuhn et al. (2009) hierzu erste Analysen vorgelegt. Insgesamt zeigt sich im untersuchten Zeitraum von zwei Jahren, dass die Verschlechterung der Noten und der Motivationsabfall nach dem Über- gang in die Sekundarstufe bei den Schülerinnen und Schülern, die das Ganztagsangebot ihrer Schule nutzen, weniger stark verlaufen als bei ihren halbtags anwesenden Mitschü- lerinnen und Mitschülern, was als Hinweise auf eine protektive Wirkung gedeutet werden kann. Als wesentliche Einflussgröße in Bezug auf die Motivation erwies sich dabei die Angebotsqualität. Interessante Angebote, die sich am Vorwissen und den Autonomiebe- dürfnissen der Schülerinnen und Schüler orientieren, scheinen besonders geeignet, um die Lernmotivation aufrechtzuerhalten. Mit Vorliegen der Daten der dritten Erhebung konnte die Entwicklung der Längs- schnittstichprobe über drei Zeitpunkte anhand von Wachstumskurvenmodellen analysiert werden (Fischer, Brümmer et al. 2011; Kuhn und Fischer, 2011a). Fischer, Brümmer et al. (2011) untersuchten die Entwicklung der Lernzielorientierung über vier Jahre: Dabei zeigen sich keine signifikanten Einflüsse der Teilnahme an Ganztagsangeboten zu min- destens zwei Messzeitpunkten auf das Ausgangsniveau und die Entwicklung der Lernziel- orientierung mehr. Allerdings entwickelt sich die Lernzielorientierung bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund vergleichsweise positiv. Es ergaben sich aller- dings keine signifikanten Moderatoreffekte der sozialen oder ethnischen Herkunft, sodass hier kein Hinweis auf kompensatorische Wirkungen abgeleitet werden konnte. Für die Durchschnittsnote konnten Kuhn und Fischer (2011a) zeigen, dass die Ganz- tagsteilnehmerinnen und -teilnehmer einen schlechteren Ausgangswert aufwiesen, aber die Entwicklung der Noten bei denjenigen besonders positiv verlief, die die Ganztagsan- gebote dauerhaft (über mehrere Halbjahre) und intensiv (also häufiger pro Woche) nutz- ten. Auch erbrachten die StEG-Analysen, dass sich Wirkungen sowohl auf Noten als auf Sozialverhalten vor allem bei entsprechender Qualität von Ganztagsangeboten ergeben (Kuhn und Fischer 2011a; Fischer, Kuhn et al. 2011). Steiner (2011a) konnte zeigen, dass ein kontinuierlicher Ganztagsschulbesuch die Wahrscheinlichkeit von Klassenwiederho- lungen deutlich reduziert. Mit Blick auf außerunterrichtliche Aktivitäten und erweiterte Bildungsmöglichkeiten in den Bereichen Kultur und Sport zeigen auch die StEG-Ergebnisse, dass entsprechende Angebote in den Schulen weniger schichtspezifischen Selektionen unterliegen und gerade für Kinder aus ressourcenärmeren Familien neue Möglichkeiten bieten (Züchner 2008; Züchner und Arnoldt 2011), 358 I. Züchner und N. Fischer Intensität der Teilnahme. Allerdings zeigen die Daten auch, dass „Ganztagsschulteil- nahme“ – zumindest in den Schulen der Sekundarstufe – nur sehr bedingt ein „Vollzeit- job“ ist und gerade in den höheren Jahrgängen immer weiter abnimmt (vgl. Tab. 1). So ist in den Grundschulen die Teilnahmeintensität mit zuletzt 50 % an drei und mehr Tagen deutlich höher als in den Schulen der Sekundarstufe, hier erreicht die Gruppe der intensiven Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur 16–18 %, was wesentlich in der star- ken Bedeutung der Betreuungsfunktion der Ganztagsgrundschulen begründet sein dürfte (Züchner 2012). In den Schulen der Sekundarstufe kann noch einmal zwischen den Jahr- gängen 5, 7 und 9 differenziert werden, hier zeigt sich eine Abnahme des Anteils der intensiven Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der 5. (23 %) zur 9. Klasse (11 %). Ent- sprechendes lässt sich für die Längsschnittstichprobe, also die Schülerinnen