Garstige Affinitäten. Frauen und Affen in J.W. Goethes \"Die Wahlverwandtschaften\"

July 27, 2017 | Author: Mira Shah | Category: German Literature, Gender Studies, Animal Studies, Johann Wolfgang von Goethe, humanistische Bildungstheorie und Wissensgesellschaft, Wahlverwandtschaften
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Orbis Litterarum 70:2 108–149, 2015 © 2015 John Wiley & Sons Ltd

€ten Garstige Affinita Frauen und Affen in J. W. Goethes Die Wahlverwandtschaften Mira Shah, Universit€ at Bern, Freie Universit€ at Berlin

Was ist der Mensch und was ist ihm der Affe? In diesem Aufsatz wird der Fokus auf die subtile Konstruktion einer Affinit€ at von Frauen und Affen in Goethes Roman gelegt. Vor dem Hintergrund anthropologischer Umbr€ uche und gesellschaftspolitischer €berraschende Ver€anderungen r€ ucken Affen und Frauen in eine u N€ahe zueinander: Durch ihre Besch€ aftigung mit Affen werden Luciane und Ottilie zu Repr€ asentationen einer Auseinandersetzung mit Diskursen, die Affen und Frauen im Zuge einer krisenhaften Epochenschwelle um 1800 unter der Drohung des Monstr€ osen zu Topoi der Differenzierung werden lassen. Anhand dieser Besch€aftigung mit Affen zeigt sich die Abl€ osung alter durch neue Geschlechterrollen ebenso wie die In€ strumentalisierung des Affen f€ ur die Uberschneidungsmengen von €asthetischen, Bildungs- und Geschlechterdiskursen. Dabei wird der Affe als n€achster Verwandter des Menschen zum sittlichen Problem f€ ur ein neues Frauenideal.

Stichw€ orter: Johann Wolfgang Goethe, Die chlechterdiskurs, Anthropologie, Affen, Frauen.

Wahlverwandtschaften,

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I. Der zentrierte und der ausgedehnte Mensch – Frauen und Affen “Durch nichts“, l€asst Johann Wolfgang Goethe zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts in einem seiner einflussreichsten Romane seine Protagonistin schreiben, „bezeichnen die Menschen mehr ihren Charakter als durch das, was sie l€ acherlich finden“.1 Das L€acherliche, entsprungen „aus einem sittli€bernimmt in Die Wahlverwandtchen Kontrast“, wie Ottilie weiterf€ uhrt, u schaften die Rolle eines besonderen Scharniers: Sowohl die b€ urgerliche Romantik figurierend als auch entwachsen dem Jahrhundert der Aufkl€ arung, sind Die Wahlverwandtschaften ein Werk der „Epochenschwelle“ um 1800. Es ist eine Zeit der Krise, in der auf unterschiedlichen

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Ebenen das Wesen und die Existenz des Menschen in Frage gestellt und neu geformt werden. Dies leistet vor allem auch ein sich ins neunzehnte Jahrhundert fortsetzender Wissens- und Wissenschaftsdiskurs, in dessen Zentrum eine bedeutende Frage steht: Was ist der Mensch? Kurz vor der Wende zum achtzehnten Jahrhundert konnte John Locke die Bezeichnung „Mensch“ noch als zu komplexe Idee entlarven, als dass € ber das, was der Mensch wirklich sei, finden ließe: sich Aufschluss u [T]hose of them to whom the definition of the word man, or the complex idea signified by that name, agrees, are men, and the other not. But if the inquiry be made concerning the supposed real essence; and whether the internal constitution and frame of these several creatures be specifically different, it is wholly impossible for us to answer.2

In den knapp 100 darauf folgenden Jahren ist die Anatomie und Hierarchie dieser „real essence“ dennoch zum Fokus wissenschaftlicher, € philosophischer und gesellschaftstheoretischer Uberlegungen geworden. Wie Michel Foucault pr€agnant formuliert hat, ist das klassische Zeitalter eine Epoche, in der eine neue Ordnung der Dinge entsteht. Inner€ halb universalisierender Klassifizierungsprozesse werden Ahnlichkeiten und Unterschiede zu entscheidenden Kriterien der Systematisierung – eines Bestrebens, ein jedes Ding in eine sinnvolle Beziehung zu anderen Dingen zu setzten. Dabei ist die Position des Menschen als Zentrum einer solchen Ordnung, als Fixpunkt eines Systems, immer wieder gef€ ahrdet.3 Die g€ unstigen historischen Bedingungen lassen u.a. die Naturgeschichte und die Humanwissenschaften florieren. Der wissenschaftliche Diskurs kann sich im achtzehnten Jahrhundert vermehrt auf Untersuchungsgegenst€ande konzentrieren, die ihm eine immer gr€ oßer werdende Welt unter europ€aischer Herrschaft bietet. Jede neue Erkenntnis scheint jedoch nicht nur zum Aufbau eines Wissensgeb€audes €ber den beizutragen, sondern vermag auch die Feste einer Gewissheit u singul€ aren Status des europ€aischen Menschen weiter zu ersch€ uttern, eine Entwicklung von der Naturgeschichte und Vergleichenden Anatomie bis hin zur Anthropologie, die schließlich in Darwins Evolutionstheorie m€ undet. Foucault nennt den Menschen in diesem Sinne einen „bestimmte[n] Riß in der Ordnung“,4 denn seine Einordnung in die Klassifizierung der Welt wird zunehmend unvereinbar mit seinem Anspruch auf Exklusivit€at.

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Wie findet man aber heraus, was der Mensch ist? Wissenschaft im klassischen Zeitalter ist, von seltenen Ausnahmen abgesehen, eine Angelegenheit weißer europ€aischer M€anner, welche die Welt und ihre Wesen €berwiegend vom Zentrum einer eben solchen normativen Perspektive u € aus betrachten. Zu ihrer Uberraschung schafft der Blick aus diesem Zentrum auf die Welt auch Verunsicherungen u€ber eben jenes Zentrum. Der Blick auf das Andere fordert den zun€achst selbstgewissen Forscher heraus, das Eigene und sich selbst neu zu betrachten, sich aus – und hier sei wieder Foucault bem€ uht – „der Grenzerfahrung des Anderen“5 neu zu erkennen. Das Andere sind dabei im deutschsprachigen Raum noch vor anderen Kulturen, Ethnien und L€andern, die an Bedeutung gewinnen, zun€ achst vor allem zwei Untersuchungsgegenst€ande, die die Grenzziehungen des Menschseins auf ihre jeweils eigene Art in Frage zu stellen verm€ ogen und auf die ihr eigene Weise auch das Wesen des neunzehnten Jahrhunderts pr€agen sollten: Frauen und Affen. Die heute als Menschenaffen zusammenfassten Primaten gewinnen im achtzehnten Jahrhundert unter Bezeichnungen wie „Orang-Utan“ als einem generellen Terminus f€ ur Menschenaffen und antiken Begriffen wie „Satyr“ und „Pygm€ae“ oder vermeintlich indigenen Namen wie „Jocko“ und „Pongo“ immer mehr an Bekanntheit und damit Bedeutung f€ ur den Wissensdiskurs.6 Bereits Locke f€ uhrt unter jenen „several creatures“, deren Essenz und interne Konstitution er f€ ur unbestimmbar h€alt, solche, „that have shapes like ours, but are hairy, and want language and reason“.7 Zugleich wird in einem Diskurs, in dem f€ ur und wider das Menschsein des Affen ausgiebig gestritten wurde, die Frau einerseits als Teilnehmerin zunehmend ausgeschlossen; andererseits wird der weibliche Geschlechtsstereotyp, um mit Londa Schiebinger zu sprechen, „zu einem der m€ achtigen Organisationsprinzipien f€ ur die Umw€alzungen in der Naturanschauung des 18. Jahrhunderts“.8 Dazu geh€ ort Linnes Bahn brechende Erfindung des Begriffs „Mammalia“ (S€augetiere) ebenso, wie die Erkundung und Betrachtung einer weiblich gedachten Natur in den schw€ armerischen Metaphern des Liebhabers. Zugleich ist das Interesse an „der“ Frau selbst, bzw. der Differenz zwischen ihr und der Norm des Menschen als Mann, geweckt. Anatomische Geschlechtsunterschiede €ber zu- oder abgesprochenen Potenwerden erweitert um Spekulationen u ziale zu „m€ annlichen“ Besch€aftigungen, Verhaltensweisen und Denkverm€ ogen – zumal gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts mit den

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politischen Entwicklungen nicht nur die Emanzipation des B€ urgertums dr€ angt, sondern auch der Ruf „Alle Menschen sind von Natur aus €ber Rechte und Pflichten des angleich“ einen Kontext kreiert, in dem u deren Teils der Gesellschaft neu verhandelt werden muss.9 Hier werden nach und nach verschiedene Diskurse immer n€aher in einander verschoben: Kriterien in der philosophischen Debatte um die Verwandtschaft zwischen Affen und Menschen sind „Vernunft, Sprache, bipede[r] Gang“10 und €ahnliche geschlechtlich ungebundene Eigenschaften der Gattung. Die Untersuchungen der Naturforscher hingegen richten ihr Augenmerk auch sehr speziell auf weibliche Affen und deren Geschlechtsmerkmale, um, wie Schiebinger darstellt, an deren „Physiologie die nur schwer fixierbare Grenzlinie zwischen Mensch und Affe festmachen zu k€ onnen“.11 Die Faszination f€ ur das Weibliche zeigt sich € gerade auch an der Ubertragung von Geschlechtsstereotypen auf Affen € und andere Tiere. Dieses Ubereinanderschieben zun€achst getrennter Diskurse zeigt vor allem, was Frauen und Affen in dieser Zeit als Untersuchungsgegenst€ande teilen: Ihr Wesen und Potenzial, ihre Bef€ahigung zu rationalem Denken hier und zivilisiertem Verhalten dort werden verhandelt. Beide werden anatomischen Untersuchungen ebenso unterzogen wie wilden Spekulationen, Erziehungskonzeptionen und dem Dogma der Sittlichkeit. Wird die Frau zum Studienobjekt einer mit philosophischen, psychologischen und soziologischen Anspr€ uchen auftretenden 12 Teildisziplin, wie Claudia Honegger feststellt, so steht der Affe ihr darin in nichts nach; er dient sogar im Rahmen neuer gesellschaftlicher Entw€ urfe zur sittlichen Charakterisierung unvorteilhafter Weiblichkeit. Und damit schließlich zu Johann Wolfgang Goethes Roman Die Wahlverwandtschaften. Im Jahr 1809 ver€ offentlicht umfasst er einen ungemein vielf€ altigen Wissensdiskurs und spiegelt sowohl die letzten Z€ uge einer weichenden Epoche wider als auch die Anf€ange eines neuen Gesellschaftsbildes. Wie zuf€allig und nebens€achlich treffen auch hier Affen und Frauen aufeinander: Ottilie, die sch€ one Protagonistin, die im zweiten Teil des Romans alle anderen Figuren l€ angst abgeh€angt hat in der Gunst des Erz€ ahlers, ben€ otigt zur Darstellung ihrer eigenen Exzellenz auf sittlich-moralischem ebenso wie k€ orperlich-physischem Gebiet ein Negativbild. Die vern€ unftige, geistige Charlotte kann dazu durch die Beziehungsstruktur des Romans – als Ziehmutter und durch einen signifikanten Altersunterschied – meiner Ansicht nach kaum herangezogen

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€ber einige Kapitel in werden.13 Daher wird Ottilie ein solches Negativ u Form der Luciane, Charlottes leiblicher Tochter, zur Seite gestellt. Luciane ist von Ottilie grundverschieden; sie ist nicht nur charakterlich eine Andere, sondern vertritt auch ein v€ ollig anderes Weiblichkeitskonzept, das in diesem Ottilien-Roman eine deutlich ablehnende Wertung erf€ahrt. Und dabei kann es kaum zuf€allig sein, dass sein naturwissenschaftlich und gerade anatomisch bewanderter Autor Luciane als Freundin der Affen entlarvt. J. W. Goethes Blick auf die Affen ist von wissenschaftlicher Faszination ebenso wie von einer idiosynkratischen Abneigung gepr€ agt, so dass Adorno und Horkheimer davon sprechen konnten, „der Widerwille Goethes gegen die Affen wies[e] auf die Grenzen seiner Humanit€ at“.14 Goethes Humanit€at soll im Nachfolgenden nicht zur Debatte stehen, sehr wohl aber, wie Affen in den Wahlverwandtschaften in den im Folgenden als „Affen-Szene“ bezeichneten Kapiteln 4 bis einschließlich 7 des zweiten Teils ein- und in Bezug gesetzt werden zur sittlichen Charakterisierung der beiden jungen Frauen und ihrer Bewertung durch den Erz€ ahler. An dieser Bezugnahme l€asst sich die Etablierung eines Musters von Weiblichkeit ablesen, das sich um die wissenschaftsgeschichtlich so brisante Jahrhundertwende eng in Zusammenhang mit den Debatten um Affen und Menschen entwickelte.15 Im Folgenden m€ ochte ich zun€achst darstellen, wie Affen in J. W. Goethes wissenschaftlicher und €asthetischer Anschauung figuriert werden, um den Hintergrund f€ ur eine solche durch Affekturteile unterf€ utterte AffenSzene zu liefern. Am Text der Wahlverwandtschaften wird daraufhin aufgezeigt, inwiefern zun€achst Luciane durch Zoomorphismen und Naturmetaphern eine subtile Negativierung erf€ahrt, und Ottilie dagegen durch ihre Betrachtungen zu Affen und Menschen und zugleich durch Verweise auf Sittlichkeit und Sch€ onheit, die hier im Gegensatz zu aller Besch€ aftigung mit den Affen und ihrem Wesen stehen, positiv gezeichnet wird. In Bezug gesetzt werden kann dies mit einer Betrachtung zweier wesentlicher Eigenschaften, die den Affen zugesprochen werden und als Hauptkriterium ihrer kritischen Verwandtschaft mit dem Menschen dienen: einerseits die F€ahigkeit zur Imitation (des Menschen), die sie vor allen Tieren auszeichnet; andererseits liegt in dieser Eigenschaft, den Menschen zu imitieren, um mit Girard zu sprechen, die Drohung des „monstr€ osen Doppelg€angers“,16 die ihn zum Grenzbewohner und „fundamentale[n] epistemologische[n] Problem“17 werden l€asst. Multiplizierende

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abstecken sollen. Johann Wolfgang Goethe war in die Naturforschung um den Affen, die Variet€aten und – etwas geringer – das Geschlecht involviert, sei es durch die eigenen anatomischen Studien oder die rege Teilnahme am wissenschaftlichen Austausch mit Forschern wie Blumen€ber wissenschaftbach und Soemmerring ebenso wie durch Reflexionen u 46 liche Arbeitsweisen. Seinen Ausdruck findet eben dies jedoch vor allem in seinen literarischen Werken – so in den Frauenfiguren der Wahlverwandtschaften.

