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Archaeologia Bulgarica XVI, 3 (2012), 95-103
Galina FINGAROVA. Die Baugeschichte der Sophienkirche in Sofia. Reichert Verlag. Wiesbaden, 2011, 209 S., 191 Tafeln. Die Kirche “Sv. Sofija” ist eines der bedeutendsten architektonischen Zeugnisse der Stadt Sofia, die bis heute erhalten sind. Ihre kulturhistorische Bedeutung ist herausragend und reicht über die heutigen Grenzen Bulgariens hinaus. Seit über einem Jahrhundert erfreut sich dieses einzigartige Denkmal eines nicht nachlassenden wissenschaftlichen Interesses, hervorgerufen durch seine Bedeutsamkeit und die zahlreichen Fragen in Verbindung mit seiner Errichtung. Die Monographie von Galina Fingarova ist das neueste Werk zu diesem Thema. Die Publikation entspricht im Wesentlichen der Dissertation der Autorin am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien aus dem Jahr 2008. Strukturell besteht das Buch aus der Einführung, sieben Kapiteln und dem Schlusswort. Dem Haupttext sind ein Annex mit den in Bezug auf die Problemstellung gesammelten schriftlichen Quellen, eine ausführliche Literaturliste und ein bedeutender Illustrationsteil aus 191 Tafeln hinzugefügt. Schon am Beginn muss die Ambitioniertheit der Forschungsarbeit hervorgehoben werden, wie auch die Schwierigkeiten, die mit einem solchen Versuch verbunden sind. Die Forschungsgeschichte der Erkundungen der Sophienkirche ist durch das Fehlen einer stufenweisen Entwicklung und Kontinuität bei den archäologischen Forschungen gekennzeichnet. Jede archäologische Kampagne in und um der Kirche ist meist von der vorgehenden durch Jahrzehnte getrennt. Nicht immer wird sie von der entsprechenden Dokumentation begleitet und – bis zu einem bedeutenden Grade – noch immer nicht adäquat veröffentlicht. Erschwert wird andererseits die rein architektonische Analyse des Gebäudes durch die aufeinanderfolgenden Überarbeitungen und Vermischungen bei der Errichtung, und vor allem durch die vorgenommenen Restaurierungstätigkeiten, die zum großen Teil die wenigen erhalten gebliebenen Indikatoren, die mit dem originalen Bau in Verbdindung standen, beseitigt haben. Trotz der offensichtlichen Probleme hat sich die Autorin der recht schwierigen Aufgabe angenommen, den Charakter und die Elemente der originalen Architektur festzustellen soweit das bei dem heutigen Zustand des Gebäude möglich ist, um sie als Grundlage der Analyse anzuwenden. In der Einführung werden die Lage der Kirche und ihre allgemeinen metrischen Charakteristika betrachtet. Das Anfangskapitel legt eine kurze Geschichte der Stadt bis zur Befreiung Bulgariens dar. Im Großen und Ganzen ist das historische Bild korrekt umrissen. Benutzt werden die bisher bekannten Tatsachen, wie auch manche neue Forschungsergebnisse zu einzelnen Fragen. Ein Teil der Behauptungen (z.B. dass Serdica unter Traian municipium wird) können nicht als opinio communis in der wissenschaftlichen Literatur angenommen werden, doch aufs Ganze gesehen hat dies keinen Einfluss auf den Forschungsgegenstand. Das nächste Kapitel ist einer ausführlichen Übersicht der bisherigen Literatur zum Thema gewidmet. Das schriftliche Quellenmaterial wird gesondert behandelt; ein untrennbarer Teil davon ist der am Ende des Werks angefügte Annex. An erster Stelle muss die Wichtigkeit einer solchen Herangehensweise und der daraus resultierende unbestreitba-
