\"Memlings Mantelteilung. Der Marienmantel als Schwellenmotiv\", in: Mateusz Kapustka (ed.), Bild-Riss. Textile Öffnungen im ästhetischen Diskurs. Berlin/Emsdetten 2015 (= Textile Studies, 5), p. 101-126

July 17, 2017 | Author: Marius Rimmele | Category: Textiles, Madonna, Medieval Devotional Culture, Marian Devotions, Diptych, Hans Memling, Late medieval and renaissance art in northern europe, Marian Iconography, Hans Memling, Late medieval and renaissance art in northern europe, Marian Iconography
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two more recent, synthetic accounts of the relationship between the sister arts, see Francis Ames-Lewis, « Painting and Poetry »; in: The Intellectual Life of the Early Renaissance Artist, New Haven and London, Yale University Press, 2000, p. 163 – 176, and Thomas Puttfarken, « Painting, Poetry and the Liberal Arts »; in: Titian and Tragic Painting: Aristotle’s Poetics and the Rise of the Modern Artist, New Haven and London, Yale University Press, 2005, p. 15 – 40.   32 I am indebted to Stefan Neuner for this observation.   33 On the subject of Caravaggio’s Narcissus, I would like to acknowledge Sheila McTighe’s unpublished essay « Caravaggio’s Mirror, or the Limits of Self-Reflection », 2004, which forms part of her ongoing Caravaggio research.   34 According to Catherine Puglisi, Caravaggio’s striking picture captured the attention of artists such as Domenichino, Orazio Gentileschi and Poussin, who imitated the pose of Narcissus. See Catherine Puglisi, Caravaggio; London and New York, Phaidon Press Ltd., 1998, p. 106.   35 Ovid (cf. note 1), III, 344 – 510.   36 Leon Battista Alberti, On Painting, transl. by Cecil Grayson; London, Penguin Books Ltd., 1991, p. 61.   37 Philostratus the Elder explores the play between reality and illusion in his ekphrasis on a painting of Narcissus. See Philostratus, Imagines and Callistratus, Descriptions, transl. by Arthur Fairbanks; London and New York, William Heinemann Ltd. and G. P. Putnam’s Sons, 1931, p. 88 – 91. Giambattista Marino draws on Philostratus in his poems inspired by paintings of Narcissus from the first part of his La Galeria del Cavalier Marino. Distinta in Pitture, & Sculture, Venice, 1620, p. 17 – 19.

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Marius Rimmele  Memlings Mantelteilung  Der Marienmantel als Schwellenmotiv

Die folgenden Überlegungen beschäftigen sich mit der Rolle eines spezifischen Textils, dem Mantel Marias, vor dem Hintergrund eines bildskeptischen und mithin selbstreflexiven Diskurses innerhalb frühniederländischer Malerei. Das bekannte Diptychon des Maarten van Nieuwenhove, von Hans Memling im Jahr 1487 gemalt (Abb. 1, Taf.  XI), wurde schon des Öfteren in verschiedener Intensität interpretiert, wobei aber zumeist Raumfragen oder der mit diesen verbundene prominente Spiegel im Mittelpunkt standen.1 Diese fraglos faszinierenden, aber bereits umfassend erörterten Aspekte des Bildes spielen, nicht zuletzt aufgrund der übergeordneten Fragestellungen dieser Publikation, hier nur eine untergeordnete Rolle. Dafür wird die prekäre Schwellenfunktion des roten Mantels vor dem Hintergrund religiöser Medialitätsprobleme erstmals genauer befragt. Diesbezüglich dürfte es sinnvoll sein, zunächst den gedanklichen Rahmen abzustecken, in dem diese visuelle Figur vermutlich operiert. Zwischen Stolz und Bescheidenheit    Die so genannte « gemalte Kunsttheorie »2 der Frühniederländer findet den wesentlichen Referenzrahmen gemalter Reflexion eigener Praxis weniger in einem von der Antike informierten Kunstkonzept, sondern weitaus häufiger in bildtheologischen und frömmigkeitstheoretischen Vorgaben. Auch wenn sich Überlagerungen ergeben mögen, ist also immer von wesentlichen Anteilen religiöser Bild- bzw. Repräsentationstheorie auszugehen. Dabei kann der Künstler selbstbewusst auftreten und wie in zahlreichen Lukasdarstellungen seine eigene Vermittlungsleistung zwischen den Himmlischen und den Irdischen im Schulterschluss mit den Begründungsmythen christlicher Bildproduktion stolz hervorkehren.3 Er kann aber ebenso in bildskeptischer Absicht seine eigenen Hervorbringungen als unzureichende markieren.4 Unzureichend in welchem Sinne? Hier haben sich im Christentum bis zum 15. Jahrhundert mehrere mögliche Ebenen ausdifferenziert: Bilder könnten als Hypostasierung der Numina missverstanden werden und damit im klassischen Sinne Idolatrie hervorrufen. Etwas weniger alttestamentarisch gedacht könnten sie aber auch den Eindruck erwecken, über sie ließen sich – etwa durch gemalte Begegnungen von Adoranten und Heiligen – bildmagische Kontakte stiften. Bilder könnten auch irrtümlicherweise suggerieren, etwas gegenständlich vor Augen stellen zu können, das eigentlich sinnlich nur unzureichend erfasst werden kann und im Bereich des Uneigentlichen zu verbleiben hätte. Sie leisteten so betrachtet einer unangemessenen Hypostasierung oder Verkürzung bzw. ‹ Anekdotisierung › göttlicher Mysterien Vorschub. Je nach Funktionskontext stehen Bilder auch unter Verdacht, von Memlings Mantelteilung

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gesellschaftliche Position Ausdruck verleiht, gerade am Marienmantel manifestiert, wird die leitende Fragestellung der folgenden Bildanalyse sein. Metaphoriken der Vermittlung    1487 hat der wohl renommierteste Maler der Stadt Brügge, Hans Memling, den jungen Maarten van Nieuwenhove, der aus einer politisch ambitionierten Bürgerfamilie stammte und später Bürgermeister werden sollte,7 im Dreiviertelprofil betend auf die eine Tafel eines Diptychons gemalt und auf die andere die Muttergottes. Sie ist frontal zum Betrachter oder  – angesichts der Möglichkeit eines gewinkelt zu betrachtenden Diptychons  – frontal zur ästhetischen Grenze ihrer Tafel ausgerichtet, die in einer durchaus typischen Art und Weise als Fensterdurchblick verstanden werden soll.8 Auf einem Brokatkissen vor ihr sitzt, wohl in Richtung des Patriziers gewendet, das nackte Christuskind. Mit der Rechten greift es nach einem Apfel, den ihm seine Mutter reicht, mit der Linken hält es ein winziges Stück transparentes Textil über seinen Oberschenkel gezogen, wie es auch an seinem Gesäß und über den Schlüsselbei-

