Marketingfaktorren, kaufentscheidungsprozess und kundenbindung im e-commerce

September 28, 2017 | Author: Jürgen Noll | Category: Decision Making, E-Commerce
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Jürgen Noll

Kundenbindung im e-commerce

Jürgen Noll

Marketingfaktoren, Kaufentscheidungsprozess und Kundenbindung im e-commerce

Abstract

1. Einleitung

Probleme der technischen Umsetzung und des rechtlichen Umfelds beherrschten lange die Literatur um den Themenkreis e-commerce. Der Kunde wurde als opportunistischer Niedrigstpreissucher angesehen. Konzepte, die auf diesem Konsumentenbild basierten und den Erfolg durch das einfache Unterbieten der Konkurrenz suchten, scheiterten jedoch. Nach den starken Einbrüchen der e-commerce-Branche kommt nun verstärkt die Frage nach Möglichkeiten zur Stärkung der Kundentreue wieder in das Blickfeld. Der vorliegende Aufsatz fasst im ersten Teil einige theoretische Gedanken zu den Veränderungen im Kaufverhalten sowie den Instrumenten zur Kundenbindung zusammen. Den zweiten Teil bildet die Darstellung einer empirischen Studie, die sich besonders durch ihre ausführliche Fragestellung von bisherigen Untersuchungen unterscheidet. Dennoch sind die Ergebnisse mit vorangegangenen Studien konsistent und zeigen, dass Kunden auch im e-commerce effektiv gebunden werden können. Dabei kommt ebenfalls zu Tage, welche Maßnahmen und Instrumente dazu besonders geeignet sind.

E-commerce ist aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken. (Bakos 2001) Die Vorteile des e-commerce für den Konsumenten liegen auf der Hand: Er ist zeitlich und räumlich unabhängig, kann Preis- und Produktvergleiche schneller und leichter durchführen sowie (bspw. über Foren) Erfahrungen austauschen. Die potentiellen Risiken für Konsumenten sind jedoch ebenso deutlich und liegen in der Sicherheit elektronischer Transaktionen sowie in rechtlich oft unklaren Situationen, wobei durch das E-Commerce-Gesetz zwar vieles verbessert, aber nicht alles völlig gelöst wurde. Auf Seiten der Unternehmen sind die Vorteile des e-commerce wiederum zum einen in der zeitlichen und räumlichen Unabhängigkeit zu sehen. Es ist möglich, sein Angebot ständig präsent zu halten. Dazu kommen noch relativ geringe Eintrittsbarrieren aufgrund der niedrigen Kosten für einfache online stores und ein erleichtertes Kundenmanagement. Die Nachteile des e-commerce sind neben den rechtlichen und Sicherheitsbedenken der gesteigerte Konkurrenzdruck (Porter 2001, Fritz 2001, S. 72ff); insbesondere das Imitieren vorhandener Geschäftsideen ist im Internet einfach durchzuführen. (Leister 2001)

Keywords: e-commerce, Kundenloyalität, Vertrauensbildung, Absatzfaktoren

Dr. Jürgen Noll ist Universitätsassistent am Lehrstuhl für Industrie, Energie und Umwelt, Institut für Betriebswirtschaftslehre, Universität Wien, Brünner Straße 72, 1210 Wien, Telefon: +43 1 4277 38109; Email: [email protected]

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Kaum ein Unternehmen kann es sich heute jedoch noch leisten, nicht im Internet präsent zu sein und die Möglichkeit für Kaufaktivitäten zu schaffen. Online shops können eine zusätzliche Einnahmenquelle bilden. (Borenstein/Saloner 2001) Im besonderen Maße eignen sich Unternehmen, deren Absatz bisher schon stark über Kataloge generiert wurde.[1] Dennoch ist der Absatz im e-commerce nur selten ein Selbstläufer. Häufig bedarf es gezielter Anstrengungen, nicht nur um Kunden zu akquirieren, sondern um diese auch zu behalten. Letzteres ist von enormer Bedeutung, zumal e-commerce-Konzepte meistens mit hohen Anfangskosten verbunden sind,

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Jürgen Noll sodass sich diese nur dann rechnen, wenn eine entsprechend hohe Wiederholung von Transaktionen stattfindet. (Lemberg/Lerner 2001, Reichheld/Schefter 2000, Earle/Keen 2001, S. 65ff, 125ff) Gerade dieser Umstand aber, dass sich Kunden im e-commerce, wo doch die Konkurrenz immer nur „einen Click entfernt“ ist, überhaupt binden lassen, erscheint bisweilen fraglich. Die bisherige wissenschaftliche Literatur hat ebenfalls bereits eine Fülle von Problemen aufgegriffen, wobei insbesondere Fragen der praktischen und technischen Umsetzung sowie politischer und rechtlicher Schwierigkeiten im Mittelpunkt standen. (Ngai/Wat 2002) Dieser Beitrag legt sein Augenmerk auf Veränderungen des Konsumentenverhaltens, die im e-commerce zu beobachten sind. In den nachstehenden Ausführungen wird also darauf eingegangen, ob bzw. wie sich die Bedeutung der Phasen des Kaufentscheidungsprozesses im e-commerce vom traditionellen Handel unterscheiden und inwieweit die bekannten Faktoren des Marketing-Mix in ggf. veränderter Form zum Einsatz kommen sowie ob eine Bindung der Kunden möglich sein dürfte. All dies wird nach einer kursorischen theoretischen Grundlegung anhand einer Studie veranschaulicht, die an der Universität Wien durchgeführt wurde.

