Ein experimenteller beitrag zum richtungshören

April 26, 2018 | Author: Anonymous | Category: Documents
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Archly klin. exper. Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilk. 189, 291--301 (1967) Ein experimenteller Beitrag zum RichtungshSren SIG~U~ Gv.~scH HNO-Klinik der Martin Luther-Universit/~t Halle-Wittenberg (Direktor: Prof. Dr. H. JAXOBI) Eingegangen am 25. MErz 1967 Zusammen/assung. Mit vier psycho~kustischen Versuchen konnten wir zur Aufk]~rung des Richtungsh6rens beitragen und einen Beweis fiir die Giiltigkeit der Zeit- und der IntensitEtsdifferenztheorie erbringen. Zeit- und Intensit~tsdifferenzen k6rmen sich gegenseitig zum Mitteneindruek ausgleichen oder den Riehtungseindruek bei VerstErkung einer dieser Komponenten sogar zur Gegenseite heriiberlenken. Einleitung Die Richtungslokalisation yon TSnen und Ger/~usehen im Raum ist eine wichtige Funktion des HSrorgans und seiner zentralnervSsen An- teile. T/£glieh und stfindlich machen wir im Alltag yon dieser F/~higkeit Gebrauch, sei es im StraBen- und Eisenbahnverkehr, oder bei Verst~ndi- gungs- und Warnrufen, deren Riehtung wir aueh identifizieren k6nnen, ohne die lebende oder unbelebte Schallquelle mit dem Auge zu gewahren. Besonders ausgepr/igt erseheint die F/ihigkeit des l~iehtungsh6rens bei Tieren in freier Wildbahn, die rasch die Richtung einer Gefahr erfassen und sieh reflektorisch darauf einstellen. Trotz seiner Allt/iglichkeit ist das Gebiet des Richtungsh6rens ein sehr junger Zweig der Audiologie und gewann erst in den letzten Jahren dureh experimentelle Beitr~ge zunehmend an Bedeutung, auch ffir dia- gnostische Zweeke. Naehdem gekl£rt war, dab zum RichtungshSren zwei funktionierende Ohren nStig sind und bei einseitig SehwerhSrigen oder Tauben nur Klang/arbendi//erenzen einen mangelhaften Ersatz ffir das Richtungs- h6ren liefern, nachdem also die monauralen Theorien, wie die vestibu- 1/~re, motorische, taktile oder die Ohrmuseheltheorie, widerlegt waren, stehen heute als binaurale Theorien die Zeit- und Intensit/~tsdifferenz- theorie im Vordergrund. Sie sagen, dab Zeit- oder Intensit/~tsdifferenzen zwisehen beiden Ohren den Richtungseindruck zur Seite des erst- oder starker gereizten Ohres hinfiberlenken. Intensi~Lts- und Zeitdifferenzen kSnnen sich gegenseitig fiber das sogenannte ,,Trading" ausgleiehen. Wenn wir die Bedeutung der Experimente, die das Riehtungsh6ren untermauern, kurz hervorheben, so liefern diese nieht nur einen Bei- 20* 292 S. G~RSC~: trag zur K lgrung dcr gesamten HSrvorg/~nge und zentralnerv6sen Ab- ]/~ufe, sondern die Richtungslokalisationsfi~higkeit wird much schon prak- t isch angewendet, sei es zur topischen Diagnost ik yon Hirnerkrankungen durch , ,Richtungsb~nder", wie sie MATZKEI~ und W~LX]~g benutzten, sei es zur Ent larvung yon simul ierten Taubheiten; fcrner in der Raum- akust ik oder in der Schiffahrt, wo die sogcnannten ,R ichtungshSrer" bei schlechten Sichtbedingungen unentbehrl ich erscheinen. Die nachstehenden Versuche, die im akust~schen Laborator ium der Berl iner Univers i t~ts-Kl in ik f/it Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten durch- gef~hrt wurden, untermauern