Aus: Feministischer Orientalismus und Sexualpolitik – Spuren einer unheimlichen Beziehung. (Feminist Orientalism and Sexual Politics) In: ‚Beyond Imperialism‘ – Diesseits der Imperialen Geschlechterordnung, Karin Hostettler, Sophie Voegele (eds.), Bielefeld: transcript, 241-276. Druckfahne/galley proof Achtung vom Original abweichende Paginierung / Caution Paging not in accordance with the printed version.
Feministischer Orientalismus und Sexualpolitik Spuren einer unheimlichen Beziehung G ABRIELE D IETZE »Nord und West und Süd zersplittern, Throne bersten, Reiche zittern, Flüchte du, im reinen Osten Patriarchenluft zu kosten, Unter Lieben, Trinken, Singen, Soll dich Chisers Quell verjüngen.«1 GOETHE, WEST-ÖSTLICHER DIWAN
E INLEITUNG 1992 zeigt ein Buchcover die Fotomontage einer mit schwarzem Tuch vollverschleierten Frau ohne erkennbaren Sehschlitz, deren Kopf mit einem roten Stacheldraht umwunden ist (Abb. 1 Buchcover). Die Assoziationsanrufung geht in zwei auseinanderstrebende Richtungen. Einerseits wird auf eine Dornenkrone angespielt und andererseits auf eine Verhüllung und Einsperrung [durch den Schleier. Letzteres verweist auf muslimische Weiblichkeit als eingekerkerter Entität, eine Imagination, die häufig in der rechtspopulistischen Bildproduktion auftaucht und den Sehschlitz der Burka als vergitterten zeigt. Der Metaphernraum Stacheldraht ist komplexer. Zunächst scheint der Verweis auf christliche Ikonografie und den leidenden Heiland befremdlich, denn schließlich wird mit der Darstellung einer Muslimin auf eine andere Religion verwiesen. Vergegenwärtigt man sich aber das Zeichen-Repertoire der ›kulturellen Hegemonie‹ des Okzidents gegenüber dem Orient, so kommt sofort die Vokabel ›Christliches Abendland‹ in den Blick. Über die Figuration ›Unterdrückte muslimische Frau‹ wird in dem diskutierten Buchcover 1
(Goethe 2011 [1819], 9)
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christliches Mitleiden am Schicksal der muslimischen Schwester (dieselbe als gekreuzigter Christus gelesen) mit einer Idee von einem zivilisatorisch fortgeschrittenen ›Abendland‹ zusammengeschoben, das die Frauenunterdrückung hinter sich hat. Das beschriebene Buchcover gehört zu einer von Elizabeth Badinter, Alice Schwarzer und anderen herausgegebene Anthologie Die Gotteskrieger und die falsche Toleranz. (Badinter/von Donany, et. al. 2002). Die Fotomontage fügt sich ein in eine ubiquitäre Proliferation von Bildern und Problematisierung verschleierter oder kopftuchbedeckter Frauen in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit seit Mitte der Neunziger Jahre, die inzwischen in mehreren geschlechter- und/oder kulturkritischen Studien als Zeichensystem der Islamophobie diskutiert wird.2 Man könnte insofern vom Topos ›Verschleierte Migrantin‹ als einer ›Sozialfigur‹ sprechen, einer nach Möbius/Schroer »zeitgebundene[n] historische[n] Gestalt […], anhand derer ein spezifischer Blick auf die Gegenwartsgesellschaft geworfen werden kann« (Moebius/Schroer 2010: 8)3. Das Konzept ist einleuchtend, weil es Sichtachsen in das Wuchern von aktuellen Diskursexplosionen schlägt, aber es fehlen ihm historische und leibliche Dimensionen. Weiterführend scheint es zu sein, mit dem Begriff ›Figuration‹ zu arbeiten. Die kulturwissenschaftliche Forschergruppe Netzwerk Körper spricht von Figurationen als »gleichsam stabile[n] Verhärtungen grundsätzlich fluider, historisch kontingenter, immer unterschiedlicher Körper […] welche die Subjektivierung von Menschen sichtbar werden ließen und lassen« (Netzwerk Körper 2012: 13)4. Intention einer Figurationsanalyse sei es,
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Siehe besonders die Studie Die Verschleierte Wirklichkeit (Braun/Mathes 2007), die Arbeiten von Silke Wenk zum ›Zu-Sehen-Geben‹ der verschleierten Frau (Wenk 2012) in der Anthologie Verschleierter Orient – Entschleierter Okzident (Dennerlein/ Frietsch/Steffen 2012) und von Birgit Rommelspacher zur Kulturalisierung und Islamisierung von Geschlecht (Rommelspacher 2007).
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In der üblichen Borniertheit deutscher Sozialwissenschaften kennt die Typologie unter 35 ›Sozialfiguren‹ nur eine weibliche – die ›Diva‹, charakterisiert von Elisabeth Bronfen (Bronfen
2010, 81-98) –, allerdings gleich vier männliche aus dem
Assoziationsraum Migration und Islamophobie: ›Der Terrorist‹, ›Der Flüchtling‹, ›Der Migrant‹ und ›Der Fundamentalist‹. 4
Die Forschergruppe bietet mit ihrem Figurationsbegriff, freilich ohne sich direkt darauf zu beziehen, eine handhabbare Variante der Figurationssoziologie von Norbert Elias (2006). Für eine genderkritische Lesart von Elias’ Figurationsbegriff siehe (Klein/Liebsch 1997).
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solche Verhärtungen zu dekonstruieren, und sie damit als »Effekte von Macht anzusprechen« (Netzwerk Körper: 2012: 13). Ich habe aus Text- und Bilderflut der Figuration ›Verschleierte Migrantin‹, die vom rechten politischen Rand bis weit in die liberale Presse reicht, mit Bedacht ein Beispiel gewählt, das aus einem feministischen Kontext kommt. Denn ich gehe davon aus, dass frauenbewegte Investitionen in solche Bildräume eine lange Geschichte verwandter Denkformen oder Affektmuster hat, die ich hier ›Feministischer Orientalismus‹ nenne. Damit meine ich vereinfacht – zunächst heuristisch behauptet – eine historisch durchgängige Neigung, besonders von radikalen Feministinnen5, sich auf ein ›Orientalisches Patriarchat‹ als Kontrastfolie ihres eigenen Emanzipationsprogramms zu beziehen. Unter ›radikalen Feministinnen‹ verstehe ich Gruppierungen oder Einzelpersonen, die aus Positionen verfemter Minderheit ›revolutionäre‹ Angriffe auf herrschende Gender-Ordnungen unternommen haben wie Abolitionistinnen, Utopistinnen, Pazifistinnen im Krieg, Protagonistinnen sexueller Revolutionen oder Nackt-Aktivistinnen wie die ›Femen‹. Alle hier aufgelisteten Richtungen hatten und haben einen je unterschiedlichen Bezug zu einem imaginierten Orient. In allen Bezügen steht die Nemesis ›Orientalisches Patriarchat‹ im Mittelpunkt, das modellhaft als Institution gesehen wird, in der Frauen von und durch männliche Triebhaftigkeit und Sexualität beherrscht werden. Edward Said, dem das immens einflussreiche Konzept Orientalismus zu verdanken ist, entwickelt, dass die westlichen Kolonisierer sich vom imaginierten und ›erfundenen‹ Orient als einer »Art Behelfs- oder Schattenidentität« (Said 2009: 12). abgrenzen und dabei jeweils spezifische
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›Radikaler Feminismus‹ wird in der angloamerikanischen Geschichtsschreibung des Second Wave Feminism mit liberalem Feminismus kontrastiert, siehe Echols (1989) und Crow (2000). In der deutschen Frauenbewegungsgeschichtsschreibung sind damit eher radikale Politiken der Ersten Frauenbewegung gemeint, die mit ›bürgerlicher‹ oder auch ›sozialistischer‹ Frauenbewegung kontrastiert werden. Die deutsche Neue Frauenbewegung bezieht sich oft positiv auf ihre radikalen Vorfahrinnen und reklamiert damit eigene Radikalität (Dünnebier/Scheu 2002), aber es gibt auch Analysen, die den radikalen Feminismus der Ersten Frauenbewegung in Kontext mit Rassen- und Bevölkerungspolitik stellen, siehe Ferdinand (1999) und Herlitzius (1995).
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Okzidentalitäten konstruieren. Auch Feministischer Orientalismus variiert historisch. In der Ersten Frauenbewegung besteht die ›Schattenidentität‹ aus der Trias Harem, Polygamie, dekadente Sinnlichkeit. Der postkoloniale (Neo-)Orientalismus grenzt sich von einer völlig entgegengesetzten, aber ebenfalls sexualisierten Trias, ab, Verschleierung, Zwangsehe und ›Ehrenmord‹. Entscheidend ist also nicht, was die Figurationen darstellen, sondern dass immer wieder Figurationen hergestellt werden, die Kritik und Abwehr männlicher Herrschaft über ein gleichzeitig sexualisiertes wie orientalisiertes Muster verkörpern. Es ist bekannt, vielfach kritisiert und nachkorrigiert, dass Edward Said in seine Orientalismusanalyse keine systematische Gender-Dimension eingezogen hat.6 Insofern diskutiert er Sexualpolitik auch nur in der Form der Verneinung: »Gewiss könnte man auch darüber spekulieren, warum der Orient nicht nur Fruchtbarkeit, sondern auch sexuelle Lust (und Bedrohung), unermüdliche Sinnlichkeit, grenzenlose Begierden und tiefe Zeugungskraft zu verheißen scheint, aber das ist nicht mein Thema.« (Said 2009: 218)
Saids De-Thematisierung von Sexualität, und damit auch von Geschlecht, setzen postkoloniale Feministinnen Studien entgegen, die wie Meyda Yeğenoğlu okzidentale Fantasien (veiled fantasies so der Titel eines Aufsatzes 1998) über den ›Orient‹ als sexualisierten Raum ins Zentrum von genderkritischen Analysen stellen.7 Die beiden hier erwähnten Stränge von Orientalismus-Kritik, die Konstruktion des Selbst über eine orientalisierte Schattenidentität und die Sexualisierung eines imaginierten Orients, motivieren auch die folgende
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Said streift westliche Phantasmen wie eine angeblich »gefährliche Sinnlichkeit« des Orients an (Said 2009: 195, 218, 220) und erörtert in einem kurzen Einschub am orientalistischen
Diskurs
»eine
eigentümliche
(und
gehässige)
männliche
Weltanschauung […, die] sehr sexistisch eingestellt« sei (ebd. 238). Außerdem meint er im Prozess der Kolonialisierung selbst eine sexualpolitische Rhetorik zu erkennen: »[…] der Raum der schwächeren oder unterentwickelten Völker [wird] gleichsam als Einladung zur Penetration und Besamung – kurz Kolonisation – aufgefasst« (ebd. 251). 7
Siehe auch Nader (1989); Lewis (1995); Yeğenoğlu (2003) und die Rezensionsessays von Abu-Lughod (2001); Lewis (2002).
