Österreichisches Team: V. Mitsopoulos-Leon E. Pochmarski E. Pochmarski-Frad R. Scherrer F. Glaser
Griechisches Team: N. Yalouris Chr. Boulotis A. Moulopoulou
Zeit: 11. September bis 4. November 1973 1974 fanden keine Grabungen statt
Detaillierter Grabungsbericht s. ÖJh 51, 1976-77 Beibl. 181ff. Literaturhinweise : N. Yalouris, Ergon 1974, 82-92
N. Yalouris, Pr akt 1975, 112ff.
EIN FRÜHCHRISTLICHES
MOSAIK
IN ALT-ELIS
Während der Grabungskampagne im Herbst 1973 wurde in Elis der Rest des Mosaiks im Bereich der Südstoa abgehoben. Ein kleiner Teil desselben (Abschnitt A, vgl. Plan Abb. 1) wurde 1966 abgenommen und restauriert l). Den Mosaikboden deckte schon O. Walter im Frühjahr 1912 auf. In den Tagebüchern lesen wir, daß das knapp unter der Oberfläche liegende Mosaik eine Ost-Westausdehnung von ca. 29 m hatte und eine Breite von 6,30 m. Weiters waren am Ostende noch einzelne Quader vorhanden, und 0,65 m vom Ostrand gegen Westen war ein schlecht erhaltenes Ziegelpflaster (2,90 X 2,65 m) von senkrecht gestellten Ziegeln umsäumt. Von diesem fand sich bei den Grabungen 1964 keine Spur. Von den Mauern des Gebäudes, in dem das Fußbodenmosaik verlegt war, wurde nichts gefunden, da Stein räuber nicht nur das Aufgehende abgetragen, sondern sogar nach den Steinen gegraben hatten, wie man sowohl dem Grabungsbefund als auch alten Tagebuchnotizen entnehmen kann. Zwischen dem vierten und neunten Pfeilerfundament der Südstoa ist der nördliche Rand des erhaltenen Mosaikrestes im Westen 10,85m, im Osten 11,08m von der Achse der Pfeilerfundamente entfernt. Die Bodenmitte liegt 45,73 m über dem Meeresspiegel und ist niveaugleich mit der Oberkante des südlichen Fundamentrestes in Planmitte (Sp. 18lf. Abb.l). Der Erhaltungszustand des Mosaiks ist sehr schlecht, wozu die Lage knapp unter dem rezenten Humus und die Gräben beigetragen haben, die bis unter die Oberfläche des Mosaiks reichen. Im Osten wurden unter dem Niveau des Mosaiks Gräber ohne Beigaben gefunden, deren Bestattungsart nicht signifikant genug ist, um sie zeitlich sicher einzuordnen. Der Mosaikboden ist durch seine ornamentale Gestaltung in drei Abschnitte gegliedert (siehe Plan Abb. 1, Abschnitte mit A, Bund C bezeichnet). Vom östlichsten, A, sind nur geringe Reste erhalten. Diese genügen jedoch, um aufgrund der Maße und der Art des Ornamentes festzustellen, daß die Fläche ursprünglich nicht breiter als Abschnitt B und daß sie wahrscheinlich ebenso wie dieser mit einem zweisträngigen zusammengeschobenen Flechtband gefaßt war. Das Motiv dieses Bereiches besteht aus langgezogenen Rauten, deren gedachte Längsachsen aufeinander senkrecht stehen und den Berührungspunkt der Rhombenspitzen bilden. Die Rauten sind mit schwarz-weiß-schwarzem Band umrandet und tragen auf rotem Grund ein sogenanntes Diamantenornament. Dem Raum zwischen den Rhomben sind Kreise eingeschrieben, deren Mittelpunkt von einem einfachen, rot-blauen Flechtband umgeben ist. Die Fläche zwischen den Kreisen und Rauten ist mit einem Farnblattmuster gefüllt, das in seinem farbliehen Eindruck an orientalische Teppiche erinnert und an