III. Unliebsame Verwandtschaft: Luciane, Ottilie und die Grenzziehung am Affen

a. Luciane Luciane ist in den Wahlverwandtschaften die leibliche Tochter Charlottes, die sie zum Wohle der neuen Verbindung mit Eduard gemeinsam mit ihrer Nichte Ottilie in eine Pensionsanstalt gab. Anders als Ottilie entwickelt sich Luciane dort gem€aß ihrer Potenziale gut und ist in den Pr€ ufungen erfolgreich, sie „hat sich in jedem Sinne als Erste bewiesen“.47 W€ ahrend Ottilies schulische Bildung abgebrochen wird, da sie offensichtlich erhebliche Lernschwierigkeiten hat, wurde Luciane im Pensionat zu einem „so weit vorgeschrittenen Frauenzimmer“,48 dass sie einer gl€anzenden gesellschaftlichen Zukunft entgegenblicken kann. Dieser Gegenentwurf zur Protagonistin Ottilie wird jedoch schon in der ersten Beschreibung im f€ unften Kapitel des ersten Teils auf eine beil€aufige Art negativ gezeichnet: In ihrem Triumph am Tag der Abschlusspr€ ufungen h€ alt Luciane Ottilie laut Schilderung des p€adagogischen Gehilfen vergn€ ugt deren schlechtes Abschneiden mit den bestimmten Worten vor: „Und doch wirst du immer die Letzte bleiben!“49 Schon hier dient Luciane haupts€ achlich als narratives Instrument, das Wesen und Leiden Ottilies im Pensionat darzustellen. So taucht Luciane auch erst wieder im Geschehen des Romans auf als eine Art Stillstand in der Kr€afteverschiebung der Verwandtschaftswahl eingetreten ist und es einer dynamischen Ruhest€ orung bedarf. Ottilie und Charlotte sind auf dem Anwesen verblieben, derweil der Hauptmann in anderen Anstellungen sein Gl€ uck sucht und Eduard trotzig in den Krieg zieht. Vorher hat dieser jedoch seine Ehefrau dazu verpflich-

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Bevor das Verh€altnis der beiden Figuren und ihres Erz€ahlers zu den Affen im Mittelpunkt stehen wird, soll hier nun ein kurzer Blick darauf geworfen werden, wie der Autor es mit der Anthropologie als wissenschaftlichem Projekt einer gesellschaftlichen Identit€atsfindung um 1800 hielt. Wie Peter Matussek darstellt, ist Goethes Lebenszeit eng verbunden mit einer Verzeitlichung der Natur, verstanden als radikaler Wandel von der Erz€ ahlung von der Natur hin zur Evolution der Natur.20 Nicht nur ist Goethe einer der bedeutendsten Zeugen dieser Entwicklung, er hat sich auch wie kaum ein anderer Literat seiner Zeit damit auseinandergesetzt, so dass sich seine literarischen und naturwissenschaftlichen Werke kaum von einander getrennt betrachten lassen. Was ihn zum „einzigartigen Reflexionsmedium der Temporalisierung“ mache, so Matussek, sei deren wechselseitige Durchdringung, erm€ oglicht durch den Perspektivenreichtum einer „Simultanexistenz als Naturforscher, Politiker und K€ unstler“.21 Eine solche Interdisziplinarit€at zeigt sich nicht nur in der Vielfalt der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes. Auch der Roman Die Wahlverwandtschaften gibt beredtes Zeugnis davon, wie sehr die naturwissenschaftlichen Interessen in das Literarische hineinragen. Insofern stehen auch Ottilies Gedanken zu den Affen in einem Zusammenhang mit Goethes eigener Forschung auf dem Gebiet der Anatomie und der morphologischen Studien, in deren Interessensmittelpunkt die € Ahnlichkeit von Affe und Mensch r€ uckt. Goethe spricht sich f€ ur eine vergleichende Anatomie aus, innerhalb derer er den Menschen sehr wohl als dem Tier gegen€ uber vollkommen ansieht, daraus aber zun€achst keine Abwertung des Tieres schließen m€ ochte: „Der Mensch, bei seiner hohen organischen Vollkommenheit, darf, eben dieser Vollkommenheit wegen, nicht als Maßstab der unvollkommenen Tiere aufgestellt werden“.22 In Bezug auf die hier vorausgesetzte Vollkommenheit des Menschen ist es sinnvoll, Goethes ana€ tomische und morphologische Uberlegungen hinsichtlich der drei St€ orenfriede Affen, „Mohren“ und Frauen zu untersuchen, die in eben dieser Reihenfolge in der zu dieser Zeit noch g€ ultigen Vorstellung einer stufenartig angeordneten Kette der Wesen zu finden sind. Es l€asst sich an dieser Stelle nicht ein umfangreiches Konzept Goethescher Naturauffassung und -forschung, Ideenlehre und Philosophie darbieten. Anhand einiger Zitate sei aber zumindest angedeutet, in welche Richtung Goethes Vorstellungen bez€ uglich eines anthropologischen Diskurses gehen.23

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aber handelt es sich f€ ur Ottilie bei diesem Vergn€ ugen um die gleiche „gewisse 93 Verschrobenheit“, die f€ ur ein Vergn€ ugen an „Karikaturen und Zerrbildern“94 verantwortlich ist. Hier wird ein weiterer Akzent auf Lucianes Verhalten als gesellschaftliche und €asthetische Normabweichung gesetzt. Den einfachen Grund f€ ur die vehemente Ablehnung des Affen reicht Ottilie nach, denn „[m]an frage sich, ob nicht ein jedes, aus seiner Umgebung gerissene Gesch€ opf einen gewissen €angstlichen Eindruck auf uns macht, der nur durch Gewohnheit abgestumpft wird“.95 Hier zeigt sich Angst als grundlegende und eindr€ uckliche Empfindung bei der Anschauung und dem Erleben des fremden Gesch€ opfes und zudem die Verwurzelung dieser Angst in der Differenzerfahrung. Das fremde Tier in der vertrauten Umgebung ruft ein Gef€ uhl des Unheimlichen hervor, jener „Art des Schreckhaften, welche auf das Altbekannte, L€angstvertraute zur€ uckgeht“,96 wie Sigmund Freud es sp€ater formuliert. Das Individuum kann sich der Zumutung des Unheimlichen nur allm€ahlich durch Gew€ ohnung entziehen. Der Prozess einer solchen Integration des Fremden in das Eigene ist jedoch an dieser Stelle kein positives Projekt, sondern erfordert f€ ur Ottilie eine besondere Form der Duldsamkeit: „Es geh€ ort schon ein buntes, ger€auschvolles Leben dazu, um Affen, Papageien und Mohren um sich zu ertragen.“97 Das bunte, ger€auschvolle Leben ist es ja gerade, welches Luciane in das beschauliche Landleben der „Freunde“ tr€agt. Sie vermag zumindest hinsichtlich ihres Unterhaltungswunsches die Integrationsleistung zu vollbringen, die dem Fremden das Unheimliche nimmt, und fordert diese, so m€ oglich, auch € von ihren Mitmenschen ein. Es ist jedoch eine Forderung nach Außerlichkeit und Ver€ außerung, der das Wesen Ottilies, das sich so sehr in die Innerlichkeit zur€ uckzieht, ganz und gar nicht entsprechen kann. Nichtsdestotrotz kennt auch Ottilie „ein neugieriges Verlangen nach solchen abenteuerlichen Dingen“, jedoch eher nach dem Erlebnis, „solche Wunder mit andern Wundern in lebendiger allt€aglicher Verbindung“,98 d.h. das Fremde bar der Exotik in seiner „nat€ urlichen“ Umgebung zu betrachten. Dies ist eine Situation, in welcher der Betrachter zum Fremden wird und damit eine grunds€atzlich andere Erfahrung macht als derjenige, welcher das Fremde in der eigenen Umgebung ertragen muss, in der es sich (mit Kristeva gesprochen) aufdr€angt als „verborgene Seite unserer Identit€ at, [als] der Raum, der unsere Bleibe zunichte macht, die Zeit, in der das Einverst€andnis und die Sympathie zugrunde gehen“.99 Im

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Mira Shah Hitze und Trockenheit die vollkommensten und ausgebildetsten Gesch€ opfe, so sehr sie auch der Natur und Gestalt nach dem Menschen entgegenstehen, z.B. den L€ owen und Tiger hervorbringen, und so ist das heiße Klima allein imstande, selbst der unvollkommenen Organisation etwas Menschen€ ahnliches zu erteilen, wie z.B. im Affen und Papageien geschieht.28

Interessanterweise er€ offnet Goethe hier eine Opposition zwischen den vollkommensten und ausgebildetsten Wesen, die in Natur und Gestalt dem Menschen entgegenstehen (die Raubkatzen), und den Wesen unvollkommener Organisation, die jedoch Mensch€ahnliches besitzen (Affen und Papageien). Die Tiere, welche ihm am €ahnlichsten scheinen, sind hier also jene, die innerhalb des Tierreichs an Vollkommenheit missen lassen, gar in ihrer Organisation absurd unfertig wirken, und ihre Mensch€ ahnlichkeit entsteht nur als Nebenprodukt eines die vollkommenste Ausbildung beg€ unstigenden Klimas. Das vollkommene Tier ist f€ ur Goethe jenes, welches sich nicht mit dem Menschen verwechseln l€asst, sei es in Natur, Gestalt oder Stimme. Gleichzeitig steht der Autor der Wahlverwandtschaften auch noch unter dem Eindruck einer Zeit, in der Affen neben Papageien und „Mohren“ als exotische Unterhaltung an F€ urstenh€ ofen gehalten wurden und eine eigene Form der Groteske abzuliefern hatten – meist mit teurer Kleidung ausstaffiert und dazu angehalten, sich menschlich zu geb€arden.29 Somit waren Affen, sie m€ ogen sich geb€arden wie sie wollen, als „Elemente der Tollheit“30 und jene „widerw€artigeren Thiere“31 auch € asthetisch stark verbunden mit dem Prunk und der Dekadenz der H€ ofe, die einem aufkl€arerischen Ideal entgegenstanden. Dem €asthetisch-anatomischen Urteil gesellt sich daher auch ein sozialpolitisches bei. Harvey Dunkle weist zudem im Zusammenhang mit der Affendarstellung im Faust ganz darwinistisch darauf hin, dass sich Goethe auseinandersetze mit einem nat€ urlichen Ph€anomen der Differenzierung von den n€achsten Artverwandten: „the human psychological response to the appearance and behaviour of monkeys, a feeling that involves a fascination-revulsion reaction“.32 Eine solche zwischen wissenschaftlicher Faszination und sublimierter Abscheu oszillierende Auseinandersetzung mit den Affen € außert sich auch bei Goethe im Widerstreit zwischen der um Affektbereinigung bem€ uhten rationalen, erkenntnisorientierten Forschung, sowie der grundlegenden Vorstellung eines die Welt „regulirende[n] und constituirende[n] Princip[s]“33 und einem affektiven €asthetischen Vorurteil, dass

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sich mit Christoph Martin Wielands Aristipp folgendermaßen formulieren l€ asst: [D]a wir hingegen alle Arten von Thieren desto sch€ oner finden, und um so viel mehr Anmuthung zu ihnen f€ uhlen, je mehr die Formen und Proportionen ihrer Bildung sich den unsrigen n€ahern; eine Bemerkung, […] wovon der Affe € allein eine Ausnahme macht, weil er, durch einen Anschein von Ahnlichkeit, die mit der widerlichsten H€aßlichkeit verbunden ist, der menschlichen Gestalt zu spotten, und den h€ ochsten Grad von Verunstaltung und Abw€ urdigung derselben darzustellen scheint.34

Auch hier wieder taucht es auf: das seltsame Alleinstellungsmerkmal des Affen, das ihn der Sch€ onheitsvermutung des Menschen€ahnlichen enthebt und zur Karikatur des Menschen werden l€asst. Festzumachen scheint es sich an einem anschauenden Schwanken. In Die Wahlverwandtschaften reflektiert Goethe dieses Oszillieren zwischen €asthetischem Vorurteil und wissenschaftlichem Erkenntniswunsch angesichts einer eben nicht gew€ ahlten sondern unfreiwillig nat€ urlichen Verwandtschaft – zwischen der Abscheu, die Ottilie empfindet, und der naiven Faszination, wie sie Luciane repr€ asentiert. Die menschliche Gestalt, die hier bei Wieland durch das Bauprinzip des Affen verspottet wird, ist eine zu dieser Zeit heftig debattierte. Edward Tyson er€ offnete 1699 mit seiner Schrift Orang-outang, sive, Homo sylvestris: or The Anatomy of a Pygmie Compared with That of a Monkey, an Ape, and a Man durch den erstmaligen systematischen Vergleich des K€ orperbaus von Menschenaffen und Menschen einen bald Bl€ uten treibenden Diskurs. Seine Schrift zeigt die Festigung der Gradationstheorie, d.h. der Vorstellung von der stufenf€ ormigen Anordnung der Sch€ opfung hinsichtlich des Prinzips der Vollkommenheit. Gipfeln sollte dieser Diskurs einer „Stufenturnerei“ (Honegger) im Jahr 1859 mit der Ver€ offentlichung von Darwins On the Origin of Species, die die Perspektive auf die Verwandtschaft von Mensch und Affe vom Stufenmodell hin zum Stammbaum der Evolutionstheorie verschob.35 Dies ist jener massive Wandel des „System[s] der Positivit€aten“,36 den Foucault f€ ur die Wende um 1800 feststellt – fort von einer Theorie der Repr€asentation als „allgemeine Grundlage aller m€ oglichen Ordnungen“37 hin zur Historizit€ at als Prinzip der Ordnungsformen. In diesem Sinne entwickelt sich nur folgerichtig die Frage danach, was der Mensch ist, zu jener danach, woher der Mensch kommt, und damit zu der Frage, die die

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143. Vgl. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 166. 144. Vgl. hierzu Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 280; und Boa, „Die Geschichte der O oder die (Ohn-)Macht der Frauen“, S. 218ff. 145. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 280. 146. Friedrich Schiller, „Die ber€ uhmte Frau“, in: dtv-Gesamtausgabe, S€ ammtliche Gedichte, Erster Teil, hrsg. v. Herbert G. G€ opfert (M€ unchen: dtv, 1962), Bd. 1, S. 157, zitiert nach: Boa, „Die Geschichte der O oder die (Ohn-)Macht der Frauen“, S. 233. 147. Vgl. Peter Uwe Hohendahl, „Ottilie’s education. Goethe’s Die Wahlverwandtschaften and the pedagogical discourse around 1800“, Deutsche Vierteljahresschrift, 77 (2003), S. 214–240, hier S. 231. 148. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. 149. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 170. 150. Benjamin, „Goethes Wahlverwandtschaften“, S. 282. 151. Benjamin, „Goethes Wahlverwandtschaften“, S. 311. 152. So sieht Luciane in den Affen ein ebenso modisches Gesellschaftsspiel: „Im Grunde sind doch die Affen die eigentlichen Incroyables, und es ist unbegreiflich, wie man sie aus der besten Gesellschaft ausschließen mag“ (Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 142). 153. Vgl. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 67ff. Vergleichbar auff€ allig ist die sexualisierte Taxonomie der Pflanzen, die das menschliche Geschlechtsleben auf die € €bertr€agt. Eine solche Ubertragung Flora u ist jedoch um 1800 nicht nur einseitig organisiert, wie die Charakterisierung von Frauen als pflanzenartig zeigt. Vor diesem Hintergrund ist es auch interessant, dass Benjamin aus der Ottilie eigenen Geste der flehendlich erhobenen H€ande jenes „Pflanzenhafte Stummsein“ sprechen sieht. 154. Vgl. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 46ff. und 72ff.; Douthwaite, The Wild Child, Natural Man and the Monster, S. 95ff.; und Borgards, „Affenmenschen/Menschenaffen“. 155. Vgl. Winfried Menninghaus, „Das Ausdruckslose: Walter Benjamins Metamorphosen der Bilderlosigkeit“ in: F€ ur Walter Benjamin. Dokumente, Essays und ein Entwurf, hrsg. v. Ingrid Scheuermann & Konrad Scheuermann (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1992), S. 170–182, hier S. 178ff. 156. Menninghaus, „Das Ausdruckslose“, S. 179. 157. Menninghaus, „Das Ausdruckslose“, S. 17 158. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 156.

Mira Shah ([email protected]) studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Theater- und Kulturwissenschaft, Gender Studies und Englische Philologie an der Freien Universit€at Berlin und der Humboldt-Universit€ at zu Berlin. Im Anschluss war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Exzellenzcluster „Languages of Emotion“ der FU Berlin t€atig. Seit 2013 promoviert sie im Rahmen der von der Volkswagen-Stiftung gef€ orderten Projektgruppe „Affekte der Forscher“ an der Universit€at Bern. K€ urzlich ver€ offentlichte sie einen Aufsatz zu Identit€ atskonstruktionen im kolonialen Raum im Werk des Afrikareisenden Richard Kandt.

