Dürers Pelz und das Recht im Bild – Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte. Berlin 2008

June 13, 2017 | Author: Philipp Zitzlsperger | Category: Art History, History of Art, Social History of Art, Self Portraiture, In Brant's Durer Woodcuts, 1494ff, Self-portrayal (Art), Albrecht Dürer, Self-Portraits, Dürer, Kunstgeschichte, History of Art and Architecture, History of Arts, History of art and design, Self-Portraiture, The Rhetoric of Confession, Autobiography, Self-Portraiture and the Construction of the Self, Constructed Self Portrait, Durero, Self Portraits, Albrecht Durer's Melencholia I, The Concept of Beauty in Albrecht Dürer, Self-Portrait, Albrecht Dürer, Renaissance,, Self-portrature, Self-Portraiture and the Construction of the Self, Agnes Frey Dürer, Artist Self Portraits, Albrecht Durer, The Rhetoric of Confession, , Self-Portraiture and the Construction of the Self, Self Portraits 1500-1800, Albrecht Dürer Italienreise, Dürer-Forschung, Kleiderordnung, Dürer and Nicholas of Cusa, Methodiken Der Kunstgeschichte, Dürerbund, Artist's self-portraits, Renaissance Self-Portraiture, Kleiderkunde, Kostümkunde, Vestimentäre Geschichte, Kleiderbilder, Vestimentäre Kunstgeschichte, Selfportrait, Kleidergeschichte, Geschichte der Kleidung, Kostümgeschichte, Self-portrayal (Art), Albrecht Dürer, Self-Portraits, Dürer, Kunstgeschichte, History of Art and Architecture, History of Arts, History of art and design, Self-Portraiture, The Rhetoric of Confession, Autobiography, Self-Portraiture and the Construction of the Self, Constructed Self Portrait, Durero, Self Portraits, Albrecht Durer's Melencholia I, The Concept of Beauty in Albrecht Dürer, Self-Portrait, Albrecht Dürer, Renaissance,, Self-portrature, Self-Portraiture and the Construction of the Self, Agnes Frey Dürer, Artist Self Portraits, Albrecht Durer, The Rhetoric of Confession, , Self-Portraiture and the Construction of the Self, Self Portraits 1500-1800, Albrecht Dürer Italienreise, Dürer-Forschung, Kleiderordnung, Dürer and Nicholas of Cusa, Methodiken Der Kunstgeschichte, Dürerbund, Artist's self-portraits, Renaissance Self-Portraiture, Kleiderkunde, Kostümkunde, Vestimentäre Geschichte, Kleiderbilder, Vestimentäre Kunstgeschichte, Selfportrait, Kleidergeschichte, Geschichte der Kleidung, Kostümgeschichte
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Description

P h i l i pp Z i t z l s p e r g e r

Dürers Pelz und das Recht im Bild K l e i d e rk u n d e a l s Me t h o d e d e r Ku n s t g e s c h i c h t e

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978–3-05-004522–1 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2008 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706 Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikroverfilmung, oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Gesamtgestaltung: Rüdiger Kern, Berlin Druck: Bindung: Printed in the Federal Republic of Germany

Inhalt Prolog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 

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Dürers frühe Selbstbildnisse . . . . . . . . . . . .  11 Der Pelz als Insignie . . . . . . . . . . . . . . . .  26 Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz . . . . . . . . . . . . . . . . . .  48 Dürers Wahl zum Genannten . . . . . . . . . . .  55 Probleme der Datierung . . . . . . . . . . . . .  63 Stilanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  77 Die Pelzschaube als Rechtssymbol . . . . . . . . .  85 Ikonologie des Selbstporträts . . . . . . . . . . .  100 Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte . . . . . . . . . . .  118 Bibliografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  156 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  172 Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . .  176

Prolog »Es ist falsch signiert und falsch datiert ›1500‹, es gehört unbedingt in den Zusammenhang der idealen italienischen Periode, gleichgültig, ob es nun noch in Venedig selbst oder nachher in Nürnberg gemalt wurde. Damit stimmt auch die Erscheinung des Dargestellten, der doch immerhin ein Mann von etwa 36 Jahren sein muß.« Diese Worte schrieb Heinrich Wölfflin 1905 in seiner Dürermonografie über das Münchner Selbstporträt (Abb. siehe Falttafel).1 Mit dem Verweis auf die »ideale italienische Periode« bezieht sich Wölfflin auf Dürers zweite Italienreise, die ihn 1506 vor allem nach Venedig führte. Das Selbstporträt, so vermutet Wölfflin, ist folglich nicht auf das Jahr 1500, wie es die Inschrift des Bildes suggeriert, sondern nach 1506 zu datieren. Wölfflin ist nicht der einzige, der die Originalität von Inschrift und Datierung anzweifelte. Bereits Moriz Thausing (1884) oder später John Pope-Hennessy (1966) haben das Gemälde zwischen 1505 und 1508 datiert. Die Jahrhundertwende erschien ihnen aus typologischen und stilistischen Gründen hoffnungslos verfrüht, weshalb auch sie die Inschrift für eine Fälschung hielten. Zuletzt vermutete Omar Calabrese (2006), dass Dürer das Selbstporträt nach 1506 malte und in der Inschrift auf das heilige Jahr 1500 verwies, um das Werk durch die Anspielung auf den Wechsel des Jahrhunderts und des halben Jahrtausends semantisch aufzuladen. Die Diskussion um die Datierung des Gemäldes soll im vorliegenden Buch ebenso wieder aufgenommen werden, wie die Debatte um inhaltliche Fragen fortzuführen ist. Handelt es sich doch bei Dürers Selbstbildnis aus München um eines der rätselhaftesten Porträts in der Geschichte der Malerei. Fast provozierend wirkt die achsensymmetrische Frontalität und das lange, kastanienbraune und gewellte Haar, das dicht und akkurat gelegt bis über die Schultern rieselt. Mit seinem langen Haar und dem Bart setzte sich Dürer über die damals gängige Männermode hinweg, was ihm reichlich Spott seiner Zeitgenossen einbrachte.2 Da1 Wölfflin,

1905 (1963), S. 170.

2 Hierzu zuletzt Eberlein, 2006, S. 30. Zur Deutung der »Conformitas Christi« siehe

S. 75.

6

Prolog

von abgesehen ist nicht eindeutig zu sagen, ob Dürer sein Spiegelbild auf den lindenhölzernen Bildträger malte oder ob er dem Betrachter in natürlicher Ansichtigkeit gegenübertritt. Im Spiegelbild wäre Dürers sichtbare Hand die linke, im anderen Fall jedoch seine rechte, die Malerhand.3 Und gerade die sichtbare Hand greift deutend und nestelnd in den Kragenpelz seines Obergewandes, als ginge es Dürer darum, den Betrachterblick darauf zu lenken. Aber warum? Um eine Antwort zu finden, wird im Folgenden der Versuch unternommen, die Bedeutung der Kleidung in die Bildanalyse mit einzubeziehen. Immerhin zwei Drittel der Bildfläche werden von seiner Oberbekleidung eingenommen. Es handelt sich dabei um eine langärmlige Mantelart, die um 1500 Schaube oder auch Pelzschaube genannt wurde. Diese war vorne mittig zugeknöpft und hatte im Brustbereich einen tiefen V-Ausschnitt, der mit einem weiten Kragen versehen war. Je nach Stand konnte der Schaubenträger den Kragen verschieden dekorieren und mit Pelzen verzieren. Eine Besonderheit von Dürers Schaube sind die horizontal geschlitzten Ärmel an den Oberarmen, wo sie unterbrochen scheinen und das weiße Untergewand freigeben. In den Schaubendarstellungen um 1500 scheint der Typus in der bildenden Kunst eine Ausnahme darzustellen. Ungleich bemerkenswerter ist auf Dürers Selbstbildnis jedoch das wichtigste Attribut der Schaube, der dichte Pelzbesatz am Kragen, der über der Brust in handbreiten Bahnen v-förmig übereinandergelegt ist. Jedes einzelne Haar ist mit feinem Pinselstrich aufgetragen und in seiner Färbung und Beleuchtung von der Spitze bis zum unteren Schaft in unterschiedlichen Brauntönen differenziert. In der schummrig gedämpften Ausleuchtung des diffusen Bildraumes hebt sich der Pelz kontrastreich vom etwas helleren Braun des übrigen Mantelstoffes ab. Der Aufwand, mit dem sich 3 Für

die Spiegelbildthese spricht Dürers Selbstporträt, das er 1484 im Alter von 13 oder 14 Jahren mit Silberstift zeichnete und später inschriftlich als Spiegelbild ausgab (Wien, Graphische Sammlung, Albertina). Auch auf diesem frühen Selbstbildnis ist Dürers Rechte ostentativ verborgen. Darüber hinaus hielt Christoph Scheurl 1508 eine Rede zum Ruhm der Künste, in der er Dürer ausführlich erwähnte. Unter Heranziehung antiker Lobestopoi erwähnt er ein nicht näher bestimmtes Selbstporträt Dürers, das dieser nach einem Spiegel gemalt habe. Die Aussage verbrämte er mit dem gelehrten Verweis auf die antike Malerin Marcia, die bei Plinius d. Ä. im 35. Buch der »Naturalis Historiae« noch Iaia aus Kyzikos hieß und von Boccaccio zwischen 1360 – 1362 in seinem Buch »De claris mulieribus« Marcia genannt wurde, worauf sich Scheurl bezog. Vgl. hierzu Eberlein, 2006, S. 55. 7

Prolog

Dürer seiner Darstellung angenommen hat, und seine Hand, deren filigrane Finger ebenso darauf deuten wie vorsichtig hineingreifen, sind wichtige Indizien, die dem dargestellten Kleidungsstück und vor allem dem dazugehörigen Pelz eine hohe Bedeutung verleihen. Dies verlangt nach einer Erklärung. Hinzu kommt, dass die strenge Frontalität des Selbstporträts in ihrer achsensymmetrischen Komposition der Tradition der Christusikone verpflichtet zu sein scheint. Bislang hat die Forschung darin zu Recht eine deutliche Imitation Christi gesehen, welche nicht mit Überheblichkeit zu verwechseln ist, denn nicht Christusgleichheit, sondern Christus­ ähnlichkeit strebt Dürer an.4 Die bisherigen Interpretationen des Künstlers als Schöpfergott, die Dürer durch die Christomimesis ins Bild übersetzte, ließen die ikonische Betonung des Gewandes außer Acht. Dessen Einbeziehung in die Interpretation kann jedoch eine Akzentverschiebung ergeben, welche die Sakralisierung des Künstlerstatus auf eine juristische Bedeutungsebene hebt. Dürers Mantel, sein Zeigegestus und seine Frisur spielen auch und insbesondere auf eine säkulare Alltagsrealität an, deren vielfältige Sinnschichten einen rechtshistorischen Zusammenhang aufweisen, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Geschichte der Kunst nicht weniger prägte als kunsttheoretische Einflüsse. Beide inhaltlichen Komponenten, die juristische ebenso wie die kunsttheoretische, verschmelzen im Münchner Selbstbildnis zu einem universellen Deutungsanspruch, der die thematisierte Künstlerrolle Dürers als kunsttheoretisches und sozialhistorisches Phänomen veranschaulicht. Die folgende Untersuchung wird vor allem dafür plädieren, dass Künstler in ihren Werken grundsätzlich sehr bewusst und subtil mit

4 Die

zahlreichen Publikationen zu Dürers Münchner Selbstporträt befinden sich konzis zusammengefasst in Goldberg/Heimberg/Schawe, 1998, S. 314 – 353. Vgl. darüber hinaus Preimesberger, 1999, S. 210 – 219, und Belting, 2005, S. 114 – 117. Auf Preimesberger ist im Kapitel über die »Probleme der Datierung« einzugehen; Belting sieht den Sinn von Dürers Selbstporträt in der metaphysischen Ähnlichkeit von Ikone und Porträt, das Gesicht des Menschen als Maske Gottes. Zur Deutung der Christomimesis in Dürers Münchner Selbstbildnis vgl. vor allem Wuttke, 1980, S. 90 – 104. Tritz, 2005, S. 213, über die Beziehung des Münchner Selbstbildnis zur cusanischen »Kunsttheorie«; in diesem Sinne vertiefend zuletzt Filippi, 2008. Calabrese, 2006, S. 95, plädiert erstmals seit 40 Jahren wieder für eine Spätdatierung nach 1506.

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Prolog

Kleidung und Kostümen argumentieren5 und dass Dürer ein herausragender Vertreter dieser Disziplin der Kostümargumentation war. Es wird nicht darum gehen zu zeigen, dass die Gewandung im Bild ein Spiegel der Alltagsrealität ist. Sie ist aber auch nicht das Gegenteil. Die Gewandung im Bild, und das gilt in besonderem Maße für Dürer, bewegt sich vielmehr auf verschlungenen Pfaden zwischen dem Abbild einer empirischen Wirklichkeit und einer ideellen Realität. Die Herausforderung für die Bildanalyse ist es, zu ergründen, welchem der beiden Pole das jeweilige Bild nähersteht. Das Kostüm, die Kleidung bzw. das Gewand dienen als Argument im Bild, nicht als Abbild. So gilt es im Folgenden beides, die Alltags- und Bildwirklichkeit zu rekonstruieren, um schließlich vor dem biografischen Hintergrund Dürers dessen Selbstporträt anders zu verstehen als es bisher verstanden wurde: Die Christusähnlichkeit Dürers erhebt über die bildtheologischen und kunsttheoretischen Ansätze hinaus einen universellen Anspruch, der in einer umfassenden Bedeutung des Begriffs »Urteil« gipfelt. Es ist das Recht im Bild, welches Dürer über die Symbolik seiner Kleidung in Verbindung mit der Christusmimesis zum Schlüsselthema verdichtet. Die Kostümargumentation kann für die »richtige« Lesart des Kunstwerks wichtige Hinweise liefern, und so wird im abschließenden Epilog die Bedeutung der Kleiderkunde für die Kunstgeschichte hervorgehoben. Sie gilt es als wesentlichen methodischen Bestandteil der Kunstgeschichte zu stärken.

5 Die Begriffe »Kleidung« und »Kostüm« werden in der Fachliteratur unterschiedlich

verwendet. Im Zedler’schen und Grimm’schen Wörterbuch taucht »Kostüm« noch nicht auf. Im vorliegenden Buch wird »Kostüm« als Kombination verschiedener Kleidungsstücke verstanden. »Kleidung« dagegen ist der allgemeine Gattungs­ begriff, dem alle Kleidungsstücke und Kostüme zuzuordnen sind. Davon ist der Begriff der Mode hingegen streng zu unterscheiden, wie im Epilog noch zu erläutern ist. 9

Albrecht Dürer: Selbstporträt, Paris, Louvre (1493)

1 

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Dürers frühe Selbstbildnisse Für eine behutsame Annäherung an das Münchner Selbstporträt müssen zuerst Dürers andere autonome und in Historienbilder integrierte Selbstporträts vorgestellt und analysiert werden. Zugleich ist die Bedeutung der Schaube als Insignie im gesellschaftlichen Alltag des 16. Jahrhunderts, ihre Rolle in der Malerei dieser Zeit und ihr Einsatz für Dürers Selbstdarstellung zu klären, bevor schließlich alle bisherigen Erkenntnisse das Fundament bilden können für eine Revision der Deutung und Datierung des Münchner Selbstporträts vor dem Hintergrund der Dürerbiografie. Dem berühmten Münchner gehen zwei autonome Selbstporträts Dü­rers voran. Das ältere von 1493 (Paris, Louvre, Abb. 1) unterscheidet sich typologisch wenig von jenem aus dem Jahre 1498 (Madrid, Prado, Abb. 2). In beiden Fällen hat Dürer seinen gesamten Oberkörper mit Armen und Händen abgebildet. Nach rechts gewendet erscheint sein Gesicht im Halbprofil, wobei die Augen den Betrachter mustern. Auf beiden Bildern trägt er kein »Arbeitsgewand«, das ihn als Künstler auswiese, sondern eine herkömmliche Alltagstracht, die ein Künstler in der Regel auch während seiner Arbeitsstunden tragen konnte, wie auch an Selbstporträts anderer Künstler der Dürerzeit zu erkennen ist (vgl. Adam Kraft, Abb. 23):6 die vorn tief ausgeschnittene Schecke, deren V-Ausschnitt das weiße, leicht plissierte Leinenhemd freigibt.7 Die Schecke war eine modische Sonderform des Wamses, weshalb sie in den Quellen meist als »Wams« angeführt wird. Eine weitere Gemeinsamkeit beider Bildnisse ist die Zipfelhaube. Über diese Gemeinsamkeiten hinaus offenbaren sie wichtige Unterschiede. Das liegt vor allem an der verschiedenen Farbigkeit, die im frühen Bild vor fast schwarzem Hin6 Abgesehen

von der Amtstracht war die Berufskleidung der Handwerker identisch mit ihrer Alltagskleidung (Zander-Seidel, 1990, S. 274). 7 Zum Leinenhemd als Unterkleidung des Mannes vgl. Zander-Seidel, 1990, S. 202 – 203. Im Winter wurden darüber rote Wollhemden getragen, die auch für Dürer verbürgt sind (ebd.). 11

Dürers frühe Selbstbildnisse

2  Albrecht Dürer: Selbstporträt, Madrid, Prado (1498) 12

Dürers frühe Selbstbildnisse

tergrund und mit dunkelblauer Gewandung düster wirkt, während auf dem anderen Gemälde der weiße Stoff von Schecke und Unterhemd zusammen mit den schwarzen Säumen und der schwarz-weiß gestreiften Zipfelhaube eine offensive Präsenz vermittelt. Zudem ist die Stoffqualität des Kostüms im früheren Selbstbildnis entschieden schlichter gehalten, während das Madrider Bildnis am Kragensaum eine aufwendige Goldstickerei mit rautenförmigen Ornamenten aufweist. Es handelt sich über die alltägliche Schecke hinaus wohl um ein Festtagsgewand, das sich vom in der Regel dunklen Alltagsgewand durch farbliche Kontrastfreude abhebt, wobei Weiß und Schwarz ebenso wie bunte Farben gleichermaßen zum Einsatz kommen konnten. Der farbliche Unterschied bewirkt, dass das ältere Selbstbildnis bescheiden und zurückhaltend erscheint, da der Dargestellte nicht nur in der Dunkelheit des Bildraumes zu versinken scheint, sondern zudem kleiner proportioniert wirkt im Verhältnis zur Bildgröße. Der Blick des Betrachters trifft den Geläuterten, worauf die Distel in seiner Hand verweist, leicht von oben.8 Diese Perspektive kehrt sich 1498 um, denn nun blickt Dürer etwas von oben herab in die Augen des Betrachters. Ein gestreckter Oberkörper füllt die Bildfläche vollständig aus und die gepflegte Erscheinung gipfelt in der Frisur. Das schulterlange Haar ist in gleichmäßige kleine Wellen gelegt, während es 1493 noch strähnig, fast ungepflegt feurig den Kopf umspielt. Auffallend ist, dass kein Hinweis auf Dürers Profession in den Porträts gegeben wird.9 Der Künstler gibt sich nicht zu erkennen; entsprechende Attribute sind nicht vorhanden und eine »Berufskleidung« für Künstler gab es, wie gesagt, ohnehin nicht. Dürer präsentiert sich in beiden frühen Selbstbildnissen in der spätgotischen Schecken- oder Wamstracht.10 Diese zeichnete sich Ende des 15. Jahrhunderts durch die zunehmende Verknappung des Schoßrocks aus. Die Schecke war die maximale Reduktion des gotischen Wamses. Ihr weiter V-Ausschnitt erforderte  Ambivalent interpretierte zuletzt Wilson überzeugend das Pariser Selbstporträt Dürers. Er betont, dass sowohl der sakrale als auch der säkulare Inhalt in Bezug auf das Symbol der vieldeutigen Distel denkbar ist. Die säkulare Deutung bezieht sich dabei auf Dürer als Werber um die Hand seiner späteren Frau Agnes Frey (Wilson, 1995, S. 152). 9  Hierauf verwies bereits Grote, 1964, S. 29, in seiner singulären sozialhistorischen Studie zu Dürers besonderer Entwicklung seiner gesellschaftlichen Rolle als Künstler, die für die folgenden Ausführungen grundlegend ist. 10 Hierzu grundsätzlich Hottenroth, 1884, Bd. 2, S. 89. 8

13

Dürers frühe Selbstbildnisse

bisweilen den Zusammenhalt durch Schnüre, wie sie auf Dürers erstem Selbstbildnis als schlichte rote Bänder zu erkennen sind, während die Schecke auf dem Bildnis von 1498 ohne Schnürung auskommt. Armschlitze wie noch 1493 tauchen 1498 nicht mehr auf. Dafür sorgt die schwarz-weiß gestreifte, um den Ellbogen geschnürte Unterarmmanschette immer noch für das typische Gegenspiel von Bauschung und Schnürung der Stoffe. Entgegen der jüngsten Einschätzung, dass sich Dürer in beiden Selbstbildnissen besonders höfisch gebärdet,11 ist festzuhalten, dass Dürer in einem Kostüm auftritt, dessen Einzelbestandteile sowohl höfisch als auch »bürgerlich« sind. Das heißt, dass in diesem Fall weder die Zipfelhaube noch die Schecke oder der Mantel als eindeutige Insignien anzusprechen sind. Sie wurden in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im höfischen Bereich ebenso getragen wie von Angehörigen niedrigerer Stände. Wichtig ist bei solchen typologischen Kleidergemeinsamkeiten insbesondere die Differenzierung des Materials der Stoffe, die ständische Unterscheidungen ermöglicht. Bezüglich des Mantels, der wie ein Schulterumhang um den Oberkörper geschlungen oder mit einer Doppelschnur vorn zusammengehalten werden konnte und auf Dürers Madrider Porträt zu erkennen ist, wird um 1500 in den schriftlichen Quellen penibel auf das standesgemäße Material geachtet. Ein Nürnberger Ratsverlass von 1502 beanstandet deshalb »samette mentel« der jungen Gesellen.12 Samt ist der Stoff der Eliten und wird in Luxusgesetzen immer wieder in dieser Eigenschaft angemahnt. Der Mantel als Schulterumhang an sich ist kein Standeszeichen. Das Gleiche gilt für die Schecke, die, wie man aus Hottenroths umfassenden Kostümstudien (1884) erfährt, ebenso von »tagwerkenden Leuten« wie von Kaiser Maximilian I. getragen wurde.13 Auf beiden Selbstporträts, die Dürer in der Wamsmode zeigen, kommen die Stoffe ohne Samt aus. Der Umhang auf dem Madrider Bild ist aus braunem Stoff und zeugt von textiler Schlichtheit. Die Goldstickerei des Hemdkragens ist hier der einzige vestimentäre Materialaufwand. Ansonsten reduziert sich der »eitle Putz« Dürers auf die akkurate Frisur, 11 Wilson,

1995.

12 Zander-Seidel,

1990, S. 176. 1884, S. 89, Tafel 41. In seiner Publikation von ca. 1893 (S. 395) ordnet Hottenroth die Scheckenmode als Tracht selbst dem bäuerlichen Milieu zu, wobei er die Quellen seiner Erkenntnisse nicht anführt.

13 Hottenroth,

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Dürers frühe Selbstbildnisse

3  Matthäus Schwarz: Trachtenbuch, S. 19, Braunschweig, Herzog-Anton-Ulrich-Museum (März 1514) 15

Dürers frühe Selbstbildnisse

seine aufrechte Körperhaltung und den hellen Gewandstoff, der durch die schwarzen Akzente noch greller wirkt. Ein Blick auf das Schwarz’sche »Trachtenbuch« genügt um zu erkennen, dass die Schecken- bzw. Wamsmode 1514 noch aktuell war (Abb. 3). Als Sohn eines Weinhändlers hatte Matthäus Schwarz in Oberitalien eine kaufmännische Ausbildung absolviert, bis er 1516 als Buchhalter in den Dienst der Fugger trat. Rasch stieg er zum Leiter der Rechnungsabteilung des frühkapitalistischen Handelshauses auf, für das er bis zu seinem Tod im Alter von 78 Jahren arbeitete.14 Sein für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts ungewöhnlich großes Interesse für die Kleidergeschichte brachte es mit sich, dass er neben einzelnen Kostümbildern auch für das berühmte »Trachtenbuch« verantwortlich zeichnete, das sich heute im Herzog-Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig befindet.15 Darin dokumentiert Schwarz, dass er eine variationsreiche Garderobe unterhielt, die für jede Form des öffentlichen und privaten Auftritts ein passendes Gewand bereitstellte. Diese autobiografische Kleiderkunde des Augsburgers zeigt uns, dass er seine Standesgrenzen genau kannte und ihnen seine Kollektionen stets anzupassen wusste. Die Abbildung auf Seite 19 des »Trachtenbuches« stellt den Protagonisten in einer auf der Brust v-förmig tief ausgeschnittenen Schecke dar, die wie auf Dürers ersten beiden autonomen Selbstporträts das Unterhemd freigibt. Zudem gleicht das Schwarz’sche Kostüm dem Dürer’schen auf dem Selbstbildnis von 1498 (Madrid) in der gestreiften Schwarz-Weiß-Färbung, die offensichtlich den jungen Stutzer inszeniert, der sich damit von der üblichen dunklen Alltagskleidung seiner Zeitgenossen absetzt. Allein die Hutmode scheint sich zwischen 1498 und 1514 gewandelt zu haben. Schwarz trägt bereits

14 Zu

biografischen Angaben vgl. Fink, 1963, S. 11 – 14. »Trachtenbuch« ausführlich Groebner, 1998. Zuletzt Rublack, 2007, S. 264 – 269. Rublack konzentriert sich auf das standes- und vor allem landesgemäße Kleidungsverhalten, welches Matthäus Schwarz während seiner Italienreisen praktizierte. Zu seiner standesgemäßen Anpassung der Kleidung in Augsburg vgl. Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002, S. 41 – 43. Eine Publikation des vollständigen »Trachtenbuches«, dessen Seiten in schwarz-weiß abgebildet sind, wurde von Fink, 1963, vorgelegt. Farbabbildungen einer unvollständigen Kopie des »Trachtenbuches« aus der Pariser Nationalbibliothek, die dem Original sehr nahe kommen, bei Braunstein, 1992. Die ältere Literatur zum »Trachtenbuch« vor 1994 zusammengefasst in Grüber, 1994, S. 103.

15 Zum

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Dürers frühe Selbstbildnisse

4  Hausbuchmeister: Liebespaar, Kaltnadel­ radierung, Amsterdam, ­Rijksmuseum

ein Birett, Dürer dagegen noch die Zipfelhaube, die auf jeden Fall auch 1498 bereits ein Auslaufmodell gewesen sein muss.16 Schwarz geht in der Inschrift des betreffenden Bildes nicht weiter auf den Anlass dieser Einkleidung ein, und es ist anzunehmen, dass 16 Zur

Zipfelhaube vgl. Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung. Hrsg. von Harry Kühnel. Stuttgart 1992, S. 93 (Begriff »Gugel«). Zur eher seltenen Anwendung der Zipfelhaube um 1500, die sich von dem mittelalterlichen Gugel herleitet, vgl. die kurze Anmerkung bei Zander-Seidel, 1990, S. 228. Dürers Zipfelhaube ist auf keinen Fall als Rezeption der höfischen Darstellungen des Hausbuchmeisters anzusehen, wie Wilson, 1995, vorschlägt. Durch diese Sichtweise werden Typus und Vorbild verwechselt. Die Zipfelhaube als Typus ist nicht standesspezifisch, und die höfischen Darstellungen des Hausbuchmeisters sind hinsichtlich der Kleiderdarstellung für Dürers Selbstporträt kein Vorbild ! 17

Dürers frühe Selbstbildnisse

sie kein besonderes, sondern ein alltägliches Kostüm ist, das keine höfische, sondern städtische Mode repräsentiert und dem Mittelstand wie Handwerkern und Händlern gleichermaßen zustand. Der Aufwand der Stoffverarbeitung war dabei maßgebend. Deshalb findet sich in beiden Selbstporträts Dürers vermutlich auch nicht die Spur von dargestelltem Samt an der Gewandung. Es ist daher methodisch bedenklich, wenn in einem konkreten Fall für die Deutung der Gewandung Dürers im Selbstporträt von 1493 (Paris) Radierungen vom Hausbuchmeister herangezogen werden, die eindeutig höfische Szenen abbilden. Rasch lassen sich die ähnlichen Kostüme erkennen: Der Mann des Liebespaares (Abb. 4) trägt ebenfalls die Zipfelhaube und den an der rechten Schulter geschnürten Umhängemantel, der auf Dürers Madrider Selbstporträt nicht umhüllt, sondern über den Rücken fällt, weshalb der Brustbereich frei bleibt, über dem die Mantelschnur spannt. Akkurater ist dagegen der Mann des Hausbuchmeisters in den Mantel gehüllt; seine Schecke darunter ist nicht mehr sichtbar, doch erahnbar, denn in ihrem knappen Schnitt reicht sie nicht über die Hüfte. Schecke, Mantel und Zipfelhaube sind folglich die kleiderkundlichen Gemeinsamkeiten von Dürers Selbstporträt und der Radierung des Hausbuchmeisters. Doch verfängt die Schlussfolgerung kaum, dass sich Dürers Selbstdarstellung auf den Hausbuchmeister beziehe und einen höfischen Charakter evozieren wolle.17 Aus dieser Perspektive bleibt unbeachtet, dass einzelne Gewandtypen nicht immer standesdifferenzierend sind. Wie die Schecke waren zahlreiche Gewandtypen in allen gesellschaftlichen Schichten verbreitet; allein ihr stofflicher Aufwand ermöglichte Distinktion. Hierfür mag das »Gothaer Hochzeitsbild« (um 1485) als Beispiel dienen (Abb. 5). Es wird ebenfalls dem Hausbuchmeister zugeschrieben und bildet abermals einen Höfling von Adel ab, dessen eindeutige Identifizierung immer noch umstritten und hier kein Thema ist.18 Der Mann auf dem »Gothaer Liebespaar« und Dürer in seinem Madrider

17 Wilson,

1995. jüngst Niehr, 1998, der über literarische Quellen des ausgehenden 15. Jahrhunderts überzeugend auf die Entindividualisierung und Typisierung des »Hochzeitsbildes« hinweist, ohne allerdings die Gewandung näher zu betrachten. Weitere Literatur zum »Gothaer Liebespaar«: Bock, 1995, S. 157 – 182; Heinzelmann, 1999, S. 209 – 236; Hess, 1994; Hess, 1996; Welzel, 2002, S. 96 – 98.