den Regenbogensti12) anklingt. Das beste vergleichbare Beispiel für dieses geometrisch gegliederte Ornament stellen die Narthex- und Südschiffmosaiken einer Basilika in Knosscs-) dar. Diese große Ähnlichkeit - auch im Detail - hat J. P. Sondini bereits in seinem Aufsatz "Mosaiques paleochretiennes de Grece't+) bemerkt und ordnet diese Arbeiten wandernden Künstlern zu. Son dini vergleicht dieses Dekorsystem mit Mosaiken aus IstanbuJS) und schlägt daher auch für Knossos eine etwas
1) V. Leon, ön, 47, 1964-1965 Beibl. 81-82 Abb. 44; N. Yalouris, Prakt 1964, 136 Taf. 134. 135; G. Daux, BCH 89, 1965, 749 Fig. 3; N. Yalouris, Delt 1965 B2, 211 Taf. 23ge. Taf. 240a-c; V. Leon, örn 48, 1966-1967 Beibl. 77-78 Abb. 41; N. Yalouris, Prakt 1967, 21 Taf. 10. 11. 2) D. Levi, Antioch Mosaic Pavements 1, 1947, 406f. 3) W. H. C. Frend und D. E. Johnston: "The Byzantine
Basilica Church at Cnossos", BSA 57, 1962, 186-238, Taf. 4c u. d. 4) BCH 94,1970,751, Fig. 17 und 18. 5) Sondini a. O. 751 Anm. 99; R. Duyuran, Istanbul Arkeoloji Müzeleri Yilligi NL 9, 1960, 70-72, Fig. 5-7; R. M. Harrison und G. Lawson, Istanbul Arkeoloji Müzeleri Yilligi Nr. 13, 1967, 216-218.
Ein frühchristliches Mosaik in Alt-Elis
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frühere Datierung als die Ausgräbere) vor, also um die spätere Mitte des 5. Jhs. Dieses Rautenmotiv kommt bereits in einem Haus des 3. Jhs. n. ehr. in Sparta") vor, findet sich in einer Variante in der Basilika von Epi dauross) und im Narthex der Kirche des 6. Jhs. in Aigosthena''). Eine Abart des Diamantenornamentes in Rhomben gibt es im Haus der Psalmentü) und in der Synagogenbasilikau) in Stobi, Die Ausführungen in dem letztgenannten Bauwerk unterscheiden sich sowohl in der Farbe als auch dadurch, daß statt der seitlichen, an den Diamanten angesetzten Dreiviertelkreise herzförmige Blätter verwendet sind. Die weite Verbreitung des Ornamentes läßt vermuten, daß es zum Formenschatz der Musterbücher gehörte und die Ausführung des Details dem Künstler oblag. Der Abschnitt B des Mosaiks hat eine Länge von 10,47 m und eine erschlossene Breite von 7,40 m ein schließlich des umlaufenden zweisträngigen Flechtbandes. Die rechteckige Fläche wird von 10 X 6 fast tangie renden Kreisen eingenommen, denen jeweils ein Quadrat eingeschrieben ist, das mit seinen Ecken je ein kleines, in die Kreiszwischenräume gesetztes Viereck berührt. Dieses Gerüst aus Waagrechten und Senkrechten wird durch doppelte Reihen schwarzer Steinehen geformt. Die Kreissegmente sind mit weißen Steinen ausgelegt; der Bereich zwischen ihnen ist in der Längsachse mit roten und in der Querachse mit blauen Steinen bedeckt. Die kleinen Vierecke tragen auf schwarzem Feld einen einfachen Flechtbandknoten. Die Ornamente in den eingeschriebenen Quadraten wechseln reihenweise ab, im Osten zuerst ein Motiv (a) in Form eines doppelten Flechtbandknotens. Dieser ist in den gegen die Mittelachse zu gelegenen Feldern etwas kleiner und mit vier schwarzen Steinreihen eingefaßt, die zum seitlichen Rand hin gelegenen Felder haben nur drei bzw. zwei Reihen als