und Schüler, die von 2005 bis 2009 von der 5. bis zur 9. Klasse begleitet worden sind zeigen. Hier beträgt der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die Ganztagsangebote an 3–5 Tagen wahrnehmen, in der 5. Klasse 23 % und in der 7. Klasse dann 15 %. In der 9. Klasse sind es nur noch 9 %. Ganztagsschule erscheint – nach den Angaben der Schülerinnen und Schüler – als keine wirklich zeitintensive Intervention. Gleichzeitig steigt die Anzahl der Nichtteilnehmenden in der Längsschnittkohorte von 39 % in Jahrgangsstufe 5 über 49 % in der 7. auf 64 % in der 9. Jahrgangsstufe. Betrachtet man mit Blick auf die Dosierung die Angebotsstruktur, so wird deutlich, dass Ganztagsschulangebote nicht per se an fünf Tagen wahrgenommen werden können. Während sich an etwa 81 % der Grundschulen im Primarbereich der Ganztagsschulbetrieb auf mindestens drei Tage erstreckt, bieten nur knapp 30 % der Schulen der Sekundarstufe einen Ganztagsbetrieb an fünf Tagen an (Züchner et al. 2010).5 Das Organisationsmodell der Ganztagsschule spielt dabei nur bedingt eine Rolle, hier finden sich keine signifikan- ten Unterschiede zwischen offenen, teilgebundenen und gebundenen Ganztagsschulen. Allerdings zeigt sich, dass Schülerinnen und Schüler an gebundenen Ganztagsschulen die Angebote häufiger pro Woche nutzen, sodass gebundene Schulen neben ihrem Ver- pflichtungscharakter empirisch auch einen höheren „Intensitätsgrad der Nutzung“ durch die Schülerinnen und Schüler haben und insofern mehr Potenziale bereitstellen. Tab. 1: Übersicht über Intensität der GT-Teilnahme (pro Woche) an den untersuchten Schulen im Trendvergleich. (Quelle: StEG-Schülerbefragungen 2005–2009 (Primar- und Sekundarstufe I), Querschnitte) 2005 (in %) 2007 (in %) 2009 (in %) Grundschulen Keine GT-Teilnahme 42,5 34,7 39,1 GT-Teilnahme 1–2 Tage 14,1 15,2 10,8 GT-Teilnahme 3–5 Tage 43,5 50,1 50,1 n 2.954 2.507 2.343 Schulen der Sekundarstufe I Keine GT-Teilnahme 50,2 46,0 50,7 GT-Teilnahme 1–2 Tage 33,8 36,0 33,5 GT-Teilnahme 3–5 Tage 16,0 18,0 15,9 n 22.849 20.616 24.451 Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen … 359 Diese Unterschiede sind jedoch schwächer, als nach dem Stand der mitunter fast ideo- logisch geführten Debatten über Ganztagsschulformen zu erwarten gewesen war. Auch an voll gebundenen Schulen des Sekundarbereichs I nimmt die Mehrheit der Ganztags- schülerinnen und -schüler an ein oder zwei Tagen am Ganztagsbetrieb teil. Wenn also über offene versus gebundene Organisationsform entschieden und das vielfach vermu- tete besondere Potenzial der gebundenen Form genutzt werden soll, beispielsweise für eine veränderte Rhythmisierung des Schulalltags, dann ist es entscheidend, nicht nur die Angebotsseite zu betrachten, sondern auch Regelungen über die erwünschte oder sogar verpflichtende Teilnahme. Dauer der Teilnahme. Betrachtet man darüber hinaus die Dauer der Teilnahme, also das Teilnahmeverhalten der einzelnen Schülerinnen und Schüler über den Befragungs- zeitraum, so gaben nur etwa 31 % der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I, die zu allen Messzeitpunkten geantwortet haben, an, zu allen drei Messzeitpunkten am Ganz- tagsbetrieb teilgenommen zu haben. Unter einem strengeren „Teilnahmekriterium“ von mindestens drei Tagen pro Woche verringert sich der Anteil auf 2,6 % (!). Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass zumindest die befragte Gruppe noch sehr weit von einer „Ganz- tagsschulbiografie“ entfernt ist. 3.3 Zusammenhang von sozialer Herkunft, Schulerfolg und Ganztagsteilnahme auf Schulebene Als dritte Voraussetzung für kompensatorische Wirkungen wird hier der Beitrag der Ganztagsschule zur Entkopplung von Herkunft und Schulleistung untersucht. In StEG wurden keine objektiven Kompetenzmessungen durchgeführt. Als Indikator für schuli- sche Performanz stehen Schulnoten zur Verfügung, welche schon aufgrund ihrer Alloka- tions- und Selektionsfunktion eine wichtige Bedeutung für die Schülerinnen und Schüler haben. Gute Schulnoten sind wichtige Garanten einer positiven Bildungslaufbahn. Aller- dings kommt ihnen in Bezug auf die wahren Kompetenzen sowie die Vergleichbarkeit der Fähigkeiten und Leistungen der Schülerinnen und Schüler nur eine geringe Aussagekraft zu (Ingenkamp 1967; Rakoczy 2008). Deutlich wird dabei auch, dass Noten von der jeweiligen Schulpraxis und dem schulischen Referenzrahmen abhängen (z. B. Baumert et al. 2003).6 Gerade in Bezug auf die Benotung in der Schule gibt es in Deutschland Unter- schiede nach sozialer Herkunft (Klieme 2003; Ditton et al. 2005). Abschließend wird der Forschungsfrage nachgegangen, ob die verbindlichere Teil- nahme in gebundenen Ganztagsschulen zu einer Verminderung des Zusammenhangs von sozialer Herkunft und Schulnoten führt. 3.3.1 Zusammenhänge zwischen sozialer Herkunft und Schulleistungen auf Schulebene Die in StEG gefundenen Effekte der regelmäßigen und intensiven Teilnahme auf die Notenentwicklung zeigen sich unabhängig von der sozialen Herkunft. Es ergeben sich keine unterschiedlichen Wirkungen für verschiedene Subgruppen. Somit wäre anzu- nehmen, dass in gebundenen Schulen, in denen die Schülerinnen und Schüler, wie oben dargestellt, Ganztagsangebote häufiger pro Woche und dauerhafter nutzen, der Zusam- menhang zwischen Herkunft und Schulnoten geringer ausfällt als in anderen Organisa- 360 I. Züchner und N. Fischer tionsformen. Zur Beantwortung dieser Frage wird der soziale Gradient auf Schulebene betrachtet. In PISA wurde und wird der soziale Gradient als ein Maß für den Zusammen- hang von sozialer Herkunft und Kompetenz verwendet (Baumert und Schümer 2001). In Analogie zum Vorgehen von Baumert und Schümer (2001) wurde als Schichtindi- kator der HISEI (höchster sozioökonomischer Status in der Familie, basierend auf den Angaben zum Beruf der Eltern) verwendet und am Mittelwert aller einbezogenen Schü- lerinnen und Schüler z-standardisiert. Anschließend wurde für die Mathematiknote und die Deutschnote für jede Schule eine Regression mit der unabhängigen z-standardisierten Variablen zum HISEI als Prädik- tor geschätzt. Die Steigungskoeffizienten der einzelnen Schulen wurden dann analysiert und verglichen. Beachtet werden muss dabei die Skalierung der Note – ein höherer Wert (Note 4, 5, 6) bedeutet eine schlechtere Leistung. Ein negatives Vorzeichen weist auf die Tendenz hin, dass an den Schulen mit steigendem HISEI die Note der Schülerinnen und Schüler sinkt (also besser wird). Entsprechend weist ein Steigungskoeffizient nahe 0 auf einen eher geringeren Zusammenhang von sozialer Herkunft und Note in der Schule hin, während ein Wert, der sich von der 0 weiter entfernt, einen stärkeren Zusammenhang ausdrückt. Bildet man nun Mittelwerte der resultierenden Steigungskoeffizienten der Schulen für die von der KMK geführten drei Organisationsformen der Ganztagsschulen (offene, teilweise gebundene und gebundene Ganztagsschulen), so ergeben sich kleinere Unter- schiede (vgl. Tab. 2). So zeigt sich für beide Noten und alle Organisationsformen ein signifikanter negativer Zusammenhang zwischen Schulleistung und sozioökonomischem Status, das heißt, je höher an den Schulen der durchschnittliche HISEI, desto geringer (= besser) ist der Mit- telwert der Mathematik- bzw. Deutschnote an der Schule. Mit Blick auf die Organisationsform zeichnet sich die Tendenz