nen der Mutter zu erkennen ist.9 Seinen linken Fuß hat es auf dem umgeschlagenen roten Mantelzipfel der Mutter abgelegt, der wie das Brokatkissen, auf dem Christus dem Betrachter präsentiert wird, ein wenig über den Rahmen in die Welt des Betrachters zu ragen scheint. Das Kissen hat einen Schatten auf dem Rahmen gemalt, der Mantel ist sogar selbst auf dem Rahmen fortgeführt. Diese Trompe-l’oeil-Spiele sind gerade bei Memling prinzipiell als besonders selbstreflexive Zonen einzustufen, in denen die malerische Darstellungsleistung in einer sich selbst entlarvenden Spitze kulminiert  – exakt da, wo die Schwelle vom Jenseits zum Diesseits mit verschiedensten Medien überschritten wird.10 Verstehen wir es vom Sujet her, unterstreichen und verstärken die Überlappungen von Mantel und Kissen noch die prinzipiell schon vermittelnde Qualität der von einem exotischen Teppich bedeckten Brüstung. Diese fungiert üblicherweise als eine Art Fensterbank des Jenseits, in dem die Himmelskönigin thront und von wo aus sie den Menschen einen gnadenhaften Anblick des Erlösers gewährt. Ein solches räumliches Setting ist prinzipiell als Ausdruck von Marias Mittlerposition zu verstehen.11 Als fenestra coeli, Himmelsfenster, figuriert sie in der geistlichen Dichtung selbst als eine Art gnadenvolle Öffnung zum Jenseits. Dieser Gedankenfigur eines Vermittlungsvorgangs liegt neben Marias Fürbittentätigkeit wesentlich die Tatsache zugrunde, dass sie es war, die Gott in der Welt als Einlass gedient hat, die dem Kind von ihrem Fleisch eine sichtbare irdische Hülle gab. Auf diese Zusammenhänge, in der Dichtung gefasst in diversen Bekleidungsmetaphern nach dem Schema ‹ Maria als fleischliches Kleid der unsichtbaren Gottheit ›12 spielt wohl auch das minimale Bedecken des gerade so hervorgehobenen nackten Fleisches mit dem mütterlichen Schleier an, der bekanntlich durch seine spezifische Medialität den Gedanken einer Umhüllung des Unsichtbaren noch einmal aufwirft.13 Der fromme Betrachter kann sich diesen Zusammenhang auch über eine handgreifliche Anekdote der Passion in Erinnerung rufen, welche die abstrakten theologischen Zusammenhänge narrativ konkretisierte: Maria habe, so die verbreiteten Passionsberichte, dem schmachvoll entkleideten Christus ihren Kopfschleier als Lendentuch geliehen, was sich z. B. in der Madrider Kreuzabnahme (Prado) an der besonderen Säumung des Perizoniums Christi deutlich erkennen lässt, mithin also zumindest Memlings Lehrer Rogier van der Weyden nachweislich ein vertrauter Zusammenhang ist.14 Vorweggenommen wird diese Spende zudem in der verbreiteten Auffassung, dass die Windeln des Neugeborenen ebenfalls von ihrem Schleier stammten.15 Insofern also Marienkleidung, als metonymische Erweiterung ihres Körpers, und die das Bild konstituierende Raumfiktion denselben theologischen Grundgedanken formulieren  – nämlich die Zusammenhänge von Inkarnation und Ansichtigkeit Christi – lässt sich bereits hier eine Nähe von Repräsentationsfragen und dargestellten Textilien feststellen. Denn das räumliche Dispositiv ist ohne Zweifel eng verbunden mit einer Reflexion des Bildes über seine Darstellungsleistung. Die spezifische Szenerie thematisiert eine notwendige Ausschnitthaftigkeit und die nicht nur erinnernde, sondern auch in die Zukunft weisende Dimension des Vorweisens über Grenzen, entsprechend etwa der in

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devotionalen Pflichten wie Gebet oder frommer Imagination abzuhalten  – indem sie ablenken oder das eigentliche Ziel, etwa eine mystische Annäherung, bereits als erreicht vor Augen stellen.5 Hier könnte sich eine weitere heterodoxe bildmagische Dimension eröffnen, zum Beispiel in Form eines stellvertretenden gemalten Gebets, das reale Gebetsleistungen überflüssig macht.6 Memling, so die im Folgenden vertretene These, malt nicht zuletzt gegen all diese potentiellen Missverständnisse und Fehlverwendungen an. Beide KünstlerHaltungen  – Stolz und Selbstbescheidung  – müssen einander, auch wenn das zunächst widersprüchlich klingen mag, nicht ausschließen. Die besonderen frömmigkeitsförderlichen Qualitäten des Bildes können herausgestellt und innerbildlich reflektiert werden, während zugleich Fehllektüren der Boden entzogen werden soll. Wie sich ein solches Verhältnis im vorliegenden Werk, das ohne Zweifel prima vista zunächst dem Stolz eines 23-jährigen Auftraggebers auf seine

Abb. 1  Hans Memling, Diptychon des Maarten van Nieuwenhove, 1487, Brügge, Johannes-Hospital, Memlingmuseum.

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Privatgebet wie Liturgie verbreiteten Marienantiphon Salve Regina, in der es heißt: « Wohlan denn, unsre Fürsprecherin, wende deine barmherzigen Augen uns zu, und nach diesem Elend zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes! »16 Ein Triptychon Goswyn van der Weydens verknüpft dieses Gebet (auf den Flügelinnenseiten) explizit mit einer sehr ähnlichen Mutter-Kind-Gruppe auf der Mitteltafel.17 Maria tritt demnach als mediale Größe auf, die handelnd das Kind nach vorne, über die ästhetische Grenze hinausrückt, die sinnbildlich über ihre Kleider  – man beachte dabei auch die enge Verwandtschaft des liturgisch anmutenden Präsentationskissens mit Marias floralem Untergewand18  – als Materialisierungsinstanz bezeichnet wird und die nicht zuletzt von der Architektur als Präsentationsdispositiv im doppelten Wortsinn umschrieben wird. Man weiß, dass auch bei Verkündigungen die gesamten umschließenden Räumlichkeiten sowie diverse Gefäße als Sinnbilder Marias aufzufassen sind. Für das Nieuwenhove-Diptychon hat man in ähnlichem Reflex den berühmten Spiegel im Hintergrund als Mariensymbol, als speculum sine macula ausgemacht.19 Dem widerspricht aber ein wenig, dass der Raum, den die Muttergottes mit dem Kind hier bewohnt, von der Forschung einhellig als Stube des jungen Maarten verstanden wurde. So zeigt die prominente Glasmalerei hinter der Muttergottes das Wappen des Auftraggebers, eine Muschel mit goldenem Ring, die sich auch als Schließe seines Gebetbuches wieder findet.20 Dazu tritt das persönliche Motto des Patriziers Il ya cause also: « es gibt eine Ursache/einen Grund », sowie vier mehr oder minder identische Medaillons, die eine Hand aus den Wolken zeigen, welche goldenen Samen auf eine Wiese ausstreut. Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf den Nachnamen des Auftraggebers, neuer Hof.21 Das zweite Fenster der linken Tafel zieren kleinere Glasbilder mit Georg und Christophorus. Maarten van Nieuwenhove hat offenbar auf deutlicheren Hinweisen auf seine Person bestanden, als ursprünglich geplant. Ein zweites, bereits vollständig malerisch ausgeführtes normales Fenster mit Landschaftsausblick wurde mit dem großen Wappen-Glasbild übermalt, das in kleinerem Format zunächst hinter dem Betenden angelegt war.22 Auch der Spiegel, der am nunmehr geschlossenen Fensterladen hängt, kam erst zu diesem Zeitpunkt ins Bild. Eine Dialektik von Trennung und Verbindung    Die Auffassung eines sich über beide Tafeln erstreckenden Raumes, der zunächst dem Auftraggeber zuzuordnen ist, wird auch von der Tatsache befördert, dass die Brüstung  – deren besondere Signifikanz als Vermittlungszone bereits erörtert wurde – in diesem Fall auf die Adorantenseite durchläuft, ebenso der auf ihr befindliche Teppich. Wir sind also mit dem für Diptychen überraschenden, prinzipiell in Stifterdarstellungen der Frühniederländer aber bestens vorbereiteten Fall konfrontiert, dass der Betende einen Ort mit dem Empfänger seines Gebets zu teilen scheint.23 Die Gattung des Adorationsdiptychons zeichnet sich jedoch normalerweise durch eine apriorische Trennung der Bereiche irdisch und himmlisch aus.24 Aufgrund ihrer medialen Spezifik, aus zwei verknüpften Bildtafeln zu bestehen, vermag sie diese Grundkonstellation noch vor jeder konkreten ‹ Füllung › bereits zu symbolisieren, die Idee der Trennung ist dem Medium inhärent. Stemmen 104