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Goethes „Wir“ umfasst daher unter der Pr€amisse des zentrierten K€ orperbaus eine Menschengruppe, die wider aller Belege weiterhin suspekt bleibt, impliziert aber auch eine andere, die die entschiedene Konzentration auf die K€ orpermitte noch zu steigern vermag, indem sie an dieser Stelle ein Organ anbietet, an dem sich ihre Betrachtung und Beurteilung ausrichten l€asst: „Der Hauptpunkt der ganzen weiblichen Existenz ist die Geb€ armutter“.41 Mit dieser Maxime reiht sich Goethe ein in eine Entwicklung, welche die traditionsreichen Spekulationen zum weiblichen K€ orper unter dem Druck einer entstehenden (empirischen) Ontologie des Geschlechtlichen zu einer Sonderanthropologie des Weiblichen42 treibt. Der teilweise groteske Ausmaße annehmenden Faszination der Wissenschaft am weiblichen K€ orper und Wesen folgend scheint Goethe die weiblichen Fortpflanzungsorgane als eine Kr€afte aufzehrende Anomalie zu denken. So nimmt ihm die Geb€armutter auch „unter den Eingeweiden einen vorz€ uglichen Platz ein, und €außert, entweder in der Wirklichkeit oder M€ oglichkeit die h€ ochsten Kr€afte, in Anziehung, Ausdehnung, Zusammenziehung usw.“.43 Wie sp€ater ausf€ uhrlicher Darwin befasst er sich mit dem Ph€anomen, dass bei vielen Lebewesen das Weibchen weit weniger Sch€ onheitsmerkmale als das M€annchen besitzt, im Vergleich mit diesem sogar als unauff€allig bzw. unansehnlich betrachtet wird, und befindet erkl€arend: „auf die Eierst€ ocke war so viel zu verwenden, daß € außerer Schein nicht mehr stattfinden konnte“.44 Damit schließt sich Goethe hier an die Vorstellung an, der weibliche K€ orper sei eine Ausnahmeerscheinung des Menschen, eine Abweichung von der Norm, in der ein einzelner Baustein zuviel Energie fordere und daher auch eine besondere Gewichtung in der Gesamteinsch€atzung des Systems nach sich ziehe. Die Frau ist um 1800 nicht l€anger nur ein homme manqu e, wie es noch in der Encyclop edie von 1756 heißt, sondern das „System Weib“ ist zunehmend ganz auf Schw€ache und Sensibilit€at gebaut.45 Man kann Goethe weder Misogynie noch Rassismus unterstellen, doch ohne Frage steht er unter dem Eindruck seines Zeitalter, dessen € allseits gegenw€ artigen religi€ osen und philosophischen Uberzeugungen und widerstreitenden wissenschaftlichen Diskursen und deren Instrumentalisierung in Gesellschafts- und Geschlechterpolitik. Es ist nicht zuletzt ein Zeitalter, indem die Wissenschaft mit (noch) vereinten Kr€aften daran arbeitet, unter verschiedenen Vorzeichen morphologische Charakteristika zu finden, welche nat€ urliche Grenzen von Rasse und Geschlecht

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abstecken sollen. Johann Wolfgang Goethe war in die Naturforschung um den Affen, die Variet€aten und – etwas geringer – das Geschlecht involviert, sei es durch die eigenen anatomischen Studien oder die rege Teilnahme am wissenschaftlichen Austausch mit Forschern wie Blumen€ber wissenschaftbach und Soemmerring ebenso wie durch Reflexionen u 46 liche Arbeitsweisen. Seinen Ausdruck findet eben dies jedoch vor allem in seinen literarischen Werken – so in den Frauenfiguren der Wahlverwandtschaften.

III. Unliebsame Verwandtschaft: Luciane, Ottilie und die Grenzziehung am Affen

a. Luciane Luciane ist in den Wahlverwandtschaften die leibliche Tochter Charlottes, die sie zum Wohle der neuen Verbindung mit Eduard gemeinsam mit ihrer Nichte Ottilie in eine Pensionsanstalt gab. Anders als Ottilie entwickelt sich Luciane dort gem€aß ihrer Potenziale gut und ist in den Pr€ ufungen erfolgreich, sie „hat sich in jedem Sinne als Erste bewiesen“.47 W€ ahrend Ottilies schulische Bildung abgebrochen wird, da sie offensichtlich erhebliche Lernschwierigkeiten hat, wurde Luciane im Pensionat zu einem „so weit vorgeschrittenen Frauenzimmer“,48 dass sie einer gl€anzenden gesellschaftlichen Zukunft entgegenblicken kann. Dieser Gegenentwurf zur Protagonistin Ottilie wird jedoch schon in der ersten Beschreibung im f€ unften Kapitel des ersten Teils auf eine beil€aufige Art negativ gezeichnet: In ihrem Triumph am Tag der Abschlusspr€ ufungen h€ alt Luciane Ottilie laut Schilderung des p€adagogischen Gehilfen vergn€ ugt deren schlechtes Abschneiden mit den bestimmten Worten vor: „Und doch wirst du immer die Letzte bleiben!“49 Schon hier dient Luciane haupts€ achlich als narratives Instrument, das Wesen und Leiden Ottilies im Pensionat darzustellen. So taucht Luciane auch erst wieder im Geschehen des Romans auf als eine Art Stillstand in der Kr€afteverschiebung der Verwandtschaftswahl eingetreten ist und es einer dynamischen Ruhest€ orung bedarf. Ottilie und Charlotte sind auf dem Anwesen verblieben, derweil der Hauptmann in anderen Anstellungen sein Gl€ uck sucht und Eduard trotzig in den Krieg zieht. Vorher hat dieser jedoch seine Ehefrau dazu verpflich-

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tet, die verwandte Nebenbuhlerin bei sich zu behalten. Ottilie ergeht sich zunehmend in betr€ ubten Reflexionen, so dass es „nach diesem aufgedrungenen Gef€ uhl von Verg€anglichkeit und Hinschwinden“50 ist, „als wenn ein guter Geist f€ ur Ottilie gesorgt h€atte, indem er auf einmal in diese Stille, […] ein wildes Heer hereinbrachte“.51 Luciane wird fortan w€ ahrend ihres Aufenthaltes bei Charlotte und Ottilie mit dynamischen Naturmetaphern und -bildern sowie dem Wesenszug der Wildheit belegt: Zun€ achst also vom guten Geist f€ ur Ottilie eingef€ uhrt brechen sie und ihre €ber das Schloß und Ottilien“52 Reisegesellschaft als „Sturm auf einmal u herein. In „ihrem wilden wunderlichen Wesen“53 und „ungest€ ume[n] Treiben“54 ist sie „wie ein brennender Kometenkern“:55 „So peitschte Luciane den Lebensrausch im geselligen Strudel immer vor sich her.“56 Mit ihr gibt es „wildes Wetter“,57 und bei ihr und ihrem „Schwarm“58 nur „kurze Ebbe“.59 Eine solche Beschreibung mag sich in narrativer Hinsicht funktional anbietet, um zu verdeutlichen, wie sehr Luciane das festgefahrene Gef€ uge auf dem Anwesen kurzzeitig auf den Kopf zu stellen vermag; sie verweist jedoch auf weitaus mehr: Die Beschreibung und Darstellung von Luciane € ahnelt dem Bild des „Naturkinds“ oder der weiblichen „Wilden“, wie sie im achtzehnten Jahrhundert gern als Grenzfiguren des Menschlichen beleuchtet wurden.60 Ihr wildes, wunderliches Wesen vereint so gegens€atzliche Z€ uge wie Nat€ urlichkeit und Berechnung; sie wird als manipulativ und zugleich naiv, selbstlos und ohne materielles Verh€altnis zur Welt charakterisiert: „[S]o schien sie nichts Eigenes zu besitzen und den Wert der Dinge nicht zu kennen, die sich um sie geh€auft hatten.“61 Und an anderer Stelle heißt es, sie reite in jedem Wetter ohne R€ ucksicht auf Kleidung und Umst€ande: [E]s war, als wenn man nur lebte, um naß zu werden und sich wieder zu trocknen. Fiel es ihr ein, zu Fuße auszugehen, so fragte sie nicht, was f€ ur Kleider sie anhatte und wie sie beschuht war […]. Was nicht zu Pferde geschehen konnte, wurde zu Fuß durchrannt. Bald hatte sie alles gesehen und abgeurteilt. Bei der Schnelligkeit ihres Wesens war ihr nicht leicht zu widersprechen.62

Hier spielt ein rousseauistisch angehauchtes unbedarftes und unverdorbenes Naturkind, dessen Kehrseite jedoch das der exotisch sch€ onen, aber unbestimmt gef€ahrlichen, da moralisch-sittlich nicht unterrichteten Wilden ist. Die Luciane zugeschriebenen Begriffe wie Schwarm oder

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Sturm stammen aus jenen Bereichen der Natur, die mit dem Unheimli€berw€altigen chen und Bedrohlichen assoziiert sind – einer Natur, die zu u €ber die Gesellschaft hedroht. Luciane ist eine Entit€at, die unerwartet u reinbricht und ein unbekanntes Ausmaß hat, gegen das es kein Bestehen geben kann. Zugleich ist Luciane, die „Saalnixe“,63 eine erotische Erscheinung, deren Wirkung auf den jungen Mann, der ihr Br€autigam ist, gechildert wird als „eine heftige Neigung […], sie zu besitzen“.64 Denn „ [s]ein ansehnliches Verm€ ogen gab ihm das Recht, das Beste jeder Art sein eigen zu nennen, und es schien ihm nichts weiter abzugehen als eine vol€brige zu beneiden lkommene Frau, um die ihn die Welt so wie um das u h€ atte“.65 In diesem Aneignungswunsch nistet das Bild eines Naturalienkabinetts, in das Luciane als vollkommene Vertreterin ihrer „Art“ gleich dem exemplarischen Affen oder pr€aparierten exotischen Menschensch€ adel zum Ansehen und Spleen seines Besitzers eingef€ ugt werden muss. Damit wird ein Geschlechterverh€altnis als Besitzverh€altnis durchdrungen von einem Interesse f€ ur Natur und Welt, das an ein Aneignungsbegehren gekn€ upft ist. Die Art, die Luciane dabei vertritt, wird allerdings fast außerhalb zivilisatorischer Kulturf€ahigkeit ger€ uckt. Julia Douthwaite hat bereits darauf verwiesen, dass die so genannten Naturkinder manches Mal als eigene, zwischen Mensch und Affe angesiedelte Subkategorie klassifiziert wurden. „Children found in the wild“, schreibt Douthwaite, „posed wrenching questions about mankind’s potential – € both physical and moral.“66 Sie bedrohen die Uberzeugung absoluter € €ber das Tierreich durch erstens ihre Anpasmenschlicher Uberlegenheit u sung an nicht-menschliches Verhalten und zweitens ihre Unf€ahigkeit, sozusagen nachtr€ aglich menschliches Verhalten und vor allem menschliche Sprache zu erlernen.67 In den Wahlverwandtschaften wird Luciane bezeichnenderweise vis-a-vis einer exemplarischen, als modern gekennzeichneten Sammlung in ihre Schranken gewiesen: Luciane und ihr Gefolge werden als zu unsittlich und ungeschickt geschildert, als dass sie der heimatkundlichen Sammlung des Architekten, diesem Mann in „moderne[r] Zivilgestalt“,68 die geb€ uhrende Wertsch€atzung entgegenbringen k€ onnten. So versagt der Architekt ihnen einen Blick auf diese Kollektion, aus Angst, sie k€ onnten durch einen ungeb€ uhrlichen, unwissenden Umgang diese besch€adigen – wie die ungebildeten, gierigen € Kunstliebhaber, die Goethe in Uber Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der

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Kunstwerke mit einem „gen€aschigen Affen“69 gleichsetzt, der die K€aferKupferstiche aus dem naturkundlichen Werk verspeist. Daru¨ber hinaus versetzt Lucianes Neigung zu den Affen sie in Zusammenhang mit der Natur- und Menschheitsgeschichte sowie den Debatten um Zivilisations- und Kulturf€ahigkeit. Sie besitzt einen nicht n€aher bezeichneten Affen, den sie auf der Reise zur€ ucklassen musste und nun schmerzlich vermisst: [W]ie bin ich nicht ungl€ ucklich! Ich habe meinen Affen nicht mitgenommen; man hat es mir abgeraten, es ist aber nur die Bequemlichkeit meiner Leute, die mich um dieses Vergn€ ugen bringt. Ich will ihn aber nachkommen lassen, es soll mir jemand hin, ihn zu holen. Wenn ich nur sein Bildnis sehen k€ onnte, so w€are ich schon vergn€ ugt. Ich will ihn aber gewiß auch malen lassen, und er soll mir nicht von der Seite kommen.70

Luciane ist in ihrer Einstellung den Affen gegen€ uber anscheinend durch ihre verst€ andige Mutter gepr€agt, denn Charlotte versucht ihre Tochter zu tr€ osten, in dem sie ihr aus der Bibliothek „einen ganzen Band der wunderlichsten Affenbilder“71 kommen l€asst. Und tats€achlich, die Bildnisse der Affen sind ein eigener „Augentrost“ f€ ur die junge Frau. Im Roman ist es ansonsten Ottilie, deren Sch€ onheit auf die M€anner als € „wahrer Augentrost“ wirkt. Uber sie heißt es, wer sie erblicke, „den kann € nichts Ubles anwehen; er f€ uhlt sich mit sich selbst und mit der Welt in 72 € Ubereinstimmung.“ Der Anblick der Affen dagegen wirkt auf Ottilie, den Geh€ ulfen, den Architekten und den Erz€ahler geradezu verst€ orend. Lucianes Besonderheit besteht daher auch darin, die Wirkung der Affen f€ ur sich ins Gegenteil verkehren zu k€ onnen: Der Versuch tut seine Wirkung, Luciane schreit vor Freude und vergleicht die Darstellungen der Affen mit ihr und der Gesellschaft bekannten Zeitgenossen. Ein recht harmloser Zeitvertreib, der jedoch interessanterweise vom Erz€ahler der Wahlverwandtschaften mit einer deutlichen Stellungnahme in der zeitgen€ ossischen Debatte um Affen kommentiert wird. Er schildert Lucianes Vergleiche „dieser menschen€ ahnlichen und durch den K€ unstler noch mehr vermenschlichten, abscheulichen Gesch€ opfe […] mit bekannten Menschen“73 als „unbarmherzig“.74 Treffend zeigt sich hier die Abneigung € des Wissenden gegen€ uber der nicht zu leugnenden Ahnlichkeit zwischen den Menschen der Gesellschaft und den eben menschen€ahnlichen und vermenschlichten Tieren. Impliziert wird, dass ein Vergleich somit sehr wohl zul€ assig, aber aus Erbarmen diese Beleidigung des Menschen durch