die Zeitdiffcrenz- sowie die Intensit£ts- differenztheorie des l~ichtungshSrens und den sogenannten Trading- Effekt, der - - wie erw£hnt - - im gegenseitigen Ausgleich zwischen Zeit- und Intensit/~tsdiffcrenzen bcsteht. Methodik Fiir unsere Versuche verwendeten wit: 1. einen Clickgenerator, der mit einer Pulsfolgefrequenz yon 2,5 Hz kurze steile Clicks mit Spitzenwert yon 102 dB entsendete; 2. einen R~usehgenerator, der ,,WeiBes R~uschen" erzeugte, das kontinuierlieh in seiner Lautstgrke gesteigert werden konnte; 3. bedienten wir uns nach Anordnung yon LEKNI~ARDT zur tterstellung binaura- ler Laufzeituntersehiede (LZU) eines Bandapparates mit fo]gendem Meehanismus: Ein Magnettonband ist mit je zwei Aufsprech- und WiedergabekSpfen fiir den rechten und linken Kanal versehen. Durch die beiden AufsprechkSpfe werden beide Spuren des Bandes mit Clicks veto Cliekgenerator besprochen, die etwas spater mit den beiden WiedergabekSpfen wieder abgenommen und yon hieraus zu je einem KopfhSrer bzw. je einem Ohr geleitet werden. Die VerzSgerung der Clicks in einem der beiden KopfhSrer wird nun durch Verschieben des einen Wiedergabekopfes ge- gen den anderen um den Bruchtefl eines Millimeters erreicht, so dab je nach l~ieh- tung der Verschiebung, die an einer Mikrometerschraube vorgenommen wird, eine Verlangerung oder Verkiirzung der Laufzeit gegeniiber dem feststehenden Kanal erzeugt wird. N~eh Zusammenschaltung der Ger~ite einsehliel]lieh dcr KopfhSrer ffihr~en wit vier versehiedene Versuehe durch, zu denen jeweils 100 nieht hSrgestSrte Personen im Alter von 18--34 Jahren, yon denen die meisten 20--24j~hrige Studenten waren, herangezogen wurden. Versuch I. Die Vcrsuchspersonen (Vp.) bckommen v511ig gleichartige und gleichlaute Clicks ohne Laufzeitunterschiede auf beide Ohren ge- leitct, so dal] Mitteneindruck konstat ier t wird. A lsdann werden an der Mikrometerschraube in willkfirl icher Reihenfo]ge VerzSgerungen um 46 Tcflstriche nach rechts, um denselben Wert nach l inks oder wieder der Nul lwcrt eingestcllt, so dab yon den Vpn. der entsprechendc Sciten- oder Mitteneindruck angegcben wird. Da 100 Tei lstr iche an der Mikro- meterschraube einem Mil l imeter gleichzusetzen sind und das Tonband sich mit einer Geschwindigkeit yon 38 cm/se c fortbewegt, entsprechen 23 Teflstriche einer VerzSgerungszeit yon 0,6 msec. Diese Zeit ist nach dcr Zeitdiffercnztheorie imstande, einen vollen Seiteneindruck hervor- Ein experimenteller Beitrag zum l~ichtungshSren 293 zurufen. Urn, entsprechend frtiheren Exper imenten yon v. B£~sY, v. HO~NSOSTEL und M~Y~ zu~ GOTTESB~C~, den Seiteneindruck noeh dcutl icher zu machen, wird der doppelte Wcrt , n~mlieh cine Verz6gerung yon 1,2 msec bzw. 46 Teilstriehen, benutzt , eine Zeitdifferenz, die sich nahe der Grenze zum Auseinanderfal len in getrennte Sehallbi lder be- wegt. Unter Beibehaltung der - - um die Adaptat ion herabzusetzen - - willkiirlich wechselnden VerzSgerungen einschlieBlich der ,,VerzSgerung 0" kommt nun einseitig l inks das ,,Weige Rauschen" zum Einsatz. Es wird fort laufend gesteigert. Dabei t r i t t folgender Effekt auf: Bei niedrigen gausehpegeln w~d, je nachdem, ob VerzSgerung cin- gestel lt wird und yon