Mitarbeiterkommunikation1 ABSTRACT Mitarbeiterkommunikation wird, vor dem Hintergrund der Diagnose sich wandelnder Märkte, organisationaler Strukturen und einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit, als ein bedeutender Wettbewerbsfaktor für Unternehmen und Organisationen verstanden. Der Beitrag diskutiert die an diesen Diagnosen ansetzende in der Literatur zur Mitarbeiterkommunikation vorherrschende instrumentelle und strategische Sichtweise. Dabei werden sowohl die mit der Mitarbeiterkommunikation verbundenen Ziele, der Planungs- und Gestaltungsprozess sowie wichtige Instrumente und Kommunikationsmittel der Aufwärts-, Abwärts- und horizontalen Kommunikation dargestellt. Abschließend wird dieser betriebswirtschaftliche und managementorientierte Zugriff auf Kommunikation in den erweiterten Kontext der sozialwissenschaftlichen Diskussion zur organisationalen Kommunikation gestellt und auf Desiderata der instrumentellen Perspektive eingegangen. 1. Einleitung 2. Begriffsverständnis und Ziele 3. Planungsprozess und Instrumente 4. Diskussion und Desiderata 5. Literatur STICHWORTE Mitarbeiterkommunikation, Identifikation, Commitment, Stakeholder, Aufwärtskommunikation, Abwärtskommunikation, Horizontalkommunikation, Unternehmenskultur, Diskurs, linguistic turn
1. Einleitung
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Uncorrected proof. Finale Fassung erscheint in: Habscheid, Stephan/Müller, Andreas/Thörle, Britta/Wilton, Antje (Hrsg.): Handbuch Sprache in Organisationen. Berlin und New York: De Gruyter.
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Das Thema Organisations- und Unternehmenskommunikation (Corporate Communication) erfährt seit geraumer Zeit eine verstärkte Aufmerksamkeit seitens der Wissenschaft und der betrieblichen Gestalter. Übereinstimmend wird dabei eine Bedeutungszunahme kommunikativer Prozesse in und durch Organisationen diagnostiziert (Tengblad 2006, Zerfaß 2010, Cornelissen 2011, Bruhn 2012, Mast 2012). So wird einerseits von organisationalen Veränderungen ausgegangen – Schlagworte sind hier u.a. Flexibilisierung, Dezentralisierung, Internationalisierung und Globalisierung, Digitalisierung, Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft – welche die Bedeutung von Kommunikation für die organisationale Koordination und Integration (Corporate Identity, Unternehmenskultur) und damit die Aufmerksamkeit für kommunikative Prozesse in und durch Organisationen erhöht haben. Andererseits werden veränderte Wettbewerbsbedingungen konstatiert, welche auf gesättigten Märkten eine insbesondere kommunikative Profilierung erfordern, so dass Unternehmen in einem sich zuspitzenden „Kommunikationswettbewerb“ (Bruhn 2012, V) befinden. Hinzu treten in immer stärkeren Maße eine erhöhte mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit für manageriales und organisationales (Fehl-)Verhalten im Kontext ökonomischer Krisen, unternehmerischer Skandale oder der ökologischen und sozialen Folgen unternehmerischen Handelns. In diesem Zusammenhang gehen wiederum zahlreiche Befunde davon aus, dass der Stellenwert der Mitarbeiterkommunikation für den unternehmerischen Erfolg weiter zunehmen wird (Bruhn 2012, 3f., Einwiller/Klöfer/Nies 2008, Mast 2007). Interne Kommunikation wird, so die Diagnose, zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld: Erfolgreich werden die Unternehmen sein, die Strategien und Projekte schnell umsetzen können, Prozesse flexibel und effizient beherrschen und es schaffen, dass Mitarbeiter und Führungskräfte engagiert mitziehen. Die Information der Mitarbeiter und deren kommunikative Einbindung in das Geschehen eines Unternehmens sind für den wirtschaftlichen Erfolg ausschlaggebend. (Mast 2007, 757)
Mitarbeiterkommunikation weist in diesem Verständnis damit in einer ersten Hinsicht über die reine Informations- und Anweisungsfunktion hinaus (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 223). In den Fokus treten verstärkt Fragen der Partizipation, der Reputation, des Organizational Commitment und der Identifikation mit dem Unternehmen (Cornelissen 2011, 163ff.). In zunehmenden Maße werden dabei in organisationsinternen Texten und Kommunikaten „nicht primär konkrete Handlungsanweisungen, sondern allgemeine Verhaltensgrundsätze und sinnstiftende Identifikationsangebote“ (Habscheid 2003, 85) vermittelt. In einer zweiten Hinsicht wird deutlich, dass ein Großteil der Schriften zur Mitarbeiterkommunikation durch einen instrumentell-strategischen, d.h. sowohl von einem an unternehmerischen bzw. organisationalen Zielvorstellungen ausgerichteten Zugriff auf Kommunikation geprägt ist als auch die Gestaltung von Kommunikation als einen
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planbaren Prozess begreift. In diesem Beitrag wird diesem prominenten Verständnis in der Darstellung gefolgt, indem die mit der Mitarbeiterkommunikation verbundenen Ziele, der Gestaltungsprozess sowie wichtige Instrumente und Kommunikationsmittel diskutiert werden. Gleichwohl soll abschließend dieser betriebswirtschaftliche und managementorientierte Zugriff auf Kommunikation in den erweiterten Kontext der Diskussion zur Organisationskommunikation gestellt und ein Stück weit in Frage gestellt und de-zentriert werden.
