Paul Milata, Zwischen Hitler, Stalin und Antonescu. Rumäniendeutsche in der Waffen-SS, Böhlau, Köln Weimar Wien 2007

May 18, 2017 | Author: Klaus Popa | Category: Propaganda, Aufarbeitung der Vergangenheit, Second World War, The Third Reich, Holocaust, Waffen-SS, Nazism, Nationalsocialism, Nationalsozialismus, Volksdeutsche, German minorities, Falsification, Mystification, Waffen-SS, Nazism, Nationalsocialism, Nationalsozialismus, Volksdeutsche, German minorities, Falsification, Mystification
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Propagandaschrift in postmodernistischer Manier
Zu: Paul Milata, Zwischen Hitler, Stalin und Antonescu. Rumäniendeutsche in
der Waffen-SS (Studia Transylvanica Bd. 34), Köln Weimar Wien 2007

Von Klaus Popa

Bereits der in der Einleitung" breitspurig angekündigte Anspruch, mit
diesem Buch ein Erstlingswerk von wissenschaftlicher Gediegenheit
vorzulegen, mahnt zur Vorsicht: [...] obwohl die SS-Aktion 1943 in
Rumänien zu einer der erfolgreichsten überhaupt zählt [...], wurde zu
dieser Frage bis heute kein einziger wissenschaftlich anspruchsvoller
Beitrag veröffentlicht" (S.2). Zweifel kommen auf, weil dieses traurige und
unrühmliche Kapitel rumäniendeutscher Geschichte am wenigsten dazu taugen
sollte, ein Experimentierfeld von Anmaßungen, Voreingenommenheiten,
vorgefertigten Erklärungen, Pauschalurteilen, von Selbstgenügsamkeit,
Selbstreferentialität, Selbstbemitleidung, also von systematischer Selbst-
und Fremdrechtfertigung zu sein; zumal das sogenannte Siebenbürgen-
Institut" in Gundelsheim am Neckar uns bisher mit solcher Art von
pseudowissenschaftlicher Literatur bis zum Erbrechen beglückt" hat.
Trotzdem setzt es praktisch mit Milatas Schrift einen weiteren Höhepunkt
dieser Reihe unverzeihlicher Fehlleistungen in die Welt.
Eine wissenschaftliche Methodik lässt dieses Buch nicht erkennen, obzwar
die Einleitung" einen Zur Methodik" betitelten Unterabschnitt bringt (S.
3-5). Bei näherer Betrachtung nimmt der Verfasser hier nur auf seine
Absicht Bezug, öffentliche Stimmungen in Reaktion auf die Zeitereignisse"
einzufangen (S. 4) und in dreifacher Fächerung die Perspektive der
unmittelbar" am Zustandekommen des Rekrutierungsabkommens vom Mai 1943
beteiligten reichsdeutschen und NS-Amtswalter der Volksgruppenführung
sowie rumänischen Behörden" kritisch" zu verfolgen, den
Betrachtungswinkel" der Deutschen Volksgruppe in Rumänien und den
Blickwinkel der Rekruten" zu berücksichtigen (S. 4-5). Auch erhebt der
Verfasser die sogenannte Eintrittsmotivation" zur zentralen Frage" seiner
Arbeit. (S. 4), die er auch in den letzten beiden Kapiteln (Die Ausbildung
S. 235-254; Der Einsatz S.255-296) nicht aus den Augen verlieren will (S.
2). Dabei will er ausnahmslos die derzeit bestmöglichen Erkenntnisse zu
den gegebenen Fragen" liefern, selbst wenn die empirischen Ergebnisse
dieses Teils der Arbeit nicht immer vollständig sind" (S. 2). Damit spricht
der Autor eine der zahlreichen Fehlleistungen dieses Buches an: das recht
breit getretene Kapitel Der Einsatz", das sich durch mechanische
Auflistung von SS-Einheiten und die Ausbreitung von 4 Tabellen zur KZ-
Verwendung von Rumäniendeutschen (S. 256-260; 263-267) auszeichnet, aber
über den effektiven Fronteinsatz überhaupt nichts mitteilt, auch mit keinem
einzigen Wort erwähnt, dass die rumäniendeutschen SS-Angehörigen an einem
sogenannten Weltanschauungs-", d.h. Vernichtungskrieg gegen die West-, Süd-
und Ostslawen sowie andere Völker dieses Raums beteiligt waren. Dass diese
Vorgehensweise des Verfassers die Darstellung der rumäniendeutschen SS-
Männer als Täter geschickt ausklammert, also gerade den zentralen
Forschungspunkt des SS-Einsatzes unterschlägt, entschuldigt auch die in der
Einleitung vorausgeschickte selbstrechtfertigende Bemerkung nicht: Die
Täterforschung wurde zwar als Quelle genutzt und wird auch explizit
angesprochen, doch ist hier keine erschöpfende Behandlung der von
rumäniendeutschen SS-Männern begangenen Verbrechen beabsichtigt", weil Die
rumäniendeutsche Teilnahme an Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die
Menschlichkeit" angeblich den Rahmen dieser Arbeit gesprengt und die
zentrale Frage der Eintrittsmotivation vollkommen beiseite gedrängt hätte"
(S. 3). Stattdessen lässt sich der Verfasser im Kapitel Einsatz",
Unterkapitel Die Verluste" (S. 273-282) auf eine ausgiebige Diskussion des
Prozentsatzes an rumäniendeutschen Toten ein und widmet einem mythisch-
mystisch verklärten Begriff des Kampfwertes" das ganze Unterkapitel 9.3
(S. 282-290).
Auch bequemt sich der Verfasser in keiner Weise, zumindest im Ansatz eine
Beschreibung der SS als Speerspitze des NS-Regimes zu geben oder die von
ideologischem Fanatismus und brutalstem Extremismus geprägten Wesenszüge
dieser Organisation zu erwähnen. Von einem Wertekanon und Moralkodex, die
es möglich machten, dass die SS-Männer, zu willfährigen Exekutanten
pervertiert, es als Sendung" betrachteten, menschenverachtende und
unmenschliche Befehle in bedingungsloser Pflichterfüllung" für Führer,
Volk und Vaterland" auszuführen, ist bei Milata nicht einmal
andeutungsweise die Rede. Er schweigt alles systematisch tot, was auf die
verbrecherische Täterschaft der SS und ihrer Mitglieder hinweisen könnte,
und unterwirft seinen Diskurs in postmodernistischer Weise der Zwangsjacke
der schwer greifbaren Eintrittsmotivation" und anderer Konstrukte dieser
Art. Zwar beteuert er wiederholt die Gerüchte", die durch die angeblich
vorhandene Forschungslücke" in der Frage der erfolgreichen SS-Rekrutierung
entstanden sind,[1] wie die Schuldlosigkeit der rumäniendeutschen KZ-
Wachleute und der Freiwilligen" der Waffen-SS, den überdurchschnittlich
hohen Blutzoll" der rumäniendeutschen SS-Männer sowie deren
Opferbereitschaft, durch seinen wissenschaftlich anspruchsvollen Beitrag"
aus der Welt schaffen zu wollen (so S. 2), wird aber diesem Vorsatz in
keiner Weise gerecht, weil er die gängigen und hergebrachten
Entschuldigungs- und Rechtfertigungsklischees durch andere ersetzt, die
sich als nicht minder kontraproduktiv für die Behandlung der
rumäniendeutschen SS-Problematik erweisen. Ein solches
Rechtfertigungsparadigma ist die vom Verfasser zur zentrale Frage"
erhobene Eintrittsmotivation" (S. 2). Von ebenso fragwürdiger Qualität
erweisen sich alle Topoi und Paradigmen, die dieser Motivation" subsumiert
werden, so der Pragmatismus" (Unterkapitel 6.3.1.1, S. 175-180), der
Antibolschewismus (Unterkapitel 6.3.1.2, S. 180-185), der Deutschland-
Mythos" (Unterkapitel 6.3.1.3, S.185-192), der Rumänisierungsdruck"
(Unterkapitel 6.3.1.6, S. 196-199), der Innere Druck" (Unterkapitel
6.3.1.7, S. 199-202). Diesen Rechtfertigungsparadigmen werden weitere
schwammige, inhaltlich dehnbare Klischees, Stereotypen und irrige Postulate
wie z.B. "multikausale individuelle Abwägung" (S.175), Die soziale
Demagogie der DViR."[2] (S. 178), tiefste kollektive Selbstzweifel" und
Angst, nicht ganz zu der deutschen Kultur hinzugehören" oder tief
sitzende Komplexe" (S. 190f.) und ähnliches einverleibt.