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re Erkenntniswert hervorgehoben werden. Der zweite Teil des Kapitels ist einer kritischen Übersicht der bisherigen Literatur in Verbindung mit den Erkundungen der Sophienkirche und der im Umfeld gelegenen Nekropole gewidmet. In den Hauptzügen zeichnet sie sich durch Korrektheit und die Bestrebung zu einer kritischen Analyse der Ausgrabungen und der älteren Forschungsergebnisse aus. Die Bedeutung der aufgedeckten Mosaikfußböden ist zu gering geschätzt, und manche thematische Forschungsarbeiten sind sogar übersehen (Попова-Мороз 1987; Koranda 1991-1992). Die Autorin ist nicht mit den bisher vorgeschlagenen Thesen einverstanden und betont abschließend, dass das Errichtungsdatum der heutigen Kirche zwischen dem V.-VI. Jahrhundert und dem XII. Jahrhundert schwankt. Das nächste große Kapitel ist der Analyse des topographischen Kontextes der Kirche gewidmet, wobei ihre Lage außerhalb der Befestigungsmauer der Stadt hervorgehoben wird. Vermerkt wird auch die verhältnismäßig begrenzte Stadtfläche von Serdica; es wird jedoch nicht beachtet, dass außerhalb der Befestigungsmauer auch Bauten errichtet wurden, was darauf hinweist, dass der Umfang der Stadt bedeutend größer war (s. z.B. Динчев / Гатев 1999). Mehr Aufmerksamkeit ist der östlichen Nekropole und vor allem den früheren Gebäuden unter der “Sv. Sofija” gewidmet. In der Analyse des frühesten Gebäudes mit dem sog. “unteren” Mosaik nimmt die Autorin seine Errichtung in einer Etappe synchron mit dem Mosaik an, welches aufgrund der darunter entdeckten Münzen nach 355 datiert wird. Die bei den letzten Forschungen gewonnenen Ergebnisse gestatten jedoch nicht die Annahme dieser Synchronisation. Die in der Publikation dargelegten Angaben mit dem entsprechenden Abbildungsmaterial zeigen klar, dass das ursprüngliche Gebäude keinen Mosaikfußboden besitzt und folglich älter als das sog. “untere” Mosaik ist. Die belegte Fuge zwischen den Mauern des ältesten Gebäudes und seiner folgenden Erweiterung in westlicher Richtung kann nur als spätere Bauetappe erklärt werden (Шалганов 2002, 582-584). Darüber hinaus kann der in opus signinum angelegte Mörtelfußboden nicht als Teil der Struktur des späteren Mosaikfußbodens betrachtet werden, da selbst die Mosaikunterlagen in ihrer klassischen Variante keine derartige Anlage der untersten Schicht besitzen (vgl. Farneti 2001, 89). Bei der Analyse der Situation betrachtet G. Fingarova das erste Gebäude im Kontext der ringsum gelegenen Grabstätten. Besonders wichtig ist hier ihre Beobachtung für Grabkammer III, in der ein silbernes Reliquar entdeckt wurde. In Hinsicht auf die Lage dieser Grabkammer in unmittelbarer Nähe zur Apsis des ersten Kultbaus ist die Autorin der Meinung, dass eben in ihr die Gebeine der Stifter der ersten Kirche niederlegt sind, was ihnen einen solchen privilegierten Platz gestattet hat. Die von Fingarova vorgeschlagene Deutung der Situation ist originell und besitzt ihre Argumente. Mit Rücksicht auf das oben Gesagte kann die vorgeschlagene Schlussfolgerung nicht mit der Errichtung des Gebäudes selbst, sondern mit seiner Verzierung durch einen Mosaikfußboden verbunden werden. Ähnlich wie das “untere” werden auch das “obere” Mosaik einschließlich des zugehörigen Gebäudes betrachtet. Die Autorin vertritt die These, dass das Mosaik mit der zweiten, auf diesem Platz errichteten größeren Basilika verbunden ist. Deren Errichtung wird um oder nach der Mitte des V. Jahrhunderts angesetzt. Die Argumente für die-