welcher Seite sie kommt, die entspreehende sub- jekt ive Empf indung ,, l inks", , ,rechts" oder ,,Mitre" r ichtig angegeben (Zeichen d-). Mit steigender Ger/~usehapplikation wird die Lokal isat ion ungenau nnd tendicrt naeh rechts, zu der dem Rauschen entgegen- gesetzten Seite. Links wird also z. B. als , ,Mitte" und ,,Mitre" als , ,rechts" empfun- den. F/Jr diese Ergebnissc gi lt das Zeichen (d-). Wenn trotz Xnderung dcr VerzSgerungsrichtung nut noeh nach rechts lokal isiert wird, setzen wir das Zeichen ;~ ein. Bei jeder Vp. wird nun als Bezugspunlct f/Jr die Auswertung die Ge- rguschverdeckungsschwelle (GVS) best immt. Sie wird definiert dureh diejenige Lautst/~rke des l~auschens, bei der das Knaeken gerade eben nieht mchr wahrgenommen wird. Sie l iegt im grSBten Tell der Fgl lc bei 70 Skalenteilen (Skt . )= 103 dB oder 75 Skalenteilen = 105 dB, sehr selten bei 65 Skalenteilen = 98 dB oder 80 Skalenteflen = 108 dB Zur Eichung l0 Skt. am Rauschgenerator = 72 dB 20 Skt. am Rauschgenerator -= 72 dB 30 Skt. am Rauschgenerator = 73 dB 35 Skt. am Rauschgenerator = 74 dB 40 Sk~. am Rauschgenerator = 76 dB 45 Skt. am Rauschgenerator ~ 80 dB 50 Skt. am Rauschgenerator = 84 dB 55 Skt. am 1%auschgenerator = 89 dB 60 Skt. am Rauschgenerator = 93 dB 65 Skt. am Rauschgenerator = 98 dB 70 Skt. am Rauschgenerator ~- 103 dB 75 Skt. am Rauschgenerator ~ 105 dB 80 Skt. am Rauschgenerator = 108 dB 85 Ski. am Rauschgenerator ~ 109 dB 90 Skt. am l~auschgenerator = i l l dB Versuch I I . Auch hier erhalten beide Ohren unver/ inderte gleich- starke Clicks, die ohne VerzSgerung gleichzeitig eintreffcn. Die Mikro- 294 S. GE~sc~: meterschraube bleibt auf dem O-Punkt stehen, so da$ Mitteneindruck an- gegeben wird. Wieder wird links ein kontinuierlich gesteigertes ,,WeiSes Rauschen" hinzugeffigt. Bei geringen Rauschpegeln bleibt der Mitten- eindruck unver~ndert konstant, bis plS~zlich bei einer bestimmten H5he des Ger/~uschpegels eine Abwanderung des Schalls aus der Mitte nach rechts empfunden ~A_rd. Um die Aussagen fiber den Beginn der Abwande- rung bei den 100 geprfiften Vpn. auf einen Nenner zu bringen, wird aber- reals auf die GVS bezogen. Versuch I l ia . I~ach Bes~immung der GVS links bleibt die Clickfolge auf der rechten Seite w/~hrend des ganzen Versuches in der oben ver- wendeten St/~rke konstant. Links werden Click und Ger/~usch im immer gleichbleibenden Verh/~ltnis der GVS gekoppelt (urn wiederum ffir alle Vpn. einen subjektiven Bezugspunkt zu haben). Zum Beispicl verdecken 75 Skt .= 105 dB gerade eben den Click yon 102 dB, und dieses Ver- hgltnis wird bcibehalten. Wird diese kombinierte Regelung auf ,,0" eingestellt, so ist natfir- lich das Ger/~usch gar nicht und der Click nur rechts zu hSren. Dann wird eine langsame Steigerung der Click-Ger/~useh-Kombination links vorgenommen. Der linke Gesamtpegel ist hierbei an einem parallel ge- schalteten Mfllivoltmeter ablesbar. Mit seinem Anstieg is~ jetzt bei dem grSBten Teil der Vpn. eine langsame Richtungs/~nderung zur Mitre hin und bei noch hSheren Lautst/irken sogar teilweise eine Tendenz zur linken Seite zu konstatieren. Aus den vier in Frage kommenden GVS (sic besehr/~nken sich auf 65, 70, 75 und 80 Skt. des