2. Begriffsverständnis und Ziele 2.1 Begriff der Mitarbeiterkommunikation Vor einer Bestimmung des Begriffs der Mitarbeiterkommunikation sei zur Einordnung zunächst eine generelle Begriffsbestimmung der Unternehmenskommunikation vorangestellt: Unternehmenskommunikation bezeichnet die Gesamtheit aller von einem Unternehmen ausgehenden schriftlichen, mündlichen oder durch die technischen Medien vermittelten Inhalte und Informationen, die das Ziel verfolgen, Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen von Bezugsgruppen nach festgelegten Absichten zu beeinflussen, zu verändern oder zu lenken; Bezugsgruppen können dabei sowohl unternehmensinterner als auch -externer Zugehörigkeit sein. (Lindrot 2012, Sp. 1332–1333)
Mitarbeiter werden, diesem Verständnis folgend, als interne Bezugsgruppe (Stakeholder) konzeptualisiert, d.h. als Gruppe „who can affect or is affected by the achievement of the organization’s purpose and objectives“ (Freeman 1984, 6). Da die Mitarbeiter in grundsätzlicher Hinsicht direkten Einfluss auf das unternehmerische Geschehen nehmen können (bspw. durch die Verausgabung oder auch Zurückhaltung ihrer Arbeitskraft) und die artikulierten arbeitsplatzbezogenen und lebensweltlichen Ansprüche i.d.R. einen legitimen – etwa aus Vertragsbeziehungen ableitbaren – Charakter aufweisen, können Mitarbeiter als wichtige Stakeholder mit einem wesentlichen Einfluss auf den unternehmerischen Erfolg angesehen werden (Cornelissen 2011, 45–47). [O]rganizations must find ways to meet their employees’ individual needs and stimulate their creativity while persuading them to act in ways that meet the organization’s overall objectives. Organizations do so by adopting various strategies for communicating with employees. (Cornelissen 2011, 163)
In der Literatur wird die Mitarbeiterkommunikation dabei als Teil einer integrierten Kommunikationspolitik konzeptualisiert, bei welcher externe und interne Kommunikation in einem konsistenten strategischen Gesamtprozess verschränkt
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sein sollten (Cheney/Christensen 2001, Bruhn 2009, Zerfaß 2010, 307ff., Cornelissen 2011, 164). Die Forderung einer integrativen Betrachtung resultiert dabei erstens aus der Beobachtung eines Verschwimmens organisationaler Grenzziehungen durch neue Kommunikationsformen (internet blogs, soziale Netzwerke), welche Mitarbeitern neue Kommunikationsmöglichkeiten eröffnen, und andererseits aus dem beobachteten Zusammenhang von externer Reputation und Mitarbeiteridentifikation (Dutton/Dukerich/Harquail 1994, Smidts/Pruyn/van Riel2001). Many organizations have begun to realize the difficulties of convincing an external audience about their deeds (e.g. their protection of the environment or defense of human rights) if the internal audience does not accept the message – and vice versa. (Cheney/Christensen 2001, 232, Herv. i.O.)
Zusammenfassend ergibt sich eine Definition der Mitarbeiterkommunikation, wie sie exemplarisch von Einwiller und Kollegen vorgeschlagen wird: Mitarbeiterkommunikation umfasst alle kommunikativen und informativen Vorgänge, die zwischen den Mitgliedern eines Unternehmens oder einer Organisation ablaufen. Sie ist als integrativer Teil eines ganzheitlichen Kommunikationsmanagements zielgerichtet und erfolgsorientiert. (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 225)
2.2 Ziele der Mitarbeiterkommunikation Die Zielstellungen der Mitarbeiterkommunikation leiten sich damit aus den Zielen der Unternehmenskommunikation ab, welche generell auf einen Beitrag zur organisationalen Zielerfüllung abstellt. Als die vier grundlegenden Funktionen der Unternehmenskommunikation lassen sich erstens benennen: 1) Orientierung und Information, 2) Anordnung und Anweisung, 3) Koordination der verschiedenen Aktivitäten und 4) Herstellung informaler Aktivitäten (Wiswede 1981, 227 unter Bezug auf Dubin 1958). In einem die Funktionen übergreifenden Sinn lässt sich zweitens als Leitmotiv der Organisationskommunikation die kommunikative Integration und die Herstellung eines „generellen Orientierungskonsenses“ (Schimank 1992, zit. nach Zerfaß 2010, 291) angeben, welche die divergierenden Zielvorstellungen und Situationsdeutungen der Organisationsmitglieder in einen gemeinsamen, auf die Organisationsziele ausgerichteten Handlungsrahmen integriert (Zerfaß 2010, 291). Im Hinblick auf die Mitarbeiterkommunikation erhalten das kommunikative Leitmotiv und die angegebenen Funktionen im Sinne von Einzelzielen eine weitere Ausdifferenzierung, wobei in der Literatur keine zwingende begriffliche oder konzeptionelle Trennschärfe vorliegt. Im Einzelnen werden genannt (vgl. u.a. Mast 2012, 225–226, Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 227–228, Cornelissen 2011, 167–171):
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Koordination und Austausch: Sicherstellung der organisationalen Abläufe durch Steuerung und Vernetzung der Arbeitsprozesse, Informationsaustausch, Schaffung von Transparenz hinsichtlich betrieblicher Abläufe; beschleunigte Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung, schnellere Umsetzung von Projekten; Förderung von Betriebsklima und Unternehmenskultur: Schaffung eines ‚positiven‘ Betriebsklimas und einer einheitlichen, von den Mitarbeitern mitgetragenen Unternehmenskultur im Sinne eines Systems geteilter Werte, welche der Organisation ein ‚Gesicht‘ nach innen und außen verleiht; Identifikation: Verstanden als Förderung eines ‚Wir-Gefühls‘ im Sinne einer individuellen „perception of oneness with or belongigness to an organization“ (Mael/Ashforth 1992, 104, zit. nach Cornelissen 2011, 167) und der Distinktion gegenüber den Wettbewerbers (Dutton et al. 1994), Akzeptanz und Verständnis für organisatorische Ziele und Handlungen, welche im Zusammenhang mit der wahrgenommenen Adäquanz und Vertrauenswürdigkeit der Mitarbeiterkommunikation gesehen wird (Smidts/Pruyn/van Riel 2001). Motivation und Engagement: Förderung der individuellen Leistung und Freisetzung von Kreativität; Verhinderung von Demotivation, Frustration, innerer Kündigung; Beförderung der Mitarbeiterpartizipation. (Cornelissen 2011, 169–171)
Hieraus lassen sich weiter die Ziele der Loyalität gegenüber dem Unternehmen (eine geteilte Unternehmenskultur und eine hohe Identifikation mit der Organisation befördern die Verbundenheit mit dem Unternehmen, insb. auch in krisenhaften Situationen) und der Reputation (durch Aufbau interner Identifikation und Motivation erfolgt die Beförderung einer durch die Mitarbeiter getragenen positiven Außenwirkung) ableiten. Mast (2012, 226) verweist schließlich auf den Beitrag der Mitarbeiterkommunikation zum Wissensmanagement und zur erfolgreichen Gestaltung organisationalen Wandels.