Auch sonst zeichnet sich Milatas Diskurs durch ein breit
zusammengewürfeltes Sammelsurium von Begriffsprägungen und Parolen aus, die
entweder dem Rechtsfertigungs- und Verharmlosungsdrang ehemaliger Täter wie
auch dem eigenen Repertoire des Verfassers entstammen. Dabei ist es recht
schwierig, zwischen einfacher Stereotypie des Verfassers oder tatsächlichen
historischen Vorurteilen bzw. Fehlschlüssen zu unterscheiden. Ein solches
Beispiel bietet sich auf S. 212 an, wo die propagandistische Floskel des
Volksaufbruchs" in romantisierender Verklärung zur Tatsache" erklärt
wird. Statt auf den Komplex des SS- bzw. NS-Helden- und Tapferkeitskultes
kritisch einzugehen, begnügt sich Milata mit dem schwammigen Begriff
Männlichkeitsritual" (S. 213). Er verliert kein Wort über das überzogene
Elitebewusstsein der SS und ihrer Angehörigen, an keiner Stelle fällt die
Selbstdefinition der SS als Politisches Soldatentum" und ihrer Mitglieder
als politische Soldaten", wie auch an keiner Stelle vom eigentlichen
Vernichtungscharakter der Kriegshandlungen gesprochen wird, an denen
rumäniendeutsche SS-Männer beteiligt waren.
Insgesamt ist festzustellen, dass Milata den ideologischen Hintergrund,
die betont ideologische Motivation sowohl der rumäniendeutschen
Nationalsozialisten wie der SS möglichst ausspart und, wenn er sie erwähnt,
ausschließlich der Volksgruppenführung anlastet. Damit erfährt Milatas
Diskurs einen insgesamt von ideologisch motiviertem Tätertum befreiten
Akzent, wodurch auch der grundlegende Aspekt der politisch begründeten
Eigen- bzw. kollektiven Initiative nicht auf den einzelnen
Rumäniendeutschen oder auf deren Gesamtheit fokussiert werden musste,
sondern ausschließlich der Volksgruppenführung und dem Reich" aufgebürdet
werden konnte. Selbst dort schweigt sich der Verfasser aus, wo es
begründeten Anlass gibt, die Eigeninitiative der rumäniendeutschen Nazis
beim Namen zu nennen, so in der Verbotene Freiwilligkeit" genannten Phase
vom September 1940 bis März 1943, als zahlreiche Rumäniendeutsche aus dem
rumänischen Heer desertierten und die rumänische Grenze illegal passierten,
um sich deutschen Armeeeinheiten zur Verfügung zu stellen.
Die Problemstellung des Verfassers verdeutlicht, dass seine relativierend-
verharmlosende Schrift sich in der Hauptsache an ehemalige SS-Angehörige
und deren Anhänger, wie auch an die institutionellen Träger seines
Forschungs"-Projekts, das Siebenbürgen-Institut" und die
Kulturfunktionäre des Beauftragten für Kultur und Medien" in Berlin und
des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte" in Oldenburg
als eigentliche Adressaten, also weder an die Historikerzunft, noch an das
interessierte Publikum richtet. Die massive Präsenz von SS-Veteranen, deren
tendenziöse Erinnerungen Milata in unverhältnismäßig dichter Weise
heranzieht, belegt das einwandfrei. Dass der Verfasser mit dieser
Übergewichtung des Rechtfertigungsdiskurses Ehemaliger sich von der
Wissenschaftlichkeit endgültig verabschiedet, die er so arrogant
beansprucht ( wurde zu dieser Frage bis heute kein einziger
wissenschaftlich anspruchsvoller Beitrag veröffentlicht" (S. 2)), ist ihm
nicht der geringsten Überlegung wert.
Damit ist ein weiterer kritischer Aspekt angesprochen, und zwar die Art
und Weise, wie der Verfasser es versteht, seine Materialwahl zu treffen und
Unterlagen, deren Aussagewert unzweifelhaft ist (Archivunterlagen), mit
einer Fülle von subjektiv geprägter Rechtfertigungsliteratur (individuelle
Erinnerungen, Interviews; landsmannschaftliche Literatur wie Heimatbücher,
geschichtsrevisionistische Sekundärliteratur der landsmannschaftlichen
Forscherschaft") und mit geschichtswissenschaftlich anerkannten
Forschungsergebnissen bundesrepublikanischer und ausländischer Historiker
zu verbinden.
Die Fülle an Archivunterlagen, die Milata im Anmerkungsapparat kenntlich
macht, darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass selbst in den
Abschnitten bzw. Kapiteln, in denen die Rechtfertigungsliteratur recht
spärlich vertreten ist, die Wissenschaftlichkeit dadurch hart in
Mitleidenschaft gezogen wird, dass entweder die bereits angesprochene Fülle
von vorgefertigten Stereotypen eingesetzt oder absolut sachfremde, zuweilen
irrwitzige Kommentare oder Feststellungen erfolgen. Dabei spielt nicht eine
unwesentliche Rolle, dass Verfasser manche Autoren überhaupt nicht
rezipiert oder manche mit sichtlichen Bauchschmerzen anführt, wenn diese
faktenbezogene, also seiner Zielrichtung nicht konforme Aussagen über den
Fronteinsatz machen, oder wenn sie ernstzunehmende Forschungsergebnisse
veröffentlicht haben, die Milata aber wider besseres Wissen unterschlägt,
um sich Pionierleistung anzumaßen und Forschungspriorität zu ergaunern. So
ist es haarsträubend, dass Milata die von Thomas Casagrande verfasste
einschlägige Studie Die volksdeutsche SS-Division Prinz Eugen'". Die
Banater Schwaben und die nationalsozialistischen Kriegsverbrechen" (2003)
nur in unwesentlichen Aspekten heranzieht (z.B. S. 253, Anm.95 und 96) und
sich über diesen Autor zudem in verächtlicher Weise äußert ( Seine
postmodernistisch beeinflusste Textanalyse entbehrt jedwelcher historischer
Korrelation" (S.291 Anm.170)). Eine solche Äußerung belegt nur, dass Milata
diesen Vorwurf gegen eine auf gediegener, fundierter Quellenrecherche und
-auswertung beruhende Studie erhebt, um davon abzuleiten, dass er (Milata)
die Division Prinz Eugen" als Fallbeispiel für sein Konstrukt der
Diskriminierung" von Volksdeutschen durch angeblich schlechte Ausbildung
und Einreihung in eine fingierte 3. und letzte Qualitätsklasse von SS-
Divisionen missbraucht, dass er also auf diese Weise gerade dem Kern einer
Untersuchung über das SS-Engagement der Rumäniendeutschen und damit ihrer
Verantwortung für Völkermord ausweicht, also gerade dem, was Casagrande im
Falle der Banater Schwaben so überzeugend darstellt. Auch scheint Milata
Casagrande des Postmodernismus zu bezichtigen, um selbst dem Verdacht des
Postmodernismus zu entgehen.
In derselben selbstherrlichen Weise behandelt er Johann Böhms zwischen
1985 und 2003 veröffentlichte Forschungsergebnisse, die er systematisch
unterschlägt, obwohl Böhm ihm immer wieder brauchbare Hinweise zur
Quellenforschung während seiner Dissertationsarbeit gegeben hat. Die im
Abschnitt Quellenlage und -verzeichnis[3]" (S. 307-311) niedergelegten
ehrenrührigen Bemerkungen über Böhm sind eines seriösen Autors und
Forschers unwürdig und schießen weit übers Ziel hinaus. So heißt es, Böhm
sei kaum auf den existierenden Forschungsstand" – gemeint sind die
geschichtsrevisionistischen Produkte des sogenannten Siebenbürgen-
Instituts" – eingegangen, er habe nur einen Teil der verfügbaren
Archivunterlagen" benutzt. Auch kennzeichnen sich seine Bücher durch
Faktenlastigkeit, mangelnde Analyse, grobe Fehler in Chronologie und
Interpretation und unvollständige Angabe von Quellen" (S .310). Die
verbissene Unversöhnlichkeit dieser Anwürfe, die meines Erachtens auf
Anordnung des Siebenbürgen-Instituts" aus der Siebenbürgischen Zeitung Nr.
11 vom 15. Juli 1985 übernommen wurden, weil Böhm in seiner Dissertation[4]
zum erstenmal hohe NS-Amtswalter in der Landsmannschaft der Siebenbürger
Sachsen demaskiert, wird auch dadurch nicht geschmälert, dass Milata für
die von Böhms Mitarbeitern Klaus Popa und William Tototk durchgeführten
Untersuchungen zur rumäniendeutschen NS-Zeit Anerkennung äußert, allerdings
im Verlauf seiner Schrift kein einziges Mal auf Einzelbeiträge wie z. B.
Popas Aufsatz über den Antisemitismus der Volksgruppenführung[5] Bezug
nimmt (wie es auf S. 87f. zu erwarten wäre).
Wohin die Ignorierung der Erkenntnisse von Johann Böhm und die
uneingeschränkte Rezeption der aus dem Vertriebenenmilieu herkommenden und
dem ominösen Siebenbürgen-Institut" verpflichteten Geschichtsrevisionisten
Harald Roth, Ulrich Andreas Wien, Konrad Gündisch, Mathias Beer, Wolfgang
Miege und Günter Schödl führt, wird bereits in den Unterkapiteln 1.3.2 Die
Gleichschaltung, Oktober 1938" und 1.3.3.3 Gleichgeschaltet, 1939" des 1.
