Ebstein-Anomalie: Langzeitverlauf nach Trikuspidalklappenrekonstruktion ohne Ventrikelplikatur

May 28, 2017 | Author: Thilo Fleck | Category: Risk factors, Flow Velocity, Risk Factors
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Z Kardiol 92:730–734 (2003) DOI 10.1007/s00392-003-0955-y

N. Nagdyman P. Ewert B. Stiller E. Riesenkampff T. Fleck P. E. Lange R. Hetzer

Ebstein’s anomaly: long-term results after modified reconstruction of tricuspid valve without ventricle plication n Summary Ebstein’s anomaly is a rare congenital heart defect in which the hinges of the septal and/or posterior leaflets are displaced downward to the right ventricle. The anterior leaflet is usually not displaced but is enlarged and sail-like and valve closure is likewise displaced downwards. Since 1988 we have operated on 22 patients with Ebstein’s anomaly using a modified repair

Eingegangen: 24. Januar 2003 Akzeptiert: 30. April 2003

Dr. med. N. Nagdyman ()) · P. Ewert B. Stiller · E. Riesenkampff · T. Fleck P. E. Lange Abt. für Angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie Deutsches Herzzentrum Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin, Germany E-Mail: [email protected]

Ebstein-Anomalie: Langzeitverlauf nach Trikuspidalklappenrekonstruktion ohne Ventrikelplikatur

technique of the tricuspid valve. This technique restructures the valve mechanism at the level of the true tricuspid annulus by using the most mobile leaflet for valve closure without plication of the atrialized chamber. We evaluated our long-term results with regard to functional capacity (New York Heart Association functional class), tricuspid valve function, rhythm disturbances and re-operation rate. We quantified the right ventricular function by measuring flow velocity integral of the pulmonary artery (VTIPA). All patients survived the operation. There were two hospital deaths (9%) and the late mortality was 4.5%. The mean followup period was 9 years (range, 1.5 to 13 years) for 19 patients. So far no re-operation has been necessary. Preoperatively, the majority of all patients were in NYHA classes III and IV (79%). After the first postoperative follow-up examination (2.9 months), 17 patients were in NYHA class II. Long-term follow-up examinations showed an additional improvement of 11 patients to NYHA class I. Echocardiographic studies demonstrated a significant improvement of tricuspid valve function. No tricuspid valve stenosis was observed. Significant improvement of VTIPA was observed.

Analysis of the postoperative deaths demonstrated that all patients were in NYHA class III or IV and had a cardiothoracic ratio of 0.65 or more. A severe reduction in functional capacity seems to be an additional risk factor for mortality beside a cardiothoracic ratio greater than 0.65. We conclude that reconstruction of the tricuspid valve without ventricle plication not only achieves good functional results immediately after the operation but that follow-up examinations demonstrate stable or improved functional capacity in the long term. We postulate that incorporation of the atrialized chamber into the right ventricle may contribute to right ventricular contraction and thereby account for the improved functional capacity of the patients. n Key words Ebstein’s anomaly – tricuspid valve reconstruction – congenital heart defect – long-term follow-up n Zusammenfassung Die EbsteinAnomalie ist ein sehr seltener angeborener Herzfehler, bei dem das septale und fakultativ das posteriore Trikuspidalklappensegel nach apikal in den rechten Ventrikel verlagert sind. Das anteriore Segel ist in der Regel trichterförmig vergrößert, so dass der

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R. Hetzer Abt. für Herz-, Thoraxund Gefäßchirurgie Deutsches Herzzentrum Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin, Germany

ANGEBORENE HERZFEHLER

N. Nagdyman et al. Langzeitverlauf nach kardiochirurgischer Therapie der Ebstein-Anomalie

Klappenschluss ebenfalls apikalwärts verlagert ist. Seit 1988 wurden an unserer Klinik 22 Patienten mit EbsteinAnomalie operiert. Alle Patienten erhielten eine modifizierte Operation der Trikuspidalklappe. Das Prinzip besteht in der Reduktion der anatomischen Trikuspidalklappenöffnung, so dass das mobilste Segel, eine ihm gegenüberliegende Struktur für den regelrechten systolischen Klappenschluss findet. Im Gegensatz zu anderen Rekonstruktionstechniken wird keine zusätzliche Plikation des atrialisierten Ventrikels vorgenommen. Untersucht wurde der postoperative Verlauf hinsichtlich Veränderungen der körperlichen Belastbarkeit, Trikuspidalklappenfunktion, Herzrhythmusstörungen sowie der Rate der erforderlichen Reoperationen. Als indirekten echokardiographischen Parameter zur Beurteilung der rechtsventrikulären Funktion wurde das Geschwindigkeits-Zeit-Integral über die Pulmonalarterie (VTIPA) un-