2. Phasen der Kaufentscheidung Im e-commerce geht es um die gleichen Fragen wie sonst auch: Was bewegt den Konsumenten zur Kaufentscheidung? Wo kann das Unternehmen lenkend eingreifen? Der Kaufentscheidungsprozess gliedert sich in mehrere Phasen. Zunächst muss der Konsument erkennen, dass eine Differenz zwischen einem Idealzustand und seinem Ist-Zustand besteht; er muss ein Problem erkennen bzw. ein (neues) Bedürfnis wahrnehmen. Danach beginnt die Suche nach Informationen über Güter, die dieses Bedürfnis zu befriedigen geeignet sind. Sobald diese Phase abgeschlossen ist, muss der Konsument die gefundenen Alternativen evaluieren und sich dann für den Kauf eines Gutes entscheiden. Nach dem Kauf wird ebenfalls geprüft, ob der Konsument mit dem erstandenen Produkt zufrieden ist, d.h. ob das Bedürfnis dadurch befriedigt werden kann. (Böcker 1991, S. 31ff) Auf die Art und Anzahl von zu stillenden Bedürfnissen haben verschiedene Faktoren Einfluss. Dazu zählen bspw. demografische Faktoren wie Alter, Ge36

Kundenbindung im e-commerce schlecht, Familienstand, Ausbildung etc. Neben psychologischen Komponenten (Persönlichkeit, Einstellungen) sind soziale Faktoren (Gruppenzugehörigkeit, Kultur) ebenfalls von Bedeutung. Letztlich ist an situationsbezogene Faktoren zu denken, die mit der Zeit und dem Ort des Kaufs in Zusammenhang stehen (momentaner Zustand des Individuums sowie physische und soziale Umgebung und zeitliche Perspektiven). Für das Marketing ist ausschlaggebend, dass die Instrumente der Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik ebenfalls für die Existenz und/oder Wahrnehmung eines Bedürfnisses ausschlaggebend sind. Im e-commerce werden demografische, psychologische und soziale Faktoren kaum berührt. Es ist eher umgekehrt: Ein erfolgreicher online store wird diese Faktoren als exogen gegeben akzeptieren und sich danach richten müssen. Allerdings sind situations- und vor allem marketingbedingte Faktoren im Einflussbereich eines Unternehmens. Deren Bedeutung wird sich im e-commerce verändern.

3. Zusätzliche Aspekte der absatzpolitischen Faktoren In weiterer Folge werden die vier zentralen Elemente des Marketing kurz geschildert. Vorweg kann festgehalten werden, dass sich diese auch beim Güterabsatz über das Internet nicht grundlegend verändern werden. Dennoch wird der Einfluss des neuen Mediums zu einigen Verschiebungen führen. (Dholakia et. al. 2001, S. 77ff) So ist bspw. das Medium Internet als neuer Werbeträger miteinzubeziehen, wodurch das vorhandene Werbebudget neu aufgeteilt werden muss. (Fritz 2001, S. 172f) Als besonderer Faktor ermöglicht das Internet eine stärkere Kommunikation mit dem Konsumenten; das Marketing sollte darauf Rücksicht nehmen und Werbung im Internet entsprechend dialogorientiert und interaktiv gestalten. Außerdem erlaubt das Internet in stärkerem Maße das Sammeln von Kundendaten, sodass maßgeschneiderte Marketingaktivitäten möglich werden, d.h. die Kommunikation kann auf den einzelnen Kunden individuell abgestimmt werden. (Walsh/Godfrey 2000) Andererseits erweitert sich die potentielle Zielgruppe durch den Einsatz des Internets, zumal (zumindest theoretisch) eine weltweite Reichweite von internetbasierenden Marketinganstrengungen erreichbar ist. Sofern dies auch angestrebt ist, muss darauf bei der Konzeption Rücksicht genommen werden und z.B. Information in verschiedenen Sprachen zur Verfügung gestellt werden. der markt 2003/1

Jürgen Noll Der erste marketingpolitische Faktor ist das Produkt selbst. Ein Produkt ist alles, was auf einem Markt zwecks Erweckung von Aufmerksamkeit, zum Erwerb, Ge- bzw. Verbrauch angeboten werden kann und geeignet ist, Bedürfnisse zu befriedigen. Allerdings sind nicht alle Güter gleich geeignet, über das Internet vertrieben zu werden. Vor allem Bücher, Software, CDs, Bahn- und Flugtickets sowie Eintrittskarten und Kleidung werden häufig über das Internet bezogen; selten findet man hingegen z.B. Lebensmittel oder Möbel. Was haben diese Produkte gemeinsam? Nach Albers et.al. (1999, S. 267ff) sind jene Güter für e-commerce besonders geeignet, die „aus digitalisierter Information bestehen und/oder Selbstbedienungscharakter haben“. Erklärungsbedürftige Produkte wie bspw. Autos und Immobilien werden dagegen nur vereinzelt ausschließlich über das Internet bezogen, da sie vorher vom Kunden in Augenschein genommen werden müssen bzw. die Vertragsaushandlung und –gestaltung wesentlich komplexer ist. (Fritz 2001, S. 126ff) Das Ziel des Produktmarketings besteht darin, den Verkaufserfolg dadurch zu verbessern, dass z.B. durch Werbung Bedürfnisse geweckt bzw. dringlicher gemacht werden. Auch ein Ausbau des Zusatznutzen steigert die Wahrscheinlichkeit einer positiven Kaufentscheidung. Die typischen Handlungsmöglichkeiten im Rahmen der Produktpolitik sind die Innovation, Variation, Differenzierung und Eliminierung. Durch Produktinnovation sollen neue Produkte gesucht, entwickelt und eingeführt werden. Bei der Variation werden Eigenschaften bestehender Produkte geändert. Das Ziel der Produktdifferenzierung ist die Ergänzung eines vorhandenen Produktes durch Einführung neuer Varianten. Gründe dafür können entweder betriebsintern liegen, weil bspw. vorhandene Kapazitäten nicht ausgelastet sind oder eine Streuung des Verkaufsrisikos angestrebt wird. Aber auch und vor allem externe Faktoren zwingen oft zur Erneuerung, da Produkte nur eine begrenzte Lebensdauer auf dem Markt haben, was insbesondere daran liegt, dass Konkurrenzunternehmen immer darauf bedacht sein werden, das Produkt ihrer Mitbewerber durch eigene Weiterentwicklungen zu verdrängen. Schließlich ist mit der Frage der Eliminierung zu entscheiden, wann ein Produkt vom Markt genommen wird, z.B. um einem anderen Platz zu machen. (Böcker 1991, S. 189-207) Durch das Informationsangebot im Internet können Konsumenten im e-commerce ihre Wünsche genauer konkretisieren und nach dem Anbieter suchen, der das „komplettere Paket“ anbieten. Nicht der markt 2003/1

