Organische Reste an Metallobjekten. In: P. Höglinger und U. Hampel, Spätantike und Frühmittelalter. Das Gräberfeld von Salzburg-Liefering. Fundberichte aus Österreich A Sonderh 25, Wien 2016

May 26, 2017 | Author: Karina Grömer | Category: Material Culture Studies, History of Textiles, Textile Archaeology, Early Medieval Archaeology, Death and Burial (Archaeology), Archaeological textiles, Archaeology of death and burial, Archaeological textiles and clothing, Frühmittelalterarchäologie, Frühmittelalter, Bestattungssitten des Frühmittelalters, Archaeological textiles, Archaeology of death and burial, Archaeological textiles and clothing, Frühmittelalterarchäologie, Frühmittelalter, Bestattungssitten des Frühmittelalters
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DENKMAL

FORSCHUNG I SCHUTZ

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PFLEGE

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FUNDBERICHTE AUS OSTERREICH MATERIALHEFTE HERAUSGEGEBEN VOM BUNDESDENKMALAMT

REI HE A, SONDERHEFT 25

Sigel: FOMat A, Sonderheft 25, 2016

WIEN 2016

Spatantike und Fruhmittelalter Das Graberfeld von Salzburg-Liefering PETER HOGLINGER und ULLI HAMPEL

BUNDESKANZLERAMT

: OSTERREICH

mmra

B U N D E S D E N K M A L A M T

Organische Reste an Metallobjekten

Ublicherweise stehen bei Grabbefunden die Kno­

ches Fundspektrum erbracht, dessen Auswertung

nischen Bestandteile des Inventars - also Objekte aus

sich Angelika Rudelics in bewiihrter Kooperation mit

Metall, Glas, Keramik etc. - im Vordergrund. Einen

Karina Gromer (Prahistorische Abteilung, Naturhis­

wesentlichen Teil der urspriinglichen Gesamtausstat­

torisches Museum Wien) widmet. Aus den Ergebnis­

tung bildeten jedoch auch die organischen Materia­

sen dieser Untersuchungen sollen nachfolgend einige

lien, insbesondere Kleidung, Leichentiicher, holzerne

bemerkenswerte Beispiele vorgestellt werden.

und

An manchen Objekten lassen schon gute Fund­

Ahnliches. Die schlechten Erhaltungsbedingungen

fotos Textilstrukturen erkennen, so etwa ein lein­

fiir diese Fundkategorien fiihren durch natiirliche

wandbindiges Gewebe auf einem Eisenobjekt aus

Abbauprozesse im Boden im Lauf der Jahrhunderte

Grab 31. Ebenso wurden mehrfach Lederreste im

Bestandteile

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Salzburg-Liefering hat diesbeziiglich ein umfangrei­

chenreste der bestatteten Personen sowie die anorga­

von

Metallobjekten,

Pflanzen

und Jahrtausende zu einer fast volligen Auflosung der

Bereich von Giirtelschnallen festgestellt, wie bei­

organischen Objekte. An Metallgegenstanden sind

spielsweise an der Schnalle aus Grab go, die noch die

jedoch bisweilen (geringe) Reste etwa von Textilien

Giirtellochung und seitliche Schlitze (vielleicht fiir

erhalten, da es an den Beriihrungspunkten im Ver­

Ziernieten) zeigte. Detailaufnahmen unter dem Mik­

lauf der Metallkorrosion zu einer dauerhaften Mate­

roskop in starker Vergrofierung (sax) geben deutlich

rialverbindung - bedingt durch die Anreicherung mit

plastischere Einblicke in die Strukturen eines koper­

loslichen Metallsalzen - kommen kann. Von dieser

bindigen Gewebes an der eisernen Giirtelschnalle

»Mineralisierung« sind allerdings nur organische

aus Grab 77 oder an der Schnalle aus Grab 35. In

Reste in unmittelbarer Nahe des Metalls betroffen.

letzterem Fall konnten bei der wissenschaftlichen

Bei sorgfiiltiger Beobachtung und Bergung im

Auswertung ein grofifliichig unmittelbar am Metall

Zuge der archiiologischen Grabung bietet sich somit

aufliegendes, gefaltetes Gewebe (A) in Leinwand­

fiir die vergleichsweise junge Fachdisziplin der Tex­

bindung mit leichtem Rips-Charakter und ein sehr

tilarchaologie die einmalige Moglichkeit, einen wich­

grobes, leinwandbindiges Gewebe (B) iiber diesem

tigen Teil der urspriinglichen Grabausstattung und

erschlossen und somit die Textilabfolge (Mikrostra­

dariiber hinaus eine sonst kaum nachweisbare Mate­

tigrafie) erstellt werden. Ahnli.ches gelang auch fiir

rialgruppe zu erschliefien. Die Untersuchung erfasst

die Bronzegiirtelschnalle aus Grab 40, fiir die ein

textiltechnische Merkmale wie Bindungsart, Garn­

koperbindiges Gewebe und ein weiteres mehrlagi­

stiirke, Gewebedichte oder Ausgangsmaterial und

ges Gewebe, vielleicht eine Stickerei, belegbar sind.

erlaubt damit Riickschliisse sowohl auf Kleidung und

Eine noch groBere Eindringtiefe wird durch hoch

andere im Grabbrauch verwendete Gewebe als auch

aufgeloste Aufnahmen im Rasterelektronenmikros­

auf sonstige organische Materialien. Das Griiberfeld

kop (REM) mogl ch, wie di� Bilder von Resten eines

!