18 Hierzu

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Dürers frühe Selbstbildnisse

5  Hausbuchmeister: Gothaer Liebespaar, Gotha, Schlossmuseum (um 1485) 19

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Selbstbildnis (1498) tragen offensichtlich das gleiche Kostüm – Schecke und Mantel  – ,19 dennoch repräsentieren sie zwei unterschiedliche Gesellschaftsschichten. Die Unterschiede liegen dabei im Detail ihrer Kleidung, was im vorliegenden Beispiel insbesondere den Pelz im »Gothaer Hochzeitsbild« betrifft. Der Mann trägt ihn als lockeren Überwurf über seiner linken Schulter und nestelt darin mit seiner Hand. Und als sei dies der ostentativen Betonung nicht genug, greift auch seine Frau ein Bündel der Lederfransen, in denen der Fellschal ausläuft. Hinzu kommt der reiche Schmuck an der übrigen Oberbekleidung, die perlenbesetzten und goldverzierten Säume, die von einer aufwendigen Verarbeitung der Stoffe künden. Materialreichtum ist das standesdifferenzierende Moment. Das reiche Schmuckaufgebot hebt den »Gothaer Mann« auf eine höfische Ebene, die schließlich durch das Wappen in der oberen Bildmitte bestätigt wird. Dürer beansprucht in seinen beiden frühen Selbstbildnissen vernünftigerweise den Adelsstand nicht für sich, denn seine Stoffe sind abseits der Farbe von schlichtem Material, Perlenbesatz, Fell, Samt und Seide kommen nicht vor. Der »dandyhafte«, aufwendige und unstandesgemäß gekleidete Dürer ist in seinen beiden Selbstporträts des ausklingenden 15. Jahrhunderts mitnichten zu erkennen. Im Gegenteil ist festzuhalten, dass Dürer in beiden Fällen eine stofflich schlichte Gewandung trägt, die seinem gesellschaftlichen Stand als »freier« Künstler angemessen scheint – allein der goldbestickte Hemdkragen sticht ins Auge und zeugt von einem akzentuierten Materialaufwand, über den kaum zu urteilen ist, ob er Luxuskonventionen der Zeit überschreitet. Dürers Respekt vor den traditionsbetonten Kleiderkonventionen ist ohnehin nicht konsequent durchgehalten. Zwar nimmt er sich – vom goldbestickten Hemdkragen abgesehen – in der materiellen Ausschmückung seiner Kleidung zurück, fordert aber den Betrachter durch zwei ungewöhnliche Merkmale seines Madrider Selbstporträts heraus, die aus seinem Zeitzusammenhang überheblich erscheinen: Zum einen bildet sich der Maler in der Art niederländischer und italienischer Porträts mit dem Fensterausblick in eine Landschaft ab. Damit hob sich Dürer in die Porträttradition der Eliten, die sich spätestens seit 1462 (Dirk Bouts, Bildnis eines Mannes, 19 Der

ärmellose Mantel wird auch in den Quellen des 16. Jahrhunderts als Mantel bezeichnet im Gegensatz zum Rock bzw. der Schaube (Zander-Seidel, 1990, S. 174 – 176).

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Dürers frühe Selbstbildnisse

London, National Gallery) im autonomen Porträt häufig im Innenraum mit Fensterdurchblick abbilden ließen. Zum anderen zeigt Dürer seine Hände, die er erstmals im autonomen Porträt in hauchdünne (Leder-) Handschuhe hüllt. Es sind wohlgemerkt die Hände eines »Handwerkers« ! Das ist spektakulär. Der Handschuh hob seinen privilegierten Träger in der Regel vom Handwerker ab, denn der Handschuhträger war kein Handarbeiter, der sich die Hände schmutzig machte.20 Nicht mit seinem ersten Selbstporträt von 1493, sondern mit seinem zweiten, und nicht durch seine Gewandung, sondern durch die Gattung des autonomen Porträts an sich und durch die Handschuhe im Besonderen setzte sich Dürer ostentativ über seinen Handwerkerstand hinweg. Zusammen mit seiner Person beförderte er im Bild zugleich die Malerei bzw. den Künstler in einen höheren Stand. Darauf verweist er nicht optisch durch Attribute, sondern schriftlich durch den Vermerk, dass er sich im Alter von 26 Jahren malte. Erstmals gab er sich 1498 in der Bildinschrift als Künstler zu erkennen, um sich jedoch im selben Bild subtil von dessen gesellschaftlichem Stand abzusetzen bzw. den Stand des Künstlers aufzuwerten. Neben den beiden ersten autonomen Selbstporträts Dürers gibt es eine Reihe von Selbstdarstellungen, die ihn im Historienbild integrieren. Diese integrierten Selbstbildnisse sind ebenfalls von hohem Aussagewert bezüglich Dürers Kostümargumentation und eigenem Rollenverständnis innerhalb der frühneuzeitlichen Gesellschaftsordnung. Die Aufzählung beginnt mit dem Jabach-Altar (um 1503 – 1505, Abb. 6), auf dem sich Dürer erstmals in eine Handlungsszene mit einbezieht.21 Im Ganzkörperporträt stellte er sich auf der Außenseite des rechten Seitenflügels als Trommler dar. Darauf folgte das Rosenkranzbild (1506, Abb. 7), auf dem er in deutscher Pelzschaube im rechten Hintergrund erscheint. Die nächste integrierte Selbstdarstellung Dürers ist in der »Marter der Zehntausend« (1508, Abb. 8) anzutreffen, auf der er in der Bildmitte neben Konrad Celtis auftaucht, in einen schwarzen Mantelüberwurf gehüllt, der konfektionell dem des Jabach-Altars entspricht. Auf dem HellerAltar (1509, Abb. 9) erscheint Dürer sodann in der Bildmitte im Hin20 Ausst.Kat.,

Reformation in Nürnberg, 1979, S. 71. Vgl. auch den grundlegenden Überblick bei Muchembled, 1990, S. 350 – 361; zum Auftreten der Handschuhmode S. 357. Zur weiteren Kontextualisierung der Dürer-Handschuhe vgl. S. 58 21 Zum Jabach-Altar vgl. zuletzt Brinkmann/Kemperdick, 2005, S. 257 – 272. 21

Dürers frühe Selbstbildnisse

6  Albrecht Dürer: JabachAltar, rechter Seitenflügel, Köln, Wallraf-Richartz-Museum (um 1503 – 1505)

7  Albrecht Dürer: Rosenkranzfest, Detail, Prag, Nationalgalerie (1506)

tergrund mit Schaube und Degen22 und schließlich porträtierte er sich im Landauer-Altar (1511, Abb. 10), auf dem er in der rechten unteren Bildecke in einer üppigen Pelzschaube zu sehen ist, als einziger Mensch mit Bodenkontakt in der Landschaft.23 Besonders eindrücklich in diesen integrierten Darstellungen ist Dürers Gewandung, die einem nahezu stringenten Wandel unterworfen ist. Auf dem Jabach-Altar tritt er in eng anliegender, grauschwarzer Strumpfhose und ebensolcher Zipfelhaube auf, den Oberkörper in ei22 Die

Mitteltafel ist 1729 verbrannt und nurmehr als Kopie von Jobst Harrich aus dem Jahre 1614 erhalten. 23 Preimesberger, 2001, S. 176 – 178. 22

Dürers frühe Selbstbildnisse

8  Albrecht Dürer: Marter der Zehntausend, Detail, Wien, Kunsthistorisches Museum (1508)

9  Albrecht Dürer: Kopie des HellerAltars, Detail, Frankfurt a. M., Historisches Museum (verlorenes Original von 1509, Kopie, um 1640)

nen roten Umhang mit Gold gerändertem Saum geworfen.24 Dagegen kleidet er sich auf dem Rosenkranzbild erstmals mit einer Pelzschaube, 24 Auf

dem Seitenflügel des Jabach-Altars trägt Dürer ein weites, mantelartiges Tuch in hellroter Farbe übergeworfen, das züchtig seinen Hosenlatz überdeckt, während der Flötist das Tuch abgelegt hat. Den Hosenlatz bei öffentlichen Anlässen freimütig zu zeigen, galt als unzüchtig, weshalb 1529 der Nürnberger Rat die Stadtknechte anwies, »an den tentzen den gesellen zu untersagen, nit in hosen wames, sunder in rocken zetanzen oder man wird sie straffen« (zit. bei ZanderSeidel, 1990, S. 163). Damit berief man sich auf den Reichsabschluss von 1500, der mit § 15 festlegte: »Auch soll ein jeder kurzer Rock oder Mantel in der Länge gemacht werden, dass er hinten und vorne ziemlich und wohl bedecken möge.« (Schmauss, 1747, S. 80). Vermutlich drückt Dürer in der zurückhaltenden Gebär23

Dürers frühe Selbstbildnisse

10  Albrecht Dürer: Landauer-Altar, Detail, Wien, Kunsthistorisches Museum (1511) 24

Dürers frühe Selbstbildnisse

die er auf der »Marter der Zehntausend« aber wieder abgelegt und gegen einen dunklen Mantelüberwurf eingetauscht hat. Erst ab dem HellerAltar und dem Landauer-Altar, also seit 1509, tritt er dann konsequent mit der Schaube auf, die er, wie gesagt, auf den älteren Historienbildern nicht trägt. Allein das Rosenkranzbild ist vor 1509 eine kleiderkundliche Ausnahme für die Genese seiner Selbstdarstellung. Auf Dürers integrierte Selbstdarstellung im Historienbild angewendet wird die Pelzschaube zum Indikator der Selbsteinschätzung des Künstlers. Besonders wichtig bei der Herausziehung der Schaube für die Bildanalyse ist die Identifizierung der Pelzsorte, mit der die Schaube verbrämt ist. Das Tragen von Pelzen war durch kommunale und seit 1495 durch reichsübergreifende Polizeiordnungen gesetzlich nach Ständen reglementiert und die Pelzschaube wurde somit auch in der bildlichen Darstellung zur Insignie, als die sie für das Dürerporträt eine wichtige Rolle einnimmt.

densprache dennoch eine gedämmte Form der Exstase aus, indem er den Flötisten ohne Mantel, jedoch in der Rückenansicht auftreten lässt. 25

Der Pelz als Insignie Die Schaube war als pelzgefütterter Mantel, auch Rock genannt, im Deutschland des 16. Jahrhunderts ein weitverbreitetes Oberkleid des Mannes. Sie galt insbesondere auch als Amtstracht und war für die Ratsherren deutscher Städte hinsichtlich ihres Pelzbesatzes bis weit ins 17. Jahrhundert hinein mit wichtigen Vorschriften belegt.25 Zudem entwickelte sie sich im Zeitalter der Konfessionalisierung zum liturgischen »Protestkleid der Reformation«, das heißt die vormals außerliturgische Schaube mutierte bei den deutschen Protestanten zum liturgischen Oberkleid des Pastors.26 Um 1500 war der Rock knöchellang und verkürzte sich bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts bis auf Kniehöhe. Seine Farbe war vorwiegend Schwarz. In Inventaren liegt Schwarz quantitativ weit vor dunklen Grau, Braun- und Rottönen,27 ähnlich wie zum Beispiel in Venedig die Toga als Alltagsgewand des Adels grundsätzlich schwarz war.28 Für festliche Anlässe war mehr Farbenfreude zugelassen. Diese Beobachtung beruht allein auf Kleiderinventaren und Bildquellen, die durch das illustrierte und kommentierte »Trachtenbuch« des Matthäus Schwarz, auf das im Folgenden noch genauer einzugehen ist, ihre Bestätigung finden. Die Polizeiordnungen beziehen sich nicht auf die Farbe der Stoffe. Die Schaube war je nach Jahreszeit innen, an Säumen und vor allem am bisweilen weit ausladenden Kragen pelzgefüttert. Die sichtbaren Stellen mit Pelzverbrämung waren die Brennpunkte der Kostümargumentation im Bild und in der Alltagsrealität deutscher Städte der Renaissance. 25 Christensen,

1934, S. 45. In den schriftlichen Quellen des 16. Jahrhunderts wird zwischen Schaube und Rock nicht klar unterschieden (Zander-Seidel, 1990, S. 158 – 159). 26 Zander-Seidel, 1990, S. 164. 27 Zur Schaube allgemein Zander-Seidel, 1990, S. 159 – 168. Zur statistischen Verteilung der Farbwerte ebd., S. 167. 28 Zur Alltagsfarbe Schwarz und zu ihrer situationsbedingten Unangemessenheit vgl. Newton, 1988, S. 16; zum Alltagsschwarz außerdem: Butazzi, 2005, S. 47 – 55, hier S. 50. Zu den überwiegend schwarzen Togen der venezianischen Senatoren ebd., S. 9, ebenso Sanudo, 1980, S. 22. 26

Der Pelz als Insignie

Insbesondere auf die Pelzsorte kam es bei den Männern an, denen je nach Stand exakte Vorschriften gemacht wurden.29 Referenzwerk für die reichsübergreifenden Kleiderordnungen ist die Reichspolizeiordnung von 1530. Sie stellt den verbindlichen Abschluss einer 35 Jahre währenden legislativen Entwicklung dar, der Grundgesetzqualitäten aufweist. Im Kern gehen diese Verordnungen auf ähnliche Reichsabschiede zurück, die mit zunehmender Ausführlichkeit auf den Reichstagen von 1495, 1497, 1498 und 1500 abgefasst worden waren, jedoch immer wieder Endgültigkeit vermieden und Verantwortung auf die Landeshoheiten verlegten.30 Die Formulierung der Kleiderparagrafen auf Reichsebene war vor 1530 noch allgemein gehalten und legte besonderes Augenmerk auf Schmuck und Stoffarten; nur die Pelzsorten des Adels waren ausdrücklich in die Reichsabschlüsse aufgenommen. So wurde zum Beispiel den Bürgern in Städten, die nicht von Adel oder Ritter waren, vorge29 Die

gesellschaftliche Mikrogeschichte der Schaube war bis vor Kurzem für die Kunstgeschichte weitgehend unbekannt. Erst vor wenigen Jahren wurde ihre Bedeutung für die Sozial- und Kunstgeschichte der Frühneuzeit wiederentdeckt. Unter Leitung des Historikers Prof. Dr. Neidhard Bulst wurde an der Universität Bielefeld ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit dem Titel »Das frühneuzeitliche Porträt als Rechtsverstoß?« durchgeführt. Seine Ergebnisse sind in einem ebenso material- wie erkenntnisreichen Artikel 2002 publiziert worden. Das Forschungsprojekt ging der Mikrogeschichte der Schaube nach, indem es die historische mit der dargestellten Realität in den Porträts Christoph Ambergers verglich. Aus den Ergebnissen konnten ausgesprochen wichtige Rückschlüsse auf Funktion und Inhalt der Porträtmalerei des 16. Jahrhunderts in Augsburg gezogen werden (Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002). Zur kritischen Auseinandersetzung mit den Ergebnissen vgl. Kranz, 2004, S. 140 – 152, und bes. Anm. 135. Die Autorin merkt an, dass die Mitgliedschaft in der Augsburger Herren- bzw. Kaufleutestube eine für die Amberger-Porträts höhere Bedeutung beanspruche, als die schlichte Ratsfähigkeit der Porträtierten. Weitere Forschungen hierzu stellt sie in Aussicht. Bock, 2005, untersuchte ergänzend Kleiderordnungen des 16. Jahrhunderts in Deutschland, die das Tragen von Schmuck und Goldketten betreffen, und deren Umsetzung im Bild. Er kommt zu dem Ergebnis, dass bildliche Normverstöße seltener anzutreffen sind als bisher angenommen. Zudem weist er den Städten Augsburg, Nürnberg, Ulm und Frankfurt eine kleiderordentliche »Selbstautomie« gegenüber der Reichspolizeiordnung von 1530 zu (Bock, 2005, S. 107). 30 Vgl. hierzu das Sammelwerk der Reichsabschiede von Schmauss, 1747. Das Werk ist in vier Teile gegliedert. Der hier relevante ist der zweite Teil (1495 – 1551). Zu den Verhandlungsproblemen zwischen Kaiser und Reichsständen für eine übergeordnete Reichsordnung auch in Bezug zur Kleiderordnung vgl. Ausst.Kat., Reichstag zu Worms, 1995, S. 84 – 85. 27

Der Pelz als Insignie

schrieben, dass sie neben Gold, Perlen, Samt und Seiden auch Zobeloder Hermelinfutter meiden sollen.31 Erst 1530 wurde schließlich der Marderpelz als bedeutendste Insignie der Schaube festgelegt. Jede der zwischen 1495 und 1530 formulierten Kleiderordnungen der Reichsabschlüsse diente der Standesrepräsentation, die 1530 in einer Präambel explizit erklärt wurde, wenn unter dem Titel »Von unordentlicher und kostlicheyt der kleydung« einleitend geschrieben steht, »dass [die Kleidung] sich eyn jeder, wes wirden oder herkommen der sei, nach seinem stand, ehren und vermögen trag, domit in jeglichem stand underschiedlich erkanntnus sein mög«.32 Diesem Passus folgt die seit 1495 traditionelle Gliederung der Vorschriften für Bauern, Handwerker, Stadtbürger, Adel und Fürsten. Neu hinzu kamen 1530 »kauff und gewerbssleute« und »Burger in stetten, so vom radt, geschlechten, oder sunst fürnemlich im herkommen seind, und irer zinss und renthen geleben«. Die Reichspolizeiordnung erweiterte den Ständekatalog demnach um die Kaufleute und jene Bürger, die von ihrem Vermögen leben konnten.33 Dies erforderte eine zusätzliche Kostümdifferenzierung, die insbesondere die Pelzsorten betraf. Jedem Stand werden darin bestimmte Pelzsorten zugeschrieben, wenngleich Bauern und Tagelöhnern das Tragen von Pelz generell verboten war. Ihre Frauen durften nur »schlechte belz« von Lämmern und Ziegen tragen. Allein die Stadtbewohner waren mit dem Pelzprivileg ausgestattet, jedoch nur, wenn sie Bürgerrechte genossen. »Gemeyne Burger und Handtwercker« durften keinen Marder, dafür aber Fuchs, Lamm und Iltis tragen. Kaufleuten und Handwerkern war neben dem minderwertigen Iltis bereits der Kehlmarder gestattet, das geringerwertige Kehlfell 31 Dies

galt für den Reichsabschluss von 1497 und 1500 gleichermaßen. Schmauss, 1747, S. 31 und S. 79. 32 Hier und im Folgenden Schmauss, 1747, S. 336 – 339. Kulturgeschichtliche Hinweise zur Genese der Reichspolizeiordnung und speziell der Kleiderordnung bei Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002, S. 32 – 36. 33 Diese Kategorisierung blieb auch noch zum Augsburger Reichstagsbeschluss von 1548 erhalten, in dem die Kleiderordnung im Wesentlichen der Reichspolizeiordnung von 1530 unverändert entspricht. Vgl. »Der Römischen Keyserlichen Maies­ tat Erklärung, wie es der Religion halben, imm heyligen Reich, bis zum Austrag des gemeynen Concilij gehalten werden soll, auf dem Reichstag zu Augsburg, den XV. Maij, im M.D.XLVIII. Jar publiciert unnd eröffnet, unnd von gemeynen Stenden angenommen.« Mainz 1548, fol. 10 – 12. 28

Der Pelz als Insignie

des Marders, sofern sie Mitglieder des Stadtrates waren. Das hochwertige, dichte Rückenfell des Marders war vornehmen Bürgern vom Rat, von Geschlecht und dem Adel zugesprochen; ihren Frauen hingegen war das Tragen von Eichhörnchenfell gestattet. Der Rückenmarder war für den Städter das höchste Privileg. Selbst für Grafen galt jedoch die Vorschrift, dass sie »alle futer, ausgenommen zobel und dergleichen höchste füter antragen«. Folgende Tabelle bietet eine Übersicht über die Pelzhierarchie in Relation zur Gesellschaftshierarchie basierend auf der Reichspolizeiordnung von 1530.34 Männer

Frauen

Adel

Rückenmarder

 — 

Bürger vom Rat, von Geschlecht oder sonst vornehmen Herkom­mens und solche, die von Renten leben

Rückenmarder

Eichhörnchenfell

Kaufleute, Handwerker im Rat

Kehlmarder

Eichhörnchenfell

Handwerker und ihre Gesellen und Knechte, gemeine Bürger

hochwertiges Lamm, Fuchs, Iltis

Bauern, Tagelöhner

 — 

— 

Lamm, Ziege (»schlechte beltz«)

Die Tabelle zeigt, dass der Pelz für Männer sehr viel genauer differenziert wurde als für Frauen. Vorschriften zu Schmuck und Stoffverzierungen hingegen sind für die Frauen viel detaillierter ausgeführt. Die Pelzvorschriften sind somit der Ausgangspunkt für jede komparatistische Bildanalyse, in der es um den Vergleich von Porträt und Prosopografie geht. Indem das dargestellte Schaubenfell des Porträtierten mit dessen 34 Tabelle

übernommen aus Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002, S. 33. 29

Der Pelz als Insignie

biografisch verbürgten sozialen Status verglichen wird, offenbart sich die Kostümargumentation im Bild. Dass die Reglementierung der Pelze erst 1530 reichsübergreifend beschlossen wurde, heißt mitnichten, dass zuvor ähnliche Bestimmungen regional nicht existierten bzw. auf den früheren Reichstagen nicht verhandelt wurden. Der Gesetzestext von 1530 ist vielmehr die abschließende Kostümdifferenzierung als Teil eines langwierigen Reichsreformprozesses, dem alle Reichsstände zustimmen mussten. In verschiedenen Reichsstädten und Landesterritorien waren ähnlich ausdifferenzierte Kleidervorschriften zuvor längst vorbereitet und entwickelt worden. Im Zuge der Reichsreform konnten sie seit 1495 jedoch nur sukzessive zu reichsübergreifender Rechtskraft gebracht werden. Die Reichsstände, die in den drei Kurien des Kurfürsten-, Fürsten- und Reichsstädterates auf den Reichstagen zusammentrafen, mussten zusammen mit dem Kaiser für jeden Reichsabschluss zu einem Konsens finden. Deshalb wurden viele traditionelle, städtische und landesfürstliche Gesetze erst relativ spät in den Katalog der Reichspolizeigesetze aufgenommen.35 Die Kleiderforschung ist mit dem Problem konfrontiert, dass die regionalen Kleiderordnungen zum Beispiel einzelner Städte verloren oder noch nicht gesichtet sind. Allein für Nürnberg hat Zander-Seidel 1990 ein umfassendes Grundlagenwerk zur Textilkultur der Reichsstadt in der Frühneuzeit vorgelegt. Allerdings ist für Nürnberg die Quellenlage zur städtischen Kleiderordnung in der Dürerzeit dürftig. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bessert sich die Situation.36 Dennoch, für die Zeit um 1500 belegen auch die wenigen schriftlichen Quellen, dass die standesdifferenzierende Insignie insbesondere des Marderpelzes in Nürnberg bereits eine hohe Bedeutung hatte. Eine Sammlung der Nürnberger Polizeiordnungen, die vermutlich im Jahr 1496 auf Pergament geschrieben wurde, stellt eine Anthologie solcher städtischen Verordnungen des 15. Jahrhunderts dar. Zwar wird 35 Härter,

1993, S. 90. Geschichte der Kleiderordnungen zeigt, dass bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts eine ständische Hierarchisierung der Luxusgesetze in ganz Europa noch nicht existierte (vgl. hierzu auch den Hinweis auf S. 130). Erst danach wird in den Kleidergesetzen der Landesfürsten und der Städte zunehmend auf die Standesdifferenzierung geachtet. Vgl. hierzu auch die luzide Zusammenfassung bei Baur, 1975, S. 126 – 131, die sich exemplarisch mit dem bayerischen Raum beschäftigt.

36 Die

30

Der Pelz als Insignie

darin eine detailliert ständische Pelzhierarchie in Form der Reichspolizeiordnung von 1530 noch nicht vorweggenommen, dennoch geht aus ihr eindeutig hervor, dass die Pelzsorten Hermelin, Zobel, Marder und Reh für den Stadtrat bereits ein Luxusproblem darstellten, das die optische Trennung von Adel und Bürgern gefährdete. Als Gegenmaßnahme wurden den Bürgern Nürnbergs Pelze als Futter und Kragenbesatz generell verboten. Nur einigen Privilegierten, die im Text nicht weiter definiert werden, war ein Pelzkragen erlaubt, der »über annderhalben guldin reinisch« nicht kosten durfte.37 Die Kleiderkunde in Verbindung mit der Kunstgeschichte wirft in diesem Fall das Problem auf, dass sich die Gewandanalyse im Bild nicht auf eindeutige Gesetze stützen kann. Die durch den Rat der Stadt Nürnberg verordnete Differenzierung der Pelzsorten ist zwar durch Quellen belegt, doch fehlt um 1500 noch ihre ständische Zuordnung. »Privilegierte« werden nicht näher definiert, wie das schließlich in der Reichspolizeiordnung von 1530 der Fall ist. Dennoch bestätigt die erwähnte Polizeiordnung von 1496, dass die Pelzsorten hierarchisch unterschieden wurden und der Marder nach dem Zobel an zweiter Stelle erwähnt wird. Aus der Reichspolizeiordnung von 1530 geht hervor, dass der Zobel dem Adel und der Marder im Wesentlichen dem Patriziat und gesellschaftlichen Aufsteigern vorbehalten war. Die Nürnberger Polizeiordnung von 1496 nimmt diese Unterscheidung bereits vorweg, indem sie den Marder nach dem Zobel zum wichtigsten Pelz zählt, dessen Missbrauch in der 37 Die

Nürnberger Polizeiordnungen aus dem 14. und 15. Jahrhundert sind publiziert bei Baader, 1861. Zur Datierung der Handschriften vgl. ebd, S. 2 – 3. Der hier erwähnte Passus lautet: »Welliche rawhe wat die mann tragen mögen: Unnd nachdem unndter den mannssbilden, nit alleyn den erbern, sonnder auch den gemaynen mann, eyn mergkliche kostlichkait entstannden ist, nemlich mit geprawchung merdreyner veher unnd annder kostlicher rawher claydung an schawben, husseckenn, rocken und menntteln, auch kostlicher zobeleyner, merdreyner und vehen hawben und hüten, das alles mer zu scheinlicher hoffart dann zu notturfft beschicht, darumb sollichem zu begegen, auch unnotturfftigen und überflüssigen costn zuverhütten, ist eyn erber rate daran komen, vestigclich gepiettennde, das hinfüro eyn yeder burger oder inwoner dieser statt alle seine gefütterte erlawbte cleydung tragen solle, vorn an zu gethan und on allen überschlage; doch mug ymant auff sollicher seyner erlawbten cleydung tragen eyn aussgelegt goller, also doch das sollich goller über annderhalben guldin reinisch nit cost oder werdt sey, bey peen eyns yeden tags oder nachts drey guldin gemayner statt zu gebenn.« (Baader, 1861, S. 104). 31

Der Pelz als Insignie

Stadt zu unterbinden sei. Dürers und zahlreiche Werke seiner Zeitgenossen lassen erkennen, dass die Pelzhierarchie lange vor 1530 auch in der Kunst von eminenter Bedeutung war. Doch bevor Dürers Pelzkenntnisse auf den Prüfstand kommen, bedarf es einer kurzen Erläuterung der standesdifferenzierenden Pelzsorten. Ihr Insigniencharakter offenbart sich dem Betrachter nur, wenn er in der Lage ist, die dargestellten Fellsorten zu erkennen. Lamm, Fuchs, Iltis, Kehl- und Rückenmarder unterscheiden sich optisch ebenso wie qualitativ. Insbesondere Fuchs und Iltis zählen in der Pelzhierarchie zu den minderwertigen Fellen, denn ihre Haardichte ist relativ gering und ihre Haarfärbung ungleichmäßig. Insbesondere beim Iltis (Abb. 11) ist gut zu erkennen, dass er im Unterhaar hell bis weiß, in den Grannen (Haarspitzen) dunkel bis schwarz ist. Die Färbung des Fuchspelzes hingegen wechselt zwischen hellen und dunklen Partien (Abb. 12). Beim Marderfell lässt sich Steinmarder und Baummarder unterscheiden. Der Baummarder ist dunkler und in der deutschen Malerei der Frühneuzeit eindeutig bevorzugt (Abb. 13). Seine dunkelbraune gleichmäßige Färbung von Unterhaar und Grannen bringt ihn nahe an die Qualitäten des Zobels; letzterer jedoch hat längere und flacher anliegende Haare. Der Baummarder erscheint im Vergleich zum Zobel etwas struppiger und er entbehrt der feinen silbrigen Haare, die beim Zobel gleichmäßig über das Fell verteilt diesem im Licht einen bestechenden Schimmer verleihen.38 Für die Pelzverarbeitung besonders wichtig ist ferner die Unterscheidung verschiedener Körperregionen des Tieres, denn die Pelzqualität von der Tierunterseite, der Kehle, ist geringer als jene vom Rücken. Für den Marderpelz ist die Unterscheidung von Kehl- und Rückenmarder wiederum nicht besonders schwierig, denn das Fell an der Kehle des Marders ist lichter und vor allem heller. Während der Rücken eine gleichmäßig dunkelbraune Färbung aufweist, die in der Bauchregion geringfügig aufhellt, ist die Kehle wie auch beim Fuchs oder Iltis immer hell, beim Marder hellbraun bis orange. Für die Verarbeitung des höherwertigen Fells wird die Kehle stets herausgeschnitten. Diese 38 Für

freundliche und geduldige Erklärungen zu den Besonderheiten der einzelnen Pelzsorten danke ich dem Kürschner, Herrn Hoppe (Alt-Tempelhof 61, Berlin), Obermeister der Kürschnerinnung Berlin, der mit großer Kompetenz die Pelzsorten im Bild zu bestimmen und die verschiedenen Verarbeitungstechniken der Fellsorten zu erklären wusste.