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I (fehlt)

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XXX  Patricia Waller, Monitorwand, 1996, Wolle, Styropor, Strickarbeit. PLACE?

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sich Triptychen und erst recht Diptychen der neuzeitlichen Tendenz zur räumlichen Harmonisierung eigentlich entgegen und erzwingen so diverse semantische Motivierungen der aufklaffenden Spalte als Zeitschnitte oder Sphärengrenzen, hinterfängt Memling diese gesetzten Grenzen mit einem fingierten Raum, der letztlich natürlich mehr als nur eine Wohnstube darstellt, sondern vielmehr eine imaginäre Begegnungsstätte bezeichnen soll. Diese Überhöhung gelingt aber nur vermittels einer Spannung zwischen Trennung und Verbindung, die zwischen den beiden Tafeln und den verbindenden gemalten Elementen wirkt. Eben diese Spannung, die von einem gewissen Äquilibrium lebt, drohte durch die nachträglichen Änderungswünsche des stolzen Bürgers ins Ungleichgewicht zu geraten. Es dürfte kein Zufall sein, dass alle realisierten heraldisch-emblematischen Elemente vom Betrachter auch auf die Muttergottes bezogen werden können: die säende Hand, die Muschel, Georg, der Drachenbezwinger, und Christophorus, der Christusträger.25 Man könnte weiterhin spekulieren, ob der nachträglich eingefügte Spiegel (Abb. 2, Taf. XII) ebenfalls eine Antwort auf das drohende Ungleichgewicht darstellt. In jedem Fall aber unterstreicht er die Brüchigkeit einer ‹ diesseitig › dominierten Raumkontinuität auf einer weiteren Ebene. Zunächst scheint er die Raumsituation zugunsten der Verbindung zu klären, indem die beiden Tafeln als Fenster eines Raumes ausgewiesen werden. Wir sehen Maria sitzend vor ‹ ihrem › Fenster und neben ihr, im selben Raum, den Betenden kniend vor seinem. Man kann erkennen, dass sein Gebetbuch auf dem durchlaufenden Teppich liegt. Auch die Muttergottes hat gerade noch gelesen und ihr Buch neben sich abgelegt. Neben seiner möglichen Funktion als Marien- und Seelensymbol ruft ein Spiegel, wie bereits die Trompe-l’oeil-Effekte, zur Reflexion auf. Dirk De Vos interpretiert entsprechend, das Bild sei selbst ein hauchdünner Spiegel, der « jeden Moment brechen könnte »26 – eine allerdings wenig aus dem konkreten Kontext motivierte metaphorische Übertragung. Überzeugender klingt die Lesart Hans Beltings, der den ungewöhnlichen Nachdruck hervorhebt, den eine solche Raumklärung qua Spiegel erzeugt, die nicht wörtlich zu nehmen sei:27 « Warum brauchen wir sonst einen Spiegel, wenn er uns nur bestätigt, was wir ohnehin schon wissen? Das Fenster ist mehr als die übliche Schwelle zwischen Bild und Betrachter. Wir sollen es ‹ wie in einem Spiegel › sehen, der den einfachen Augenschein aufhebt, und damit verstehen, daß sich das Fenster auf einen symbolischen Raum öffnet, der ‹ woanders › liegt als dort, wo wir es erwarten: also nicht im realen Wohnhaus des Stifters, sondern am Ort unserer Vorstellung, für die es wiederum keinen Ort auf dieser Welt gibt. »28 Mit Reindert L. Falkenburg lässt sich dieser Ort auch als die Seele des Auftraggebers definieren.29 Hinzuzufügen ist: Der Spiegel, als etabliertes Emblem der ars nova der Frühniederländer, die die ganze Welt in einer symbolischen Ansicht zusammenzieht, weist die Möglichkeit einer Begegnung von Betendem und den Himmlischen als Effekt der vermittelnden, veranschaulichenden Kraft der Malerei aus.30 Nur im Spiegel, nur in der Malerei ist die räumliche Verbindung der Tafeln, mithin der Sphären, wirklich gesichert. Während der zweiteilige BildMemlings Mantelteilung

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träger von einer Trennung spricht, erlaubt die Illusion einer frommen, gebetsgleichen Malerei die Begegnung. Insofern dem Vorführen einer Illusion immer auch eine eingestandene Negation innewohnt, ist De Vos natürlich zuzustimmen, darin ein prekäres Moment zu sehen. Der wahre Kontakt muss im Gebet gesucht werden, wofür möglicherweise auch die reale Annäherung der beiden Protagonisten beim Schließen des Diptychons, dem Entzug der sichtbaren Bilder also, steht.31 Es ist bekannt, dass die frühniederländische Malerei neben Stolz immer wieder Gesten der Demut, der Selbstentblößung und damit auch Selbstaufhebung ausstellt und auf diese Weise der religiösen Bildskepsis, etwa aus dem Umkreis der devotio moderna, ihren Tribut zollt.32 Im vorliegenden Fall siedelt also eine dialektische Dynamik zwischen Künstlerstolz und Demut in besonderer Weise an der Kluft zwischen den beiden Tafeln. Durch geniale Bespielung des zweiteiligen Trägermediums entsteht eine Dialektik von Fläche und Tiefe, von Trennung und Verbindung, bei der es zunächst Auslegungssache bleibt, was am

enmantels gelegt. Wenn es sich so verhält, wenn also das, was man zunächst als Buchhülle aufzufassen geneigt ist35, sich als Stück des Marienmantels entpuppt, dann trüge dieser Ausläufer aber eminent mehr Gewicht, als es der Teppich – Knüpfmetaphorik hin oder her – je könnte. Das zeigt sich schon daran, dass der Mantel die Sphäre von Mutter und Kind ja auch nach vorne, in die Betrachterwelt hinein, überschreitet. Will man an der Feststellung einer solchen Mantelbrücke festhalten, müsste man doch eigentlich verpflichtet sein, nach Antworten auf die in der Folge abgehandelten Fragen suchen: 1. Wofür steht der Marienmantel, wenn er die Kluft zwischen einer himmlischen und einer irdischen Sphäre überschreitet?    Diese Frage hat nie-

mand bis jetzt beantwortet, aber es lassen sich ohne Schwierigkeiten Antworten darauf finden. Es gibt eine besondere mögliche Aufladung von Textilien mit Heils- oder Gnadenkräften im Christentum. Diese schlägt sich in biblischen Geschehnissen nieder, wie der Perikope von der blutflüssigen Frau, die durch den Saum von Christi Gewand

Abb. 3  Hans Memling, Diptychon des Maarten van Nieuwenhove, 1487, Infrarotreflektographie der rechten Tafel

Abb. 2  Hans Memling, Diptychon des Maarten van Nieuwenhove, 1487, Detail: Spiegel.