3. Planungsprozess und Instrumente 3.1 Der Planungsprozess im Überblick Der Einsatz der Mitarbeiterkommunikation wird in der Literatur, wenngleich nicht mehr unumstritten (Zerfaß 2010, 406ff.), als strategischer Planungsprozess im Kontext einer integrierten Unternehmenskommunikation konzeptualisiert, welcher üblicherweise die folgenden Schritte umfassen sollte (vgl. in unterschiedlicher Akzentuierung und Breite Bruhn 2012, Einwiller/Klöfer/Nies 2008, Winterstein 1998, Cornelissen 2011, 106–113): 1. Kommunikationsbezogene Situationsanalyse 2. Differenzierung von Zielgruppen
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3. 4. 5. 6.
Festlegung kommunikationsbezogener Ziele Bestimmung von Themen und Inhalten Auswahl der Kommunikationsinstrumente Budgetierung/Erfolgskontrolle
1. Kommunikationsbezogene Situationsanalyse: Nach Bruhn umfasst die Situationsanalyse als Analyse der „kommunikativen Situation des Unternehmens“ (Bruhn 2012, 133) die Bestandsaufnahme kommunikationsrelevanter Sachverhalte mit dem Ziel, kommunikationspolitische Chancen und Risiken sowie Stärken und Schwächen offen zu legen. Dabei beinhaltet sie die Vorgänge der Informationsbedarfsermittlung, Informationsbeschaffung sowie der Analyse und Aufbereitung unternehmensinterner und -externer Daten. Das Ergebnis der Situationsanalyse ist die Herausarbeitung der kommunikativen Problemstellung des Unternehmens bzw. eines Bezugsobjektes der Kommunikation (z.B. Marke, Geschäftsbereich) (Bruhn 2012, 134).
Die Situationsanalyse betrachtet damit nicht nur die erfassbaren Kommunikationsprozesse (etwa durch die Analyse von Kommunikationsstrukturen und -mustern durch Netzwerkanalysen – vgl. im Überblick Winterstein 1998, 5054), sondern bezieht den organisationalen Kontext und die Organisationsumwelt mit ein. Erhoben werden sollen organisationale Strukturen, Prozesse und Ressourcen (Budgets), eingesetzte Kommunikationsinstrumente und deren Wirkung, Wahrnehmung des Unternehmens durch die Mitarbeiter, Informations- und Kommunikationsbedürfnisse der Mitarbeiter, Einflüsse und Veränderungen der externen Umwelt (rechtlich-politisch, sozio-kulturell, technologisch, Informationsquellen der Mitarbeiter) (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 234). Cornelissen (2011, 107) fasst die ‚kommunikative Problemstellung‘ dabei präzisierend als feststellbaren „gap between how the organization wants to be seen by important stakeholder groups and how it is currently seen by each of those groups”, welcher kommunikative Maßnahmen erfordert. 2. Differenzierung von Zielgruppen: Bezogen auf die Mitarbeiter als Stakeholder sind weitere Differenzierungen im Sinne von Zielgruppen der kommunikativen Maßnahme, welche idealiter „die gleiche Reaktion auf den Einsatz von Kommunikationsinstrumenten zeigen“ (Bruhn 2012, S. 206), vorzunehmen. Denkbar sind Differenzierungen hinsichtlich der Führungsfunktion (Managementebene, Geschäftsbereich), der fachlichen Position (Außendienst, Produktion, Front-Line (Mitarbeiter mit Kundenkontakt), Back-Office (Logistik, Buchhaltung, Beschaffung), Verwaltungsangestellte), Region/Standort (Mitarbeiter der Mutter- oder Tochtergesellschaft, Berücksichtigung sprachlicher Unterschiede), Spezialgruppen (Nachwuchskräfte, neue Mitarbeiter, Angehörige) (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 235, Cornelissen 2011, 109) sowie hinsichtlich von Be-
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schäftigten, welche sich nicht in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis zum Unternehmen befinden (Leiharbeitnehmer, Freelancer, Mitarbeiter in Zulieferfirmen). 3. Festlegung kommunikationsbezogener Ziele: Ausgehend von den organisatorischen Zielsetzungen, der übergreifenden integrierten Kommunikationsstrategie, den in der Situationsanalyse identifizierten ‚kommunikativen Problemstellungen‘ und ‚Lücken‘ und bezogen auf spezifizierte Stakeholdergruppen können operationalisierbare und evaluierbare Ziele der Mitarbeiterkommunikation festgelegt werden. Kommunikationsbezogene Ziele sollten dabei so präzise wie möglich bestimmt werden, d.h. „specific, measurable, achievable (or, actionable), realistic and timely (SMART)“ (Cornelissen 2011, 108–109, ähnlich Bruhn 2012, 178–179): Spezifisch: Was soll genau bei welcher Stakeholdergruppe erreicht werden? (Transformation von Wissen oder Praktiken, Veränderung der Reputation etc.) Messbar: Welche Indikatoren sind zur Messung der Zielerreichung geeignet? (Anstieg der Mitarbeiterzufriedenheit, Zunahme von Feedback etc.) Erreichbar: Die Ziele sollten bezogen auf die gegenwärtige Situation (vgl. kommunikationsbezogene Situationsanalyse) realisierbar sein. Realistisch: Die Ziele sollten bezogen auf die Ressourcen und das Budget realistisch sein. Termingerecht: Ein Zeitrahmen für die Zielerreichung sollte festgelegt werden, insb. um die Erfolgskontrolle der Kommunikationsmaßnahme zu ermöglichen.