Ranschgenerators) wird der Mit~elwert gebildet. Sein immer konstantes Verh~ltnis zum gleichfalls sich steigernden Click wird auf den verschiedenen Pegeln einer Eichung zugeffihrt, so dab die am Millivoltmeter ablesbare Ge- samtintensit/~t der linken Seite folgende Werte ergibt: 1 Ski. am Millivoltmeter = 101,5 dB 2 Skt. am Millivoltmeter = 105,6 dB 3 Skt. am Millivoltmeter ---- 109,8 dB 4 Skt. am Millivoltmeter ~ 112,5 dB 5 Ski. am Millivoltmeter = 114,5 dB 6 Sk~. am iVfillivoRmef~r = 116 dB 7 Skt. am Mfllivoltmeter = 117 dB 8 Sk~. am Millivoltmeter ~ 118 dB 9 Sk~. am Millivoltmeter ~ 119 dB 10 Sk~. am Millivol~meter ~ 120 dB Versuch I I Ib. Er is~ als Znsatzexperiment zum werten. Versuch I I I a zu 30 Personen bekommen auf das rechte Ohr Clicks, auf das linke Ohr nur ,,WeiBes Rauschen" durch je einen KopfhSrer zugeleitet. Durch eine Schaltvorrichtnng kSnnen beide Reizparameter zwischen beiden Ohren gewechselt werden. Ohne Ger/~usch wird der Click natiirlich nach Ein experimenteller Beitrag zum RichtungshSren 295 rechts lokalisiert. Wir erhalten also einen Seiteneindruck von 90 °, wenn wir zwischen Medianebene des Kopfes (0 °) und Sagittalebene, wie es in vielen anderen Versuehen fiber das l~ichtungshSren fiblieh war, einen Winkel bilden. Einem Winke] yon 180 ° wiirde dann theoretisch der Schalleindruck der Mitre des Hinterkopfes entsprechen. Wir steigerten langsam das Ger/~usch auf der einen Seite, bei kon- stanter ClickhShe der anderen, und beobachteten die Rcaktion der Vpn. Sie empfanden in der ~¢[ehrzahl von bestimmten Rauschpegeln ab den Eindruck einer Wanderung des Sehallbildes in Ger/~usehriehtung um den Hinterkopf. Um sich der Wirkung des gauschens noeh deutlicher zu vergewissern, kann dieses wi~hrend des Versuches pl6tzlich ausgeschaltet werden. In den meisten F~llen wandert hierbei das Knaeken wieder naeh vorn, direkt ans Ohr. AuBerdem werden kleine qualitative ~nderungen der Clicks bemerkt : Bei Hinzuffigen des Ger/iusehes warden sic h/tufig als lauter und dunkler, bei einigen Fgllen abet auch als heller empfunden. Auch tr itt h/iufig eine Zeitkomponente ins Spiel, dergestalt, dug nach hinten ein langsames, nach vorn ein ruckartiges Wandern der Clicks zu beobaehten ist, wenn man dcren gichtung plStzlich veri~ndert. Versuchsergebnisse Versuch I. In Abhiingigkeit von der GVS als 0-Punkt wird die Ver- teilung der Vpn. ffir die Ergebnisse +, (+) und ~ ffir ] ede Ger~usehstufe getrennt berechnet und in folgcnder Tabelle dargestellt : --30 --25 --20 --15 --10 --5 GVS +5 ~10 -/15 ~-20 +25 Ska]entefle des l~auschgener~tors -~ 99 92 78 68 52 33 14 4 . . . . (~-) 1 8 22 30 42 42 43 29 13 7 1 -- -- -- -- 2 6 25 43 67 87 93 99 100 Stellcn wir die Ergebnisse graphisch dar, so erhalten wir die nach- stehenden Kurven (Abb. 1). Die Darstellung offenbart, dub sieh die Kurven ffir ~- und ~ fast genau symmetrisch verhalten und sich etwas vor dem 0-Punkt sehneiden. Die erste f/~llt yon i00°/o bei 35 Skt. unter der GVS auf 0°/o bei 10 Skt. fiber der GVS kontinuierlich ab. Die Kurve ffir 2~ steigt dagegen yon 0 bei --20 Skt. auf 100°/o bei ~- 25 Skt. in etwa derselben Steilheit an. Die Kurve (+) legt sich, symmetriseh nach beiden Seiten abfallend, um