Ende die Oberhand behält. Mahnt die Kluft zur Einsicht in die Unzulänglichkeiten der Malerei beziehungsweise des Bildes oder überwindet die Malerei  – zumindest als Versprechen  – die Kluft zugunsten einer frommen Annäherung? Der Schnitt in der Mantelbrücke    Hier kommt nun verstärkend der Marienmantel ins Spiel. Er erlaubt es Memling, so meine These, die etablierte Dialektik von Trennung und Verbindung noch expliziter aufzurufen, um naiven Lesarten vorzubeugen: Weder soll der evozierte Einheitsraum als Evidenz einer gesicherten Gottesnähe über-, noch als bloße malerische Überwindung eines altertümlichen Mediums auf dem Weg zum neuzeitlichen Bildkonzept unterschätzt werden.33 Beschreibungen des Bildes haben seit Mitte der 1990er Jahre begonnen, ganz nüchtern und meist ohne jede Interpretation zu konstatieren, dass neben dem Teppich auch der Marienmantel zum Adoranten hinüberreiche.34 Maartens Gebetbuch sei auf einen Zipfel des Mari-

geheilt wird.36 Oder in der Verehrung von Kontaktreliquien – Tüchern, die sich durch ihre spezifische Materialität privilegiert mit Heilskraft, der Virtus der Heiligen vollsaugen konnten.37 Marias Mantel geht darüber noch hinaus: « Mein weiter Mantel ist meine Barmherzigkeit », so erklärt Maria der Hl. Birgitta von Schweden, was es mit dem Kleidungsstück auf sich hat.38 Ist er blau, steht er für die Bekleidung der Königin mit dem Himmel, die gewählte Farbe Rot spricht von Affektivität, von Mitleid und Liebe, sie passt zu den Legenden und Darstellungstraditionen des Mantelschutzes, der mit durch Fürbitte und Adoption erwirkter Begnadigung gleichzusetzen ist.39 Der Mantelzipfel, der herüberreicht, wäre also gleichermaßen wirksam verschobene Fortsetzung des begehrten Marienkörpers und Materialisierung ihrer mütterlichen Wirkkräfte, ein Unterpfand der Zuwendung und damit auch der Erlösung. Insofern Maria nicht selbst herüberreicht, sondern ihren Mantel schickt, steht dieser zugleich für die Möglich-

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keit, mit materiellen Medien die Kluft zwischen Diesseits und Jenseits zu überbrücken. Damit ist in einem Gemälde notwendig zugleich die Bildfrage aufgerufen und prima vista – man beachte die parallele Überlappung nach vorne – auch positiv beantwortet: Ein Bild kann eine Brücke sein.

explizit kommentiert findet?   Neben dem regelmäßig fehlenden Ver-

Was bedeutet es, wenn der Marienmantel vom medialen Dispositiv anschaulich durchschnitten wird und dieser Schnitt sich an anderer Stelle im Bild

such einer Interpretation halte ich eine Feststellung der widersprüchlichen Inszenierung für die entscheidende Unterschlagung in den Bildbeschreibungen aller, die eine Mantelbrücke konstatieren. Die eigentliche figura, über die der Betrachter nachzudenken hat, ist also – trotz des Überangebots an Auflösungen  – nicht das Hinüberreichen, sondern gerade der darauf siedelnde Schnitt, den das archaistische Format des Bildes erzwingt und der sich in der bewusst hergestellten Unentscheidbarkeit auf Ebene der Darstellung wiederholt. Man könnte sagen, hier entsteht eine sehr einleuchtende Aussage zur Verbindung von Diesseits und Jenseits: sie wird im Bild nicht evident vollzogen, vielmehr muss man daran glauben. Doch was spricht gegen die naheliegende Idee, es hätten eben jene Recht, die eine solche Verbindung der beiden Tafeln gar nicht sehen?45 Buchhülle und Mantel haben eben zufällig eine ähnliche Farbe und mehr nicht? Dagegen ist auf die raffinierte Tatsache zu verweisen, dass der Betrachter ja zugleich ermuntert wird, die textile Brücke zu suchen, weil schließlich der Mantel in ähnlicher Manier den Rahmen nach vorne überlappt, also eine derartige Verbindung in anderer Achse für möglich erklärt. Zugleich wird auch die Verknüpfung zwischen den Tafeln respektive Sphären vom Teppich als problemlos möglich definiert. Die rechte, ‹ irdischere › Bildtafel weist im Wesentlichen gedeckte Töne auf; darf man einem Meister wie Memling unterstellen, dass er ausgerechnet mit dem einzigen Farbakkord ‹ von drüben ›, dem Rot-Blau in den Ecken, unabsichtlich für eine missliche Unklarheit gesorgt hat? Memlings sonstige gemalte Buchunterlagen sind, wenn überhaupt vorhanden, meist blau, so auch das Kissen unter demjenigen der Muttergottes im Spiegel.46 Die Frage nach einem Übergang kommt also keinesfalls zufällig auf. Letzte Sicherheit für eine absichtsvolle Dekonstruktion der Mantelbrücke lässt sich – der Redundanz Memlings sei Dank! – aus dem zweiten blau-roten Fleck auf der rechten Tafel gewinnen, der just einen Mantel darstellt, welcher vom heiligen Martin, dem Schutzpatron des Betenden, durchschnitten wird (Abb. 4). Trotz der Signaletik der Farben und der auffälligen Motivwiederholung hat hier bislang noch niemand einen Bezug zur Mantelbrücke hergestellt, wohl eine Folge davon, dass diese entweder nicht anerkannt oder aber schlicht festgestellt und nicht in ihrer gesuchten Ambivalenz befragt wurde. Es wäre wohl bloß ein Kalauer, zu sagen, ganz rechts im Bild zerfalle die Mantelbrücke in Mantel und Brücke. Vermutlich nur aus Gründen des Lokalkolorits ist die Minnewaterbrücke – Wahrzeichen eines Brügger Stadtviertels  – direkt unter dem Martinsbild dargestellt. Ohnehin lässt sich zunächst auch eine einfache, die Verbindung bejahende Verknüpfung der beiden roten Mäntel konstruieren: Martin van Nieuwenhove kann sich als ‹ Beter des Marienmantels ›47 im referierten Sinne imaginativer Frömmigkeitspraxis durchaus als derjenige verstehen, der auf der Kommentarebene des Bildes im Bild mit Christus als Bettler einen vermeintlich Bedürftigen bekleidet und dafür im Gegenzug mit Heiligkeit belohnt wird. In der Martinsvita der Legenda Aurea erfolgt dafür das Lob: « Martinus […] hat mich mit diesem Kleide gekleidet. »48 Das nackte Christkind als eigentlicher