tersucht. Die Nachbeobachtungszeit lag im Mittel bei 9 Jahren (1,5 bis 13 Jahren). Während der Operation verstarb kein Patient. Die in-hospital Mortalität betrug 9%, die Spätletalität 4,5%. Eine Reoperation musste bislang bei keinem Patienten durchgeführt werden. Präoperativ befanden sich 79% der Patienten in der NYHA-Klasse III und IV. Bei der ersten postoperativen Vorstellung nach durchschnittlich 2,9 Monaten waren bereits 17 Patienten in der NYHAKlasse II, im Langzeitverlauf kam es schließlich zu einer weiteren Verbesserung von 11 Patienten zur NYHA-Klasse I. Echokardiographisch wiesen alle Patienten eine signifikant bessere Trikuspidalklappenfunktion auf, eine Trikuspidalklappenstenose trat nicht auf. Das VTIPA verbesserte sich im Langzeitverlauf signifikant. Die verstorbenen Patienten befanden sich alle im NYHA-Stadium III oder IV und hatten einen Herz-Thorax-Quotienten von 0,65 oder größer. Die deutliche

Einleitung Die Ebstein-Anomalie ist ein seltener angeborener Herzfehler, bei dem das septale und fakultativ das posteriore Trikuspidalklappensegel nach apikal in den rechten Ventrikel verlagert sind (7). Dies führt zu einer Teilung des rechten Ventrikels in einen basal gelegenen atrialisierten und einen apikal gelegenen, funktionellen rechten Ventrikelanteil. Das anteriore Segel ist meist elongiert, entspringt aber auf Höhe des Sulcus atrioventricularis. Die hämodynamischen Konsequenzen werden von der Größe und Pumpleistung des rechten Ventrikels sowie der begleitenden Klappendysfunktion bestimmt. Im Vordergrund steht hierbei in der Regel eine Trikuspidalklappeninsuffizienz. Eine Kommunikation auf Vorhofebene in Form eines Vorhofseptumdefektes oder eines persistierenden Foramen ovale findet sich bei rund 80% der Patienten (11). Bei ausgeprägter Trikuspidalklappeninsuffizienz bzw. eingeschränkter Funktion des rechten Ventrikels kann es über den Defekt zu einem Rechts-Links-Shunt mit Zyanose kommen. Allgemein akzeptierte Operationsindikationen sind Leistungseinschränkungen entsprechend NYHA-

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körperliche Belastungseinschränkung scheint neben dem HerzThorax-Quotienten von mindestens 0,65 einen bedeutenden Risikofaktor hinsichtlich der postoperativen Letalität darzustellen. Zusammenfassend kann mit dieser Rekonstruktionsmethode ohne Ventrikelplikatur nicht nur unmittelbar postoperativ ein gutes funktionelles Ergebnis erzielt werden, sondern auch im Langzeitverlauf eine stabile bzw. sogar eine zunehmende körperliche Belastbarkeit beobachtet werden. Das Integrieren des ehemals atrialisierten Anteils in den rechten Ventrikel könnte möglicherweise zu einer verbesserten Pumpfunktion der rechten Kammer und damit zu einer besseren körperlichen Leistungsfähigkeit der Patienten führen. n Schlüsselwörter Ebstein-Anomalie – Trikuspidalklappenrekonstruktion – Angeborene Herzfehler – Langzeitergebnisse

Klasse III, ausgeprägte Zyanose und ein Herz-Thorax-Quotient von mehr als 0,65 (7, 9). Heute stehen verschiedene Rekonstruktionstechniken im Vordergrund, wobei die meisten eine zusätzliche Plikation des atrialisierten rechten Ventrikels beinhalten (2, 4). In einer an unserer Klinik entwickelten und seit 1988 angewandten Methode erfolgt die Rekonstruktion der Klappe auf Höhe des eigentlichen Klappenringes (6). Das Prinzip besteht in der Reduktion der anatomischen Trikuspidalklappenöffnung, so dass das mobilste Segel, eine ihm gegenüberliegende Struktur für den regelrechten systolischen Klappenschluss findet (Abb. 1). Im Gegensatz zu anderen Rekonstruktionstechniken wird keine zusätzliche Plikation des atrialisierten Ventrikels vorgenommen. Die vorliegende Studie stellt die Langzeitergebnisse dieser Operationsmethode dar.