32

Der Pelz als Insignie

11  Iltisfell, Detailaufnahme ­

12  Fuchspelz

13  Baummarder (erhöhte Graustufen vermutlich wegen Kreuzung mit Steinmarder) 33

Der Pelz als Insignie

14  Christoph Amberger: Goldschmied Zorer, Madrid, Prado (1531) 34

Der Pelz als Insignie

15  Albrecht Dürer: Maximilian I., Wien, Kunsthistorisches Museum (1519) 35

Der Pelz als Insignie

16  Christoph ­Amberger: Wilhelm  I. Merz, Augsburg, Staatsgalerie (1533) 36

Der Pelz als Insignie

Schnittreste sind etwa handtellergroß. Minderwertiger sind sie auch deshalb, weil für die Verarbeitung zahlreiche Einzelstücke aneinandergenäht werden müssen, wie man auf Christoph Ambergers Porträt des Goldschmieds Zorer von 1531 erkennen kann (Abb. 14). Im Gegensatz dazu ergibt der Rückenmarder große, rechteckige Flächen, die in der Breite etwa 10 – 15  cm und in der Länge bis zu 60 cm messen. Diese Streifen sind besonders gut auf dem Wiener Porträt Maximilians I. von Dürer (1519) zu sehen (Abb. 15), dessen überdimensionaler Kragen aus mehreren parallel miteinander vernähten Rückenmarderstreifen besteht. Die Unterscheidung der Pelzsorten im Bild eröffnet also die Möglichkeit, Standesunterschiede festzustellen, wie sie schließlich in der Reichspolizeiordnung von 1530 festgeschrieben wurden. Die Augsburger Porträts Christoph Ambergers sind auf die exakte Darstellung des Marderpelzes bereits untersucht worden. Die Identifizierbarkeit der Fellsorten im Porträt ermöglicht die Kontrolle, ob die im Bild dargestellte Kleidung dem prosopografisch belegten sozialen Status des Porträtierten entspricht. Einige Bildbeispiele wurden angeführt, auf denen das Gegenteil der Fall ist. Doch ist dabei die detaillierte Berücksichtigung der Lebensdaten der Dargestellten besonders wichtig, weil sonst Missverständnisse aufkommen können. Wenn sich zum Beispiel der Augsburger Kürschner Wilhelm I. Merz 1533 mit Rückenmarderfell darstellen ließ (Abb. 16), das ihm als Handwerker zu tragen eigentlich nicht gestattet war,39 lag dennoch kein Verstoß gegen die Kleiderordnung vor, denn Merz hatte 1532 Afra Rem geheiratet und sich dadurch die Mitgliedschaft in der Augsburger Herrenstube als sogenannter Mehrer und mit ihr das Recht auf Rückenmarder erworben.40 Wichtige Darstellungen städtischer Gesellschaften aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, an denen ständische Differenzierung durch die Abbildung von Gewandung überprüft und diskutiert werden kann, stammen ebenfalls aus Augsburg, jener Reichsstadt, deren kommunales Alltags- und Festgebaren in zahlreichen Gemälden seit 1500 ungewöhnlich häufig festgehalten wurde. Hierzu zählen vor allem die sogenannten Geschlechtertänze und die vier berühmten Augsburger Monatsbilder.41 39 Bulst/Lüttenberg/Priever,

2002. 2004, Kat. 12 und S. 125, Anm. 42. 41 Zu den Geschlechtertänzen vgl. Anm. 138, Anm. 244. Von den vier Augsburger Monatsbildern befindet sich eines in den Städtischen Kunstsammlungen selbst 40 Kranz,

37

Der Pelz als Insignie

17  Anonymus: Augsburger Monatsbild, Oktober bis Dezember, Augsburg, Städtische Kunstsammlungen (um 1531)

Letzteren wurde 1994 in Augsburg eine große Ausstellung gewidmet, welche alle vier Gemälde erstmals zusammenführte und gemeinsam präsentierte.42 Die Monatsbilder zeigen auf jedem Gemälde drei Monate. Dargestellte Sujets sind den entsprechenden, durch kleine Inschriften gekennzeichneten Jahreszeiten angepasst, wenn beispielsweise im (Oktober – Dezember), die anderen drei seit den 1990er-Jahren im Deutschen Historischen Museum in Berlin (hierzu Dormeier, 1994, S. 151). Die Größe der Gemälde ist unterschiedlich und schwankt zwischen 214 – 228 cm und 341 – 362 cm. Die genauen Maßangaben sind zu finden in »Kurzweil viel ohn’ Maß und Ziel«, 1994, S. 222, Anm. 1. Zuletzt ausgestellt wurden die vier Monatsbilder gemeinsam im Jahre 2000, wobei die kurzen Katalogtexte keine neuen Erkenntnisse liefern (vgl. Ausst.Kat., Karl V., 2000, S. 211 – 214). 42 Vgl. hierzu den hervorragenden und ausführlichen Katalog »Kurzweil viel ohn’ Maß und Ziel«, 1994. Die Zuschreibungsfrage der Gemälde ist ungeklärt. Wärend die zwölf Scheibenrisse Entwürfe von Jörg Breu d. Ä. sind (Göttingen, Kunstsammlung der Universität), bleibt die eigentliche Ausführung derber und weniger differenziert (vgl. hierzu den Aufsatz von Gode Krämer in »Kurzweil viel ohn’ Maß und Ziel«, 1994, S. 222 – 232). 38

Der Pelz als Insignie

18  Anonymus: Augsburger Monatsbild, Oktober bis Dezember, Detail

Mai das Maibad, im Juni die erste Heuernte oder im September die Weinkelterung thematisiert werden. Auf den monumentalen Gemälden fällt auf, dass oft eine große gesellschaftliche Spannbreite berücksichtigt wurde, die dem Bettler ebenso Platz einräumt wie dem Zahnbrecher und dem Patrizier. Und es fällt ebenfalls auf, dass die Monate März bis einschließlich Oktober insbesondere dem ländlich-bäuerlichen oder dem städtischen Handel gewidmet sind, während in den Wintermonaten (November bis einschließlich Februar) die städtischen Eliten ins Spiel gebracht werden, denen freilich genrehaft immer wieder niedere Bevölkerungsschichten belebend zugeordnet sind. Diese Beobachtung lässt sich exemplarisch am Monatsbild »Oktober – Dezember« beschreiben (Abb. 17), das zudem als einziges der vier Gemälde eine Ansicht der Augsburger Innenstadt bietet: im Hintergrund der Perlachturm und rechts, unauthentisch in den Vordergrund gerückt, das alte Rathaus. Ganz links sind die Szenen mit »Oktober« überschrieben. Zu erkennen sind Menschen, die ihre Jagdbeute feilbieten. Hasen und Rebhühner werden in einem Raum auf einen Tisch 39

Der Pelz als Insignie

gelegt, Rehkeulen auf dem Platz davor auf einem Holzschemel angeboten. An diesem steht ein Mann mit Pelzschaube, deren Fell hellgrau ist und den Zobel des Adels kennzeichnet.43 Genrehaft sind auch im Mittelgrund auf dem Platz der Schweinemarkt und die Schlachtung der Schweine vor der »Stadtmetzg« links. Herrschaftlich jedoch wird in der Bildmitte vor dem Perlachturm (im November) die Schlittenfahrt einer Vertreterin der Familie Rehlinger inszeniert, deren Wappen auf der Schlittenflanke erscheint, weshalb man die Rehlinger gerne auch als Auftraggeber des gesamten Monatszyklus benennt. Weiter nach rechts in Fahrtrichtung des Schlittens sind gut gekleidete Bürger zu erkennen, die wegen der winterlichen Kälte Mäntel und zum Teil Pelzschauben tragen, letztere ausschließlich mit dem weißen Zobel des Adels versehen. Umso auffallender ist der Grad der Distinktion gesellschaftlicher Gruppen im Bild, wenn der anonyme Künstler schließlich die Augsburger Ratsherren von allen anderen Statisten des Bildes abhebt, indem er sie als einzige Standesvertreter mit dem dunklen Rückenmarder- bzw. (seltener) mit dem hellen, fragmentierten Kehlmarderpelz auftreten lässt. Die Ratsherren strömen im rechten Vordergrund gerade aus dem Rathaus (Abb. 18).44 Und auf allen vier großen Monatsbildern sind sie die Einzigen, die mit Marderpelz auftreten. Dieser war jedoch nicht allein Ratsinsignie, sondern in Form des Rückenmarders vielmehr auch Zeichen der Bürger von Geschlecht »oder sonst vornehmen Herkommens und solche, die von Renten leben« und in Form des Kehlmarders Zeichen der Kaufleute. Der Kehl- oder Rückenmarder konnte folglich auch ehrbare und ratsfähige Bürger kennzeichnen, ohne dass diese Mitglieder des Rates sein mussten. Doch der Künstler setzte den Marderpelz auf allen vier Monatsbildern ausschließlich bei der Darstellung der Ratsmitglieder ein. Lediglich im Monatsbild »Januar – März« bestätigen wenige Ausnahmen die Regel, da unter den Zuschauern des Reitturniers im Mittelgrund vereinzelt Marderpelzträger auszumachen sind. An den zahlreichen Vordergrundpersonen jedoch, die auf allen vier Monatsbildern zu sehen sind, ist lediglich ein Statist im »März« rechts außen zu finden, der eine rote Schaube mit dem dunklen Rückenmarder trägt; ansonsten sind es allein die Ratsherren des Dezember-Bildes.

43 Vgl. Tabelle 44 Zum

40

S. 29. sog. Letztmahl des Rates am 31. Dezember vgl. Dormeier, 1994, S. 195.

Der Pelz als Insignie

19  Matthäus Schwarz: Trachtenbuch, S. 17, Braunschweig, Herzog-AntonUlrich-Museum (Januar 1513)

20  Matthäus Schwarz: Trachtenbuch, S. 50, Braunschweig, Herzog-Anton-UlrichMuseum (2. Dezember 1521)

Diese Statistik ist insofern interessant, als dadurch zu erkennen ist, dass in den vier Monatsbildern mit einer Kostümargumentation gearbeitet wird, die entgegen dem realen Stadtbild im gemalten Bild hermetische Kleidergruppen bildet. Denn man wird kaum vermuten dürfen, dass in Augsburg um 1530 Kaufleute keinen Kehlmarder trugen, nur weil sie nicht Mitglieder des Rates der Stadt waren. In den Augsburger Monatszyklen tragen sie vielmehr keinen Kehlmarder, um dem Stadtrat gegenüber dem Rest der Gesellschaft eine exponierte und vor allem privilegierte Stellung einzuräumen. Deshalb drängt sich die Vermutung auf, 41

Der Pelz als Insignie

21  Matthäus Schwarz: Trachtenbuch, S. 122, Braunschweig, Herzog-Anton-Ulrich-Museum (20. Februar 1541) 42

Der Pelz als Insignie

dass mit den Monatsbildern eine stringente Gesellschaftskritik verbunden ist: Die Autonomie der Städte im Reich geriet während der frühmodernen Staatsbildung zunehmend unter Druck. Tendenziell wurde die städtische Ratsverfassung dem territorialen Regierungs- und Verwaltungssystem eingefügt. Doch die Städte versuchten, ihre Selbstverwaltung zu verteidigen, indem sie ihr eigenes kommunales Ordnungsmodell den Veränderungen anpassten. Deshalb ist in den Städten bereits seit dem Spätmittelalter die Herausbildung eines städtischen Obrigkeitsgedankens festzustellen, mit dem sich die Ratsgremien entgegen dem mittelalterlichen, genossenschaftlich-kommunalen Ordnungsmodell zu souveränen Vertretern der öffentlichen Gewalt entwickelten. Die »Verobrigkeitlichung« der städtischen Gesellschaftsordnung erzeugte zum Teil vehemente Spannungen zwischen Stadtrat und Bürgergemeinde.45 Dem umstrittenen Anspruch der obrigkeitlichen Gewalt des Stadtrates scheint im Augsburger Monatsbild »Dezember« gehuldigt zu werden. Offensichtlich sind ja die Mitglieder des Augsburger Rates die einzigen Personen in den Monatsbildern, die als geschlossene, einheitlich gekleidete Gruppe auftreten und in dieser Weise in einer würdevollen Distanz zu allen anderen dargestellten Personenkreisen stehen. Der Bilderzyklus benutzt die Schaube mit Marderpelz als Mittel der Distinktion und überproportioniertes Würdezeichen allein für Ratsmitglieder. Die Bedeutung des Pelzes muss für Dürers Münchner Selbstporträt berücksichtigt werden, wobei immer zu beachten ist, dass es sich hier um Nürnberg (Dürer) und dort um Augsburg (Monatsbilder) handelt, zwei Reichsstädte mit vermutlich nicht identischen Kleiderordnungen vor der Reichspolizeiordnung von 1530. Ferner ist zu beachten, dass der Meister der Monatsbilder die Darstellung des Marderpelzes eigenwillig und entgegen herkömmlicher künstlerischer Praxis handhabte; aber es wird sich weisen, dass dem nicht so ist. Präzision erhält die Methode der Fellunterscheidung im Bild grundsätzlich durch die Tatsache, dass beschriftete Bildquellen vorliegen, welche die kostümkundlichen Fachwörter des frühen 16. Jahrhunderts verifizieren. Das bereits erwähnte »Trachtenbuch« des Matthäus Schwarz aus Augsburg ist eine solche Rückversicherung. Denn in seinen kommentierten bildlichen Darstellungen beschreibt der Augsburger Buchhalter seine verschiedenen Kleidungsstücke und datiert sie 45 Vgl.

hierzu den konzisen Überblick bei Schilling, 2004, S. 47 – 49 und S. 92 – 93. 43

Der Pelz als Insignie

präzise. Insbesondere für die beiden Marderfellsorten belegt er deren entscheidende Rolle für die soziale Distinktion: Mit den demonstrativ erkennbaren Kehlmarderflicken, deren Nähte in der kolorierten Fassung deutlich zu sehen sind, ließ sich Schwarz bereits im Januar 1513 auf der Hochzeit seiner Cousine abbilden (Abb. 19). Der Kehlmarder stand ihm als Angehöriger der Kaufmannschaft zu.46 Im Text verzichtete er auf die Pelzbeschreibung und verwies lapidar auf das Bild: »sunst mit all dingen wie da.« Ähnlich verfuhr er am 20. Februar 1529, da er den auffälligen, hellen, fleckigen Kehlmarder trug mit der Bemerkung »sunst diesergestalt«. Am 2. Dezember 1521 dagegen ließ sich Schwarz in einer Schaube mit hellem Kehlmarderinnenfutter abbilden (Abb. 20), den er im dazugehörigen Text mit »das fůter kelmeder« kommentierte und ähnlich für den 20. Februar 1539 wiederholte. Wiederum deutlich zu erkennen und im Text unkommentiert, ist der Kehlmarder am 20. Februar 1535 gleich an zwei verschiedenen Schauben dargestellt, die mit ihren fülligen Glockenärmeln außerordentlich materialverschwenderisch erscheinen. Am 20. Februar 1541 jedoch entstand im selben »Trachtenbuch« sein Ganzkörperporträt mit einer schwarzen Schaube und dem dunklen Rückenmarder, der sich von den bisherigen Darstellungen des Marderpelzes deutlich unterscheidet (Abb. 21). Der Kommentar nennt das Futter »mederin«, wobei die bloße Nennung von Marder im Gegensatz zum »kelmeder« in der frühneuzeitlichen Fachsprache den Rückenmarder meint.47 Dass Schwarz 1541 nicht mehr im Kehlmarder, sondern nun aufgewertet im Rückenmarder erscheint, entspricht seinem gesellschaftlichen Aufstieg, denn in diesem Jahr wurde er von Kaiser Karl V. in 46 Die

Fellsorte im Text nicht weiter kommentierend ließ sich Schwarz bereits im Januar 1513 in einem weiten, grauen und ärmellosen Rock abbilden, dessen Pelzfutter wegen seiner demonstrativ angedeuteten Nähte aus vielen kleinen, hellgelben Fellstücken besteht, die eindeutig einen Kehlmarderpelz darstellen (Schwarz, Trachtenbuch, S. 17; Fink, 1963, S. 109 – 110). Das Gleiche lässt sich für den 20. Februar 1529 beobachten, an dem sich Schwarz mit einer grauen Kehlmarderschaube abbilden ließ (Schwarz, Trachtenbuch, S. 93; Fink, 1963, S. 152). 47 Inschrift zum 2. Dezember 1521 (Blatt 50): »Adi 2. Dözembrio 1521 im sterbent [Pestepidemie] zu Augspurg. Der rock mit samat brembt, das biret mit samat göstickt, das futer kelmeder, laut ›der welt lauf‹ 29. cap., 31. blatt.« (Fink, 1963, S. 128). Inschrift zum 20. Februar 1541 (Blatt 122): »Adi 20. Februrary 1541: ein sollichen rockh mit purschett und mederin gefuetert.« (Fink, 1963, S. 167). 44

Der Pelz als Insignie

den erblichen Adelsstand erhoben.48 Die Verlässlichkeit des Buchhalters Matthäus Schwarz und seiner korrekten Selbstdarstellung ist kaum zu überschätzen. Mit seinem autobiografischen »Trachtenbuch«, in dem die meisten dargestellten Gewänder ihrer entsprechenden Einsatzgelegenheit zugewiesen werden, liefert er der kunsthistorischen Forschung ein Musterbuch der sozialgeschichtlichen Kleiderkunde. Die unterschiedliche gesellschaftliche Bedeutung von Kehl- und Rückenmarder erhält dadurch ihre feste Bestimmung. Zudem führt das Schwarz’sche »Trachtenbuch« durch alle Jahreszeiten, und es wird ersichtlich, dass der Pelz als Insignie am Schaubenkragen im Sommer nicht unbedingt getragen wurde. Hierfür ist die Bemerkung des Autors zum 23. Juli 1547, in der er von der Ankunft Kaiser Karls V. berichtet, in zweierlei Hinsicht sehr interessant.49 Einerseits trägt Schwarz auf der Abbildung nicht, wie sonst durchgehend, eine schwarze, sondern eine violette Schaube – der feierliche Anlass scheint die farbliche Aufhellung des Stoffes evoziert zu haben. Zum anderen ist sie nicht mit Rückenmarder gefüttert, wie er Schwarz nach 1541 zustand,50 sondern – vermutlich wegen der sommerlichen Hitze – mit schwarzem Taft. Der hohe Informationswert dieses Details liegt für die Kunstgeschichte darin, dass nicht jede Darstellung einer Schaube ohne Marderfell ihren Träger als »ratsunfähigen« Bürger abbildet. Vielmehr kann die Jahreszeit bestimmend sein, wenngleich die von Jahreszeiten eher unabhängige Porträtmalerei in der Regel auf die Insignie »Marderfell« nur selten zu verzichten scheint.51 Eine sehr interessante Ausnahme, die sich der Buchhalter Matthäus Schwarz gönnte, betrifft seine Darstellung für den 2. September 1530 (Abb. 22), als er das Innenfutter seiner Schaube mit den Worten be48 Vgl.

zur Analyse der Marderfelle bei Matthäus Schwarz die detaillierten Ausführungen bei Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002, S. 43. Mit der Beförderung in den Adelsstand setzte Schwarz auch das erste Mal das goldverzierte Haarnetz auf (14. Mai 1543), das der städtischen Oberschicht zustand (Zander-Seidel, 1990, S. 229). 49 »Adi 23. Juli 1547, als kaiser Carolus vom krieg auf den reichstag gen Augspurg kam und auf 3. Agosto 1548 die zunften abtet.« Schwarz weist auf die Aufhebung der Augsburger Zünfte und die Bevollmächtigung des Patriziats durch Karl V. hin (Fink, 1963, S. 171). 50 Vgl. im »Trachtenbuch« die folgenden Blätter 129 (20.10.1547), 134 (21.10.1551). 51 Eine quantitative Erhebung der Porträts von Ratsherren ohne Marderfell wäre sinnvoll, um zu zeigen, dass nicht jeder Auftraggeber allein auf die Sichtbarmachung des Fellprivilegs an der Amtsschaube angewiesen war. 45

Der Pelz als Insignie

22  Matthäus Schwarz: Trachtenbuch, S. 104, Braunschweig, HerzogAnton-Ulrich-Museum (2. September 1530)

schrieb »was der rock hinten merderin«.52 Auch die dazugehörige Abbildung zeigt das Innenfutter in der für den Rückenmarder typischen gleichmäßig dunklen Braunfärbung, obwohl Schwarz eigentlich erst seit 1541 dem erblichen Adelsstand angehörte. Eine Deutung dieser Ausnahme steht bislang noch aus, zumal sie von der Wissenschaft noch nicht gesehen wurde. Für den korrekten Schwarz musste ein konkreter Anlass vorgelegen haben, sich unziemlich mit dem Rückenmarder zu schmü52 Schwarz, Trachtenbuch,

46

Blatt 104 (Fink, 1963, S. 156 – 157).

Der Pelz als Insignie

cken, der jedoch im Dunkeln liegt. Besonders hervorzuheben ist zudem, dass Schwarz die Besonderheit der Situation im Bild gestisch zu betonen weiß, denn einzig in diesem Beispiel legt er mit seiner Rechten den Saum des Mantels um. Erst dadurch kommt das Innenfutter ins Bild, auf das er demonstrativ mit seinem Zeigefinger deutet.53 Diese Geste war bereits bei Dürers Münchner Selbstporträt zu beobachten und erhält nun zusätzliche Brisanz. Denn auch Dürer greift in den Marderpelz, um dessen Bedeutung im Bild zu betonen. Die Bedeutung der Marderschaube im Bild, das sei noch einmal kurz zusammengefasst, basiert auf den Kleidergesetzen. Die Reichspolizeiordnung von 1530 ist der Abschluss einer Entwicklung, die sich im Bild längst etabliert hatte. Aber Verordnung und bildliche Darstellung sind nicht immer deckungsgleich. Und es werden noch größere Verwerfungen und Ungereimtheiten aufzudecken sein zwischen der kleidergeschichtlichen Alltags- und der Bildrealität. Doch vorerst ist die Bedeutung des Marderpelzes als Insignie ausreichend dargestellt, um ihren Einsatz in Dürers Selbstbildnissen zu untersuchen und ihr Verhältnis zu den Kleiderkonventionen auszuloten.

53 Der

deutliche Verweis auf den Pelz ist nicht mit dem allgemein verbreiteten »Willensgriff« zu verwechseln, wie er beispielsweise in den Porträts von Christoph Amberger häufig anzutreffen ist, der jedoch nicht deutet, sondern in das Fell greift. Zum »Willensgriff« vgl. Kranz, 2004, S. 148, Anm. 189. 47

Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz Die Chronologie von Dürers Selbstdarstellung im Historienbild zeigte, dass er sich vor 1509 zweimal ohne Schaube ins Bild setzte. Allein 1506 integrierte er sein Selbstporträt im Rosenkranzbild, auf dem er in einer Pelzschaube erscheint (Abb. 7). Seit 1509 trägt er auf beiden integrierten Selbstporträts (Heller- und Landauer-Altar, Abb. 9 und 10) die Schaube. Auf dem Landauer-Alter handelt es sich eindeutig um eine Pelzschaube. Die Selbstdarstellung auf dem Heller-Altar ist dagegen mit Vorsicht zu beurteilen, da es sich bei dem Gemälde um eine Kopie des verlorenen Originals handelt, auf der Dürer zwar eine Schaube trägt, diese jedoch ohne Pelzbesatz zu sein scheint. Ob das Detail des Schaubenkragens dem Original entspricht, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Die Pelzdarstellungen auf dem Rosenkranzbild und dem Landauer-Altar sind als Kehlmarder zu identifizieren.54 Dafür spricht seine helle, gelbliche Farbe, wenngleich hier keine grobe Fragmentierung durch die zusammengefügten Kehlmarderstücke zu sehen ist und dies deshalb auch für einen Steinmarder sprechen könnte. Vor dem Hintergrund Dürers sonst standesgemäßer Selbstdarstellung im Historienbild erscheint die Selbstinszenierung im Rosenkranzbild besonders auffällig, zumal er im Jabach-Altar drei Jahre zuvor noch als Trommler auftrat (Abb. 6); und in beiden Selbstporträts aus Paris und Madrid, die vor 1500 entstanden, hat sich Dürer ohne Schaube dargestellt (Abb. 1 und 2). Auf dem Rosenkranzbild kommt erstmals jene subtile Kostümargumentation ins Spiel, die von der Ungeduld des Künstlers zeugt, die er in Erwartung eines gesellschaftlichen Aufstiegs empfunden haben muss. Es sei an 1498 erinnert, da sich Dürer im autonomen Selbstbildnis mit Handschuhen abbildete, um bereits anzudeuten, dass er sich mit dem »Handwerker« nicht identifizieren mochte. Im Rosenkranzbild nun trägt Dürer den Kehl- bzw. Steinmarder. Sein »neues« Erscheinungsbild sticht 54 Unentbehrliche

Identifizierungshilfe leistete der Obermeister der Berliner Kürschnerinnung, Herr Hoppe (Alt-Tempelhof 61, Berlin).

48

Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz

dort um so auffälliger hervor, als er sich mit einer der heiligen Handlungssituation des Bildes etwas unangemessen bunten Schaube und einem überaus weit ausladenden Pelzkragen schmückte. Andererseits jedoch verwundert es, dass Dürer kurze Zeit später, als er nach Nürnberg zurückgekehrt war, die Schaube im Selbstporträt wieder ablegte. Ohne Schaube und ohne Pelz präsentierte sich Dürer nämlich neben Konrad Celtis in der »Marter der Zehntausend«, das 1508, im Todesjahr von Celtis, entstand (Abb. 8). Die beiden Protagonisten, die sich in der Bildmitte aufhalten und von dem tosenden Gemetzel um sie herum seltsam unberührt erscheinen, sind unterschiedlich gekleidet: Während Celtis eine bis über die Knie reichende dunkle Rückenmarderschaube mit schmalem Baummardersaum trägt, ist Dürer mit einem dunkelgrauen bis schwarzen Umhang abgebildet. Es handelt sich dabei um die einfache Form des Mantels ohne Pelzfutter, wie ihn Matthäus Schwarz nicht nur im Sommer 1512 trug.55 Der Schwarz’sche Mantel auf der Abbildung im »Trachtenbuch« ist grau, ohne Ärmel, jedoch mit Schlitzen für die Arme. Aber vor allem ist er um die Schulter geworfen wie ein antikes Pallium. Während der Mantel auf der Schwarz’schen Abbildung vorn offen bleibt, ist er bei Dürer im Bild winterlich geschlossen. In der »Marter der Zehntausend« erscheinen Dürer und Celtis als ungleiches Paar; sie sind ständisch eindeutig unterschieden. Celtis ist als Patrizier und Gelehrter in Personalunion präsentiert. Dürer dagegen tritt ohne weitere Auszeichnung auf. Die Darstellung des Konrad Celtis zeigt, dass die Schaube der dargestellten Situation im Bild also durchaus angemessen war. Mit Trauer um den verstorbenen Gelehrten hat Dürers abgelegte Schaube nichts zu tun;56 eher mit dem Auftraggeber Friedrich dem Weisen, dem gegenüber Dürer sich offensichtlich hüten musste, unstandesgemäß mit einem Schaubenfell zu erscheinen, das er zu diesem Zeitpunkt noch nicht tragen durfte, da er noch nicht zu den »Privilegierten« der Gesellschaft zählte. Bis einschließlich 1508 bleibt Dürer als Pelzschaubenträger im Rosenkranzbild eine Ausnahme, die er sich offensichtlich leisten konnte, weil er sich in Venedig fern von Nürnberger Kleiderordnungen aufhielt. Das große Gemälde für die deutsche Kaufmannsschaft in der Lagunenstadt war als Hauptaltarbild für die 55 Schwarz, Trachtenbuch,

S. 15 (Fink, 1963, S. 108). interpretiert Wuttke die Kleidung Dürers ohne weitere Angabe von Gründen (Wuttke, 1980, S. 117).

56 Als Trauergewand

49

Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz

deutsche Nationalkirche S. Bartolomeo gleich neben der Rialtobrücke und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fondaco dei Tedeschi, der Handelsniederlassung der Deutschen, bestimmt. Offensichtlich erlaubte die räumliche Distanz zum Reich einen vestimentären Normverstoß. Nur ein Jahr später nahm er sich im Altarbild für Friedrich den Weisen wieder standesgemäß zurück. Dürers Marderschaube betont den besonderen Status des Malers auch vor dem Hintergrund, dass aus dem 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kein Künstlerselbstbildnis überliefert ist, das den Dargestellten mit Pelz abbildet. Adam Kraft etwa sieht sich am Sakramentshaus in St. Lorenz zu Nürnberg (um 1500) noch ganz in einer dienenden Rolle (Abb. 23), wenngleich sie nicht unbedingt seine reale gesellschaftliche Stellung, sondern vielmehr sein Glaubensbekenntnis meinen dürfte. Aber er erscheint in der traditionellen Wamstracht, die auch Dürer in seinen ersten beiden autonomen Selbstporträts trug (Abb. 1 und 2). Davon zeigt sein erstes von 1493 zudem noch die horizontal über die Brust verlaufenden Bänder, die das Wams an den Säumen zusammenhalten und auch deutlich auf dem Kraft-Selbstbildnis zu erkennen sind. Und gerade weil die Wamsmode, wie gezeigt werden konnte (S. 16), auch von den gesellschaftlichen Eliten der Zeit getragen wurde, ist Adam Krafts Kostüm eindeutig kein Arbeitsgewand.57 Dazu wird es erst durch die Schürze und durch Hammer und Meißel, die er in seinen Händen hält. Bedeutender ist jedoch die Beobachtung, dass Adam Kraft keine Schaube und vor allem keinen Pelz trägt. Ebenso stellte sich Hans Baldung Grien 1507 in einem integrierten Selbstporträt auf dem Sebastiansaltar weder in Schaube noch mit Pelz dar (Abb. 24), sondern in einem grünen Mantelumhang, wie ihn auch Dürer in schwarz noch 1508 auf dem Gemälde der »Marter der Zehntausend« trägt. Würdig erscheint auch dieser, denn die grüne Seide, in der er gewebt zu sein scheint, changiert in der aufwendigen Lichtbrechung der Falten. Materialkundlich ist Baldungs Kostümargument sicherlich standesbewusst, aber nicht hoffärtig zu nennen. Bis 1545 ist von Baldung keine Selbstdarstellung mit Pelzschaube bekannt, und erst in seinem 57 Auch

Peter Vischer ist in seinem Ganzkörper-Selbstporträt am Sebaldusschrein in St. Sebald (Nürnberg) mit einem Wams bekleidet; nur wird es durch die bis über die Brust gelegte Schürze verdeckt, und Peter Vischer präsentiert sich ebenso eindeutig wie Adam Kraft als Bildhauer mit seinen Werkzeugen in den Händen.