Kapitels, Rumänien und seine Deutschen 1918-1939" sichtbar. Hier will
Milata eine Gleichschaltung" feststellen, die es so überhaupt nie gab,
weil nicht die undurchsichtige Person einer Frau von Coler, sondern Andreas
Schmidt durch seine Ernennung zum Volksgruppenführer im September 1940 die
Gleichschaltung einleitete.
Auch will Milata unter Berufung auf den sich selbstrechtfertigenden
Anhänger der Volksgruppenführung Alfred Coulin eine Kausalbeziehung
zwischen der Versöhnung der Volksgemeinschaft" mit den radikalen Nazis um
Alfred Bonfert und den Wirtschaftsverhandlungen des Deutschen Reiches mit
Rumänien erblicken: die Versöhnung sei ein Nebenprodukt der
Wirtschaftsverhandlungen mit Rumänien" (S. 39), was chronologisch
ausgeschlossen ist, weil die Wirtschaftsverhandlungen vom 10.-23. März 1938
stattfanden, hingegen das Einigungsprotokoll vom 27.10.1938 datiert. Wie
einfach und vor allem wahrheitsgetreuer wäre es gewesen, wenn Milata die
von Böhm, Die Deutschen in Rumänien und das Dritte Reich 1933-1940", auf
Seite 225ff. niedergelegten Forschungsergebnisse berücksichtigt hätte! Ein
weiteres Beispiel: In seiner Böhm-Phobie unterlässt es Milata im
Anmerkungsapparat darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut des Gesetzes zur
Schaffung der Front der Nationalen Wiedergeburt" (15. Dezember 1938) bei
Böhm, op. cit., Dokument Nr.25, S.348f. vorliegt. Auch die eingehende
Bezugnahme Böhms auf das Einigungsprotokoll" (ebenda, S.206 und Anm.666)
bleibt unerwähnt. Die Reihe faktischer Missinterpretationen ist zahlenmäßig
kaum zu erfassen. Milata unterschlägt jedenfalls Johann Böhms
Forschungspriorität zumindest in 19 Fällen.
Besonders störend ist, dass Milata die von ehemaligen NS-
Spitzenfunktionären der Deutschen Volksgruppe in Rumänien in die Welt
gesetzten Mythen vorbehaltlos rezipiert. So soll laut A. Hönig, dem
Schriftleiter des NS-Volksgruppenorgans Südostdeutsche Tageszeitung", der
Oberrabbiner von Mediasch den sächsischen Kreisleiter um Schutz gebeten
haben, der darauf prompt Doppelposten der NS-Jungmannschaft vor die
jüdischen Häuser gestellt haben soll (S. 89). Diese zynische Mär liegt auch
in der Variante vor, dass der letzte deutsche Bürgermeister von Mediasch,
Hans Zikeli, Angehörige der D(eutschen) M(annschaft) zum Schutz des
Mediascher Judentums zur Verfügung gestellt hätte. Dabei stimmt diese
Kolportage in der Tat mit der Funktion Zikelis als Führer der DM im Kreis
Mediasch (damals unter dem Namen Weinland" bekannt) überein; doch dass
gerade diese Truppe in ähnlicher Weise wie die etwas elitärere E(insatz)
S(taffel) ein paramilitärischer Stoßtrupp war, der in seiner Indoktrination
auch eine geraffte Portion von Antisemitismus mitbekommen hatte,
verschweigt Milata.
Der Verfasser versteht es trotz seiner recht üppigen Archivdokumentation
ausgezeichnet, auf schwergewichtige Einzelaspekte nur oberflächlich
einzugehen. Es fehlt ihm die Fähigkeit, entscheidende Momente bzw.
Entwicklungen in einen breiten chronologisch-faktischen und intentionalen
Zusammenhang zu stellen. So nimmt es nicht Wunder, wenn Milata den bereits
von Miege, Das Dritte Reich und die Deutsche Volksgruppe in Rumänien 1933-
1938 ..." (1972) in die Welt gesetzten Irrtum weiter kultiviert, Hitler
habe unter dem Eindruck der Zerstrittenheit der beiden rumäniendeutschen NS-
Fraktionen am 2. Juli 1938 der SS das Monopol über alle volksdeutschen
Angelegenheiten zugesprochen" (S. 38). Ähnlich handhabt Milata die
plötzliche Bereitschaft der Antonescu-Regierung, ein Abkommen mit dem
Deutschen Reich abzuschließen, das den massiven Eintritt von
Rumäniendeutschen in die Waffen-SS ermöglichte. Dabei fällt es ihm nicht
auf, dass es der rumänischen Regierung nach dem Verlust zahlreicher
Divisionen im Debakel von Stalingrad nur recht war, das noch ungenügend
ausgeschöpfte Potential der Rumäniendeutschen anzuzapfen, statt das Risiko
des massenhaften Verlusts von Blutsrumänen abermals einzugehen (S. 139).
Weil Milata sich grundsätzlich dagegen verwahrt, einen rein ideologischen
Hintergrund für die allgemeine Begeisterung der SS-Einreihung
Rumäniendeutscher zuzugeben, leidet vor allem das auf insgesamt 60 Seiten
breitgetretene 6. Kapitel, Die Durchführung der Massenrekrutierung 1943",
in dem auch die zentrale Frage der Eintrittsmotivation" abgehandelt wird
(S.174-205). Einen ersten Höhepunkt an Widersprüchlichkeit und
Geschichtsklitterung erreicht Milata, indem er die Freiwilligen"-
Problematik nicht nur entideologisieren, sondern sie auch systematisch vom
hochideologisierten Kontext der rumäniendeutschen Jugend entkoppeln will.
So heißt es bereits in der Einleitung" in relativierender Absicht,
jüngere Rekruten traten angeblich aus NS-Begeisterung in die SS ein" (S.
2, unsere Hervorhebung); oder: Der rumäniendeutsche Eintritt in die Waffen-
SS ist demnach nicht als Zeichen ideologischer Bevorzugung zu
interpretieren, sondern ging auf Bestimmungen im reichsdeutschen
Ergänzungswesen zurück" (S.7). Der Verfasser schickt zwecks Abschwächung
der Freiwilligkeit nun die durch kein einziges Dokument belegbare Vermutung
voraus, Andreas Schmidt könne 1943 von Berger keinen anderen Befehl
erhalten haben, als die SS-Aktion als Zwangsaushebung zu konzipieren" (S.
167).
Der Verfasser betreibt die Entideologisierung des zutiefst in der NS-
Wahnideologie verankerten Begriffs der Freiwilligkeit" bereits in der
Einleitung", wo es kategorisch heißt, in der gesamten Arbeit gelte die
tatsächliche", nicht die juristische" Freiwilligkeit (S.6). Dieser
Standpunkt wird auf S. 211 wiederholt, wo es heißt: Dieser Begriff [...]
beschreibt die Identifizierung der Mehrheit der Rekruten mit ihrer
Entscheidung. Es muss ausdrücklich davor gewarnt werden, diese
Freiwilligkeit mit dem "Ruf des Blutes" oder NS-Überzeugung
gleichzusetzen." Mit der juristischen Freiwilligkeit" meint Milata die
vertraglich festgeschriebene Freiwilligkeit", sei es die im
zwischenstaatlichen Abkommen vom Mai 1943 oder die im Völkerrecht
festgeschriebene.[6] Gleichzeitig wird die SS als die ihrem Führer Adolf
Hitler ergebenste und rücksichtsloseste Organisation der NSDAP durch diesen
juristischen Winkelzug auch ihres elitären Charakters des politischen
Soldatentums" und des Weltanschauungskriegertums" entkleidet, in dessen
Namen der Völkermord begangen wurde. Diese Entschuldungsweise entschärft
ferner den allgemeinen Rassismus und partikulären Antisemitismus der SS,
ermöglicht es aber auch, totzuschweigen, dass die eigentlich tragende
ideologische Säule, der bis ins Extrem getriebene Deutschenglaube", d.h.
die auf dem deutschen Volkstum" beruhenden Komponenten deutschnationaler
und germanisch-nordischer" Solidarität als Gegenprojekt gegen die
internationalistische Solidarität des Kommunismus gedacht waren.