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se Chronologie sind der Stil des Mosaiks sowie die darunter und bei den Erkundungen im Jahre 2003 vor der Fassade der Sophienkrche entdeckten Münzen. Das Fehlen von Münzen nach der Mitte des V. Jahrhunderts wird von G. Fingarova eben durch die Existenz dieses zweiten Gebäudes erklärt. Hier wird jedoch die Tatsache nicht berücksichtigt, dass nach der Mitte des V. Jahrhunderts geprägte Münzen weder unter der Fläche des oberen Mosaiks noch unter dem Areal der ganzen Basilika entdeckt worden sind (s. Иванов 2007, 127, Anm. 6). Die Ausgrabungen in den letzten Jahren im Zusammenhang mir dem Projekt zur Präsentation der Sophienkirche wurden auch im Bereich des Narthex und teilweise im Nord- und Südschiff durchgeführt, was zusammen mit den Angaben aus den vorherigen Kampagnen davon zeugt, dass auch im Bereich außerhalb der zweiten Gebäudes mit dem oberen Mosaik keine Münzen und Funde aus der Zeit nach Theodosius II entdeckt wurden. Der Grund dafür kann einzig in dem Vorhandensein eines Fußbodens gesucht werden, der den ganzen Raum des heutigen Gebäudes bedeckte, d.h. der originale Fußboden des letzteren. Wegen des fragmentarischen Charakters der Forschungen im Laufe der Jahre ist ein großer Teil der Information verloren, was die Analyse außerordentlich erschwert. Aufmerksamkeit muss auch der Behauptung der Autorin gewidmet werden, dass das Leben im VI.-VII. Jahrhundert nur auf das befestigte Stadtgebiet begrenzt war und keine Grabkammern nach der Errichtung der Sophienkirche existieren. Diese Behauptung ist wahr, falls das vorgeschlagene Datum der Basilika – in der zweiten Hälfte des VIII. Jahrhunderts – angenommen wird, jedoch nicht, falls ihre Errichtung in das V. oder VI. Jahrhundert fällt. In diesem Zusammenhang sind die mit Wandmalereien ausgestatteten Grabkammern, die nahe der Sophienkirche entdeckt wurden und eben in das V. und VI. Jahrhundert datieren, nicht gründlich analysiert worden (Pillinger et al. 1999, 58). Ich würde die Aufmerksamkeit zudem auf ein weiteres Argument lenken, das von der Autorin zugunsten des späteren Datums der Sophienkirche herangezogen wird: Die Zerstörung zahlreicher Bestattungen und Grabkammern durch die Fundamente der Basilika, was im Widerspruch zur Pietät gegenüber den Toten und zum Charakter der Fundamente der früheren Gebäude steht: sie zerstören keine Grabstätten, sondern überbrücken sie mittels Bögen. Diese Tatsache wird mit dem Zeitabstand der Sophienkirche zu den älteren Grabkammern erklärt, doch m.E. liegt der Grund dafür einzig in der Unmöglichkeit, ein solches massives Gebäude mit riesigen Fundamenten so zu errichten, dass die früheren Strukturen nicht zerstört werden. Die vorherigen kleineren Basiliken besitzen wesentlich flachere Fundamente und ein wesentlich kleineres Gewicht von Mauern und Dach, weswegen ihre Basis durch Arkadenbögen über den früheren Grabstätten stabil bleibt. Eine solche Lösung war für die Sophienkirche nicht möglich: Wegen des Wunsches, die Kirche eben auf diesem Platz zu errichten, mussten die existierenden Gräber zerstört werden. Das vierte Kapitel betrifft die ausführliche Beschreibung und Analyse der Bautechnik der Sophienkirche. Zu einer detaillierten Betrachtung werden einige unterschiedliche Mauerwerke, die den einzelnen Bauperioden und Verbesserungen am Gebäude entsprechen, gesondert behandelt. Die dazu existierenden Angaben werden zuerst