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die Menschen€ ahnlichkeit des Tieres zu unterlassen sei. Umso erleichterter zeigt sich daraufhin der Erz€ahler, als er schildern darf, wie sein Lieblingskind Ottilie75 die R€ uckkehr des Architekten herbeisehnt, „dessen ernstere, geschmackvollere Sammlung die Gesellschaft von diesem Affenwesen befreien“76 soll. Lucianes €affischer Einfluss auf die lustige Gesellschaft soll nun, so die durchaus gesellschaftspolitische Hoffnung, einged€ ammt werden durch einen neuen Menschen als neuer Mann, dessen „ganz schwarz[e], knapp[e], modern[e] Zivilgestalt einen wunderlichen Kontrast mit jenen Fl€ oren, Kreppen, Fransen, Schmelzen, Quasten und 77 Kronen“ der Inszenierung der lebenden Bilder bietet. Aufgrund von Lucianes Pr€aferenz f€ ur ihren Affen und die obig geschilderten Wildheitsinsignien hat die Goetheforschung Luciane als € Verk€ orperung und Kritik des „Affischen Wesens“ betrachtet.78 In der Gegen€ uberstellung der beiden jungen Frauen Ottilie und Luciane wird letztere in dieser Affen-Szene durchweg, wie Harvey Dunkle aufschl€ usselt, aufgrund ihres bunten und l€armenden Verhaltens als Repr€asentantin des € Affischen aufgestellt. Lucianes Aufmerksamkeit heischendes Unterhaltungsprogramm ebenso wie die K€ urze ihrer Konzentrations- und Aufnahmef€ ahigkeit und ihre kindliche Anmut gepaart mit einer gewissen gesellschaftlichen Grausamkeit verweisen auf die zeitgen€ ossische menschliche Auffassung von affenartigem Verhalten.79 Allein ihr k€ orperliches Gebaren illustriert dies schon: Sie wollte mit jedermann nach Belieben umspringen, jeder war in Gefahr, von ihr einmal angestoßen, gezerrt oder sonst geneckt zu werden; niemand aber durfte sich gegen sie ein Gleiches erlauben, niemand sie nach Willk€ ur ber€ uhren, niemand auch nur im entferntesten Sinne eine Freiheit, die sie sich nahm erwidern.80

Susan Sirc erg€ anzt dies um eine weitere Repr€asentationsebene: Luciane € wird hier auch in Verbindung gebracht mit dem Begriff der „Affin“ als Beleidigung und den darin enthaltenen sexuellen Bez€ ugen. So verweist €ber Lady Emma HamSirc auf Goethes und vor allem Herders Urteile u ilton, die als Erfinderin der „Attit€ uden“ genannten statuesken Bewegungsfolge als erotisch angehauchtes gesellschaftliches Vergn€ ugen auch in anderen Aspekten Modell gestanden haben d€ urfte. Herder €außert sich €ber Lady Hamilton in einer Art, die auff€allig an die Beschreibung und u den Gesamteindruck Lucianes gemahnt: „eine sehr gemeine Person in ih-

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rem Innern, ohne feineres Gef€ uhl, wie ich glaube, f€ ur irgend etwas, was erhaben, groß und ewig sch€ on ist; eine Aeffin aber, dass nichts dr€ uber geht!“81 Lucianes „monkeying about“82 vor allem in der Auswahl der Bilder f€ ur die Tableaux Vivants, die der gebildeten, zeitgen€ ossischen Leserschaft einen eigenen Subtext bieten, beinhaltet den Hinweis auf sexuelles Fehlverhalten. Ihre enge Bindung an Affen, deren Sexualit€at und Sexualisierung gerade in den letzten Jahrzehnten des achtzehnten Jahrhunderts immer st€arker in den Diskurs getragen wurden, „mark her out as a falling woman“.83 Auch der Vergleich Lucianes mit „ein[em] brennende[n] Kometenkern, der einen langen Schweif nach sich zieht“,84 ist verschiedentlich in diese Richtung zwischen dem auch etymologisch relevanten Lucifer und dem Affen angesiedelt worden: zwei unterschiedliche aber ebenso chim€arenhaft bleibende Bedrohungen f€ ur das sittliche menschliche Selbstvertrauen. € Luciane als Affin bildet somit aber, so l€asst sich diese Argumentation noch zuspitzen, eine weitere Ebene des Kontrasts zu Ottilie, die paradoxerweise in der Geschichte vom wahlverwandten Partnertausch als Figur moralisch-sittlicher und €asthetischer Vollkommenheit stilisiert wird. Bleibt Ottilies Sch€ onheit daher auch vorwiegend immateriell, auf ebenso aufdringliche Weise unaufdringlich wie ihr Wesen, wird Luciane – als € Affen-Freundin und Ahnlichkeitssucherin ohnehin der €außeren Physis und fasslichen K€ orperlichkeit verbunden – durchaus dezidiert vom kritischen Auge des Erz€ahlers begutachtet: „Ihr sch€ oner Wuchs, ihre volle Gestalt, ihr regelm€aßiges und doch bedeutendes Gesicht, ihre lichtbraunen Haarflechten, ihr schlanker Hals […], alles war schon wie aufs Gem€ alde berechnet“85 und „ihre Z€ opfe, die Form ihres Kopfes, Hals €ber alle Begriffe sch€ und Nacken waren u on, und die Taille […] h€ ochst zierlich, schlank und leicht“.86 Die Erw€ahnung der Taille verdeutlicht, € dass Lucianes Affen-Ahnlichkeit eine behavioral-sittliche und keinesfalls eine sichtbar-physische mit dem Taille-losen Affen sein soll. Hier wird ihre menschliche physische Weiblichkeit als €asthetisches Charakteristikum hervorgekehrt. Sch€ onsein liegt bei diesem Roman jedoch im statischen Ausdruck eines Gem€aldes und nicht in der Bewegungsf€ ulle, die mit der rastlosen Luciane unweigerlich verbunden ist. So kann der Erz€ ahler nicht anders als bemerken: „und h€atte sie nur gar gewusst, dass sie sch€ oner aussah, wenn sie still stand, als wenn sie sich bewegte, indem ihr im letzten Fall manchmal etwas st€ orendes Ungrazi€ oses entschl€ upfte“.87

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€berkomDas st€ orend Ungrazi€ ose wird bezeichnenderweise nur dann u men, wenn Luciane in der Darstellung der „sogenannten v€aterlichen Ermahnung“88 dem Publikum nur in der R€ uckenansicht pr€asentiert wird, d.h. nur in jenem Augenblick, in dem sie gleich einem ausgestopften Tier Teil einer Ausstellung ist und kein Leben haben oder Lebendigkeit zeigen darf. All die Lebendigkeit und Unruhe, die Lucianes Wesen kennzeichnet, ist in ihrer Darstellung als Laster angegeben, durch sie wird Luciane als nicht der gleichen Ordnung angeh€ orend wie Ottilie stigmatisiert. Lucianes „Wildheit“ und ihr „Affenwesen“ spielen darin eine entscheidende Rolle auch hinsichtlich des f€ ur den Begriff Weiblichkeit stetig wiederkehrenden Aspekts der Sch€ onheit. So sieht Walter Benjamin in seiner Auseinandersetzung mit den Wahlverwandtschaften Wildheit auch als gravierende St€ orung einer „kanonischen“ Sch€ onheitskonzeption, € ber das M€adchen aus der Binnen-Novelle Die wunderlichen wenn er u Nachbarskinder schreibt: Jene Wildheit, die das M€adchen entstellt, ist es auch nicht die leere, verderbliche der Luciane, sondern die dr€angende, heilsame eines edlern Gesch€ opfs, soviel Anmut mit ihr sich paart, sie gen€ ugt, ein befremdendes Wesen ihr mitzugeben, des kanonischen Ausdrucks der Sch€ onheit sie zu berauben. Dieses M€adchen [aus der Novelle] ist nicht wesentlich sch€ on, Ottilie ist es.89

Luciane versammelt auf sich all das, was Ottilie ausschließt – ihre Assoziation mit Affen und ihre unreflektierte Begeisterung f€ ur diese erschließt sich haupts€achlich daraus, dass Ottilie Affen und die Besch€aftigung mit diesen zunehmend vehement ablehnt.

b. Ottilie Anhand der Affen-Szene verdeutlicht sich eine Natur/Kultur-Opposition, die sich an den beiden jungen Frauen in ihren Wesensz€ ugen und deren Beschreibungen ebenso manifestiert wie an dem naturgeschichtlichen Band, der die Affenbilder enth€alt, sowie an der Sammlung des Architekten. Lucianes Neigung zu den Affen wird von Ottilie nicht geteilt. Zun€ achst ist es eher ein neigungsloses Desinteresse, das sie mit Lucianes Br€ autigam plaudern und auf den Architekten hoffen l€asst. Letzterem hatte sie aufgetragen, seine Artefakte herbeizuschaffen, welche die Gesellschaft vom Affenwesen befreien sollen. Interessanterweise befassen sich die Aphorismen aus Ottilies beiden darauf folgenden Tagebuch-Eintr€ agen ausschließlich mit Lucianes Unarten und gesell-

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schaftlichen Sitten, nicht jedoch mit den Affen oder dem Affenwesen. Erst mit der Ankunft des Gehilfen €andert sich dies, denn „der Geh€ ulfe bl€ atterte in einigen B€ uchern und kam endlich an den Folioband, der noch von Lucianes Zeiten her liegen geblieben war. Als er sah, dass darin nur Affen enthalten waren, schlug er ihn gleich wieder zu.“90 Angesichts dieser Demonstration des Widerwillens und weil Ottilie sehr empf€ anglich ist f€ ur die Gedanken anderer, befasst sie sich in ihrem ansonsten sehr aphoristisch gehaltenen Tagebuch mit zusammenh€angenden € Uberlegungen zu den Affen und der Naturkunde. Zun€achst rekurriert sie auf den Folioband selbst und die nun schon einige Tage zur€ uckliegende €ber das Herz bringen kann, die garstigen Begebenheit: „Wie man es nur u Affen so sorgf€ altig abzubilden. Man erniedrigt sich schon, wenn man sie nur als Tiere betrachtet; man wird aber wirklich b€ osartiger, wenn man dem Reize folgt, bekannte Menschen unter dieser Maske aufzusuchen.“91 Besticht in der Affen-Szene selbst der Widerwille des Erz€ahlers an den Affen und ihrer Menschen€ahnlichkeit, so €außert sich nun Ottilies Abneigung ihnen gegen€ uber auf mehreren Ebenen und verdeutlicht damit kraftvoll, wie vielschichtig die Affenproblematik auf den Menschen um 1800 wirkt. Die Rede ist von „garstigen Affen“, d.h. das Tier wird schon an und f€ ur sich als verdorben, ekelerregend, abscheulich, schmutzig, sch€andlich, € gemein, niedrig und unsittlich92 empfunden. Eine Uberwindung ist es dann, diese „€ ublen“ Tiere auch noch „so sorgf€altig“ abzubilden, wie Luciane es zum Beispiel weiter oben in Bezug auf den eigenen Affen ank€ undigt. Hier wird einem Teil der nat€ urlichen Fauna erstens der moralisch verstandene Wert der H€ asslichkeit beigemessen, und daraus gefolgert, es sei ein sittliches Vergehen, sich mit diesen dezidiert in der genauen Betrachtung und Abbildung zu befassen. Der Mensch erniedrige sich, heißt es also folgerichtig, schon in der Anschauung dieses Wesens. Moralisch verkommen, „b€ osarti€ber Luger“ also noch – und hiermit wird indirekt, aber deutlich ein Urteil u ciane abgegeben – ist diejenige, die es wagt, Menschen durch einen Vergleich mit dem garstigen Tier zu beleidigen. Auffallend ist hier jedoch zweitens auch, dass Ottilie von einem Reiz spricht, dem man nicht folgen sollte. Damit stellt sie zugleich fest, dass grunds€atzlich ein solcher vorhanden sei, Menschen und Affen miteinander zu vergleichen. Sie weist zudem mit der „Maske“ auf die Debatte um Affen und (Menschen-)Imitation hin. Dabei ist nicht zu entscheiden, ob der Affe die Maske des Menschen tr€agt oder sich der Mensch unter der Maske des Affen versteckt. In jedem Fall

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aber handelt es sich f€ ur Ottilie bei diesem Vergn€ ugen um die gleiche „gewisse 93 Verschrobenheit“, die f€ ur ein Vergn€ ugen an „Karikaturen und Zerrbildern“94 verantwortlich ist. Hier wird ein weiterer Akzent auf Lucianes Verhalten als gesellschaftliche und €asthetische Normabweichung gesetzt. Den einfachen Grund f€ ur die vehemente Ablehnung des Affen reicht Ottilie nach, denn „[m]an frage sich, ob nicht ein jedes, aus seiner Umgebung gerissene Gesch€ opf einen gewissen €angstlichen Eindruck auf uns macht, der nur durch Gewohnheit abgestumpft wird“.95 Hier zeigt sich Angst als grundlegende und eindr€ uckliche Empfindung bei der Anschauung und dem Erleben des fremden Gesch€ opfes und zudem die Verwurzelung dieser Angst in der Differenzerfahrung. Das fremde Tier in der vertrauten Umgebung ruft ein Gef€ uhl des Unheimlichen hervor, jener „Art des Schreckhaften, welche auf das Altbekannte, L€angstvertraute zur€ uckgeht“,96 wie Sigmund Freud es sp€ater formuliert. Das Individuum kann sich der Zumutung des Unheimlichen nur allm€ahlich durch Gew€ ohnung entziehen. Der Prozess einer solchen Integration des Fremden in das Eigene ist jedoch an dieser Stelle kein positives Projekt, sondern erfordert f€ ur Ottilie eine besondere Form der Duldsamkeit: „Es geh€ ort schon ein buntes, ger€auschvolles Leben dazu, um Affen, Papageien und Mohren um sich zu ertragen.“97 Das bunte, ger€auschvolle Leben ist es ja gerade, welches Luciane in das beschauliche Landleben der „Freunde“ tr€agt. Sie vermag zumindest hinsichtlich ihres Unterhaltungswunsches die Integrationsleistung zu vollbringen, die dem Fremden das Unheimliche nimmt, und fordert diese, so m€ oglich, auch € von ihren Mitmenschen ein. Es ist jedoch eine Forderung nach Außerlichkeit und Ver€ außerung, der das Wesen Ottilies, das sich so sehr in die Innerlichkeit zur€ uckzieht, ganz und gar nicht entsprechen kann. Nichtsdestotrotz kennt auch Ottilie „ein neugieriges Verlangen nach solchen abenteuerlichen Dingen“, jedoch eher nach dem Erlebnis, „solche Wunder mit andern Wundern in lebendiger allt€aglicher Verbindung“,98 d.h. das Fremde bar der Exotik in seiner „nat€ urlichen“ Umgebung zu betrachten. Dies ist eine Situation, in welcher der Betrachter zum Fremden wird und damit eine grunds€atzlich andere Erfahrung macht als derjenige, welcher das Fremde in der eigenen Umgebung ertragen muss, in der es sich (mit Kristeva gesprochen) aufdr€angt als „verborgene Seite unserer Identit€ at, [als] der Raum, der unsere Bleibe zunichte macht, die Zeit, in der das Einverst€andnis und die Sympathie zugrunde gehen“.99 Im

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anschließenden Satz Ottilies, „Aber auch er wird ein anderer Mensch“,100 liegt die Erkenntnis, dass beides Erfahrungen sind, die das Wesen des Menschen anr€ uhren und zu ver€andern m€ ogen. Doch Ver€anderung ist f€ ur Ottilie nichts W€ unschenswertes. Im Gegenteil, der viel zitierte Satz vom Wandeln unter Palmen deutet es an: „die Gesinnungen €andern sich gewiß in einem Lande, wo Elefanten und Tiger zu Hause sind“.101 €ber Raum und Zeit hinweg ist es jedoch, was Ottilie Gesinnungstreue u hochh€ alt – ein wichtiger Aspekt im Projekt der Identit€atswahrung um 1800.