Kundenbindung im e-commerce mehr das Gut alleine wird motivierend sein, sondern vor allem der Zusatznutzen, den Unternehmen u.a. auch über das Internet generieren können. Besonders durch die Erweiterung des Marktes auf ein internationales Niveau sowie die leichtere Verfügbarkeit von Informationen über Angebote in anderen (u.U. auch benachbarten) Ländern ist es erforderlich geworden, nicht nur bewährte Produkte anzubieten, sondern sich den Gegebenheiten verschiedener Zielmärkte sowie den Kundenbedürfnissen stärker anzupassen. (Walsh/Godfrey 2000) Ein wichtiger Teil der Produktpolitik hängt mit dem Kundendienst zusammen. Der Käufer eines Produkts soll sowohl vor, als auch nach dem Kauf betreut werden. Für beides eignet sich das Internet. Zum einen können viele Informationen zu den angebotenen Gütern bereitgestellt sowie Antworten auf häufige Fragen dargelegt werden; zum anderen erlauben online-Formulare und/oder Email-Kommunikation dem e-commerce-Kunden, auch nach dem Kauf die Annehmlichkeiten elektronischer Interaktion in Anspruch zu nehmen. Den zweiten absatzpolitischen Faktor stellt der Preis dar. Dieser kann als Instrument zur Veränderung der Nachfrage eingesetzt werden. Als besonderes Mittel der Erlössteigerung dient die Preisdiskriminierung, welche zeitlich, örtlich, produkt- oder abnehmerbezogen sein kann. Bei solchen Differenzierungen ist aber darauf zu achten, dass dadurch Kunden nicht verärgert werden. (Böcker 1991, S. 236-238, 269-271) Aufgrund der größeren Transparenz im e-commerce hat der Konsument jedenfalls verstärkt die Möglichkeit, sich die gewünschten Produkte beim kostengünstigsten Anbieter zu beschaffen. Und de facto haben viele e-commerce-Unternehmen ihre Preisgestaltung auch am Bild eines solchen „Schnäppchenjägers“ orientiert. Dass diese Strategie letztlich jedoch zum Scheitern verurteilt ist, hat die Konkurswelle in der „Dot.com“-Branche in den letzten Jahren deutlich gezeigt. Zwar hat der Preis selbstverständlich nach wie vor Bedeutung im Marketing; gerade durch die anderen komplementären Faktoren lassen sich jedoch negative Anreizwirkungen höherer Preise oft ausgleichen. (Baker/Marn/Zawada 2001) Es kommt also nicht darauf an, einfach der billigste Anbieter zu sein, sondern den besten Marketing-Mix zu finden. Der Einsatz des Internets bietet aber im wesentlichen zwei Vorteile: Erstens können Daten über die 37

Jürgen Noll Preissensitivität und –elastizität aus dem Kundenverhalten schneller und günstiger erfasst werden. Zweitens ist die Preisgestaltung im e-commerce um einiges flexibler. (Earle/Keen 2001, S. 131f) Es müssen nicht erst Kataloge kostspielig neu gedruckt werden; es genügt eine Änderung in der Datenbank sowie ggf. ein entsprechender Hinweis auf der Homepage oder via Email (an registrierte Kunden), um Preisveränderungen bekannt zu machen. Dadurch sind Reaktionen auf Marktveränderungen nahezu sofort möglich. Ein weiterer zentraler Faktor des Marketing besteht in der Kommunikation zwischen Konsumenten und Unternehmer. Unter Kommunikation versteht man allgemein den Austausch von Informationen. Im Marketing ist die Kommunikationspolitik ein Instrument, welches dazu eingesetzt wird, bei der Zielgruppe bestimmte Reaktionen hervorzurufen wie Aufmerksamkeit, positive Einstellung und Kauf. Mittels Kommunikation sollen potentielle Abnehmer informiert werden, dass überhaupt ein Produkt angeboten wird, und überzeugt werden, das Produkt zu kaufen, sowie erinnert werden, dass es das Produkt noch gibt. Neben der Notwendigkeit, die Aufmerksamkeit auf einzelne Produkte zu lenken, ist auch das übergeordnete, integrierte Konzept der unternehmensbezogenen Kommunikationspolitik („corporate identity“) zu beachten. Diese soll u.a. dazu dienen, das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens zu vereinheitlichen und – mit Blick auf den Absatzmarkt – sofort wiedererkannt werden zu können. (Böcker 1991, S. 357-376) Gerade in Zeiten globalen Wirkens ist dies von hoher Wichtigkeit. Durch die Nutzung neuer Technologien treten Konsumenten nicht nur als Empfänger von Nachrichten auf, die lediglich in speziellen Fällen von Befragungen Rückmeldungen abgeben, sondern wirken zeitgleich auch als Nachrichtensender. Das Hauptaugenmerk einer Kommunikationspolitik im e-commerce muss demnach auf dem Austausch von Informationen liegen. Es genügt nicht, den Konsumenten mit Nachrichten zu überschütten; diese sind gezielt auf den betreffenden Empfänger abzustimmen. Das Internet bietet einige neue Werbemittel an, von denen hier nur einige erwähnt werden können (Kleindl/Theobald 1999, Arnold 2000, S. 69ff, 217ff, Fritz 2001, S. 142ff) - Das bekannteste ist sicherlich die eigene Website. Diese dient der umfassenden Selbstdarstellung des Unternehmens und dessen Produkte. Das De38