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außen, danach innen verfolgt, wobei aufeinanderfolgend die einzelnen Bestandteile des Gebäudes untersucht werden. Hier muss die außerordentliche Exaktheit und Präzision der Beobachtungen vermerkt werden, sowie das Bestreben zur Klärung der originalen Substanz des Bauwerks. Beigelegt ist auch eine bedeutende Fotodokumentation, welche die Beobachtungen illustriert. Dieses Kapitel ist das umfassendste in der Forschungsarbeit und stellt einen unbestreitbaren Beitrag zur Dokumentation des Denkmals dar. Betont wird die besondere Lage der Grabkammer I, welche in der Zentralachse der Apsis liegt. Hervorgehoben wird die beim Bau der Sophienkirche berücksichtigte Planierung der früheren Gebäude, bei der ihre wichtigsten Teile – die Apsis und Grabkammer III – unter dem Altarraum der neuen Kirche belassen sind. Wieder werden die riesigen Fundamente der Basilika, deren besonderes Detail die Anwendung eines Ziegelsteinstreifens in der Substruktion ist, detailliert beschrieben und analysiert. Logische Fortsetzung des vorgehenden ist das nächste Kapitel, in dem eine ausführliche und kritische Analyse der existierenden Angaben über die Bauart und die Bautechnik der Kirche gemacht wird. Der wissenschaftliche Gehalt dieses Forschungsteils steht außer Zweifel. Ich werde mich darauf beschränken, nur auf einige der wichtigsten Ergebnisse oder Stellen zu verweisen, für die eine Möglichkeit zur verschiedenen Interpretation existiert. Im Ganzen wird von der Feststellung ausgegangen, dass trotz der späteren Eingriffe die ursprüngliche Struktur der Basilika “Sv. Sofija” zum großen Teil erhalten ist. Eine wichtige Besonderheit ist das Vorhandensein von Entlastungsnischen in den Lunetten unter der Kuppel, wofür auf Analogien mit der zweiten Bauphase der Kirche “Hg. Eirene” in Konstantinopel (753) verwiesen wird. Von besonderer Bedeutung ist die Analyse der Flachnischen im Unterteil der Nord- und Südmauer des Querhauses. Für sie wird angenommen, dass sie Arkosolien mit ursprünglicher Grabfunktion waren. Eine ähnliche Funktion wird für den blinden Bogen im Westteil des Südschiffs angenommen. Obwohl keine unmittelbaren Beweise für eine solche Identifikation existieren, besitzt die These ernsthafte Berechtigung und ihre Annahme würde helfen, den Charakter der Kirche genauer zu verstehen. Gebührende Aufmerksamkeit ist der Inschrift im oberen Teil des Südachse des Transepts gewidmet. Es wird die Meinung geäußert, dass sie offiziellen Charakter trägt, trotz ihrer Lage. Zum Beleg werden eine Inschrift aus der Apsis der “Hg. Eirene” sowie die angewendete Ligatur in einer anderen Inschrift aus einer Kirche in Skripou (drittes Viertel des IX. Jahrhunderts) angeführt. Die durchgeführten Beobachtungen sind interessant, doch die Gestaltung der Inschrift in der Sophienkirche durch Ziegelstückchen gestattet keinen unmittelbaren Vergleich mit derjenigen in der “Hg. Eirene”, die in Mosaik gefertigt ist. Anderseits macht die Ausführungstechnik des betrachteten Textes mit Ziegelstückchen jeden Versuch zur paläographischen Analyse recht riskant, folglich auch zum Vergleich mit anderen Denkmälern. Interessant sind die Betrachtungen in Bezug auf den Zentraleingang zwischen dem Narthex und dem Zentralschiff. Hier wird seine Gestaltung als Tribelon, dessen Spuren nach den modernen Restaurierungseingriffen beinahe verschwunden sind, argumentierend vertreten. Die zwei in der Westmauer des Zentralschiffs eingemauerten unverzierten Kämpferkapitelle werden von der Autorin als Argument für eine
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Forschungen des Autors im Jahr 2011.
Beobachtungen des Autors bei den Ausgrabungen im Jahr 2003 (Иванов 2007).
