Organische Reste an Metallobjekten. In: P. Höglinger und U. Hampel, Spätantike und Frühmittelalter. Das Gräberfeld von Salzburg-Liefering. Fundberichte aus Österreich A Sonderh 25, Wien 2016
wesentlichen Teil der urspriinglichen Gesamtausstat
torisches Museum Wien) widmet. Aus den Ergebnis
tung bildeten jedoch auch die organischen Materia
sen dieser Untersuchungen sollen nachfolgend einige
lien, insbesondere Kleidung, Leichentiicher, holzerne
bemerkenswerte Beispiele vorgestellt werden.
und
An manchen Objekten lassen schon gute Fund
Ahnliches. Die schlechten Erhaltungsbedingungen
fotos Textilstrukturen erkennen, so etwa ein lein
fiir diese Fundkategorien fiihren durch natiirliche
wandbindiges Gewebe auf einem Eisenobjekt aus
Abbauprozesse im Boden im Lauf der Jahrhunderte
Grab 31. Ebenso wurden mehrfach Lederreste im
Bestandteile
I
I
''I
Salzburg-Liefering hat diesbeziiglich ein umfangrei
chenreste der bestatteten Personen sowie die anorga
von
Metallobjekten,
Pflanzen
und Jahrtausende zu einer fast volligen Auflosung der
Bereich von Giirtelschnallen festgestellt, wie bei
organischen Objekte. An Metallgegenstanden sind
spielsweise an der Schnalle aus Grab go, die noch die
jedoch bisweilen (geringe) Reste etwa von Textilien
Giirtellochung und seitliche Schlitze (vielleicht fiir
erhalten, da es an den Beriihrungspunkten im Ver
Ziernieten) zeigte. Detailaufnahmen unter dem Mik
lauf der Metallkorrosion zu einer dauerhaften Mate
roskop in starker Vergrofierung (sax) geben deutlich
rialverbindung - bedingt durch die Anreicherung mit
plastischere Einblicke in die Strukturen eines koper
loslichen Metallsalzen - kommen kann. Von dieser
bindigen Gewebes an der eisernen Giirtelschnalle
»Mineralisierung« sind allerdings nur organische
aus Grab 77 oder an der Schnalle aus Grab 35. In
Reste in unmittelbarer Nahe des Metalls betroffen.
letzterem Fall konnten bei der wissenschaftlichen
Bei sorgfiiltiger Beobachtung und Bergung im
Auswertung ein grofifliichig unmittelbar am Metall
Zuge der archiiologischen Grabung bietet sich somit
aufliegendes, gefaltetes Gewebe (A) in Leinwand
fiir die vergleichsweise junge Fachdisziplin der Tex
bindung mit leichtem Rips-Charakter und ein sehr
tilarchaologie die einmalige Moglichkeit, einen wich
grobes, leinwandbindiges Gewebe (B) iiber diesem
tigen Teil der urspriinglichen Grabausstattung und
erschlossen und somit die Textilabfolge (Mikrostra
dariiber hinaus eine sonst kaum nachweisbare Mate
tigrafie) erstellt werden. Ahnli.ches gelang auch fiir
rialgruppe zu erschliefien. Die Untersuchung erfasst
die Bronzegiirtelschnalle aus Grab 40, fiir die ein
textiltechnische Merkmale wie Bindungsart, Garn
koperbindiges Gewebe und ein weiteres mehrlagi
stiirke, Gewebedichte oder Ausgangsmaterial und
ges Gewebe, vielleicht eine Stickerei, belegbar sind.
erlaubt damit Riickschliisse sowohl auf Kleidung und
Eine noch groBere Eindringtiefe wird durch hoch
andere im Grabbrauch verwendete Gewebe als auch
aufgeloste Aufnahmen im Rasterelektronenmikros
auf sonstige organische Materialien. Das Griiberfeld
kop (REM) mogl ch, wie di� Bilder von Resten eines
!
--------=����
..