Bezeichnend für Milatas Diskurs der Verleugnung und des Totschweigens ist
auch, dass er mit keinem Wort auf die allgemein von der historischen
Forschung akzeptierten diskriminatorisch-verbrecherischen Prinzipien der SS
eingeht, die bereits von Hans Buchheim und Martin Broszat in Anatomie des
SS-Staates" im Jahre 1967 festgehalten und diskutiert wurden. So findet der
Leitsatz der SS Unsere Ehre heißt Treue" nicht die geringste Beachtung,
der zu Verbrechen missbraucht wurde. Auch hätte Milata Himmlers Sentenz
anführen können, dass auf dieser Erde vieles verziehen werden [kann],
eines aber nicht, die Untreue. Wer die Treue verletzt, schließt sich aus
unserer Gesellschaft. Denn Treue ist eine Angelegenheit des Herzens,
niemals des Verstandes."[7] So war die SS positioniert und so auch die
überwiegende Mehrheit der Freiwilligen". Zu dem Inhalt dieser
Freiwilligkeit" reicht Himmler in seiner vierten Richtlinie und Tugend"
über den Gehorsam nach, dass dieser bedingungslos aus höchster
Freiwilligkeit kommt, aus dem Dienst an unserer Weltanschauung, [...]; des
Gehorsams, der nicht ein einziges Mal zaudert, sondern bedingungslos jeden
Befehl befolgt, der vom Führer kommt oder rechtmäßig von den Vorgesetzten
gegeben wird, [...]."[8] Auch der in allen Fachstudien hervorgehobenen
zentralen Rolle des Antisemitismus im SS-Unterrichtswesen und im Weltbild
der SS-Männer[9] schenkt Milata keine Aufmerksamkeit. Er begnügt sich
stattdessen mit der Pauschalaussage seines interessierten Gewährsmanns Rolf
Reiser, es habe keine Weltanschauliche Schulung' während seiner
Rekrutenausbildung gegeben." (S. 240), was im Falle der Vorzeigedivision
der SS, der Leibstandarte Adolf Hitler", deren Angehöriger Reiser war,
absurd ist. Eine einschlägige Studie betont hingegen, dass im Schulungsplan
für die zehnwöchige Rekrutenausbildung im Jahr 1940 das Judenproblem an
erster Stelle behandelt wurde, gefolgt vom Thema Aus dem Leben des
Führers" oder Bolschewismus in Russland".[10]
Milata verschweigt auch, dass, wer zur SS als Freiwilliger" ging, sich
öffentlich zu dem Regime" bekannte und sich ausdrücklich in dessen Dienst
stellte".[11] Auch Cüppers hebt den hochideologisierten Charakter der
Weltanschauungstruppe" hervor.[12] Dieser stellt auch fest, dass allein
schon der freiwillige Eintritt in die Waffen-SS einen deutlichen Beleg für
die nationalsozialistische Gesinnung darstellt".[13]
Bezeichnend ist auch, wie Milata das Paradigma Ideologie und
alltagskulturelle Faktoren" (S. 187-192) relativiert. Statt offen
zuzugeben, dass ein großer Teil der rumäniendeutschen SS-Freiwilligen in
der Regel eine recht tiefgreifende, sich kaum von der der Binnendeutschen
unterscheidende ideologische NS-Sozialisierung durch die Schule[14] und die
einschlägige Jugendorganisation, zum Teil auch durch das
nationalsozialistisch eingestellte Elternhaus genossen hatten, schiebt er
die recht kuriose Fragestellung vor, was Rumäniendeutsche sich während des
Kriegs unter Nationalsozialismus vorstellten" (S. 187). Er will dabei
feststellen, dass der Gebrauch des Begriffes Sozialismus als Demagogie
[seitens der Volksgruppenführung] verstanden werden muss" (S. 188), tut
also so, als ob er nicht wüsste, dass dieser Sozialismus" in nichts vom
nationalen Sozialismus, also vom NS im Hitlerreich abwich. Verfasser
scheint offensichtlich zu glauben, dass mit der einfachen Unterdrückung des
Attributivs national" der von der deutschen Minderheit in Rumänien
praktizierte Nationalsozialismus eine andere, wohl harmlose Qualität,
gewinnen könnte, und schiebt dazu weitere verharmlosende Bemerkungen nach:
Bei den Rumäniendeutschen hatte der Nationalsozialismus aber keine
nationale Gewissheit, sondern tiefste kollektive Selbstzweifel geschaffen."
Damit verbunden sei die Angst, die sich in dem ständigen Bedürfnis nach
reichsdeutscher Bestätigung äußerte" (S.190). Auch habe eine zutiefst
verunsicherte Bevölkerung" den sogenannten Deutschland-Mythos" aus
psychologischer Notwendigkeit aufgegriffen (S.187), wo eigentlich auf den
Fanatismus des NS-Engagements der Volksgruppe hätte hingewiesen werden
sollen. Hier treibt Milata seinen geschichtsrevisionistischen
Verharmlosungszug auf die Spitze, weil er die grundlegende Tatsache und
Gewissheit unterdrückt, dass der Nationalsozialismus von 1940 bis August
1944 als Hauptkatalysator gesellschaftlicher Integration, Kohäsion und
Identifikation bei der rumäniendeutschen Minderheit funktionierte.
Auch weist Milata nicht darauf, dass die NS-Gesinnung auch für sein
Paradigma des innergemeinschaftlichen Drucks" wesensbestimmend war (S. 199-
202). Es bleibt sodann unerwähnt, dass die bis in die späten 20er Jahre des
vorigen Jahrhunderts vor allem nach regionalen Identifikations- und
Identitätsmustern gestrickte soziale Kohäsion (Siebenbürger Sachsen,
Banater Schwaben, Bukowina-, Buchenland-, Sathmardeutsche) allmählich von
nationalsozialistischen Wertvorstellungen aufgelöst und vom NS-Weltbild
ersetzt wurde. Dass das ein stark politisiertes Gemeinschaftsbewusstsein
war, ist für Milata auch kein Thema. Hier war das Deutschsein" und
Deutschfühlen" ausschlaggebend, in deren Namen den
Rekrutierungsverweigerern der Ausschluss aus dem sogenannten 100-Millionen-
Volk" drohte.
Bezeichnend für Milatas Geschichtsrevisionismus ist die Art wie er die
Frage, des rumäniendeutschen Einsatzes in der Leibstandarte Adolf Hitler"
behandelt. In dieser SS-Vorzeigeeinheit hatten bereits im Frühsommer 1940
aus der sogenannten 1000-Mann-Aktion" 392 gemusterte Rumäniendeutsche
Aufnahme gefunden (S. 69), dann wurden im Rahmen der Freiwilligen"-
Rekrutierung ab April 1943 weitere 1.500 Rumäniendeutsche dieser Einheit
zugewiesen, wobei Berger, der Chef des SS-Ergänzungsamtes, betonte, dass
die Aufstellung der aus Rumäniendeutschen bestehenden Ehrenkompanie der
Leibstandarte' (die 1. Kompanie des 1. Regiments)" bis zum 20.06.1943
beendet sein würde (S. 257). Dieser Behauptung Bergers begegnet Milata mit
vorgespieltem Erstaunen: Der Grund für diese besondere Ehrung der
Rumäniendeutschen ist unklar und wurde zumeist mit der besonders hohen Zahl
rumäniendeutscher Meldungen oder auch dem Tod von Bergers Sohn an der
Ostfront in Verbindung gebracht" (Ebenda). Dass die Zuweisung zur
Leibstandarte Adolf Hitler eine besondere Auszeichnung für die
rumäniendeutschen SS-Männer, aber vor allem für Andreas Schmidt, den
Einfädler der 1000-Mann-Aktion und späteren Volksgruppenführer sowie
Schwiegersohn des Ergänzungsamtchefs Berger, aber auch für die
rumäniendeutsche Minderheit insgesamt und ein gleichzeitiger Ansporn zur
Stellung weiterer Freiwilliger" war, widerspricht Milatas
Verdunkelungspolitik, weshalb er diesen faktischen Kausalzusammenhang
ignoriert. Auf diese Weise kann sich der Verfasser ersparen, die ihm und
seinen Auftraggebern unbequemen Tatsachen beim Namen zu nennen, so den von
NS- und SS-Seite als Spitzen- Leistungen" eingestuften Dienst der
Rumäniendeutschen und ihrer politischen Führung, welchen sie ihren Herren
Hitler und Himmler erbrachten.
Mit der Gegenüberstellung der Leibstandarte Adolf Hitler" und der
Division Prinz Eugen" (S. 239-245) möchte Milata die angeblich stark
abweichende Qualität der Ausbildung zwischen den erst- und den
drittklassigen SS-Divisionen belegen. Seiner eigenen Vorgabe, die
Verschiedenheit der von Rumäniendeutschen erfahrenen SS-Ausbildung" mit
Erkenntnissen aus Archiven und der Literatur" gegen zu prüfen, kommt er
dabei kaum nach. Den Schwerpunkt seines wehleidigen Opfermythos setzt
Milata im Abschnitt über die 7. SS-Division Prinz Eugen" fest. Hier bringt
er sämtliche Klagen über diskriminierende Behandlung der rumäniendeutschen
SS-Angehörigen unter, die als Walachen" von ihren Vorgesetzten verschrien
wurden (S. 241f.), in sieben Wochen eine sechsmonatige Ausbildung
absolvieren und weitere Brutalitäten und Ungerechtigkeiten erleben mussten
(S. 243). Die eigentliche Ursache für Milatas Herunterspielen der SS-
Division Prinz Eugen" ist handgreiflich: ihre Freiwilligen" waren an
systematischen Verbrechen gegen ihre ehemaligen jugoslawischen Mitbürger
serbischer, bosnischer oder kroatischer Herkunft beteiligt und führten auf
jugoslawischem Boden den Weltanschauungs- und Vernichtungskrieg, den ihre
Kollegen" der SS-Totenkopfstandarten (nachmalig SS-Infanterieregimenter
und SS-Brigaden des Kommandostabs Reichsführer-SS), der Leibstandarte, der
Division Das Reich", der SS-Polizeidivision und der Divisionen Wiking",
Nordland, Nederland (letztere drei später zum III. (germ.) Panzerkorps
zusammengefasst) in Polen, in der Ukraine, in Weißrussland, im Baltikum und
in Russland führten.