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Datierung nach Justinian angegeben, da während seiner Regierung der Charakter der architektonischen Dekoration sehr unterschiedlich ist. Trotz ihrer prinzipiellen Gültigkeit trifft diese Behauptung nicht auf die Steinplastik aus Serdica zu. Bei den letzten Forschungen im zentralen Stadtteil wurden einige unverzierte Kämpferkapitelle eben im chronologischen Kontext des VI. Jahrhunderts entdeckt1. Diese Funde zeugen von einer völlig unterschiedlichen Behandlung dieses plastischen Bauteils in bestimmten Provinzzentren. Weiter wird die Frage über das Vorhandensein von Emporen über den Seitenschiffen, bzw. einer folgenden Bauphase betrachtet. Die Analyse der Autorin zeigt, dass solche nicht existierten. Eine Reihe von wichtigen Beobachtungen sind für die Gestaltung des Narthex angeführt. G. Fingarova ist der Meinung, dass die Vorhalle ursprünglich mit dreiteiliger Gliederung gedacht war, doch im Laufe des Baus wurde aus technischen Gründen zur Stabilität der darüberliegenden Etage die Konzeption geändert. Die festgestellte Anwendung einer bescheidenen dekorativen Ziegelverzierung unter den Vordächern wird von der Autorin als Argument für das spätere Datum der Basilika angenommen, wobei sie wieder Argumente aus der Kirche “Hg. Eirene” anführt. Von großer Wichtigkeit sind die Überlegungen in Bezug auf die Grabkammer “В” in der Vorhalle. Fingarova vermerkt ganz korrekt, dass sie mit der Sophienkirche synchron ist und verweist auf die besondere Lage, welche die Grabkammer einnimmt. Die von ihr vorgeschlagene Interpretation, dass in dieser Grabkammer der Stifter der Kirche bestattet ist, entbehrt nicht der Logik und ist von großer wissenschaftlicher Bedeutung. Die angegebenen Parallelen stammen wieder aus Kirchen, die in die Zeitspanne VII.-VIII. Jahrhundert datiert werden. Von wesentlicher Bedeutung sind auch die Beobachtungen der Autorin in Bezug auf die beiden Annexbauten an der Süd- und Nordseite des Narthex. Für sie wird eine Identifizierung als Reliquienkapellen vorgeschlagen. Sehr interessant und originell sind die Betrachtungen der von B. Filov festgestellten Baustrukturen vor der Westfassade der Sophienkirche. G. Fingarova verbindet sie mit den Löchern für Holzbalken auf der Westfassade der Kirche, die auf den alten Fotografien sichtbar sind. Diese zwei Tatsachen erlauben ihr, einen Vorraumsaal vor der Basilika mit leichterer Konstruktion zu rekonstruieren. Die vorgeschlagene Interpretiation scheint logisch, es existieren jedoch auch Argumente dagegen. So ist z.B. der Autorin die Tatsache unbekannt, dass die Langmauer, die parallel der Westfassade der Sophienkirche läuft, eigentlich nicht an der Außenflucht der Kirche endet, wie bei Filov angegeben, sondern sich noch bedeutend nach Norden fortsetzt2. Unberücksichtigt bleibt die Interpretation einer Serie von Mauern unter dem Fußboden der Sophienkirche, die in Bauart und Niveau denjenigen außerhalb der Kirche nahestehen und – nicht ausgeschlossen – vielleicht ein Ganzes bilden. Die Lage eines Teil dieser Mauern zeigt, dass sie später als die Grabkammern und älter als die Basilika sind, da deren Fundamente sie zerstören. M.E. bleibt die Interpretation dieser Überreste vorläufig unbefriedigend. Am logischsten erscheint, dass sie mit Gebäuden oder einem Gebäudekomplex verbunden sind, der in Beziehung mit dem zweiten (dem dritten nach St. Bojadjiev: Бояджиев 2002, 168) Kirchengebäude steht.