Kundenbindung im e-commerce sign hat daher entsprechend der Zielgruppe in Umfang und Qualität angemessen zu sein. - Ein zweites Werbemittel im Internet sind die bekannten Banner, welche mit kleinen „elektronischen Plakaten“ zu vergleichen wären. Deren Inhalt muss prägnant sein und Interesse erwecken; meistens wird außer für ein Logo samt Werbespruch kaum mehr Platz sein. Solche Banner können unterschiedlich gestaltet und entweder in fremde Webseiten eingebunden sein oder als Pop-Up-Fenster gesondert erscheinen. - Als relativ junges Werbemittel ist auf das „Keyword Advertising“ hinzuweisen. Manche Suchmaschinen bieten Stichworte zum Kauf an, sodass beim Aufrufen dieser Stichworte neben den herkömmlichen Suchergebnissen die bezahlte Werbung sofort auf der ersten Seite der Trefferliste erscheint. Wie auch sonst, gibt es im Internet ebenfalls Kooperationswerbung. Dabei finden sich mehrere Unternehmer in einem Werbepool zusammen und vereinbaren, dass sie jeweils die Werbemittel der anderen auf der eigenen Internetseite einbinden.[2] Von den Werbemitteln zu trennen ist die Email. In vielen Ländern der EU ist es verboten, Werbe-Emails an Personen zu schicken, die deren Empfang nicht vorher zugestimmt haben. (Noll 2002) Ein Analogon zur Postwurfsendung ist die Email also nicht; sie dient aber als gutes Mittel zur Information von registrierten Kunden. Lediglich der Vollständigkeit halber sei auf den letzten Marketingfaktor hingewiesen. Im Rahmen der Distributionspolitik sind schließlich alle Aktivitäten erfasst, die darauf gerichtet sind, eine Leistung vom Ort der Entstehung in den Verfügungsbereich der Nachfrage zu bringen. (Böcker 1991, S. 293-301) Da in diesem Bereich auch Unternehmen des ecommerce auf „normale“ Distributionswege zurückgreifen müssen, gilt es, diese so zu gestalten, dass dem Kunden, der sich aus der Benutzung des Internets Wartezeiten und Mühe ersparen will, solche nicht in der Abwicklungsphase erst recht wieder entstehen. Allerdings liegen hier Probleme vor, die keine Besonderheiten des Internets darstellen. Ausnahmen wären z.B., wenn Informationsgüter (Bilder, Musik, Dokumente, Programme etc.) direkt über das Internet „geliefert“ werden. Dann sollte dessen Anbieter darauf achten, dass die Übertragungsdauer keine abschreckende Hürde bildet. der markt 2003/1

Jürgen Noll Ein weiterer Punkt, der Fragen der Distribution im allgemeinen betrifft, hängt damit zusammen, dass Konflikte in den Absatzkanälen zu vermeiden sind. Besonders für Unternehmen, die sowohl online als auch offline tätig sind, gilt es, sogenannte „channel conflicts“ zu verhindern, d.h. auszuschließen, dass sich mehrere Absatzwege (bspw. Direktkauf im Internet und Kauf im Geschäft) gegenseitig behindern. (Earle/Keen 2001, S. 153ff, Webb 2002)

4. Kundenbindung durch Marketingpolitik im Internet ? Eine Bindung des Kunden an einen Anbieter kann auf verschiedene Art erreicht werden. Im Folgenden wird von den dargestellten Marketingprinzipien ausgegangen und deren Potenzial zur Kundenretention besprochen. (Bliemel/Fassott 1999) Produktpolitische Instrumente zur Kundenbindung dienen dazu, die Kundenzufriedenheit zu stärken, individuelle Kundenwünsche und –erwartungen zu erfüllen und sich von Konkurrenzangeboten abzuheben. Dazu zählen u.a. After Sales Services wie z.B. das Anbieten von kostenlosen Leistungen nach dem Kauf eines Produkts (bspw. Service Hotlines) sowie individuelle Angebote und/oder Beratung, die dem Kunden das Gefühl vermitteln, wichtig zu sein. Gerade diese Personalisierung ist ein großes Plus des e-commerce. (Earle/Keen 2001, S. 142f) Viele kostenlose Zusatzdienste können gerade im Internet angeboten und auf der Website eingebunden werden. Man denke an die Möglichkeit zur Versendung von Grußkarten, der Einräumung von kostenlosem Webspace oder Kalender- und Erinnerungsdienste etc. Ebenso kann dem Kunden Unterhaltung geboten werden, indem u.U. Online-Spiele zur Verfügung stehen. Mit den preispolitischen Instrumenten wird versucht, wirtschaftliche Anreize zur Kaufentscheidung zu setzen. In diese Kategorie fallen Prämiensysteme, Gutscheine, Sonderangebote, Rabatte, Vorteilsclubs usw. All diese Einrichtungen sind jedoch von der Konkurrenz einfach zu kopieren und bieten daher keinen nachhaltigen und dauerhaften Wettbewerbsvorteil. In der Distributionspolitik wird das Ziel verfolgt, den Konsumenten ein Gut immer und überall zur Verfügung stellen zu können. Durch die Möglichkeit einer Online-Bestellung kann dies gefördert werden. Auch der markt 2003/1