IV. „Dieweil nun Affe, Mensch und Kind / Zur Nachahmung geboren sind“:102 Die Wahlverwandtschaften als Spielraum unheimlicher Grenzaufl€ osung Wie bereits an Goethes Affenbetrachtung verdeutlicht, gehen Angst und Faszination den Affen betreffend Hand in Hand. Diese beiden Affekte werden hervorgerufen nicht allein durch die empirische Konfrontation mit dem Affen selbst, als vor allem durch das, was er dem Menschen zu symbolisieren scheint.103 Zum einen f€allt dem Beobachter unweigerlich nicht nur die anatomische Menschen€ahnlichkeit des Affen auf, sondern auch seine dem Menschen in vielem gleichenden Verhaltensweisen und eine mimetische F€ahigkeit, die sich in den meisten anderen Tieren nicht finden l€ asst. Daher wird der Affe, wie u.a. Boa und Sirc darstellen, vielerorts zum Symbol f€ ur Kunst im Allgemeinen und performative Mimesis im Besonderen. Dies birgt jedoch zum anderen auch eine Angst einfl€ oßende Kehrseite an sich, die sich in Zeiten der Identit€atskrise in der Frage € außert, was gesch€ahe, wenn die Menschenimitation des Affen zu perfekt w€ urde, wenn also der Affe zum Doppelg€anger des Menschen gerate. Vor allem in der ersten H€alfte des neunzehnten Jahrhunderts gebiert diese Vorstellung eine F€ ulle literarischer Bearbeitungen.104 In den Wahlverwandtschaften fungiert der Affe als beides, als Symbol der Kunstformen und des K€ unstlers und als unheimlicher Doppelg€anger des Menschen. Liest man, wie Susan Sirc es vorschl€agt, die Affen-Szene in den Wahlverwandtschaften im Zusammenhang mit einem Goetheschen € Kunstideal, und damit auch mit dem oben schon zitierten Uber Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke, so macht die Charakterisierung

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Lucianes als Affe sie zur Repr€asentantin des gesetzlosen, instinktiv handelnden K€ unstlers, dessen Streben nach Naturwirklichkeit ihn auf der untersten Stufe der Kunst verharren l€asst. In ihrem Gefallen an den Affen und ihrem „€affischen“ Wesen wird Luciane zum „monkey-imitator who can never rise“,105 w€ahrend Ottilie im €asthetischen Diskurs die Vertreterin der „echten“ K€ unste ist. Mit Eduard als Allegorie der geliebten, aber im Sinne eines h€ oheren Ziels zu entsagenden Natur wird Ottilie zur K€ unstlerin, die die Imitation in der Abstraktion als Vervollkommung der K€ unste hinter sich l€asst. Ottilies Selbstaufzehrung und ihr sch€ oner Tod sind damit f€ ur Sirc eine „miraculous transformation […] into aesthetic form which is ‘dead’ to the world“.106 Auch Elizabeth Boa sieht Ottilie als „Figur des sinnlich-kreativen Kerns im Schaffensprozeß, […] der die Ablenkung der erotischen Instinkte vom Sinnlichen ins K€ unstleri107 sche verlangt“: Ihr Tod ist die Verwandlung von Leben in Kunst. € Wie hier mittels der Affen eine Ubertragung des €asthetischen Diskurses auf die Frauengestalten der Wahlverwandtschaften formiert wird, ist im vorliegenden Kontext insofern relevant, als dass eben jener zeitgen€ ossische € asthetische Diskurs Frauen zur Imitation aber nicht zum Genie bef€ ahigt sieht – ebenso wie die Affen.108 F€ ur Frauen gilt im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert in abwertendem Sinn ebenfalls das den Affen wiederum aufwertende Diktum Herders: „Der Affe […] hat keinen determinierten Instinkt mehr: seine Denkungskraft steht dicht am Rande der Vernunft; am armen Rande der Nachahmung.“109 Den Frauen, so schreibt Carl Gustav Carus 1820 im Lehrbuch der Gyn€ akologie, seien „[d]as eigentliche Feld der Wissenschaft und Spekulation, die Sch€ arfe des Urtheils, die Tiefe der m€annlichen Vernunft […] unzug€anglich“, ihr Geist jedoch, sei „feiner, schneller in der Auffassung, zur richtigen Erkenntnis der einzelnen und n€aheren Verh€altnisse des menschlichen Lebens mehr geeignet, und ein gewisser Scharfsinn, Neigung zur List, so wie Fertigkeit im Uebergehen aus einer Vorstellungsreihe in die andere, ist ihm nat€ urlich“.110 Umso auff€alliger ist es, dass zwar Luciane offensichtlich mit den Affen assoziiert wird, es in diesem Roman der vielen Ottos aber ausgerechnet Ottilie ist, die als Meisterimitatorin in Erscheinung tritt. Scheinbar intuitiv formt sie sich Eduards Eigenarten derart an, dass sie zu seiner perfekten Begleiterin ger€ at. Ottilies Eintr€age in ihr Tagebuch werden bereits vom Erz€ahler als fremde Gedanken und sogar als Abschriften ausgewiesen: „[S]o ist es

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wahrscheinlich, daß man ihr irgendeinen Heft mitgeteilt, aus dem sie sich, was ihr gem€ utlich war, ausgeschrieben.“111 Geradezu unheimlich mutet es an, wenn Ottilie von jungen M€adchen als Verj€ ungungsmittel f€ ur € altere Herren schreibt: „Einem bejahrten Manne verdachte man, daß er sich noch um junge Frauenzimmer bem€ uhte. Es ist das einzige Mittel, versetzte er, sich zu verj€ ungen, und das will doch jedermann.“112 Sicherlich ist dies als Anspielung auf ihre eigene Beziehung zu Eduard zu ver€ bernimmt. In dieser begreift sie sich stehen, dessen Perspektive sie u diesen Aufzeichnungen zufolge jedoch auch als „Mittel“. Als Kopistin seiner Schriften wird sie allm€ahlich und im Schriftverlauf zudem sichtbar zur Imitatorin seiner Schrift. Die Szene, in der dies entdeckt wird, gibt €ber das Verh€altnis der Imitation zu ihrem dunklen Anderen. Aufschluss u Eduard betrachtet die Bl€atter: „Um Gottes Willen! rief er aus, was ist das? Das ist meine Hand! […] Ottilie schwieg, aber sie blickte ihm mit der gr€ oßten Zufriedenheit in die Augen. Eduard hob seine Arme empor: Du liebst mich! rief er aus; Ottilie, du liebst mich!“113 Ottilies augenscheinliche Zufriedenheit verr€at ihre Nachahmung als mimetischen €berbr€ Wunsch, den eigenen Seinsmangel zu u ucken, indem sie sich nicht nur dem begehrten Objekt angleicht, sondern auch dessen Begehren imitiert.114 In diesem Sinne gleicht Ottilie dem von Girard geschilderten Kind, das in der Mimetik seines Wunsches „€ uber keinen Maßstab, keine Distanz und kein Urteilsverm€ ogen [verf€ ugt], um die Autorit€at dieser [Wunsch-]Modelle zur€ uckzuweisen“,115 die ihm allerorts das „Imitiere mich!“ entgegenschleudern. Eduards Reaktion, diese pathologische Imi€ber seinen tation f€ ur einen Liebesbeweis zu halten, verr€at wiederum viel u Narzissmus. Aus seinem erster Ausruf, „Um Gottes Willen!“, spricht jedoch auch sogleich sublimiertes Entsetzen angesichts eines weiblichen Doppelg€ angers. Setzt man mit Rene Girard f€ ur die Identifikation eines Doppelg€angers eine Zeit der (psychischen) Krise voraus, aus der das Bed€ urfnis erw€achst, 116 sich der eigenen Person und Position zu versichern, so fahren die Wahlverwandtschaften daf€ ur einiges auf: Amour€ ose Verstrickungen und darin implizierte Alters- und Standesunterschiede, Inzesttabus ebenso wie als Hintergrund ein diffuses Zeitgeschehen, in dem sich das soziale Gef€ uge zu € andern beginnt. Dies alles zusammengenommen wird hier eine Zeit der Krise f€ ur das Individuum und die Gesellschaft aufgeboten, in der das Doppelg€ angertum seinen Platz findet, in fast all seinen bereits von

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Sigmund Freud benannten Abstufungen und Ausbildungen: als „Steige€ rung dieses [des identischen] Verh€altnisses durch Uberspringen seelischer Vorg€ ange von einer Person auf die andere […], so daß der eine das Wissen, F€ uhlen und Erleben des anderen mitbesitzt“, ebenso wie „die Identifizierung mit einer anderen Person, so daß man an seinem Ich irre wird oder das fremde Ich an die Stelle des eigenen versetzt“.117 Was Freud an dieser Stelle in Das Unheimliche unter „Ich-Verdopplung, Ich-Teilung, Ich-Vertauschung“ zusammentr€agt, und was interessanterweise auch an die dem Reigen der Wahlverwandtschaften zugrunde liegenden Bed€ urfnisse romantischer Liebe gemahnt, ist das Ph€anomen der Identit€atskrise, welches Girard wiederum als N€ahrboden des Doppelg€angertums sieht. Ein solcher Doppelg€anger wird zudem dann als monstr€ os empfun€ den, wenn eine zu große Ahnlichkeit mit dem „Original“ besteht.118 Die Monstrosit€ at des Anderen ist nicht ein monstr€ oses Anderssein sondern eigentlich die Erfahrung eines Mangels an Differenz, einer Aufl€ osung des € differenzierbaren Anderen in der Ahnlichkeit. Differenz bedeutet dem Individuum ein Harmonieversprechen, denn Gefahr f€ ur das Ich besteht nicht dort, wo sich Ich und Anderer klar voneinander scheiden und damit Identit€ at in der Abgrenzung hergestellt werden kann, sondern dort, wo Identit€ at und Differenz verschwimmen, d.h. Grenzenlosigkeit eintritt. Da, wo eine Erfahrung der Verunsicherung des Wissens von sich selbst eintritt, war „der Doppelg€anger […] urspr€ unglich eine Versicherung gegen 119 den Untergang des Ichs“. Dass der Doppelg€anger von einer positiven „Versicherung des Fortlebens […] zum unheimlichen Vorboten des Todes“120 wird, liegt f€ ur Freud wiederum daran, dass er einer (seelischen) €berwunden glaubten. Bei Girard Entwicklungsphase angeh€ ort, die wir u ist der monstr€ ose Doppelg€anger Repr€asentant jener Erfahrung von Verunsicherung im Moment der Krise, in der zuvor ein Antagonismus von „Ich“ und „Anderer“ deutlich wurde und nun ausbleibt.121 Was Girard f€ ur die Grenzverluste religi€ oser Ph€anomene formuliert, gilt ebenso angesichts der natur- und humanwissenschaftlichen Umbr€ uche im Zeitalter der Aufkl€ arung und dem Heraufd€ammern der Evolutionslehre: „Der monstr€ ose Doppelg€ anger“, schreibt Girard, „tritt die Nachfolge all dessen an und nimmt den Platz all dessen ein, was die Gegenspieler in einem weniger akuten Krisenstadium faszinierte; er tritt an die Stelle all dessen, was jeder gleichzeitig in sich aufzunehmen und zu zerst€ oren, zu verk€ orpern 122 und zu verstoßen w€ unscht“.

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In den Wahlverwandtschaften bietet die Affen-Szene eine solche unheimliche Grenzaufl€ osung in nuce: Lucianes Aufenthalt auf dem Anwesen fungiert als außerallt€agliche Situation mit krisenhafter Ausweitung auf das soziale Gef€ uge, ihr „€affisches“ Treiben stellt zumindest f€ ur Ottilie eine Bedrohung dar. In diesem Zusammenhang gewinnen auch die vielen performativen Elemente in dieser Szene eine neue Bedeutung. Wie bereits Boa darstellt, ver€andert sich das Auff€ uhrungsmotiv von der Renaissance an zunehmend weg von einem Verst€andnis als Identit€atsdarstellung hin zur Offenbarung von Identit€atsverlust oder -losigkeit. Diese Bedeutungsverschiebung geht einher mit den Ver€anderungen des aufkl€arerischen Zeitalters, in dem die Identit€at eines eurozentrischen christlichen „Wir“ immer st€ arker dadurch in Frage gestellt wird, dass es den Anderen, seien dies Juden, schwarze Menschen oder eben Affen, gelingt, sich auf je unterschiedliche Weise Teile dieser Identit€at anzueignen.123 Gleichzeitig entwickelt sich ein Geschlechterstereotyp, der zunehmend die Notwendigkeit zur performativen Mimesis vor allem bei Frauen in der „Performance“ von Weiblichkeit,124 sowie auch f€ ur M€anner bei der dezidierten Zurschaustellung von M€annlichkeit vorantreibt.125 Das Paradox liegt dabei darin, dass dem Individuum im Rahmen des Geschlechterdiskurses ein deutliches Rollenspiel abverlangt wird, parallel jedoch „performance itself […] the marker of difference, either of the inauthentic or of the unnatural, of the not quite human or, sometimes, of the super-human in contrast to the unmarked norm“126 wird. Das beunruhigende Affenwesen als Antrieb der gesellschaftlichen Unterhaltung wird ersetzt durch die Tableaux Vivants, die jedes f€ ur sich ein Weiblichkeitsbild transportieren, welchem Luciane €ahnlich wie die anderen adligen Frauen des Romans nicht entspricht, dem sich Ottilie in ihrer Entwicklung durch den Roman hindurch hingegen immer weiter angleicht. So wie Ottilie in ihrer Darbietung eines reduzierten, aber zugespitzten Weiblichkeitsbilds super-human ist und unheimlich zu wirken beginnt, fallen die Affen, und durch Assoziation wohl auch Luciane, unter den Begriff not quite human und evozieren daher ebenfalls ein – wenn auch anders ausgepr€ agtes – Gef€ uhl des Unheimlichen. Zusammenfassend l€asst sich diese menschliche Reaktion auf den Affen als Imitator und Doppelg€ anger mit Horst-J€ urgen Gerigk folgendermaßen beschreiben: Der Affe wird

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Mira Shah zur Quintessenz dessen, was wir nicht sein wollen, aber immer wieder sein m€ ussen: die Karikatur dessen, was wir sein sollten. Der Affe als unbewußter Nachahmer des Menschen wird zur unleugbaren Nachahmung des Menschen, deren Anblick „Gel€achter“ oder „Scham“ ausl€ ost. Im Gel€ achter distanzieren wir uns von dieser Nach€affung unserer selbst, in der „Scham“ wird uns die ersichtliche Affinit€at mit dem, was wir nicht sein wollen, derart bewußt, daß wir verstummen. Und deshalb eignet sich der Affe auf nat€ urliche Weise zur Veranschaulichung der Selbstentfremdung des Menschen inmitten seiner Kultur.127

€ V. Vom Naturkind zum zahmen Affchen: Bildungsideale f€ ur junge Damen Scham und Gel€ achter sind auch gerade die charakterisierenden Reaktionen der beiden jungen Frauen, die hier portr€atiert werden. Luciane weidet sich an der Menschen€ahnlichkeit und benutzt den Affen als Spielzeug und als gesellschaftliche Unterhaltung und freche Neckerei. Mit Gerigk k€ onnte man also sagen, sie weise die Nach€affung als nebens€achlich von sich und € außere dies in vergn€ ugtem Gel€achter. Ottilie dagegen, der eh ein „pflanzenhaftes Stummsein“128 aneignet, begreift diese Menschen€ ahnlichkeit in ihren Implikationen f€ ur den Menschen und empfindet daher Scham ob der erniedrigenden Besch€aftigung mit diesen Naturgegenst€ anden. Sind die Affen f€ ur Luciane haupts€achlich possierliche und unterhaltsame Tierchen, geben sie Ottilie Anlass zu einer Reflexion geborgter Gedanken zur Naturkunde und -geschichte. Nur der Naturforscher ist ihr wie Humboldt „verehrungsw€ urdig, der uns das Fremdeste, Seltsamste mit seiner Lokalit€at, mit aller Nachbarschaft, jedes Mal in dem eigensten Elemente zu schildern und darzustellen weiß“.129 Der Wunsch nach solch einer ganzheitlichen und kontextualisierenden Darstellung des Außergew€ ohnlichen und Fremden wendet sich zun€achst gegen die privaten Sammlungen des leblosen Exotischen: „Ein Naturalienkabinett kann uns vorkommen wie eine €agyptische Grabst€atte, wo die verschiedenen Tier- und Pflanzeng€ otzen balsamiert umherstehen.“130 Dann jedoch geht es dar€ uber hinaus, wenn sie ein sehr entschiedenes Bildungsideal umschreibt, das auch eine bestimmte Sicht auf die Naturforschung als Spezialistentum, als „Priesterkaste“ umfasst, deren Tun und Wirken der Allgemeinheit im „geheimnisvollen Halbdunkeln“131 bleibt. Im (Schul-)Unterricht hat dergleichen f€ ur Ottilie und ihren Mentor, den Geh€ ulfen, nichts zu suchen, denn hier kann „etwas N€aheres und W€ urdg132 geres sich dadurch leicht verdr€angt“ sehen. Schon vorab hat sich der