die gbszissennahen Absehnitte der beiden ersteren herum. Ihren ItShe- punkt, der einem Plateau gleieht, zeigt sic zwisehen 0 und --10 Skt. bei 43°/o. Bis zu dieser HShe steigt die Kurve ab 0°/o bei --35 Skt. 296 S. G~RSCH: an, um darfiber hinaus wieder bis zur Abszisse abzufallen, die sie bei @ 25 Skt. erreieht. Bemerkenswert ist an den Kurven, dab die ,,Sym- metrieachse" etwa 3- -5 Skt. vor dem Nullpunkt, n/imlieh vor der GVS, die Abszisse trifft. Versuch I I . I : ier wird der Beginn einer Sehallabwanderung yon der bisher als konstant empfundenen ,,Mitre" in Bezug zum Ger/iusehpegel 25 8o 7O 2O I0 0 \ \ \ \ \ \ \ \ \ :': \ % -35-30 -25-20 -15--lO -5 0 ÷5" +10 ÷15 -I-20÷25 (~vs') Sk~. Abb. 1 ........ 20 t o...-" f° / i - - (+) "~ ......... Z /5 / o -35 -30 -25 -20 -;'5 -lo -5 o +5 +1o +15 Abb. 2 Abb. 1. Graphische Darstellung der Ergebnisse des Versuches I: Abszisse: Skalen- teile am Rauschgenerator in bezug auf die GVS. Ordinate: Anzahl der Vpn. Abb.2. Graphische Darstellung der Ergebnisse des Versuches I I : Abszisse: des- gleichen wie Abb. 1. Ordinate: desgleichen wie Abb. 1 gebraeht. Die GVS gilt wieder als 0-Punk~. Die H/iufigkeitsverteflung der Aussagen bei abermals 100 Vpn. wird ffir die einzelnen Gerguschpegel bereehnet und graphiseh dargestellt (Abb. 2). Skalenteile --30 --25 --20 --15 --10 --5 GVS @5 +10 @15 Anzahl derVpn. 1 9 10 13 23 23 15 6 -- -- Aus der Kurve ist ersichtlich, daB die Zahl der Vpu., die Abweichungen vom ME feststellen, yon 0°/o bei 35 Skt. unter der GVS annghernd gleich- m~Big ansteigt, obwohl die Kurve zweimal, ngmlieh zwischen 35--30 und 25--20 Skt., eine Einknickung, die einem verzSgerten Anstieg ent- sprieh~, erkennen 1/~Bt. MAt steigenden Rausehpegeln erreicht sie ihr Maximum auf dem Niveau yon 10--5 Skt. unter der GVS, um dann gleiehmggig bis zum 0-Punkt der Ordinate bei 10 Skt. fiber der GVS abzufa]len. Ein experimenteller Beitrag zum l~ichtungshSren 297 Versuch I I Ia . Mit Ansgeigen des Zeigers an der Skala des Millivol~- meters i~ndert sich bei allen Vpn. kontinuier l ieh der Ort des scheinbaren Schalleinfalls. Die lorozentuale Vertei lung der Lokal isat ion naeh rechts, zur Mitte oder naeh l inks ist aus naehstehender Tabelle ersichtl ich. i 2 3 4 5 6 7 8 9 i0 SkMenteile am Millivoltmeter Anzahl ~ 93 77 54 45 43 33 34 37 34 33 derVpn. M 6 19 35 39 37 36 36 36 33 34 L 1 4 11 16 20 27 30 31 33 33 Entsprechend wurden die Werte graphiseh dargestel l t (Abb. 3). Ans der Kurve wird der Abfal l des Antei ls der Reehtsempfmdung siehtbar, und beinahe spiegelbildl ieh hierzu der Anstieg der L inksemp- findung, der ebenso langsam und kontinuier l ich erfolgt. 100 i~\ 90 ~ \ \ R 80t- \ --uki " , ......... ' ,o "~50 \ "~'~ .~ .--~ %so x , to " - _ +o \\ "~ so / ~ . .2 .- ' ' '='~ ..