Kundenbindung im e-commerce sollte das Unternehmen darauf bedacht sein, die Lieferzeit einzuhalten, und – sofern tunlich – eine Lieferung auf Rechnung zulassen, damit der Konsument die Lieferung vor der Zahlung prüfen kann. Dadurch könnte das inhärente Misstrauen gegenüber e-commerce gemildert werden. Auf der kommunikationspolitischen Seite bietet das Internet eine Fülle von Instrumenten, mit deren Hilfe Unternehmer und Kunden miteinander in Kontakt treten können. Es können Kundenforen, Chat-Rooms sowie Gästebücher eingerichtet werden, in denen Konsumenten Informationen austauschen und Meinungen kundtun können. Neben Online-Beschwerdemöglichkeiten bietet dies auch den Vorteil, die Interessen bzw. Unzufriedenheit der Kunden zu ergründen und darauf zu reagieren. Neben der einfachen E-Mail-Werbung können Kunden über Newsletters regelmäßig über neue Produkte in Kenntnis gesetzt werden. Letzteres kann auch zur Erzeugung eines Mehrwertes verwendet werden, indem zusätzlich zur Werbeinformation allgemeine Nachrichten und/oder Unterhaltung gemäß den Präferenzen des individuellen Konsumenten mitgesendet werden. Dadurch erhält der Kunde regelmäßig Informationen, die er gerne liest, was die Chance erhöht, dass auch die enthaltenen Werbebotschaften gelesen werden, die bei reinen Werbe-E-Mails im Regelfall eher ignoriert werden.

5. Empirische Untersuchung zum Thema „Kaufentscheidungsprozess und Kundenbindung“ Im Rahmen einer Diplomarbeit an der Universität Wien wurde kürzlich versucht, den Unterschieden zwischen herkömmlichem Handel und e-commerce in der Bedeutung der Phasen und Faktoren des Kaufentscheidungsprozesses sowie der Wirkung von Kundenbindungsmaßnahmen im e-commerce nachzugehen. (Stöger 2002) Dazu wurde im Gegensatz zu typischen Umfragen ein sehr ausführlicher Fragebogen in verschiedenen deutschsprachigen Diskussionsforen gepostet. Insgesamt nahmen 124 Personen anonym an der Befragung teil; allerdings konnten nur 111 vollständige Fragebögen zur Auswertung herangezogen werden.[3] Die demographische Verteilung der Teilnehmer zeigt, dass die Studie treffsicher war. Es konnten genau diejenigen befragt werden, die zur hauptsächlichen Käuferschicht im e-commerce gehören. 60% der Befragten waren zwischen 20 und 29 Jahre alt, 39

Jürgen Noll 20% zwischen 30 und 39 Jahre. Knapp weniger als die Hälfte der Befragten (45%) waren weiblichen Geschlechts. Lediglich 2% der Teilnehmer verfügte nur über einen Pflichtschulabschluss und 23% hatten sogar ein abgeschlossenes Hochschulstudium.[4] Zur Internetnutzung gaben 79% der Befragten an, es für den Beruf zu verwenden, 72% zu Hause und 38% für Schule und/oder Studium.[5] Von den Teilnehmern benutzten 63% das Internet bereits länger als drei Jahre und 34% zwischen einem und drei Jahren. Die Häufigkeit der Internetnutzung lag für 76% bei mehr als drei Stunden in der Woche und für weitere 18% bei einer bis drei Stunden in der Woche. Dabei war der interessante Trend zu beobachten, dass diejenigen Befragten, die das Internet erst weniger als ein Jahr benutzten, zur Gänze angaben, es mehr als drei Stunden wöchentlich zu verwenden. Bei den Gruppen, die das Internet länger als ein Jahr nutzen, sank der Anteil derjenigen, die es wöchentlich mehr als drei Stunden verwenden, auf 76%. Diese Daten bestätigen daher die allgemeine Vermutung, dass das Internet von Neueinsteigern wesentlich begeisterter benutzt wird. Dennoch verbleibt die Nutzung auch nach einigen Jahren immer noch auf einem hohen Niveau. An diesen allgemeinen Teil der Befragung schlossen nun Fragen nach dem bisherigen Kaufverhalten. 81% der Befragten gaben an, bereits etwas im Internet gekauft zu haben und lediglich 15% erklärten, in den nächsten 12 Monaten nichts über das Internet kaufen zu wollen. Auch diese Ergebnisse bestätigen, dass die Studie genau die potentielle Käuferschicht im Internet angesprochen hat. Insofern sind die weiteren Folgerungen durchaus als repräsentativ anzusehen. Im Gegensatz zum traditionellen Handel, bei welchem 52% der Befragten die Möglichkeit eines Spontankaufs bejahten, waren dies im online-Handel lediglich 18%. In der altersmäßigen Verteilung zu diesem Frageblock war erkennbar, dass in beiden Absatzkanälen der gleiche Trend wirkt. Die Bereitschaft zu Spontankäufen nimmt mit zunehmendem Alter ab; sie ist aber im online-Bereich durchwegs geringer als im traditionellen Handel. Allerdings waren die weiblichen Teilnehmer im traditionellen Handel eher zu spontanen Käufen entschlossen, wohingegen sich dieses Bild im onlineHandel umkehrte. Nach den Bedingungen befragt, die die Teilnehmer an einen Kauf im herkömmlichen bzw. elektro40