50

Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz

23  Adam Kraft: Selbstporträt am Sakramentshaus, Nürnberg, St. Lorenz (um 1500) 51

Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz

Todesjahr wäre er überhaupt in der rechtlichen Lage gewesen, einen Marder zu tragen, als er dem Straßburger Rat beitreten durfte.58 Hinzuweisen ist auch auf eine Sammlung von gezeichneten Malerporträts aus der Dürerzeit, deren Urheber zwar unbekannt, deren über 15 Porträtierte jedoch durch Inschrift identifiziert und datiert sind. Alle Maler kommen aus verschiedenen Städten Süddeutschlands und tragen ähnliche Kostüme; doch keiner von ihnen ist mit Pelz abgebildet.59 Die Tatsache, dass Adam Kraft und seine Zeitgenossen auf ihren Selbstbildnissen keine Schaube und vor allem keinen Pelz tragen, zeigt abermals, dass die Marderschaube im Bild zu tragen, ein großes Privileg gewesen sein muss. Quantitative Untersuchungen werden in Zukunft noch weitere Grundlagen für diese Beobachtung liefern. Dürers Marderschaube im Selbstporträt ist für seinen Beruf des »freien Künstlers« eine große Ausnahme und entsprechend augenfällig. Dabei entwickelte sich Dürers Kleiderargumentation im Selbstbildnis subtil und in kleinen Schritten. Immer wieder versuchte der Nürnberger, sich über seinen Status des »freien Künstlers« hinwegzusetzen. Nicht zu vergessen sind seine schriftlichen Äußerungen, die sich in jenem klagenden Satz zuspitzten, als er aus Venedig in seinem letzten Brief an Pirck-

58 Zum

sozialen Aufstieg Hans Baldung Griens in Straßburg vgl. Brady, 1975. Zum Sebastiansaltar, der seit 1521 im Dom zu Halle nachgewiesen und dessen ursprüngliche Bestimmung jedoch unbekannt ist, vgl. Ausst.Kat., Nürnberg 1300 – 1550, 1986, S. 372 – 374. 59 Vgl. hierzu Winkler, 1948. Winkler selbst, S. 14, weist darauf hin, dass der traditionelle Verweis auf Augsburg falsch ist. Die Maler kommen aus Kreglingen, Kaufbeuren, München, Dillingen etc., wie aus den Bildunterschriften hervorgeht. Lediglich ein Unbekannter aus der Sammlung (bei Winkler, 1948, Abb. 11) trägt einen Pelzkragen, der aber selbst auf der Zeichnung durch die u-förmige Strichführung eindeutig als gelocktes Lammfell gekennzeichnet ist, das bekanntlich in der Pelzhierarchie der Kleiderordnungen der Dürerzeit an unterster Stelle stand. Als weitere eindrückliche Beispiele des Künstlerporträts um 1500 vgl. die Silberstiftzeichnungen aus dem Umkreis von Hans Holbein d. Ä., von denen zahlreiche Exemplare Augsburger Künstler abbilden (Bischoff, 1999, S. 60, Abb. 1 – 2). Sie alle sind nicht durch Pelzschauben ausgezeichnet. Ein weiteres Beispiel ist das Selbstbildnis Hans Holbeins d. J. um 1542 (schwarze und farbige Kreide, Florenz, Uffizien), auf dem er sich kurz vor seinem Tod als Bürger von Basel bezeichnet. Er trägt eine geknöpfte Jacke ohne Pelz oder sonstige Standeszeichen (Abb. in: Ausst. Kat., Holbein, 2006, S. 13). 52

Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz

24  Hans Baldung Grien: Sebastiansaltar, Mitteltafel, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (1507) 53

Dürers Selbstbildnisse und der Marderpelz

heimer schrieb: »Hier bin ich ein Herr, daheim ein Schmarotzer.«60 Die angesprochene Ungeduld, die der Kostümargumentation seiner Bilder zu entnehmen ist, schlägt sich auch in diesem Schlüsselsatz nieder. Dürers Selbstbewusstsein entsprach nicht dem des zunftlosen »freien Künstlers«, und dazu dürfte auch beigetragen haben, dass man ihn in Italien wegen seiner weitverbreiteten Stiche bereits hoch schätzte. Dürers Ruhm rief Raubkopierer auf den Plan, weshalb er vor einem venezianischen Gericht Beschwerde gegen den Künstler Marcantonio Raimondi einlegte, der seine Grafik kopiert und mit dem Dürermonogramm versehen hatte. Das Gericht verbat dem Plagiator Letzteres und entschied damit den ersten bekannten Urheberrechtsprozess der Geschichte.61 Doch bei allem Selbstbewusstsein und aller kaufmännischer Raffinesse war Dürer 1506 noch immer in finanziellen Nöten, sonst hätte er Pirckheimer aus Venedig nicht ständig um Aufschub seiner Schuldenfrist gebeten.62 Gesellschaftlich gesehen war Dürer so lange nicht ratsfähig, wie er kaum von seinem Handwerk leben konnte. Ihm gelang der Aufstieg erst, als er 1509 finanziell saniert war und seinen Lebensunterhalt nicht mehr allein von seinem Handwerk, sondern vor allem vom Handel mit seinen Kunstwerken bestreiten konnte63 – eine der wichtigsten Bedingungen für einen Genannten des Großen Rates.

60 Brief

Dürers an Pirckheimer, Venedig, den 13(?). Oktober 1506: »[…] Hÿ pin jch ein her, doheim ein schmarotzer etc.« (Rupprich, Bd. 1, 1956, S. 59, Zeile 90 – 91). 61 Zur Schilderung des Rechtsstreites vgl. Vasari, Ed. Milanesi, Bd. 5, S. 406. 62 Brief Dürers an Pirckheimer, Venedig, 6. Januar 1506: »[…] Vnd jch pit ewch, habtt mit leiden mit meiner schuld, ich gedenck öfter doran den jr. […] Daz gelt hoff ich, ein gott will, als zw ersporen. Dovon will jch ewch zalen […].« (Rupprich, Bd. 1, 1956, S. 42, Zeile 24 – 26 und 35 – 36). Brief Dürers an Pirckheimer, Venedig, 28. Februar 1506: »[…] vnd pitt ewch, habtt gedut, pis mir gott heim hÿlft, so will jch ewch erberlich beczalen etc. […]« (Rupprich, Bd. 1, 1956, S. 46, Zeile 41 – 42). Brief Dürers an Pirckheimer, Venedig, 18. August 1506: »[…] Vnd dorum pit jch ewch, ob dy muter zw ewch köm leihens halb, wolt jr 10 fl. leihen, pis mir gott hin aws hilft. So will jchs ewch zw danck als gar erberlich mit ein ander czalen […].« (Rupprich, Bd. 1, 1956, S. 52, Zeile 41 – 45). 63 Schmid, 2003, S. 221. 54

Dürers Wahl zum Genannten Der Große Rat bestand aus etwa 200 – 250 Mitgliedern, die den Kleinen Rat, die eigentliche Regierung, jährlich am zweiten Osterfeiertag wählten. Nach seiner Wahl bestimmte der Kleine Rat einige wohlhabende, angesehene Bürger und Handwerker zu Genannten für den Großen Rat.64 Der Rechtsgelehrte und Konsulent Christoph Scheurl, selbst Genannter von 1520 – 1542, beschreibt im dritten Kapitel seiner an Johann Staupitz gerichteten Epistel (1516) die Genannten als Bürger, »qui honeste vivunt, qui victus manibus non quaeritant praeter pauculos egregios artifices«.65 Ein Genannter durfte demnach und nach der allgemeinen Vorstellung der Patrizier seinen Lebensunterhalt nicht als Handwerker erwirtschaften, sondern musste von Gütern, Zinsen und Handel leben. Auf die »hervorragenden« Künstler, die als Ausnahmen die Regel bestätigten, verweist Scheurl ausdrücklich, und es ist nicht daran zu zweifeln, dass er dabei an Dürer dachte, denn andere Künstler waren in dieser Zeit noch nicht ratsfähig gewesen.66 Voraussetzung für die Wahl zum Genannten war der eigene Hausstand und das Vermögen – gleichgültig, ob es sich um Handwerker oder freie Künstler handelte. Das ausreichende Vermögen des Genannten war in der Regel Voraussetzung für seine Abkömmlichkeit (Max Weber), welche die Ehrenamtlichkeit der Stellen erzwang. Als Bedingungen kamen hinzu: der Besitz des Bürgerrechts, ehelicher Stand, Ansehen, Ehrbarkeit und Unbescholtenheit. Deshalb werden Genannte in den Quellen meistens auch als »ersame mannen« bezeichnet. Die ehrbaren Familien wurden auch »gerichtsfähig« genannt,

64 Eine

ausführliche Studie zu Geschichte und Wesen des Genannten des Großen Rates in Nürnberg, deren Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst werden, bei Schall, 1971. Zu den Wahlbestimmungen vgl. ebd., S. 16 und S. 57. 65 Scheurl, Christoph: Epistel über die Verfassung der Reichsstadt Nürnberg (1516). In: Werminghoff, Albert: Conrad Celtis und sein Buch über Nürnberg mit Scheurl’s Epistel an Staupitz von 1516. Freiburg i. Br. 1921 (zit. bei Schall, 1971, S. 14). 66 Siehe unten S. 60. 55

Dürers Wahl zum Genannten

ein Terminus, der für die Symbolik der Pelzschaube im Bild noch von hoher Bedeutung sein wird.67 Die Geschicke Nürnbergs wurden vom Kleinen Rat gelenkt. Der Große Rat war ihm zu Gehorsam verpflichtet. Er hatte keine eigentliche Verwaltungsfunktion und keinen eigenen Versammlungsraum, was verdeutlicht, dass die Genannten kein Stimmrecht hatten, außer für die jährliche Wahl des Kleinen Rates. Sie waren zudem von der Judikative spätestens seit 1370 ausgeschlossen.68 Dennoch galt jeder Nürnberger Bürger, der die Voraussetzungen für eine Ratsmitgliedschaft erfüllte, als ein ehrbarer und gerichtsfähiger Bürger, denn er war Mitglied der Stadtregierung, die ungeachtet ihrer inneren Struktur Legislative und Judikative zugleich war. Der Genannte war zudem Amtsträger, denn ihm konnten wichtige kommunale Aufgaben erteilt werden. Als Siegler trat er mit seinem Genannten-Siegel als Zeuge und Treuhänder für Verträge auf – so beispielsweise auch Dürer am 12. Mai 1519 für einen Grundstücksverkauf.69 Genannte fungierten zudem als Friedenspolizei, Aufsichts- und Rügeorgan. Dürers sozialer Aufstieg von 1509 zum Ehrenmann wird in der Forschungsliteratur nur am Rande, meist in einem Nebensatz erwähnt, als sei er eine Selbstverständlichkeit.70 Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass aus Dürers intellektuellem Umkreis einige Vorarbeit für seinen Sozialaufstieg geleistet werden musste. Dazu gehören Konrad Celtis’ bereits erwähnte Lobpreisungen, die 1500 in vier Epigrammen Dürer als zweiten Phidias und Apelles apostrophieren: »[…] Alter ades nobis Phidias

67 Schall,

1971, S. 14. Einen konzisen Überblick über den Nürnberger Genannten des Großen Rates in Fleischmann/Grieb, 2002, Appendix, S. 5. Zur Anhäufung von Vermögen als vertikale Aufstiegschance in der Gesellschaft um 1500 auch für Künstler vgl. jüngst Bischoff, 1999, S. 45 – 46. Hierzu auch in rein sozialgeschichtlicher Hinsicht für das »mittlere« Bürgertum in Nürnberg zwischen 1400 – 1600 Weiss, 1980, S. 23 – 26. Zum Begriff »gerichtsfähig« vgl. Schultheiß, 1953, S. 278. 68 Schall, 1971, S. 54 – 55. 69 Grote, 1964, S. 35. Dürer wurde ferner zu Gutachten herangezogen, z. B. bei der Instandsetzung des Schönen Brunnens und Ausbesserungen im Rathaus (ebd. S. 40). 70 Vgl. zuletzt Schmid, 2003, S. 117 und S. 309; Anzelewsky, 1991, S. 42; Hofmann, 1971. Hutchisons Dürerbiografie, 1994, übergeht das Ereignis vollkommen. Allein Grote, 1964, widmete dem Thema einen eigenen, lehrreichen Aufsatz (zur Wahl Dürers zum Genannten S. 35 – 36). 56

Dürers Wahl zum Genannten

et alter Apelles […].«71 Und Jakob Wimpfling, Gelehrter und Bekannter von Konrad Celtis, schloss sich dem an, als er 1505 seine »Epithoma rerum Germanicarum usque ad nostra tempora« publizierte. Darin nimmt er den Phidias- und Apellesvergleich erneut auf und stellt fest, dass Dürer die vollkommensten Bilder male, die von Händlern nach Italien gebracht werden und dort von den berühmtesten Malern höchste Wertschätzung genießen.72 Die hohe Wertschätzung Dürers setzte sich nach 1509 weniger literarisch als vielmehr gesellschaftlich in seiner neuen Auftraggeberschaft fort, zu der seit 1511 die Reichsstadt selbst und seit 1512 auch der Kaiser zählte, der darüber hinaus dem Nürnberger Rat im selben Jahr empfahl, Dürer eine jährliche Leibrente von 100 Gulden zu bezahlen. Der Rat lehnte jedoch ab.73 Die Reaktion zeigt, dass Dürer anfangs bei den Oligarchen Nürnbergs nicht uneingeschränkte Sympathien genoss und dass sein für einen Künstler ungewöhnlicher sozialer Aufstieg sicherlich auch mit Argwohn beobachtet wurde. Rückhaltlos wurde Dürer von seiner Stadt nicht gefeiert, auch wenn sie sich für passende Gelegenheiten mit ihrem Künstler durchaus zu schmücken wusste, zu groß war seine Anerkennung über die Stadtgrenzen Nürnbergs hinaus. Doch weil die Stadt ihrem Maler die Leibrente nicht gewährte, setzte diese drei Jahre später (1515) Maximilian I. persönlich fest, und die Stadt musste zahlen. Nach dem Tod Maximilians I. wurden die Zahlungen prompt wieder eingestellt, und Dürer wandte sich schließlich an Kaiser Karl V., weshalb er in die Niederlande reiste (1520 – 1521), um sich die Zahlung vom neuen Kaiser bestätigen zu lassen.74 Hilfreich für Dürers sozialen Aufstieg in den Nürnberger Großen Rat war schließlich auch seine soziale Integration im Kreise der Patrizier: seine enge und bis zu seinem Tod ungebrochene Freundschaft zum Humanisten und Mitglied einer ehrbaren Kaufmannsfamilie Willibald Pirckheimer, seine Heirat mit Agnes Frey, die über ihre Mutter mit der Patrizierfamilie der Haller verwandt war und deren Vater zu den Ehr71 Wuttke,

1980, S. 111 – 112. 1964, S. 33. 73 Jüngst wurde behauptet, Dürer selbst habe auf die Steuerbefreiung verzichtet (vgl. Mende, 2001, S. 299). Das ist nicht richtig, denn es ist bekannt, dass es langatmiger Verhandlungen bedurfte, bis Dürer später das sog. Leibgedinge aus seinem Steueraufkommen zurückerhielt. Nicht Dürer, sondern der Stadtrat musste dazu überredet werden (Grote, 1964, S. 37). 74 Warnke, 1996, S. 94 – 95; Eser, 1996, S. 129. 72 Grote,

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baren Nürnbergs zählte,75 und nicht zuletzt der intensive Kontakt zum Erzpoeten Konrad Celtis und zum Juristen und Humanistenmäzen Sebald Schreyer. Aus Dürers Briefen, die er 1506 aus Venedig schrieb, geht zudem hervor, dass er von Anfang an der humanistischen Tafelrunde angehörte, die in der 1495 erstmals erwähnten Herrentrinkstube zusammenkam.76 Auf Dürers Selbstporträt scheint der Maler vermutlich deshalb erstmals mit den bezeichnenden Handschuhen aufzutreten, die ihn als nicht-mit-den-Händen-arbeitenden Zeitgenossen ausweisen. Seine behandschuhten Hände zeugen von einem gesteigerten Standesbewusstsein, das über seinen realen gesellschaftlichen Stand hinausweist und mit der Teilnahme an der humanistischen Tafelrunde zusätzlichen Auftrieb erfahren haben dürfte.77 Dürers Aufnahme in den Großen Rat 1509 ist spektakulär, wenn man seine Rolle als Künstler in der Reichsstadt noch etwas genauer betrachtet. Der überwiegende Teil der sozialen Aufsteiger stammte aus der Gruppe der Kaufleute; das Handwerk war insbesondere in Nürnberg politisch domestiziert. Es unterstand der totalen Kontrolle des Nürnberger Patriziats, denn nach vergeblichen Zunftaufständen war es dem Handwerk seit Kaiser Karl IV. (1346 – 1378) verboten, sich in Zünften zu organisieren.78 Doch seine Bedeutung für die qualitätsvolle Produktion von Gütern hatte es selbstverständlich nicht verloren. Was zuvor die Zünfte in ihrer Selbstverwaltung an qualitätssichernden Maßnahmen in ihre Ordnungen geschrieben hatten, übernahm in Nürnberg das städti75 Zur

gesellschaftlichen Rolle der Agnes Frey und Dürers Statusverbesserung durch die Heirat vgl. jüngst Schleif, 1999. 76 Zur Gründung der Nürnberger Herrentrinkstube Ende des 15. Jahrhunderts vgl. Schultheiß, 1953, zur erstmaligen Erwähnung in den Quellen ebd., S. 276. 77 Dürers Teilnahme an der humanistischen Tafelrunde bedeutet nicht, dass er Mitglied der Herrentrinkstube war. In seinen Briefen aus Venedig an Pirckheimer schreibt Dürer stets von »Eurer Stuben«, in der er offensichtlich kein Mitglied war; vgl. Brief Dürers an Pirckheimer, Venedig, den 08. September 1506: »[…] vnd danckt mir ewrer schtuben, daz mich grüst hatt. […]« (Rupprich, Bd. 1, 1956, S. 55, Zeile 46 – 47). 78 Endres, 1977, 1990; Lehnert, 1983. In seinem lesenswerten Artikel über Hans Baldung Grien verweist Brady auch auf Dürers bemerkenswert niedrigen Stand in der zunftfreien Reichsstadt Nürnberg und den großen Kontrast zur gleichzeitigen Wertschätzung eines Raffael in Italien (Brady, 1975, S. 297). Zur gesellschaftlichen Rolle der Nürnberger Künstler und ihrer Werkstätten grundsätzlich Ausst.Kat., Nürnberg 1300 – 1550, 1986, S. 51 – 60; Tacke, 2001. 58

Dürers Wahl zum Genannten

sche Rugamt, das auch die Meisterprüfungen abnahm.79 Allein der »freie Künstler« war in Nürnberg von geringem Ansehen, denn er wurde im 16. Jahrhundert noch nicht einmal dem Handwerk zugerechnet, bis 1596 nach langen Bemühungen der »freien Künstler« die erste Malerordnung mit Rechtsverbindlichkeit eingeführt werden konnte.80 Der Nürnberger Künstler gehörte keinem Stand und vor allem keiner qualitätssichernden Ordnung an. Er war auf sich allein gestellt, im Gegensatz beispielsweise zu den Künstlern in Basel oder Augsburg, die sich einer ehrenhaften Zunftzugehörigkeit erfreuen durften.81 Zu den »freien Künstlern« in Nürnberg zählten neben den Malern die Ahlenschmiede- und Lanzettmacher, Pfeilmacher, Ätzmaler, Birettmacher und Hutschmücker, Bildhauer, Blattgoldschläger, Briefmaler, Buchdrucker etc.82 Die »freie Kunst« war also nicht im modernen Sinne frei. Vielmehr war sie eben kein Handwerk und daher ohne handwerkliche Ordnung. Das mag die Ursache sein für Dürers bereits zitierten Satz, den er 1506 aus Venedig schrieb: »Hier bin ich ein Herr, daheim ein Schmarotzer.«83 So kommt es, dass in den vom Stadtrat geführten Listen der jährlich gewählten Genannten zuerst die Namen der Patrizier und Kaufleute und darunter in einer eigens betitelten Rubrik die Handwerker aufgeführt werden. Den Machtstrukturen entsprechend war das quantitative Missverhältnis groß, denn zwischen 1503 und 1519 wurden insgesamt 244 Genannte gewählt, von denen nur 25 ein Handwerk ausübten. Für das Jahr 1509 ist kein einziger Handwerker unter den neuen Genannten aufgeführt, und der Name Albrecht Dürers erscheint in der Liste der

79 Der Nürnberger Jurist Christoph Scheurl (1481 – 1542) kommentierte die Situation

seiner Stadt treffend: »[…] in summa was an anderen orten di zunftmaister, das sein pei uns die fünf rugsherren […]« (zit. in Ausst.Kat., Nürnberg 1300 – 1550, 1986, S. 52). 80 Ausst.Kat., Nürnberg 1300 – 1550, 1986, S. 52; Tacke, 2001, S. 21. 81 Grote, 1964, S. 46. Zur Situation der Augsburger Künstler und ihrer handwerklichen Stellung vgl. die luziden Ausführungen bezüglich des Augsburger Steinmetz Burkhard Engelberg (ca. 1450 – 1512) von Bischoff, 1999, hier besonders S. 65 – 146. 82 Mummenhof, 1890/1891. 83 Brief Dürers an Pirckheimer, Venedig, den 13(?). Oktober 1506: »[…] Hÿ pin jch ein her, doheim ein schmarotzer etc.« (Rupprich, Bd. 1, 1956, S. 59, Zeile 90 – 91). 59

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17 neuen Ratsmitglieder an vorletzter Stelle.84 Ein »freier Künstler«, der sich keinem Stand und keiner Zunft in einer ständisch geordneten Gesellschaft zurechnen konnte, hatte es geschafft, in den Nürnberger Rat aufzusteigen. Seinem Künstlerstatus entsprechend blieb es Dürer grundsätzlich versagt, sich zu jenen privilegierten Handwerksvertretern zu zählen, welche als Ehrenmänner traditionell acht Mitglieder des Kleinen Rates stellten, in dem die Patrizier quantitativ stets die Majorität innehatten. Zu diesen Handwerkern zählten Tuchmacher, Lederer, Rotbierbrauer, Bäcker, Kürschner, Metzger, Schneider und Blechschmiede (seit 1543 Goldschmiede). Aus diesen acht Gewerben stammten auch die meisten Genannten des Handwerkerstandes im Großen Rat.85 Umso bedeutender ist für Dürer der Prestigegewinn durch seinen sozialen Aufstieg einzustufen, denn die ratsfähigen Gewerbe galten als die weithin vornehmsten, deren soziale Vormachtstellung selbst reichere Gewerbe, die nicht ratsfähig waren, nicht brechen konnten. Dürers Wahl zum Genannten war keine Selbstverständlichkeit. In Nürnberg war seinen Künstlerkollegen Michael Wolgemut, Veit Stoß oder Adam Kraft die Ratsfähigkeit unerreicht geblieben. Blickt man über Nürnbergs Stadtgrenzen hinaus, erscheint Dürers Karrieresprung nicht minder bedeutend, denn um 1509 gehörten Künstler grundsätzlich noch nicht dem Rat in anderen Städten an, mit Ausnahme von Tilman Riemenschneider, der bereits seit 1504 Mitglied des Würzburger Stadtrates war und bis zum Bürgermeister der Stadt aufstieg (1520). Anders als in Nürnberg waren in der Bischofsstadt die Künstler in der Lucasbruderschaft organisiert. Als deren Mitglieder konnten sie als Handwerksmeister in den städtischen Rat gewählt werden, der dem bischöflichen Oberrat untergeordnet war.86 Eine vergleichbare Karriere gelang nur wenigen Künstlern nördlich der Alpen. Für das 15. Jahrhundert wäre jeweils ein Beispiel aus Prag 84 Siehe Tabelle bei Schall, 1971, S. 132. Die Listen der jährlich gewählten Genannten

befinden sich im Nürnberger Staatsarchiv, Rep. 52a, Nürnberger Handschriften Nr. 184, Blatt 192 – 200 (1503 – 1519). Für das Jahr 1509 vgl. Blatt 195. Vgl. auch das 1802 publizierte Verzeichnis aller Genannten, das 2002 neu herausgegeben wurde (Fleischmann/Grieb, 2002, für das Jahr 1509 siehe S. 55). 85 Endres, 1990, S. 61. 86 Zu Riemenschneider als Werkstattmeister und Ratsmitglied vgl. Kalden-Rosenfeld, 2004, hier besonders S. 58 – 64. 60

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und Wiener Neustadt anzuführen. Eine Häufung der Künstler als Mitglieder des Stadtrates ist erst seit den 20er- und 30er-Jahren des 16. Jahrhunderts zu verzeichnen, wenn beispielsweise Erasmus Grasser 1513 – 1518 dem »Äußeren Rat« der Stadt München angehörte, Lucas Cranach, seit 1505 Hofmaler Friedrichs des Weisen, in den Jahren 1537 und 1540 zum Bürgermeister von Wittenberg gewählt wurde,87 Albrecht Altdorfer und Hans Baldung Grien 1526 bzw. 1545 Mitglieder ihrer Stadträte wurden, Ersterer dann sogar in den Inneren Rat Regensburgs gewählt und damit Mitglied des Stadtregiments wurde; wobei insbesondere für Grien und Altdorfer zu betonen ist, dass nicht ihre künstlerische Leistung den sozialen Aufstieg ermöglichte, sondern ihr zum Teil beträchtliches Vermögen und das damit verbundene bürgerliche Ansehen.88 Dürers Aufnahme in den Großen Rat Nürnbergs ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Sozialstruktur der süddeutschen Städte um 1500 starken Veränderungen ausgesetzt war. Unter der wachsenden sozialen Mobilität gerieten die traditionellen städtischen Eliten unter existenziellen Druck. Insbesondere in Gewerbestädten wie Augsburg und Nürnberg forderten die durch Handel erstarkten Handwerker und Kaufleute eine wachsende Beteiligung an der städtischen Selbstverwaltung. Dies hatte noch vor den Bauernkriegen, also vor 1525, zur Folge, dass in manchen Reichsstädten wie Esslingen, Reutlingen oder Hall der Stadtadel die Kommune verließ. In Nürnberg konnte zwar das alte Patriziat seinen Vorrang behaupten, doch der Legitimationsdruck dürfte groß gewesen sein inmitten der Entwicklungen in den anderen süddeutschen Reichsstädten.89 Daher war Dürers gesellschaftlicher Aufstieg in Nürnberg keine Selbstverständlichkeit. Doch seit 1509 zählte er als Genannter des Großen Rates zu den »ersame mannen«. Durch seine Beförderung konnte sich Dürer den angesehenen ratsfähigen Tuchmachern, Lederern, Rot87 Warnke,

1996, S. 105. Zum königlichen Buchmaler Johann Sobico, der 1410 in den Rat der Prager Kleinseite gewählt wurde, und Leonhard Jamnitzer, der in der Mitte des 15. Jahrhunderts im Stadtrat von Wiener Neustadt war, vgl. ebd. 88 Karrieren am Hof sind von Dürers kommunaler Karriere kategorial zu unterscheiden. Auf den Vergleich zwischen Dürer und anderen deutschen Künstlern seiner Zeit machte bereits Grote, 1964, S. 45 – 47, aufmerksam. Eine konzise sozialhistorische Studie zum Karriereverlauf von Hans Baldung Grien liegt vor in einem Aufsatz von Brady, 1975 (hier vor allem S. 306 – 307). 89 Vgl. S. 86, Anm. 132. 61

Dürers Wahl zum Genannten

bierbrauern, Bäckern, Kürschnern, Metzgern, Schneidern und Blechschmieden hinzugesellen. Sein gesellschaftlicher Aufstieg in den Großen Rat kann nicht ohne Folgen für seine Selbstdarstellung im Porträt geblieben sein. Folgerichtig tritt Dürer erst nach 1509 konsequent in der Marderschaube in seinen Bildern auf, wie bereits beobachtet werden konnte. Auch wenn für Nürnberg vor der Reichspolizeiordnung von 1530 noch keine eindeutig ständischen Pelzordnungen vorlagen, zeigt Dürers Verhalten, das dem des Matthäus Schwarz ganz ähnlich ist, eine Entwicklung der Kostümargumentation im Bild, die grundsätzlich auf die eigene gesellschaftliche Rolle Rücksicht nimmt. Die Ausnahme auf dem Rosenkranzbild ist als bewusster Dekorumsverstoß Dürers außerhalb des Reiches zu werten, um sich in venezianischen Künstlerkreisen gesellschaftlich etablierter zu zeigen, als er es zu Hause in Nürnberg gewesen ist.90 Seine Selbstdarstellung im autonomen Selbstporträt jedoch wirft ungleich größere kleiderkundliche Probleme auf. Insgesamt sind drei autonome Selbstbildnisse Dürers erhalten. Jene aus den Jahren 1493 und 1498 sind eingangs bereits besprochen worden. Das dritte ist das Münchner Gemälde. Es stellt sich nun das Problem, dass Dürer hier mit einem Rückenmarder auftritt, das Gemälde jedoch in das Jahr 1500 datiert wird. Nach den bisherigen Erkenntnissen ist der Widerspruch von Datierung und Kostümargumentation im Bild evident und verlangt nach einer Erklärung.

90 Dürers

Streben zu gesellschaftlicher Statusverbesserung wurde jüngst in einer germanistischen Dissertation thematisiert. Sahm (2002, S. 185 – 189) stellt fest, dass Dürers literarische Selbstdokumentation als Strategie dem »Aufsteigerphänomen« zuzuordnen ist.