Milata fügt seinem Klagelied über die Diskriminierung der
Rumäniendeutschen in der SS noch den Umstand bei, dass es nur eine
ausgesprochen kleine Zahl rumäniendeutscher SS-Führer und –Unterführer"
gab (S. 245). Das tut er vermutlich auch in Unkenntnis eines Dokuments, das
er eigentlich in den von ihm eingesehenen Beständen des Bundesarchivs hätte
antreffen müssen, wo am 24. März 1944 die Beförderungsurkunden von 23
rumäniendeutschen SS-Männern erwähnt werden.[15] Auch die insgesamt sieben
Kriterien für Führer und Unterführeranwärter vom Februar 1944 (Milata,
S.246) sprechen in keiner Weise für, sondern entschieden gegen die vom
Verfasser wiederholt geschwungene Diskriminierungskeule, weil das allesamt
elitäre Auswahlkriterien darstellen. Milata erzeugt sodann den falschen
Eindruck, dass die allgemein auf das volksdeutsche Menschenmaterial"
geprägten Bemerkungen negativen und herabwürdigenden Inhalts (schlechte
Gesundheit, fehlende Deutschkenntnisse, niedriger Intelligenzquotient)
ausschließlich gegen rumäniendeutsche SS-Angehörige gerichtet waren (S.246-
251). Er postuliert diesbezüglich: Für die meisten Rumäniendeutschen war
eine herablassende Behandlung aufgrund ihrer Herkunft während der
Ausbildung an der Tagesordnung" (S.247). Auch wagt sich Verfasser zu der
Annahme einer systematischen Diskriminierung durch Reichsdeutsche"
(S.248). Er beruft sich dabei auf W. Tieke, Tragödie um die Treue. Kampf
und Untergang des III. (germ.) SS-PzKps." (1971), S.12 sowie auf weitere
Autoren, aber verschweigt in diesem Zusammenhang vorsätzlich, dass die
anstößige Behandlung von Volksdeutschen in der SS kaum bzw. in keiner Weise
in erster Linie gegen Rumäniendeutsche gerichtet war, sondern gegen die zum
größten Teil entnationalisierten Freiwilligen" aus Ungarn, Kroatien und
der Ukraine (Schwarzmeerregion).
Die Rumäniendeutschen, die von allen "Volksdeutschen" die deutsche Sprache
bestens beherrschten und mit der deutschen Lebensweise und Gedankenwelt
aufs beste vertraut waren, nahmen ihre tatsächlichen Integrations- und auch
Karrierechancen in der SS nicht nur wahr, sondern entwickelten auch
Eigeninitiative. Sie liefern also gerade das gegenteilige Bild von dem
elendigen ab, das Milata durchgängig von ihnen entwirft. Deshalb verwundert
es nicht, dass dieser alle gegenteiligen Zeugnisse unterschlägt, so
folgende Bemerkung im SS-Blatt Das Schwarze Korps": Nicht jeder
Volksdeutsche kann mit seinem Deutschtum so glanzvoll paradieren wie der
Siebenbürger mit seinem weit über dem Reichsdurchschnitt liegenden
Bildungsstand".[16] Ebenso unberücksichtigt bleiben die Angaben des
kommandierenden Generals des III. (germ.) SS-Panzerkorps Felix Steiner,[17]
der über die Siebenbürger" schreibt: in langer Generationenfolge in
fremdem Volkstum gewachsen, besaßen die siebenbürgischen Freiwilligen jene
innere Selbstsicherheit von Menschen, die von jeher auf sich selbst
angewiesen waren. Die geistigen Schichten waren von einer inneren Weite,
die nur in einem fremden Raum und auf dem Boden einer sicheren, langsam
gewachsenen und reifen Kultur gedeihen kann. Sie waren in ihren Herzen
kerndeutsch, [...]. So wurden diese Freiwilligen sowohl ein militärisch
wertvolles Element - der Siebenbürger Bauer konnte praktisch alles, vom
Haareschneiden bis zur Pflege und Instandsetzung eines Kraftfahrzeuges -
als auch ein geistig belebender Faktor im Sinne der Herstellung eines
gemeinsamen europäischen Kulturbewußtseins und ein glücklicher Ausgleich
gegenüber den in die jungen Divisionen des III. Panzerkorps einströmenden
niederländischen, dänischen und norwegischen Legionsfreiwilligen."[18] Über
die zahlreichen Rekruten aus Siebenbürgen, die das aus dänischen
Freiwilligen zusammengesetzte Freikorps Danmark" ergänzten, bemerkt
Steiner: Bald aber [...] lernten [die Dänen] die Eigenschaften ihrer
jungen volksdeutschen Kameraden schätzen, mit denen sie sich später
prächtig verstanden haben".[19] Über die Angehörigen der von Milata
missbräuchlich zur drittklassigen SS-Einheit degradierten Division Prinz
Eugen" und deren kommandierenden General Phleps heißt es bei Steiner: So
atmete auch die Division Prinz Eugen' ganz den Geist der ehemaligen K.u.K.-
Grenzlandkämpfer und war bislang der militärische Eckpfeiler der deutschen
Streitkräfte in Kroatien und der besondere Schutz der Volksdeutschen
gewesen". Dann fügt er zur besseren Charakterisierung der Männer dieser
Division die Worte des späteren Chefs des Generalstabs der Heersgruppe
Balkan, General Schmidt-Richberg, hinzu: Oft standen Vater und Sohn in
derselben Formation. Was diesen Männern an gediegener Friedensausbildung
fehlte, ersetzten sie durch Unerschrockenheit und Manneshärte. In der
Kenntnis des Wesens und der Kampfweise des Feindes waren sie allen übrigen
Deutschen überlegen. Sie waren deshalb bei ihren Gegnern gefürchtet.
[...]."[20] Damit wird auch verständlich, warum Milata die Division Prinz
Eugen" zu einer fingierten drittklassigen SS-Division herunterspielt: um
eben nicht anführen zu müssen, dass die Angehörigen dieser SS-Einheit in
den Augen der Wehrmacht- und der SS-Führung die geeigneten Kräfte am
geeigneten Einsatzort waren und sich dort auszeichneten, wobei sie sogar
allen in Jugoslawien eingesetzten Binnendeutschen im Guerillakrieg weit
überlegen waren.
Auch missbraucht Milata die im Dezember 1943 in der Südostdeutschen
Tageszeitung" erschienene Artikelfolge des Schriftleiters Alfred Hönig über
seinen Besuch in SS-Ausbildungslagern dazu, die zum Teil berechtigte Kritik
an Hönigs Berichterstattung im Postulat zu überspitzen: Hönigs Artikel
hielten sich selbstverständlich an die Vorgaben Kronstadts[21] und hatten
mit der Wirklichkeit kaum etwas gemein" (S. 250). Der Verfasser beschließt
seinen Kommentar zu Hönig mit der ironischen Bemerkung: Kurz - die Waffen-
SS war eine reine Vergnügungstruppe" (S. 251). Es ist indes eine
interessante Konstellation, in der zwei unterschiedlich gepolte
Propagandawelten hier aufeinaderprallen: die der Volksgruppenführung und
die der ehemaligen SS-Angehörigen, deren Feder Milata führt. Beiden Seiten
ist das Verfälschen historischer Fakten gemeinsam, und es befremdet, dass
sich die Propaganda des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts der früheren
Propaganda missbräuchlich bedient, um ihrem eigenen, abstrusen
Geschichtsrevisionismus gerecht zu werden.
Die wohl schwerwiegendste Geschichtsklitterung Milatas ist die
vorsätzliche Umdeutung der 3er-Hierarchie der SS-Divisionen. Diese
ausgesprochen technisch-pragmatische, aus rein organisatorisch-
verwaltungsmäßigen Beweggründen eingeführte Dreifächerung, die der
personellen Entwicklung der SS ab Sommer 1943 Rechnung trug, als zahlreiche
deutsche oder artverwandte" Rekruten herangezogen wurden, die keine SS-
Tauglichkeit besaßen,[22] hat mit der von Milata postulierten schlechten
Ausbildung und Diskriminierung der Angehörigen der Division Prinz Eugen"
nicht das geringste zu tun. Auch nicht mit seinem Versuch, zwischen dieser
Hierarchie und dem Zusatz Freiwilligen" in der Titulierung von SS-
Divisionen einen fingierten Kausalzusammenhang herzustellen. Milata
postuliert: "Divisionsbezeichnungen der ersten Klasse begannen mit SS", z.
B. SS-Panzerdivision Leibstandarte Adolf Hitler". Die Beifügung des
Adjektivs Freiwillig" ließ eine Division zweiter Klasse erkennen, z. B.