Kundenbindung im e-commerce nischen Handel knüpfen würden, ergaben sich nur drei wesentliche Unterschiede. Die eingeräumten Zahlungsmodalitäten wurden im online-Handel von 75% als wesentlich eingeschätzt; im traditionellen Handel dagegen nur von 40%. Die stärkere Bedeutung der Zahlungsmodalitäten im e-commerce dürfte sich auf die Unsicherheiten im online-Zahlungsverkehr gründen. Das Vertrauen zum Anbieter hielten im online-Handel 69% für wichtig; im traditionellen Handel waren dies nur 34%. Interessanterweise wurde die Qualität des Produkts im online-Handel nur von 68% als ausschlaggebend angegeben, wohingegen es im traditionellen Handel für 86% der Befragten wichtig war. Offensichtlich wird wegen der fehlenden Möglichkeit, die Qualität in Augenschein zu nehmen, das Kriterium der Produktqualität durch das des Vertrauens zum Anbieter substituiert. Für Unternehmen bedeutet dieses Ergebnis, nach Möglichkeit einen guten Ruf aufzubauen und das Vertrauen ihrer Kunden zu gewinnen sowie zu behalten. (vgl. für den C2C-Bereich Standifird 2001) Hinsichtlich der Phasen des Kaufentscheidungsprozesses waren 76% der Ansicht, dass auch Werbung im Internet ein Auslöser für neue Bedürfnisse sein kann. Ebenso waren 78% der Meinung, dass die Informationssuche im Internet leichter sei als im herkömmlichen Handel. Bemerkenswerterweise verwenden 86% der Befragten das Internet selbst, um Informationen über Güter zu erhalten. Damit benutzt also de facto selbst ein Großteil derjenigen, die das Internet nicht für eine bessere Informationsquelle halten, dieses dennoch sehr wohl. Hier kann wohl gesagt werden, dass Taten lauter sprechen als Worte. Und 72% aller Teilnehmer (bzw. 80% aller Befragten, die das Internet zur Informationseinholung verwenden) haben innerhalb des letzten Jahres eine Kaufentscheidung aufgrund der Informationen aus dem Internet getroffen. Bei der Alternativenevaluierung wurde überwiegend das Preis-Leistungsverhältnis als ausschlaggebendes Kriterium genannt (83%); der Preis alleine stand an zweiter Stelle (59%); dann erst kam die Qualität an die Reihe (46%).[6] Daraus lässt sich bereits erkennen, dass Kunden im e-commerce durchaus nicht reine „Schnäppchenjäger“ sind, für die nur der günstigste Preis zählt. Unternehmen, die einen entsprechenden Mehrwert bzw. Zusatznutzen anbieten, können auch einen höheren Preis verlangen, ohne einen Zusammenbruch der Nachfrage befürchten zu müssen. Hinsichtlich der Evaluierung nach dem Kauf glauben 61% der Befragten, dass das Internet bei der Bewertung des gekauften Gutes nützen kann. Die Teilnehmer wurden auch nach ihrer subjektiven Ansicht gefragt, in der markt 2003/1

Jürgen Noll welcher Reihenfolge verschiedene Phasen der Kaufentscheidung im e-commerce auftreten würden. Die weitaus häufigste Reihung ist dabei die standardmäßige Abfolge: Problemerkennung à Informationssuche à Alternativenvergleich à Kaufentscheidung à Nachkaufevaluierung. Das Internet hat demnach keine Änderung im Kaufentscheidungsprozess herbeigeführt. Hinsichtlich der Einfachheit der Durchführung der einzelnen Phasen wird dem Internet eine Erleichterung nur in der Informationssuche und beim Alternativenvergleich zugeschrieben; alle anderen Phasen seien nach der Meinung der Befragten im traditionellen Handel einfacher. In weiterer Folge wurde die unterschiedliche Wirkung marketingpolitischer Instrumente im herkömmlichen bzw. online-Handel beleuchtet. Dabei kam zu Tage, dass vor allem Garantien, der Lieferung nach Hause und dem Preis sowie Rabatten im Internet eine größere Bedeutung zugeschrieben wurden. Demgegenüber ist die Produktaufmachung, Verpackung sowie das Verkaufspersonal im e-commerce als weniger wichtig angesehen worden.[7] Das spiegelt sehr gut die Eigentümlichkeit des Mediums Internet wider. Wo man Verpackung, Aufmachung und Personal nicht unmittelbar wahrnehmen kann, sind diese von sekundärer Bedeutung. Demgegenüber ist das Bestehen einer Garantie im e-commerce wichtiger, zumal dadurch dem Unsicherheitsfaktor über die Qualität des Produkts abgeholfen werden kann. Außerdem erwarten sich die Konsumenten offensichtlich bessere Preise, vielleicht als Gegenleistung für die Übernahme des Restrisikos oder weil der Anreiz, zu einem anderen Anbieter zu wechseln, im Internet stärker gegeben ist. Letztlich ist für den Konsumenten vor allem das Distributionsproblem eine Hürde, sodass Angebote des Unternehmens, die Lieferung nach Hause zu bewerkstelligen, die Kaufentscheidung positiv beeinflussen. Ohne auf den diesbezüglich ausführlichen Frageblock näher einzugehen, kann zu den internen (psychologischen) Faktoren festgehalten werden, dass sich deren Einfluss im e-commerce gegenüber dem herkömmlichen Handel nicht geändert hat. Selbiges trifft auch auf die externen (sozialen) Faktoren zu. Von einiger Bedeutung ist jedoch, dass die meisten der situationsbezogenen Einflussfaktoren für das online-Kaufverhalten nicht von Bedeutung sind. Durchwegs negative Antworten gab es bei Fragen nach dem Einfluss des Orts, der Dekoration, Musik, Gerüche, Licht, Tageszeit, Saison und Wetter. Lediglich solchen Faktoren wie verfügbare Zeit, Grund des Kaufs und Laune wurde auch für das eder markt 2003/1