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anwesende P€ adagoge, im Gespr€ach mit Charlotte dahingehend ge€außert, €berall am besten, „erziehe [man] die Knaben zu Dienern es stehe u und die M€ adchen zu M€ uttern“.133 Dieses ist ein b€ urgerliche Erziehungsprojekt, dass in M€annern haupts€achlich Soldaten und Staatsdiener, die „sich gew€ ohnen m€ ussen, zusammen zu handeln, sich unter ihresgleichen zu verlieren, in Masse zu gehorchen und ins Ganze zu arbeiten“,134 effiziente moderne Zivilgestalten also, Frauen dagegen von einander isoliert „als Liebende, als Braut, […] Hausfrau und Mutter“135 sieht. In ihm geht es nicht um naturwissenschaftliche Erkenntnisse oder philosophische Spekulationen, die die Welt des Individuums erweitern oder Denkzusammenh€ange f€ ordern. Hier gilt: „Ein Lehrer, der das Gef u€hl an einer einzigen guten Tat, an einem einzigen guten Gedicht erwecken kann, leistet mehr als einer, der uns ganze Reihen untergeord€berliefert.“136 neter Naturbildungen der Gestalt und dem Namen nach u Denn letzteres f€ uhrt f€ ur Ottilie, welche die „unproportionierte Degeneriertheit und entehrende H€asslichkeit eines menschen€ahnlichen Tieres € wahr[nimmt] und ihren Projektionen zur Uberlegenheit und Exklusivit€at des Kulturmenschen Raum“ gibt, wie Hans Werner Ingensiep das Bild des Menschen vom Affen im achtzehnten Jahrhundert zusammenfasst,137 zu keinem Erkenntnisgewinn: „[D]enn das ganze Resultat davon ist, was wir ohnedies wissen k€ onnen, daß das Menschengebild am vorz€ uglichsten und einzigsten das Gleichnis der Gottheit an sich tr€agt“;138 ein zartes Echo von Goethes Vollkommenheitsvermutung. Ingensiep nennt die Anthropologie einen „Versuch, das Wesen und die Stellung des Menschen in der Ordnung des Ganzen zu finden, sei es in der Anbindung oder Abgrenzung zur nicht-menschlichen Natur“, die auf der Pr€amisse des achtzehnten Jahrhunderts ruhe, dass „der Mensch Endzweck und die Naturforschung Mittel zum Zweck menschlicher Selbstverwirklichung“139 sei. Ottilie hat dieses Projekt der anthropomorphen Naturbetrachtung gl€ anzend abgeschlossen. Sie hat erkannt, dass die narzisstische Spiegelung des Menschen in seinen nicht-menschlichen Mitwesen vielerorts nichts anderes ist, als, wie Ingensiep schreibt, „eine elegante Selbsterh€ ohung, Distanzierung und Versicherung der eigenen Exklusivit€at gegen€ uber diesen Mitwesen“.140 Fatalerweise erscheint ihr jedoch die Wissenschaft als Allgemeinbildung obsolet im Sinne eines Dogmas, das den Menschen als Herrn und Zentrum der Welt und Gleichnis Gottes setzt. Aus einem aufkl€arerischen, weltgewandten Erkenntnisprozess wird

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affirmative Innerlichkeit und ignorante Selbstbez€ uglichkeit – auch in diesem Sinn ist folgender Auszug aus Ottilies Notizen zu verstehen: „Dem einzelnen bleibe die Freiheit, sich mit dem zu besch€aftigen, was ihn anzieht, was ihm Freude macht, was ihm n€ utzlich deucht; aber das eigentliche Studium der Menschheit ist der Mensch.“141 Der Zugang zu wissenschaftlichen Diskursen €andert sich f€ ur Frauen vom achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert wesentlich. Im achtzehnten Jahrhundert schafften es zwar nur einige wenige Frauen im Rahmen popul€ arer Ausbildungsexperimente, welche die Bildungsf€ahigkeit von (m€ annlichen) Afrikanern und (europ€aischen) Frauen erprobten, an die Universit€ aten.142 Frauen traten aber vorwiegend als rege Konsumentinnen und Diskutantinnen der Naturgeschichte auf, die wie Lady Margaret Cavendish Bentinck große naturgeschichtliche Sammlungen anlegten, oder Buffon € ahnlich die Naturgeschichte als literarisches Projekt formulierten, wie Marie-Anne de Roumier Robert, Francßoise de Graffigny oder Olympe de Gouges dies taten. Die zunehmende Professionalisierung der Wissenschaften im Laufe des Jahrhunderts und die Ausbildung eines neuen Gesellschaftsmodells um 1800, welches die „Pr€amierung der Sensibilit€ at“143 auch zum zentralen Leitfaden f€ ur eine weibliche Sonderanthropologie macht, dr€angt Frauen dann jedoch in die Randgebiete der Wissenschaften ab, bis sie im neunzehnten Jahrhundert aus dem Diskurs fast vollst€ andig verdr€angt erscheinen. Ironischerweise ist es die Franz€ osische Revolution, die nicht nur das Klima f€ ur die Ausbildungsexperimente und die Teilhabe schwarzer Wissenschaftler an einem anthropologischen Diskurs sp€ urbar verschlechtert, sondern auch ein radikal anderes Weiblichkeitsbild mit sich bringt.144 Die finanziell oft eigenst€ andige und wenn nicht an der Universit€at so im damit konkurrierenden Salon gebildete, wissenschaftlich interessierte Adlige oder Angeh€ orige des selbstbewussten B€ urgertums muss einer Frau weichen, die „als umsorgte Gattin und liebende Mutter einen Platz im Schoße einer Familie finde[t]“.145 Das N€ ahere und W€ urdigere, welches Ottilie durch naturwissenschaftliche und -geschichtliche Bildung gef€ahrdet sieht, ist die Ausbildung, die ein solches Weiblichkeitsmuster bef€ ordert: Gef€ uhlsbildung statt Weltbildung, Religiosit€at und Innerlichkeit anstatt anthropologischer und naturgeschichtlicher Erkenntnissuche. Bildung dient hier nicht l€anger der intellektuellen und pers€ onlichen Entwicklung, sondern der Ausschm€ uckung

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des Weiblichen zum Gefallen des Mannes. Das „verst€andige M€adchen“ mit seinen Anlagen zu jenen ber€ uhmt gewordenen intellektuellen Frauen, die Schiller als „Mittelding von Weisen und Affen“146 bezeichnet, wird durch das „empfindsame M€adchen“ ersetzt.147 In diesem Sinne zeigt Goethe in den Wahlverwandtschaften die Abl€ osung des einen Weiblichkeitskonzepts durch das andere, indem er Ottilie vor Charlotte und Luciane in den Vordergrund r€ uckt. Charlotte als aufgekl€arte, finanziell unabh€ angige und vielseitig naturgestalterisch t€atige Adlige und ihre un€berwiegend unterhaltsame Tochgeb€ andigte, vergn€ ugungss€ uchtige, aber u ter Luciane werden von der neuen Frau in der Gunst der M€anner abgeh€ angt. Zwar bleibt der Hauptmann noch als verst€andiger, professioneller Bewunderer Charlottes und der Graf als libertin€arer Ehereformer, Eduard und der Geh€ ulfe jedoch entsprechen einem Zeitgeist, der an der Schwelle zum neunzehnten Jahrhundert eine neue, b€ urgerliche Ordnung etabliert, in der die Rollen der Geschlechter sich wesentlich ver€andert und verfestigt haben. Damit repr€asentieren beide eben auch eine damit einhergehende ver€ anderte Rolle des Mannes. Eduard ist der Schw€armer, der sich von der verst€andnisvollen, aber auch ebenb€ urtigen Ehefrau abwendet, um eine wesentlich j€ ungere Frau, deren Ausbildung noch nicht einmal abgeschlossen ist, und die sich ihm gleich einem Kleidungsst€ uck in Wesen und Aufmerksamkeit anformt, zu begehren und in ihr (jenem Mittel zur Verj€ ungung) seine eigene Empfindsamkeit zu zelebrieren. Der Geh€ ulfe dagegen verfolgt ein p€adagogisches Konzept, welches das Fremde und Andere als Gegenstand ebenso ausschließt wie die aus ihm gewonnene €ber sich selbst als Mensch und Wesen: analytische Erkenntnis u Von der Natur […] sollten wir nichts kennen, als was uns unmittelbar lebendig umgibt. Mit den B€aumen, die um uns bl€ uhen […], mit jeder Staude, an der €ber den wir hinwandeln, haben wir wir vorbeigehen, mit jedem Grashalm, u ein wahres Verh€altnis, sie sind unsere echten Kompatrioten. Die V€ ogel die auf unsern Zweigen hin und wider h€ upfen, die in unserm Laube singen, geh€ oren uns an, sie sprechen zu uns, von Jugend auf, und wir lernen ihre Sprache verstehen.148

Natur interessiert hier nur als heimische, nur dort, wo sie von Jugend an vertraut und intelligibel ist. Ihre Bedeutung liegt in der An- bzw. Erregung f€ ur das Gef€ uhl, das sie hervorzurufen vermag. W€ urmer und K€afer, mit denen Ottilie sich niemals befreunden konnte, die garstigen Affen, Papageien, Elefanten und Tiger und eben auch die dem B€ urger an der

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Jahrhundertwende gar nicht mehr so fremden „Mohren“, all diese werden im Sinne einer €asthetischen Bildung des Herzens, einer Erweckung des Gef€ uhls aus dem Gedicht, als kontraproduktiv betrachtet. In diesem Bildungsideal, versinnbildlicht an dem Bestreben des Geh€ ulfen, in Ottilie €bernimmt der Ehe„einer Geh€ ulfin, einer Gattin“149 f€ undig zu werden, u mann unter strengem Regiment die empfindsame Bildung der Frau aus der Hand ihres Vaters oder Vormunds und sorgt daf€ ur, alle sch€adlichen Einfl€ usse von ihr fernzuhalten. Dazu ben€ otigt es auch eines neuen M€ annlichkeitsideals, eben jener n€ uchternen modernen Zivilgestalt, die als Gegengewicht zum adligen Libertinismus das weibliche Unbill im Zaume zu halten versteht und somit die Sensibilit€at der weiblichen Anthropologie zu gew€ ahren vermag. In diesem Sinne sind Eduard, der Geh€ ulfe und der Architekt in den Wahlverwandtschaften ebenfalls Entw€ urfe eines neuen Geschlechtsmusters.

VI. „Kein Gef u€hl ist reicher als die Angst“:150 Ottilie und der monstr€ ose K€ orper Was ist der Mensch? Johann Wolfgang Goethe gibt in seinem Roman zumindest zuhauf Hinweise darauf, was die Frau im zeitgen€ ossischen Verst€ andnis zu sein hat und welchen Reiz diese Form von Weiblichkeit auf den modernen Mann auszu€ uben vermag. Goethes Wahlverwandtschaften zeigt uns zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts die Abl€ osung des alten Weiblichkeitsmusters durch das neue Stereotyp auf, ohne sich einer Schw€ armerei f€ ur dieses neue Wesen erwehren zu k€ onnen. Ottilies Entwicklung im Roman l€asst sie immer st€arker im Fokus der Handlung und der Gunst des Erz€ahlers stehen und die anderen beiden Frauenfiguren an die Wand spielen. Wie Walter Benjamin sehr richtig feststellt, kann man € „die Uberzeugung von Ottiliens Sch€ onheit als Grundbedingung f€ ur den Anteil am Roman“151 bezeichnen. Denn zweifelt man an dieser und der €berdurch sie fast grenzenlos gew€ahrten Bevorteilung, so k€ onnte uns u spitzt formuliert auch ein lernbehinderter, anorektischer Teenager vor Augen stehen, der in romantischer Schw€armerei ihrer verst€andigen Tante den Mann abspenstig macht und in selbstgerechtem Trotz jenes gute Ende vereitelt, dass sich zur Zufriedenheit aller doch noch h€atte einstellen k€ onnen. Sehen wir sie dagegen weiter als mimetisch Hochbegabte, so bedarf es dennoch einer Negativschablone wie Luciane, die Ottilie erst

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recht in ihren Konturen als sittlich begehrenswert erscheinen l€asst. Charlotte und Luciane vertreten das Bild des weiblichen, aufgekl€arten Adels in unterschiedlichen Facetten, Ottilie die Abl€ osung dieses Bildes durch das zarte b€ urgerliche M€adchen. Beinhaltet ersteres durchaus widerspr€ uchliche Z€ uge zwischen universalen Bildungsinteressen und der Tendenz zu undomestizierter Wildheit, ist letzteres zun€achst von €asthetischer Homogenit€ at. Hier wird in den Wahlverwandtschaften in gewisser Weise die Geburt der femme fragile begr€ ußt, die in ihrer mysteri€ osen Hinfl€aligkeit das Begehren romantischer Idealisten zu wecken weiß, w€ahrend ihr € alteres und nicht minder idealisiertes Anderes, als femme fatale einen klaren Umriss als bedrohliche erotische Kraft und absurdes intellektuelles € Mischwesen (der „Affin“) bekommt. In der eingangs erw€ahnten neuen Ordnung erh€alt das Andere neue Schattierungen. Als zugleich bedrohliche und faszinierende Gegenposition zur Norm des weißen, m€annlichen Menschen vermag es einerseits zutiefst zu verunsichern, andererseits kann es jedoch auch dazu herangezogen werden, in anatomischen Studien, naturgeschichtlichen € Spekulationen und philosophischen Debatten Ahnlichkeiten und Unterschiede zu etablieren, die das Wesen des Menschen best€atigen sollen. Dass dabei Affen, schwarze Menschen und Frauen als Varianten des Anderen in unterschiedlichen Diskursen instrumentalisiert werden, ist vor €berschneiden. allem dort interessant, wo sich diese Diskurse mitunter u Im Variet€ aten- und sp€ateren Rassendiskurs werden emsig Affen und Afrikaner miteinander verglichen, in den p€adagogischen Utopien der Zeit Afrikaner und Frauen als Untersuchungsgegenst€ande vielfacher Bildungsexperimente herangezogen und im Geschlechterdiskurs trifft die (europ€ aische) Frau als sittliches Wesen schlechthin auf anthropomorphe Vorstellungen von omnipotenten, gef€ahrlichen (m€annlichen) Affen und artigen, zahmen Affendamen, ganz zu schweigen von der lustvollen Angst vor den hypersexualisierten Afrikanern beiderlei Geschlechts. An dieser Stelle spielten Affen und Frauen die Hauptrolle, weil Die Wahlverwandtschaften eine instrumentalisierende Verbindung zwischen diesen beiden Topoi des „Anderen“ herstellen. Zum Affen unterhielt Goethe ein zwiesp€ altiges Verh€altnis: Fast als Illustration der menschlichen Reaktion auf den Affen positionierte sich Goethe zwischen dem anatomischen Interesse des Naturforschers, der letztlich anhand eines Knochens zu beweisen vermag, dass Mensch und Affe verwandt sind,