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Das folgende Kapitel erscheint als Essenz des Werks und betrachtet die Gesamtinterpretation des heutigen Gebäudes der Sophienkirche. Geboten wird eine sorgfältige Bauanalyse, betrachtet werden die Bauelemente und -technik, die Komposition des Gebäudes und seine räumliche Struktur. Im Abschluss werden Funktionscharakteristik und Datierung vorgeschlagen. Die Autorin betont die Bedeutung der älteren Gebäude für den originalen Plan der Sophienkirche, sowie die bemerkten wiederholten Änderungen im Bauplan des Gebäudes. Sie vertritt die Meinung, dass die Heiligkeit des Platzes, vor allem der Altarteile und der Reliquien, sowie die Grabkammer III für die Disposition des neuen Gebäudes bestimmend sind. Wieder wird das mit Ziegelstreifen ausgestattete Mauerwerk der Fundamente betont, wofür Parallelen aus Konstantinopel (Myrelaion-Kirche) aus dem X. Jahrhundert angegeben werden. Hier muss vermerkt werden, dass die Anwendung eines solchen Mauerwerks bei der Gestaltung der Substruktion in Serdica selbst belegt ist, und zwar eben aus der antiken Periode.3 Bei der Analyse der Bautechnik wird darauf hingewiesen, dass das Ziegelmauerwerk selbst das Gebäude nicht datieren kann. Bei ihrer Analyse betont die Autorin, dass die Bauart der Bögen ein technisches Detail ist, welches Argumente für die Chronologie bietet. Im Ganzen wird wieder die Ähnlichkeit mit der Kirche “Hg. Eirene” aus der zweiten Phase betont. Auf eine spätere Datierung des Gebäudes ist auch die Analyse der Raumkomposition gerichtet. Der “geschlossene” Charakter der Basilika und die Abgesondertheit der Seitenschiffe, unterstrichen auch von der Beleuchtung, werden hervorgehoben. Die erarbeitete Raumanalyse ist sehr wichtig, wie auch die dafür angeführten Argumente. Betont wird der Unterschied der Sophienkirche als Baukonzeption von der Architektur der Justinianzeit. In der festgestellten Geschlossenheit des Raumes sieht die Autorin die Merkmale der Evolution zu den mittelalterlichen architektonischen Formen. Die betonte Verlängerung der Sophienkirche findet Parallelen nicht nur bei den frühchristlichen Tempeln, sondern auch bei Kirchen, die in der Zeitspanne vom VII. bis VIII. Jahrhundert errichtet worden sind. Von besonderer Wichtigkeit ist hier die Parallele mit der Panagia-Kirche in Skripou aus dem IX. Jahrhundert. Ausgehend von den Ergebnissen der Raumanalyse sowie von den vermutlichen Arkosolgräbern im Transept, definiert Fingarova das Erhalten der überwiegenden Grabfunktion der Sophienkirche, die zusätzlich durch die betonte Kreuzform der Gebäudes unterstrichen wird. In Ergänzung der Argumentation wird richtig auf das Fehlen von Angaben hingewiesen, dass sie die Hauptkirche der Stadt war. Jedoch geben die Ergebnisse der Raumanalyse der Sophienkirche und ihre Betrachtung im Kontext des Liturgiedienstes m.E. gerade eben eine seriöse Unterstützung für eine frühere Datierung der Kirche im Rahmen des V. Jahrhunderts. Das Fehlen der entsprechenden architektonischen Elemente, die mit dem entwickelten Verlauf der Liturgie im VI. Jahrhundert verbunden sind, widerspiegelt die Übergangsperiode des Gottesdienstes, als der eucharistische Dienst versucht, sich gegen die Riten zur Ehrung von Reliquien und Märtyrern durchzusetzen (Doncheva 2006, 151, 153). In diesem Kontext muss auch der von der Autorin selbst vermerkte Grabcharakter der Basilika betrachtet werden, ihre betonte Kreuzform und die Bedeutung der früheren Gebäude an diesem Platz für die Errichtung des neuen Gebäudes.