Abb. 49: Salzburg-Liefering, Grab 31. Leinwandbindiges Gewebe auf einem Eisenobjekt.
dreilagigen leinwandbindigen Gewebes auf einem
Gewebe zwischen der Fibelschauseite und dem Kor
fragmentierten Eisenobjekt aus Grab 46 eindrucks-
per der bestatteten Frau nachgewiesen werden. Aus
voll veranschaulichen.
demselben Grab stammt eine silberne Nadel, urn
Im Fall der S-Fibel aus Grab 72 konnten wahr-
die ein leinwandbindiges Gewebe scheinbar mehrla
scheinlich vier unterschiedliche, teils mehrlagige
gig gewickelt war. An einem Kurzsax aus Grab 106
Abb. 50: Salzburg-Liefering, Grab 90. Reste des Giirtelleders (rechts) von der Giirtelschnalle.
fanden sich neben Holzresten im Griffbereich und
grol3flachig
organischen (Leder-)Schichten im Bereich des Klin-
scheide aus demselben Grab. Eine leider nicht naher
mineralisierten
Resten
der Schwert-
genri.ickens auch Spuren eines leinwandbindigen
bestimmbare Tierhaut liegt mit der Fellseite direkt
Gewebes aus Kammgarn beziehungsweise mi:igli-
auf dem Metal! auf, mit der gegerbten Fleischseite
cherweise gezwirnter Faden aus Ziegenwolle. Den
nach aul3en. Im mittleren Abschnitt ist eine grobe
detailreichsten Befund liefert jedoch die Spatha mit
Naht als Verbindung zweier Hautteile gut erkennbar.
:t.
........
,1\.
.
·
. I
"
.
..••.• .
i···
Abb. 51: Salzburg-Liefering, Grab 77. Koperbindiges Gewebe aut der Gurtelschnalle (rechts: Dinolite 50x-Aufnahme).
Abb. 52: Salzburg-Liefering, Grab 35. Leinwandbindiges Gewebe A auf der Gurtelschnalle (rechts: Dinolite 50x-Aufnahme).
Gewebe 88-B Gewebe 88-A GUrtelschnalle
Abb. 53: Salzburg-Liefering, Grab 35. Gewebeabfolge auf der Gurtelschnalle.
Dariiber befinden sich (Laub-)Holzreste, die nach
eines Metallbandes, das als oberer Abschluss des
au/3en wiederum durch eine feine Leder- und eine
Felles dient. In der Rekonstruktion ist von einer
leinwandbindige Gewebeschicht abgedeckt werden.
holzernen Schwertscheide mit Lederbespannung
Im Bereich des Griffansatzes liegt ein grob lein
au/3en und Fellfutteral auszugehen, die in einem
wandbindiges Gewebe mehrlagig unmittelbar auf
zusatzlichen
der Metallklinge und bildet so die Unterfiitterung
wurde.
Behaltnis
aus
Textil
niedergelegt
Gewebe 1 06-A Gewebe 1 06-B Gurtelschnalle Abb. 54: Salzburg-Liefering, Grab 40. Gewebeabfolge auf der Gurtelschnalle.
Abb. 55: Salzburg-Liefering, Grab 46. Leinwandbindiges Gewebe auf dem Eisenobjekt (von links nach rechts: REM-Aufnahmen 19x/130x/430x).
�
(
41
Fibel
Gewebe 179-C
Gewebe 179-D
� Gewebe 179-B
Gewebe 179-E
Ab b. 56: Salzburg-Liefering, Grab 72. Gewebeabfolge auf der Fibel.
Ab b. 57: Salzburg-Liefering, Grab 72. Objektausschnitt und rekonstruierte Stoffwicklung auf der Nadel.
Abb. 58: Salzburg-Liefering, Grab 106. Holz- und Gewebereste auf dem Kurzsax.
42
)
Abb. 59: Salzburg-Liefering, Grab 106. Detail der Nahtstelle auf der Spatha- Scheide.
Gewebe 242-1 Leder
Gewebe 242-H
Holz Fell
Schwert
Abb. 60: Salzburg-Liefering, Grab 106. Mikrostratigrafie der Spatha-Scheide.
lnsgesamt ergaben sich Hinweise nicht nur auf
des Schwertgehiinges eventuell aus dem Fell eines
technische Details, sondern auch hinsichtlich der
Hirsches gefertigt worden sein, einmal lasst die
moglichen
Textilresten
Verarbeitung fiir einen Textilrest sogar auf gefachte
als Teile eines gegiirteten (Unter-)Gewandes, eines
Funktionsansprache
von
Seide schlieBen. Auf den ersten Blick vermeintlich
mantelartigen Uberwurfes, einer Beinbekleidung,
unscheinbare Spuren ermoglichen somit wichtige
eines Schleiers, von Grab- oder Leichentiichern etc.
Aussagen zur Ausstattung und teils auch zur sozialen
Zumindest in einem Fall konnten die Lederreste
Stellung der hier bestatteten Personen.
(
43
Comments
Report "Organische Reste an Metallobjekten. In: P. Höglinger und U. Hampel, Spätantike und Frühmittelalter. Das Gräberfeld von Salzburg-Liefering. Fundberichte aus Österreich A Sonderh 25, Wien 2016 "