4. Bestimmung von Themen und Inhalten: Bezogen auf Themen und Inhalte ist erstens der Zusammenhang der mit der Mitarbeiterkommunikation verfolgten Zielstellungen (vgl. 2.2) und den Informationsbedürfnissen der Mitarbeiter bedeutsam. Allgemein ist hinsichtlich der Informationsbedürfnisse festzuhalten, dass ein grundlegendes Bedürfnis an arbeitsplatzbezogener Sachinformationen hinsichtlich des Vollzugs der eigenen Tätigkeit und der erwarteten Leistung besteht. Darüber hinaus besteht ein Bedarf an normativen Orientierungen, d.h. an Sinninformationen (vgl. Winterstein 1998, 16–22); Mast (2012, 227) unterscheidet ähnlich zwischen aufgabenbezogenen Informationen und sozialen Informationen). So werden generell durch die Mitarbeiter so viele Informationen angestrebt …, daß der weitere Zusammenhang der Aufgabe erkannt wird und die soziale Eingliederung und Identifizierung mit den Zielen der Unternehmung einigermaßen möglich ist (vgl. Winterstein 1998, 17).
Zielverfehlungen im Sinne von ‚kommunikativen Problemstellungen‘ hinsichtlich der Mitarbeiterkommunikation (Abstimmungsprobleme, mangelnde Identifikation
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und Motivation) lassen sich somit (auch) auf wahrgenommene Informationsdefizite, mangelnde Transparenz und auf fehlende normative Orientierung zurückführen (Winterstein 1998). Hinsichtlich der Themensetzung lässt sich auf einer Skala zwischen Mikrothemen mit direktem persönlichen Bezug (u.a. persönliche Themen, Arbeitsplatz-, Abteilungsfragen) und Makrothemen mit indirekt persönlichen Bezug (u.a. staatlich-rechtliche, Branchen- und Unternehmensfragen) unterscheiden, wobei den Makrothemen – bspw. Standortfragen, Themen der Altersvorsorge, Corporate Social Responsibility – eine zunehmend größere Bedeutung zugesprochen wird (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 237). Zweitens ist festzuhalten, dass aus unternehmerischer Sicht hinsichtlich der Themen und Inhalte nicht primär die Informationsbedürfnisse i.S. einer Mitarbeiterorientierung im Fokus stehen, sondern die mit der Mitarbeiterkommunikation verknüpften strategischen Überlegungen und (damit auch) gewünschten Verhaltensänderungen und Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter (Mast 2007, Vacek 2009). 5. Auswahl der Kommunikationsinstrumente: Nach Situationsanalyse, Zielgruppen und Zieldefinition sowie der Bestimmung der Themen steht die Auswahl und der Mix von Medien und Kommunikationswegen im Fokus (vgl. Abschnitt 3.2 für eine Darstellung einzelner Instrumente). Im Hinblick auf die Klassifizierung von Kommunikationsinstrumenten findet sich in der Literatur eine Reihe von Vorschlägen (vgl. im Überblick Bruhn 2012, 370). Gängige Unterscheidungskriterien für die Einordnung sind: direkt (face-toface Kommunikation) – indirekt (Kommunikation über zwischengeschaltete Medien), einseitig (ohne Rückkopplungsmöglichkeit) – zweiseitig (mit Rückkopplung), an Einzelne gerichtet – an ein disperses Publikum gerichtet. Zu beachten ist, dass einzelne Kommunikationsinstrumente – je nach Einsatz und Zweckmäßigkeit – unterschiedlichen Einordnungen unterliegen können und das die Instrumente (und damit ihre Klassifizierung) selbst einem Wandel unterliegen können. Hinsichtlich der Mitarbeiterkommunikation lassen sich weitere folgende Unterscheidungskriterien festhalten (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 238):
- Tabelle 1 hier einfügen –
Als üblich erweist sich hierbei die Einteilung der Instrumente und Formen der Mitarbeiterkommunikation im Hinblick auf den Informationsfluss und damit verbunden die Kommunikationsrichtung (Katz/Kahn 1966, Einwiller/Klöfer/Nies 2008, Mast 2012, Cornelissen 2011): Die Abwärtskommunikation umfasst die einseitigen Formen der vertikalen Kommunikationsform vom Management zum Mitarbeiter (top-down) über die