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2. Was könnte es umgekehrt bedeuten, wenn ein Stoff aus dem Gebetbuch hervorgehend ‹ drüben › zum Marienmantel wird?    Der Marienmantel als

Schutzmantel ist eng mit Visionen, aber auch Gebeten verbunden, die Thomas Lentes als imaginatives Malen beschrieben hat.40 In Bildern wie Jan van Eycks Madonna des Kanzlers Rolin oder bestimmten Darstellungen in Stundenbüchern wird in mit Gebetsfragmenten beschrifteten Mänteln41 eine prägende Vorstellung spätmittelalterlicher, quantifizierender Frömmigkeit deutlich, dass nämlich Gebete im Himmel zu Kleidung der Heiligen werden. Insbesondere der Mantel Marias spielt in diesem Zusammenhang des sukzessiven geistlichen Webens phantasmatischer Textilien eine prominente Rolle. Natürlich steckt die metaphorische Idee dahinter, dass die Heiligen im Jenseits von den Gebeten angemessen geziert werden. Doch nicht nur die Bilder konkretisieren diesen Zusammenhang. In Legenden erscheint Maria gebetstechnischen Underachievern zum Beispiel mit Löchern im Mantel, um sie auf die Konsequenzen ihrer Vernachlässigung hinzuweisen.42 Diese werden fataler, wenn man die Schutzfunktion in umgekehrter Richtung berücksichtigt. Tit for tat, bzw. do ut des, wie es im Mittelalter heißt, « gib und dir wird gegeben werden ».43 Doch diese gegenseitige Bedingtheit drückt sich hier nicht bildlich aus, im Gegenteil: Versteht man die Richtung vom Buch zur Muttergottes als bildliche Metapher eines ehrenden und imaginierenden Gebetsvorgangs, so ist der umgekehrte Weg trotz der impliziten Reziprozität des Mantelschutzkonzepts eigentlich versperrt: die materielle, quasi reliquienartige Medialität des Marienmantels, die den Rahmen in unsere Welt überschreiten kann, büßt deutlich ein, wenn sie von der anderen Seite her als bloßes Imaginationsprodukt definiert wird. Hier sehe ich wenn nicht einen Riss, so doch eine gewisse ‹ Fadenscheinigkeit › der im Textilen figurierten Verbindung. Die eventuell aufkommende unorthodoxe Idee bildlich vermittelter Anwesenheit, die das Bild als Vision oder als gemalte Gebetsmaschine missversteht, wird hier von der conditio sine qua non individueller Gebetsleistungen, geistigem Malen also, ausgehöhlt. Doch die skizzierte mögliche ‹ Fadenscheinigkeit › in der textilen Verknüpfung der Tafeln wird auf der szenischen Ebene sogar noch verdoppelt. Und zwar von der Tatsache, dass auf der linken Seite der Mantelzipfel auffällig zurückgeschlagen ist und vom Fuß des Kindes fixiert wird,44 während das korrespondierende rote Textil rechts ebenfalls gerade so zurückgefaltet erscheint, dass ein wenig Teppich zur Ecke hin frei bleibt. Diese Position ist so bereits in der Unterzeichnung angelegt (Abb. 3). Als Effekt erscheint eine Zugehörigkeit zum Marienmantel nicht völlig unmöglich, sie lässt sich aber nicht, und sei es bei noch so genauem Hinschauen, verifizieren. Damit eröffnet sich der Reflexionsraum von Frage 3:

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Gebetsempfänger könnte sich in der Folge nicht nur den Schleier, sondern auch den (erbeteten) Mantel seiner Mutter überziehen. Doch auch bei diesem Glasbild zeigt sich, dass der dargestellte Raumschmuck nicht so einfach bestimmten Personen zuzuordnen ist, wie zunächst gedacht. So ist doch der Tatsache letztlich nicht auszuweichen, dass gerade der Schnitt durch den Mantel dargestellt und als Heilstat ausgewiesen wird, was vor dem Hintergrund der entscheidenden Frage  – obsiegt die materiell garantierte Mantelbrücke oder ihre skeptische Durchschneidung? – als weiteres Bildargument gewertet werden muss. Auch werden die Zuordnungen instabil, kehren sich sogar um, wenn von der Mantelbrücke in Analogie zur Überlappung auf dem Rahmen gedacht wird: Der Spender des Mantels ist dann der Mantelträger, also die Muttergottes, während der Betende dem wortwörtlich auf der Erde und rechts positionierten Mann mit Krück-

Abb. 4  Hans Memling, Diptychon des Maarten van Nieuwenhove, 1487, Detail der rechten Tafel.

stock entspricht, der sich begeistert an seinen gewonnenen Fetzen Textil schmiegt und dabei mit den Fingern auf sein Auge zu weisen scheint. Versucht man, vom Bild kunstvoll angeleitet, die drei Ebenen des Durchtrennens zusammenzudenken, so eröffnet sich wohl kaum ein Weg mehr, der das Bild als materiellen Heilsgaranten ungeschoren lässt: die Schnitte (des Trägermediums, der konkreten Darstellung und der Kommentarebene Heiligenlegende) explizieren einen Riss, der ohnehin durch das Gewebe der Repräsentation geht. Möglicherweise subvertiert dieser vorbildliche Schnitt damit auch das Ansinnen des jungen Mannes, der sich selbst im ewigen Gebet vor der Madonna in seinem Wohnraum abgebildet wissen wollte und offenbar sogar gegen die ursprünglichen Ideen des Malers durchgesetzt hat, dass seine persönliche Heraldik in die Sphäre der Muttergottes hineingemalt wird. Eine reizvolle Vorstellung, dass Maarten, sich dessen vielleicht völlig unbewusst, statt als zukünftiger Heiliger, dem als Unter122