Einfassung. Das Flechtbandmotiv (b) der folgenden Reihe wird von acht farbigen (rot, gelb, blau), herzförmigen und ineinandergreifenden Schleifen gebildet, die durch ein rotes Mittelband zusammengehalten werden. Die schwarz gerandeten Bänder der quadratischen Flechtwerkfelder werden an ihrem inneren Rand von einer weißen Stein reihe begleitet, wie dies auch bei dem oben beschriebenen Motiv (a) der Fall ist. Das Schuppenornament (c) besteht aus versetzten, schwarz gezeichneten Halbkreisen, deren farbige Innen flächen - abgesetzt durch weiße Steinehen - im Zwickel einen schwarzen Kern tragen, der sich vom Blütenkelch des sogenannten Blümchendekorstz) herleitet, wie auch wohl die farbige Innenfläche auf das Blütenblatt dieses Dekors zurückzuführen ist. Die Farben Rot, Blau und Gelb in den Schuppen wechseln in Schrägreihen ab, mit Ausnahme eines Quadrates im Nordwesten, in dem sie aus blauen Steinehen zusammengesetzt sind. Das System tangierender Kreise mit eingeschriebenen Quadraten hat Parallelen in Mosaikböden des aus gehenden 4. Jhs. in Antiochia (wie z. B. in der Kaoussie-Kircher s) oder im Raum 46 des Yakto-Komplexes i-j) sowie in der Basilika von Eressos--) auf Lesbos und in der Basilika in Knossos, wo den quadratischen Feldern im Nordschiff jeweils ein dreisträngiger Flechtbandknoten eingeschrieben ist. Die Ornamente der Knossosbasilika entsprechen auch in der Farblichkeit den elischen. Das Flechtbandmotiv (b) ist vergleichbar mit einem Ornamentfeld in der Kaoussie-Kirche!e) in Antiochia, wo dieses Muster jedoch nur aus vier herzförmigen Bändern im Quadrat besteht, aber umso deutlicher zeigt, daß es sich aus den Schleifenornamenten 1 7) entwickelt hat, die einem regelmäßigen Viereck eingepaßt wurden. Diese Art der Flächengestaltung findet sich auch oft auf Schrankenplatten. Das Schuppenornament kann mit dem in der Basilika von Knossos nicht verglichen werden, da letzteres in der Publikation rs) weder abgebildet noch näher beschrieben ist. Ein breites, fünffarbiges, teppichartiges
6) 7) 8) 9)
Frend und Johnston, a. Anm. 3 a. O. 212. J. M. Cook, BSA 45, 1950, 287, Taf. 28. P. Kavvadias, Ephern. 1918, 172f., Abb. 13,20,21. A. K. Orlandos, Prakt. 1954, 136, Abb. 8. 10) E. Kitzinger: Dumbarton Oaks Papers 3,1946, 134ff. 11) Kitzinger, a. a. 0., 126ff. 12) Vgl. Levi, a. Anm. 2 a.O. 437ff. (floret pattern), Fig. 167. 13) Levi a. a. O. 424f., 11 Taf. CXIII. 14) Levi a. a. O. 42lf. 425; II Taf. CXIIIc. 15) S. Charitonidis,23, Delt 1968A, Taf. 14a,15ab; 35,
Jahreshefte
des Österr.
archäologischen
Fig. 19. In der Basilika von Kastri/Chersonesos (Kreta) liegt in der Südostecke das gleiche geometrische Gerüst auch jenen neun Mosaikfeldern zugrunde, die durch ein Kelchflechtband wie die anderen Ornamentflächen zu einem Rechteck zusammen gefaßt werden. Die Mosaikreste stammen vom Ende des 5. Jhs. n. ChI. und wurden noch nicht ausführlich publiziert: BCH 81, 1957, 633 und Ergon 1970, 202 Abb. 217. 16) Levi, a. a. Anm. 2 a. 0.425; 11 Taf. CXlIIb. 17) Levi a. O. S. 457ff.; vergleiche 11 Taf. CXXXV. 18) Frend und Johnston, a. Anm. 3 a. O. 186- 238.