SS-Freiwilligendivision Prinz Eugen''" (S. 252). Die Umdeutung wird so
weit getrieben, dass die Division Prinz Eugen" einfach in die dritte
Klasse degradiert wird. Die Beiworte germanisch" und volksdeutsch"
liefern das Scheinargument: die Divisionen der ersten Klasse sollen nämlich
das Beiwort germanisch" geführt haben, während die 7. SS-Division Prinz
Eugen" das Beiwort volksdeutsch" trug und damit nach Milatas Willen de
facto der dritten" (Klasse) zugeteilt wurde (S. 252). Das ist die reinste
Erfindung! Ebenso phantastisch sind die Behauptungen Milatas, die
Rumäniendeutschen seien überwiegend zweitrangigen Divisionen zugewiesen"
worden (S. 253), und man könne von einer überwiegend mangelhaften
rumäniendeutschen SS-Ausbildung" sprechen (S. 254).
Das Der Einsatz" betitelte 9. Kapitel krankt zum einen daran, dass von 42
Seiten dem eigentlichen Gegenstand magere 18 Seiten gelten, während der
restliche Teil in der Hauptsache von den Verlusten" (S. 273-282) und dem
schwammigen Begriff Kampfwert" (S. 282-290) handelt. Der Abschnitt über
den Einsatz ist deshalb so mager, weil Milata mit keinem einzigen Wort auf
den tatsächlichen Fronteinsatz Bezug nimmt. Er befindet recht
selbstgenügsam, dass die Neigung des SS-FHA, Volksdeutsche den KZ-
Einheiten zuzuweisen" dringender Erforschung bedarf (S. 263). Das soll aber
für weitere wesentliche Aspekte nicht gelten, wie die Beteiligung der
Rumäniendeutschen an SS-typischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die
erwiesenermaßen nicht nur in KZs, sondern auch im Fronteinsatz mit massiver
Intensität stattfanden (wie systematisch betriebene Judenerschießungen",
Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung, Misshandlung und Ermordung
von Kriegsgefangenen). Der Verfasser begnügt sich stattdessen mit der
mechanischen Auflistung von Einheitsnamen, in denen rumäniendeutsche SS-
Freiwillige" dienten (S. 256-259). Auch vermeint er mit der
Binsenwahrheit: Die Beteiligung der Wehrmacht und Waffen-SS an
Kriegsverbrechen ist unumstritten", mit Anmerkungen zur
menschenverachtenden Radikalität des Divisionskommandeurs Phleps und zu
einem Fall von Massenmord der Division Prinz Eugen" sowie zur Beteiligung
eines jungen Banater Schwaben am Malmedy-Massaker (S. 260f.) den
eigentlichen Gegenstand dieses Kapitels, den Fronteinsatz der
rumäniendeutschen SS-Freiwilligen abgearbeitet zu haben!
Ebenso mechanisch und schematisch, aus bloßer Aufzählung und
tabellarischer Auflistung bestehend, erscheint das Unterkapitel
Polizeiliche SS-Einheiten: KZ-Wachmannschaften, SD-Einsatzgruppen" (S. 261-
273). Allerdings ist es Milata anzurechnen, dass er die von Elzbieta
Kobierska-Motas im Jahr 1992 veröffentlichten Daten über die in Polen vors
Gericht gestellten und verurteilten KZ-Mannschaftsangehörigen zumindest
tabellarisch erfasst (Tafeln 13, 14, 15, 16, S. 265-267). Einen Hinweis,
dass Rezensent diesen Informationskomplex auf seiner Webseite
Rumäniendeutsche als NS-Kriegsverbrecher vor polnischen Gerichten"[23]
bereits im Jahre 2002 öffentlich machte, sucht man indes vergebens. Milatas
auch tabellarisch niedergelegte Meinung (S. 262, Tafel 12), dass den KZ-
Wachmannschaften insbesondere ältere, d.h. frontuntaugliche Männer
zugeführt wurden" (S. 261), ist dahingehend zu ergänzen bzw. zu emendieren,
dass nicht nur das Alter der SS-Angehörigen, sondern auch deren Körpergröße
eine Rolle bei der KZ-Dienstzuweisung spielte. Auch berücksichtigt Milata
die Erkenntnisse der bundesdeutschen KZ-Forschung nicht, obwohl er
beispielsweise das Buch von Karin Orth Die Konzentrationslager-SS.
Strukturelle Analyse und biographische Studien" (2000) in die biografische
Liste aufgenommen hat, aber sich darauf kein einziges Mal bezieht. So wäre
zu erwarten gewesen, dass Milata darauf aufmerksam macht, dass Zwischen
den militärischen Verbänden der Waffen-SS und den SS-Wachmannschaften der
Lager [...] ein ständiger Austausch" stattfand,[24] und dass das bei der
Ermordung der westpolnischen Juden im Vernichtungslager Kulmhof eingesetzte
Personal im April 1943 seinen Mordauftrag ausgeführt hatte" und
geschlossen zur SS-Division Prinz Eugen' nach Jugoslawien versetzt"
wurde.[25] Doch weil solche Tatsachen dem von Milata gestrickten Mythos
einer drittklassigen Division Prinz Eugen" (S. 239, 252), mit mangelhafter
Ausbildung und armseligen Quartieren (S. 241-244) widersprechen, werden sie
einfach totgeschwiegen.
Auch über die Präsenz von Rumäniendeutschen in Polizeieinheiten und
Einsatzgruppen referiert Verfasser recht lapidar (S. 269-271), wie auch
über die in KZs begangenen Verbrechen (S. 272). Über die Frage der Verluste
breitet er sich hingegen weitschweifig aus und versieht dieses Unterkapitel
mit üppigem Tabellenmaterial (S.273-280), um nach so großem Aufwand
feststellen zu müssen, dass die Todesrate der Rumäniendeutschen nur
geringfügig niedriger als die Gesamtgefallenenrate der Waffen-SS" ist (S.
278).
Schon der Begriff Kampfwert" im Titel des gleichnamigen Unterkapitels
(S. 282-290) ist ungewöhnlich, weil es sich um eine nicht messbare und
recht schwammige Größe handelt. Milata setzt hier sein Programm der
Verniedlichung und Verharmlosung unvermindert fort, indem er sich in eine
Kette von Pauschalurteilen bzw. von Postulaten flüchtet: Historiker
beurteilen den Kampfwert der volksdeutschen SS-Formationen durchgehend
negativ" (S. 282); für Rumäniendeutsche könne in der Waffen-SS keineswegs
von Aufstiegsmöglichkeiten' gesprochen werden" (S. 282); auf die fingierte
Drei-Klassen-Gesellschaft der SS-Divisionen" sei es zurückzuführen, dass
Die Wahrscheinlichkeit einer überdurchschnittlichen Auszeichnung von
Rumäniendeutschen [...] daher als gering" erscheint, weil die wenigsten
[...] zum SS-Führerkorps oder zu einer der vier genannten Divisionen" [Das
Reich, Leibstandarte, Totenkopf, Wiking] gehört haben sollen (S. 285). Der
niedrige Rang, die überwiegende Zugehörigkeit zu zweitklassigen Divisionen,
die Enttäuschung über die ausgebliebene A(ngehörigen) U(nterstützung) sowie
das bisherige Urteil der SS-Bürokratie und der Nachkriegshistoriker
sprechen gegen einen hohen Kampfwert" (S. 286). Dass diese Pauschalurteile
unglaubwürdig bzw. falsch sind, weil nicht solide dokumentiert, hat
Rezensent bereits nachgewiesen. Es sei nur an die Einschätzung des
Kommandeurs des III. (germ.) SS-PzKps Steiner erinnert, der die
Siebenbürger" hoch schätzte. Steiners Aussagen widerlegen gleichzeitig
Milatas Behauptung, in den vier SS-Spitzeneinheiten sei die Zahl der
Rumäniendeutschen gering gewesen. Auch stemmt sich der Verfasser
verzweifelt gegen die rein rumäniendeutsche 1. Kompanie des 1. Regiments
der Leibstandarte: Die Ursprünge, Entwicklung, sogar Existenz dieser 1.
Kompanie sind unklar und im Kontext der Bewertung des rumäniendeutschen
Kampfwertes irrelevant" (S. 286f.). Statt sich in diesem Punkt der
Südostdeutschen Tageszeitung" zu bedienen, wie er es in anderen, weniger
zentralen Kapiteln ausgiebig tut (So S. 93-95 bezüglich der Rolle der
D(eutschen) J(ugend) bei der SS-Rekrutierung; oder in den Unterkapiteln
Die Durchführung der Musterung" (S. 167-172); Pro Waffen-SS:
Antibolschewismus" (S. 180-185); Pro Waffen-SS: Ideologie und
alltagskulturelle Faktoren" (S. 187-192); Der Abtransport (S. 225-230);
Diskriminierung und DViR-Vertuschung (S. 249-251)), zieht es Milata vor,
sich auf Manfred Dörr, Die Träger der Nahkampfspange in Gold. Heer,
Luftwaffe, Waffen-SS 1943-1945", auf die Dokumentation der Vertreibung",
hg. von Th. Schieder und auf die kaum aussagekräftige Hausarbeit von H.-W.