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verschiedenen Hierarchieebenen hinweg. Die Ziele der Abwärtskommunikation sind (vgl. Mast 2012, 233): Anweisung und Koordination der Arbeitsabläufe Vermittlung von Informationen über unternehmerische Entscheidungen und deren Begründung Vermittlung von Kompetenzen im Rahmen von Aus- und Weiterbildung Als mögliche Probleme der Abwärtskommunikation können die Informationsüberlastung, Trägheit, das Filtern von Informationen sowie die aus der Einseitigkeit resultierende mangelnde Einbindung der Mitarbeiter angesehen werden. Die Aufwärtskommunikation umfasst die Formen der vertikalen Kommunikation von den Mitarbeitern in Richtung Vorgesetzter oder Management (bottomup). Ziele der Aufwärtskommunikation sind (Mast 2012, 234–235): Vermittlung von Informationen über aktuelle Arbeitsabläufe Vermittlung von Problemen im betrieblichen Ablauf Kommunikation von Verbesserungsvorschlägen und Innovationen Vermittlung von Wissen und Erfahrungen der Mitarbeiter Kommunikation von Meinungen, Einstellungen und Befinden der Mitarbeiter. Im Gegensatz zu den i.d.R. gut institutionalisierten Formen der Abwärtskommunikation besitzen Formen der Aufwärtskommunikation einen problematischen Status, da (zumindest) potenziell tradierte Formen der Hierarchie und Entscheidungsmacht in Frage gestellt werden. So geht das Konzept der „organizational silence“ (Morrison/Milliken 2000) davon aus, dass die manageriale Angst vor negativem Feedback und die, aufgrund eines vermeintlich fehlenden Überblicks, Geringschätzung der von den Mitarbeitern ausgehenden Informationen zu einem Rückzug (‚silence‘) der Mitarbeiter aus der Aufwärtskommunikation führen. Weiterhin kann unter Rückgriff auf die Theorie der kognitiven Dissonanz postuliert werden, dass affirmative Botschaften und Informationen die Aufwärtskommunikation dominieren: „Mitarbeiter sagen das, wovon sie glauben, dass es erwartet oder gerne gehört wird – oder schweigen“ (Mast 2012, 236). Mit dem Begriff der Horizontalkommunikation wird versucht, Formen des wechselseitigen kommunikativen Austauschs zu erfassen, welche sich der formalen Logik der Hierarchie entziehen. Hierunter fallen die Kommunikation von Individuen und Gruppen auf einer Hierarchieebene sowie Formen der Kommunikation über Hierarchieebenen hinweg, welche keinen direkten Weisungscharakter besitzen, wie bspw. informelle Meetings und Gespräche (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 247-248) und insbesondere sozial-emotionale Bedeutung für die Mitarbeiter besitzen (Katz/Kahn 1966). Durch die Verbreitung der E-Mail-Kommunikation und des Intranets erweist sich der Begriff der Horizontalkommunikation auch als Sammelbecken für neuere Entwicklungen im Bereich der Mitarbeiterkommunikation.
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Unter Bezugnahme auf den bisherigen Planungsprozess können bei der Auswahl und dem Mix bzw. der Integration der Kommunikationsinstrumente folgende Leitfragen gestellt werden, welche zugleich die Informationsflüsse und die Kommunikationsrichtungen affizieren (in Anlehnung an Cornelissen 2011, 110): 1. Erreichbarkeit und Abdeckung: In welchem Umfang erreicht das Medium die identifizierte Zielgruppe? 2. Übereinstimmung von Medium und Thema: In welchem Umfang ermöglicht das Medium den Transpost des Themas und dessen zieladäquater Darstellung? 3. Interaktion: Inwiefern erfordert und ermöglicht das Medium Dialog und Interaktion?
6. Budgetierung/Erfolgskontrolle: Idealtypisch schließt sich an die bisherigen Schritte die Bestimmung des Kommunikationsbudgets an. Die Budgetierung beinhaltet die Kalkulation der finanziellen Mittel für den gesamten Planungsprozess und für sämtliche kommunikationspolitischen Aktivitäten der jeweiligen Planungsperiode (Bruhn 2012, 267). Im Kontext der integrierten Kommunikationspolitik umfasst die Budgetierung neben der Bestimmung der Höhe des Kommunikationsbudgets dessen Allokation auf die Kommunikationsmedien und Instrumente. Im Zusammenhang der Kommunikationspolitik besitzt die Budgetierung – vor dem Hintergrund schwer zu bestimmender Wirkungszusammenhänge und generell ansteigender Investitionen in kommunikationspolitische Maßnahmen – eine Reihe von komplexitätsreduzierenden Funktionen (Planung, Information, Steuerung, Koordination, Motivation, Kontrolle) (vgl. ausführlich Bruhn 2012, 267ff.). Die den Planungsprozess begleitende und abschließende Erfolgskontrolle wird bestimmt als systematische Überprüfung der Kommunikationsaktivitäten, um den Zielerreichungsgrad (Effektivität) und die Wirtschaftlichkeit (Effizienz) der bisherigen Kommunikationsmaßnahmen zu ermitteln und hieraus Handlungsempfehlungen […] abzuleiten (Bruhn 2012, 545).