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pfand ein Mantel gereicht wird, mit einer bloßen hölzernen Krücke und einem vom großen Ganzen abgeschnittenen Gewebe in der Hand zurückbleibt. Er kann sich jedoch, bei richtiger Einstellung und Aufmerksamkeit, auch selbst angesichts des Gesamtkonzepts immer wieder versichern, dass eine Anerkennung der materiellen Unüberbrückbarkeit eine fromme Einstellung darstellt und nur Glauben und Gebet die Lücke wirklich zu füllen vermögen. Diese medienskeptische Haltung gilt bis zur Endzeit: « Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht » (1 Kor 13,12). Memling macht sich nicht nur eine optische Unentscheidbarkeit produktiv zu Nutze, sondern auch die Polyvalenzen, die durch koordinierte Verknüpfung mehrerer semantischer Komplexe (Semantik des Bildträgers, gemalte Szene, Bild im Bild) notwendig sich einstellen, um als Auftrags-Künstler weder religiös zweifelhafte und damit sündige, noch intellektuell unter seinem Niveau situierte Werke hervorbringen zu müssen. Die gefundene Konzeption lässt sich als raffinierte Verteidigung einer bloßen, erst im Gebrauch den Abstand überwindenden Gebetshilfe lesen. Man muss das Bildkonzept also nicht als versteckten Affront oder gar Rache für die eitlen Änderungswünsche verstehen, sondern mehr als eine Art Sicherheitsventil. Grundvoraussetzung zum Verständnis scheint die Bereitschaft – auch der Kunstgeschichte! –, Ambivalenzen und miteinander konkurrierende Lesarten als genuine Sprachformen des Bildes anzuerkennen. 1  Vgl. zuletzt v.a. Barbara Thiemann, Hans Memling – ein Beitrag zum Verständnis seiner Gestaltungsprinzipien; Frankfurt am Main u. a., Lang, 1994, S. 150 – 154; Hans Belting und Christiane Kruse, Die Erfindung des Gemäldes. Das erste Jahrhundert der niederländischen Malerei; München, Hirmer, 1994, S. 255 – 257; Dirk De Vos, Hans Memling. Das Gesamtwerk; Stuttgart/Zürich, Belser, 1994, S. 279 – 282 und passim; Jean Wilson, Painting in Bruges at the Close of the Middle Ages: Studies in Society and Visual Culture; University Park/Pa., Penn State University Press, 1998, S. 51 – 52; Dirk De Vos, Flämische Meister. Jan van Eyck, Rogier van der Weyden, Hans Memling; Köln, DuMont, 2002, S. 181 – 188; Bernhard Ridderbos, « Objects and Questions »; in: Early Netherlandish Paintings. Rediscovery, Reception and Research, hg. v. ders., Anne van Buren und Henk van Veen; Amsterdam, Amsterdam University Press, 2005, S.  4 – 172, bes. S.  144 – 148; Andrea G. Pearson, Envisioning Gender in Burgundian Devotional Art, 1350 – 1530. Experience, Authority, Resistance; Aldershot u. a., Ashgate, 2005, S. 102 – 117, 125 – 127; Bret L. Rothstein, Sight and Spirituality in Early Netherlandish Painting; Cambridge u. a., Cambridge University Press, 2005, S. 51, 54 – 56, 85 – 87, 125 – 127; Prayers and Portraits. Unfolding the Netherlandish Diptych, hg. v. John Oliver Hand, Catherine A. Metzger und Ron Spronk; New Haven/London, Yale University Press, 2006; Ausstellung: Washington, National Gallery of Art, 12. 11. 2006 – 4. 2. 2007; Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, 3. – 27. 3. 2007, S.  178 – 185, 292 – 293; Reindert L. Falkenburg, «  Hans Memling’s van Nieuwenhove Diptych. The Place of Prayer in Early Netherlandish Devotional Painting »; in: Essays in Context. Unfolding the Netherlandish Diptych, hg. v. John Oliver Hand und Ron Spronk; Cambridge/New Haven/London, Harvard University Art Museums/Yale University Press, 2006, S. 92 – 109; Lars Stamm, « Zwischen Andacht und Angel. Das Diptychon als raumbezogenes Bildformat bei Hans Memling und Rodney Graham »; in: Das Raumbild. Bilder jenseits ihrer Flächen, hg. v. Gundolf Winter, Jens Schröter und Joanna Barck; München/Paderborn, Fink, 2009, S. 177 – 196; David Ganz, Medien der Offenbarung. Visionsdarstellungen im Mittelalter; Berlin, Reimer, 2008, S.  180 – 185.   2 Vgl. Belting/Kruse 1994 (wie Anm. 1), Christiane Kruse, « Eine gemalte Kunsttheorie im Johannes-Veronika-Diptychon von Hans Memling »; in: Pantheon, 1996, Bd.  54, S.  37 – 49, Heike Schlie, Bilder des Corpus Christi. Sakramentaler Realismus von Jan van Eyck bis Hieronymus Bosch; Berlin, Mann, 2002.   3 Für Beispiele vgl. Felix Thürlemann, « Das Lukas-Triptychon in Stolzenhain: ein verlorenes Hauptwerk von Robert Campin in einer Kopie aus der Werkstatt Derick Baegerts »; in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 1992,