Schuster, Die Rumäniendeutschen in der Waffen-SS" zu berufen. Der
Verfasser ist auch so verwegen, das Argument vorzuschieben, dass die
Forschung zum Kriegseinsatz der Rumäniendeutschen, insbesondere die Frage
der Identifizierung der SS-Einheiten der Rumäniendeutschen noch nicht
fortgeschritten" ist (S. 286). Es ist gerade diese Kernfrage, deren
Beantwortung man von einem Buch, wie das von Milata vorgelegte, erwarten
würde, das die Formulierung Rumäniendeutsche in der Waffen-SS"
bezeichnenderweise nicht als Haupttitel, sondern nur als Untertitel führt.
Sein Verfasser ignoriert nicht nur die im Bundesarchiv-Militärarchiv
Freiburg im Breisgau aufbewahrten aufschlussreichen Unterlagen, sondern
auch die einschlägigen Angaben der Südostdeutschen Tageszeitung" (SODTZ).
Letztere bietet ein komplexes Bild, womit das Falschspiel Milatas restlos
entlarvt wird.
Am 6. November 1943 gibt die SODTZ an: Aus Siebenbürgen kamen sie [die
volksdeutschen Freiwilligen], aus dem Banat und aus der Batschka. Die SS-
Kavalleriedivision[26] und die SS-Gebirgsdivision Prinz Eugen' bestehen
vorwiegend aus volksdeutschen Freiwilligen" (S. 6). Im Ausbildungslager der
SS-Panzerdivision Leibstandarte SS Adolf Hitler" wurden Söhne deutscher
Bauern, Bürger und Arbeiter aus allen Teilen des deutschen
Siedlungsgebietes in Rumänien" zu Soldaten der Auslesetruppe politischen
Soldatentums erzogen". Sie werden eines Tages, an der Seite ihrer
Kameraden aus allen Teilen des Reiches und aus den germanischen Ländern, an
der Front beweisen, daß ihre Einsatzbereitschaft der stolzen Tradition der
Leibstandarte würdig ist."[27] Der Begleittext der Fotoserie Unsere Männer
bei der Leibstandarte" lautet: Die 1. Kompanie der Leibstandarte Adolf
Hitler ist unsere' Kompanie, denn sie setzt sich ausschließlich aus
Freiwilligen unserer Volksgruppe zusammen".[28]
Über den Polizeieinsatz der Rumäniendeutschen informiert die SODTZ am 9.
Mai 1943 auf Seite 10, dass dem Kommandeur der Division Prinz Eugen", SS-
Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Phleps rund 1000 Mann zur
Verfügung gestellt wurden, die für die Banater Polizei bestimmt und bereits
durch die deutsche Polizeiausbildung gegangen waren. Solche und ähnliche
Belege bleibt Milata sträflicherweise schuldig! Aus der SODTZ lässt sich
auch auf folgende SS-Einheiten schließen, in denen Rumäniendeutsche Dienst
taten: SS-Regiment Der Führer", SS-Division Wiking", SS-Rgt.
Deutschland", Sonderverband Brandenburg"; SA Rgt. Feldhernhalle", SS-
Standarte Westland", 5. Totenkopfstandarte (beim KZ Oranienburg), SS-
Pionierrgt. Prag, 2. SS-Infanteriergt., 3. SS-Infanteriergt., 7. SS-
Infanteriergt., 10. SS-Infanteriergt., Ersatzbataillon 1 Warschau, SS-
Ersatzbataillon Breslau, Ergänzungsbataillon XVII der Waffen-SS Donau, 6.
SS-Grenadier-Rgt., SS-Panzerjägerabteilg. Rastenburg (beim
Führerhauptquartier), SS-Kavalleriedivision, Division Nordland", Division
Nederland", 18. SS-Panzergrenadier-Division Horst Wessel", SS-
Polizeidivision. Die SODTZ liefert auch Angaben über Rumäniendeutsche, die
bei der O(rganisation) T(odt) beschäftigt waren.[29]
Ebenfalls aus der SODTZ können aufschlussreiche Daten über den
sogenannten Kampfwert" der Rumäniendeutschen entnommen werden, der
entgegen der von Milata versuchten Beweisführung nicht so gering gewesen
sein kann, wenn Rezensent für den Zeitabschnitt 20. Juni - 7. Oktober 1943
allein 23 Verleihungen des Eisernen Kreuzes II. Klasse, 4 Verleihungen des
EK I. Klasse und zwei Ritterkreuzverleihungen identifizieren konnte. Dass
die Division Prinz Eugen" nicht aus drittklassigen Teufeln zusammengesetzt
war, wie das Milata forciert, belegt die Beförderung ihres Kommandeurs,
Artur Phleps, zum SS-Obergruppenführer am 22. Juni 1943 durch Hitler und
seine Auszeichnung mit dem Ritterkreuz.[30]
Stellvertretend für verbrecherische Handlungen, welche parallel zu
operativen Kampfeinsätzen erfolgten, seien die von Milatas Gewährsmann Emil
Henning erwähnten Totenkopfstandarten angesprochen, die später in
Infanterieregimenter umgewandelt wurden.[31] Die von Henning erwähnten
Infanterieregimenter 8 und 10, denen die 650 SS-Tauglichen aus der
sogenannten 1000-Mann-Aktion" nach der Ausbildung zugewiesen wurden,
gehörten als ursprüngliche Totenkopfstandarten zu den SS-Einheiten, die als
zusätzliche Polizeitruppen aufgestellt wurden.[32] Ab 1941 zählten diese
Einheiten zur besonderen Kerntruppe Himmlers, die Kommandostab
Reichsführer-SS" genannt wurde.[33] Henning liefert irreführende Angaben
über die beiden SS-Infanterieregimenter: sie gehörten keinesfalls dem Stab
des Befehlshabers Südost der Waffen-SS" an,[34] sondern dem Stab Himmlers,
und es war nicht der Befehlshaber Südost", sondern der Befehlshaber Ost
der Waffen-SS", der seit dem 25. November 1940 für eine professionelle
Leitung des Aufbaus der SS-Truppen im Generalgouvernement (Hauptstadt
Krakau) zuständig war.[35] Die 10. SS-Totenkopfstandarte mit anfangs zwei
Bataillonen war in Weimar-Buchenwald entstanden und bezog in einer
Gliederung von drei Bataillonen im Mai/Juni 1940 Station in Krakau.[36]
Damit ist die Beziehung zur Welt der NS-Konzentrationslager eindeutig. In
Krakau löste die 10. SS-Totenkopfstandarte die 8. SS-Totenkopfstandarte ab,
die sich auf die Judenverfolgung spezialisiert hatte, nachdem die Krakauer
Juden Schulungsobjekte der jungen Rekruten dieser Einheit gewesen
waren.[37] Die KZ-Vergangenheit der 10. Totenkopfstandarte kam ihr in
Krakau dahingehend zugute, dass ihre Freiwilligen bis ins Frühjahr 1941
regelmäßig an Aktionen im Getto der Stadt teilnahmen.[38] Wenn Henning sich
nun beklagt, dass seine Truppe keine Verwendung" in Krakau gefunden habe,
weil in Krakau die in Prag erfolgte Grundausbildung nochmals bis Januar
1941 wiederholt wurde,[39] so scheint er damit eigentlich die Schulung für
Judenverfolgungen zu meinen.
Auch die Behauptung von Henning, die aus der Zusammenführung des 8. und
10. SS-Infanterieregiments entstandene 1. (motorisierte) SS-Brigade[40] sei
ausschließlich an der Ostfront eingesetzt worden", stimmt nur bedingt. Sie
operierte zusammen mit der aus dem 4. und 14. SS-Infanterieregiment
gebildeten 2. (motor.) SS-Infanteriebrigade ergiebig im hinteren
Frontabschnitt. Am 22. Juli 1941 erhielt die 1. SS-Brigade den Marschbefehl
nach Lemberg.[41] Sie operierte zunächst in der westlichen Ukraine (dem
früheren Wolhynien), wo ihre Angehörigen massive Judenerschießungen
vornahmen.[42] Von Ende Juli bis Mitte August 1941[43] hatte diese SS-
Einheit etwa 7000 jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet. Und weil im
Vergleich zu den Entjudungsmaßnahmen" des 1. und 2. SS-
Kavallerieregiments, die jeweils 11.000 bzw. 14.000 Juden das Leben
gekostet hatten, die Ergebnisse der SS-Brigade dürftig" waren, äußerte
Himmler am 11. August 1941 seine Unzufriedenheit telegrafisch und ermahnte
den für das Einsatzgebiet der 1. SS-Brigade zuständigen Höheren SS- und
Polizeiführer Jekeln für umfassendere Massenmorde zu sorgen.[44] Cüppers
erläutert, dass dieser Einsatz der Verbände des Kommandostabes den
eigentlichen Auftakt zur Shoah in der Sowjetunion" markiert.[45] Dieses
Handwerk der Judenvernichtung, das der sogenannten Bandenbekämpfung" und
der Vernichtung von Kriegsgefangenen, führten die Einheiten des
Kommandostabs Reichsführer-SS ungebrochen bis Ende 1943 fort. Und
schließlich ist auch die von Henning vorgenommene Verwechslung der 1. SS-
Infanteriebrigade mit dem sogenannten Begleitbataillon Reichsführer-SS" zu
erwähnen, das am 25. April 1941 in Oranienburg gegründet wurde.[46]
Mit dem Henning"-Beispiel wird die Tendenz des Milata-Buches
augenscheinlich, den von Zeitzeugen gelieferten Informationen
uneingeschränkt Glauben zu schenken, obwohl diese eigentlich mit höchster
Sorgfalt Verwendung finden sollten. Die sich daraus ergebende Verzerrung
und Verfälschung historischer Tatbestände entspricht bis ins Detail der
Politik von Tätern, zu leugnen, zu täuschen, absurde Begründungen zu
liefern und sich auch als Opfer darzustellen.[47] Weil Milata diesen
Entschuldungs- und Verdrängungsdiskurs nicht nur vermittelt, sondern ihn
auch selbst praktiziert, hinterläst seine Schrift das Bild eines
gigantischen Täuschungsmanövers, in dem die zahlreichen Archivbelege
einfach untergehen.