Patienten und Methode Seit 1988 erhielten 22 Patienten mit Ebstein-Anomalie (15 weiblich, 7 männlich; Alter 2 bis 55 Jahre, Median 17 Jahre) eine modifizierte Operation der Trikuspidal-

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de bei den echokardiographischen Untersuchungen besonders auf die Entwicklung von Aneurysmata des ehemals atrialisierten rechten Ventrikelanteils und ggf. die Entwicklung von Thromben darin geachtet. Die erste postoperative Vorstellung lag im Mittel bei 2,9 Monaten. Die Nachbeobachtungszeit liegt im Mittel bei 9 Jahren (1,5 bis 13 Jahren). Als statistischer Test zum Vergleich der prä- und postoperativen körperlichen Belastbarkeit, der Trikuspidalklappenfunktion und des VTIPA kam der Wilcoxon-signed-rank-Test zur Anwendung.

Ergebnisse n Überleben

Abb. 1 Trikuspidalklappenrekonstruktion ohne Ventrikelplikatur nach Hetzer (6)

klappe ohne Ventrikelplikatur. Zur Beschreibung der Operationsmethode einschließlich detaillierter präoperativer Klappenmorphologie verweisen wir auf Hetzer et al. (6) (Abb. 1). Die Operationsindikationen ergaben sich aus körperlicher Belastungseinschränkung, ausgeprägter Zyanose, einem Herz-Thorax-Quotient größer als 0,65 sowie assozierten angeborenen kardialen Anomalien. Der Herz-Thorax-Quotient war bei allen Patienten erhöht (0,53 bis 0,8). Die Diagnose wurde bei 21 von 22 Patienten präoperativ, bei einer Patientin erst intraoperativ gestellt. Assozierte kardiale Malformationen, die operiert wurden, umfassten: Vorhofseptumdefekt (n = 10), persistierendes Foramen ovale (n = 8), partieller Atrioventrikularseptumdefekt (n = 1), perimembranöser Ventrikelseptumdefekt (n = 1), Chiari Netzwerk Malformation (n = 1), Pulmonalklappenstenose (n = 2) sowie Mitralklappeninsuffizienz im Rahmen einer Endokarditis (n = 1). Alle überlebenden Patienten erhielten in jährlichem Abstand eine klinische Untersuchung, die ein EKG und eine Echokardiographie beinhaltete. Untersucht wurde der postoperative Verlauf hinsichtlich Veränderungen der körperlichen Belastbarkeit, Trikuspidalklappenfunktion, Herzrhythmusstörungen sowie der Rate der erforderlichen Reoperationen. Als indirekten echokardiographischen Parameter zur Beurteilung der rechtsventrikulären Funktion wurde das Geschwindigkeits-Zeit-Integral über die Pulmonalarterie (VTIPA) untersucht. Da bei der Operation keine zusätzliche Plikation des atrialisierten Ventrikels vorgenommen wird, wur-

Kein Patient verstarb während der Operation. Die inhospital Mortalität betrug 9% (2 Patienten), die Spätletalität 4,5% (1 Patient). Eine 52-jährige Patientin (präoperativ NYHA III, HTQ 0,8) verstarb im Rahmen einer Sepsis und eines Multiorganversagens 2 Wochen nach der Operation. Eine 55-jährige Patientin (präoperativ NYHA III, HTQ 0,65) hatte initial einen unkomplizierten postoperativen Verlauf, verstarb aber 2 Monate später im Rahmen einer Sepsis und Mediastinitis. Nach 3 Jahren trat ein Spättodesfall bei einer 52-jährigen Patientin (präoperativ NYHA IV, HTQ 0,65) auf. Sie verstarb plötzlich zu Hause, am ehesten an Herzrhythmusstörungen. Alle überlebenden 19 Patienten kommen regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen. Eine Reoperation musste bislang bei keinem Patienten durchgeführt werden.