Bei der archäologischen Forschung im Jahr 2010 wurde festgestellt, dass die Fundamente an der südlichen und westlichen Mauer des Gebäudes A2, nördlich von decumanus maximus gelegen, in identischer Technik errichtet sind. Noch mehr, der obere Teil der Substruktion wird von einer Reihe sekundär benutzter Steinen gekrönt, wie im Falle bei der Sophienkirche. Die Errichtung dieser Mauern ist nicht später als an Ende des V. Jahrhunderts zu setzen (Иванов 2011, 318).
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Im Abschlussteil dieses Kapitels wird wieder hinsichtlich der Datierung argumentiert. Es wird betont, dass die spätantiken Grabstätten von den Fundamenten der Sophienkirche zerstört sind, was nach Meinung der Autorin beweist, dass dies bedeutend später anzusetzen ist. Eigentlich existieren bei keiner der Grabkammern unter der Basilika oder bei den von ihr zerstörten unbestreibare Angaben zur Datierung nach Ende des IV. Jahrhunderts. Im Gegenteil, alle Grabkammern mit Wandmalereien aus dem V.-VI. Jahrhundert, sowie diejenigen, für die Angaben zur Datierung nach Beginn des V. Jahrunderts vorhanden sind, liegen außerhalb der Basilika, doch in ihrer Nähe. Nach Meinung der Autorin ist die Kirche während der Zugehörigkeit Serdicas zu Byzanz errichtet worden. Mit Rücksicht auf die politische Situation, der Einfälle im VI.-VII. Jahrhundert und der Lage der Kirche meint G. Fingarova, dass die einzige Periode, während der ein solch gewaltiger Bau realisiert werden konnte, die Zeit ist, als die Krise im Reich überwunden war, und zwar in der zweiten Hälfte des VIII. Jahrhunderts. Am Ende wird ein Versuch unternommen, den Platz der Sophienkirche in der Architekturgeschichte zu definieren. Betont wird die fast ausschließliche Verbindung der Kirche in den Quellen mit Personen aus der kaiserlichen Familie, was die Bedeutung des Gebäudes zeigt. Die Situation mit der Zerstörung der älteren Gräber durch den neuen Bau wird in Analogie mit der Errichtung der Peterskirche in Rom mittels der Einmischung des Kaisers erklärt. Ein zusätzliches Argument ist der Name der Sophienkirche selbst, der eine Allusion zur gleichnamigen Kirche in Konstantinopel darstellt. Angegeben wird eine Reihe von Beispielen für die Bauaktivität im VIII. Jahrhundert, wobei für die bedeutendsten Gebäude das kaiserliche Patronat als Ausdruck der Macht charakteristisch ist. Die Autorin sieht eine ähnliche politische Botschaft auch in der Errichtung der Sophienkirche. Aus diesem Grund wurde der höchste Platz als Kontrapunkt zur Stadt gewählt. Das letzte Kapitel ist der späteren Geschichte des Gebäudes gewidmet. Darin wird eine ausführliche Übersicht der Entwicklung der Sophienkirche angegeben, die Bauwerksänderungen während der verschiedenen Perioden und ihr Schicksal bis heute. Die hier angegebenen Tatsachen und Argumente rufen keine Widersprüche hervor. Im Abschlusskapitel werden wieder die erreichten Ergebnisse der Forschung kurz betont. Wiederholt werden die vorgeschlagenen Daten für die Gebäude vor der Sophienkirche, sowie für die Errichtung der Basilika selbst. Von Neuem wird die Verbindung des vermutlichen Stifters, der im Narthex bestattet ist, mit dem Kaiserhof hervorgehoben. In Ergänzung zu den im Text vermerkten kritischen Anmerkungen bezüglich unterschiedlicher Behauptungen und Schlussfolgerungen, können folgende Verallgemeinerungen gemacht werden. Die vorgelegte monographische Forschung der Basilika “Sv. Sofija” ist außerordentlich wichtig und wertvoll. Leider kann ein bedeutender Teil der Hauptschlussfolgerungen in Bezug auf die Datierung der Kirche und der darunter liegenden Gebäude ohne zusätzliche Argumente nicht angenommen werden. Ein großer Teil der formulierten Schlussfolgerungen ist bei einer Datierung der Basilika z.B. in die zweite Hälfte des V. Jahrhunderts ebenso gültig. Hier werde ich mich lediglich beschänken,