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€sthetischen Vorurteil, welches ihm den Affen als absurde, und dem a garstige Kreatur erscheinen l€asst. Die Gr€ unde f€ ur diesen Eindruck liegen in der nicht zu leugnenden €außeren Menschen€ahnlichkeit des Affen, respektive Affen€ ahnlichkeit des Menschen, und seiner F€ahigkeit zum und Fertigkeit als Imitator des Menschen. Der Menschen-Imitator Affe l€ ost einerseits positive Reaktionen oder Emotionen wie Faszination und Bewunderung oder Belustigung hervor, wie in den Wahlverwandtschaften an Luciane demonstriert, die die Affen sogar f€ ur die „wahren Incroyables“ h€ alt152 – also diejenige gesellschaftliche Str€ omung, die auch am ehesten als „affig“ zu bezeichnen w€are. Andererseits weckt er Besch€amung € angesichts der Verwandtschaft und Ahnlichkeit, denn im Affen wollen wir uns nicht erkennen, wie Ottilie mehrfach unter Beweis stellt. Und doch ist es gerade Ottilie, die es dem Affen gleich tut und zur Meisterin der Nachahmung wird und darin so erfolgreich ist, dass sie zum unheimlichen Doppelg€ anger geraten kann. Die Vorstellung vom Affen als Doppelg€ anger des Menschen entspringt der tiefen Verunsicherung des Menschen bez€ uglich seiner selbst und der fragilen zivilen Welt, in und mit der er seine Exklusivit€at in der Sch€ opfung begr€ undet. Die Frau als Imitatorin und Doppelg€angerin zu denken, verweist auf die €asthetische Vorstellung, die ihr das Genie, Eigenes und Neues zu schaffen, abspricht. Gegen Ende des achtzehnten Jahrhundert weitgehend vom wissenschaftlichen Diskurs ausgeschlossen und der Bildung nur unter M€ uhen teilhaftig, wird die Frau im Zuge einer Auseinandersetzung mit Geschlechtsunterschieden und damit zu legitimierender -hierarchien zugleich Forschungsobjekt wie auch Ordnungsprinzip in einer m€annlich gepr€agten Wissenschaft, die z.B. Br€ uste als Ordnungsmerkmal der großen Tiere w€ahlt und damit bis heute die Sicht auf und Ordnung der Natur tief pr€ agt.153 Ging es im achtzehnten Jahrhundert in den zivilisationskritischen p€ adagogischen Schriften und den Ausbildungsexperimenten im Rahmen des anthropologischen ebenso wie des Geschlechterdiskurses154 darum, die Bef€ ahigung (von wilden Kindern, Afrikanern und Frauen) zur der Bildung je nach ideologischer Pr€amisse unter Beweis zu stellen oder zu widerlegen, entsteht nun an der Schwelle zur b€ urgerlichen Moderne ein eigenst€ andiges weibliches Bildungsideal: eine sittliche, vor ihrer eigenen Sexualit€ at durch empfindsame Bildung des Herzens zu bewahrende junge Dame, die erzogen wird, Gattin und Mutter zu sein, und folglich noch weniger Zugang zu naturwissenschaftlichen und

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-geschichtlichen Inhalten erh€alt. Eduard, der Geh€ ulfe und der Erz€ahler sind dessen Geburtshelfer, Ottilie das Wesen, das sie zur Welt bringen. Goethe zeigt in den Wahlverwandtschaften unter Zuhilfenahme ausgerechnet der Affen Ottilie als Symbolfigur dieses neuen, romantischen Ideals von Weiblichkeit auf. In den Wahlverwandtschaften entwickelt sich allerdings auch, fast schon subversiv, anhand eines Verst€andnisses von sch€ oner Weiblichkeit eine weitere Form der Monstrosit€at, die in der Figur Ottilie manifest wird. Wie Winfried Menninghaus in Bezug auf Benjamin erl€autert, ist es philosophisch vor allem der eigene K€ orper, der als monstr€ os wahrgenommen werden muss, da er sich nie in seiner Ganzheit von uns selbst direkt betrachten l€ asst.155 Der K€ orper selbst „defiguriert jedes m€ ogliche Bild seiner selbst als einer figurierten Ganzheit und ist insofern ebenso bilderlos wie das moralische Wesen des Menschen“, er kann nie die „imagin€are Totalit€ at im Spiegelbild“ erreichen und verbleibt, so Menninghaus, in einem Spiegelstadium ohne Spiegel, „beim Unverm€ ogen einer integrativen Aneignung seiner selbst stehen“.156 Gerade die Singularit€at dieses „gestaltlosen, virtuell unbegrenzten und visuell unzug€anglichen K€ orper[s]“157 l€asst den K€ orper jedoch f€ ur Benjamin zum moralischen Instrument werden. Ottilies Tod durch Nahrungsverweigerung, ein sch€ ones Dahinscheiden, wie es symptomatisch wird f€ ur einen Großteil der romantischen Literatur und Dichtung, ist Ergebnis der mimetischen Angleichung an Eduard. Der Verlust dieses ein eigenes Ich vertretenden Subjektes „Eduard“ durch den moralischen Verzicht gegen Ende des Romans f€ uhrt bei Ottilie zur dissoziativen Aufl€ osung s€amtlicher Ich-Grenzen. In Folge nimmt sie sich und ihren K€ orper als Monstrosit€at wahr und versucht sich durch ihn vollst€andig zum Verschwinden zu bringen. In dieser Form erscheint das Thema der Monstrosit€at auch zwiefach als Kommentar in den Wahlverwandtschaften: Sowohl im Umgang der modernen Subjekte € mit den Affen selbst als Uberschreitung der Grenzen des Sittlichen und als Mahnung vor der Grenzaufl€ osung des Menschen im Affen, als auch an Ottilie, an der sich Monstrosit€at und Sch€ onheit wie unterschiedliche Seiten der gleichen Medaille nicht ohne einander erschließen lassen. Die Monstrosit€ at des K€ orpers, das ist auch der Lokus der Affen€ahnlichkeit in der menschlichen Organisation. Umso deutlicher also muss sich diese neue Frau, der die Drohung des Monstr€ osen ohnehin innewohnt, nicht nur vom eigenen K€ orper sondern auch vom tierischen Anderen und

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dessen Sympathisantin Luciane distanzieren. Lucianes unbek€ ummertes Spiel mit der Menschen€ahnlichkeit des Affen ist eben auch ein Spiel mit den flexiblen Grenzen des Sittlichen, die f€ ur Ottilie als Grenzfigur einer neuen Ordnung das Spielerische verlieren, denn nun heißt es, wie Ottilie schreibt: „Der Umgang mit Frauen ist das Element guter Sitten.“158 Die Affen sind Ottilie nicht mehr das aus dem sittlichen Kontrast entsprungene L€ acherliche, sie gemahnen an das im Dienste eines neuen Ideals Verdr€ angte und zugleich evolution€ar Herandr€angende: Diese garstigen Wesen unter der Oberfl€ache des Menschlichen. ANMERKUNGEN 1. Johann Wolfgang Goethe, Die Wahlverwandtschaften (Frankfurt am Main & Leipzig: insel, 1972), S. 144. 2. John Locke, An Essay Concerning Human Understanding, hrsg. v. Alexander Campbell Fraser (New York: Dover Publications [1690] 1959), Bd. 2, S. 73. 3. Vgl. hierzu und zum Folgenden Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge. Eine Arch€ aologie der Humanwissenschaften (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1974), S. 25ff. 4. Foucault, Die Ordnung der Dinge, S. 26. 5. Foucault, Die Ordnung der Dinge, S. 27, Hervorhebung im Original. 6. Vgl. Londa Schiebinger, Am Busen der Natur. Erkenntnis und Geschlecht in den Anf a€ngen der Wissenschaft (Stuttgart: Klett-Cotta, 1995), S. 118–119, und auch Roland Borgards, „Affen. Von Aristoteles bis Soemmerring“ in: Monster. Zur a€sthetischen Verfasstheit eines Grenzbewohners, hrsg. v. G€ unter Oesterle, Roland Borgards & Christine Holm (W€ urzburg: K€ onigshausen & Neumann, 2009), S. 240–253. 7. Locke, An Essay Concerning Human Understanding, S. 73. 8. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 16. 9. Elizabeth Boa z.B. hat in ihrer vorbildlichen Studie zu den Wahlverwandtschaften im Kontext des Geschlechterdiskurses um 1800 den problematischen historischen Begriff der Menschenrechte im emanzipatorischen Diskurs des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts gr€ undlich seziert und deutlich werden lassen, welcher Verzerrung die b€ urgerliche Emanzipation schon bald nach der Revolution ausgeliefert war. Vgl. Elizabeth Boa, „Die Geschichte der O oder die (Ohn-)Macht der Frauen“, Goethe-Jahrbuch, 118 (2001), S. 217–233. 10. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 132. 11. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 118. 12. Vgl. Claudia Honegger, Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaft vom Menschen und das Weib 1750–1850 (Frankfurt am Main: Campus, 1991), S. 5–6. 13. H€aufig wird gerade dies getan, vgl. z.B. Boa, „Die Geschichte der O oder die (Ohn-)Macht der Frauen“, S. 230. 14. Max Horkheimer & Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufkl€ arung. Philosophische Fragmente (Frankfurt am Main: Fischer, 2006), S. 269. Siehe auch Robert Savage, „Menschen/Affen. On a Figure in Goethe, Herder and Adorno“ in: Texte,

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Tiere, Spuren. Sonderheft der Zeitschrift f u€r Deutsche Philologie, 126, hrsg. v. Norbert Otto Eke & Eva Geulen (Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2007), S. 110–125. In diesem Sinne zeigt die Kontingenz, mit der Frauen und Affen gemeinsam in verschiedenen Diskursen figurieren, auf, inwiefern sich Formen des „Otherings“, wie sie in den Gender Studies, den Postcolonial Studies und j€ ungst in den immer mehr an Bedeutung gewinnenden Human–Animal Studies als kritischer Gegenstand €bertragen lassen. diskutiert werden, gegenseitig beeinflussen und wie sie sich u Vgl. Rene Girard, Das Heilige und die Gewalt (Z€ urich: Benzinger, 1987), S. 211ff. Borgards, „Affen. Von Aristoteles bis Soemmerring“, S. 242. € Anregungen f€ ur die vorliegenden Uberlegungen ergaben sich u.a. im Austausch mit Hanna Engemeier, die derzeit am Graduiertenkolleg Mediale Historiographien der Bauhaus-Universit€at Weimar an einer Dissertation zum Thema „Nach€affen – Karriere einer Phobie bei Nietzsche, Nordau, Klimt“ arbeitet. „Gespr€ach mit Eckermann 9.7.1827“ in: Goethe-W€ orterbuch, hrsg. v.d. Akademie der Wissenschaften der DDR, Akademie der Wissenschaften in G€ ottingen & Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Stuttgart, Berlin, K€ oln u.a.: Kohlhammer, 1978), Bd. 1, S. 278. Vgl. Peter Matussek, „Transformationen der Naturgeschichte. Thema und Kompositionsprinzip“ in: Goethe und die Verzeitlichung der Natur, hrsg. v. Peter Matussek (M€ unchen: Beck, 1998), S. 7–14, hier S. 8. Matussek, „Transformationen der Naturgeschichte“, S. 9. Johann Wolfgang Goethe, „Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie“ in: Goethes Werke, Hamburger Ausgabe in 14 B€ anden, textkrit. durchges. u. m. Anm. versehen v. Dorothea Kuhn & Rike Wankm€ uller (M€ unchen: Beck, 1975), Bd. 13, S. 169–184, hier S. 172. F€ ur eine Zuspitzung, die Goethes Humanit€at in Frage stellt, siehe Robert Savage, „Menschen/Affen“, S. 112–118. Johann Wolfgang Goethe, „Principes de philosophie zoologique“ in: Goethes Werke, Hamburger Ausgabe in 14 B€ anden, textkrit. durchges. u. m. Anm. versehen v. Dorothea Kuhn & Rike Wankm€ uller (M€ unchen: Beck, 1975), Bd. 13, S. 219–250, hier S. 236. Vgl. auch Manfred Wenzel, „Der gescheiterte Dilletat: Goethe, Soemmerring und das os intermaxillare beim Menschen“ in: Gehirn – Nerven – Seele. Anatomie und Physiologie im Umfeld Samuel Thomas Soemmerrings, hrsg. v. G€ unter Mann & Franz Dumont (Stuttgart & New York: Gustav Fischer, 1988), S. 289–329. Johann Wolfgang Goethe, „Vergleichende Knochenlehre“ in: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 B€ anden, textkrit. durchges. u.m. Anm. versehen v. Dorothea Kuhn & Rike Wankm€ uller (M€ unchen: Beck, 1975), Bd. 13, S. 206–212, hier S. 206. Goethe, „Vergleichende Knochenlehre“, S. 209. Johann Wolfgang Goethe, „Paralipomenon 264 zu ‘Zur speciellen Morphologie und zur Zoologie’“ in: Goethes Werke. Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. Nachtr€ age zu Band 6–12, hrsg. i. Auftr. d. Großherzogin Sophie v. Sachsen (Weimar: B€ ohlau, 1904), Abt. II, Bd. 13, S. 253. Goethe, „ Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie“ S. 178–179, Hervorhebung im Original. Vgl. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 146ff.

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30. Johann Wolfgang Goethe, „Sizilien“ in: Goethes Werke. Itali€ anische Reise II, hrsg. i. Auftr. d. Großherzogin Sophie v. Sachsen (Weimar: B€ ohlau, 1904), Abt. I, Bd. 31, S. 79–234, hier S. 112. 31. „Gespr€ach mit Eckermann 9.7.1827“, S. 278. 32. Harvey Dunkle, „Monkey business in Goethe’s Faust, Die Wahlverwandtschaften, and science“, Goethe Yearbook, 4 (1988), S. 123–135, hier S. 125. 33. Goethe, „Paralipomenon 264“, S. 253. 34. Christoph Martin Wieland, Aristipp. Zweites Buch. C. M. Wielands S€ ammtliche Werke, hrsg. v.J.G. Gruber (Leipzig: G€ oschen’sche Verlagshandlung), 1825, Bd. 37, S. 272. 35. Siehe Edward Tyson, Orang-outang, sive, Homo sylvestris: or The Anatomy of a Pygmie Compared with That of a Monkey, an Ape, and a Man (London: Dawson, 1966 [1699, Faks. Ausg.] und Charles Darwin, On the Origin of Species by Means of Natural Selection: Or the Preservation of Favored Races in the Struggle of Life (London: John Murray, 1859). 36. Foucault, Die Ordnung der Dinge, S. 26. 37. Foucault, Die Ordnung der Dinge, S. 26. 38. Um nur einige zu nennen: Rousseaus Discours sur l’origine et les fondements de l’in egalit e parmi les hommes (1750), Linnes Systema naturae (1767), Soemmer€ rings Uber die k€ orperliche Verschiedenheit des Negers (1785), Buffons Naturgeschichte der vierf€ ußigen Thiere (1791), Blumenbachs De generis humanis varietate nativa (1775). Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts setzt sich dies fort, z.B. mit Cuviers Le r egne animal (1817). €ber die Gestalt der 39. Johann Wolfgang Goethe, „Paralipomenon 231 zu ‘Versuch u Thiere’“ in: Goethes Werke, Goethes Naturwissenschaftliche Schriften, Nachtr€ age zu Band 6–12, hrsg. i. Auftr. d. Großherzogin Sophie v. Sachsen (Weimar: B€ ohlau, 1904), Abt. II, Bd. 13, S. 229–231, hier S. 230. 40. Goethe, „Paralipomenon 231“, S. 230, meine Hervorhebung. 41. Johann Wolfgang Goethe, „Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie“ in: Goethes Werke, Hamburger Ausgabe in 14 B€ anden, textkrit. durchges. u. m. Anm. versehen v. Dorothea Kuhn & Rike Wankm€ uller (M€ unchen: Beck, 1975), Bd. 13, S. 169–184, hier S. 179. 42. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 168. 43. Goethe, „Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie“, S. 179. 44. Goethe, „Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie“, S. 179–180. 45. Vgl. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 165ff. 46. So z.B. in der Schrift „Principes de philosophie zoologique“, in welcher sich Goethe explizit mit der Debatte der zeitgen€ ossischen Naturforscher zwischen Synthese (Buffon, Geoffroy de St. Hillaire) und Analyse (Daubenton, Cuvier) auseinandersetzt. Vgl. Goethe, „Principes de philosophie zoologique“, S. 219–250. 47. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 44. 48. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 44. 49. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 46. 50. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 137. 51. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 137, meine Hervorhebung.