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Untersuchung. Zwei Thesen sollen dabei vorausgeschickt werden. 1. Die Affinität Feminismus-Orientalismus könnte damit zu tun haben, dass insbesondere radikale Feministinnen aus anti-patriarchalisch revolutionärer Motivation Männergewalt wie Missbrauch, Zwangsehe, sexuelle Belästigung und insbesondere Vergewaltigung in den Vordergrund ihrer Politik stellen. Und 2.: Eine Projektion auf einen fernen Orient erlaubt Kritik an Männerherrschaft a) schärfer zu formulieren, b) sich selbst als Mitglied einer ›zivilisierten‹ Gesellschaft zu konstruieren und c) der Konfrontation im Nahbereich (Väter, Brüder, Ehemänner, Söhne, Arbeitgeber) die Spitze zu nehmen. Beide Arbeitshypothesen sind darüber verbunden, dass ein so genannter ›Orient‹ in der kollektiven okzidentalen Imagination, etwa des osmanischen Harems, als Hort besonders asymmetrischer Geschlechterverhältnisse gilt. Insofern bildet diese spezifische Form von Orientalismus hier eine wichtige Anschlussstelle für Feminismen, die sich auf Sexualpolitik fokussieren. Für den Radikalen Feminismus hat die Fokussierung auf Sexualpolitik eine innere Logik, weil der Schwerpunkt der Argumentation auf die Herrschaft der Männer (des Patriarchats) über Frauenkörper gelegt wurde. Im Gegensatz zu konservativen und bürgerlichen Frauenbewegungen, die gesellschaftliche Anerkennung über Tugend, moralische Überlegenheit und Schutz der Familie anstrebten, und insofern Sexualität häufig in den Bereich der Unsagbarkeit verwiesen, forderten radikale Fraktionen Liberalisierung der Ehe, Rechtsgleichheit in derselben, Scheidungsrecht, später Entdiskriminierung von unehelicher Mutterschaft, Sexualreform und noch später ›sexuelle Befreiung‹ von hetero- wie homosexuellen Lebensformen. Eine solche Konzentration auf sexualpolitische ›Fortschritte‹ fädelt radikale Feminismen in einen Zivilisationsdiskurs von ›Sexual Exceptionalism‹ (Bracke 2011) ein, nämlich die Vorstellung, dass sexuelle Emanzipation von Frauen eine Signatur für den fortgeschrittenen Entwicklungsstand einer Gesellschaft sei. Die oben entwickelten Thesen werden im Folgenden an historisch und lokal auseinanderliegenden Feminismen erläutert: An den Schnittstellen von Race und Gender im US-Feminismus in Fragen von Sklaverei und Frauenrechten, an Orientalisierung von Sex-Gender-Verhältnissen in der europäisch/deutschen Geschichte des frühen Feminismus der Jahrhundertwende und an islamkritischen Positionierungen der Neuen Frauenbewegung, die auf die Siebziger Jahre des 20. Jh. rückdatiert aber heute noch präsent ist. Spezifische sexualpolitische Manifestationen eines so genannten Third Wave Feminism setzen neue Akzente, wie z.B. die Slutwalks, in denen das Recht, den weiblichen Körper zu
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inszenieren, ohne sexistischer verbaler oder körperlicher Gewalt ausgesetzt zu sein oder die Provokationen der ›Femen‹-Gruppe, die inzwischen weltweit mit entblößten Brüsten gegen sexuelle und politische Gewalt demonstriert. Im zweiten Teil wird der Geschichte und Entwicklung des Begriffs-Kompositums ›Feministischer Orientalismus‹ nachgegangen und Vorschläge für seine Weiterentwicklung gemacht.
A MERIKANISCHE Z USTÄNDE A – Die ›Griechische Sklavin‹ Im amerikanischen Feminismus der ›Ersten Welle‹ (First Wave) wurden Frauenrechte in Analogie zum Anspruch auf ›rassisch‹ Entrechtete formuliert. Alle Frauenrechtlerinnen, die sich 1848 mit der Declaration of Sentiments zu einer politischen Frauenbewegung zusammenfanden, waren Abolitionistinnen (Aktivistinnen für Abschaffung der Sklaverei) und sprachen von ihrer Situation als Frau von einer ›Slavery of Sex‹ (Hersh: 1978). Diese ›Rassisierung‹ (racialization) blieb lange wirkmächtig. Noch im Second Wave Feminism des 20. Jh. sprach man von ›Women as Niggers‹ (Rubin 1969)8. Die frühe US-amerikanische Allianz zwischen Race und Gender der Ersten Frauenbewegung fand ihren bildlichen Ausdruck in einer kleinen Vignette, die eine kniende, betende (oder flehende) schwarze Sklavin in Ketten und mit entblößtem Oberkörper zeigte. Der Figur – es gab sie gedruckt, gestanzt und als Halbrelief auf Porzellan oder Keramik geprägt – war eine Textbanderole unterlegt, worauf stand »Am I not a Woman and a Sister«. (Abb. 2 – SklavereiVignette) Dieser Appell war für abolitionistische ZeitgenossInnen unmittelbar einsichtig: Es sollte Mitleid für eine schuldlos versklavte und sexuell verfügbare ›Schwester‹ erzeugt werden, wobei die Bezeichnung Schwester doppelt denotiert war, nämlich als ›Schwester im Herrn‹, also Mit-Christin, als auch als ›Schwester‹ im Frauenrechtsdiskurs.9 Unterdrückte weiße Frauen setzten sich mit ihren versklavten ›Schwestern‹ gleich und fühlten sich über den oben bereits erwähnten Überbegriff ›Slavery of Sex‹ solidarisch verbunden.
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Für eine ausführlichere Erläuterung dieses Zusammenhangs siehe meine Studie Weiße Frauen in Bewegung (Dietze 2013a: 45-100).
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Zu Schwesterlichkeit als ›Begriffsfigur‹ im Feminismus erscheint demnächst Mertlitsch (2013).
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Die klare Bezüglichkeit der gemeinsamen Unterdrückung von SklavInnen und weißen Frauen wurde bei einem zu einer ähnlichen Zeit entstandenen skandalträchtigen Kunstwerk, der Skulptur ›The Greek Slave‹ (1841) des amerikanischen Bildhauers Hiram Powers 10, aufgelöst. Der Titel der Statue verweist auf die ›Versklavung‹ (weißer) griechischer Frauen (i.e. Zwangsverheiratung in osmanische Harems) unter türkischer Herrschaft, ein zu dieser Zeit politisch aufgeladenes Thema. Die ›Griechische Sklavin‹ wird durch eine nackte weiße Frau mit zur Seite gedrehtem, leicht geneigtem Kopf, schönen ebenmäßig ›idealen‹ Körpermaßen und locker vor dem Torso gehaltenen gefesselten Händen dargestellt. Auf einen Pfahl gestützt, der mit Tuch und Kappe drapiert ist und insofern auf eine – bevorstehende – orientalische Verschleierung hinweisen könnte, steht sie entspannt, wobei Stand- und Spielbein vorteilhaft ihre Figur modellieren. (Abb. 3 – Greek Slave) Dass es sich bei der Abgebildeten um eine Christin handelt, wird durch ein aus der Draperie hervorlugendes kleines Kreuz, möglicherweise ein Rosenkranz, manifestiert. Da es sich um eine amerikanische Skulptur vor dem Bürgerkrieg handelt, sticht zunächst einmal ins Auge, dass das zeitgenössisch erfolgreichste Kunstwerk zur Sklaverei eine weiße Frau zum Gegenstand hat. In Europa wurde diese Merkwürdigkeit auch prompt in der Zeitschrift Punch mit einer schwarzen Statue in ähnlicher Haltung und der Unterschrift The Virginian Slave karikiert. Weniger irritiert zeigten sich amerikanische radikale Feministinnen und Abolitionistinnen. Lucy Stone, eine radikale Sexreformerin, die eine Bewegung, ›Stonerism‹ provoziert hatte, in der Frauen beim Heiratsakt die Gehorsamsformel verweigerten, berichtet ergriffen von einem Ausstellungsbesuch im Jahre 1848: »I went to see the […Greek Slave] one morning. No other person was present. There it stood in silence, with fettered hands and half-averted face – so emblematic of women – I remember how hot tears came to my eyes at the thought of millions of women who must be freed.« (zit. nach Kerr 1992: 51 [Herv. GD])
Am Abend nach dem bewegenden Anblick sprach die abolitionistische Rednerin bei einem Vortrag mit besonderer Leidenschaft darüber, dass nicht nur
10 ›The Greek Slave‹ von Hiram Powers war die erste ›nackte‹ Skulptur zeitgenössischer amerikanischer
Kunst
und
war
u.a.
deshalb
eines
der
herausragendsten
Kunstereignisse der Zeit. Zum Hintergrund siehe Yellin (1989: 99-124) und Kasson (1992).