~ so "° 17 " ' '1 I i i i . [ t I I 0 Y 2 3 zt 5" G 7 8 .9 10 0 "I0 20 30 g-O 50 60 YO 80 90 ~kf. crm H/lti×ol/me/er ~kf Abb. 8 Abb. 4 Abb.3. Graphisehe Darstellung der Ergebnisse des Versuehes I I I~: Abszisse: Skalenteile am MillivolSmeter. Ordinate. Anzahl der Vpn. Abb.4. - - Anzahl der Vpn., die bei 50, 70 und 90 Skalenteilen am l~auseh- generator eine Wanderung des Sehalls yon der Seite zur Mitre hin empfinden. - - -- -- Anz~hl der Vpn., die bei Steigerung des Rausehens auf 50, 70 und 90 Skalen- teile keine SehallriehtungsEnderung w~hrnehmen Die Kurve der Mittenlokal isat ion gleicht der L inkskurve weitgehend, steigt jedoeh steiler an, um sich danaeh, n~mlieh sehon yon 3 - -4 Skt. an aufwgrts, auf ein ziemlieh konstantes Niveau einzustellen. Alle drei Kurven beri ihren sich sehlieglieh fast genau in einem Punkt bei 33°/o, naehdem sie sieh gegen Ende der Skala zu immer mehr gen/~her~ haben. Dieser gemeinsame Treffpunkt l~13t darauf sehlieBen, dab die Lokali- sat ion bei zu hohen Pegeln ungenau und sehwierig wird. 298 S. G~Rsc~: Versuch H I b. Wir erhShen das Gerguseh auf der linken Seite lang- sam auf 50 Skt. ~ 84dB. Bei allen Vpn. bleibt der Winkel yon 90 ° er- halten. Erst bei Steigerung des Rauschens auf 70 Skt .= 103 dB tritt, wenn wir die Reaktionsweise yon je zwei Ohren bei 30 Personen als Aussage yon 60 Fgllen werten, bei 43 Fgllen eine eindeutige Wanderung der Empfindung nach hinten his zu einem Winkel yon 100 his 120 ° auf, wghrend bei 17 Fgllen sieh der Richtungseindruck yon unmittelbarer Ohrnghe (90 °) nieht wegbewegt. Noch deutlieher wird der Effekt bei h6chstm6glieher Verstgrkung des Rauschens auf 90 Skt. = 111 dB. Bei 54 von 60 Fgllen wird jetzt eine deutliche Abwanderung um den Hinter- kopf herum bis zu Winkeln yon 110--160 ° bemerkt. In 6 Fgllen ist aber auch hier (obwohl es sieh um h6rgesunde Personen handelt) ein kon- stantes Beharren der Empfindung bei 90 ° zu verzeichnen (Abb. 4). Bei plStzlichem Abbruch des Gergusches wander~ das Knaeken in den meisten Fgllen augenblieklich naeh vorn, direkt ans Ohr zurfiek. Nur in 3 Fgllen bei 50, in 3 Fgllen bei 70 und in 1 Fall bei 90 Skt. am Rauschgenerator wird diese Wanderung vermil~t, oder es prggt sich die Tendenz nach hinten sogar noeh etwas stgrker aus. Diskussion der Ergebnisse Durch unsere elektroakustische Versuchsanordnung war es mSglich, v51]ig reine, yon Klangfarbendifferenzen freie und sehr genaue binaurale Zeitdifferenzen zu erzeugen, wghrend dutch das einseitige Verrausehen auf der Grundlage des Verdeckungseffektes die H6rschwelle kfins$lich erhSht und somit eine reine Intensitgtsdifferenz erzeugt werden konnte. Im Versuch I tr itt deutlich der Tradingeffekt zutage. Es werden Zeitdifferenzen erzeugt, die -- solange kein Gergusch zusgtzlieh vorhan- den is$ oder solange sieh dieses auf niederen Pegeln bewegt -- eine Lokalisation zu dem Ohr zur Folge haben, das den Sehall zuerst perzi- piert. Die Clicks werden auf dieser Seite aueh als lauter empfunden. Dureh Einsatz bzw. Steigerung des Gergusches zusgtzlich zur Click- folge wurden Intensitgtsdifferenzen zugunsten der kontralateralen Seite, in unserem Falle des rechten Ohres, hervorgerufen (bedingt duch Schwel- lenerhShung ]inks). Zeit- und Intensitgtsdifferenzen stehen sich nun diametral gegeniiber. Die Resultierende richter sich nach dem Verhgltnis der Stgrke dieser beiden Komponen$en. Ein Ausgleich zum Mittenein- druek wfirde dutch die Kurve (q-) dargestellt sein, wobei ,,links" z. 13. als ,,Mitre" und ,,Mitre" als ,,reehts" empfunden wird. Das Maximum dieser Kurve liegt bei etwa --5 Skt., bezogen auf die GVS. Da sich letztere im Mittel auf 70 Skt .