Kundenbindung im e-commerce commerce eine Bedeutung attestiert.[8] Dies ist eigentlich auch nicht überraschend, da der elektronische Handel definitionsgemäß von den „eigenen vier Wänden“ aus getätigt wird. Demnach kann das Ambiente des Geschäfts keine Rolle spielen. Der letzte Teil der Untersuchung widmete sich der Wirkung von Kundenbindungsmaßnahmen. Bisher galten e-commerce-Kunden im wesentlichen als rasch wechselnde Konsumenten. Da jedoch gerade das Erreichen einer Kundentreue von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung ist, sollte hier geklärt werden, ob und ggf. wie sich Kunden auch im Internet binden ließen. Als zentraler Umstand, um Kundenloyalität zu erreichen, stellte sich die Zufriedenheit heraus. 60% der Befragten würden eine Website, mit der sie zufrieden sind, nicht wechseln, um die gleichen Dienste bei einer anderen in Anspruch zu nehmen. Dennoch verbleibt ein beachtlicher Rest, der einen solchen Wechsel trotz Zufriedenheit dennoch durchführen würde. Hier ist bemerkenswert, dass zwei Drittel derjenigen, die eine andere Website aufsuchen würden, obwohl sie mit der ersten zufrieden sind, männlich waren. Zufriedene weibliche Kunden dürften sich demnach leichter an ein Unternehmen binden lassen. Der männlicher Anteil wird womöglich von einer stärkeren Neugier angetrieben, doch noch etwas Besseres zu finden. Ein großes Problem im e-commerce ist aber der Mangel an Vertrauen. (siehe auch Gefen 2000, Luo 2002) Dies kam auch in der Studie hervor. Nur 19% bzw. 27% brachten gegenüber der online-Bezahlung bzw. dem online-Kauf hohes Vertrauen zum Ausdruck. Als Maßnahmen, die das Vertrauen stärken, bejahten 91% den Einsatz von Verschlüsselungsund Sicherheitstechnologien. Gute Produktqualität wurde von 68% und rechtliche Absicherung bzw. Klarheit von 78% als vertrauensfördernd angesehen. Den Einsatz von Mitarbeiterfotos sahen dagegen nur 29% als vertrauensfördernd an.[9] E-commerce-Kunden geht es also nicht so sehr um eine Kompensation der fehlenden „menschlichen Komponente“, sondern einfach um eine faktische Absicherung. Von den produktpolitischen Kundenbindungsinstrumenten sind kostenlose Zusatzdienste (freier Webspace, Grußkarten, Kalenderservice usw.) besonders beliebt. 89% der Befragten verwenden diese oft oder gelegentlich. After Sales Services werden von 62% in Anspruch genommen und Personalisierung sowie Unterhaltung (Spiele etc.) von jeweils 45%.[10] 41

Jürgen Noll Sämtliche preispolitischen Instrumente der Kundenbindung (Prämiensysteme, Gutscheine, Vorteilsclub) wurden von den Befragten mehrheitlich noch nie in Anspruch genommen. Nur jeweils 40% nutzen ein Prämiensystem oder sind in einem Vorteilclub und lediglich 47% haben bereits Gutscheine online eingelöst. Angesichts der Häufigkeit, in der diese Instrumente besonders im e-commerce eingesetzt werden, ist dieses Ergebnis beachtlich. Auf der kommunikationspolitischen Seite wird vor allem die online-Beschwerdemöglichkeit genutzt, nämlich von 66% der Teilnehmer. Virtual Communities und Gästebücher werden mit 36% Zustimmung eher selten genutzt[11]; dagegen verwenden immerhin 56% Foren oft oder gelegentlich. Die Einrichtung eines eigenen Kundenkontos haben 75% bereits oft oder gelegentlich durchgeführt.[12] Damit in Übereinstimmung gaben 68% an, dass sie auch in Zukunft eine Registrierung auf einer Website durchführen würden, um in den Genuss von Zusatzdiensten zu kommen. Dabei war jedoch auffällig, dass diese Bereitwilligkeit mit zunehmendem Alter abnimmt. Der Trend dürfte also insgesamt weniger dorthin gehen, den „menschlichen Kontakt“ wieder zu suchen, der beim elektronischen Einkauf verloren geht. E-commerce-Kunden nutzen die direkte Kommunikationsmöglichkeit mit dem Unternehmen offensichtlich als Ersatz herkömmlicher Kommunikationsmittel und nehmen Kundenkonten augenscheinlich in Anspruch, um sich das wiederholte Eingeben von Kundendaten zu ersparen sowie personalisierte Angebote zu erhalten. Der typische Internet-Kunde ist somit auf der Suche nach Vereinfachung. Dementsprechend sollten Unternehmer auch ihre Webseiten und Bestellmodalitäten gestalten. Diese Schlussfolgerung wird auch durch die subjektiven Beurteilungen der Befragten belegt. 76% der Teilnehmer bewerten After Sales Services, individuelle Angebote sowie Zusatzdienste und individuelle Beratung positiv; die restlichen Befragten sind diesen Diensten gegenüber neutral eingestellt, aber es bestehen keine negativen Beurteilungen dieser Bindungsinstrumente. Unaufgeforderte individuelle Angebote werden demgegenüber von 52% negativ bewertet. Wie auch im „realen“ Leben, will der Internet-Kunde vor unerbetener Reklame verschont bleiben. Von den preispolitischen Instrumenten erhielten Sonderangebote, die Übernahme der Versandkosten sowie Rabatte die beste Zustimmung mit durchschnittlich 86%. Gutscheine wurden von 65% der Befragten positiv bewertet. Prämiensysteme und Vorteilsclubs erhielten von 57% positive Beurteilun42