Abschließend sei auf einige falsche Anmerkungsinhalte und auf sonstige
Auslassungen hingewiesen. Von Twardowski war kein Minister, - so Anm. 13,
S. 51 und Anm. 159, S. 44, sondern Gesandter; Anmerkung 38, S. 261 beruft
sich auf Gellately, wo im Text die Historikerin Steinbacher zitiert wird;
Rührig war nicht Volksgruppenleiter Banat" (so Anm.182, S. 292), sondern
Stabsführer der NS-Volksgruppenführung. Der bibliografische Anhang genügt
wissenschaftlichen Ansprüchen nicht, weil Primär- und Sekundärliteratur
nicht getrennt, sondern sämtlich als Veröffentlichtes Quellenmaterial"
aufgelistet werden. Zudem fehlen viele Titel, die im Anmerkungsapparat
auftauchen, wie Belsen 1983, Gheorghe, Schödl 1995, Sybille Steinbacher,
Valentin. Die Liste der Sekundärliteratur enthält viele Titel, auf die
Milata kein einziges Mal Bezug nimmt, so Steiner 1958, manche Titel sind
unvollständig (Glondys 1997: Tagebuch; Orth 2000, Konzentrationslager) und
grundlegende Werke bleiben unerwähnt, wie Hans Wolfram Hockl, Deutscher
als die Deutschen. Dokumentarische Studie über NS-Engagement und Widerstand
rumäniendeutscher Volkspolitiker", 1987. Auch der Abkürzungsapparat der
Archivquellen ist unvollständig. Es fehlen SODT, ICS, SI, NMT, WAST. An all
diesen Mängeln kann auch der Quellenlage und –verzeichnis" betitelte
Begleittext (S. 307-311) nichts ändern, zumal er eine ausschließlich
rechtfertigende Funktion für die Verwendung oder Nichtverwendung von
Quellen hat. Damit dürfte auch von dieser Seite deutlich werden, dass
Milatas Schrift Begleittexte solchen Inhalts nicht benötigt hätte, wenn sie
ein gediegenes, wissenschaftlich einwandfreies Werk wäre. Auch die beiden
Tafeln 23 Rekrutierung 1943: chronologische Übersicht der bekannten
Musterungen", und Tafel 24, SS-Rekrutierung 1943: chronologische Übersicht
der belegten Transporte" (S. 301-305) sind unvollständig. So fehlen
wenigstens 9 Musterungstermine aus dem Monat Juli 1943 und 13
Transporttermine. Auch entbehrt es der wissenschaftlichen Fairness, dass
Milata es unterlässt, darauf hinzuweisen, dass Böhm bereits im Jahr 2003 27
Freiwilligentransporte" in einer tabellarischen Aufstellung nachgewiesen
hatte.[48]
Milata liefert mit diesem Text also keinesfalls die gediegene
wissenschaftliche Studie, die er in der Einleitung" vollmundig bekundet,
sondern eine Schrift, die ein Musterbeispiel dafür ist, wie ein
hochbrisantes und interessantes Kapitel rumäniendeutscher Geschichte unter
der Last außerwissenschaftlicher Interessen zu einer Kette von
Verfälschungen und Erfindungen verkommen kann. Das Buch ist ein trister
Höhepunkt der mit geschichtsrevisionistischen Mitteln betriebenen
Verharmlosung und Vertuschung der Beteiligung von Rumäniendeutschen am NS-
Vernichtungskrieg.
-----------------------
[1] Verfasser unterschlägt die von Johann Böhm bereits 2003 in Die
Gleichschaltung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien und das 'Dritte
Reich' 1941-1944, Frankfurt a.M. etc. niedergelegten Forschungsergebnisse.
[2] Mit DViR. meint Milata ausschließlich die Volksgruppenführung.
[3] Ein solcher Abschnitt hätte in den Eingangsteil der Schrift gehört,
wurde aber hier platziert, um die eigentliche Absicht des Verfassers zu
kaschieren, sich für die indiskutable Verwendungsweise der Quellen zu
rechtfertigen.
[4] Das Nationalsozialistische Deutschland und die Deutsche Volksgruppe in
Rumänien 1936-1944", Europäische Hochschul-schriften, Frankfurt am Main,
Bern, New York, Peter Lang 1985
[5] In der Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur
und Politik (HJS), 1. Heft 2003, S.65-70.
[6] Gleichzeitig bietet diese Perspektive die Möglichkeit der Abkoppelung
der Mitgliedschaft des einzelnen SS-Mannes von einer vom Nürnberger
Internationalen Gerichtshof als kriminell eingestuften Organisation wie die
SS, indem die Mitgliedschaft ausschließlich auf die Entscheidung des
Einzelnen relativiert wird.
[7] Himmler, Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation,
bei Hans Buchheim u. Martin Broszat, Die Anatomie des SS-Staates, 1994,
S.284.
[8] Ebenda.
[9] Zuletzt in Martin Cüppers, Wegbereiter der Shoah. Die Waffen-SS, der
Kommandostab Reichsführer-SS und die Judenvernichtung 1939-1945, Darmstadt
2005, S.101-107, 115-124.
[10] Cüppers (wie Anm. 9), S.103.
[11] Buchheim u. Broszat, S.311.
[12] Cüppers (wie Anm.9), S.84.
[13] Cüppers, S.85; ähnlich auch S.84.
[14] Zur nazifizierten Schule der Deutschen Volksgruppe in Rumänien" vgl.
Johann Böhm, Wie "braun" war das Schulwesen der deutschen Minderheit in
Rumänien von 1940 bis zum 23. August 1944, in: HJS 14.Jg., 2002, Heft 1,
S.39-55; Heft 2, S.43-53.
[15] Inzwischen veröffentlicht in der vom Rezensenten herausgebrachten
Dokumentensammlung Akten um die "Deutsche Volksgruppe in Rumänien" 1937-
1945. Eine Auswahl, Frankfurt am Main etc. 2005, Nr.356, S.528.
[16] Jetzt aber Schluß damit, aus Das Schwarze Korps", in: Südostdeutsche
Tageszeitung (SODTZ) vom 20. Oktober 1943, S.4.
[17] Zudem gibt Milata das Buch Steiners Die Freiwilligen. Idee und
Opfergang in der Literaturliste an, zieht es aber kein einziges Mal heran.
[18] Steiner (wie Anm.17), S.82.
[19] Ders., S.214.
[20] Steiner, S.219.
[21] Rumänisch Bra_ov, Sitz ders Die Freiwilligen. Idee und Opfergang
in der Literaturliste an, zieht es aber kein einziges Mal heran.
[22] Steiner (wie Anm.17), S.82.
[23] Ders., S.214.
[24] Steiner, S.219.
[25] Rumänisch Braşov, Sitz der Volksgruppenführung.
[26] Zu diesem Kriterium, das im Namenszusatz "Freiwilligen-" seinen
Niederschlag fand, vgl. Rolf Michaelis, Die Panzergrenadier-Divisionen der
Waffen-SS, Berlin 1998, Anm. 20, S.210.
[27] http://www.geocities.ws/rausschmiss/Blaetter.html
[28] Cüppers (wie Anm.9), S.90.
[29] Cüppers (wie Anm.9), S. 90.
[30] Ausführlich behandelt bei Cüppers.
[31] SODTZ, 12. Februar 1944, S.6.
[32] SODTZ 24. Februar 1944, S.12.
[33] SODTZ 17. Februar, 25. April 1942.
[34] SODTZ 23. Juni 1943; 15. August 1944.
[35] Seit Februar 1941; vgl. Cüppers (wie Anm. 9), S.27.
[36] Cüppers, S.26.
[37] Ders., S.28.
[38] Milata, S.74.
[39] Cüppers, S.31.
[40] Cüppers (wei Anm. 9), S.31,46.
[41] Ders., S.74.
[42] Ders., S.46.
[43] Milata, S.74.
[44] Die Zusammenführung erfolgte am 24. April 1941, vgl. Cüppers, S.74.
[45] Cüppers, S.135.
[46] Ders, S.165-175.
[47] Ders, S.174.
[48] Ders., S.175.
[49] Ders., S.176.
[50] Ders., S.72.
[51] Cüppers (wei Anm. 9), S.331.
[52] Böhm (wie Anm. 1), S. 458-462.


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