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Sklavinnen, sondern alle Frauen in Ketten gelegt seien. Ihr Auftraggeber und Finanzier, der zufällig anwesende Abolitionismus-Führer Samuel May, rügte seine Kontraktsprecherin. Sie vernachlässige ihre abolitionistische Aufgabe und mutiere zur Frauenrechtlerin. Darauf antwortete Lucy Stone: »I was a woman before I was an abolitionist. I must speak for the woman« (Ebd.). Stones Rezeption der ›Griechischen Sklavin‹ signifiziert eine Ersetzungsund Verschiebungsoperation, in der sich der Grund für die abolitionistische Kampagne – die Sklaverei – in das Kampagnenmotiv – die physisch und rechtlich problematische Lage der weißen Frau in der Ehe – aufgelöst hat. Die Tatsache, dass die Sklavin nur noch als Geschlechtswesen wahrgenommen wird, machte es möglich, die Lage schwarzer Frauen, zu erblicher Zwangsarbeit und sexueller Verfügbarkeit verurteilt zu sein, aus dem Bild zu schieben. 11 Bei dieser kulturellen ›Operation‹ wurde die allgemeine Patriarchatskritik der frühen Frauenrechtlerinnen auf die ›Orientalischen Patriarchen‹, des Osmanischen Reiches verschoben. Wie Hilla Frübis anlässlich orientalischer Malerei des 19. Jh. anmerkt, wird der Orient »zu einem Paradox von gleichzeitiger Nähe und Ferne« (2012: 141). Die Stone-Geschichte selbst ist zudem ein frühes Beispiel für einen Feministischen Orientalismus. Interessant ist hier, dass der ›Schleier‹, dessen Repräsentationsgeschichte Meyda Yeğenoğlu als »metaphorical excess« beschreibt (2003: 594), nur in der Draperie zitiert wird, denn die ›Griechische Sklavin‹ ist nackt.12 Subtext ihrer Nacktheit ist, dass man sie der Kleider beraubt hat, um sie ihrem zukünftigen ›Besitzer‹ wie eine Sklavin anzubieten.13
11 Jean Fagan Yellin drückt diesen Zusammenhang folgendermaßen aus: »But precisely by asserting gender identity, this reading makes it possible to ignore the crucial difference between the situation of white free women and black slave women, to conflate the condition of free women and slaves« (Yellin 1989: 24). 12 Die ›Griechische Sklavin‹ ist eher in der Tradition der Frau als Allegorie zu lesen, wo die Körper nackter oder teilentblößter Frauen dazu dienen, abstrakte Begriffe zu verkörpern, die sie selbst nicht sein dürfen. Prominentestes Beispiel ist Delacroix’ Signaturgemälde der Französischen Revolution Liberté guidant le peuple, siehe Wenk (2012: 60). 13 Hortens Spillers hat darauf hingewiesen, dass der Körper der Sklavin, z.B. dargeboten auf dem Auktionsblock lediglich als »female flesh ungendered« begriffen wird, siehe Spillers (2003: 207). Die hier diskutierte Figuration ›Griechische Sklavin‹ dagegen ist eine sublime Figur, ›The Greek Slave‹ sei zwar nackt, aber mit Keuschheit bekleidet.
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Interessant ist nun, dass es dieses narrativen Vorwandes der verschobenen Sklaverei-Diskussion bedurfte, um in den USA überhaupt erstmals die Skulptur einer nackten Frau zeigen zu können. Um voyeuristische Effekte zu vermeiden, – genaugenommen, um Männer daran zu hindern, vor ›anständigen‹ Frauen eine nackte Frau anzustarren, und um umgekehrt Frauen vor der Lüsternheit des erotisierten männlichen Blickes zu bewahren – zeigte man die Statue weitgehend vor nach Geschlechtern getrenntem Publikum. Wir haben es hier mit einem Knoten sich kreuzender Blickregime zu tun: orientalisierender Blick des Bildhauers und post festum des Publikums, männliches voyeuristisches Starren, verhinderte weibliche Zeugenschaft von männlich voyeuristischem Starren und kontemplative Erhebung des ›feministischen‹ Blickes zu frauenrechtlichem Aktivismus, De-thematisierung des lesbischen Blickes und Installation von Heteronormativität. Sie alle inspirieren sich an der sexuellen Verfügbarkeit oder ›Ausgesetztheit‹ einer weißen Frau. Die pornotopische Dimension des begehrlichen Betrachtens14 wird durch das orientalisierende Narrativ überspielt. Die Figuration ›Griechische Sklavin‹ verführt Lucy Stone zu einem ›feministischen Orientalismus‹, der sie über den Umweg eines ›fremden‹ grausamen Patriarchats zu einem gerechten Kampf für Frauen motiviert. Hier kann ein Strukturelement von Feministischem Orientalismus beobachtet werden, den ich als Zusammenhang von Steigerungslogik und Proximitätsangst bezeichnen möchte. Indem patriarchale Herrschaft als weit weg, im Orient, und als sehr grausam imaginiert wird, sind in Aussicht genommene, weiß-männliche Allianzpartner für das Frauenrechtsprojekt weniger verschreckt und persönlich angegriffen. Konkret heißt das im Fall von Lucy Stone, dass sie für den zivilen Ungehorsam ihrer Heiratsprozedur ohne Gehorsamsformel (Stonerism) nur dann männliche Verbündete finden kann, wenn sie orientalisch rückständige gegen okzidental emanzipationsfähige Gender-Regime ausspielen kann.
Die Formulierung lautete »Naked yet clothed with chastity«, (zit. nach Kasson 1992: 180f). 14 Linda Hentschel hat die Denkfigur ›pornotopische Technik des Betrachtens‹ zusammen mit ›Raumsex‹ eingeführt, um zu zeigen, dass »die Interaktion zwischen Betrachter, seinem Körper und dem Bildraum analog der Sextechnik der Penetration strukturiert werden kann […] diese Art der Bildraumöffnung kann als die akademisch goutierte Variante zu der vermeintlich minderwertigen Lust an der weiblichen Körperöffnung gelesen werden« (Hentschel 2001: 12).
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B – Das ›Orientalische Patriarchat‹ Vierzig Jahre später hat sich Feministischer Orientalismus in ein anderes Muster verschoben, das nun ganz deutlich als ›Ersatz- und Schattenidentität‹ zur westlichen Gesellschaft konzipiert ist. Radikale Feministin und Sex-Reformerin Charlotte Perkins Gilman schlug Versorgungshäuser mit Kollektivküchen vor, um die Frauen von der Geschlechtssklaverei der Hausarbeit zu entlasten und entwarf in ihrer Utopie Herland (1905) gar eine Frauengesellschaft, die mit Parthenogenese statt mit männlicher Zeugung auskam (Gilman 1979). Zum Patriarchat schrieb sie 1898: »Its injurious effect may be broadly shown in the Oriental nations, where the female in curtained harems is confined most exclusively to sex-functions and denied most fully the exercise of race-functions. In such peoples the weakness, the tendency to small bones and adipose tissue of the over-sexed female, is transmitted to the male, with a retarding effect on the development of the race. Conversely, in early Germanic tribes the comparatively free and humanly developed women – tall, strong, and brave – transmitted to their sons a greater proportion of human power and much less of morbid sex-tendency.« (Gilman 2007: 24)
Im Gegensatz zu Stone, die das ›Orientalische‹ als die ältere Struktur auf der Zeitachse liest, produziert Gilman hier ein raumzeitlich rassisierendes Muster mit etwa folgender Narration: »Bei ›uns‹ hat es früher kraftvoll ›primitive‹ (arische) Geschlechteregalität gegeben, an die ›wir‹ Frauen heute anknüpfen können. Bei ›den Orientalen‹ dagegen ist die Asymmetrie der Geschlechterverhältnisse konstitutiv für ihre ›Kultur‹«. Mit den solchermaßen zu Geschlechterdemokraten erhobenen alten Germanen deutet sich ein Muster an, das für (radikal-)feministischen Orientalismus in der Spätmoderne charakteristisch werden wird, nämlich das Lob der westlichen Gesellschaften als sexualpolitisch ›fortgeschritten‹ gegenüber ›orientalischen‹ Sitten. Obwohl im weißen amerikanischen Feminismus noch weitgehend kanonisiert, kann Charlotte Perkins Gilman nach heutigem Verständnis durchaus als spezifisch feministische Rassistin gelesen werden, d.h. sie konstruiert für die angeblich zivilisatorisch notwendige Kolonisierung ›primitiver‹ Gesellschaften eine Überlegenheit germanischer Geschlechterverhältnisse. Im Gegensatz zur damals gültigen darwinistischen Auffassung von Zivilisationshierarchie, die darin besteht, dass je höher eine Zivilisation, desto ausgeprägter der Geschlechtsunterschied sei (Markowitz 2000), vertritt Gilman ein ›feministisch‹
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dissidentes Zweistufenmodell der Evolution. Als Gipfel der Evolution bedürften Weiße Frauen keiner Ausdifferenzierung von Geschlechtsunterschieden mehr, sondern wären mit Männern gleichzustellen. In anderen Texten überträgt sie ihre Vorstellung von weiß/germanischer Zivilisationsüberlegenheit auf die im Bürgerkrieg befreiten Sklaven und ihre Nachkommen. Ähnlich wie die Orientalen hätten Afroamerikaner und Afroamerikanerinnen die erforderliche Zivilisationsstufe noch nicht erreicht. Um diese zu erreichen entwarf sie ein Zwangsregime für die zurückgebliebenen Teile der schwarzen Bevölkerung bestehend aus einer der Sklaverei ähnlichen Art von Konzentration in Arbeitslagern. Nach Gilman könnte die afroamerikanische Mittelklasse in dem Maße in die bürgerlichen Freiheiten entlassen werden, indem deren Männer sich dazu durchringen würden, verantwortliche Ernährer ihrer Familien zu werden. Eine patriarchalische Familienstruktur mit der daraus folgenden konventionell weißen Arbeitsteilung aushäusiger Ehemänner und Hausfrauen wäre nach Gilmans evolutionärem Modell also eine notwendige Zwischenstufe der Zivilisation.15 In einem Artikel von 1908 Suggestions for the Negro-Problem schrieb sie: »We have to consider the unavoidable presence of a large body of aliens, of a race, widely dissimilar and in many respects inferior [...] an alien race in a foreign land under social and religious conditions to which they are hereditary a stranger.« (Ebd. 78)16
Gilman naturalisiert mit dieser Aussage – »an alien race in a foreign land« – die Präsenz weißer Menschen auf dem amerikanischen Kontinent und dethematisiert damit die Conquista und den Siedlerkolonialismus der weißen Europäer und verschweigt Einwohner mit älteren Rechten wie die ›Native Americans‹ und Amerindians. Darüber hinaus teilt sie mit ihrer Fixierung auf ›chromatischen Rassismus‹ Vorurteile vieler ›progressiver‹ ZeitgenossInnen, die im ›wissenschaftlichen Rassismus‹ der Epoche sozialdarwinistischen eugenischen, ›rassenhygienischen‹ Vorstellungen anhingen. So spricht auch die bedeutende deutsche Sexreformerin und radikale Feministin Helene Stöcker 1917 von der notwendigen »Herrschaft der weißen Rasse« für eine »künftige höhere Organisation der Völker« (Stöcker 1917: 141, zit. nach Omran 2000:
15 Zu einer Vorstellung von Zivilisationsstufen, die eine Sukzession von Matriarchat, Patriarchat und späterer Geschlechterdemokratie vorsehen, siehe Newman (1999: 135f). 16 Zu einer ausführlichen Diskussion von Gilmans Rassismen in der ›Negerfrage‹ siehe Bederman (1995: 121-169).