= 103 dB belguft, so liegt unser Maximum des Mittenausgleichs bei etwa 65 Skt .= 98 dB. Im Vergleich mit Ver- suehsergebnissen yon CHRISTIi~ U. l~Ss~, die zum Mittenausgleich eines reinen Seiteneindrucks nur 25 dB benStigten, lieg$ unser Wert Ein experimenteller Beitrag zum ~ichtungshSren 299 sehr hoch. Vielleicht sind die Unterschiede durch andere Versuchsanord- nung und Anwendung anderer Clickstiirke und -dauer zu erkl£ren. Be- merkenswert ist die Tatsache, dal3 die ,Symmctrieachse" unserer drei Kurven fiir d-, (~-) und ~, die dem Maximum des Mittenausgleichs zwischen beiden wirksamen Komponenten zu entsprechen schein~, die Abszisse kurz vor der GVS, also dort, wo die Clicks gerade eben noch perzipierbar sind, schneider. Zusammenfassend I~13t sich aus den Kur- venverl£ufen eindeutig ableiten, dab die l~olle der Zeitdifferenzen mit s~eigendcr Ger£uschapplikation vSllig in den ttintcrgrund gcdr~ngt wird. Versuch I I . Der Vcrsuch II , bei dem Zeitdifferenzen ausgeschlossen wurden, 1~13~ sich allein mit der Intensitiitsdifferenztheorie erkl~ren. Auch bier bewirkt die durch das Rauschen kiinstlich heraufgesetzte HSr- schwelle links cine Intensitgtsdifferenz zugunsten des ger~uschfreien Ohres. Von cincm bestimmten Gcrauschpegel ab bcginn~ mit konthmier- licher Gerguschsteigerung eine Schallwanderung nm den Kopf hernm yon der Mitre zur Seite. Da sich die Winkelgradc dcr subjektiv wechseln- den Empfindung schlecht angeben lassen, wertctcn wir nur den jeweili- gen Beginn der Abwanderung, obwohl -- wie bei allen psychoakustischen Versuchen -- Fehlerquellen in mangelnder Konzentrationsfi~higkeit dcr Vpn. oder Spi~trcaktion derselben zu suchen sind. Parallel zum Versuch I tritt auch hier im Kurvenverlauf die Er- scheinung zutage, dal3 das Maximum, diesmal des Wanderungsbeginns yon der Mitre fort, sich ebenfalls kurz vor der GVS zwischen --5 und - - 10 dB ausbreitet. Im Versuch I I I a sind links zwei gcgensi~tzliche Komponenten wirk- sam : Einmal ist es die Steigerung des Rauschens, das den lgichtungsein- druck zur Gegenseite hin verschiebt, zum anderen errcicht man durch die ClickstgrkeerhShung auf derselbcn Seite (bei Konstanz der zweiten Clickreihe), ebenfalls gem~13 der Intensitgtsdifferenztheorie, eine Ver- s~rkung des Richtungseffektes nach dieser Seite der grSl~eren Intensit£t hin. Aus der Ann~herung aller drei Kurven bis zum Treffpunkt bei 330/0 und zweitens aus dem konstanten Niveau der Mittenkurve bei hSheren Pegeln li~l~t sich schlieBen, dal~ beide Komponenten in ihrer Wirkung ctwa gleich grol~ sind und sich aufheben. Da sich namlich das Verh~ltnis zwischen Click und Geri~usch links nicht ver~ndert, weft also das Rau- schen den Click auch bei st~rkeren Pegcln nicht mehr a]s bishcr ver- dcckt, wird zwar durch das l~auschen die Schwclle des linkcn Ohres analog Versuch I und I I erhSht, gleichzeitig wird abcr durch Clicksteige- rung dieser Effekt zunichte gemacht. Trotzdem aber fiberwiegt der ge- steigerte Click um ein weniges, was sich durch die Tendenz des reinen l~echtseindruckes nicht nur zur Mitre, sondern sogar nach links ~ul3ert. 300 S. G~scH: Ein cindcutiger Bewcis d~fiir, dab das Rauschen die Abwanderung zur Gegenseite und der Click