eines niedrigeren sozia- len Gradienten mit steigender Verbindlichkeit der Teilnahme ab, allerdings ist der Unter- schied der Mittelwerte nur für die Mathematiknote signifikant (bei der sich vor allem die gebundenen Ganztagsschulen abheben). Dies ist als Hinweis darauf zu interpretieren, dass an Schulen mit gebundenem ganztägigen Organisationsmodell der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Mathematiknote geringer ist als beispielsweise an offe- nen Ganztagsschulen. Dass der Anteil der Ganztagsschülerinnen und Ganztagsschüler einer Schule mit einem niedrigeren sozialen Gradienten in Zusammenhang steht, zeigt Tab. 2: Mittlerer sozialer Gradient an Ganztagsschulen der Sekundarstufe nach Organisationstyp (Querschnitt 2009). (Quelle: StEG 2009, Schülerbefragung (Sek I, 5.– 9. Klasse)) Steigungskoeffizient b Mathematik MW (SD) Steigungskoeffizient b Deutsch MW (SD) Offene GTS (n = 78 Schulen) − 0,114 (0,134) − 0,112 (0,156) Teilweise gebundene GTS (n = 58 Schulen) − 0,107 (0,132) − 0,102 (0,100) Gebundene GTS (n = 37 Schulen) − 0,068 (0,145) − 0,077 (0,153) Signifikanz der MW-Unterschiede (ANOVA) ** ns ** p Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen … 361 sich auch, wenn man die Anteile der Ganztagteilnehmerinnen und -teilnehmer an der jeweiligen Schule mit dem sozialen Gradienten der Mathematiknoten an den Schulen korreliert. Hier ergibt sich ein Korrelationskoeffizient von r = 0,128* (p 362 I. Züchner und N. Fischer soziale Disparitäten der Bildungsbeteiligung mindern) möchte. Entscheidender als die Frage der offenen versus gebundenen Organisationsform scheint aber zu sein, wie man die Intensität und Dauerhaftigkeit der Teilnahme regelt. Als zweite Voraussetzung für kompensatorische Wirkungen der Ganztagsschule wurde eingangs formuliert, dass sich individuelle Wirkungen auf die Entwicklung der Schüle- rinnen und Schüler einstellen müssen. Anhand von Daten bisher vorliegender Studien können in Deutschland kleine Effekte – insbesondere mit Blick auf das Sozialverhalten, aber auch auf Schulleistungen und -noten gefunden werden. Dass diese nicht unabhängig voneinander sind, zeigen neuere Analysen von Kuhn und Fischer (2011b). Teilnahmeef- fekte auf das Sozialverhalten beeinflussen indirekt auch die Notenentwicklung. Gerade in StEG hat sich aber, wie auch in entsprechenden internationalen Studien, gezeigt, dass für die meisten Wirkungen der Ganztagsschule die Dauer und Intensität der Teilnahme sowie die Angebotsqualität entscheidende Faktoren sind. Die dritte Voraussetzung für kompensatorische Wirkungen besteht in dem Potenzial der Entkopplung von Bildungserfolg und Herkunft. Potenziale zeigen sich hier insbe- sondere in US-amerikanischen Studien, die besondere Wirkungen der Teilnahme an außerunterrichtlichen Angeboten für sozial benachteiligte Gruppen zeigen. Die hier vor- gestellten Analysen zeigen, wie bereits diskutiert, ein Potenzial der Entkopplung bei hohem Verbindlichkeitsgrad der Teilnahme. Inwiefern dies darauf beruht, dass Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien in der Ganztagsschule mehr Unterstützung erhalten als zuhause oder ob – im Gegenteil – Schülerinnen und Schüler aus Elternhäusern mit hohem sozioökonomischem Status durch die Ganztagsschule gar an elterlicher Unter- stützung verlieren, wird mit diesen Analysen nicht geklärt. Insgesamt muss betont werden, dass die bislang in der Forschung gefundenen Effekte der Ganztagsschule sehr klein sind. Dies ist allerdings mit Blick auf die Ganztagsschul- landschaft nicht verwunderlich. Zu heterogen erscheinen derzeit die Ganztagsschulen und die inhaltliche Ausrichtung der vielen Ganztagsschulangebote, als