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428).17 Interessant an Gilman ist, dass ihre Vorstellung vom Spitzenplatz der weißen Rasse in einer Hierarchie der Zivilisationen18 ›feministisch‹ mit Existenz primitiver Patriarchate gerechtfertigt wird. 1912 schreibt Gilman in ihrer Zeitschrift Forerunner: »Nearly all savage races are decadent and grossly androcentric« (zit. nach Lanser 1993: 244). Für das Fine-Tuning der Thematisierung sexueller Unterdrückung jedoch wählt Gilman wie Stone einen orientalischen Bildraum. Jedoch ist hervorzuheben, dass Lucy Stone einer früheren Phase des amerikanischen Feminismus entstammt und eine kompromisslose Kämpferin für die Abschaffung der Sklaverei war, und insofern auch antirassistische Elemente verkörpert, während Gilman einer zweiten Phase des frühen Feminismus zuzurechnen ist, die die Kränkung, nach dem Bürgerkrieg für weiße Frauen kein Wahlrecht erhalten zu haben, in einen rassistischen Diskurs der arischen Zivilisationsüberlegenheit übersetzt.
D EUTSCHE Z USTÄNDE A – Die Orientreise Feministischer Orientalismus der Ersten Frauenbewegung muss nicht mit dem zeitgenössisch üblichen Rassismus verbunden sein. Die beiden wohl schillerndsten deutschen Radikalfeministinnen Anita Augspurg und Lida Heymann beschämten 1924 ihre amerikanischen Genossinnnen, indem sie in den USA die Regeln der Rassensegregation missachteten und mit schwarzen AmerikanerInnen vertrauten Umgang pflegten (Dünnebier/Scheu 2002: 271). Auch die deutsche Kolonialherrschaft in Afrika kritisierten sie entschieden. Sie prangerten z.B. an, dass schwarze Frauen als beliebige ›Sexualware‹ benutzt werden, die die Kolonialherren gebrauchen, missbrauchen und dann wieder wegwerfen konnten (ebd. 177) und verwahrten sich in einem kolonialismuskritischen Artikel von 1926 auch gegen den zeitgenössisch herrschenden sozialdarwinistischen Diskurs, Menschen in ›niedere‹ und ›überlegene‹ Rassen aufzuteilen (Heymann 1926: [1] - 3, zit. nach Dünnebier/Scheu 2002: 283). In einer Frage jedoch verließ die beiden Freidenkerinnen ihr egalitärer antirassistischer Kompass. In der Frage des Schleiers. Bei einer Ägyptenreise 1926 trafen sie auf eine Gruppe von Frauen in einem Park, die fröhlich zusammen
17 Siehe für die Nähe von feministischer Sexualreform und ›Rassenhygiene‹ in Deutschland auch Janssen-Jurreit (1979); Herlitzius (1995); Ferdinand (1999). 18 Zu Vorstellungen einer ›feministischen‹ Hierarchie der Zivilisationen besagter Epoche siehe Dietze (2013a: 128-150).
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saßen und rauchten. Diese winkten die beiden Fremden zu sich und boten ihnen von ihren Zigaretten an: »Alle hatten den Schleier abgetan; das gefiel mir, und ich lachte sie vergnügt an, sie winkten […] Nun ging es ans Erzählen, aber weniger mit Worten als mit Pantomimen; da sprachen die Augen, die Hände, alle Sinne, die Dinge auf die wir deuten konnten, wie Schleier usw.. Wir machten Revolution: weg mit dem Schleier! Laßt Euch von den Männern nichts bieten, stellt Euch auf Euch selbst wie Ägyptens Frauen im Altertum, wie die Frauen anderer Länder es tun. Besinnlich nachdenklich schauten sie uns an, nickten bejahend. Wir schieden mit dem Gefühl, wo immer selbstbewußte Frauen zu geknechteten, aber von der modernen Zivilisation unbeschwerten Frauen von Frauenwürde, Frauenwesen und Befreiung aus Knechtschaft sprechen, springt ihnen lebendiges Verständnis entgegen. Auch dann wenn sie nicht dieselbe Sprache sprechen.« (Heymann/Augspurg 1992: 285)
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Bettina Dennerlein, Elke Fritsch und Terese Steffen haben 2012 im Titel ihrer Anthologie den Verschleierungsdiskurs unter der Dichotomie Verschleierter Orient – Entschleierter Okzident gefasst und deuten ihn als ›Dispositiv‹, »[…der] Sichtbarkeit an der Schnittstelle von Visualisierung, Semantisierung und Politisierung« reguliert ebd. 11). Dass es sich bei dem Zitat um die Schilderung eines Semantisierungs- und Politisierungsprozesses handelt, ist unübersehbar. Selten ist die ›Erfindung des Orients‹ durch den Okzident, von der Said so eindringlich spricht, so in
19 Interessant ist, wie die gleiche Passage der Nacherzählung in einer Doppelbiografie von Heymann/Augspurg aus dem Jahre 2002 aus dem Umkreis der EMMA klingt »Sie waren gesprächslustig – nur leider verstanden sie sich nicht. Heymann versuchte es mit einer Pantomime: Sie tat sich einen der Schleier an, die die Frauen neben sich gelegt hatten, riss ihn dann mit Leidenschaft ab und rief: Frauenbefreiung! Revolution! Das fröhliche Lachen und Klatschen nahm sie für Zustimmung.« (Dünnebier/Scheu 2002: 282) Hier ›reißt‹ Heymann den Schleier mit ›Leidenschaft‹ ab. Man könnte die Differenz der Darstellung so interpretieren, dass sich der feministische Orientalismus der Zweiten Frauenbewegung in den gegenwärtigen Turbulenzen und Nahostkriege und muslimische Migration in europäische Länder verschärft hat, und wie in der Sozialfigur ›Verschleierte Migrantin‹ bereits entwickelt, sie sich auf den Schleier als Bedeutungsträger fixiert hat und in der Folge Verschärfungen und Schleierfixierungen auf historische Quellen rückprojiziert wurden.
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Reinform zu beobachten. Praktisch keine der gemachten Aussagen lassen sich durch die präsentierte nicht-sprachliche Kommunikationssituation belegen: LeserInnen können nicht wissen, ob die Zigaretten anbietenden Frauen ›von der modernen Zivilisation unbeschwert‹ sind, man kann nicht wissen, ob die Pantomime in Richtung der abgelegten Schleier als Patriarchatskritik verstanden wurde, man kann nicht wissen, ob die Ägypterinnen sich in ihrer ›Frauenwürde‹ angesprochen fühlten oder den ausländischen Besucherinnen ein ›lebendiges Verständnis‹ bezüglich ihrer notwendigen Befreiung aus der Knechtschaft entgegen gebracht haben. Alles, was dem Text mit Sicherheit zu entnehmen ist, ist, dass man die Fremden freundlich empfangen hat, ihnen Zigaretten angeboten hat und sich nickend von ihnen verabschiedet hat. Interessant ist auch, dass die beiden deutschen Feministinnen die Frauenemanzipation allein als Frage der Befreiung vom ägyptischen Mann lesen. Die Unterdrückung durch den Britischen Kolonialapparat – den sie durchaus kritisch wahrnehmen – und die ja ägyptische Männer und Frauen betrifft, wird in einem anderen Register abgelegt, das die Frauenfrage nicht berührt. Das zeigt, dass das phantomatische Gegenüber die Figur des ›Orientalischen Patriarchen‹ ist. Ein solcher bleibt er sogar dann, wenn die für 25 £ ›gekaufte‹ Gattin eines Ägypters augenscheinlich glücklich mit ihrem Los ist: »Der Mann war nicht daheim, die gekaufte Frau war von bezaubernder Anmut und Schönheit. Voller Stolz zeigte sie uns ihr Bübchen, ihre seidenen Gewänder und Stöckelschuhe. Sie schien zufrieden. Wer vermag zu sagen, wie es wirklich war. Sie kannte nichts besseres, war Sklavin.« (Heymann/Augspurg 1992: 288)
Der kulturelle Subtext dieser Aussage ist: Wenn sie schon nicht konkret unglücklich ist, dann ist sie das aber abstrakt und weiß es nur nicht. Hier kommt eine weitere Dimension des Feministischen Orientalismus’ erstmals in den Blick, nämlich die Bewegung, ›orientalisierten‹ Frauen jegliche Handlungsmacht abzusprechen. Diese Blindstelle des okzidentalen Feminismus’ hat viele aus dem arabischen Raum kommende Feministinnen erbittert und empört und einen sehr differenzierten postkolonialen Feminismus befördert. 20 B – Verhüllung – Entblößung