Die Erfolgskontrolle lässt sich grob in folgende Bereiche gliedern (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 250–252, Bruhn 2012, 550–551, Cornelissen 2011, 111): Prozess- bzw. Durchführungskontrolle (‚process effects‘): Im Fokus steht die Überprüfung der kommunikationspolitischen Prozesse, Strukturen und Instrumente der Mitarbeiterkommunikation hinsichtlich ihrer Qualität (textliche Gestaltung, Layout etc.), Geschwindigkeit und Kosten. Weiter unterscheidbar ist eine prozessbegleitende operative Prüfung der einzelnen Phasen bezogen auf Ihren Beitrag zur Zielerreichung (Effizienz, „die Dinge richtig tun“) von einer strategischen Prozesskontrolle der
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formulierten Ziele (Effektivität, „die richtigen Dinge tun“) vor dem Hintergrund sich verändernder Situationsanalysen (Zerfaß 2010, 374–382). Effektivitätskontrollen (‚communication effects‘): Ausgehend von der Zieldefinition wird versucht, den mittels der durchgeführten Kommunikationsmaßnahmen realisierten Grad der Zielerreichung zu bestimmen, wobei zwischen quantitativen und qualitativen Zielen unterschieden werden kann. In quantitativer Hinsicht kann es sich um die durchgeführte Anzahl von Meetings, den Zugriff auf das Intranet oder die Teilnehmerzahl bei Firmenevents handeln. Schwerer bestimmbar hinsichtlich ihrer Zielerreichung sind qualitative Ziele (Loyalität, Reputation, Identifikation, Motivation), welche man im Kontext von Mitarbeiterbefragungen zu erfassen versucht.
3.2 Instrumente der Mitarbeiterkommunikation Die Darstellung der Instrumente orientiert sich an der Unterscheidung von Abwärts-, Aufwärts- und Horizontalkommunikation. Zu betonen ist, dass eine relativ klare Zuordnung der Instrumente hinsichtlich ihrer Kommunikationsrichtung und des Informationsflusses nur in wenigen Fällen möglich ist. Dies scheint auch insbesondere für den sich stark diversifizierenden Bereich der elektronischen Kommunikation, welche im Folgenden dem Bereich der horizontalen Kommunikation zugeordnet ist. Eine ältere Studie von Macharzina (1990, vgl. auch Meier 2002) zeigt die Verbreitung innerbetrieblicher Kommunikationsmaßnahmen und die Dominanz von Instrumenten der Abwärtskommunikation in insb. größeren Unternehmen. Das Fehlen der elektronischen Kommunikationsformen zum Zeitpunkt der Erhebung weist zugleich auf den Wandel der Instrumente hin. So wird gegenwärtig in der Literatur mit dem Intranet, einer stärker auf Hintergründe und Emotionen zielenden Neupositionierung der Mitarbeiterzeitschriften und Drucksachen sowie der persönlichen Kommunikation als den drei aktuellen Kernbereichen der internen Kommunikation ausgegangen (vgl. im Überblick Mast 2012, 238–243).
- Tabelle 2 hier einfügen –
3.2.1. Instrumente der Abwärtskommunikation
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Als typische Instrumente der Abwärtskommunikation gelten – wenn auch nicht ausschließlich – sogenannte Verteilmedien. In der Regel von der Managementebene und – soweit vorhanden – Kommunikationsabteilung ausgehend, erfolgt eine oftmals disperse, in manchen Fällen aber auch zielgruppenspezifische Verteilung. Die Feedback-Möglichkeiten sind in der Regel begrenzt. In wesentlichen Teilen zielt die Abwärtskommunikation auf Informationsvermittlung; adressiert jedoch auch Konflikte (wie im Unternehmenstheater), die soziale Integration und die Identifikation mit der Organisation. Folgende Instrumente gehören zum geläufigen Instrumentarium der Abwärtskommunikation (vgl. im Überblick auch Einwiller/Klöfer/Nies 2008, Klöfer/Nies 2001, Mast 2012, 233ff.):
Die Mitarbeiterzeitung (MAZ, auch Betriebszeitschrift, Firmenzeitschrift, Werkszeitung u.ä.) ist ein traditionsreiches Medium der Mitarbeiterkommunikation. Als regelmäßig erscheinende Publikation in gedruckter Form ist diese in erster Linie an die Belegschaft und deren Angehörige gerichtet. Mit der Funktion der Informationsvermittlung verschränkt, verbreiten MAZ Normen und Werthaltungen sowie die strategischen Leitlinien der Organisation (Bischl 2000). Im Sinne einer Neupositionierung aufgrund der zunehmenden Nutzung elektronischer Kommunikationswege wird der MAZ eine zunehmend bedeutende Rolle in der Präsentation und Verbreitung einer kohärenten organisationalen Identität (Bischl 2000, Cauers 2009, Marinkovic 2009) und der Konstruktion von ‚Einigkeit‘ zugeschrieben (Hartz/Habscheid 2008). Druckschriften (Broschüren, Rundschreiben, Schnell-Infos, Handbücher, Mitteilungsblätter) erscheinen themenbezogen und situationsspezifisch. Zielgruppenbezogen erscheint etwa im BASF Konzern der „Meisterbrief“, welcher auf Meisterebene über aktuelle Entwicklungen im Bereich Umweltschutz, Vorschlagswesen etc. informiert, sowie der auf Betriebsleiter und Ingenieure zugeschnittene „Blickpunkt Betrieb“ (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 240). Das schwarze Brett ist ebenfalls ein klassisches Medium der Mitarbeiterkommunikation. Informationen (Veranstaltungshinweise, Informationen des Betriebsrats, Stellenausschreibungen, Speisepläne, Reaktionen auf Beschwerden, Sport- und Freizeitaktivitäten etc.) werden dabei an Stellen mit hohem Publikumsverkehr (Kantine, Zeiterfassung, Betriebseingang) und – im Hinblick auf aushangpflichtige Gesetze – allgemein zugänglich veröffentlicht. Business TV (Unternehmensfernsehen, Corporate Television, CTV) wurde als relativ neues Konzept in den 1990er Jahren auch in Deutschland verstärkt von Großunternehmen eingesetzt und erfährt im Kontext digitaler Produktions- und Verbreitungstechniken als nun auch verstärkt ‚interaktiv‘ einsetzbare Bewegtbildkommunikation neue Beachtung (CTV 2.0, vgl. Bürgi 2009,