n Körperliche Belastbarkeit Zehn Patienten verbesserten sich um eine NYHAKlasse, 9 Patienten um zwei NYHA-Klassen (präoperativ von 3,0 auf 1,5 im Langzeitverlauf, p < 0,001) (Abb. 2). Bereits 3 Monate nach der Operation zeigten 15 Patienten eine verbesserte körperliche Belastbarkeit, bei 4 Patienten wurden keine Veränderungen beobachtet. Drei Monate postoperativ hatte sich demnach die körperliche Belastbarkeit signifikant von NYHA-Klasse 3,0 auf 2,1 gebessert (p = 0,0007). Im Langzeitverlauf konnte bei 11 Patienten eine weitere Besserung beobachtet werden, während bei 8 Patienten die körperliche Belastbarkeit konstant blieb (NYHA-Klasse nach 3 Monaten von 2,1 auf 1,5 im Langzeitverlauf; p = 0,003) (Abb. 2). Während des gesamten Beobachtungszeitraumes konnten wir bei keinem Patienten eine Abnahme der körperlichen Belastbarkeit beobachten. Eine Patientin konnte drei Jahre nach der Operation ein gesundes Kind per Spontangeburt zur Welt bringen.

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zeitverlauf (p = 0,03), wobei sich die Herzfrequenz nicht signifikant veränderte. Aneurysmata und Thromben im Bereich der rechtsventrikulären freien Wand wurden nicht festgestellt.

n Herzrhythmusstörungen

Abb. 2 Entwicklung der körperlichen Belastbarkeit entsprechend der NYHAKlassifikation bei 19 Patienten mit Ebstein-Anomalie. Kein Patient zeigt im Langzeitverlauf eine Abnahme, die Mehrzahl hingegen eine Zunahme der körperlichen Belastbarkeit

n Trikuspidalklappenfunktion Im Rahmen des gesamten Beobachtungszeitraumes konnte bei 8 Patienten eine Abnahme der Klappeninsuffizienz um zwei, bei 10 Patienten um einen Grad beobachtet werden (präoperativ von 3,1 auf 1,7 im Langzeitverlauf, p = 0,002) (Abb. 3). Eine Trikuspidalklappenstenose trat bei keinem Patienten auf. Drei Monate postoperativ war bei 2 Patienten die Trikuspidalklappenfunktion unverändert, 17 Patienten zeigten eine verbesserte Klappenfunktion (Abb. 3). Damit kam es zu einer signifikanten Abnahme der Trikuspidalklappeninsuffizienz von 3,1 auf 2,0 (p = 0,0003). Im Langzeitverlauf kam es bei 5 Patienten zu einer weiteren Abnahme, während bei den übrigen Patienten die echokardiographischen Befunde stabil blieben (Trikuspidalklappeninsuffizienz nach 3 Monaten von 2,0 auf 1,7, p = 0,04). Das VTIPA verbesserte sich signifikant von präoperativ 15 cm auf 20,5 cm im Lang-

Abb. 3 Entwicklung der Trikuspidalklappeninsuffizienz bei 19 Patienten mit Ebstein-Anomalie. Kein Patient zeigt im Langzeitverlauf eine Zunahme der Klappeninsuffizienz, die Mehrzahl hingegen eine stabile Klappenfunktion

Bei 5 Patienten, die präoperativ über supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen mit Vorhofflattern und supraventrikulären Tachykardien klagten, stellte sich postoperativ ein normfrequenter Sinusrhythmus ein, der auch im langfristigen Verlauf erhalten blieb. Postoperativ mussten 2 Patienten mit einem Schrittmacher wegen eines drittgradigen AV-Blockes versorgt werden. Alle übrigen Patienten hatten sowohl präoperativ, frühpostoperativ und im Langzeitverlauf einen Sinusrhythmus. Eine Patientin hatte ein Präexzitationssyndrom, welches postoperativ symptomatisch blieb, und mit Hilfe einer Katheterablation beseitigt werden konnte.