20 Siehe Nader (1989); Ahmed (1992); Abu-Lughod (2002).
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Alice Schwarzer, als prominente Frontfigur des Neuen Deutschen Feminismus der Zweiten Welle, positioniert sich ausdrücklich in die Tradition des ›Radikalen Feminismus‹ von Anita Augspurg und Lida Heymann. In dem Geleitwort zu einer Doppelbiografie beider Protagonistinnen schreibt sie: »[…] Feministinnen wie ich stehen in dieser Tradition. Nur nennen sich die einstigen Radikalen heute ›Universalistinnen‹ oder ›Gleichheitsfeministinnen‹ – in Abgrenzung zu ›Differenzialistinnen‹« (Dünnebier/Scheu 2002: 8f). Hier wird mit kargen Begriffen ein Kulturkampf angedeutet, der weit in die akademischen Gender-Studies hineinreicht. ›Gleichheitsfeminismus‹ würde dort eher in (falschen) Universalismus übersetzt und zumindest in den kulturwissenschaftlich ausgerichteten Zweigen als problematisch hegemonial betrachtet. ›Differentialismus‹ wird aus Schwarzers Perspektive als prinzipienloser Kulturrelativismus verstanden, der »mit falscher Toleranz« (siehe den Titel des Eingangs zitierten Buches) einem ›orientalischen Patriarchat‹ Tor und Tür öffne.21 Wie das lesbische Paar Augspurg/Heymann, das aus seiner Verachtung der bürgerlichen Ehe (auch im ägyptischen Gewand) keinen Hehl macht, war auch Alice Schwarzer als Sex-Rebellin angetreten. Ähnlich wie Helene Stöcker mit ihrer Sexualreform und ›Neuen Ethik‹, brach sie mit Der kleine Unterschied und seine großen Folgen (1975) in eine sexualpolitische Tabuzone von männlichem Selbstverständnis und damit auch männlicher Herrschaft ein, nämlich in den ›Mythos vom vaginalen Orgasmus‹22 und die Vorstellung, dass ›Heterosexueller-Beischlaf-Vulgaris‹ für Frauen eine befriedigende Angelegenheit sein könnte. Im Vorwort zum kleinen Unterschied schrieb sie: »Mir ist heute klar geworden, dass die Sexualität der Angelpunkt der Frauenfrage ist: Spiegel und Instrument der Unterdrückung der Frauen. Hier fallen die Würfel. Hier liegen Unterwerfung, Schuldbewusstsein und Männerfixierung von Frauen verankert. Hier steht das Fundament der männlichen Macht und der weiblichen Ohnmacht. Hier entzieht sich
21 In
den
Gender-Studies
ist
›Differenzfeminismus‹
etwas
anders
besetzt.
Terminologisch wird darunter eher ein aus der französischen Feministischen Theorie kommender Feminismus gesehen, der die Kategorie Frau als zentrale Differenz setzt. Dagegen wird ein poststrukturalistischer Feminismus à la Judith Butler, der das Subjekt ›Frau‹ nur als Effekt einer ›heterosexuellen Matrix‹ liest. 22 Hier bezieht sich Schwarzer auf Anne Koedts Streitschrift The Myth of the Vaginal Orgasm (2000).
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scheinbar ›Privates‹ jeglicher gesellschaftlicher Reflexion. Hier wird die heimliche Wahrheit mit der öffentlichen Lüge zum Schweigen gebracht.« (Schwarzer 1975: 10)
Sexuelle Selbstverwirklichung, d.h. nicht abhängig von einem unfähigen, gewaltsamen oder verständnislosen männlichen Liebhaber zu sein, ist dabei nicht gleichbedeutend mit einer ›autonom‹ sexualisierten Selbstdarstellung, wie sie z.B. die feministische Initiative der weltweiten Slutwalks gegen männliche Übergriffe zu verteidigen sucht. Im Gegenteil. Schwarzer setzt hier ›Entblößung‹ mit Verschleierung in eins. Auf das Argument einiger (konvertierten) Schleierbefürworterinnen, die Verschleierung sei ›emanzipierter‹ als ein nacktes Objekt zu sein, antwortet sie: »Nein. Denn Verhüllung und Entblößung sind nur zwei Seiten derselben Medaille, auf der da geschrieben steht: Frauen sind der Besitz der Männer, sie gehören einem (bei Verhüllung) – oder allen, bei Entblößung.« (Schwarzer 2002: 16)23 Dem strukturell puritanischen Orientalismus des Gleichheitsfeminismus Schwarzer’scher Prägung stehen Strategien des – vergleichsweise jungen – Third Wave Feminism entgegen, die das Zeigen des sexuell expressiven weiblichen Körpers emanzipativ besetzen und das Recht auf eine solche Selbstpräsentation gegen sexistische Angriffe verteidigen. So geschehen bei den Slutwalks 2012. Interessanterweise ist man sich aber mit Schwarzer einig im Angriff auf muslimische Verhüllung. Auf dem Berliner Slutwalk zeigten sich vor dem Brandenburger Tor zwei Frauen halb entblößt und schwarz angemalt – auch die Gesichter, allerdings mit einer nicht-bemalten rechteckigen Aussparung für die Augen, die auf den Sehschlitz der Burka anspielte – mit Schildern ›Right for Women’s Liberation from Religious Oppression‹ und der iranischen Entschleierunginitiative ›Unveil Women’s Right to Unveil‹.24 Hier wird die Schwarzer’sche Gleichstellung von Bedeckung und Entblößung untergraben und die Kritik am Orientalischen Patriarchat mittels Entblößung betrieben. Zwischen den beiden schwarz/nackten Nemesisgestalten gegen muslimische Kleiderregime steht eine junge Frau mit dem Signalement der ukrainischen Nacktaktivistinnen ›Femen‹ (beide nackte Bürste sind angemalt und durch einen Strich getrennt, was das Logo der Femen ist, und sie trägt einen Blumenkranz als
23 Zur Islamismuskritik bedeutender Fraktionen europäischer Feministinnen siehe auch Marx (2009). 24 Für den Hinweis auf die Bilder und diesen besonderen feministischen Orientalismus danke ich Francesca Schmidt.
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Zeichen der Unschuld im Haar). Auf ihrem Poster steht: ›Kein Kleidungsstück rechtfertigt sexuelle Gewalt‹. Sollte man daraus schließen, dass es sich hier um die Verteidigung des Rechtes auf alle denkbaren Kleidercodes, also auch der des Schleiers, handelt, wird das von der Politik der Femen nicht gedeckt. Zu Beginn der Olympischen Spiele protestierten sie gegen die Einladung von Staaten, die sie dem politischen Islamismus zurechneten. Wie immer traten sie barbusig auf, trugen Sportlerinnen-Shorts mit aufgenähten Startnummern und hatten mit Fettstift ›Olympic Shame‹ und ›No Sharia‹ auf ihre Brüste gemalt. (Abb. 4 – Femen) Mit den Slutwalks und der Politik der Femen nimmt Feministischer Orientalismus eine neue Volte. Die »Kunst der Entblößung« ist sozusagen zur zweiten Natur geworden, wie Christina von Braun und Bettina Mathes (2007) in Verschleierte Wirklichkeit im Kapitel Ex occidente looks. Blickmacht und entblößter Körper entwickeln: »Fragt man nach den historischen Kontexten, die zur Entschleierung der westlichen Frau geführt haben, dann stellt man fest, dass ihre Blöße kaum mit Natur und Freiheit zu tun hat, sondern das Ergebnis kultureller Zwänge und Disziplinierungen ist, die sich im Laufe abendländischer Geschichte wie eine zweite Haut um den entkleideten Körper der Frau gelegt haben […] Bevor der Westen der Frau erlaubte, sich zu entblößen, mußte sie lernen, die Blöße wie ein Kleid zu tragen.« (Ebd. 154)
Trotz dieser von Slutwalks und den Femen betriebenen performativen Entpuritanisierung des Feminismus bleibt auch für die ›Dritte Welle‹ der Frauenbewegung ein ›Orientalisches Patriarchat‹ ›Schattenidentität‹ des politischen Aktivismus. An den Kampagnen der Femen lässt sich zeigen, dass das ›orientalische Patriarchat‹ nicht einfach als eine Radikalisierung, Verlängerung oder Verstärkung des westlichen Patriarchats aufgefasst werden kann, denn die Femen protestieren mit gleicher Radikalität gegen ›westliche‹ Patriarchate und männlichen Sexismus und insbesondere gegen Prostitution und Freierwesen.25
25 Mitte April 2013 z.B. griffen sie, wie immer halbnackt, in Brüssel einen deutschen EU Politiker an, der angeblich auf einer Dienstreise in der Ukraine Prostituierte besucht
Nackt gegen westlichen Sexismus aufzutreten und nackt gegen Geschlechtssegregation und Schleier zu demonstrieren sind zwei sehr unterschiedliche kulturelle Operationen. Die Demonstration gegen westlichen Sexismus ist eine Art von paradoxer Intervention: ›Ihr wollt uns nackt und verfügbar? Gut, dann machen wir das zu einer Waffe, Euch zu beschämen‹. Nackt gegen verhüllende Geschlechterregime aufzutreten ist dagegen eine angsterzeugende Provokation, ein Tabubruch: ›Wir tun das, was ihr am meisten fürchtet, nämlich unsere Geschlechtskörper aller Welt zu zeigen‹. Beim letzteren könnte man mit dem dekolonialen Theoretiker Walter Mignolo von einem ›Epistemischen Ungehorsam‹ (2009)26 sprechen, beim ersteren von einer parodistischen Übererfüllung verletzender Besitzfantasien des Patriarchats, oder von einer ›Disidentifikation‹ im Sinne von Esteban Muñoz (1997)27.