Garstige Affinit€ aten 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60.

61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69.

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Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 137. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 139. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 137. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 139. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 145. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 149. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 155. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 159. Siehe z.B. Julia Douthwaite, The Wild Child, Natural Man and the Monster. Dangerous Experiments in the Age of Enlightenment (Chicago & London: The University of Chicago Press, 2002). Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 145–146. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 138. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 140. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 137. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 137. Douthwaite, The Wild Child, S. 11. Vgl. Douthwaite, The Wild Child, S. 11–12. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 141. € Johann Wolfgang Goethe, „Uber Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke“ in: Goethes Werke, Hamburger Ausgabe in 14 B€ anden, textkrit. durchges. v. Werner Weber & Hans Joachim Schrimpf, komm. v. Herbert v. Einem & Hans Joachim Schrimpf (M€ unchen: Beck, 1973), Bd. 12, S. 67–73, hier S. 71. Dieser Vergleich in einem Urteil, das sich gegen eine „nat€ urliche, oft rohe und gemeine Weise“ des Kunstkonsums richtet, ist hinsichtlich des Affenbildbandes in den Wahlverwandtschaften im vollen Zitat noch bezeichnender: Ein großer Naturforscher besaß, unter seinen Haustieren, einen Affen, den er einst vermißte und nach langem Suchen in der Bibliothek fand. Dort saß das Tier an der Erde und hatte die Kupfer eines ungebundenen naturgeschichtlichen €ber dieses eifrige Studium des HausWerkes um sich her zerstreut. Erstaunt u freundes, nahte sich der Herr, und sah zu seiner Verwunderung und zu seinem Verdruß, dass der gen€aschige Affe die s€amtlichen K€ afer, die er hie und da abgebildet gefunden, herausgespeist habe.

70. 71. 72. 73. 74. 75.

Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 142–143. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 143. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 149. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 143, meine Hervorhebung. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 143. William J. Lillyman fasst diese auff€allige, im Laufe des Romans stetig wachsende Neigung des Erz€ahlers zu Ottilie treffend zusammen: In regard to Ottilie, the narrator waxes sentimental, resorts to hyperbole, implies that he is the only person capable of appreciating her fully, and views her with the eyes of a lover. The narrator thus displays the same mixture of rational and irrational attributes found in the major characters […]. Far from being totally aloof and distant, the narrator is subject to the emotions which

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Mira Shah affect the characters. (William J. Lillyman, „Affinity, innocence and tragedy: The narrator and Ottilie in Goethe’s Wahlverwandtschaften“, The German Quarterly, H. 53, Nr. 1 (1980), S. 46–63, hier S. 47.

76. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 143, meine Hervorhebung. 77. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 141. 78. Siehe z.B. Dunkle, „Monkey business“; Elizabeth Boa, „Aping and parroting: Imitative performance in Goethe’s Die Wahlverwandtschaften“ in: Performance and Performativity in German Cultural Studies, hrsg. v. Caroline Duttlinger, Lucia Ruprecht & Andrew Webber (Oxford, Bern, Berlin u.a.: Peter Lang, 2003), S. 21–40; Susan Sirc, „Monkeys, monuments and miracles: Aspects of imitation of word and image in Die Wahlverwandtschaften“, German Life and Letters, H. 47, S. 432–448; und besonders scharf pejorativ hinsichtlich sowohl Lucianes als auch der Affen Isabella Kuhn, Goethes Wahlverwandtschaften oder das sogenannte B€ ose. Im Besonderen Hinblick auf Walter Benjamin (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1990). 79. Vgl. auch Dunkle, „Monkey business“, S. 133. 80. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 147. 81. Sirc zitiert hier ohne Angabe aus August Langens Aufsatz „Attit€ ude und Tableau in der Goethezeit“, Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft, Bd. 12 (1968), S. 194–258, S. 205ff., darin findet sich f€ ur dieses Zitat die Angabe: „Brief vom 21. Februar 1789“ in: Herders Reise nach Italien. Herders Briefwechsel mit seiner Gattin, vom August 1788 bis Juli 1789, hrsg. v. Heinrich D€ untzer & Ferdinand Gottfried v. Herder (Gießen: 1859), S. 260. Siehe Sirc, „Monkeys, monuments and miracles“, S. 437. 82. Sirc, „Monkeys, monuments and miracles“, S. 437. 83. Sirc, „Monkeys, monuments and miracles“, S. 437. 84. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 139. 85. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 150–151. 86. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 153. 87. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 151. 88. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 153. Zur sexuellen Implikation dieses Gem€aldes vgl. Sirc, „Monkeys, monuments and miracles“, S. 442–443. 89. Walter Benjamin, „Goethes Wahlverwandtschaften“, in: Johann Wolfgang Goethe, Die Wahlverwandtschaften (Frankfurt am Main: insel 1972), S. 253–333, hier S. 318. 90. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 173. 91. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S, 173–174. 92. So die Synonyme aus dem Eintrag „garstig“ in: Jacob & Wilhelm Grimm, Deutsches W€ orterbuch, Fotomechanischer Nachdruck der Erstausgabe 1854 (M€ unchen: dtv, 1984), Bd. 4, Abt. I, 1. H€alfte, S. 1375–1381. 93. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. 94. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 147. 95. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. 96. Sigmund Freud, „Das Unheimliche“ in: Studienausgabe in 10 B€ anden mit einem Erg€ anzungsband. Psychologische Schriften, hrsg. v. Alexander Mitscherlich, Angela Richards & James Strachey (Frankfurt am Main: Fischer, 2000), Bd. 4, S. 241–247, hier S. 244. 97. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174.

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98. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. 99. Julia Kristeva, Fremde sind wir uns selbst (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1990), S. 11. 100. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. 101. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. 102. Johann Wolfgang Goethe, „Parabel“ in: Goethes Werke, Gedichte, zweiter Theil, hrsg. i. Auftr. d. Großherzogin Sophie v. Sachsen (Weimar: B€ ohlau, 1888), Abt. I, Bd. 2, S. 211–212, hier S. 211. 103. Zum ambivalenten Verh€altnis des Menschen zum Affen vgl. u.a. Roland Borgards Arbeiten: „Affenmenschen/Menschenaffen. Kreuzungsversuche bei Rousseau und Bretonne“ in: „Es ist nun einmal zum Versuch gekommen.“ Experiment und Literatur 1580–1790, hrsg. v. Michael Gamper (G€ ottingen: Wallstein, 2009), S. 293–308; und „Hund, Affe, Mensch. Theriotopien bei David Lynch, Paulus Potter und Johann Gottfried Schnabel“ in: Bann der Gewalt. Studien zur Literatur und Wissensgeschichte, hrsg.v. Maximilian Bergengruen & Roland Borgards (G€ ottingen: Wallstein, 2009), S. 105–142. 104. Vgl. z.B. Julika Griem, Monkey Business. Affen als Figuren anthropologischer und a€sthetischer Reflexion 1800–2000 (Berlin: trafo, 2010). 105. Sirc, „Monkeys, monuments and miracles“, S. 435. 106. Sirc, „Monkeys, monuments and miracles“, S. 435; vgl. auch Benjamin, „Goethes Wahlverwandtschaften“, S. 304ff., insbesondere S. 310–311. 107. Boa, „Die Geschichte der O oder die (Ohn-)Macht der Frauen“, S. 232. 108. Boa, „Aping and parroting“, S. 30. 109. Johann Gottfried Herder, Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. S€ amtliche Werke, Nachdruck der Ausgabe v. 1887, hrsg. v. Bernhard Suphan (Hildesheim: Olms, 1967), Bd. 13, S. 115. 110. Carl Gustav Carus, Lehrbuch der Gyn€ akologie oder Systematische Darstellung der Lehren von Erkenntniß und Behandlung eigenth€ umlicher gesunder und krankhafter Zust€ ande, sowohl der nicht schwangeren, schwangeren und geb€ arenden Frauen, als der W€ ochnerinnen und neugeborenen Kinder (Leipzig: G. Fleischer, 1820). Ohne Seitenangabe zitiert nach Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 209. 111. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 144. 112. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 145. 113. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 87. 114. Ganz anders wird diese auff€allige Ausrichtung im Rahmen jener Arbeiten betrachtet, die sich mit dem „animalischen Magnetismus“ in Goethes Roman auseinandersetzen und Ottilies Selbstangleichung lediglich als „magnetischen Rapport“ sehen. Es ließe sich an anderer Stelle sicherlich auch darauf eingehen, ob eine Lesart, die dieses Verhalten der jungen Frau dem € alteren Mann gegen€ber als im besten Fall identit€atsbest€arkende „somnambule Zust€ u ande“ (J€ urgen Berkhoff, „Tag- und Nachtseiten des animalischen Magnetismus. Zur Polarit€ at von Wissenschaft und Dichtung bei Goethe“ in: Goethe und die Verzeitlichung der Natur, hrsg. v. Peter Matussek [M€ unchen: Beck, 1998], S. 75–100, hier €berwiegend aber als „‘tiefe[s] Mitgef€ S. 91), u uhl’ zwischen ‘Magnetiseur und Somnambule[r]’“ (Michael Holtermann, „‘Thierischer Magnetismus’ in Goethes Roman Die Wahlverwandtschaften“, Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft, 37 (1993), S. 164–197, hier S. 188–189) betrachtet, nicht ein b€ urgerliches Liebes-

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115. 116. 117. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125.

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Mira Shah und Geschlechterideal eben auch historisch verortet als naturwissenschaftlichtherapeutische Praktik. Ottilie wird unter diesem Augenmerk durch ihre „Affinit€at zur animalmagnetischen Naturkraft“ (Berkhoff, „Tag- und Nachtseiten des animalischen Magnetismus“, S. 92) geradezu idealisiert als Naturwesen und in ein goldenes Zeitalter verwiesen, „jener idealen Vorzeit zugeh€ orig, in der der Mensch noch nicht partialisiert ist, in der Sinnlichkeit und Sittlichkeit noch nicht auseinandergetreten sind“ (Holtermann, „‘Thierischer Magnetismus’“, S. 192). Girard, Das Heilige und die Gewalt, S. 217–218. Vgl. Girard, Das Heilige und die Gewalt, S. 219ff. Freud, „Das Unheimliche“, S. 257. Vgl. Girard, Das Heilige und die Gewalt, S. 235. Freud, „Das Unheimliche“, S. 258. Freud, „Das Unheimliche“, S. 258. Vgl. Girard, Das Heilige und die Gewalt, S. 235ff. Girard, Das Heilige und die Gewalt, S. 243. Vgl. Boa, „Aping and parroting“, S. 24–25. Vgl. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 209. Hierzu siehe z.B. die Studien von Ute Frevert („Mann und Weib und Weib und Mann“. Geschlechterdifferenzen in der Moderne [M€ unchen: Beck, 1995]) und George L. Mosse (Das Bild des Mannes. Zur Konstruktion der modernen M€ annlichkeit [Frankfurt am Main: Fischer, 1996]). Boa, „Aping and parroting“, S. 25–26. Hans-J€ urgen Gerigk, Der Mensch als Affe – in der deutschen, franz€ osischen, russischen und amerikanischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts (H€ urtgenwald: Pressler, 1998), S. 11. Benjamin, „Goethes Wahlverwandtschaften“, S. 308. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 175. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 169. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 167. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 168. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 175, meine Hervorhebung. Hans Werner Ingensiep, „Der aufgekl€arte Affe. Zur Wahrnehmung des Menschenaffen im 18. Jahrhundert im Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur“ in: Zwischen Empirisierung und Konstruktionsleistung: Anthropologie im 18. Jahrhundert, hrsg. v. J€ orn Garber & Heinz Thoma (T€ ubingen: Niemeyer, 2004), S. 31–58, hier S. 37–38. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 175. Hans Werner Ingensiep, „Der Mensch im Spiegel der Tier- und Pflanzenseele. Zur Anthropomorphisierung der Naturwahrnehmung im 18. Jahrhundert“ in: Der ganze Mensch. Anthropologie und Literatur im 18. Jahrhundert, hrsg. v. Hans-J€ urgen Schings (Weimar: Metzler, 1994), S. 54–79, hier S. 54. Ingensiep, „Der Mensch im Spiegel der Tier- und Pflanzenseele“, S. 76. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 175. Vgl. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 269–275 und S. 289–290.

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143. Vgl. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 166. 144. Vgl. hierzu Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 280; und Boa, „Die Geschichte der O oder die (Ohn-)Macht der Frauen“, S. 218ff. 145. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 280. 146. Friedrich Schiller, „Die ber€ uhmte Frau“, in: dtv-Gesamtausgabe, S€ ammtliche Gedichte, Erster Teil, hrsg. v. Herbert G. G€ opfert (M€ unchen: dtv, 1962), Bd. 1, S. 157, zitiert nach: Boa, „Die Geschichte der O oder die (Ohn-)Macht der Frauen“, S. 233. 147. Vgl. Peter Uwe Hohendahl, „Ottilie’s education. Goethe’s Die Wahlverwandtschaften and the pedagogical discourse around 1800“, Deutsche Vierteljahresschrift, 77 (2003), S. 214–240, hier S. 231. 148. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 174. 149. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 170. 150. Benjamin, „Goethes Wahlverwandtschaften“, S. 282. 151. Benjamin, „Goethes Wahlverwandtschaften“, S. 311. 152. So sieht Luciane in den Affen ein ebenso modisches Gesellschaftsspiel: „Im Grunde sind doch die Affen die eigentlichen Incroyables, und es ist unbegreiflich, wie man sie aus der besten Gesellschaft ausschließen mag“ (Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 142). 153. Vgl. Schiebinger, Am Busen der Natur, S. 67ff. Vergleichbar auff€ allig ist die sexualisierte Taxonomie der Pflanzen, die das menschliche Geschlechtsleben auf die € €bertr€agt. Eine solche Ubertragung Flora u ist jedoch um 1800 nicht nur einseitig organisiert, wie die Charakterisierung von Frauen als pflanzenartig zeigt. Vor diesem Hintergrund ist es auch interessant, dass Benjamin aus der Ottilie eigenen Geste der flehendlich erhobenen H€ande jenes „Pflanzenhafte Stummsein“ sprechen sieht. 154. Vgl. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter, S. 46ff. und 72ff.; Douthwaite, The Wild Child, Natural Man and the Monster, S. 95ff.; und Borgards, „Affenmenschen/Menschenaffen“. 155. Vgl. Winfried Menninghaus, „Das Ausdruckslose: Walter Benjamins Metamorphosen der Bilderlosigkeit“ in: F€ ur Walter Benjamin. Dokumente, Essays und ein Entwurf, hrsg. v. Ingrid Scheuermann & Konrad Scheuermann (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1992), S. 170–182, hier S. 178ff. 156. Menninghaus, „Das Ausdruckslose“, S. 179. 157. Menninghaus, „Das Ausdruckslose“, S. 17 158. Goethe, Die Wahlverwandtschaften, S. 156.

Mira Shah ([email protected]) studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Theater- und Kulturwissenschaft, Gender Studies und Englische Philologie an der Freien Universit€at Berlin und der Humboldt-Universit€ at zu Berlin. Im Anschluss war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Exzellenzcluster „Languages of Emotion“ der FU Berlin t€atig. Seit 2013 promoviert sie im Rahmen der von der Volkswagen-Stiftung gef€ orderten Projektgruppe „Affekte der Forscher“ an der Universit€at Bern. K€ urzlich ver€ offentlichte sie einen Aufsatz zu Identit€ atskonstruktionen im kolonialen Raum im Werk des Afrikareisenden Richard Kandt.



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