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Bd. 61, S. 524 – 564; Christiane Kruse, « Rogiers Replik. Ein gemalter Dialog über Ursprung und Medialität des Bildes »; in: Portrait – Landschaft – Interieur. Jan van Eycks RolinMadonna im ästhetischen Kontext, hg. v. dies. und Felix Thürlemann; Tübingen, Gunter Narr, 1999, S.  167 – 185, dies., Wozu Menschen malen. Historische Begründungen eines Bildmediums; München, Fink, 2003, S. 225 – 268.   4 In diesem Sinne zuletzt Rothstein 2005 (wie Anm. 1); Marius Rimmele, Das Triptychon als Metapher, Körper und Ort. Semantisierungen eines Bildträgers; München/Paderborn, Fink, 2010.   5 So etwa die Kritik aus dem Bereich der devotio moderna, vgl. Rothstein 2005 (wie Anm. 1), bes. S. 49 – 91. Zum mittelalterlichen Problembewusstsein für Bilder vgl. u. a. Michael Camille, The Gothic Idol. Ideology and Image-making in Medieval Art; Cambridge u. a., Cambridge University Press, 1989, bes. S. 203 – 220; Norbert Schnitzler, « Illusion, Täuschung und schöner Schein. Probleme der Bildverehrung im späten Mittelalter »; in: Frömmigkeit im Mittelalter. Politisch-soziale Kontexte, visuelle Praxis, körperliche Ausdrucksformen, hg. v. Klaus Schreiner; München, Fink, 2002, S. 221 – 242; ders., « Von der Fragwürdigkeit der Bilder – Bild und Frömmigkeit zur Zeit der Reformkonzilien »; in: Das Bild als Autorität. Die normierende Kraft des Bildes, hg. v. Frank Büttner und Gabriele Wimböck; Münster, LIT, 2004, S.  447 – 477; Jeffrey Hamburger, « Seeing and Believing. The Suspicion of Sight and the Authentification of Vision in Late Medieval Art and Devotion »; in: Imagination und Wirklichkeit. Zum Verhältnis von mentalen und realen Bildern in der Kunst der frühen Neuzeit, hg. v. Klaus Krüger und Alessandro Nova; Mainz, von Zabern, 2000, S. 47 – 69; Hans Belting, Das echte Bild. Bildfragen als Glaubensfragen; München, Beck, 2005, bes. S. 86 – 109, 117 – 132, 150 – 161; zuletzt die Beiträge im Handbuch der Bildtheologie, hg. v. Reinhard Hoeps; Paderborn u. a., Schöningh, 2007, Bd. 1: Bildkonflikte.   6 Zu diesem Phänomen vgl. Laura D. Gelfand und Walter S. Gibson, « Surrogate Selves. The Rolin Madonna and the Late-medieval Devotional Portrait »; in: Simiolus, 2002, Bd. 29, Nr. 3/4, S. 119 – 138.   7 Vgl. Hans Memling. Portraits, hg. v. Till-Holger Borchert; Stuttgart, Belser, 2005; Ausstellung: Madrid, Museo ThyssenBornemisza, 11. 2. – 15. 5. 2005, S. 173, Nr. 23; Pearson 2005 (wie Anm. 1), S. 125 – 127.   8 Vgl. Otto Pächt, Altniederländische Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Gerard David; München, Prestel, 1994, S. 242, zur Hieratik der Darstellung, und Borchert 2005 (wie Anm. 7), S. 174, zur bereits in der Komposition implizierten Klappung (mit Bezug auf Dirk De Vos, « De constructie van Memlings Van Nieuwenhoveportret. Een problem van interpretatie van de voorbereidende tekening »; in: Oud Holland, 1986, Bd. 100, S. 165 – 170). Offener zuletzt Hand/Metzger/Spronk 2006 (wie Anm. 1), S. 178.   9 Zur breiten Semantik des Apfels vgl. Ernst Guldan, Eva und Maria. Eine Antithese als Bildmotiv; Graz/Köln, Böhlau, 1966, S. 108 – 116; zum vorliegenden Bild vgl. Falkenburg 2006 (wie Anm. 1).   10 Vgl. Kruse 1996 (wie Anm. 2); zum Nieuwenhove-Diptychon bereits Rothstein 2005 (wie Anm. 1), S. 54; am Beispiel der Außenseiten des Reins- und des Floreins-Triptychons: Rimmele 2010 (wie Anm.  4), S.  73 – 77.   11 Vgl. Falkenburg 2006 (wie Anm. 1), S. 99.   12 Vgl. Anselm Salzer, Die Sinnbilder und Beiworte Mariens in der deutschen Literatur und lateinischen Hymnenpoesie des Mittelalters; Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1967 [1886 – 1894], S.  87 – 88.   13 Vgl. dazu Klaus Krüger, Das Bild als Schleier des Unsichtbaren. Ästhetische Illusion in der Kunst der frühen Neuzeit in Italien; München, Fink, 2001.   14 Zum Lendentuch/Marienschleier bei Rogier van der Weyden vgl. Lorne Campbell, « The New Pictorial Language of Rogier van der Weyden »; in: Rogier van der Weyden (1400 – 1465). Master of Passions, hg. v. Lorne Campbell und Jan van der Stock; Zwolle, Waanders, 2009, S. 40.   15 Vgl. Gizella Firestone, « The Sleeping Christ-Child in Italian Renaissance Representations of the Madonna »; in: Marsyas, 1942, Bd. 2, S. 43 – 62, hier: S.  48 – 49.   16 Zitiert nach Te Deum Laudamus. Große Gebete der Kirche. LateinischDeutsch, hg. v. Adolf Adam; Freiburg im Breisgau, Herder, 1987, S. 174.   17 Auf die Zusammenhänge von Bildkonzept und Salve Regina sowie das explizit verbindende Beispiel Goswyn van der Weydens macht bereits Falkenburg 2006 (wie Anm. 1), S. 98, aufmerksam.   18 Vgl. ebd., S. 99 – 100. Falkenburg versteht das florale (Granatapfel-)Ornament als Verweis auf das Paradies bzw. den Frucht bringenden Garten des Uterus. « Mary’s dress and the cushion on which she had placed her child visually stage, in other words, her heart and her womb as the paradisical garden where the Fall in the Garden of Eden was undone. » (S.  100).   19 Vgl. Ridderbos 2005 (wie Anm. 1), S. 145.   20 Maximiliaan P.J. Martens, « The Epitaph of Anna van Nieuwenhove »; in: Metropolitan Museum Journal, 1992, Bd. 27, S. 37 – 42, hier: S. 41, beschreibt das Familienwappen wie folgt: « […] azure, on an escallop argent an armlet and issuant from the chief three pallets or ».   21 So erstmals De Vos 1994 (wie Anm. 1), S. 282.   22 Vgl. Hand/Metzger/Spronk 2006 (wie Anm. 1), S. 182. Bezeichnend ist auch der Vergleich mit dem gleichzeitig konzipierten und ohne Spiegel realisierten Portinari-Triptychon Memlings, vgl. ebd.   23 Zu den Hintergründen dieses Konzepts siehe Craig Harbison, « Visions and Meditations in Early Flemish Painting »; in: Simiolous, 1985, Bd.  15, S.  87 – 118.   24 Vgl. Ganz 2008 (wie Anm. 1), S. 182.   25 Die