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Jäger 1999). Unter CTV wird die gezielte und auf einen Unternehmensnutzen hin umgesetzte Produktion und Verteilung von Fernsehprogrammen bzw. fernsehähnlichen bewegten Bildern mit Unternehmensinhalten (Bürgi 2009, 62) für bestimmte Zielgruppen, in der Regel die Mitarbeiter, verstanden. Die Stärke des CTV wird in der audiovisuellen Aufbereitung von Themen gesehen. Neben der Informationsvermittlung wird CTV insb. auch für Schulungen eingesetzt. Als Unternehmenstheater werden „inszenierte Aufführungen bezeichnet, die einen hohen Grad an betrieblicher Spezifität aufweisen und von professionellen Schauspielern gestaltet werden“ (Schreyögg 2001, S. 269). Thematisiert werden insb. betriebliche Konflikte und Problemsituationen (bspw. Konflikte zwischen ‚alter‘ und ‚neuer‘ Belegschaft, Verkauf und Fertigung, Zentrale und Niederlassung), welche sichtbar und diskutierbar gemacht werden sollen. Das theatrale Erleben entfaltet seine mögliche Wirkung durch die Beobachtung des Inszenierten und Konfrontation mit der theatralischen Bearbeitung, des Herauslösens (und damit Relativierens) der Probleme aus dem Unternehmensalltag und der emotionalen Affizierung (Schreyögg 2001, Schreyögg/Dabitz 1999, vgl. auch Biehl-Missal 2011). Betriebsversammlungen gehören zu den klassischen Formen der Mitarbeiterkommunikation und adressieren – auch gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes –i.d.R. die gesamte Belegschaft. Im Hinblick auf größere Betriebsversammlungen ist aus managerialer Sicht die Unterstützung der kommunikativen Ziele durch Drucksachen und Präsentationen hilfreich. Im Kontext von Veränderungsprozessen dienen Betriebsversammlungen zudem der Beförderung der Identifikation. Das Mitarbeitergespräch sollte, trotz der Zuordnung zur Abwärtskommunikation, zugleich und je nach Gesprächsklima und -verlauf auch Elemente der Aufwärtskommunikation aufweisen (Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 242). Zu dem Bereich der Mitarbeitergespräche zählen u.a. Gespräche zur Personaleinstellung, Entlassung, Beurteilung, Zielvereinbarung, Personalförderung und Personalentwicklung, welche in der Praxis i.d.R. in regelmäßigen Zeitabständen stattfinden und oftmals einen hohen Formalisierungsgrad aufweisen (Neuberger 2001, Winkler/Hofbauer 2010).
3.2.2. Instrumente der Aufwärtskommunikation Formen der Aufwärtskommunikation sind weniger zahlreich und erweisen sich in der Umsetzung als in einem geringeren Maße durch die organisationalen Strukturen befördert. Im Einzelnen sind zu nennen:
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Die Mitarbeiterbefragung verfolgt das Ziel die Einstellungen, Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter sowie Probleme hinsichtlich der unternehmerischen Abläufe zu erfassen. Unterscheidbar sind Formen der schriftlichen, mündlichen, telefonischen und Online-Befragung, welche sowohl anonym als auch offen durchgeführt werden können (Domsch/Ladwig 2006). Neben der klassischen Befragung finden auch Gruppendiskussionen zu spezifischen Problembereichen Anwendung. Vorgesetztenbeurteilungen werden i.d.R. anonym durchgeführt und zielen im Kontext der Mitarbeiterkommunikation explizit auf die Aufdeckung von Kommunikations- und Interaktionsdefiziten auf Seiten der Führungskraft, verfolgen jedoch zugleich das Ziel der Motivation und Partizipation der Mitarbeiter (Nerdinger 2005). Das Beschwerdemanagement, in klassischer Form oft als „Briefkasten“ („Kummerkasten“) umgesetzt, ermöglicht das frühzeitige Erkennen von kritischen Themen und Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern. Nach Bruhn (vgl. Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 244) sollte das Beschwerdemanagement folgenden Anforderungen gerecht werden: Neutralität der Beschwerdeinstanz, Zentralität der Beschwerdeanalyse, Alternative Beschwerdewege.
3.2.3. Instrumente der Horizontalkommunikation Als typische Formen der Horizontalkommunikation jenseits eines relativ eindeutig anwendbaren Aufwärts- und Abwärts-Schemas können gelten (Mast 2012, 238):
Das Intranet als nicht-öffentliche, inzwischen etablierte Kommunikationsplattform in Organisationen, welche sowohl eine breite und differenzierte Versorgung mit Informationen ermöglicht sowie dem Nutzer/Mitarbeiter Möglichkeiten der Interaktion eröffnet. Das Intranet dient der Beschleunigung der Kommunikations- und Informationsströme im Unternehmen, einer Verbesserung der Arbeitsabläufe und ermöglicht den Zugriff der Mitarbeiter auf gemeinsame Ressourcen (Datenbanken, Dokumente, Formulare, Handreichungen etc.). Im Sinne eines einheitlichen Auftritts soll das Intranet auch der Beförderung der Mitarbeiteridentifikation dienen (Hoffmann/Lang 2006). Besprechungen und Meetings, welche abteilungs- und bereichsübergreifend stattfinden, zählen ebenso zur Horizontalkommunikation. Beispiele sind hier Projektgruppen, Qualitätszirkel, ‚Task Forces‘, Kurse, Schulungen und Seminare (Boden 1994).