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darauf hinzuweisen, dass sich Serdica bis zu den Hunneneinfällen in den 40er Jahren des V. Jahrhunderts einer Prosperität erfreut, und die Einfälle selbst haben anscheinend die Stadt nicht betroffen. Anderseits zeigen die letzten Ausgrabungen, dass die Stadt wahrscheinlich Ende des VI. Jahrhunderts ernste Schäden bei einem Erdbeben erlitten hat, nach dem praktisch keine Wiederherstellung des normalen Lebens festzustellen ist (Иванов 2011, 318; Иванов / Горянова 2011, 459). Noch ist es sehr schwierig, über den Charakter der Besiedlung nach dem Beginn des VII. Jahrhunderts zu sprechen, doch in jedem Fall gestatten die archäologischen Angaben keinesfalls die Annahme, dass die Stadt oder irgendeiner ihrer Bewohner die Geldmittel zur Errichtung eines solchen Bauwerks wie der Sophienkirche besessen hat. Unbegründet scheint mir auch die Entscheidung, ein solches Gebäude außerhalb der Stadt zu errichten, unter Berücksichtigung der Situation, dass in der Stadt selbst die Sophienkirche keine Analogie um diese Zeit hat. Im Umfang der östlichen Nekropole sind bisher keine Begräbnisse und Grabanlagen, die dem vorgeschlagenen Datum synchron sind, entdeckt worden. Daraus folgt also, dass ein solch riesiges Gebäude, trotz seines sepulkralen Charakters, dort nur zum Zwecke der Repräsentation oder Propaganda errichtet wurde, was schwer begreiflich ist. Trotz der angegebenen späteren Analogien, die unterschiedliche technische Details betreffen, ist bisher noch kein Gebäude entdeckt worden, dass eine ausreichend nahe Parallele für die gesamte architektonische Lösung bietet. Es muss auch die Tatsache berücksichtigt werden, dass ein großer Teil der angegebenen Analogien bedeutende Kirchen betreffen, die in den größten und wichtigsten Stadtzentren des Reichs errichtet wurden, in Konstantinopel und Thessaloniki. Trotz der Ambition der Autorin zu einer allumfassenden Forschung bleiben viele der wichtigsten Fragen ungeklärt oder ungenügend argumentiert. Die betrachtete Monographie von G. Fingarova ist - im Ganzen gesehen - originell und wertvoll. Zusammengetragen ist die maximal mögliche vorhandene Informationsmenge, die mit dem Forschungsobjekt verbunden ist. Gelöst ist eine Reihe von Problemen, und es wird eine moderne räumlich-architektonische Analyse vorgeschlagen, die bedeutende Beitrage enthält. Trotz der unbestreitbaren Errungenschaften der Forschungsarbeit bin ich der Meinung, dass die vorgeschlagene Datierung der Sophienkirche, wie auch eines Teils der früheren Strukturen, nicht ausreichend argumentiert ist, um ohne Einwände angenommen zu werden. Einzig eine allumfassende und detaillierte Analyse der Grabanlagen unter der Basilika, wie auch der übrigen Elemente der vorgehenden Gebäude, könnte zu einem konkreteren Ergebnis führen. Abschließend möchte ich noch einmal den herausragenden Beitrag des Werks betonen, welches als notwendige Voraussetzung bei nachfolgenden Forschungen der Sophienkirche bleibt. Die Monographie von G. Fingarova zeigt, dass nicht alle Möglichkeiten zur Erkundung erschöpft sind und aufgrund der vorhandenen Angaben neue und manchmal unerwartete Lösungen möglich sind.
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Dr. Mario Ivanov Nationales Archäologisches Institut mit Museum Saborna Str. 2 BG-1000 Sofia
[email protected]
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