Perle in der Muschel, als die man den kleinen Silberring leicht fehlinterpretieren kann, ist ein ebenso verbreitetes Bild für Maria wie der Garten oder Acker, in den göttlicher Samen, Tau oder Goldglanz sich ergießen und Frucht oder Blumen hervorbringen, vgl. Salzer 1967 (wie Anm. 12), S. 3 – 8, 76, 243 – 247. Andere frühniederländische Bilder belegen eine Verknüpfung von Maria und Christophorus, weil auch sie eine christophora, eine Christusträgerin ist, vgl. Felix Thürlemann, Robert Campin. Eine Monographie mit Werkkatalog; München u. a., Prestel, 2002, S. 76. Inwiefern Maria wie Georg den Drachen/die Schlange besiegt, darüber gaben im Verständnis des Mittelalters Gen 3,15 (Verfluchung der Schlange) und Offb 12,3 (Apokalyptisches Weib) Auskunft. Pearson 2005 (wie Anm. 1), S. 102 – 117, interpretiert die Georgs- und Christophorusdarstellungen als Verweise auf die Jungfräulichkeit des jungen Patriziers, was natürlich durch die Option eines doppelten Bezugs, auf Maarten wie Maria, nicht ausgeschlossen ist.   26 De Vos 2002 (wie Anm. 1), S. 184.   27 Man bedenke auch den irritierenden Landschaftsausblick an der Stelle, an der sich der Betrachter spiegeln müsste, so u. a. Rothstein 2005 (wie Anm. 1), S. 85.   28 Belting/Kruse 1994 (wie Anm. 1), S. 78.   29 « Prayer transforms the heart of the devout donor into a chamber where, through the mediation of the Virgin, he may receive and ‹ consume › the fruit of her womb. » – Falkenburg 2006 (wie Anm. 1), S. 103.   30 Vgl. Belting/Kruse 1994 (wie Anm.  1), S.  71 – 79.   31 Vgl. Ganz 2008 (wie Anm. 1), S. 182; zu Klappeffekten prinzipiell Rimmele 2010 (wie Anm. 4), S. 238 – 239, 313 – 320. Im vorliegenden Fall wird allerdings auch dieser Kontakt durch die Brüstung und das Fensterkonzept unterlaufen.   32 Siehe Anm. 5.   33 Angesichts dieser recht verbreiteten Auffassung ist zu beachten, dass die Produktion von Adorationsdiptychen bis ins 16. Jahrhundert hinein erst richtig anlief, als die Erfindung des Tableaus mit Einheitsraum bereits vollzogen war, vgl. Ganz 2008 (wie Anm. 1), S. 181.   34 Vgl. De Vos 1994 (wie Anm. 1), S. 279, jedoch nicht mehr in der ausführlicheren Beschreibung De Vos 2005 (wie Anm. 1)! Nachfolgend dann Pearson 2005 (wie Anm. 1), S. 116, mit der falschen Behauptung, man könne den Mantelübergang im Spiegel verifizieren, sowie Ridderbos 2005 (wie Anm. 1), S. 144. Ein erster Ansatz von Interpretation dieser Mantelbrücke dann bei Falkenburg 2006 (wie Anm. 1), S. 101, der feststellt, der physische Buch-Mantel-Kontakt werfe die Idee auf, dass man durch das Gebet das Göttliche berühren könne. Sehr vorsichtig adressiert Ganz 2008 (wie Anm. 1), S. 182 – 184, das Phänomen als möglichen Seheindruck, betrachtet das Phänomen dann jedoch als dargestelltes Ergebnis eines imaginären Malakts seitens des Betenden.   35 Vgl. als Referenzbild mit roter Buchhülle: Die Madonna des Kanzlers Rolin von Jan van Eyck im Louvre, Paris. Memlings gemalte Bücher hingegen weisen selten Hüllen auf und wenn, dann normalerweise blaue.   36 Vgl. Barbara Baert, « Touching the Hem. The Thread between Garment and Blood in the Story of the Woman with Haemorrhage (Mark 5:24b–34parr) »; in: Kleider machen Bilder. Vormoderne Strategien vestimentärer Bildsprache, hg. v. David Ganz und Marius Rimmele; Emsdetten/Berlin, Edition Imorde, 2012, S. 159 – 182. Vgl. auch den Beitrag der Autorin in diesem Band.   37 Vgl. Dennis Janzen, Heilsstoffe. Textilien im religiösen Bild des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit; unpublizierte Masterarbeit, PhilippsUniversität Marburg, 2010, S.  15 – 18.   38 Mantellus vero meus latus misericordia mea est. Revelationes Sanctae Birgittae. Libri Tercii, Cap. 17,13, Übersetzung zit. nach Stephan Beissel, Geschichte der Verehrung Marias in Deutschland während des Mittelalters; Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1972 (1909), S. 353.   39 Christa Belting-Ihm, ‹ Sub matris tutela  ›. Untersuchungen zur Vorgeschichte der Schutzmantelmadonna; Heidelberg, Winter, 1976; Serie: Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, 1976, Bd. 3; Leopold Kretzenbacher, Schutz- und Bittgebärden der Gottesmutter; München, Beck, 1981, Serie: Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte, Bd. 3.   40 Thomas Lentes, «  Die Gewänder der Heiligen. Ein Diskussionsbeitrag zum Verhältnis von Gebet, Bild und Imagination »; in: Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur, hg. v. Gottfried Kerscher; Berlin, Reimer, 1993, S. 120 – 151.   41 Vgl. Heinz Roosen-Runge, Die Rolin-Madonna des Jan van Eyck. Form und Inhalt; Wiesbaden, Reichert, 1972, S. 29; Janzen 2010 (wie Anm. 37), S. 48 –52.   42 Vgl. Lentes 1993 (wie Anm. 40), S. 120; Kathryn M. Rudy, « Introduction. Miraculous Textiles in Exempla and Images from the Low Countries »; in: Weaving, Veiling and Dressing. Textiles and their Metaphors in the Late Middle Ages, hg. v. dies. und Barbara Baert; Turnhout, Brepols, 2007, S. 25 – 28.   43 Vgl. Handbuch der Religionsgeschichte im deutschsprachigen Raum, hg. v. Peter Dinzelbacher, 6 Bde.; Paderborn u. a., Schöningh, 2000, Bd. 2: Hoch- und Spätmittelalter, S. 202 – 206.   44 Insofern der auffällig zurückgelegte Mantelzipfel links den Fuß Christi trägt, wird der Körper des göttlichen Logos in das Spiel miteinbezogen: Vermittelt er sich über das mütterliche Textil nach rechts oder bleibt ‹ nur › das Medium Buch als irdisches Analogon des Christuskörpers, das auf seinem eigenen Textil liegt? Ich danke Anna Bücheler und Tristan Weddigen für Hinweise auf dieses christologische Subthema.   45 So etwa Belting/Kruse 1994 (wie

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Anm.  1); Thiemann 1994 (wie Anm.  1); Borchert 2005 (wie Anm.  7).   46 Siehe Anm. 35.   47 Vgl. Ganz 2008 (wie Anm. 1), S. 184.   48 Die Legenda Aurea des Jacobus de Voragine, hg. u. übers. v. Richard Benz, 13. Aufl., Gütersloh, Gütersloher Verlagshaus, 1999, S. 661.

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Tabea Schindler  Textile Grenzen der Bilder Selbstreferentielle Strategien der Negation in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts

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Marius Rimmele

Cornelis Gijsbrechts’ um 1670 gemalte Rückseite eines Gemäldes markiert den Höhepunkt der malerischen Selbstreferentialität (Abb. 1). Das bildliche Nachdenken der Maler über ihr eigenes Medium war seit Beginn der frühneuzeitlichen Kunst und der damit einhergehenden Emanzipation der Künstler aus dem Handwerkerstand vorbereitet worden. Der vorliegende Aufsatz behandelt die Rückseite und das Fragment  – genauer: die Umdrehung und Fragmentierung  – als selbstreferentielle Strategien der Bildnegation. Gemalte Textilien wie Leinwände, Tapisserien, Orientteppiche und Vorhänge verkörpern diese Reflexion über die Möglichkeiten der Malerei und die Grenzen des Bildseins besonders anschaulich. Es geht im Folgenden somit um Bild-Risse in Form von ‹ textilen Störungen › in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Wenige Jahre bevor Gijsbrechts die Rückansicht eines Gemäldes schuf, hatte der holländische Künstler Jan Steen die Rückseite einer auf den Keilrahmen aufgespannten Leinwand in sein um 1665 entstandenes Gemälde der Zeichenstunde integriert (Abb. 2). Die umgedrehte Leinwand war ein verbreitetes Element in Atelierdarstellungen der frühen Neuzeit und kann nach Monika Wagner ebenso wie der unbemalte Bildträger im Bild als Potentialität aller Bilder betrachtet werden.1 Beim Motiv der abgewandten Leinwand geht es weniger um die Frage, ob und mit welchem Sujet sie bemalt ist, als um die Negation des Bildes.2 Geht man von der umgedrehten Leinwand im Vordergrund von Steens Gemälde aus, führt der Blick diagonal durch den Bildraum zur bemalten Leinwand auf der Staffelei im Hintergrund. Bereits dieser Gegensatz von Vorder- und Rückseite thematisiert die Bildhaftigkeit und ihr Negativ. Zwischen dem abgewandten Bildträger und der bemalten Leinwand liegt die künstlerische Praxis: Vor einer von der Decke hängenden Landschaftstapisserie unterrichtet der Meister ein Mädchen und einen Jungen im Zeichnen. Angesichts des beträchtlichen Gewichts der Tapisserie erscheint ihre Verwendung als frei von der Decke schwebender Raumteiler als unwahrscheinlich.3 Nebst ihrer Funktion als kostbare Innendekoration enthält die Tapisserie in Steens Gemälde eine weitere Bedeutungsebene. Ihre Bordüre ist umgeschlagen, wodurch die Rückseite der Tapisserie zum Vorschein kommt. Während man auf der Vorderseite deutlich eine Hügellandschaft erkennen kann, besteht die Kehrseite aus unscharfen Farbflächen. Auch hier wird somit der Gegensatz zwischen Vorder- und Rückseite

Textile Grenzen der Bilder

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