62

Probleme der Datierung Die Datierung des Münchner Selbstporträts beruht auf der Inschrift. Links, auf Augenhöhe, ist das Dürermonogramm mit der Jahreszahl 1500 zu sehen, deren zweite Null seltsam ungeschickt über die Begrenzung des Monogramms hinausreicht. Rechts steht ebenfalls auf Augenhöhe in Goldlettern geschrieben, dass sich Dürer im Alter von 28 Jahren gemalt habe.91 Wie in der Einleitung bereits angedeutet, haben Kunsthistoriker die Originalität der Bildinschrift immer wieder angezweifelt. Bereits Moriz Thausing betonte 1884, dass die Inschrift eine Fälschung und das Selbstbildnis nach der zweiten Italienreise um 1507 zu datieren sei.92 Heinrich Wölfflin (1905) datiert das Bild ebenfalls nach Dürers zweiter Italienreise, denn davor sei dieser Typus der Selbstdarstellung unmöglich gewesen, weshalb Wölfflin die Inschrift ebenfalls als Fälschung einstufen musste.93 Erwin Panofsky (1947) schloss sich zwar der heute überwiegend akzeptierten Datierung von 1500 an, hielt jedoch die Inschrift definitiv für apokryph.94 Heidrich erklärte zudem 1907 durchaus etwas apodiktisch, dass die vom Betrachter aus gesehen linke Hand auf dem Münchner Selbstbildnis95 in der Anordnung der Finger ganz der rechten Hand der Berliner »Madonna mit dem Zeisig« entspreche, die Dürer während seines zwei91 »Albertus

Durerus Noricus / ipsum me proprijs sic effin= / gebam coloribus aetatis / anno XXVIII.« Zur Deutung vgl. Wuttke, 1980, S. 73; Goldberg/Heimberg/ Schawe, 1998, S. 332 – 334; Preimesberger, 1999, S. 216 – 218. Vgl. hierzu auch die weiteren Ausführungen zur Inschrift auf S. 66. Auf die Disproportionalität von Monogramm und Jahreszahl wurde zuletzt aufmerksam gemacht von Eberlein, 2006, S. 54. 92 Thausing, 1884, S. 98. 93 Wölfflin, 1905 (1963), S. 170 – 171. 94 Panofsky, 1947, Bd. 2, S. 14: »The inscribed is now almost generally accepted, ­although the present inscriptions are doubtless apocryphal.« 95 Heidrich, 1907, geht, ähnlich wie später auch Pope-Hennessy, 1966, S. 128 – 129, davon aus, dass das Münchner Selbstbildnis Dürers das Abbild eines Spiegelbildes sein müsse. Das hieße, dass die linke Hand auf dem Bild auch Dürers Linke wäre. Das ist unwahrscheinlich, denn im Selbstporträt ist mit Sicherheit die Rechte als schöpferische Hand des Malers in den Vordergrund gesetzt. Zur eindeutigen 63

Probleme der Datierung

ten Venedigaufenthalts gemalt hatte (Abb. 25). Diese Formverwandtschaft ist nicht von der Hand zu weisen, und für Heidrich folgt daraus zwingend, dass Dürers Münchner Selbstporträt in oder nach Venedig, also zwischen 1506 und 1508 entstanden sein muss. Er sieht auch Stilverwandtschaften zu Dürers Vorstudien für den Heller-Altar und spricht sich daher für eine definitive Datierung in das Jahr 1508 aus.96 PopeHennessy schließlich plädierte 1966 etwa für das Jahr 1505, obwohl bereits von Winzinger 1954 der Zustand des Bildes eingehend untersucht, nach konservatorischen Prinzipien neu beschrieben und die Datierung erneut auf 1500 festgelegt wurde,97 ein Ergebnis, das von der Dürerforschung seitdem akzeptiert und nicht mehr diskutiert wird, dabei aber weiterhin auf der Inschrift basiert, ohne anhand von inhaltlichen oder stilistischen Merkmalen verifiziert worden zu sein.98 Mittlerweile wird am Original der Inschrift nicht mehr gezweifelt. Die Forschung geht einhellig davon aus, dass die Zeilen und das Monogramm von Dürer selbst stammen und dass er sie dem Selbstbildnis hinzugefügt habe, wobei ihm Pirckheimer oder Celtis bei der Wortfindung beratend beigestanden haben dürften. Ungewöhnlich ist dabei die Buchschrift, die bei Dürer sonst nicht anzutreffen ist.99 Anhand von Röntgenaufnahmen ist nicht zu ermitteln, bis in welche Farbschichten das Gold der Buchstabenfarben hineinreicht. Die jüngsten Aufnahmen aus dem Jahre 1995 haben darüber keine sichere Erkenntnis erbracht.100 Auf jeden Fall ist rechts von Dürers Kopf im dunklen Hintergrund noch schwach der Rest einer Kartusche zu erkennen, welche die Inschrift trägt. Die Goldlettern sind zu einem unbekannten Zeitpunkt nachgezogen Betonung seiner rechten Arbeitshand im Münchner Selbstporträt vgl. Goldberg/ Heimberg/Schawe, 1998, S. 332. 96  Heidrich, 1907. 97  Pope-Hennessy, 1966, S. 129; Winzinger, 1954, S. 44. 98  Vor Kurzem hat sich Omar Calabrese noch einmal für die Spätdatierung des Münchner Selbstporträts ausgesprochen, wobei er von der Eigenhändigkeit der Bildinschrift überzeugt ist. Dürers »Rückdatierung« deutet er als magischen Neuanfang, als göttlichen Ursprung der Kunst, auf den der Maler mit der Jahrhundertwende und dem heiligen Jahr 1500 verweisen will (Calabrese, 2006, S. 95). 99  Hierzu ausführlich unter Einbeziehung der Geschichte der Schrifttypen in der Buchdruckkunst um 1500 Wuttke, 1980, S. 78 – 82. 100 Ich danke dem Kustos für Altdeutsche Malerei der Alten Pinakothek in München, Dr. Martin Schawe, für die ausführlichen Gespräche zu den technischen Besonderheiten des Münchner Selbstbildnisses Dürers. 64

Probleme der Datierung

25  Albrecht Dürer: Madonna mit dem Zeisig, Berlin, Gemäldegalerie (1506) 65

Probleme der Datierung

worden, wohl auf Resten von älteren. Anhand der Röntgenaufnahmen lässt sich sicher sagen, dass vormals keine andere Inschrift existiert hat, die womöglich übermalt worden wäre. Die einzige Unsicherheit betrifft die heutige Inschrift, die stilistisch und inhaltlich nicht unbedingt von Dürer stammen muss.101 Denkbar wäre auch, dass Dürer die Kartusche leer ließ, sie übermalte und auf eine Inschrift verzichtete, die dann von fremder Hand später – vielleicht nach Dürers Tod – nachgetragen wurde. Die inschriftliche Datierung des Selbstbildnis auf 1500 könnte also apokryph und daher falsch sein. Das wäre gerade für Dürerwerke nichts Ungewöhnliches, die – häufig unsigniert – später von fremder Hand nachsigniert wurden. Nicht selten wurden auf diese Weise auch fremde Werke zu Dürerwerken umgewidmet.102 Es ist zu ergänzen, dass Dürer sein bekanntes Monogramm für die Signatur seiner Arbeiten seit 1496/97 einsetzte, wenn auch nicht ausschließlich.103 Seit 1503 fügte er dem Monogramm das Datum hinzu. Vor diesem Hintergrund wäre die inschriftliche Datierung des Münchner Selbstporträts unter dem Monogramm in der Genese der Dürersignatur der Prototyp, was grundsätzlich als Möglichkeit nicht auszuschließen, jedoch anzuzweifeln ist, denn es kommt hinzu, dass den Text rechts eine schmetterlingsförmige Kartusche umfasst, die als leichter Schatten nur vor dem Original zu erkennen ist. Sie scheint original zu sein und ihre spezielle Form ist lediglich auf vier weiteren Werken Dürers nachzuweisen, die aus der Zeit zwischen 1510 und 1522 stammen.104 Zusammen mit einer stilistischen und vor allem kleiderkundlichen Analyse könnte sich folglich eine Umdatierung

101 Zu

geringen, stilistischen Abweichungen des Dürermonogramms von Dürers anderen Signaturen, die jedoch kaum erwähnenswert erscheinen, zumal der Auftrag des Goldstaubes kompliziert ist und keinen Schwung im Pinselduktus zulässt, vgl. Winzinger, 1954, S. 50. 102 Zu dieser Praxis der Nachsignierung vgl. die Hinweise im »Geheimbüchlein« des Hans Hieronymus Imhoff (1636): »[…] Ein Marienbildt auf holtz von Oelfarben, klein. Mein Vater selig hatt des Alb. Dürers Zeichen darunter mahlen laßen, […]«; »[…] Ein Schöner löb auff pergament, stehet zwar des A. Dürers Zaichen darunter, man helt aber dafür, es habe solchen nur Hanns Hoffmann gemahlt […]« (Koreny, 1985, S. 264). 103 Zu Dürers Signaturgewohnheiten vgl. Thausing, 1884, Bd. 2, S. 99. Beispiel ohne Signatur: Das Porträt des Oswolt Krel mit der inschriftlichen Jahreszahl 1499 blieb ohne Monogramm. 104 Goldberg/Heimberg/Schawe, 1998, S. 315 und S. 316, Anm. 8. 66

Probleme der Datierung

auch vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Inschrift und der Kartusche als richtig erweisen. Zeitgenössische Zeugnisse über Dürers Selbstporträt, die mehr Verlässlichkeit liefern, gibt es nicht. Im Jahr 1555 kaufte der Nürnberger Rat ein Dürerbildnis ohne nähere Angaben über seine Größe oder sein Aussehen. Am interessantesten ist Carel van Manders Äußerung zu einem Dürerbildnis, das er 1577 bei seinem Nürnbergaufenthalt im Rathaus gesehen habe. In seinen Malerviten von 1606 erinnert er sich: »Auch das Porträt seiner Mutter ist dort zu sehen und sein Selbstporträt. Letzteres ist ein kleines Bildchen, das seinen Kopf von lang hängendem schönem Haar umwallt zeigt, welches auch sehr kunstreich behandelt ist, und durch das sich einzelne goldgelbe Haare auf sehr hübsche Weise hindurchziehen. Ich erinnere mich gut es gesehen und in den Händen gehabt zu haben, als ich im Jahre 1577 dort war. Es war – wie ich meine – im Jahre 1500 gemalt, als er ungefähr 30 Jahre alt war.«105 Dies ist die konkreteste und älteste Äußerung über ein Selbstporträt Dürers. Aus dem letzten, mutmaßenden Satz schloss Thausing, dass Carel van Mander das Münchner Selbstporträt Dürers noch ohne die apokryphe Inschrift gesehen haben müsse.106 Doch bleibt genau genommen in der Quelle unklar, ob die Erinnerung überhaupt mit dem Münchner Bild in Verbindung zu bringen ist, da dieses kaum als »ein kleines Bildchen« wahrgenommen werden kann. Es misst in der Höhe 67,1 cm und in der Breite 48,9 cm und ist von Dürers drei erhaltenen autonomen Selbstporträts das größte.107 Er selbst erscheint darauf fast in Lebensgröße. Was immer Carel van Mander 1577 im Nürnberger Rathaus gesehen hatte, selbst wenn es das Münchner Selbstporträt Dürers mit Inschrift gewesen sein sollte, so bleibt dennoch die Möglichkeit, dass die Inschrift später, vielleicht nach Dürers Tod hinzugekommen ist. Auch Wuttkes Analyse des Bildes von 1980 liefert für die Datierung insofern keine Anhaltspunkte, als sie von Koinzidenzen und nicht von

105 Carel

van Mander: Das Leben der niederländischen und deutschen Maler. Textabdruck nach der Niederländischen Originalausgabe von 1617. Bd. 1, München/ Leipzig 1906, S. 93. Zur Geschichte des Bildes vor seiner Erwerbung im Jahr 1805 vgl. Goldberg/Heimberg/Schawe, 1998, S. 340 – 342. 106 Thausing, 1884, Bd. 2, S. 98. 107 Selbstbildnis von 1493 (Paris, Louvre): 56,5 × 44,5 cm; Selbstbildnis von 1498 (Madrid, Prado): 52 × 41 cm. 67

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Kausalzusammenhängen ausgeht.108 Dürers Beziehung zu Konrad Celtis und dessen Dürerlob, das zum Jahrhundertwechsel erstmals in der Celtis-Epigrafik auftrat, lassen die Entstehung des Münchner Selbstbildnisses um 1500 möglich erscheinen. Die überzeugenden, geistesgeschichtlichen Hintergründe ließen aber ebenso an eine Entstehung des Selbstporträts um 1509 denken. Dann wäre das wachsende Selbstbewusstsein des Künstlers Dürer an einem logischen Kulminationspunkt angelangt, eine Entwicklung, die durch das Lob Celtis bereits 1500 eingeleitet worden ist. Zusammenfassend ist zu sagen, dass Inschrift und andere zeitgenössische Quellen keine Eindeutigkeit für die Datierung liefern. Doch sind noch nicht alle Möglichkeiten der Bildanalyse ausgeschöpft, denn der Marderpelz, den Dürer trägt, gibt zu denken. Er ist mit großer Akribie dargestellt und von Dürers Hand umschlossen. Es ist bereits betont worden, dass er das Fell mit seiner Hand nicht nur umfasst, sondern vielmehr darauf deutet, indem er insbesondere seinen Zeigefinger von den übrigen Fingern leicht abspreizt und wie im Zeigegestus tastend an das Fell drückt. Dürer war mit dieser Handhaltung daran gelegen, seine Insignie zu betonen, ihr eine hervorragende Rolle im Selbstbildnis zu geben.109 Sein Verweis auf die Fellpartie verleiht ihr wiederum einen Verweischarakter von gesellschaftlicher Relevanz, die auf der ständischen Bedeutung des Pelzes beruht. Die gleiche Bedeutung erhält, wie bereits erwähnt, der rechte Zeigefinger des Matthäus Schwarz in seiner Dar108 Wuttke,

1980. Forschung sieht in der rechten Hand Dürers den Verweis auf das neben den Augen wichtigste »Instrument« des Malers. Diese Vermutung ist nicht auszuschließen. Dann wäre parallel zur sozialhistorischen Bedeutung der Marderschaube der Griff in den Marderpelz zudem als der Verweis auf den Pinsel als weiterem Instrument des Malers zu deuten, denn die wertvollsten Pinselhaare werden noch heute dem Marderfell entnommen (Doerner, 1989, S. 187). Das Bild lässt diese Vermutung zu, liefert aber anschaulich keine Anhaltspunkte, zumal Dürers rechte Hand in den anderen Selbstporträts keine Sonderrolle beanspruchte. Auch in seinen Schriften hat Dürer nie auf den hohen Wert der rechten Hand des Malers eigens hingewiesen (hierzu Wuttke, 1980, S. 90). Es kommt erschwerend hinzu, dass es wesentliche Anhaltspunkte gibt, die auf ein gemaltes Spiegelbild Dürers hinweisen (vgl. hierzu den entsprechenden Hinweis im Prolog S. 7 und vor allem Eberlein, 2006, S. 52 – 57). In einem Spiegelbild jedoch wäre nicht die rechte, sondern die linke Hand des Malers zu sehen.

109 Die

68

Probleme der Datierung

stellung vom 2. September 1530, da er einen Rückenmarder angelegt hat (Abb. 22). Die inhaltliche Kombination von Rückenmarder als Insignie und Zeigegestus dürfte auch für Dürers Münchner Selbstporträt gelten. Der Zeigegestus Dürers und die Identifizierung des Pelzes offenbaren den gleichen Sachverhalt. Im Fall des Münchner Selbstporträts ist die Bestimmung des Kragenpelzes eindeutig und konnte durch einen Kürschner bestätigt werden.110 Dargestellt ist ein dunkler Rückenmarder bzw. das beste Stück des Baummarders, dessen gleichmäßig dunkelbraun gefärbte Pelzausschläge nur vom Hals bis hinunter auf die Brust zu erkennen sind; der Rest wird von Dürers langer Lockenpracht verdeckt. Die feinmalerische Darstellungsweise der Pelzhaare und ihre große, samtige Dichte nebst der gleichmäßigen, dunkelbraunen Färbung ist typisch und eindeutig für den Rücken des Baummarders. Der Pelz ist dabei in seiner ganzen Länge vertikal über den Mittelsaum der Schaube gelegt und in der Weise umgeschlagen, dass die eine Hälfte auf der Innenseite, die andere auf der sichtbaren Außenseite des Mantels verläuft. So bildet das Rückgrat des Marderfells die Umschlagkante. Das Betrachterauge blickt auf eine Flanke des Fellkörpers, die nach außen hin vom Rücken über die Seitenpartie zur Bauchregion des Marders immer mehr aufhellt. Dies ist besonders gut an dem Saumpelz zu erkennen, der von links oben nach rechts unten verläuft. Der darübergeschlagene rechte Saumpelz weist dagegen an der Bauchregion des Marderfells ein dunkles, rechteckiges Versatzstück auf, auf das Dürers Zeigefinger gelegt ist. Es ist dies ein Stück vom zentralen Rückenfell des Marders, das nachträglich eingesetzt wurde und offensichtlich in Verbindung mit dem Zeigegestus die Bestimmung des Rückenmarders erleichtern und vor allem betonen soll. Erwähnenswert ist auch, dass Dürers Rückenmarderpelz die Kehlstellen behalten hat, die sonst in der Regel als minderwertige Fellstücke ausgeschnitten wurden. Auf dem Münchner Gemälde erkennt man unmittelbar unterhalb der Locken, sowohl am linken wie am rechten Saumpelz, die typischen, vom dunklen Braun ins Orange gehenden Aufhellungen des Fells, die eindeutig die Kehle des Baummarders bezeichnen. Das 110 Die

eindeutige Identifizierung des Rückenfells des dunklen Baummarders (im Gegensatz zum helleren Steinmarder) in Dürers Münchner Selbstporträt wurde mir vom Obermeister der Berliner Kürschnerinnung, Herrn Hoppe, bestätigt (vgl. S. 32, Anm. 38). 69

Probleme der Datierung

wichtigste Detail jedoch ist jene Partie, auf die Dürers Zeigefinger deutet: das Versatzstück im Pelz, der Rückenmarder im Rückenmarder. Als handle es sich um ein Bild im Bild scheint sich Dürer mit der Doppelung des Bedeutungsträgers der Besonderheit seiner Kostümargumentation zu vergewissern. Vor dem besprochenen Hintergrund der deutschen Malerei zwischen 1500 und 1540 nimmt sich Dürers Pelz nicht nur als sozialhistorische, sondern vielmehr auch als motivgeschichtliche Besonderheit aus. Zum Vergleich sei noch einmal an die Entwicklung von Dürers diversen Selbstporträts (S. 11 ff.), die Augsburger Monatsbilder (S. 38 ff.), das Schwarz’sche »Trachtenbuch« (S. 16) und die deutschen Selbstporträts der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (S. 50 ff.) als erste Stichproben erinnert – weitere werden folgen (S. 86 ff.). Die vorgestellten Beispiele lieferten bereits ausreichend Indizien, um festzustellen, dass der Marderpelz äußerst sparsam und pointiert im Bild als Kostümargument eingesetzt wurde. Für die Darstellung des Künstlers im Selbstporträt war eine Pelzschaube ohnehin ein Tabu, denn neben Dürers Münchner Selbstporträt ist – so weit ich sehe – kein zweites Beispiel aus dieser Zeit bekannt.111 Für den Versuch, die Ursachen auszuloten, die zu Dürers ungewöhnlichem Einsatz der Rückenmarderschaube im Münchner Selbstporträt geführt haben, sind zudem auch die Kleiderordnungen in Bezug auf die biografischen Daten Dürers in Erinnerung zu rufen. Sie geben schließlich den Rahmen vor für eine sozialhistorische Ursachenforschung, deren Ausgangspunkt das Kunstwerk ist. Die Verschränkung 111 In

diesem Zusammenhang ist ein Männerporträt aus dem Jahr 1505 zu berücksichtigen, in dem man allgemein Dürer erkennen will und das sich in der bischöflichen Sammlung zu Kremsier (Kroměříž) in Tschechien befindet. Zu sehen ist ein bärtiger, langhaariger Mann mit Barett, der eine Marderpelzschaube trägt (Farbabb. bei Mende, 2000, S. 251). Die Zuschreibung an Hans von Kulmbach als ausführende Hand ist umstritten, aber wahrscheinlich (Forschungsstand bei Metzger, 2002, S. 546). Handelte es sich tatsächlich um ein Dürerporträt, wäre für Dürer bereits 1505 ein Präzedenzfall mit der Marderschaube im Bild geschaffen und die Argumente für eine Neudatierung seines Münchner Selbstporträts geschwächt. Es ist hier jedoch eindeutig festzustellen, dass es sich auf keinen Fall um ein Abbild Dürers handeln kann, denn wie wir Dürers gesamten Selbstporträts entnehmen dürfen, hatte der Meister braune Augen. Der Mann auf dem fraglichen Bild hingegen besitzt funkelnde blaue Augen. Von diesem wesentlichen Unterschied ausgehend werden auch die übrigen Unähnlichkeiten des Mannes im physiognomischen Vergleich mit Dürer deutlich.

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Probleme der Datierung

von Kunstwerk, Kleiderkunde und Künstlerbiografie führt schließlich zu einer Schnittmenge möglicher Ursachen, die eine Neudatierung des Gemäldes nahelegen. Kurzum: Der Rückenmarderpelz war, wie gesagt, den gesellschaftlichen Eliten vorbehalten, zu denen Dürer offiziell bis 1509 nicht zählte. Auch seine Mitgliedschaft an der humanistischen Tafelrunde im Kreis der städtischen Patrizier seit 1498 (vgl. S. 58) dürfte ihn noch nicht in den Stand des Marderpelzträgers versetzt haben, denn sonst hätte er sich wohl in seinem zweiten Selbstporträt von 1498 bereits mit der Insignie dargestellt. Der Rückenmarder als Insignie der gesellschaftlichen Eliten kam Dürer erst seit 1509 als Genannter und Ehrenmann zu. In jedem Fall – und das ist für Dürers Münchner Selbstporträt die wichtigste Erkenntnis – war die Rückenmarderschaube in der Alltagsrealität um 1500 eine hohe Auszeichnung, die im Bild noch steigerungsfähig war. Deshalb ist die Revision der Datierung von Dürers Münchner Selbstporträt notwendig. Wäre das Bild nämlich tatsächlich im Jahr 1500 entstanden, als Dürer noch kein Genannter gewesen ist, würde es sich um einen delikaten Fall von Hybris handeln. Wäre das Bild nach 1509 entstanden, wäre seine Oberbekleidung legitim und legal. Im Jahr 1500 dagegen wäre das Münchner Selbstporträt gesellschaftlich vermutlich ein Skandal gewesen. Dürer hätte das Bild keinem Zeitgenossen zeigen können, und es wäre somit nicht nur zu einem »Privatporträt«, sondern vielmehr zu einem »Geheimporträt« geraten. Mit einer historischen und bildhistorischen Wirklichkeit kann das Porträt um 1500 in seiner offensichtlichen Kleiderhybris kaum in Übereinstimmung gebracht werden. Vor diesem Hintergrund bleiben nur zwei Datierungsmöglichkeiten für Dürers Selbstporträt in München und damit verbunden zwei funktionale Optionen: Wäre das Bild wirklich 1500 entstanden, wäre es für eine Öffentlichkeit kaum geeignet gewesen. Dürer, dargestellt als Angehöriger der gesellschaftlichen Elite, hätte in dieser Überheblichkeit nicht nur wenig Sympathien geerntet, er hätte vielmehr auf seine Zeitgenossen äußerst provokant gewirkt. Dass dies sein Vorsatz war, ist jedoch unwahrscheinlich, zumal er nicht nur gegenüber Friedrich dem Weisen in der »Marter der Zehntausend« vor 1509 behutsam mit der Kostümargumentation in seiner Selbstdarstellung umging. Die Marderschaube trägt Dürer vor 1509 in seinen Selbstporträts nur einmal auf dem Rosenkranzbild (1506). Es stellt in dieser Hinsicht eine Ausnahme dar, deren Ursache darin zu suchen ist, dass das Gemälde in Venedig entstand und 71

Probleme der Datierung

für die Lagunenstadt bestimmt war (vgl. S. 49 f.). Ansonsten hat Dürer seinen gesellschaftlichen Aufstieg bewusst in die Wege geleitet – seine beiden frühen Selbstporträts haben das ebenso gezeigt wie die intellektuelle Unterstützung aus seinem Umkreis –, wobei bekanntlich der Weg zum sozialen Aufstieg eine Gratwanderung zwischen Offensive und Demut gegenüber den gesellschaftlichen Eliten war (und heute noch ist). In seinen schriftlichen Äußerungen jedenfalls ist Dürer stets von großer Zurückhaltung. Selbst gegenüber seinem Freund Pirckheimer respektiert er in seinen Briefen durchweg die Standesgrenzen, weshalb er dem Höhergestellten gegenüber nie einen vertraulichen Ton anstimmt, auch wenn aus heutiger Perspektive die Wortwahl bisweilen derb anmutet.112 Bei einer Entstehung im Jahr 1509 wäre das Münchner Selbstporträt für eine erhöhte Aufmerksamkeit prädestiniert gewesen, da es mit Dürers gewonnener Ratsfähigkeit den Karrieresprung entsprechend dokumentiert. Als Ehrenmann wäre er dann zu dieser Form der Selbstdarstellung berechtigt gewesen. Mit der »Öffentlichkeit«, welche Dürers Rückenmarderschaube aufmerksam registriert haben dürfte, ist dabei jedweder Besucher in Dürers Haus gemeint, aus dem das Selbstporträt bis zu seinem Tod nicht herausgekommen zu sein scheint. Das Dürerhaus war kein privater, sondern weitgehend »öffentlicher« Raum, in dem der Künstler seine standesgemäße Repräsentation entfalten konnte und musste. Die funktionale Erscheinungsform des Künstlerhauses war bereits im 15. Jahrhundert in den Architekturtraktaten Filaretes und Francescos di Giorgio bezüglich ihrer »repräsentativen Ausstattung« verankert. Entsprechend wurden zahlreiche italienische Künstlerhäuser von Mäzenen mit ausgestattet. Aber auch nördlich der Alpen war das Künstlerhaus mit Werkstatt repräsentatives Zentrum der Künstlerselbstdarstellung, das sogar wie im Fall Lucas Cranachs (1521) als fürstliches Quartier für durchreisende Herrschaften dienen konnte.113 Auch wenn Dürers Selbstporträt das Haus zu seinen Lebzeiten nicht verlassen haben sollte, ist es unwahrscheinlich, dass es vor den Blicken der Besucher verschlossen gewesen ist. Dafür wäre der malerische Aufwand, mit dem Dürer seine Selbstdarstellung betrieben hat, zu groß. Für ein Publikum, wie es in Künstlerhäusern zu verkehren pflegte, hätte das Selbstporträt 112 Grote,

1964, S. 47. Tradition des Künstlerhauses vgl. Warnke, 1996, S. 162 – 163. Zu den Besuchen der Fürsten in der Künstlerwerkstatt ebd., S. 294 – 296.