F EMINISTISCHER O RIENTALISMUS Was hier ›Feministischer Orientalismus‹ genannt wird, ist ein fließendes, immer wieder Form und inhaltliche Pointierung veränderndes Gebilde. Mal insinuiert es zu viel, zu üppige und uferlose Sexualität, dann wieder Gefangenschaft, Zwang und Askese. Mal dient er als Marker für ›Primitivität‹, mal als Marker für dekadente Raffinesse. Sara Ahmed hat auf die etymologische Verwandtschaft von ›orientieren‹ und ›Orient‹ hingewiesen: »It is not incidental, that the word ›orientate‹ refers both to the practices of finding one’s way, by establishing one’s direction (according to the axes north, south, east, and west) and to the east itself as one direction privileged […] as ›the horizon‹ over which the sun rises […]. We could even say that Orientalism involves a form of ›world-facing‹ that is a way of gathering things around, so they ›face‹ a certain direction.« (2006: 113, 118)
Ein gemeinsamer Nenner des Ideologems Feministischer Orientalismus ist demnach, dass er – so vielgestaltig er auch sein mag – immer in dieselbe Richtung ›orientiert‹ ist, nämlich ein ›orientalisches Patriarchat‹ als innere
26 Die Kategorie ›epistemischer Ungehorsam‹ ist hier etwas verfremdet verwendet, weil Mignolo von einer Haltung der Dominierten gegenüber denjenigen, die sie dominieren, spricht und die Femen-Aktion ja nicht von Muslimischen Frauen, sondern von Aktivistinnen, die ›für sie sprechen‹, ausgeht. 27 Nach Muñoz ist Disidentifikation eine Strategie von Minderheiten, die ihnen zugeschriebenen vom dominanten Diskurs verachtete ›Identitäten‹ in besonderer Deutlichkeit vorzuspielen. Ein disidentifizierendes Subjekt ist jemand, der »tactically works on with and against a cultural form« (ebd. 12).
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Wahrheit oder schlimmste oder älteste oder ›eigentliche‹ Version von männlicher Herrschaft begriffen wird, die als sexuelle Herrschaft über den Körper der Frau verstanden wird. Insofern kann man von Feministischem Orientalismus im Sinne Foucaults als einer ›diskursiven Formation‹ sprechen, weil seine Wissenselemente sich über historisch und lokal auseinanderliegende Äußerungen zu einer Formation von immer schon gewussten Wahrheiten verdichtet haben. Nach Foucault bildet sich eine diskursive Formation über »[…] in ihrer Form verschiedenen, in der Zeit verstreuten Aussagen [… als] eine Gesamtheit, wenn sie dasselbe Objekt haben« (1981: 49). Das Objekt der diskursiven Formation Orientalistischer Feminismus wäre dann, wie weiter oben unter verschiedenen Perspektiven dargelegt worden ist, sexualpolitische Patriarchatskritik. Bevor ich auf weitere Aspekte vom operativem Wert und Adaptionsmöglichkeiten der Kategorisierung zu sprechen komme, muss eine kurze Begriffsgeschichte nachgeholt werden. ›Feministischer Orientalismus‹ – oder auch seltener ›orientalistischer Feminismus‹28 – sind keine fest eingeführten oder definierten Begriffs-Komposita, aber sie werden implizit und explizit immer wieder verwendet. Soweit ich sehe, können zwei Genealogien ausgemacht werden. Roksana Bahramitash benutzt beide Begriffe in einer Rezension ›feministischer‹ US-Bestseller, die sich im Zuge des ›War on Terror‹ an der Dämonisierung des Mittleren Ostens (als Frauen unterdrückende Region) beteiligen (2005). Sie bezieht sich dabei auf eine Studie von Parvin Paidar über Iranische Frauen und Öffentlichkeit im 20. Jh., die angelehnt an Saids Orientalismusvorgaben drei für westlichen Feminismus spezifische Denkfiguren ausmacht: a) binäre Entgegensetzung von Okzident und Orient, wobei letzterer als schlechtmöglichstes Umfeld für Frauen beschrieben wird; b) ›orientalische‹
28 Feministischer Orientalismus unterscheidet sich nach meinem Verständnis von orientalistischem
Feminismus
insofern
als
bei
letzteren
›Feminismus‹
in
Anführungszeichen zu setzen wäre. Der Begriff Feminismus wird hier als eine Art Rauchschleier eingesetzt, mit der z.B. militärische Interventionen in den Irak und in Afghanistan mit der Befreiung (oder Entschleierung) der Frau gerechtfertigt werden. Diese Haltung wird von neo-imperalistischen westlichen Kriegsherren, Präsident Bush und auch von ihren Gattinnen betrieben – man erinnere sich an Laura Bushs Rechtfertigung der Afghanistanintervention zur Befreiung der Frau in einer Radioansprache. Siehe dazu Ho (2010). Christina Ho spricht dabei folgerichtig in der Nachfolge von Christa Hunt (2006) von ›Embedded Feminism‹. Zu ›Embedded Feminism‹ siehe auch Brunner (2011)
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Frauen werden dabei nur in Opferposition und nicht als mit Handlungsmacht ausgestattet begriffen und c) deswegen müssen ›orientalische‹ Frauen von westlichen Feministinnen gerettet werden (Paidar 1995). Die mit einem Feministischen Orientalismus einhergehende Missachtung von Frauen aus der Region oder westlichen muslimischen Diasporas wird auch gelegentlich anders bezeichnet: So spricht Birgit Rommelspacher im gleichen Zusammenhang in Bezug auf westliche Feministinnen von »hegemonialer Weiblichkeit« (2007: 260) und Leila Ahmed von »colonial feminism« (1992: 151).29 Eine zweite Genealogie von ›Feministischem Orientalismus‹ macht die Historikerin Charlotte Weber (2001) in einer Analyse über den Orientalismus der International Alliance of Women (1911-1950) und bezieht sich dabei auf eine Arbeit der Literaturwissenschaftlerin Joyce Zonana über den Orientalismus des britischen Romans Jane Eyre (ebd. 127). Zonana bietet als eine der wenigen Theoretikerinnen, die mit dem Begriffskompositum umgehen, eine Definition an: »[…] feminist Orientalism is a rhetorical strategy (and a form of thought) by which a speaker or writer neutralizes the threat inherent in feminist demands and makes them palatable to an audience that wishes to affirm occidental superiority.« (1993: 594)
Feministischer Orientalismus wäre demnach ein sich überkreuzendes Unternehmen von unterschiedlichen Verschiebungen. 1. Feministische Argumente stoßen im westlichen Kontext auf Widerstand, 2. Feministische Argumente als Kritik an ›orientalischen‹ Zuständen zu verkleiden, gibt ihnen eine höhere Sozialverträglichkeit, und 3. Über die Kritik ›Orientalischer Zustände‹ können sich Feministinnen und ihre direkten Gegner, westliche Patriarchate, auf ihre gemeinsame Überlegenheit gegenüber dem ›Orientalischen Anderen‹ einigen. Insofern streicht Feministischer Orientalismus eine ›okzidentalistische Dividende‹30 ein. Nach Zonana ist Feministischer Orientalismus weniger auf den Eurozentrismus von Feministinnen und deren Verkennung und Generalisierung muslimischer Frauen ›orientiert‹, sondern mehr auf deren Fixierung auf das Patriarchat als eigentlich orientalischem Element, das aus dem Westen
29 Siehe eine zusammenfassende Darstellung zu Postkolonialität und Gender an anderer Stelle Dietze (2013c). 30 Siehe dazu Dietze (2009: 35f).
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ausgetrieben werden müsse und das trotzdem okzidentale Männer immer wieder dazu verführe, sich ›rückständig‹ zu verhalten. Sie spricht von dem feministisch orientalistischen Projekt als einem notwendigen »removal of Eastern Elements from Western life« (ebd. 594). Zunächst erscheint der Topos von der zu verhindernden ›orientalischen‹ Rückständigkeit westlicher Männerherrschaft nicht schlüssig, weil er ›orientalisch‹ und ›aufgeklärt okzidental‹ auf einer Zeitachse anordnet, die suggeriert, als gäbe es eine europäische Geschichte von Geschlechtssegregation, Harems-Einschließung, Polygamie und Verschleierung vor Zivilisation, Aufklärung und ›Entwicklung‹. Außerdem de-thematisiert ein solcher Zugang jegliche Gleichzeitigkeit von Islam und christlichem Europa. Damit wird die maurische Hochkultur in Spanien, islamisch-christliche Koexistenz in Venedig, Konstantinopel und im osmanischen Balkan und die Existenz von muslimischen Minderheiten in den europäischen Metropolen als Diplomaten, Militär-Attachees, Sprachlehrer in ›orientalistischen‹ Instituten und Hafenstädten unsichtbar gemacht. Weniger befremdlich wird die oben erwähnte Denkfigur, es habe eine ›orientalische‹ Frühzeit europäischer Zivilisation gegeben, wenn man sie mit dem kolonialistischen Ideologem interpretiert, das Johannes Fabian mit seinem Essay Time and the Other. How Anthropology makes ist Objects (1983) auf den Punkt gebracht hat. In der europäischen Perspektive werden die ›Anderen‹ als in der Menschheitsgeschichte zeitlich zurückliegend begriffen. Dieser teleologische Zug okzidentalen Denkens, sich selbst als die Krone der Schöpfung zu begreifen, überblendet damit sowohl die unterschiedlichen kulturellen Traditionen als auch die Tatsache, dass der ›Orient‹ ›ganz woanders‹ ist. Der ›wirkliche Orient‹ wird dann als geografisch weit entfernter Rest verstanden, auf dem die Zeit stehengeblieben ist. Sexualisierte männliche Herrschaft wird danach als etwas ›Fremdes‹, das wieder in die Fremde zurückgedrängt werden muss, gelesen. Oder anders gesagt, sich auf ein phantomatisches ›orientalisches Patriarchat‹ zu fixieren bedeutet, Sexismus-Kritik weg aus der problematischen Kritik im Nahbereich in die ›Fremden‹ zu ethnisieren. 31 Eine solche Denkrichtung ist nach meiner Auffassung bislang am besten in einem von der einschlägigen Sekundärliteratur oft übersehenen Aufsatz der
31 Zur Unmöglichkeit im Nahbereich, Familie, Paarbeziehung, berufliches Umfeld Sexismusmkritik zu äußern siehe Sara Ahmed zum Unbehagen (discomfort) feministischer
oder
queerer
SpielverderberInnen
(killjoys),
das
normative
Vorstellungen von Glück (happiness) als hegemonial deutlich macht (2010: 30f).