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Mit informellen Gesprächen werden Formen der Horizontalkommunikation bezeichnet, die zumeist nicht-intendiert sind und nicht nach starren organisationalen Regeln, wenngleich selbst sozialen Regeln unterworfen, stattfinden. Hierunter fallen Gespräche in der Kantine, auf den „Fluren“, in der Kaffeepause, in der Freizeit. Für Schick sind informelle Gespräche „ein notwendiges Schmiermittel für das Räderwerk des Unternehmens“ (Schick 2010, 144, zit. nach Einwiller/Klöfer/Nies 2008, 247). Informelle Gespräche besitzen darüber hinaus die Funktion der Motivation und erweisen sich als wichtig für die Arbeitszufriedenheit, können jedoch, pejorativ verstanden, im Sinne von „Gerüchten“ und „Klatsch“ den organisationalen Zielen auch entgegenstehen (Wiswede 1981).
4 Diskussion und Desiderata Der vorliegende Beitrag konzentrierte sich auf die in der Literatur vorherrschende instrumentell-strategische Perspektive auf Mitarbeiterkommunikation. Diese Sichtweise ist durch einen Fokus auf Planungsprozesse, Kommunikationsinstrumente und deren Einsatz sowie durch normativ grundierte Zielvorstellungen, etwa im Hinblick auf die anzustrebende Identifikation und das Commitment der Mitarbeiter bestimmt. Diese funktionale Sichtweise auf Mitarbeiterkommunikation soll nun abschließend, wenn auch in aller Kürze, im Sinne einer erweiterten sozialwissenschaftlichen Einbettung des Themas Mitarbeiterkommunikation ein Stück weit problematisiert werden. Dabei ist zu konstatieren, dass eine funktionale Betrachtung eine Reihe von alternativen, sich in den letzten Jahrzehnten entwickelnden Konzeptualisierungen von organisationaler Kommunikation ausblendet, welche sowohl den Blick auf Kommunikation als auch Organisation erweitern helfen. Putnam und Boys (2006) unterschieden allein acht verschiedene Verständnisse und Metaphern organisationaler Kommunikation. Die im Beitrag vorgestellte funktionale Perspektive folgt hierbei im Wesentlichen der Metapher von Kommunikation als ein System von Röhren (Conduit-Metapher) und dem Bild von Kommunikation als Informationsverarbeitung und Verbindung. Die Organisation selbst ist dann der ‚Container‘, in welchem kommunikative Prozesse ablaufen und gestaltet. Damit bleibt diese Perspektive im Wesentlichen auch dem Sender-Empfänger-Modell der Kommunikation von Shannon und Weaver verbunden (vgl. hierzu Stahl/Menz 2014, 25ff.). Neben diesen funktionalen Perspektiven existieren jedoch interpretative Ansätze, welche stärker auf den performativen (Kommunikation als Inszenierung), diskursiven (Kommunikation als Verknüpfung von Texten i.w.S.), symbolischen (Kommunikation als kulturell-folkloristisches Mo-
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ment) und schließlich auf den politischen Aspekt bzw. Modus von Kommunikation i.S. der Frage ‚Wer spricht‘ und der mehr oder minder regulierten Vielstimmigkeit organisationaler Kommunikation abstellt (Putnam/Boys 2006). Die Problematisierung von funktionalen Modellen der Kommunikation ermöglicht auch, die Frage der Dialogizität und Plurivokalität stärker in den Blick zu nehmen. So betonen Stahl und Menz (2014) in ihrem Konzept der „Stakeholder-Kommunikation“ unter anderem Phänomene der Mehrdeutigkeit, Heterarchie und des Interessenpluralismus. In kritischer Wendung können dann auch Prozesse kommunikativer und diskursiver Schließung adressiert werden, insofern Organisationen als politische und machtdurchzogene soziale Gebilde verstanden werden, in welchen „some voices are louder, more articulate and more powerful than others“ (Rhodes 2002, S. 108; vgl. auch Hartz/Fassauer 2016, 6-7). Die Analyse von Mitarbeiterkommunikation gewinnt in der angedeuteten Pluralität der Zugänge an entsprechender konzeptioneller und methodischer Komplexität und sichtbar wird die konstitutive Rolle von Kommunikation und Diskurs bei der alltäglichen Aufrechterhaltung und Prozessierung von Organisation (Weick 1995; Hartz/Fassauer 2016; Putnam/Nicotera 2009). Schließlich ist zu konstatieren, dass die funktionale Perspektive auf Mitarbeiterkommunikation bisher wenig Notiz von der konkreten Analyse von kommunikativen und sprachlichen Phänomenen in organisationalen Zusammenhängen genommen hat. Hier eröffnen sich weitere vielfältige Bezüge, etwa zur Gesprächsanalyse, Sprechakttheorie, Rhetorik, Narrationsanalyse oder auch zur kritischen Diskursanalyse (vgl. im Überblick Sieben 2015; Hartz/Fassauer 2016 sowie die Beiträge in Grant/Hardy/Oswick/Putnam 2004) welche die funktionale Sichtweise zur Mitarbeiterkommunikation stärker transdisziplinär öffnen und näher an den linguistic turn heranführen würde.
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