dass man von ein- deutigen Wirkungen sprechen könnte. Wie dargestellt, ist das Muster des „dauerhaften Ganztagsschülers/der dauerhaften Ganztagsschülerin“ von der 5. bis zur 9. Jahrgangs- stufe keineswegs der Regelfall. Die durchaus messbaren Potenziale setzen aber vielfach eine gewisse Regelmäßigkeit der Teilnahme voraus. So kann dieser Beitrag nur ein wei- terer Baustein zur Klärung der Frage sein, ob Ganztagsschule ein probates Mittel gegen herkunftsspezifische Disparitäten im Bildungserfolg ist. Anmerkungen 1 Damit ist der Ausbau der Ganztagsschulen primär als Versuch zum Abbau primären Bildungs- ungleichheit anzusehen, die Frage der Bildungsentscheidungen spielt im Ausbau aller Schul- formen zu Ganztagsschulen keine besondere Rolle. Allerdings waren gerade in den Jahren nach dem IZBB-Beschluss schulformspezifische oder „brennpunktspezifische“ Förderungen des Ganztagsschulausbaus in den Ländern festzustellen. 2 Dieser Abschnitt basiert wesentlich auf einer Expertise für Expertenrat „Herkunft und Bil- dungserfolg des Landes Baden-Württemberg (Züchner et al. 2010). Kompensatorische Wirkungen von Ganztagsschulen … 363 3 Die extracurricularen Aktivitäten in den USA sind mit der Ganztagsschulsituation in Deutsch- land durchaus vergleichbar hinsichtlich Gestaltung und Zielsetzungen. Die in den USA unter- suchten Programme finden häufig in der Schule im Anschluss an den Unterricht statt und gleichen deutschen (offenen) Ganztagsangeboten auch im Hinblick auf die Variabilität der Gruppenzusammensetzung, die Freiwilligkeit der Teilnahme (bzw. Auswahlmöglichkeiten) und die Durchführung durch erwachsene Bezugspersonen. 4 Auch die Ganztagsangebote von Kooperationspartnern an deutschen Ganztagsschulen finden – so die Daten der StEG Schule, zu mehr als ein Drittel an Orten außerhalb des Schulgeländes statt. 5 Mit Blick auf spezielle Förderangebote gaben 2009 insgesamt 84 % der Schulleitungen der Grundschulen und 89 % der Schulleitungen der Schulen der Sekundarstufe I an, dass sie För- derunterricht für Schülerinnen und Schüler mit niedriger Fachleistung anbieten. Ganztagsange- bote für leistungsschwache Schülerinnen und Schüler bieten nach Auskunft der Schulleitungen 95 % Grundschulen und 97 % der Schulen der Sekundarstufe an, meist (> 70 %) an mehreren Tagen pro Woche. 6 Der starke Zusammenhang in der Notengebung mit der jeweiligen Schule zeigt sich auch in StEG, so finden sich bei der Mathematik- und der Deutschnote Varianzanteile auf Schulebene (ICC) von 14,5 bzw. 21,5 % bei der Deutschnote (W1). 7 Ein Vergleich zur reinen Halbtagsschulen kann mit den StEG-Daten nicht gezogen werden, da ausschließlich an Ganztagsschulen befragt wurde. Literatur Autorengruppe Bildungsberichterstattung. (2012). Bildung in Deutschland 2012: Ein indikato- rengestützter Bericht mit einer Analyse zur kulturellen Bildung im Lebensverlauf. Bielefeld: Bertelsmann. Baumert, J., & Schümer, G. (2001). Familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompe- tenzerwerb. 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Zusammenfassung Abstract 1 Ganztagsschule und der Ausgleich herkunftsbedingter Ungleichheiten 2 Forschungsstand zu pädagogischen und kompensatorischen Wirkungen von Ganztagsschulen2 2.1 Schichtspezifische Selektionsprozesse in der Teilnahme an Ganztagsangeboten 2.2 Individuelle und kompensatorische Wirkungen 3 Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) 3.1 StEG 3.2 Individuelle Wirkungen und Ganztagsteilnahme 3.3 Zusammenhang von sozialer Herkunft, Schulerfolg und Ganztagsteilnahme auf Schulebene 3.3.1 Zusammenhänge zwischen sozialer Herkunft und Schulleistungen auf Schulebene 4 Fazit Literatur