den umgekehrten Effckt auslSst, ist folgendc Feststcllung innerhalb der Vcrsuchscrgebnisse: Wenn ein und diesclbc Vp. links einmM das Verh~tltnis 75 Skt. : Ausgangsclick, d~s andcre 1gal 70 Skt. : Ausgangsclick eingestell~ bekam, unabh~ngig davon, ob die subjektive GVS nun dcm ersten oder dem zweiten Wcrt cntspricht, so wurdc immer einwandfrci festgestellt, dab der l%ichtungseindruck beim hSheren Ger~uschpegel lignger auf dcr rcchtcn Seite blieb und spi~ter zur Mitre oder gar nach links wandcrte, als beim niedrigeren Pegel. z.B. GVS 1 2 3 4 5 6 7 8 9 9 i0 Sk~lenteile am Millivoltmeter vp.1 1% 1% M M M M L L 70 1% ~ M L L L L L L L Vp.2 [ ] R 1% 1% 1~ M M ~ M M M 75 1% 1% R 1% R 1% 1~ 1% (1%) (R) (Der eingerahmte Wert entspricht der subjek~iven GVS.) Das Ziel des Zusatzversuches I I Ib is~, Kl~rung dariiber zu erhalten, ob der in Versuch I I I a verdeckte, also gur nich~ mehr w~hrnehmbare Click links fiberhaupt noch einc l~olle spielt, oder ob das gleiche Ergebnis nicht auch bei vSlliger Ausschal~ung des linksseitigen Clicks erreicht wird. Einige Autorcn, namentlich C~ISTIA~ u. l~Ssv~z, bewiesen in Experi- menten, da[~ das H im auch den ungehSrten, verdeckten Click heraus- korreliert und -- solange der zweite g]eichartige Click der Gegenseite zu hSren ist - - ffir die Bestimmung des Richtungseindrucks verwendet. Auch unsere beiden ersten Versuche best~tigen dieses Ergebnis, wenn wir die Kurvenverli~ufe jenseits der GVS in Betracht ziehen. Deshalb entsprachen die Ergebnissc yon I I Ib zuerst nicht unseren Erwartungen : Eine einseitige Clickfolge erf£hrt bier durch steigende Geriiuschapplika- tion auf der Gegenseite eine subjektive ~nderung des l~ichtungsein- drucks, obwohl die bisher geltenden Theorien Zeit-, Intensiti~ts- oder wenigstens Klangfarbenunterschiede zwischen gleichartigen Schallreizen ffir beide Ohren fordern. Trotzdem lassen sich unsere Ergebnisse, ohne in Widerspruch zu den genannten Theorien zu trcten, viel[eicht dadurch erkl~ren, da~ die in den Clicks enthal~enen Frequcnzcn ja teilweise auch im Rauschen vorhanden sind und jeweils, wenn ein Clickimpuls zur Wirkung kommt, mib herauskorreliert werden. Dal~ nicht alle Frequcn- zen, vor allem nicht ihrc quantitativcn Vcrhiiltnisse, zwischen Click und Ein experimenteller Beitrag zum RichtungshSren 301 Geri~usch i ibere inst immen, ware eine Erkl /~rungsm6gl ichkeit d~ffir, dal~ der R ichtungse indruck n iemals ganz die H in terkopfmi t te erreicht, son- dern hSchstens bei Winke ln bis zu 160 ° verharr t . Literatur CHRISTIAN, W., u. D. RSSER: Ein Beitrag zum RichtungshSren. Z. Laryng. Rhino1. 36, 431 (1957). GmtscH, S.: Die l%ichtungsbeziehung einseitig verrauschter SchallgrSl~en in Ab- h~ingigkeit yon der Zeit- oder Lautsti~rkendifferenz. Dissertation 1965. K~[I)~L, W. D. : Die Physiologic des I-ISrens. Pfliigers Arch. ges. Physiol. 270, 32 (1959). -- 3/I. E. WIGA~I) u. K. 0. KEIDEL : Lautheitseinfiul~ auf die Informationsverarbei- tung beim binauralen HSren des Menschen. Pfliigers Arch. ges. Physiol. 270, 370 (1959/60). -- -- -- Zur zentralnervSsen Informationsverarbeitung beim binauralen tt6ren der Katze. Pfliigers Arch. ges. 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