113 Zur

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Probleme der Datierung

1509 eine angemessene Sinnstiftung erhalten, da es den Künstler als Ehrenmann darstellt, der er durch seine Wahl zum Genannten geworden war. Im Jahr 1500 hätte Dürers Kleidung jenseits des Dekorums gestanden. Es wäre ein Normverstoß gewesen und hätte vor den Blicken einer elitären Öffentlichkeit verschlossen werden müssen. Nachgerade vor dem historischen Horizont der Reichsstadt Nürnberg, wo das Patriziat mit restriktiven Mitteln jene soziale Mobilität einzudämmen wusste, an der in anderen Städten die traditionellen Obrigkeiten bereits gescheitert waren, ist Dürers Selbstdarstellung und Anspruch zu bewerten. Und eine weitere Erklärung für das inschriftliche Datum 1500 ist zu diskutieren: Angenommen, die Inschrift ist doch original und Dürer hat sie selbst auf sein Selbstbildnis aufgetragen, dann – so wurde jüngst argumentiert – hat er das Gemälde trotz seiner späteren Vollendung auf 1500 zurückdatiert, um die Jahrhundertwende als magischen Neuanfang und als Zeitenwende zu markieren und darauf die Bildaussage zu beziehen.114 Unter Einbeziehung dieser Möglichkeit wäre der rechte Text der Bildinschrift insofern von einiger Aussagekraft, als Dürer den Betrachter von seiner wahrheitsgemäßen Darstellung seiner eigenen Person zu überzeugen bemüht wäre: »Albertus Durerus Noricus / ipsum me proprijs sic effin= / gebam coloribus aetatis / anno XXVIII« (Ich Albrecht Dürer aus Nürnberg, habe mich selbst so mit angemessenen Farben im Alter von 28 Jahren dargestellt).115 Preimesberger hat die Inschrift einer Exegese unterzogen und konnte feststellen, dass der ausdrückliche Verweis auf die »proprijs […] coloribus« einem Wahrheitsanspruch gleichkommt, der sittlich zu deuten ist.116 Dürers Betonung der Angemessenheit seiner Farben, also die Wahrhaftigkeit seiner Darstellung, scheint für die hier in Anspruch genommene Deutung der Pelzschaube sehr passend, denn Dürer würde dann seinen Auftritt im Bild sowohl in seiner Äußerlichkeit als auch in seiner tieferen Bedeutung als ein der Wahrheit entsprechendes Zeugnis verstehen. Das beträfe seine standes114 Calabrese,

2006, S. 95. nach Preimesberger, 1999, S. 210. 116 Preimesberger, 1999, S. 216 – 218. Preimesberger vertritt die Ansicht, dass der Wirklichkeits- und Wahrheitsbezug, auf den die Inschrift abhebt, als textologische Allusion auf den Malerei- und Farbtopos der griechischen Kirchenväter zu verstehen ist – eine geistreiche Hypothese, die im Folgenden jedoch nicht weitergeführt werden kann, da Dürers Kostümargumentation auf andere Pfade der Bilddeutung führt. 115 Übersetzung

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Probleme der Datierung

gemäße Gewandung ebenso wie deren Bedeutung, von der weiter unten noch zu handeln ist. Die wirklichkeitsgetreue Abbildlichkeit des Porträts im Sinne einer standesgemäßen, also korrekten Kleidung wurde im 16. Jahrhundert häufig durch die Bildinschrift bezeugt.117 Am eindrücklichsten ist der unbedingte Wille zu korrekter Kleiderdarstellung in einem großen Gemälde eines Augsburger Geschlechtertanzes aus dem Jahr 1500 belegt (Augsburg, Städtische Kunstsammlung), dessen Kommentar am unteren Bildrand lautet: »Nach Christy Gepurt 1500 Jahr was [war] diese Claidung zu Augspurg, das ist wa[h]r.«118 Sollte Dürer den inschriftlichen Wahrheitsanspruch seines Selbstporträts tatsächlich auf die dargestellte Kleidung beziehen, bliebe aus dieser Sicht ungeklärt, wie seine Pelzschaube zu rechtfertigen wäre, die in Verbindung mit der späteren Bildentstehung um 1509 zwar eine legitime Insignie darstellte, in Bezug auf die Rückdatierung des Selbstporträts jedoch keinen historischen Wahrheitsanspruch erheben könnte. Der Widerspruch wäre dann vor allem in Bezug auf das moderne lineare Geschichtsverständnis zu sehen, das vom zyklischen des beginnenden 16. Jahrhunderts grundverschieden ist.119 Doch solange die Authentizität der Inschrift nicht feststeht, ist die Vertiefung dieses Problems zurückzustellen. Schließlich ist auch zu fragen, ob Dürer selbst dazu veranlagt war, einen vestimentären Dekorumsverstoß zu provozieren. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert hat sich zwar ein Geniekult um Dürer etabliert, der den Künstler als eitlen Stutzer und unabhängigen Einzelgänger aufwerten zu müssen meint. Dürer als Individualist wird seitdem alles zugetraut, vermutlich auch der Rückenmarder vor seiner Aufnahme in den Rat. Seine bereits angesprochenen Briefe zeugen hingegen von einer standesbewussten Zurückhaltung. Ihr entsprechen einige schwergewichtige Äußerungen seiner Zeitgenossen, die darüber hinaus Dürer als stets gewissenhaften, sittlichen Bürger der Reichsstadt beschreiben. Humanisten wie Joachim Camerarius, Christoph Scheurl und Willibald Pirckheimer würdigten Dürers »honestas morum et vitae«, die seinen Ruhm als »vir optimus« rechtfertige, bezeichneten ihn zudem als »humanus officiosus et totus probus« und hoben schließlich dessen

117 Beispiele

bei Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002, S. 40. Gemälde ausführlich siehe unten S. 80. 119 Koselleck, 1989, hier besonders S. 19 – 37. 118 Zum

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Probleme der Datierung

»cum probitate fidem« hervor.120 Bei aller Panegyrik solcher Lobreden ist dennoch von einem wahren Kern ihrer Aussagen auszugehen, der sich wiederum mit Dürers eigenen Moralvorstellungen deckt, die eben gerade Rechtschaffenheit und vor allem Bescheidenheit von seinen Zeitgenossen fordern. In den Texten seiner Holzschnitte »Der Landsknecht und der Tod« und »Der Schulmeister« (beide 1510) mahnt Dürer zur Rechtschaffenheit, Gerechtigkeit und Gottesfurcht; und im »Schulmeister« heißt es schließlich: »Wer recht bescheyden wol werden, der pit gott trum hye auff erden. […] Nit verlaß die beschaidenheit, so überwinndt dich kein hertzleit. Dann wo du dich redlich wilt wehrn, so kan kein ding dein hertz versehrn.« Dürers Kunst ist durchdrungen vom sittlich-moralischen Anspruch und der Aufforderung zu gottgefälligem Leben. Es geht hier nicht um die Frage, ob Dürer sich im Alltag selbst daran gehalten hat. Vielmehr ist festzustellen, dass er durch die Euphemisierung der Tugenden der Bescheidenheit und Rechtschaffenheit in seiner Kunst und Theorie sein eigenes Image vom sittsamen Künstler und Stadtbürger prägte, welches durch die Panegyrik seines Umkreises schließlich weiter fundamentiert wurde. Selbst der Spott, den er für seine eigenwillige Frisur erntete, lässt sich vor dem Hintergrund der Gottesfürchtigkeit Dürers als »Conformitas Christi« interpretieren: Mit seiner christusähnlichen Frisur provozierte Dürer die »Imitatio« der Verspottung Christi.121 Im übrigen ist es nicht unerheblich, dass man sich über Dürers Gewandung anscheinend nicht lustig machte. Seine Kleidung der frühen Selbstporträts korrespondiert zu Dürers Moralvorstellungen, und es ist fraglich, ob er ein vitales Interesse daran gehabt haben konnte, gerade im Münchner Selbstporträt seine eigenen Grundsätze zu konterkarieren. Die Motivgeschichte des autonomen wie integrierten Dürerselbstporträts, die Geschichte des Pelzes in Bild- und Alltagswirklichkeit, der sozialhistorische Hintergrund Nürnbergs und schließlich Dürers eigenes Verlangen nach Tugendhaftigkeit lassen das Münchner Selbstporträt um 1500 unpassend erscheinen. Mit seiner Umdatierung auf 1509/10 wird der hohen Bedeutung frühneuzeitlicher Gewandung und insbesondere der exklusiven Bedeutung des Rückenmarders in der Malerei um 1500 120 Vgl.

hierzu Würtenberger, 1971, S. 9. Spott der Zeitgenossen vgl. Eberlein, 2006, S. 30; zum Verweis auf die biblische Verspottung Christi vgl. Schütz, B., 2006, S. 55.

121 Zum

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Probleme der Datierung

Rechnung getragen. Der im Bild unübersehbare Stolz auf seinen Pelz, auf den Dürer mit seiner Hand deutet, scheint in diesem Zusammenhang eine Folge seiner Wahl zum Genannten zu sein. Hierin steckt ein besonderer Reiz der Kostümargumentation, denn indem sich Dürer als Ehrenmann abbildet, adelt er auch die Kunst. Die exklusive Pelzsorte spricht der Kunst jenen Adel zu, den die Gesellschaft ihr noch immer versagte – es wird darauf zurückzukommen sein.

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Stilanalyse Die vorgeschlagene Datierung von Dürers Münchner Selbstbildnis um 1509 bedarf auch einer stilistischen Verifizierung und des Versuchs, das Gemälde nach stilkritischen Merkmalen in sein Œuvre einzuordnen. Es fällt auf, dass jene Publikationen, die der Datierung des Münchner Selbstporträts auf 1500 folgen, die Stilanalyse aussparen, hingegen jene Kunsthistoriker, die für eine Spätdatierung plädieren, wie etwa Wölfflin, Pope-Hennessy oder jüngst Calabrese, allein mit Stilkriterien argumentieren. Dürers Mal- und Zeichenstil ist in seiner Genese nicht immer linear. Oft sind die Veränderungen subtil und kommen aus dem Versuchsstadium nicht heraus oder setzen sich nicht gleich durch. Dürers erste Italienreise 1494 – 1495 hatte große Wirkung auf sein Schaffen; zahlreiche Motive sind ohne italienische Vorbilder nicht denkbar, »das leibliche Sein wird mit einer Kraft und Fülle durchempfunden wie nie zuvor«.122 In der figürlichen Auffassung und malerischen Verarbeitung aber setzte die zweite Italienreise (1506 – 1507) den entscheidenden Akzent, der die Monumentalisierung des Bildaufbaus verursachte. Venedig war der Wendepunkt, an welchem Dürer zum großflächigen Sehen fand. Nicht nur in seinen Gemälden, sondern gerade auch in seinen grafischen Arbeiten beruhigten sich die Linien – Dürer gelangte zur breiten Masse. Der Tuschpinsel ersetzte zunehmend die Feder und mit der Arbeit auf farbig getöntem Papier begann Dürer selbst in der Zeichnung seinen grafischen Stil behutsam aber entschieden durch den großzügigen Strich zu ersetzen. Auch findet er zu gesteigertem plastischen Gehalt seiner Körper, die sich immer geschmeidiger und eleganter bewegen, die bei aller körperlichen Gravität und großem Maßstab dennoch erhebende Leichtigkeit ausdrücken. Dürers neue Lichtauffassung, die Monumentalisierung des Bildaufbaus und die Beruhigung der Form – das sind die wesentlichen Koordinaten, in die sich auch das Münchner Selbstporträt einzugliedern vermag.

122 Wölfflin,

1905 (1963), S. 61. 77

Stilanalyse

Dürers Münchner Selbstporträt zeichnet sich durch einen tiefdunklen Hintergrund aus.123 Der Abgebildete tritt nicht recht aus ihm heraus, und der Widerstreit von Licht und Schatten scheint im Gesamten zugunsten der Dunkelheit ausgefochten zu sein. Ein dunkleres Bild hat Dürer nie wieder gemalt. Selbst die Vier Apostel von 1526 (München, Alte Pinakothek) sind heller ausgeleuchtet, Paulus’ Gesicht auf der Schattenseite leuchtet mehr als Dürers verhaltener Versuch, gegen das Dunkel im Selbstporträt zu bestehen. Der Stil, der Dürers Pinselduktus zwischen 1498 und 1508 auszeichnet, ist von einer detailverliebten Feinmalerei, die von grafischen, die Linie stark bevorzugenden Partien geprägt wird. Die Linie kann dabei als schwarzer Strich den Kontur bezeichnen, wie man es gut beim »Bildnis Oswolt Krel« (1499, Abb. 26) und den Porträts der Seitenflügel des Münchner Paumgartner-Altars erkennt (1498); die Linie kann sich aber auch durch den Hell-Dunkel-Kontrast der schmalen Weißhöhungen auf dem Inkarnat der Gesichter bemerkbar machen, für die ebenfalls die zitierten Beispiele stehen. Insbesondere Krels Gesicht ist mit einer auffallend grafischen Härte modelliert, die dem Ausdruck eine unvorteilhafte Starrheit verleiht.124 Im Münchner Selbstbildnis dagegen fällt die Sichtbarkeit des Pinselduktus weg. Die farblichen Übergänge sind fließend verschwommen und werden von einem malerischen Schimmer überzogen, der in starkem stilistischen Kontrast zu den gemalten Bart- und Haupthaaren steht. Diese quellen aus der weichen Inkarnatmalerei in präziser Feinmalerei haarweise hervor, sind durchaus organisch mit der Haut, aus der sie wachsen, verbunden, bleiben aber einem anderen, eben dem mikroskopisch exakten Stil verpflichtet, wie es auch am Fell der Schaube zu erkennen ist. Beim »Bildnis Oswolt Krel« war 1499 das Verhältnis noch ein umgekehrtes, da die Fellhaare nicht einzeln gemalt, sondern als Weißstriche aus einer flächig hell- bis dunkelbraunen Grundfarbe herauswachsen.

123 Der

schwarze Hintergrund ist für Dürer nicht selbstverständlich. Erstmalig ist er im Pariser Selbstporträt und dann 1498 am Paumgartner-Altar (München, Alte Pinakothek) hinter den ganzfigurigen Porträts auf den Seitentafeln zu finden; danach erst wieder bei Adam und Eva (1507) in Madrid (Prado). Vgl. hierzu auch Wölfflin, 1905 (1963), S. 172. 124 München, Alte Pinakothek; Eberlein, 2006, S. 34. 78

Stilanalyse

26  Albrecht Dürer: Oswolt Krel, München, Alte Pinakothek (1499) 79

Stilanalyse

Nach Dürers zweitem Venedigaufenthalt verändern sich, wie gesagt, zwei Eigenschaften seiner Malerei sehr auffällig: Zum einen wird die nun einsetzende Feinmalerei mit einem nicht immer konstanten sfumato verknüpft, der ihm ermöglichte, das lineare Interesse abzulegen zugunsten der »Massen von hell und dunkel«.125 Zum anderen steigert Dürer vor allem die Monumentalität und Plastizität seiner Körper. Der sfumato begegnet bereits in der »Madonna mit dem Zeisig« (Abb. 25), die Dürer noch 1506 in Venedig malte. Dort ist die Verhältnismäßigkeit von Linie und Fläche aber noch nicht entschieden, und die bisweilen schroff gegeneinandergesetzten Farbflächen der Inkarnattöne erinnern immer noch stark an die Technik des Kupferstichs. Gleichzeitig blieb Dürer im Wiener »Bildnis eines jungen Mannes« (1507, Wien, Kunsthistorisches Museum), das vermutlich nicht mehr in Venedig entstanden ist,126 seinem grafischen Stil treu, indem er seiner »Madonna mit dem Zeisig« in der Form widersprach, als er sich zurückbesann auf den mikroskopischen Blick, den er strichweise mit größter Detailgenauigkeit in jedem Haar aufleben ließ, wenngleich die Gesichtsflächen bereits in weichesten Farbabstufungen zu einer regelrechten Lichtmalerei entwickelt sind. Aufgegeben hat er die mikroskopische Haarbehandlung nie, wie das Holzschuherporträt von 1526 beweist (Abb. 27). Eine Schlüsselstellung für Dürers Stilerprobungsphasen nimmt der ebenfalls in Venedig entstandene »Jesus unter den Schriftgelehrten« (1506, Madrid, Sammlung Thyssen-Bornemisza) ein. Hier werden alle stilistischen Möglichkeiten der Gesichts- und Handdarstellung durchexerziert. Unterschiedlicher können die Inkarnatstufen kaum sein, als zwischen Christus und den vorderen Alten. Allein jener im rechten Vordergrund mit dem langen, weißen Vollbart ist den beiden Gesichtern im Hintergrund angeglichen, die aus dem schattigen Dunkel geheimnisvoll hervorblicken, so wie Dürer in seinem Münchner Selbstporträt langsam und vorsichtig, doch unnahbar entrückt aus dem dunklen Bildgrund sanft hervortaucht, als wolle er im nächsten Augenblick darein zurück-

125 Wölfflin,

1905 (1963), S. 162. war im Februar 1507 bereits auf der Rückreise in Augsburg. Das »Bildnis des jungen Mannes« (Wien, Kunsthistorisches Museum), das Dürer selbst auf 1507 inschriftlich datiert, ist auf Lindenholz gemalt, was zusätzlich den Verdacht erhärtet, dass es nicht noch vor der Abreise in Venedig entstanden ist. Hierzu mit weiterführender Literatur Schütz, K., 2004, S. 106.

126 Dürer

80

Stilanalyse

27  Albrecht Dürer: Holzschuherporträt, Berlin, Gemäldegalerie (1526) 81

Stilanalyse

sinken. Ein wenig fühlt man sich an Giorgiones weiche Sfumatur der drei Lebensalter im Palazzo Pitti in Florenz erinnert; nur geht Dürer mit dem Licht auf der Haut seiner Protagonisten noch sparsamer um. Zehn Jahre später hat sich der sfumato dann weitgehend durchgesetzt, als Dürer 1516 die Münchner »Madonna mit der Nelke« (Alte Pinakothek) und die New Yorker »Madonna mit dem hockenden Kind« (Metropolitan Museum) malte. Beide sind förmlich in Nebel getaucht, mit einem feinen, milchigen Schimmer sind ihre Konturen aufgeweicht bis aufgelöst. Der samtige Überzug der Farben ist flächendeckend. Der grafische Einsatz des Pinselduktus, wie er sich vor der Jahrhundertwende noch zeigte und Dürers Malerei sehr deutlich seinem grafischen Blick näher rückte, ist bei der »Madonna mit der Nelke« gänzlich verschwunden. Hier haben sich die Farbwerte Venedigs durchgesetzt. Der zunehmend malerische Duktus in Dürers Gemäldekunst deutet sich bereits in der »Marter der Zehntausend« (1508, Abb. 8) an und taucht noch einmal abgeschwächt im Landauer-Altar (1511, Abb. 10) und dem Nürnberger Kaiserdiptychon (1511, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum) auf, bevor er dann etwa 1512 mit der Wiener »Maria mit dem liegenden Kind« (Wien, Kunsthistorisches Museum) einen ersten Höhepunkt erreicht. Dabei verfließen die Farbwerte des Inkarnats in unmerkliche Übergänge, deren diffuse Weichheit Dürers frühere Werke nicht kennen. In Dürers Porträts vollzieht sich eben diese Entwicklung, die 1506 mit dem »Bildnis eines jungen Mannes« (Genua, Palazzo Rosso) beginnt, mit dem »Bildnis Burkard von Speyer« (Windsor Castle, Royal Art Collection) im selben Jahr fortgesetzt wird und im »Bildnis eines jungen Mannes« (1507, Wien, Kunsthistorisches Museum) – abgesehen von den Haaren – den höchsten malerischen Wert erfährt. Aber auch der Ausdruck in Dürers Gesichtern unterliegt einem Wandel. In seiner Bildnismalerei selbst hat sich die Monumentalisierung des Verhältnisses von Geist und Körper, wie es Hetzer treffend nannte,127 nach 1508 endgültig durchgesetzt. Die frühen Porträts wirken noch stürmisch und ungestüm. Der eindringlich angespannte Blick der beiden Pirckheimers und vor allem des Oswolt Krel ließen Hetzer zu der Feststellung kommen, dass sich »der Geist im Körper noch nicht eingerichtet hat und noch in wallender Unruhe braust«. 128 Erst nach 127 Hetzer, 128 Hetzer,

82

1982, S. 255. 1982, S. 250.

Stilanalyse

28  Albrecht Dürer: Jakob Fugger, Augsburg, Staatsgalerie (1518) 83

Stilanalyse

1508 ist Dürer bestrebt, in seinen Bildnissen das plastisch Gerundete mit der Fläche des Grundes zu versöhnen und die Wucht der körperlichen Präsenz zu maximieren. Die Körper der Bildnisse in den Zeichnungen, der Grafik und Malerei rücken dem Betrachter näher, sie rücken ihm förmlich »auf den Pelz« und fordern mehr Raum, als der bildliche ihnen zu bieten vermag. Das ist nicht nur in den Porträts zu beobachten, sondern zum Beispiel auch in den Madonnenbildern, insbesondere der »Madonna mit der Nelke«. Mit der Zunahme der körperlichen Wucht beruhigen sich zugleich die Gesichtszüge. Sie werden in den Porträts um 1510 entspannter, bisweilen kühl, hervorragend zu sehen schließlich im Wiener »Bildnis Maximilians I.« von 1519 (Abb. 15), das auf dem kegelförmig-sockelhaften Oberkörper die besonnene Stille des kaiserlichen Kopfes zeigt. Dieses monumentale Proportionsverhältnis von Körper und Haupt, von Masse und ruhendem Geist, wiederholte Dürer schließlich im Augsburger »Bildnis Jakob Fuggers« (Abb. 28), das er ebenfalls 1518 während des Reichstags in Augsburg anfertigte.129 In dieser Entwicklungsgeschichte steht Dürers Münchner Selbstporträt in der Mitte. Wie in keinem anderen Bildnis zuvor tritt der Körper mit dem Bildausschnitt in Konkurrenz, indem er zunehmend über den Bildrand hinausreicht und hinter dem Rahmen verschwindet. Selbst die vom Betrachter aus gesehen rechte Hand Dürers sinkt unter den Bildrahmen, und seine Oberarme werden an den Außenseiten beschnitten. Die geballte Monumentalität des Münchner Selbstporträts ist der stilistischen Entwicklungsphase nach Dürers zweiter Italienreise zuzuordnen. Deshalb wollten Kunsthistoriker wie Thausing, Wölfflin oder PopeHennessy der inschriftlichen Datierung keinen Glauben schenken. Ihre Zweifel scheinen berechtigt. Das sollten die stilkritischen Ausführungen belegen. Zugleich dienen sie als weiteres Argument, das die Ernsthaftigkeit veranschaulicht, mit der Dürer die Kleiderdarstellung behandelt. Stilgeschichte, Personengeschichte und die Insigniengeschichte des Pelzes sind nun in einen kausalen Zusammenhang gebracht, der nach einer inhaltlichen Deutung verlangt, die aus einer neuen Perspektive geschieht und die die bisherigen Interpretationen um weitere Aspekte ergänzt.

129 Zur

weiteren, hier nicht mehr relevanten Entwicklung Dürers Bildnisstils nach seiner niederländischen Reise vgl. Hetzer, 1982, S. 265 – 269.

84

Die Pelzschaube als Rechtssymbol Bisher galt die Aufmerksamkeit dem Marderpelz als Insignie und als Argument für die mögliche Neudatierung des Münchner Selbstporträts. Die angeführten Bildquellen lassen deutlich erkennen, dass sich Kleider­ ordnungen bezüglich der Pelzsorte auch in der Bildgestaltung niederschlagen. Dort wird sie nicht willkürlich eingesetzt, sondern geordnet nach Prinzipien, die im Folgenden noch zu erörtern sind. Es kann nicht oft genug gesagt werden: Der Einsatz der Kleidung im frühneuzeitlichen Bild ist nicht allein ästhetischen Ansprüchen zu verdanken, sondern darüber hinaus auch an Normen orientiert, die bereits in der Kunsttheorie seit Alberti ein bedeutendes Kriterium der Angemessenheit waren; darauf ist im Epilog noch detailliert einzugehen.130 Für Dürers Münchner Selbstporträt ist also noch einmal zu betonen, dass die Bildrelevanz seiner Pelzschaube an der Norm orientiert ist. Sonst wäre es kaum zu erklären, warum das Künstlerbildnis um 1500 die Schaube generell nicht kennt oder warum auf dem Augsburger Monatsbild »Oktober – Dezember« lediglich den Ratsherren die Ehre des Pelzschaubenprivilegs widerfährt (Abb. 17 und 18). Aber gerade in solchen Darstellungen zeigen sich auch Brüche mit der durch Kleiderordnungen überlieferten Realität. Durch die schriftlichen Quellen ist verbürgt, dass – um bei dem Beispiel zu bleiben – nicht allein die Ratsherren einer Stadt in den Genuss der Marderschaube kamen, sondern viele Kaufleute und Bürger von höherem Stand, die zwar ratsfähig, aber nicht unbedingt Mitglieder des Rates waren. Das Augsburger Monatsbild orientiert sich folglich an der Norm und hüllt deshalb beispielsweise den Bettler nicht in eine Marderschaube, aber es ist dennoch nicht normkonform, denn es spricht allein den Ratsherren die Schaube zu, sonst keinem. Der Pfad dieser Akzentuierungsmerkmale, des gepflegten Schaubeneinsatzes im Bild um 1500 ist nun wieder aufzunehmen und weiterzuverfolgen, denn er führt zu zwei weiteren Erkenntnissen: Zum einen wird Dürers differenzierte Pelz- und Schaubenkenntnis durch zusätzliche Bildbeispiele belegt, zum anderen wird sich zeigen, dass die Pelzschaube im Bild nicht 130 Vgl.

S. 133 –137. 85

Die Pelzschaube als Rechtssymbol

nur standesdifferenzierende, hierarchische Bedeutung besitzt, sondern auch eine symbolische Rolle einnimmt. Der Pelz im Bild ist Insignie und zusammen mit der Schaube Symbol zugleich.131 Dürers Münchner Selbstporträt ist durch den Einsatz des Rückenmarders nicht nur ein Standesporträt. Vielmehr weist es als Zier der Schaube symbolisch darüber hinaus und versinnbildlicht Werte und höhere Normen, die es im Folgenden zu benennen gilt. Hinweise liefern hierzu nicht die Textquellen, sondern allein die Bildquellen. Der Bildvergleich ist die einzige Methode, den symbolischen Gehalt der Pelzschaube zu ergründen, denn ihr ikonischer Einsatz in der Dürerzeit veranschaulicht Zusammenhänge, die aus den schriftlichen Quellen, Kleider- und Luxusgesetzen oder Ratsverlässen nicht hervorgehen. Das Bild ist die einzige Quelle, welche die Kleiderforschung auf diesem Sektor weiterbringt. Die Augsburger Monatsbilder hatten bereits erste Unterschiede zwischen Kleidervorschrift und bildlicher Kleiderpraxis aufgezeigt, wobei es sich hier nicht um einen Einzelfall aus der Dürerzeit handelt. Für Nürnberg liegen Abbildungen von Geschlechtertänzen oder Monatsbildern wie in Augsburg nicht vor. Das liegt an den bereits erwähnten, in Nürnberg um 1500 sehr starken, traditionellen Eliten, dem alten Patriziat, das die gesellschaftliche Mobilität unterband und den reich gewordenen Kaufleuten und Handwerkern den Aufstieg in die Kommunalpolitik nach Kräften erschwerte. Während die Augsburger Geschlechtertänze und Monatsbilder Ausdruck eines wachsenden Selbstbewusstseins neuer gesellschaftlicher Aufsteiger war, die an der städtischen Politik zuvor nicht beteiligt worden waren, fehlen derartige Darstellungen in Nürnberg. Das bedeutet nicht, dass in der Reichsstadt Nürnberg keine Veränderungen möglich waren, das heißt jedoch, dass die Umstrukturierung der Gesellschaft weitaus verhaltener verlief als in Augsburg.132 Für die Augsburger Bildgeschichte konnten spezifische Kostümargumentationen in Bezug auf die Pelzschaube in den Geschlechtertänzen, den Monatsbildern und dem Schwarz’schen »Trachtenbuch« beobachtet 131 Zur

methodischen Unterscheidung von Insignie und Symbol vgl. hier den Epilog »Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte«, S. 141 ff. 132 Zur sozialen Mobilität in den deutschen Städten um 1500 und ihrer verhaltenen Dynamik in Nürnberg vgl. Stolleis, 1991, S. XI – XIII. Wunder, 1980, S. 49. Ausführlicher Überblick über die Struktur des Nürnberger Rates, die Konstituierung des Großen Rates und die verbleibende Machtkonzentration beim Kleineren Rat in Wendehorst, 1986, S. 16 – 20. 86

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werden. In Nürnberg dagegen sind es vor allem die Stifterbilder aus der Zeit um 1500, welche die beginnende und reifende Schaubenkultur in der Reichsstadt dokumentieren und eine weitere Überprüfung der Kostümargumentation im Bild ermöglichen. Wenngleich Forschungen zu der Fülle der Stifter- oder Epitaphbilder im fränkischen oder speziell auch im Nürnberger Raum noch ausstehen, liefert bereits Dürer mit seinem Holzschuher-Epitaph,133 das um 1500 entstanden ist (Abb. 29), ausreichend Anhaltspunkte für die Beobachtung, dass die Darstellung der Pelzschaube mit den prosopografischen Daten der Dargestellten auf das Engste verschränkt ist. Und es fällt zudem auf, dass, ähnlich wie auf den Augsburger Monatsbildern, der Rücken­marder den Ratsmitgliedern vorbehalten bleibt, obwohl ihn andere Personen im Bild ebenfalls tragen könnten. Für die Identifizierung der Dargestellten ist ein Dreischritt notwendig, denn dem Original sind die Wappen, die den Stifterpersonen in den unteren Ecken beigefügt waren, ausgekratzt worden. Eine Kopie des Holzschuher-Epitaphs, die heute in St. Sebald vermutlich am ursprünglichen Hängungsort des Originals in Nürnberg angebracht ist,134 trägt aber noch die Originalwappen, die auch in einer Familienchronik von 1755 bestätigt werden, welche das Dürergemälde abbildet und die dargestellten Familienmitglieder bis auf drei bei ihrem Namen nennt (Abb. 30).135

133 Die

subtilen Zuschreibungs- und Datierungsfragen werden hier nicht weiter berücksichtigt. Über das Gemälde liegt eine sehr materialreiche Dissertation von Steinrath, 2000, vor, die sich neben der »Holzschuher’schen Beweinung« auch der »Glim’schen Beweinung« und des Paumgartner-Altars annimmt. Darin im Anhang ein ausführliches Literaturverzeichnis; zudem eine konzise Begriffsklärung zum »Epitaph« (Steinraths, 2000, S. 6 – 7). 134 Zur nicht ganz geklärten Frage der ursprünglichen Hängung vgl. Goldberg/ Heimberg/Schawe, 1998, S. 304 – 308; Steinraths, 2000, S. 68 – 73. 135 Zur Identifizierung der männlichen Holzschuher vgl. jüngst Steinraths, 2000, S. 44 – 48, der die Kopie in St. Sebald irrtümlich als Düreroriginal einstuft. Das Original der Familienchronik befindet sich als nicht paginierte Handschrift im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg: Historia Familiae Holtzschuherianae. Secundum Seriem Generationem disposta ex antiquis monumentis, epitaphiis, Nimmis, Sigillis inscriptionibus imaginibus, diplomatibus ac chartis, collectae, inchoatae olim etc. Anno 1724 (Signatur: Hs. 28.883). Eine publizierte wissenschaftliche Familienchronik der Holzschuher mit zahlreichen transkribierten Quellen von Gatterer, 1755. 87

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29  Albrecht Dürer: Holzschuher-Epitaph, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (um 1500)

30  Albrecht Dürer: Holzschuher-Epitaph, Detail 88

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Danach kann für die Männer folgende Identifizierung vorgenommen werden (von links nach rechts): Karl III. († 1480), Jakob († 1512), unbekannt, Karl IV. († 1472), unbekannt, Paulus († 1532), Leonhard († 1482), Hieronymus († 1529), unbekannt, Lazarus († 1523). Vier der Dargestellten tragen eine Rückenmarderschaube: Karl III., Karl IV., Hieronymus und Lazarus. Über den Vater Karl III., der zur Entstehungszeit des Epitaphs schon gute 20 Jahre tot war, gibt die handschriftliche Familienchronik einen wichtigen Hinweis zu dessen Schaube auf Dürers Gemälde, in der geschrieben steht, er sei dargestellt in einem »schwarzen, mit Pelz ausgeschlagenen erbarn Habit«.136 In der Tat war Karl III. Ratsmitglied,137 konnte daher den Titel des »erbarn mannen« tragen und entsprechend den »erbarn Habit« anlegen (zum Begriff des Ehrenmannes in Nürnberg vgl. S. 60). Da er seit 1448 Mitglied des Großen Rates gewesen ist, stellte Dürer an seinem Kragen den Rückenmarder dar. Dieser Kragen unterscheidet sich von jenen der drei Söhne Karls  III., weil er sich nicht über die Schultern ausbreitet, sondern zu schmaler Saumzier reduziert ist. Vermutlich ist dies als historisierender Verweis Dürers zu verstehen, der den bereits 1480 verstorbenen Ratsherrn noch mit einer »archaischen« Schaube abbildet, ganz im Kontrast zu seinen Söhnen. Die Darstellung von der sukzessiven Entwicklung der Kleidergeschichte in einem Gemälde wäre nichts Neues.138 Zwei der Söhne, die auf Dürers Epitaph ebenfalls die Rückenmarderschaube tragen, waren wie der Vater Mitglieder des Nürnberger Rates.139 Der dritte, Karl IV., war Rechtsge136 Goldberg/Heimberg/Schawe,