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Anthropologin Laura Nader, »Orientalism, Occidentalism, and the Control of Women« von 1989 entwickelt worden (1989). Nader benutzt zwar das Kompositum Feministischer Orientalismus nicht, argumentiert aber ganz im Geiste seiner Kritik. Sie bezieht sich dabei direkt auf Said, dessen Blindheit in Genderfragen sie zum Ausgang eines eigenen Einsatzes nimmt. Zwei zentrale Dimensionen postkolonialen Machtdiskurses gerieten bei einer nicht vergeschlechtlichten Orientalismuskritik aus dem Blick: Erstens der strategische Einsatz von ›Frauenunterdrückung‹ für die Behauptung der ›positionalen Überlegenheit‹ und der ›kulturellen Hegemonie‹ einer ›Kultur‹ über die andere (ebd. 326). Und zweitens – und das erscheint mir noch wichtiger – der Effekt dieser Strategie, Patriarchate in der ›eigenen‹ Kultur unsichtbar zu machen. Für die westliche Perspektive macht Nader einen Entwicklungsbegriff verantwortlich, der die Lage der Frauen an einem unüberprüften Modell ansteigendem Fortschritts misst32, wobei der Blick nach Osten ein ›orientalisches Patriarchat‹ identifiziert, das geschichtslos und statisch ist und Frauen unmündig hält und sexuell ausbeute33. Nur eine Entwicklung ›Western Style‹ könne den ›Orient‹ aus dieser Lage befreien. Nader hält dagegen, dass in der postkolonialen Phase die Übertragung westlicher Emanzipationsmodelle große Probleme erzeugt habe. Z.B hätten modernisierende ›Staatspatriarchate‹ wie in Libyen oder im Jemen Frauen von familiären Netzwerken abgeschnitten, in Kleinfamilien isoliert und in städtische Wohnblöcke übersiedelt. Falls der Ehemann dann als Arbeitsmigrant außer Landes gegangen sei, wären die Frauen vollständig vereinzelt worden und auf Gedeih und Verderb von der Existenz und Regelmäßigkeit von Auslands-Überweisungen abhängig gewesen. Das relative Missglücken solcher ›Emanzipationen‹ sei nicht etwa das Ergebnis
32 Nader präsentiert sozialwissenschaftliche Evidenz, dass dem nicht so ist, aber das Ideologem
persistent
bleibt
(vgl.
Knudsen
1969).
Für
feministische
Geschichtswissenschaft ist es inzwischen etabliert, dass Gesellschaftsfortschritt oft auch Frauenrückschritt ist, begonnen mit Joan Kellys Aufsatz Did Women had a Renaissance von 1977 (2004) und für den deutschsprachigen Bereich den Arbeiten von Karin Hausen (2001) und Claudia Honegger (1996). 33 Diese Form von ›Orientalismus‹ findet man erstaunlicherweise auch bei Simone de Beauvoir in Das andere Geschlecht (1949): »Ich werde diese Entwicklungen im Abendland untersuchen, denn die Geschichte der Frau im Orient, in Indien und in China war eine lange, stets gleichbleibende Sklaverei. Frankreich, wo die Situation besonders typisch ist, soll Mittelpunkt dieser Untersuchung vom Mittelalter bis heute sein« (de Beauvoir 1999: 108; Fussnote 32: 904).
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rückständiger orientalischer Patriarchate, sondern ein Effekt des Zusammenwirkens von zwei Patriarchaten, dem westlichen und dem östlichen (ebd. 325). Im Gegenzug dazu verursache eine östlich ›okzidentalistische‹ (anders als in meiner Verwendung hier als phobisch dem Okzident gegenüber verstanden) Abwehr westlicher Einmischung in Geschlechterverhältnisse eine Islami(isti)sche Wagenburgmentalität unter Vorgabe, Frauen vor westlicher Verderbnis zu ›schützen‹. Das Ergebnis dieses ›kontrastierenden Vergleichs‹ von Geschlechterverhältnissen im Kampf um kulturelle Hegemonie sei, dass beide Gesellschaftssysteme damit ihre Frauen effektiv kontrollieren, im Westen damit, dass sie die weiterhin bestehenden okzidentalen Patriarchate unsichtbar machen, und im Osten damit, dass sie Frauen zu Symbolen des Abwehrkampfes gegen westliche Hegemonie machen. Ein Effekt solch manichäischer Gegenüberstellungen sei eine stetige Rücknahme von bereits garantierten Frauenrechten. Nader bezieht Feministinnen ausdrücklich in diese Strategien ein, so sagt sie »feminists are often part of the controlling male dogmas« (ebd.), gibt ihnen aber keine initiierende Funktion. In dieser Frage würde und möchte ich deutlich über Naders brillante Analyse hinausgehen und bestimmte Feminismen nicht nur als einen gelegentlichen ›Teil‹ männlicher Kontrollstrategien lesen, sondern gewissermaßen als einen – natürlich nicht intentionalen – Stoßtrupp derselben. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmal auf Alice Schwarzers Plädoyer für den ›Gleichheitsfeminismus‹ zurückkommen. Sexualpolitisch argumentierender Gleichheitsfeminismus sieht sich mit einem universellen ›Mandat‹ für den Kampf gegen Frauenunterdrückung ausgestattet. Danach ist es eine Pflicht jeder Feministin, allen als von ihr als unterdrückt identifizierten Frauen zur Hilfe zu kommen. Eine solche Position ›autorisiert‹ auch einen orientalistischen Männerdiskurs, weil dieser dadurch ›progressiv‹ wird, indem er radikalen Feminismus kooptiert. Zwar glaubten die Gleichheitsfeministinnen die Spitze des Eisbergs anzugreifen – also der am wenigstens ›entwickelten‹ – Version einer überall vorhandenen patriarchalischen Frauenunterdrückung mit ihrer Polemik gegen ›orientalische‹ Verschleierung. Jedoch scheitert ihre Gleichheitspolitik immer am ›falschen Universalismus‹ der eigenen Positionalität, nämlich der Vorgabe, dass der Geschichtsverlauf den weißen Positionen als ›Fortgeschrittensten‹ folgen sollte.
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Postkoloniale Feministinnen haben solche Auffassungen vom historischen Ende her kritisiert. D.h. sie haben auf die historische Kontinuität von kolonialer Unterwerfung und den damit einhergehenden verächtlichen Blick auf die Rückschrittlichkeit lokaler Gender-Regime und postkolonialer Missachtung unter den Auspizien eines ›Entwicklungsparadigmas‹ hingewiesen. Dabei haben sie beklagt, dass große Teile des Feminismus die kulturelle Hegemonie dieser Wahrheitsproduktion nicht reflektieren. ›Dekoloniale Feministinnen‹34 haben die hier benannten Probleme vom historischen ›Anfang‹, der Szene der Kolonisierung, die sie die ›Power of Coloniality‹ nennen, aufgezäumt. Maria Lugones z.B. weist in Decolonizing Gender (2012) darauf hin, dass schon im Kolonisierungsprozess selbst den Kolonisierten westlich patriarchale Strukturen als Entwicklungsprogramm aufoktroyiert worden seien, die Frauen nicht nur dem Patriarchat der Eroberer, sondern sich auch erstmals einem importierten Patriarchat der eigenen Männer unterworfen habe.35
S CHLUSS Die Figuration ›Feministischer Orientalismus‹ ist der Ausdruck eines Paradoxes, das auf der Fokussierung eines großen Teils des westlichen Feminismus auf Sexualpolitik basiert: Es wird im Angesicht der ›Slavery of Sex‹ sexuelle Autonomie gefordert, womit man sich selbst an der Sichtbarwerdung und Sexualisierung des weißen weiblichen Körpers beteiligt. Die ›Griechische Sklavin‹ als moralisches Fanal und die erste Nackte in der amerikanischen Skulptur sind dafür ein gutes Beispiel. Konsumierbar und sublimierbar (d.h. Lucy Stones kathartisches Erlebnis befördernd) wurde der Skandal erst durch die Transferierung der ›Schuld‹ in den Orient und auf den Haremsherrn. Gleichzeitig ist der auf diese Weise veröffentlichte Körper (der ›Griechischen Sklavin‹) verstärkt sexualisierten Blicken und Angriffen ausgesetzt. Durch die Externalisierung und ›Veranderung‹ der strukturellen und symbolischen Gewalt, die mit dieser Form von Verletzbarkeit einhergeht, d.h. der Verschiebung und Übersetzung des heimischen Patriarchats in ein ›Orientalisches Patriachat‹, kommt es zu einer »Ethnisierung von Sexismus« (Jäger 1996).
34 Zur lateinamerikanischen vom spanischen Kolonialismus inspirierten Dekolonialen Theorie (im Gegensatz zur arabisch/indischen vom britischen Kolonialismus inspirierten postkolonialen Theorie) siehe Mignolo/Escobar (2009). 35 Siehe auch meinen im Erscheinen begriffenen Aufsatz zu ›Decolonizing Gender‹ (Dietze 2013b).
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Man kann eine solche Entwicklung im erweiterten auf ›Race‹ übertragenen Sinn in den großen sexualpolitischen Tribunalen in den USA der Neunziger Jahre studieren. Wichtige von Feministinnen vorangetriebene gesellschaftliche Verhandlungen über sexualisierte Männergewalt wurden in von Medienhype begleiteten Verfahren gegen prominente schwarze Männer geführt: Häusliche Gewalt (O.J. Simpson), Date Rape (Mike Tyson), Kindesmissbrauch (Michael Jackson) sexuelle Belästigung (Clarence Thomas).36 Allerdings sollte nicht übersehen werden, dass der ›figurative Gebrauch von Blackness‹ nicht ganz deckungsgleich mit dem von ›Orient‹ gesetzt werden kann. Joyce Zonana hat darauf hingewiesen, dass bei schwarz/Weiß »Rasse« erzeugt wird und bei Orient/Okzident »Kultur« (Zonana 1993: Fußnote 2: 2). Um der Logik und der inzwischen über 200 Jahre alten Geschichte der vielgestaltigen Diskursformation Feministischer Orientalismus auf die Spur zu kommen und ihre epistemische Gewalt zu durchbrechen,37 ist es unumgänglich, im Dialog mit ›orientalischen‹ Feministinnen zu denken und politisch zu handeln, denn diese haben die hier diskutierte Struktur zuerst und am klarsten gesehen. Besonders aufschlussreich sind dabei ›ältere‹ Texte, wo die Verletzung durch okzidentalistische feministische Arroganz frisch, verwundet und auch verwundert ist und sozusagen noch mit ›offenem Visier‹ argumentiert wird. Zentrale Interventionen wie die der im Libanon geborenen Feministin Laura Nader wurden bereits weiter oben diskutiert. Die in Ägypten geborene und heute in den USA lehrende Feministin und Spezialistin für den Mittleren Osten, Leila Ahmed, berichtet 1982 in ihrer glänzenden Polemik Western Ethnocentrism and the Perception of the Harem, wie sie bei ihrer Ankunft im Westen zunächst empört darauf reagiert habe, wenn arabisch-stämmige Wissenschaftlerinnen den Harem als einen Raum von weiblicher Autonomie interpretiert hätten, wo doch nach ihren eigenen schlechten Erfahrungen zuerst die im arabischen Raum spezielle Frauenunterdrückung thematisiert werden müsse. Im Laufe der Zeit habe sie festgestellt, dass eine provokative Affirmation des Harems gegenüber der geballten und unbeeindruckbaren Arroganz westlicher Feministinnen nicht nur angebracht, sondern auch in der Sache notwendig und fruchtbar ist (ebd. 521).