Institutes, Bd. LI, Beiblatt
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Franz Glaser
Flechtband trennt den Abschnitt B von e (vgl. Plan Abb. 1) und teilt den letztgenannten in zwei Felder. Das nördliche (d) wird von sich überschneidenden Kreisen gefüllt, so daß ein Vierblattornament entsteht, das in der Richtung der einen Diagonale mit gelben, in der anderen mit roten Steinehen ausgelegt ist. Zwischen diesen Kreisen ist eine rote, runde Scheibe mit schwarzem Achsenkreuz eingefügt. Im südlichen Feld (e) bilden rote, blaue und gelbe Schleifentv) abwechselnd Kreise und Rechtecke bzw. Quadrate. Den Kreisen ist jeweils eine rote Rosette aus vier gekerbten Blättern eingelegt, den Vierecken je ein einfacher Flechtbandknoten. Der Raum zwischen dem Schleifenwerk ist mit kleinen Rechtecken in allen im Mosaik vorkommenden Farben gefüllt. Sowohl aufgrund der Art des Ornamentes wie auch der Tagebuchnotizen O. Walters kann man das Feld zu einem Quadrat ergänzen. Bereits O. Walter verglich dieses Ornament - und auch die anderen in seinen Aufzeichnungen - mit den Bodenmosaiken in der Basilika und in dem südlich davon gelegenen Gebäude in Epidauroszc). Der Flechtbandteppich, der Abschnitt Bund e trennt, findet an den Längsseiten keinen Abschluß, so daß man annehmen kann, daß die Abschnitte A, Bund C an den Längsseiten von einem teppichartigen Flechtband begleitet wurden. Der Estrich für den Mosaikboden wurde in einem Arbeitsgang auf die eingeebnete Erdaufschüttung im Bereich der Südstoa aufgetragen, ohne vorher eine Steinschüttung vorzunehmen. Auf dieser Unterlage waren nach Abnahme des Mosaiks zwar keine Arbeitsfugen festzustellen, doch sah man in Abschnitt B die Vor zeichnung in Form von eingeritzten Linien. Diese stimmen mit dem senkrechten und waagrechten Gittergerüst des Ornamentes überein. In die so entstandenen Felder mußten dann die Steine nach entsprechenden Schablonen verlegt worden sein. Die roten Mosaiksteine sind aus gebrannten Ziegeln, die blauen, gelben, weißen und schwarzen aus Kalksteinen geschnitten. Die vergleichbaren Mosaiken bedecken meist den Boden einer Basilika, so daß man eine solche auch für Elis annehmen darf, wenn auch keine baulichen Reste vorhanden sind. Für eine Kirche würde auch das von O. Walter erwähnte Ziegelplattenrechteckz i) sprechen, das im Mensabereich gelegen wäre. Hat es sich um eine mehrschiffige Basilika gehandelt, so waren Narthex und Seitenschiffe wohl mit Steinpflaster ausgestattet und die Reste der Mittelmauer der Stoa hätten sicherlich als Fundamente für die nördliche Säulenstellung gedient, während man bei Einschiffigkeit die Mittelmauer in die nördliche Kirchenwand hätte miteinbeziehen können. Aus diesen Erwägungen erklärt sich die Nordost-Südwestorientierung des geometrischen Gerüstes des Mosaiks, die genau der der Stoa entspricht. Dieselbe Orientierung haben auch drei Gräber im Südosten. Eine ähnliche, abweichende Ausrichtung hat die Basilika in Kuossos-v), die durch die Lage eines bedeutenden Grabes gegeben ist. Aufgrund der angeführten Beispiele wäre eine Datierung des Mosaiks in die zweite Hälfte des 5. Jhs. vorzuschlagen. Reste gleichzeitiger Gebäude aus der unmittelbaren Umgebung der Basilika sind nicht bekannt. Die Steine der dann bereits wohl zerstörten Kirche waren sicherlich willkommenes Baumaterial für die Franken, die auf der antiken Akropolis von Elis ein Kastell-v) errichteten. FRANZ GLASER
Vgl. Levi, a. Anm. 2 a. O. 457 ff. (über Schleifornamente). Kavvadias, a. Anm. 8 a. O. 172ff. Die Basilika von Epidauros wird nun allgemein an das Ende des 4. Jhs. da tiert: G. A. Sotiriou, Prakt 1929, 91-95 und Ephem 1929, 198-201; A. K. Orlandos: 'H ~UA6(HSYO~ 7tIXAlXwxp~()'nlXv~x~ ßIX()'~A~X'~ (1952), I, 50; gleiche Datierung auch in: R. Krautheimer: Early Christiane and Byzantine Architecture 19)
20)
(1965) 91f. 2!) Auch das Ornament A läßt sich gut mit einer Apsis vereinbaren. 22) Frend und Johnston, a. Anm. 3 a. O. 203f. Wie in Knossos wurden auch in Elis in der Umgebung der Kirche zahl reiche Gräber gefunden. 23) A. Boin, La Moree Franque (1969) 334 und 352.