1998, S. 302. 1755, S. 235: »[…] Inter Senatores Reipublicae Norimbergensis Consulares A. 1456 alletus fuit, et inde usque ad annum 1479 idemtidem novo Senatui legendo vacavit Coenobiique Pillenreuthensis praefecturam, A. 1462 sibi delatam a Senatu, suscepit. […]« Vgl. auch das Verzeichnis aller Nürnberger Genannten (Fleischmann/Grieb, 2002, S. 32). Dort ist er als Genannter des Großen Rates für das Jahr 1448 gemeldet. 138 Vgl. S. 138. 139 Gatterer, 1755, S. 239: »[…] Hieronymus Holzschuher quinctus filius Caroli Iunioris, A. 1469 vitae huius iniit curriculum. Senatoriam dignitatem A. 1499 tamquam Antiquus Nominatus ornare coepit: deinde A. 1500 Senator Consularis, itemque A. 1509 Consul Senior creatus est, ciuiumque Noricorum tribui, quae ad Forum Salis habitat, A. 1514 praefuit. […]« Vgl. auch das Verzeichnis aller Nürnberger Genannten (Fleischmann/Grieb, 2002, S. 50). Gatterer, 1755, S. 240: »[…] Lazarus Holzschuher, praeter alia praedia, possedit A. 1487 castrum Rummelberg cum appendicibus cunctis. Erat primum, A. 137 Gatterer,

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lehrter, was ihn und seine Familie in besonderem Maße auszeichnet.140 Der offensichtliche Bezug der Pelzschaube zur Jurisprudenz überrascht an dieser Stelle, denn sie wird insbesondere von den bereits angeführten schriftlichen Quellen nicht in diesen Zusammenhang gebracht. Das Bild setzt offenbar andere Maßstäbe als die Schrift, und es wird sich in den folgenden Betrachtungen weisen, dass sich die juristische Konnotation der Pelzschaube mit weiteren Bildquellen problemlos belegen lässt. Die drei erwähnten Holzschuhersöhne waren zur Zeit der Entstehung des Epitaphs die einzigen Ratsmitglieder bzw. Rechtsgelehrten der Familie in Nürnberg. Die anderen Söhne, sofern sie auf Dürers Gemälde identifizierbar sind, zeichneten sich dagegen durch Karrieren aus, die außerhalb des Nürnberger Rates verliefen: Jakob ging ins Katharinenkloster,141 und während Paulus in der Verwaltung des Familienunternehmens tätig war, lebte Leonhard in Frankreich (Lyon), wo er auch verstarb. 142 Die drei letztgenannten Holzschuher waren demnach weder in der Kommunalpolitik tätig, noch waren sie in irgendeiner Form Gelehrte. Sie waren Patrizier, und dennoch blieben sie im Holzschuher-Epitaph ohne höhere Auszeichnung. Das Beispiel zeigt paradigmatisch, dass Dürer für das HolzschuherEpitaph die Pelzschaube im Bild selektiv einsetzte. Selbst die Holzschuher als Nürnberger Patrizier tragen nicht alle die Rückenmarderschaube, obwohl ihr Stand es zugelassen hätte. Lediglich der Rechtsgelehrte und die beiden Ratsmitglieder werden durch sie im Gemälde hervorgehoben. 1497, Norimbergae Senator, deinde Assessor Dicasterii Urbani, iterum denique, A. 1514, Senatui ascribebatur. Quum Iudicium Tutelare A. 1507 a Senatu illustri esset institutum; Iohannes Stromer, Lazarus Holzschuher, et Hieronymus Tetzel primi creabantur Supremi Tutores. […]« Vgl. auch das Verzeichnis aller Nürnberger Genannten (Fleischmann/Grieb, 2002, S. 49). 140 Gatterer, 1755, S. 238: »Carolus Holzschuher [= Karl IV.], alter filius Caroli Iunioris, possessor Rummelsbergii, in literis, A. 1486 datis commemoratur. Ab. A. 1497 usque ad A. 1499, quo anno diem obierat supremum, Iudicio Provinciali Norimbergensium assedit. […]« 141 Gatterer, 1755, S. 238. 142 Gatterer, 1755, S. 239: »[…] Paullus Holzschuher, tertius filius Caroli Iunioris, inde ab A. 1508 administravit Holzschuherorum Legata. Quoniam libero lectulo quicquam negaverat iucundius esse, numquam ad uxorem appulit animum, sed caelebs A. 1532 d. 9 Novembris […], Leonhardus Holzschuher, quum iter in Galliam fecisset, Lugduni, antequam in patriam rediret, A. 1482 caelebs exspiravit. […]« 90

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Wenn auch die strikte Trennung von Kehl- und Rückenmarder, wie sie von der Reichspolizeiordnung 1530 endgültig festgelegt wurde, um 1500 in den Beispielen aus Augsburg und Nürnberg nicht deutlich verifiziert werden kann, so ist dennoch eindeutig festzustellen, dass der Marderpelz an sich sehr selten und vor allem selektiv zur Darstellung kam. Der Marderpelz an der Schaube taucht in jenen Bildern um 1500, die mehrere Personen oder Gruppen darstellen, lediglich bei Ratsmitgliedern und Rechtsgelehrten auf, und es besteht kein Zweifel, dass Dürer die subtile Differenzierung der Marderschaube als Insignie im Bild genau kannte, da er sie nicht nur am Holzschuher-Epitaph selbst vornahm. Die Analyse von Dürers »Glim’scher Beweinung« (München, Alte Pinakothek) führt zu demselben Ergebnis. Sie wird zu Recht in die Nachfolge des Holzschuher-Epitaphs gestellt, da sie zahlreiche motivische und stilistische Verbesserungen aufweist.143 Denkbar ist daher, dass der Auftraggeber eine Beweinung wie die Holzschuher’sche ausdrücklich wünschte, mit ihr in Konkurrenz treten und seine unkonventionelle Karriere dargestellt wissen wollte. Albrecht Glim stiftete das Bild für seine 1500 verstorbene erste Frau Margareth Holzmann, die in der rechten unteren Bildecke zu sehen ist. Er selbst war Nürnberger Goldschmied, seit 1490 als Goldschmiedemeister gemeldet und rasch ein hoch angesehener und vor allem vermögender Handwerker, wie ihn das Reichssteuerregister der Reichsstadt Nürnberg 1497 ausdrücklich nennt.144 Deshalb verwundert seine »prominente« Wohnlage im Salzmarktviertel nicht, in der Patrizier wie Hieronymus Holzschuher lebten. Albrecht Glim war nie Genannter, jedoch Rechtsgelehrter, als der er bis zu seinem Tod 1533 tätig blieb.145 Dürer stellte den Stifter Glim deshalb mit der Rückenmarderschaube dar und hob ihn dadurch in denselben Stand wie Karl IV. 143 Ausst.Kat.,

Meisterwerk, 2004, S. 98. Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler, Bd. 14, 1921, S. 254. Dort auch mit Angaben zum Œuvre Glims. Vgl. auch Doppelmayr, 1730, S. 194, der Albrecht Glim fälschlich unter »Hanns Klimm« aufführt. 145 »Ein Goldschmidt, war wegen seiner Kunst, da er absonderlich, um große Bilder von Silber zu treiben und solche nach einer schönen Proportion darzu stellen gar geschickt gewesen, in guten Ruff, wie auch bey vielen, vornemlich Albrecht Dürern, weil er sich zugleich in der Zeichenkunst und Kupfferstechen als eine habiler Mann hervor thate, wohl angesehen. In seinem Alter legte er sich auf juristische Sachen, und führte dabey allerhand Rechtshändel aus. Starb um A. 1550.« (Doppelmayr, 1730, S. 194). 144 Thieme/Becker:

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Holzschuher, der ebenfalls Rechtsgelehrter war. Beide Nürnberger waren von denkbar unterschiedlicher Geburt, doch ihr Vermögen und ihre Profession glichen sie in der Gesellschaft und im Bild einander an. Dürer ist nicht der Einzige, der in Stifterbildern den Pelzeinsatz hier­ archisch unter den Männern der Familie verteilte. Holbein d. J. hob beispielsweise auf dem Oberried-Altar (1520, Freiburger Münster) nur den Familienvater als Ratsherrn in der würdevollen schwarzen Pelzschaube von seinen männlichen Nachkommen ab.146 Die symbolische Bedeutung der Pelzschaube als Insignie offenbart sich in der Bildwelt des beginnenden 16. Jahrhunderts in ihrer sparsamen Verwendung ebenso wie in ihrer kontrastierenden Rolle, wenn sie in Ereignisbildern Gesellschafts- aber auch Berufsschichten gegen andere durch ihren pointierten Einsatz abhebt. In dieser Anwendung der Insignie lässt sich ihre Bedeutung anhand der angeführten Beispiele als Kennzeichnung von Ratsmitgliedern und Rechtsgelehrten im szenischen Bild beschreiben. Insbesondere die Verbindung von Marderschaube und Jurisprudenz ist 146 Ausst.Kat.,

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Holbein, 2006, S. 255.

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31  Hans Schäufelin: »Dornenkrönung« des Christ­ gartener-Altars, München, Alte Pinakothek (1515/16) 32  Hans Schäufelin: »Ecce Homo« des ­Christgartener-Altars 33  Hans Schäufelin: »Handwaschung« des ­Christ­gartener-Altars

insofern eine Überraschung, als sie in den schriftlichen Quellen so nicht auftaucht. Nicht einmal die Reichspolizeiordnung von 1530 bringt den Zusammenhang von Schaube und Rechtsprechung ins Spiel. Allein das Bild verweist auf die juristische Konnotation der Schaube und gewinnt dadurch einen einmaligen Quellenwert, der für die Rechtsgeschichte dieser Zeit des Umbruchs sehr wertvoll ist, wie sich weiter unten weisen wird (vgl. S. 112). Es sind vor allem die Stifter-, Ereignis- und Historienbilder, welche die Schaube als Symbol der Jurisdiktion zum Einsatz bringen. Zwei Beispiele mögen den Sachverhalt zusätzlich verdeutlichen: Der Christgartener-Altar des Hans Schäufelin (1515/16) enthält drei Passionsszenen, auf denen Pilatus verschieden gekleidet erscheint.147 Während der Statthalter von Judäa auf der Dornenkrönungs- und EcceHomo-Tafel in einem bodenlangen, gegürteten Mantel ohne Pelzfutter auftritt (Abb. 31 – 32), trägt er im Gegensatz dazu in der Handwaschungs147 Zum

Christgartener-Altar des Hans Schäufelin vgl. Metzger, 1998, und Metzger, 2002, S. 383. Metzger irrt, wenn er schreibt, Pilatus trage auf allen erwähnten Tafeln dieselbe Kleidung (Metzger, 1998, S. 19 – 20). 93

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szene die Schaube mit weit ausladendem Marderpelzkragen (Abb. 33). Und während er zuerst stehend die Dornenkrönung und die Verspottung Christi begleitet, hat sich der oberste Richter für den Richterspruch und die Verurteilung Christi auf einen mächtigen steinernen Thron gesetzt, auf dem er »seine Hände in Unschuld wäscht«. Hans Schäufelin setzte die Schaube akzentuiert ein. Nicht der Richter als Person, sondern nur der Richter in Aktion, in Ausübung seines Richteramtes, trägt die Pelzschaube als Insignie. Besonders exemplarisch zeigt sich der symbolische Insigniencharakter der Pelzschaube auch in Hans Holbeins d. J. Serie »Bilder des Todes« (um 1523 – 1525).148 Auf 41 Holzschnitten charakterisierte Holbein die verschiedenen Gesellschaftsstände in ihren typischen Handlungen und Kostümen, wie sie stets vom skelettierten Tod begleitet werden. Nach fünf Szenen zum alttestamentarischen Sündenfall wird die Reihenfolge durch zumeist einzelne Vertreter der verschiedenen Stände und Berufsgruppen fortgesetzt. Diese kleinen Memento-Mori-Bilder (6,5 × 4,8 cm) beginnen mit dem Papst, gefolgt von Kaiser, König, Kardinal, Kaiserin, Königin, Bischof, Herzog usf. Holbein stellte die Herrscher in ihren Prunkinsignien dar: den Papst mit Pluviale und Tiara (im Akt der Kaiserkrönung), den Kaiser ebenfalls im Pluviale mit Kaiserkrone und den Herzog im Kurfürstenornat. Die Pelzschaube hingegen setzte Holbein äußerst selten ein. Nur zweimal taucht sie in seiner Holzschnittserie auf, wenn er den Ratsherrn und den Richter darstellt (Abb. 34 und 35). Im Gegensatz zu ihrer vermeintlichen Alltäglichkeit übernimmt die Schaube in Holbeins Holzschnitten besagter Serie die symbolische Rolle der Rechtsprechungsgewalt. Eindeutig ist der Sachverhalt durch das Bild des Richters belegt. Wie in einer Audienzszene thront der Jurist, von einem Sockel erhöht. Die Pelzschaube, die er trägt, ließe ihn auch als Ratsherrn verstehen, wenn ihn der Bildtitel nicht als Richter auswiese. Auf Schäufelins Christgartener Altarbildern und Holbeins Holzschnittserie »Bilder des Todes« ist die Pelzschaube ein spezifisches Erkennungszeichen für die Rechtsprechungsinstanz. Sie käme dem Kaiser oder Fürsten freilich ebenso zu, doch an diesen Würdenträgern mied Holbein die Schaube und ersetzte sie durch die »unspezifischen« Krönungsinsignien. Im Szenenbild und 148 Basel,

Kunstmuseum, Kupferstichkabinett (Inv. X.2186.1 – 41). Die Serie ist vollständig abgebildet in Ausst.Kat., Holbein, 2006, S. 473 – 477.

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34  Hans Holbein d. J.: Bilder des Todes, Ratsherr, Holzschnitt, Basel, Kunstmuseum (um 1523 – 1525)

35  Hans Holbein d. J.: Bilder des Todes, Richter, Holzschnitt, Basel, Kunstmuseum (um 1523 – 1525)

der Stichserie ist die Schaube eine Amtsinsignie des Ratsherrn und vor allem des Richters im Moment der Rechtsprechung. Die angeführten Beispiele sind keine Einzelfälle, denn grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Pelzschaube in szenischen Darstellungen der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum auffallend wenig zum Einsatz kommt, wenn man von den Stifterbildern absieht.149 Am häufigsten erscheint die Pelzschaube in Gerichts- und Martyriumsszenen, wenn die Richter als Protagonisten oder Statisten durch die Insignie ausgezeichnet sind.150 Bei Dürer sucht man sie in 149 Ausnahmen

sind bisweilen auch auf Historienbildern mit Massenaufläufen zu beobachten, wenn ein bis zwei Wohlhabende in der Volksmenge durch eine Pelzschaube ausgezeichnet werden. Vgl. z. B. Hans Schöpfer d. Ä.: »Geschichte der Verginia«, 1535, München, Alte Pinakothek. Weitere Ausnahmen: Meister des Ansbacher Kelterbilds: »Heilige Familie«, 1515 – 1520, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Joachim, die ganze Sippe überragend und in Schutz nehmend trägt hier eine mächtige Pelzschaube. 150 Exemplarisch hierzu »Die Martern der Apostel«, um 1512, von Lucas Cranach d. Ä. 95

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seiner Grafik und Malerei vergeblich – wie gesagt, ausgenommen der zeitgenössischen Porträts, wie etwa Kaiser Maximilians I. auf dem Rosenkranzbild. Bei Holbein d. J. ist die Pelzschaube, wenn überhaupt, auf Richterszenen zu finden, seltener wenn Ratsherren gemeint sind. Hans Baldung Grien setzte die Pelzschaube in seinen Tafelgemälden für Weihnachtsszenen nur bei einem der Heiligen Drei Könige ein, was keine Seltenheit in seiner Zeit war.151 Ansonsten fungiert sie als Rechtsinsignie, wenn sich zum Beispiel im »Blumenwunder der hl. Dorothea« (1516) der Gerichtsbeamte Theophilus als einziger Pelzschaubenträger erweist.152 151 Häufig

ist einer der drei Könige mit roter Schaube und marderartigem Fell dargestellt, also in kaiserlichem Ornat (vgl. Dürers Porträt Kaiser Maximilians I., Wien, Kunsthistorisches Museum). Zu König mit Pelzschaube vgl. Wolf Huber: »Anbetung der Könige«, um 1512 – 1513, Zeichnung, Berlin, Kupferstichkabinett. Ebenso das Gemälde »Anbetung der Könige«, 1521, vom Annenaltar von Feldkirch, heute Bregenz. Vgl. Melchior Feselen: »Anbetung der Könige«, 1522, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum. Auch andere heilige Könige wurden bisweilen in der altdeutschen Malerei mit der Pelzschaube dargestellt. Vgl. Hans Burgkmair d. Ä.: »Hl. Sigismund«, 1519, Flügelaußenseiten des Kreuzigungsaltars, München, Alte Pinakothek; Hans Schäuffelin: »Geschichte der Judith«, 1515, Kopie aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Holofernes im Kreis seiner Ratgeber vor dem zentralen Zelt trägt die bezeichnende Pelzschaube; einer seiner Berater zur Linken ebenfalls. 152 Weitere Beispiele: Holbein d. J. (Tafelbilder): »Leinwand-Passion«, 1515 – 1520, Basel, Kunstmuseum: In der Handwaschungsszene trägt Pilatus eine Hermelinpelzschaube. (Grafik): »Leaina vor den Richtern«, 1517 – 1518, Feder und Pinsel, Basel, Kunstmuseum. Zu den erwähnten Werken zuletzt Ausst.Kat., Holbein, 2006, S. 176 – 177 bzw. S. 143. Hand Baldung Grien (Tafelbilder): »Anbetung der Könige«, 1506, Berlin, Gemäldegalerie; »Anbetung der Könige«, 1510, Teil eines Marien(?)-Altars, Dessau; »Das Blumenwunder der hl. Dorothea«, 1516, Prag, Nationalgalerie; »Mucius Scaevola vor Porsenna«, 1531, Dresden, Gemäldegalerie: Porsenna als Etruskerkönig in Pelzschaube ist in der Episode für die Rechtsprechung zuständig. Zu den Gemälden vgl. Osten, 1983, S. 42 – 47, 62 – 66; 129 – 131, 198 – 199. (Grafik): »Anbetung der Könige«, 1505, Feder, Paris, Louvre; »Der Schuss auf den toten Vater«, 1517, Scheibenriss, Feder und Pinsel, Berlin, Kupferstichkabinett: Der »gute Richter« in der Szene ist hier durch seine Pelzschaube deutlich vom übrigen Personal abgehoben; »Phoebus zwischen Pallas und Merkur«, 1513 – 1514, Feder, Basel, Kunstmuseum: Apoll als Musengott und durch die Pelzschaube als »Sol iustitiae« ausgezeichnet; zur zit. Grafik vgl. Koch, 1941, S. 77 – 78, 117, 136 – 137. Cranach d. Ä. (Grafik): »Ecce Homo« aus dem Passionszyklus, 1509, Holzschnitt: Pilatus mit Pelzschaube; »Die Martern der Apostel« (um 1512), zwölf Holzschnitte: Auf ihnen tragen die dem Martyrium beiwohnenden Richter Pelzschauben; 96

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Der Überblick belegt, dass die Pelzschaube als Richterinsignie und als Ratsinsignie gleichermaßen fungiert. Dieser Sachverhalt erschloss sich auch in Dürers Stifterbildern (vgl. S. 87– 92). Und bereits für die Augsburger Monatsbilder konnte festgestellt werden, dass es in den figurenreichen Szenen ausschließlich die Ratsherren auf der DezemberDarstellung sind (Abb. 17 und 18), welche durch die Marderpelzschaube als besondere Amtsträger ausgezeichnet sind. Wie gesagt: Im Alltag der Zeit war die Pelzschaube mehrdeutig, da sie von den Kaufleuten bis zu den Patriziern und anderen ehrbaren bzw. gerichtsfähigen Männern getragen werden konnte.153 Nun aber reduziert sich ihre Mehrdeutigkeit zur Zweideutigkeit, oder anders gesprochen: Während die Pelzschaube in der Alltagsrealität des beginnenden 16. Jahrhunderts eine Standesin»Martyrium des hl. Julian«, um 1525 – 1530, lavierte Feder, Weimar, Schlossmuseum: Der Richter in der mittleren Hauptszene ist in Pelzschaube gekleidet und gibt die Anweisung zur Hinrichtung; »Handwaschung Pilati«, um 1520, lavierte Federzeichnung, Erlangen, Graphische Sammlung der Universität, zur »Handwaschung« vgl. Ausst.Kat., Albrecht von Brandenburg, 2006, S. 173. (Gemälde): »Enthauptung der hl. Katharina« und »Enthauptung Johannes des Täufers«, 1515, Kroměříž (Kremsier), Erzbistum Olomouc: Herodes bzw. Maxentius als einzige Protagonisten in der Pelzschaube auf dem Pferd sprechen in richterlicher Geste das Urteil. »Judith an der Tafel des Holofernes«, 1531, Schlossmuseum Gotha: Holofernes trägt als einzige Person die Pelzschaube. »Gastmahl des Herodes«, 1533, Frankfurt, Städel Museum: Herodes als Einziger in Pelzschaube. »Der Mund der Wahrheit«, 1525 – 1527, Privatsammlung: Der Richter in roter Hermelinschaube; der Ehemann in schwarzer Marderschaube, wohl als Ratsherr gekennzeichnet. Zu den genannten Werken vgl. Ausst.Kat., Cranach, 2007, Kat.Nr. 20, 21, 45, 89, 96. »Der Mund der Wahrheit« existiert in einer zweiten Version von 1534, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Auf ihr ist links der Richter mit der Anklageschrift in seinen Händen, zwischen Löwe und Angeklagtem, in einer dunkelroten Pelzschaube dargestellt. Jörg Breu d. Ä. (Grafik): »Monatsbild März«, vor 1521, lavierte Feder, London, British Museum. Ungeklärt und zu hinterfragen ist der auffällige Pelzschaubenträger im zentralen Vordergrund des März-Bildes. Die Monatbilder entstanden im Auftrag des Augsburgers Georg Höchstetter (1479 – 1534) (Rowlands, 1993, Bd. 1, S. 42). Es könnte sich um ein Porträt des Ratsherrn handeln. Meister von Meßkirch (Gemälde): »Kreuztragung Christi«, 1536 – 1540, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Pilatus mit Pelzschaube wäscht sich im linken Hintergrund die Hände. Albrecht Altdorfer (Gemälde): »Hl. Florian vor dem Statthalter«, um 1520, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum. 153 Zum Begriff »gerichtsfähig« vgl. Schultheiß, 1953, S. 278. 97

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signie war, die gesellschaftliche Eliten auszeichnete, gewinnt sie nun im szenischen Bild eine konkrete inhaltliche Bedeutung, welche die kleiderkundliche Hierarchisierung der Stifterporträts im Stifterbild bestätigt. Sie steht für den Ratsherrn und den Richter. Die Pelzschaube mutiert im Historien- und Stifterbild somit von der Standesinsignie zur Amtsinsignie und wird mit den Inhalten dieser beiden Ämter aufgeladen, die immerhin für die beiden wichtigsten Bereiche kommunaler Selbstverwaltung stehen: Regierung (Stadtrat) und Rechtssprechung (Richter). In ihrer neuen Konnotation nimmt die Pelzschaube symbolische Dimensionen an, die im weitesten Sinne in Verbindung stehen mit den Lehren von der guten oder bösen bzw. gerechten oder ungerechten Regierung. Ob es sich dabei um theologische, philosophische, juristische oder staatstheoretische Ansätze oder die Lehren aller Disziplinen zusammen handelt, die dem Symbolischen Konsistenz verleihen, ist schließlich für jede bildliche Darstellung neu zu überlegen (vgl. S. 141 ff.). Die symbolische Dimension der Pelzschaube, wie sie für szenische Darstellungen oder Stifterbilder extrahiert werden konnte, ist nicht ohne Weiteres auf das autonome Porträt um 1500 übertragbar, denn in dieser Gattung wirkt die Pelzschaube zuallererst als Standesinsignie. Ob nun Hieronymus Holzschuher im Dürerporträt (Abb. 27) mit seiner Rückenmarderschaube als Ratsherr, Jurist oder Patrizier zu erkennen ist, darüber klärt weder das Gemälde, noch die Inschrift, noch der wappenbemalte originale Schiebedeckel des Bildes auf. Freilich ist über Holzschuhers Biografie bekannt, dass er vermögender Kaufmann und Mitglied des Kleinen Rates in Nürnberg war. Die Pelzschaube allein verrät diese Daten nicht, außer der Tatsache, dass der Dargestellte von hohem Stand und ratsfähig sein muss. Holzschuhers Rückenmarderschaube könnte aber über ihre Bedeutung als Standesinsignie hinaus auch die amtliche und juristische Symbolik beanspruchen, wie sie oben erschlossen werden konnte. Es besteht nämlich die Vermutung, dass die Insignie auf assoziative Sehgewohnheiten des zeitgenössischen Betrachters rekurriert und umstandslos als Rechts- und Herrschaftssymbol verstanden werden konnte. Es wäre also zu überlegen, ob die bereits untersuchten szenischen Darstellungen bzw. Stifterbilder Zeugnis ablegen von einer damals weitverbreiteten und allseits verständlichen Schaubensymbolik, die der Zeitgenosse selbstverständlich kannte. Evozierte die Pelzschaube beim damaligen Betrachter eine auf den Symbolgehalt ausgerichtete Syntheseleistung, die sich allein im Bild, nicht jedoch in der Schrift 98

Die Pelzschaube als Rechtssymbol

niederschlug? Um die Frage grundsätzlich zu beantworten, bedarf es noch weiterer Grundlagenforschung. Für das Münchner Selbstporträt Dürers aber fällt die Antwort positiv aus, denn es geht über das schlichte Standesporträt hinaus und verbrämt es mit der Christomimesis. Diese exklusive Kombination von Selbstporträt- und Christusbild verlangt für eine ikonologische Deutung nach der Einbeziehung der Pelzschaube als Bedeutungsträger, dessen Symbolik durch die bildliche »Conformitas Christi« zusätzlich aufgeladen wird.

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Ikonologie des Selbstporträts Dürers Selbstbildnis greift keine herkömmliche Porträttradition auf, die den Dargestellten im Profil oder in unterschiedlichen Graden der Schrägansicht wiedergibt. Ganz im Gegensatz zu seinen ersten beiden autonomen Selbstbildnissen, die in diesem Sinne traditionell wirken, rekurriert sein Münchner Gemälde auf die Tradition des Christusbildes, der »Vera Icon«, des aus dem Schweißtuch der Veronika abgeleiteten Christusgesichts. Kennzeichnend sind hierfür die strenge, geometrisierte Frontalansichtigkeit des Brustbildes, der unverhohlene Blick in das Betrachterauge, die akkurat gelegte Lockenfrisur der schulterlangen Haare und der kurz gehaltene Vollbart. Dürer orientierte sich an einem Prototyp, der mit dem Weltenrichter des Braque-Altars von Rogier van der Weyden (Paris, Louvre, um 1452) vorgegeben war und von Martin Schongauer in einer Federzeichnung um 1470 kopiert wurde (Abb. 36).154 Dessen frontalansichtiger und segnender Christus ist nicht nur typologisch, sondern vor allem auch formal deckungsgleich. Für Dürers Selbstbildnis und Rogiers bzw. Schongauers Salvator gleichermaßen kennzeichnend ist die hohe freie Stirn mit dem mittig lichten und etwas krausen Haaransatz, der den Mittelscheitel einleitet. Aber auch die Gesichtsproportionen, die Nasenform und die bewegte Schwingung der Lippen des geschlossenen Mundes sind eng verwandt. Nicht nur die Forschung hat die absichtsvollen Gemeinsamkeiten des Selbstporträts mit dem Typus der Christusikone gesehen; auch in der Frühneuzeit erkannte man Dürers Christusähnlichkeit. Darauf zumindest lässt spätestens Georg Fischers Gemälde »Christus und die Ehebrecherin« aus dem Jahr 1637 schließen (Abb. 37),155 auf dem die Christusdarstellung in der Bildmitte eine eindeutige Rezeption des Dürer’schen Selbstporträts aus München ist. Allein die Schaube ist dort ersetzt durch die Toga, und entsprechend greift die rechte Hand Christi nicht in den Schaubenpelz, sondern segnet. Die Forschung betonte in Bezug auf Dürers Selbstport154 Schütz,

B., 2006, S. 54. Zu Schongauers Federzeichnung vgl. Kemperdick, 2004, S. 70. 155 Hierzu Koerner, 1996, S. 72 – 73; Goldberg/Heimberg/Schawe, 1998, S. 350. 100

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rät stets das humanistische Verständnis von der Rolle des Künstlers, der spätestens seit Alberti ein »Alter Deus« war. Dürers Christusähnlichkeit ist ein Anhaltspunkt für sein humanistisch geprägtes Selbstverständnis vom sozialen Status des Künstlers, der nicht »Handwerker«, sondern gottähnlich ist.156 Seine 1528 publizierten kunsttheoretischen Äußerungen zur menschlichen Proportion haben ihren klaren Ursprung in der Kunsttheorie der italienischen Frührenaissance. Auch bei Dürer ist der Entstehungsprozess eines Kunstwerks noch sehr eng mit der Naturanschauung verknüpft; auch Dürer strebte nach einer rationalen Vergesetzlichung der Kunst. Aber darüber hinaus attestiert er dem Künstler bereits in seinen schriftlichen Fragmenten von 1512 die eigene Fantasie, die Idee, die von Gott inspiriert ist.157 Das ist ohne jeden Zweifel Thema des Münchner Selbstbildnisses, dem sich die sichtbare »Imitatio Christi« hinzugesellt, die uns Dürer mit seinem Selbstbildnis visualisiert. »Im ikonenhaften Bildnis folgt Dürer einem typologischen Muster, das unter allen denkbaren bildlichen Medien am unmittelbarsten eine Verbindung zu Gott und den Heiligen erstellt. Die Wahl des künstlerischen Modus erweist Dürer nicht bloß als theoretisch durchdrungenen, sondern vor allem als gläubigen Künstler. Sich selbst hat Dürer damit ein Denkmal der mahnenden Erinnerung an die Nachfolge Christi geschaffen.«158 Durch die sichtbare Vereinigung von Künstler und göttlicher Inkarnation als Verschmelzung von Ikone und Porträt (Belting) vereint Dürer die »Imitatio Christi« mit einem Künstlerideal, das an der platonischen »Idea« ebenso angelehnt ist wie an den kunsttheologischen Schriften des Nicolaus Cusanus. Denn für Cusanus steht der Maler für Gott selbst und sein Selbstbildnis vermittelt zwischen dem göttlichen Urbild und dem Individuellen.159 156 Die

zahlreichen Publikationen zu Dürers Münchner Selbstporträt befinden sich konzis zusammengefasst in Goldberg/Heimberg/Schawe, 1998, S. 314 – 353. Zur Deutung der Christomimesis in Dürers Münchner Selbstbildnis vgl. vor allem Wuttke, 1980, S. 90 – 104; Preimesberger, 1999, S. 210 – 218; zum Bildkonzept von »de icona« des Nicolaus Cusanus in Bezug unter anderem auf Dürer vgl. Wolf, 1999. Weiterführend zuletzt mit aktualisierter Bibliografie Tritz, 2005, S. 213. 157 Hierzu immer noch aktuell Panofskys Aufsatz von 1924 über die »Idea« (vgl. Panofsky, 1975, S. 70 – 71). Jüngst zum »alter-deus«-Begriff bei Dürer vgl. Filippi, 2008 (Cusanus, Alberti, Dürer), S. 163 – 164. 158 Dittscheid, 2002, S. 76. 159 Filippi, 2008 (Quasi pictor), S. 185 – 186. 101