36 Für eine ausführliche Analyse dieser Phänomene siehe das Kapitel ›Black-PosterBoys‹ und die Großen Tribunale (Dietze 2013a: 353-419) 37 Zu ›epistemischer Gewalt‹ im Zusammenhang mit orientalisierten Wissensobjekten siehe Brunner (2011).
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Ahmed weist darauf hin, dass die vereinfachende Darstellung der Unterdrückung muslimischer Frauen strukturell aus der gleichen Position von »guardians of Western civilization« kommt wie das bis tief ins 19. Jh. reichende und von den Faschisten wieder aufgenommene ›Wissen‹ über die natürliche Ungleichheit des weiblichen Geschlechts. Ahmeds Angebot und Aufforderung, in Allianzen und Strukturähnlichkeiten zu denken und gemeinsame Gegner des feministischen Projekts zu identifizieren statt zu spalten, ließe sich trefflich auf die Beurteilung von westlichen Institutionen sexualisierter Herrschaft von Frauen und Männern übertragen. Ihre knappe Definition des Harems als einem System, das Männern sexuellen Zugang zu mehr als einer Frau erlaube (ebd. 524), kann man umstandslos mit dem okzidentalen Doppelstandard der staatlich regulierten Prostitution in Beziehung setzen, ein Anliegen, das einige der hier diskutierten radikalen Feministinnen, wie Gilman, Augspurg/Heymann energisch verfolgt haben, ohne eine kognitive Dissonanz mit dem gleichzeitig produzierten Orientalismus zu empfinden. Saba Mahmood interpretiert solche systematische Blindheiten als Kosten eines unreflektierten Vertrauens in liberale Normen, da sie sowohl verfälschte Vorstellungen vom nicht-westlichen Subjekt produziere, als auch eine kritische Beleuchtung der Normativität liberaler Vorannahmen verhindere (2005). Oder anders gesagt, Orientalismen sind nötig, um okzidentale Vernunfts- und Diskursüberlegenheit zu konstruieren und vor allem sie erhalten zu können. Radikale Feministinnen können in dieser Struktur eine Heimstatt finden, weil sie ja ihr Mandat, für alle Frauen dieser Welt zu kämpfen, über eine ›progressive‹ Rationalität begründen. Der Prozess verläuft jedoch nicht widerspruchsfrei. Die Geschlechterasymmetrien eines imaginierten Orients und die Figuration ›Verschleierte Migrantin‹ als verkörpertes Emanzipationsdefizit erinnern subkutan an die Unvollständigkeit der eigenen Emanzipation. Birgit Rommelspacher argumentiert, dass je größer die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit sei, desto größer das Bedürfnis, über eine forcierte Emanzipationsrhetorik die eigene Fortschrittlichkeit unter Beweis zu stellen (2007: 258f). Rommelspacher spricht hier im psychologischen Bildraum der Überkompensation. Noch eine Schraubendrehung weiter argumentiert Helmuth Berking, dass eine diskursive Ethnisierung der Migration zu einer mentalen Erhöhung der »Freiheitsspielräume […] nationalstaatlich formierter Sprachgemeinschaften« führe und dass es zu einer Verschärfung der kulturellen
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Distanz der Mehrheitsgesellschaft gegenüber einer als rückständig und traditionalistisch angerufenen Migrationsbevölkerung kommt (2010: 297). Nach Berking hebt Orientalismus nicht nur die Stimmung der Autochthonen, sondern erzeugt auch die Illusion einer erweiterten Handlungsmacht. Der Wunsch nach Agency scheint mir eine wichtige ›dichte Stelle‹ zu sein, um den anhaltenden Erfolg der Diskursformation Feministischer Orientalismus zu erklären. Das bohrende Unbehagen und die Demütigung, auch im Okzident sexualisierte Männerherrschaft keineswegs überwunden zu haben, wie es sich z.B. an der leidenschaftlichen Sexismus-Debatte in Deutschland im Winter 2013 zeigen lässt, befeuert das Bedürfnis, wenigstens in orientalisierten und ethnisierten äußeren und inneren Fernen radikal, entschieden und kompromisslos Sexismus zu bekämpfen. Ich habe die Überlegungen an Protagonistinnen radikaler Feminismen aufgezäumt, weil diese strukturell und zu recht am meisten bewundert werden, ob ihrer Kompromisslosigkeit, ob der persönlichen Risiken, die sie eingehen und auch weil sie den Gedanken ins Leben brachten und auch heute am Leben halten, dass die herrschende Geschlechterordnung nur durch Revolutionen und Umstürze beseitigt werden könne. Und dass es anderen Vorstellungen von Natur, Kultur und Körper bedarf, um die ewigen Neuformierungen patriarchaler Herrschaft unter wechselnden und auch spätmodernen Bedingungen zu unterbrechen. Nach Simone de Beauvoir träume der okzidentale Mann davon, ein emanzipiertes weibliches Gegenüber zu bekommen. Ich teile diesen Optimismus nicht, zumal auch hier de Beauvoir eine okzidentale Überlegenheit gegen ein imaginäres ›orientalisches Patriarchat‹ konstruiert: »[…] the Oriental careless of his own fate is content with a female who is for him [an object of pleasure]; but the dream of the Occidental, once he rises to consciousness of his own uniqueness, is to be taken cognizance of by another free being, at once strange and docile.« (de Beauvoir 1952: 170, zit. nach Markowitz 2009: 170).
Die Untersuchung sollte gezeigt haben, dass feministische Radikalität notwendigerweise mit Forderungen nach ›Sexuellen Revolutionen‹ verbunden ist, da die Autonomie weiblicher Körper auf dem Spiel steht. Wenn der Untertitel des Aufsatzes von dieser Verbindung als einer ›unheimlichen Beziehung‹ spricht, so will das sagen, dass ein westliches Projekt sexueller
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Befreiung aus dem Männerjoch, mit einiger Wahrscheinlichkeit ›Sexuellen Exzeptionalismus‹ und ›Okzidentalistische Selbstaffirmation‹ nach sich ziehen wird. Eine Unterbrechung dieser ›unheimlichen Beziehung‹ ist nur sehr bedingt möglich: 1. über eine Positionierung der westlichen Akteurinnen im intersektionalen Spektrum, nämlich ein in Rechnung Ziehen eigener Whiteness und Okzidentalität als ›Default Position‹; 2. über Bündnisse mit Agency und Subjektposition postkolonialer Feministinnen aus der Region, d.h. wirkliches ›Powersharing‹ unter Feministinnen. Und 3. über Verschiebung der Perspektive von einem ›methodischen Nationalismus‹ (Beck/Sznaider 2006) auf einen transnationalen und transkulturellen Feminismus ›verstreuter Hegemonien‹ (Grewal/Kaplan 1994), der sich versteht als »situated practice within complicated and constitutively related histories and communities, open to mutual illumination« (Shohat 2006: 12). Nun kann man sich natürlich fragen, ob die Verschiebung eines Konflikts um westliche Geschlechtergerechtigkeit alles ist, was die (Neo-)Orientalisierung von Sexismus bewerkstelligt, oder ob mit der identifizierten Diskursexplosion noch andere Fragen im Gramsci’schen Sinne artikuliert werden. Ich möchte mit dieser Nachfrage Aufmerksamkeit darauf lenken, dass seit geraumer Zeit Konflikte geopolitischer Dimension wie Nahost-Konflikte und -Kriege und Migration muslimischer Einwanderer nach Westeuropa über Kulturalisierung von Differenz (Mamdani 2000) ausgehandelt werden. Hierarchie wird nicht nur über chromatischen oder biologistischen Rassismus installiert, sondern auch über angeblich rückschrittliche Religion, die die aufklärungsfähig und damit auch nicht zukunftsfähig seien und modernisierungsfeindliche ›Traditionen‹. Eine entscheidende Kurzformel dafür ist die Kulturalisierung von Geschlecht38. Damit wäre am Schluss der Untersuchung noch eine weitere These in den Raum zu stellen: ›Kulturalisierung‹ ist eine Strategie, Hegemonie zu konstruieren, die Rassismus hinter Markern kultureller Überlegenheit wie Zivilisation, Fortschritt und Entwicklung zum Verschwinden bringt. ›Kulturalisierung von Geschlecht‹ greift dabei auf das naheliegendste Modell von ›kulturalisierter‹ Herrschaft zu, nämlich der des Mannes über die Frau.
38 Hiermit möchte ich der Möglichkeit danken, unter dem Titel Kulturalisierung von Geschlecht im Netzwerk Gender Studies Schweiz während des Herbst/Winter 2011 eine Gastprofessur in Basel und Zürich erhalten zu haben. Andrea Maihofer und Bettina Dennerlein danke ich für die vielen Anregungen, die ich zum Thema im gemeinsam veranstalteten Seminar erhalten habe und auch den Studierenden für ihre kreativen Beiträge.
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Report "Feministischer Orientalismus und Sexualpolitik. Spuren einer unheimlichen Beziehung "