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Abb. 49: Salzburg-Liefering, Grab 31. Leinwandbindiges Gewebe auf einem Eisenobjekt.

dreilagigen leinwandbindigen Gewebes auf einem

Gewebe zwischen der Fibelschauseite und dem Kor­

fragmentierten Eisenobjekt aus Grab 46 eindrucks-

per der bestatteten Frau nachgewiesen werden. Aus

voll veranschaulichen.

demselben Grab stammt eine silberne Nadel, urn

Im Fall der S-Fibel aus Grab 72 konnten wahr-

die ein leinwandbindiges Gewebe scheinbar mehrla­

scheinlich vier unterschiedliche, teils mehrlagige

gig gewickelt war. An einem Kurzsax aus Grab 106

Abb. 50: Salzburg-Liefering, Grab 90. Reste des Giirtelleders (rechts) von der Giirtelschnalle.

fanden sich neben Holzresten im Griffbereich und

grol3flachig

organischen (Leder-)Schichten im Bereich des Klin-

scheide aus demselben Grab. Eine leider nicht naher

mineralisierten

Resten

der Schwert-

genri.ickens auch Spuren eines leinwandbindigen

bestimmbare Tierhaut liegt mit der Fellseite direkt

Gewebes aus Kammgarn beziehungsweise mi:igli-

auf dem Metal! auf, mit der gegerbten Fleischseite

cherweise gezwirnter Faden aus Ziegenwolle. Den

nach aul3en. Im mittleren Abschnitt ist eine grobe

detailreichsten Befund liefert jedoch die Spatha mit

Naht als Verbindung zweier Hautteile gut erkennbar.

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Abb. 51: Salzburg-Liefering, Grab 77. Koperbindiges Gewebe aut der Gurtelschnalle (rechts: Dinolite 50x-Aufnahme).

Abb. 52: Salzburg-Liefering, Grab 35. Leinwandbindiges Gewebe A auf der Gurtelschnalle (rechts: Dinolite 50x-Aufnahme).

Gewebe 88-B Gewebe 88-A GUrtelschnalle

Abb. 53: Salzburg-Liefering, Grab 35. Gewebeabfolge auf der Gurtelschnalle.

Dariiber befinden sich (Laub-)Holzreste, die nach

eines Metallbandes, das als oberer Abschluss des

au/3en wiederum durch eine feine Leder- und eine

Felles dient. In der Rekonstruktion ist von einer

leinwandbindige Gewebeschicht abgedeckt werden.

holzernen Schwertscheide mit Lederbespannung

Im Bereich des Griffansatzes liegt ein grob lein­

au/3en und Fellfutteral auszugehen, die in einem

wandbindiges Gewebe mehrlagig unmittelbar auf

zusatzlichen

der Metallklinge und bildet so die Unterfiitterung

wurde.

Behaltnis

aus

Textil

niedergelegt

Gewebe 1 06-A Gewebe 1 06-B Gurtelschnalle Abb. 54: Salzburg-Liefering, Grab 40. Gewebeabfolge auf der Gurtelschnalle.

Abb. 55: Salzburg-Liefering, Grab 46. Leinwandbindiges Gewebe auf dem Eisenobjekt (von links nach rechts: REM-Aufnahmen 19x/130x/430x).



(

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Fibel

Gewebe 179-C

Gewebe 179-D

� Gewebe 179-B

Gewebe 179-E

Ab b. 56: Salzburg-Liefering, Grab 72. Gewebeabfolge auf der Fibel.

Ab b. 57: Salzburg-Liefering, Grab 72. Objektausschnitt und rekonstruierte Stoffwicklung auf der Nadel.

Abb. 58: Salzburg-Liefering, Grab 106. Holz- und Gewebereste auf dem Kurzsax.

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)

Abb. 59: Salzburg-Liefering, Grab 106. Detail der Nahtstelle auf der Spatha- Scheide.

Gewebe 242-1 Leder

Gewebe 242-H

Holz Fell

Schwert

Abb. 60: Salzburg-Liefering, Grab 106. Mikrostratigrafie der Spatha-Scheide.

lnsgesamt ergaben sich Hinweise nicht nur auf

des Schwertgehiinges eventuell aus dem Fell eines

technische Details, sondern auch hinsichtlich der

Hirsches gefertigt worden sein, einmal lasst die

moglichen

Textilresten

Verarbeitung fiir einen Textilrest sogar auf gefachte

als Teile eines gegiirteten (Unter-)Gewandes, eines

Funktionsansprache

von

Seide schlieBen. Auf den ersten Blick vermeintlich

mantelartigen Uberwurfes, einer Beinbekleidung,

unscheinbare Spuren ermoglichen somit wichtige

eines Schleiers, von Grab- oder Leichentiichern etc.

Aussagen zur Ausstattung und teils auch zur sozialen

Zumindest in einem Fall konnten die Lederreste

Stellung der hier bestatteten Personen.

(

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