Diskussion Die erste Rekonstruktionstechnik der Trikuspidalklappe bei Ebstein-Anomalie geht auf Hardy et al. zurück, der eine Raffung des rechten Ventrikels parallel zur Herzbasis vornahm (5). Danielson entwickelte die Technik weiter, in dem er das mobile anteriore Klappensegel zum Klappenschluss durch Raffung des atrialisierten rechten Ventrikels in Querrichtung benutzt (4), Carpentier rafft den atrialisierten Ventrikel in Längsrichtung (2). Die Entwicklung der verschiedenen Rekonstruktionsmethoden konnte die postoperative In-hospital-Mortalität und Spätletalität deutlich vermindern. Die In-hospital-Mortalität liegt im eigenen Krankengut etwas höher bzw. ähnlich wie die anderer Arbeitsgruppen (1, 3, 4, 8). Die Spätletalität ist in unserem Patientenkollektiv jedoch geringer (Tab. 1). Reoperationen wurden im eigenen Patientenkollektiv bislang nicht durchgeführt, wohingegen die Rate an Reoperationen bei anderen Arbeitsgruppen höher waren (1, 3). Unsere Erfahrungen beschränken sich bislang lediglich auf ein relativ kleines Patientenkollektiv, dennoch zeigen die Nachuntersuchungen, dass sich im postoperativen Langzeitverlauf knapp 80% aller operierten Patienten im NYHA-Stadium I oder II befinden. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass sich der ehemals atrialisierte rechte Ventrikel nicht an der Pumpfunktion beteiligt. Wichtig erscheint uns, dass langfristig weder die Entwicklung von Aneurysmata des ehemals atrialisierten rechten Ventrikelteils noch eine Thrombenbildung darin auftraten. Im Langzeitverlauf konnten wir bei einigen Patienten sogar eine weitere Verrin-

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Tab. 1 Vergleich verschiedener Operationsverfahren bei Ebstein-Anomalie hinsichtlich Letalität und Anzahl an Reoperationen Operationsmethode

Beobachtungszeitraum (Mittel in Jahren)

Patientenzahl n

In-hospital-Mortalität (%)

Spätletalität (%)

Re-Operationen n

Technik Technik Technik Technik Technik

19 4,8 4,4 7,6 9

110 39 10 65 22

7,3 9 10 2,3 9

9 13 0 6,2 4,5

4 – 0 10 0

nach nach nach nach nach

Danielson (4) Carpentier (3) Carpentier (8) Sebening (1) Hetzer (6)

gerung der Trikuspidalklappeninsuffizienz und eine Zunahme der körperlichen Belastbarkeit beobachten (Abb. 2 und 3). Möglicherweiser führt die Integration des ehemals atrialisierten Anteils in den rechten Ventrikel zu einer verbesserten Funktion der rechten Kammer, zu einer effektiveren Trikuspidalklappenfunktion und damit zu einer besseren körperlichen Leistungsfähigkeit. Der postoperative Anstieg des VTIPA scheint diese These zu stützen. Eine mit unserer Rekontruktion vergleichbare Technik stellt die von Sebening entwickelte Operation in sogenannter „Single-stich“-Technik dar (10). Hierbei wird durch Fixierung des Segels im anterolateralen Bereich des atrialisierten Ventrikels eine kompetente Trikuspidalklappe geschaffen und ein Teil des atrialisierten rechten Ventrikels dem funktionellen rechten Ventrikel zugeordnet. Diese Methode hat jedoch eine höhere Reoperationsrate (1). Mair et al. beschrieben einen präoperativen HerzThorax-Quotienten über 0,65 unabhängig vom Ausmaß des Stadiums der Herzinsuffizienz als Risikofaktor für eine erhöhte postoperative Letalität (9). Alle drei unserer verstorbenen Patienten hatten einen präoperativen Herz-Thorax-Quotienten, der 0,65 oder

größer war. Da sich bei unseren Patienten zwei der Verstorbenen im NYHA-Stadium III und eine im NYHA-Stadium IV befanden, zeigt sich in unserem Kollektiv, dass die zunehmende Herzinsuffizienz ebenfalls einen Risikofaktor hinsichtlich der postoperativen Letalität darzustellen scheint. Diese Beobachtung deckt sich mit denen anderer Arbeitsgruppen (1, 8). Wir empfehlen daher, Patienten vor dem Eintritt des Leistungsknicks während des NYHA-Stadiums II in das Stadium III zu erfassen und zu operieren. Zusammenfassend belegen die Nachuntersuchungen, dass mit der Rekonstruktionsmethode ohne Ventrikelplikatur nach Hetzer et al. (6) bei Patienten mit Ebstein-Anomalie gute funktionelle Ergebnisse erzielt werden. Im Langzeitverlauf zeigt sich eine stabile bzw. sogar eine zunehmende körperliche Belastbarkeit, die möglicherweise durch den Verzicht der Ventrikelplikatur und den Einschluss des atrialisierten rechten Ventrikels zur funktionellen rechtsventrikulären Pumpkammer erklärt werden kann.

n Danksagung Wir danken Herrn Giering-Jaensch für die Zeichnung der Operationstechnik.

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