Kundenbindung im e-commerce gen. Es gab also einige, die diese Marketinginstrumente positiv beurteilen, obwohl sie sie selbst noch nie verwendet haben. Auf Seiten der Kommunikationspolitik bewerteten 86% die Online-Beschwerdemöglichkeit positiv; Kundenkontos erhielten eine Zustimmung von 79% der Befragten. Der Erhalt einer Newsletter war für 65% positiv; die gleiche Zustimmung erhielt auch die Einrichtung eines Forums. Virtual Communities, Gästebüchern und Chatrooms können mehr als die Hälfte der Befragten nichts Positives abgewinnen. Werbung per E-Mail wurde letztlich von 47% ausdrücklich als negativ gekennzeichnet und erhielt nur von 24% explizite Zustimmung.[13] Dies ist insgesamt als ein klares Signal an das Marketing zu verstehen. Kunden möchten unkomplizierte Beschwerdemöglichkeiten bereitgestellt bekommen. Newsletters und Kundenkonten werden ebenfalls breite Zustimmung finden. Insbesondere von der Verwendung reiner Werbe-E-mails ist jedoch angesichts dieser Ergebnisse abzuraten. Auch bei der Frage, welche Features bzw. Faktoren zu einem regelmäßigen Besuch einer Website veranlassen würden, zeigt sich die Konsistenz der Antworten. Es rangieren die gleichen Bindungsinstrumente ganz oben: After Sales Services, Individuelle Angebote (aber nicht unaufgefordert!) und Beratung, Zusatzdienste sowie Sonderangebote, Rabatte und Versandkostenübernahme sowie Lieferung auf Rechnung und Newsletters, Kundenkonten sowie Beschwerdemöglichkeiten. Dazu kamen noch zwei internetspezifische Faktoren, nämlich Inhalt und Bequemlichkeit der Website.

6. Zusammenfassung Den obigen Darlegungen kann entnommen werden, dass die Unterschiede zwischen herkömmlichem und elektronischem Handel eher in den technischen Gegebenheiten liegen; die Konsumenten verhalten sich im Internet, wie man es von ihnen auch sonst gewohnt ist. Die hier ausführlich dargestellte Untersuchung ist zum einen mit den üblichen demografischen Faktoren kohärent und zeigt zum anderen auch eine bemerkenswerte Übereinstimmung in den Ergebnissen mit einer Studie, die erst nach Abschluss dieser Arbeit zugänglich wurde. (Lee 2002) Die Reihenfolge und Wertigkeit der einzelnen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses sind unverändert; allerdings verlieren situationsbedingte Faktoren ihre Wirkung fast zur Gänze. der markt 2003/1

Jürgen Noll Um den Konsumenten zum Erstkauf zu bewegen, ist die Vermittlung und der Aufbau einer Vertrauensgrundlage unerlässlich. Dabei haben sich vor allem die Einräumung zusätzlicher Absicherungen für den Konsumenten (technisch und/oder rechtlich) als empfehlenswert herausgestellt. Sobald die grundsätzliche Bereitschaft zum Kauf im Internet vorhanden ist, können die bekannten marketingpolitischen Maßnahmen eingesetzt werden, um dem Kunden möglichst rasch die Vorteilhaftigkeit des eigenen Angebots darzustellen. Dabei sind die Besonderheiten des Mediums Internet zu beachten und jene Instrumente einzusetzen, auf die Internetkunden am ehesten Wert legen. Dies war vor allem die Bereitstellung kostenloser Zusatzdienste. Es hat sich aber auch gezeigt, dass die meisten Internetkunden keine Bedenken gegen die Registrierung und Verwendung eines Kundenkontos haben. Diese Möglichkeit sollte von Unternehmen jedenfalls genutzt werden, um ein Maximum an Informationen über ihre Kunden zu erhalten. Daran kann sich eine Individualisierung des Angebots und damit eine höhere Treffsicherheit marketingorientierter Aktivitäten schließen.

Kundenbindung im e-commerce liegen damit Ergebnisse vor, deren Detailreichtum von bisherigen Studien kaum erreicht wird. [4]

[5]

Dies entspricht der auch sonst beobachteten Verteilung. Vgl. Fritz (2001, S. 79f) sowie u.a. Studien im Internet unter www.ecin.de Mehrfachnennungen waren möglich

[6]

Mehrfachnennungen waren möglich

[7]

Diese Ergebnisse sind statistisch signifikant zum Niveau 0,05.

[8]

Sämtliche Ergebnisse wurden erneut auf einem Signifikanzniveau von 0,05 geprüft.

[9]

Mehrfachnennungen waren möglich.

[10] Mehrfachnennungen waren möglich. [11] Das stimmt auch mit früheren Ergebnissen überein. Vgl. Bennemann/Schröder (2001) [12] Die Häufigkeit der Benutzung wurde von jedem Befragten für jedes Element gesondert durch die Wahl zwischen „oft“, „gelegentlich“ und „nie“ festgelegt. [13] Die Bewertung der einzelnen Instrumente erfolgt gesondert durch Wahl zwischen „positiv“, „negativ“ und „weder noch“.

Letztlich muss der Konsument auch nach dem Kauf (am besten durch internetbasierende After Sales Services) betreut werden. Nur wenn die dauerhafte Zufriedenheit derart sichergestellt ist, kann der Erstkäufer zu einem loyalen Kunden werden. (Lemberg/ Lerner 2001) Dass dies aber selbst im schnelllebigen Medium Internet durchaus möglich ist, hat die Studie ebenfalls gezeigt.

Literaturverzeichnis

Die dargelegten Unterschiede zwischen traditionellem und elektronischem Handel erscheinen bisweilen gering; dennoch ist deren Kenntnis entscheidend, denn nur durch den Einsatz der richtigen Maßnahmen kann sich der wirtschaftliche Erfolg einstellen, der mit dem Aufbau von Kundentreue verbunden ist.

Baker, W., Marn, M., Zawada, C. (2001): “Price Smarter on the Net”, 79 Harvard Business Review February, 122-127

Anmerkungen [1]

Vgl. zur Substituierbarkeit von Katalogen durch Websites Ward (2001)

[2]

Solche Partner- oder Affiliate-Programme gibt es für den Austausch von Bannern, Frames, Links im allgemeinen.

[3]

Hinsichtlich der Größe der Stichprobe ist darauf zu verweisen, dass die Länge des Fragebogens sicher viele davon abgehalten haben wird, daran teilzunehmen. Andererseits

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