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36  Martin Schongauer: Segnender Christus, Federzeichnung, Florenz, Uffizien (um 1470) 102

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37  Georg Fischer: Christus und die Ehebrecherin, München, Bayerische Staatsgemäldesammlung (1637)

Von dieser doppelten Christusähnlichkeit, die den Künstler als Schöpfergott ebenso meint wie Dürers Streben nach der »Imitatio Christi«, sollte der Bedeutungsgehalt des Marderpelzes nicht ausgeschlossen werden. Vielleicht wurde die Schaube in der Forschung für das Dürerbild kaum berücksichtigt, da sie die Christusähnlichkeit sehr deutlich konterkariert, denn der nicht uneitle Pelz passt zu einer Christusdarstellung wie das Seidengewand zu einem Asketen. Diese auffällige Brechung der Bildtradition (Christusikone) durch den bürgerlichen Gegenwartsbezug (Pelzschaube) hebt das Selbstporträt in eine berückende Diesseitigkeit. Die für den Betrachter unmittelbar spürbare, durch die feinmalerische Akkuratesse besonders plastisch hervorgehobene, aus dem Dunkeln sich herausschälende Präsenz scheint auf der Bildoberfläche zur Epiphanie zu gerinnen. Dabei ist es nicht Dürers Anliegen, sich in Überheblichkeit zu ergehen und als Christus zu verstehen. Vielmehr ist die optische Vermischung von Dürer und Christus als mentale Durchdringung zu verstehen, als Ähnlichkeit im Gegensatz zur Identifikation, 160 als Inspiration. 160 Beyer,

2002, S. 107. 103

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Doch fehlen eindeutige Hinweise, dass diese göttliche Inspiration Dürer im Bild allein als Künstler durchdringt und damit auf die Selbstreflexion der Kunst beschränkt ist. Der »Conformitas Christi« gesellt sich in Dürers Selbstporträt die Zweideutigkeit der Pelzschaube hinzu, die in der Bildwelt seiner Zeit insbesondere den Ratsherrn und/oder Richter kennzeichnet, wie gezeigt werden konnte. Beide Ämter sind von staatstheoretischer Bedeutung, denn sie betreffen, wie gesagt, die kommunale Regierung und ihre Gerechtigkeit. Als Rats- und Richterinsignie erhält insbesondere der exklusive Marderpelz der Schaube im Bild symbolische Bedeutung. Als Standesinsignie steht die Pelzschaube lediglich für die gesellschaftliche Elite. Durch ihren bildlichen Gebrauch hingegen wird sie zum Symbol rechts- und herrschaftstheoretischer Ansprüche. Die Marderschaube als Rechts- und Ratssymbol tritt in Dürers Münchner Selbstbildnis nun in einen christologischen Zusammenhang. Dürers Christusähnlichkeit stellt zusammen mit der Symbolik des Rückenmarders an seiner Schaube einen eschatologischen Bezug her, dessen kunsttheoretische Einbettung der Bildaussage einen universalen Charakter verleiht. Dürers bildliche Anspielung fußt auf jener christlichen Tugend, die für die Regierung, den Rat der Stadt steht. Die bedeutendste Tugend einer Regierung ist die Gerechtigkeit. An der aristotelischen Staatstheorie hatte es nie Zweifel gegeben, die besagt, dass Justitia der Regierung wichtigste Begleiterin sei und dass der Herrscher bzw. die Regierung Beschützer der Gerechtigkeit zu sein habe; Aristoteles schrieb: »Princeps est custos iusti«, und Thomas von Aquin nannte es: »Propter hoc potestate publica potinuntur Principes, ut sint iustitiae custodes.«161 Die Rückbesinnung auf Aristoteles und die Erkenntnis, dass Justitia die Spitzenstellung unter den Herrschertugenden beansprucht, drang erst im Spätmittelalter und vor allem der Frühneuzeit durch. Mit der Über161 Ottonelli,

1652, S. 103 – 104: »Il secondo rispetto, per cui l’immagini de’Principi non devonsi nominar vane, si fonda sù queste ragioni. I sudditi riconoscono per Luogotenenti di Dio i Principi, e Regi loro, secondo quel sacro detto: Per me Reges regnant. E confessano, che sono custodi della giustitia, & hanno cura continua de’popoli soggetti: ›Princeps est custos iusti‹ dice Aristotele. E s. Tomaso avvisa: ›Propter hoc potestate publica potinuntur Principes, ut sint iustitiae custodes.‹ […] Et io per tali ragioni concludo, che l’immagini, e statue de’nostri Principi non son figure vane, mà testimonianze debite di dovuto honore, e mute acclamationi al decoro, & alla maestà de’Regnatori.«

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setzung der Schriften des Aristoteles ins Lateinische (1260) und schließlich ins Französische (1375) durch Nicole Oresme setzte eine Flut der Rezeptionen ein, die sich auch in der Kunst niederschlug.162 Aristoteles’ nikomachische Ethik sorgte für den entscheidenden Impuls, nicht nur Justitia sondern auch einer zunehmenden Bereitschaft zur Rechtsreform nach römischem Vorbild den Weg zu ebnen. Deshalb ist die Dürerzeit durch die Reichsrechtsreform geprägt, als das Gewohnheitsrecht durch kanonisches Recht ersetzt wurde, wie weiter unten noch auszuführen ist. In Nürnberg gipfelte diese Entwicklung im Druck der justinianischen »Corpus Iuris Civilis« 1482 im Hause von Dürers Taufpaten Anton Koberger. Im Ideal vom gerechten Herrscher liegt die Voraussetzung für die bereits im Mittelalter immer wieder aufblühende Apotheose des Herrschers als oberstem Richter, dessen Rolle in der Panegyrik zwischen Gott- und Christusähnlichkeit changierte. Mit dem Investiturstreit war der direkte Christusvergleich noch vornehmlich dem Papst vorbehalten, während sich Könige und Kaiser gottähnlich ausgaben. In der juristischen Terminologie wurde unter Berufung auf das Vokabular des römischen Rechts der Kaiser »Deus in terris« und »Deus terrenus« genannt und vom Papsttum abgegrenzt. Neben dem päpstlichen »Christus in terris« stand der kaiserliche »Deus in terris«. Der Begriff von den Göttern auf Erden bzw. Erdengöttern blieb bis zum Beginn der Aufklärung bestehen, und noch die Zeremonialliteratur des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts bediente sich des Gottesvergleichs, um den absolutistischen Herrscher in seiner Vormachtstellung zu definieren.163 Auch wenn im Mittelalter der direkte, verbale Christusvergleich vornehmlich dem Papst zustand, war für die »Erdengötter« die Christusähnlichkeit dennoch kategorisch nicht ausgeschlossen. Bereits das Mittelalter bediente sich hierfür des Sonnensymbols, das sowohl für Christus als auch den Herrscher stand. Vor allem byzantinische, aber auch deutsche Kaiser ließen sich in ihrer Panegyrik von dem Sonnenkult verführen und verstanden sich selbst als lebensspendendes Zentrum ihres Weltbildes. Karl der Große galt als »Radians sicut sol in ortu suo« oder Kaiser Friedrich II. als »Sol mundi«. Dass sich der Staufer auch als

162 Schild,

1988, S. 132. 1994, Kap. IV.1, S. 110.

163 Kantorowicz,

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»Sol iustitiae« feiern ließ, weist bereits auf die staatstheoretische Bedeutungsebene des Sonnensymbols: die Gerechtigkeit.164 Das Sonnensymbol war unmissverständlich auch das Christussymbol. Das ist wichtig festzuhalten, denn die Verbindung von Herrschaft und Licht, von Regierung und Sonne musste schließlich zum Sonnenkönig in Versailles führen. Das Sonnensymbol ist der Fixstern, von dem der Christusvergleich mit dem Herrscherlob seinen Ausgang nimmt. Aber das Sonnensymbol bedeutet mehr als lediglich den Verweis auf Christus, das Licht der Welt. Es steht darüber hinaus auch für Christus den Weltenrichter. Der panegyrische Einsatz des Sonnensymbols alludierte auf die christliche Lichtmetaphysik und Justitia, denn das Christentum sieht von Anfang an in Christus die Inkarnation der Gerechtigkeit, als die er am Jüngsten Tag zurückkehren wird. Grundlage hierfür bildete die Sonnen- und Lichtmetapher, als es darum ging, paganes Brauchtum in die christliche Theologie zu übertragen. Deshalb überlebte der verbreitete Sonnenkult als Gerechtigkeitskult der Christusverehrung. Das Sonnensymbol selbst hatte in der Übergangszeit eine delikate Mehrfachbedeutung, die zwischen dem sakrosankten Herrscherkult und der kirchlichen Christusverehrung changierte. Die Wurzeln der Sonnenmetapher gehen bis in die Spätantike zurück: Mit Kaiser Aurelian wurde die Verehrung des »Sol invictus«, des paganen Sonnengottes, auf den Kaiserkult übertragen.165 Der Herrscher erhielt die Weihen des Sonnengottes und nahm in einem kriegerischen Kontext die lebensspendende Bedeutung der Sonne an, die die Allmacht über die Welt besaß. Dem paganen »Sol invictus« setzte das Frühchristentum den »Sol iustitiae« als moralische Instanz entgegen. Nur dadurch, dass Christus wesentliche Züge des antiken Sonnenmythos in sich aufnahm, konnte er schließlich über den paganen Kult siegen.166 Ohne den mächtigen paganen Sonnen- und Kaiserkult wäre das »gerechte Licht der Welt« als Metapher für Christus wohl nicht ersonnen worden, denn die Bibel bot kaum eine Grundlage für den »Sol iustitiae«: Nur das Alte Testament weist einmal auf die Sonne der Gerechtigkeit hin, wenn sie der Prophet Ma164 Zum

Stauferkaiser als »Sol iustitiae« vgl. Champeaurouge, 1968, S. 271; zur Sonne als staatstheoretisches Symbol der Gerechtigkeit vgl. Kantorowicz, 1994, Kap. IV.2, S. 115 – 117. 165 Dölger, 1918, S. 87; Kantorowicz, 1963, S. 123. 166 Panofsky, 1978, S. 287; Wallraff, 2001. 106

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leachi für das Jüngste Gericht ankündigt: »Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und ihre Flügel bringen Heilung.«167 Die Kirche hatte bewusst als Gegengewicht zum solaren Kaiserkult von Anfang an die Gleichsetzung von Christus und der Sonne sanktioniert. Bereits seit dem 3. Jahrhundert gehörte die Metapher des »Sol iustitiae« zum festen Bestandteil der kirchlichen Rhetorik, Predigt, Exegese168 und des Kirchenkultes selbst, in dessen Festkalender der Geburtstag des paganen »Sol invictus« am 25. Dezember auf Christus übertragen wurde. Der Exkurs zur Sonnensymbolik mag den Zusammenhang mit Dürers Münchner Selbstporträt nicht unmittelbar zwingend erscheinen lassen. Doch die traditionelle Herrscherpanegyrik und der moralische Verweis auf die gerechte Regierung durch das Sonnensymbol liefern jene Kategorien des Herrschaftsverständnisses, die der »antik-scholastischhumanistischen Schultradition« direkt entnommen waren und die für den einzelnen Herrscher ebenso galten wie für eine Oligarchie. 169 Bürgermeister und Rat repräsentierten die Stadtgemeinde und beherrschten sie zugleich. Es bestand ein hierarchisches Herrschaftsverhältnis, das im Ratsherrn seine kleinste, obrigkeitliche Einheit hatte. Genau in dieser Konstellation liegt Dürers Anknüpfungspunkt, der ihm die Übertragung des Christusvergleichs vom einzelnen Herrscher auf die Herrschaft des Stadtrates ohne Weiteres ermöglichte. Dürer kannte die Sonnenmethapher gut, denn bereits 1499 hatte er sich mit dem »Repertorium morale« des Petrus Berchorius (1290? – 1362) zu diesem Thema ausführlich beschäftigt, als sein Kupferstich »Sol iustitae« entstand (Abb. 38).170 Die männliche Allegorie sitzt mit Augenflammen auf dem Rücken eines Löwen, in den Händen die Attribute Schwert und Waage haltend. Die textliche Vorlage schildert den letzten Auftritt des »Sol iustitiae« am 167 Maleachi,

3,20 (Einheitsübersetzung, Stuttgart 51988). Vgl. auch Berchorius, 1609, S. 1497 zum Stichwort »Sol«. 168 Panofsky, 1978, S. 288; Kantorowicz, 1963, S. 139. Vgl. außerdem Hieronymus: »Nach Osten gewendet gehen wir einen Bund ein mit der Sonne der Gerechtigkeit.« (Dölger, 1918, S. 2) und Zeno von Verona, der die Metapher von »Sol iustitiae« weiter vertiefte (vgl. Dölger, 1976). 169 Brunner, 1980, S. 305. 170 Berchorius als Inspirationsquelle für Dürers Kupferstich »Sol iustitiae« hat Panofsky 1957 entdeckt. Vgl. Panofsky, 1978, S. 285 – 291. Zum Stich zuletzt mit Forschungsstand vgl. Fara, 2007, S. 136. 107

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Jüngsten Tag besonders anschaulich. Dürer nahm ihn auf seine Weise wörtlich und schuf eine Allegorie, die nur auf Christus als Sonnengott und Weltenrichter anspielen konnte.171 In dieser Rolle des Weltenrichters tritt Christus auch in Dürers Münchner Selbstporträt auf. Dessen eschatologische Komponente ist der Christomimesis zutiefst eigen, denn die Christusikone als Bildtypus verweist auf die endzeitliche Schau des Weltenrichters.172 Die Symbiose von Ratsherr und Christus in Personalunion evoziert diesen Gedanken. Wenn der Stadtrat idealiter als Legislative und Judikative zu verstehen ist, ist er dazu berufen, die wichtigste Herrschertugend der Gerechtigkeit glaubwürdig zu vertreten. Und kein Herrscher verkörpert sie makelloser als der Weltenherrscher Christus in seiner Eigenschaft als »Sol iustitae«. Kurzum: Indem Dürer ostentativ die »Imitatio Christi« zu seinem Bildthema machte und zugleich dem Christuszustand die rechtssymbolische Insignie der Pelzschaube hinzufügte, spielte er auf ein juristisches Thema an, das ihn nachweislich sehr beschäftigte, wie nicht zuletzt an seinem Stich »Sol iustitiae« zu sehen ist. Schließlich ist noch einmal auf die kunsttheoretischen Inhalte des Selbstporträts zurückzukommen, denn Dürer scheint zwei aus heutiger Perspektive getrennte Welten zu verklammern: Kunst und Justiz. Er vereint durch die Hinzufügung der Marderpelzschaube den Künstler mit dem Richter, die in der Christusähnlichkeit verschmelzen. Dürers Personalunion von Richter und Künstler verweist auf Gott als den Schöpfer der Weltordnung, der die Ordnung der Dinge durch die Naturgesetze festlegte, wie er die Ordnung der Menschen durch das Gesetz, die Zehn Gebote, bestimmte. Auch das Recht ist, wie Dante sagte, das auf Sachen und Personen bezogene, richtige Maß – ein Maß, das, wenn es eingehal-

171 Panofsky,

1978, S. 290. anzuführen ist Jan van Eycks »Vera Icon« von 1440, deren eschatologische Inschrift lautet: · IHESUS VIA · IH[E]S[VS] VERITAS ·· IHESVS VITA · /A[LPHA] Ω[MEGA] /I[NITIUM] F[INITUM] /SPECIOS[US] FORMA P[RA]E [F] ILIIS HO[M]I[NV]M /· AL[S]E IXH XAN · Joh[ann]es de eyck Inventor · anno · 1440 · 30 January · Zur eschatologischen Bedeutung der »Vera Icon« als Bildtypus vgl. Wolf, 2002, S. 198.

172 Exemplarisch

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38  Albrecht Dürer: Sol iustitiae, Kupferstich (1499)

ten wird, die Gesellschaft erhält, wenn es verletzt wird, die Gesellschaft infrage stellt.173 Sowohl in der Kunsttheorie wie auch in der Rechtstheorie gibt es für diese Sichtweise einige Anhaltspunkte, die belegen, dass sich Kunst und Jurisprudenz in ihrem Selbstverständnis gegenseitig Begriffe und Symbole entliehen, welche die Messbarkeit der Dinge betreffen. Der Autor des Sachsenspiegels beispielsweise sah sich bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Zimmermann des Rechts, der mit Maß und Zahl Rechtsordnung herzustellen hatte. Die metaphorische Verbindung von Jurisprudenz und Architektur setzt sich bis in die klassische Dichtung fort, wenn es in Schillers »Glocke« heißt, dass Geometrie und Jus-

173 Würtenberger,

1971, S. 18. 109

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titia das gleiche Gesetz bindet, »die der Städte Bau gegründet«.174 In der Kunsttheorie ist es vor allem der Begriff des »giudizio dell’occhio«, das Urteil des Auges des Künstlers, welches Maß, Zahl und Proportion zu beurteilen hat, um Schönheit zu schaffen. »Il giudizio dell’occhio« meint das Augenmaß, welches – wenn wir Michelangelo folgen – gottgegeben ist. Und allein mit diesem Augenmaß ist es möglich, die gesamte sichtbare Weltordnung zu erfassen (Marsiglio Ficino). Vasari verwendete in diesem Zusammenhang später sogar den Begriff »giudizio universale«.175 Die italienische Kunsttheorie hatte bekanntlich einigen Einfluss auf Dürers Kunstanschauungen. Für ihn war die Proportionsforschung des Künstlers das Fundament seines freischöpferischen Schaffens aus dem Geiste. Dürer betont, dass der Künstler »Augenmaß«, das dem italienischen »giudizio dell’occhio« entspricht, durch das Üben an der Natur erwirbt. Erst die ausgiebige Vermessung der Natur und ihrer Objekte ermöglicht den Erwerb des Augenmaßes, welches Voraussetzung für die Erkennbarkeit der Schönheit ist. Und bemerkenswert ist, dass Dürer die Definition der Schönheit von der Urteilskraft des Künstlers abhängig macht. Dessen Urteil über die Schönheit vergleicht Dürer dezidiert mit dem Akt der Rechtsetzung; in seinen Entwürfen (1512) zur Einleitung für sein »Lehrbuch der Malerei« schreibt Dürer: »Etwas ›schön‹ zu heißen, will ich hier also setzen, wie etliche ›recht‹ gesetzt sind: also was alle Welt für recht schätzt, das halten wir für recht. Also auch das, was alle Welt für schön achtet, das wollen wir auch für schön halten, und uns bemühen, dies machen.«176 Hier wird die Schönheit als Teil der gottgegebenen Naturgesetzlichkeit gesehen, die auf den Verhältnissen von Maß, Zahl und Gewicht fußt. Innerhalb der Koordinaten von Rechtsnorm und Proportionsgesetz ist für Dürer die Weltordnung eingebettet, die durch den Künstler ihre – im platonischen Sinn – wirkliche Sichtbarkeit er-

174 Scheil,

2007, S. 204. ausführlich kunsttheoretische Analyse des Begriffs »il giudizio dell’occhio« in Bezug auf Michelangelos Kunstverständnis bei Summers, 1981, S. 368 – 380. 176 »[…] Etwas ›schön‹ zw heissen, will jch hÿ also setzen, wÿ etliche ›recht‹ gesetzt sind: also was alle welt vür recht schetzt, daz halten wir vür recht. Also do awch, was alle welt vür schön acht, das wöllen wir awch vür schön halten, vnd vns des fleissen zw machen […]« (Rupprich, Bd. 2, 1966, S. 121, Zeile 50 – 56). Der Text ist von Dürers Hand. Es handelt sich um die dritte und eigenhändig datierte Niederschrift Dürers (vgl. hierzu Rupprich, Bd. 2, 1966, S. 117). 175 Eine

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hält.177 Die göttliche Wertordnung versteht Dürer als ganzheitliche Gegebenheit, der das Maß im Sinne der Proportion ebenso eingeschrieben ist wie das Maß im Sinne menschlicher Verhaltensweisen. Das göttliche Maß ist demnach auch moralisch zu verstehen, weshalb Hybris gleichzusetzen ist mit Vermessenheit. In seiner »Unterweisung der Messung« von 1525 vereint Dürer schließlich die moralische und mathematische Proportionslehre in der Konstruktionsanleitung seiner »Victoria«, der sogenannten Bauernsäule. Sie spielt bekanntlich auf die Bauernkriege an und verweist auf die sozialen Defizite gesellschaftlicher Ordnung, die von der göttlichen abzuweichen scheint. Dürer jedoch stellt eine göttliche Ordnung durch die vitruvianische Proportion der Säule wieder her, die bekrönt wird vom zusammengekauerten, von einem Dolch im Rücken durchbohrten Bauern, der als Schmerzensmann den Opfertod gestorben ist. Das Maß der Zahl und das Maß der Tat sind vereint und durch ihre proportionale Formvollendung in mathematischem und moralischem Sinn stellen sie das maßvolle Gleichgewicht wieder her. Für Dürer liegt die Vollkommenheit der Kunst in der Mäßigung von Zahl und Moral.178 Die moralische Implikation seiner Proportionslehre hat Dürer nicht nur in seinem Münchner Selbstporträt in einen juristischen Zusammenhang gebracht und durch den vestimentären Verweis auf die göttliche Gerechtigkeit dargestellt. Darüber hinaus ist seine Kunst immer wieder von subtiler Rechtsikonologie durchdrungen, nur hat die Forschung den Zusammenhang bis heute kaum gesehen. Dabei hatte Dürer eine 177 Seine

konsequente theoretische Umsetzung erhält dieser Sachverhalt in Cesare Ripas »Iconologia«, 1603. Im Lemma »Giudizio« ist ein nackter, bärtiger Mann auf einem Regenbogen bzw. Himmelsgewölbe sitzend abgebildet. In seinen Händen hält er Vermessungsgeräte wie Zirkel, Winkel und Messstab. Der Text erläutert den Erwerb der Urteilsfähigkeit durch das Studium der Geometrie und die Vermessung der Dinge (S. 185): »Humo ignudo, attemptato à sedere sopra l’iride, overo arco celeste, tenendo in mano la squadra, il regolo, il compasso, & l’archipendolo. Non essendo altro il Giuditio, che una cognitione fatta, per discorso della debita misura sì nell’attioni, come in qualunque altra opera che nasce dall’intelletto, & essendosi tali instromenti ritrovatosi da gli Artefici, per avere simul notitia nell’opere di Geometria meritamente adunque per quelli si dimostra il discorso, & ancora l’elettione, che deve fare lo ingeno dell’huomo, per cognoscere, & giudicare ogni sorte di cose […]« 178 Zur Interpretation der Bauernsäule und Dürers Proportionslehre als ganzheitlicher Gottesordnung vgl. Filippi, 2007/08 (im Druck). 111

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sehr enge, auch berufliche Beziehung zum Recht. Ihr Fundament erhielt sie durch Dürers bereits erwähnten Taufpaten Anton Koberger, der als Nürnberger Verleger neben der berühmten Schedel’schen Weltchronik auch die erste gedruckte Gesamtausgabe des justinianischen »Corpus Iuris Civilis« publizierte (1482). Im Jahr 1484 erschien dann in seinem Haus zudem die »Nürnberger Reformation«, das erste gedruckte Stadtrecht Nürnbergs, für dessen spätere Umarbeitung (1521) Dürer den Holzschnitt für die Rückseite des Titelblattes lieferte.179 Holzschnitte trug Dürer auch für das »Narrenschiff« (1494) des Baseler Rechtsprofessors Sebastian Brant bei. Im 71. Kapitel ist in einem verliesartigen Innenraum eine Justitia mit Schwert und Waage zu sehen, der von einem Narren die Augen verbunden werden – die erste Justitia der bildenden Kunst mit Augenbinde.180 Der dazugehörige Text prangert die desolate Situation der Rechtsprechung im Reich an. Jeder Narr, so Brant, renne vor Gericht, wo »die Sache lang sich ziehe. Man der Gerechtigkeit entfliehe«. Insbesondere die Mächtigen seien daran interessiert, Gerichtsfälle aufzubauschen, zu verzögern und zu verteuern, »so daß ein Sächlein wird zur Sache, ein kleines Rinnsal wird zum Bache«. Abgesehen davon, dass Dürer an diesen juristischen Publikationen beteiligt und über ihre Inhalte gewiss informiert war, lässt sich zudem um 1500 ein neuer Aufschwung der Gesetzgebung feststellen. Dieser Zusammenhang darf nicht unterschätzt werden, denn die Jahrhundertwende war eine Phase bedrückender Rechtsunsicherheit, die durch den langsamen Fortschritt der Reichsrechtsreform hervorgerufen wurde. Das mittelalterliche Gewohnheitsrecht wurde durch das verschriftlichte kanonische Recht nach justinianischem Vorbild ersetzt. Zwar sorgte die Rechtskodifizierung und ihr gelehrtes Richtertum letztendlich für eine Verbesserung und Objektivierung der Gerechtigkeit, von der wir noch heute profitieren, doch der Weg dorthin war steinig, und nicht nur Dürer erlebte die Umstellung als bedrohliche Rechtsunsicherheit. 179 Weitere

Hinweise zu Dürers Beziehungen zur Jurisdiktion bei Scheil, 2007, S. 201. Die »Newe Reformacion der Stat Nurenberg« von 1479 (gedruckt bei Koberger 1484) ist in einer Xerokopie publiziert bei Köbler, 1984. Sie gliedert sich in insgesamt 35 Titel, die sich mit dem Prozess-, Verfahrens-, Erb-, Familien-, Vertrags-, Pfand- und Bauernrecht nebst dinglicher Klage, Schatz, Schiedswesen, Fischerei und schließlich einer Bauordnung befassen. Ausgespart ist das gesamte Straf- und Verfassungsrecht. 180 Scheil, 2007, S. 202. 112

Ikonologie des Selbstporträts

Der Buchdruck beförderte die Entwicklung ebenso wie der Versuch der Stände bzw. der Kommunen, ihre Rechte zu halten, um mit dem »Ius commune« die eigene Autonomie gegen Landesobrigkeiten zu schützen.181 Dürer konnte sich dieser Prozesse unmöglich entziehen, insbesondere nach seiner Wahl zum Genannten. Durch seine Sozialisation war er mit den wachsenden Problemen der Jurisprudenz konfrontiert. Und er setzte sich mit den rechtsreformatorischen Umbrüchen seiner Zeit auseinander. Den Höhepunkt seiner künstlerischen Verarbeitung dieser offensichtlich existenziellen Erschütterungen bildete 1514 die »Melencolia § I« (Abb. 39). Dürers berühmtester Kupferstich ist in zahlreichen Studien und vor allem den Arbeiten von Erwin Panofsky/ Fritz Saxl (1923) und Peter-Klaus Schuster (1991) stets als Darstellung des Temperaments der Melancholie im Zeichen des Saturn gedeutet worden.182 Die jüngste Publikation von Elfriede Scheil jedoch bricht sehr begründet mit der traditionellen Deutung des Melancholiebegriffs nach medizinhistorischen, naturwissenschaftlichen und philosophischen Vorgaben. Sie versucht vielmehr Dürers »Melencolia § I« auf der Grundlage rechtshistorischer Zusammenhänge zu sehen und erkennt in der vermeintlichen Allegorie der Melancholie eine geflügelte Justitia.183 Behält die Autorin Recht – und davon ist auszugehen  – , wäre damit endlich das §-Zeichen im Titel enträtselt, das in der bisherigen Forschung entweder übersehen oder zum bedeutungslosen Schnörkel erklärt wurde. Im rechtshistorischen Kontext hingegen erhält das Zeichen seinen eigentlichen Sinn zurück, denn bereits seit Justinian war es in der Rechtswissenschaft gebräuchlich.184 Recht und Gerechtigkeit sind virulente Themen der frühneuzeitlichen Kunst, die in die Kunstwerke ebenso selbstverständlich einflossen wie christliche und kunsttheoretische Themen. Nur wird dieser Zusammenhang heute kaum noch gesehen, weil die vergangenen Rechtsgepflogenheiten aus unserem Bewusstsein verschwunden sind, im Gegensatz beispielsweise zu kirchlichen Riten, die heute noch zum Teil unverändert

181 Reinhard,

1999, S. 300. 1923; Schuster, 1991. Die erweiterte und neu aufgelegte Version von 1964 verwies schließlich auch im Titel auf den Zusammenhang von »Saturn und Melancholie«. 183 Scheil, 2007. 184 Scheil, 2007, S. 210. 182 Panofsky/Saxl,

113

Ikonologie des Selbstporträts

praktiziert werden. Dabei war das Recht in der Theorie ebenso wie in der Praxis auf das Engste mit der Religion verbunden. Recht war ursprünglich sogar identisch mit Religion, Moral und Sitte.185 Im Sachsenspiegel ist der Sachverhalt auf den Punkt gebracht, denn dort heißt es »Gott ist selber Recht«.186 Während Dürer im Münchner Selbstporträt also einerseits seine eigene Person promovierte und sich mittels der Pelzschaube als Mitglied der gesellschaftlichen Stadtelite veranschaulichte, alludiert das Gemälde mit Dürers Christusähnlichkeit andererseits auf Justitia, die höchste Herrschertugend, die wiederum durch die juristische Konnotation der Schaube mit dem Pelz des Rückenmarders ihr zeichenhaftes Pendant erhält. Eine dritte Bedeutungsebene kommt hinzu, die den kommunalen Horizont zu einem reichspolitischen erweitert: das Verhältnis von Reichsstadt und Reich. In ihren Wurzeln ist die Reichsstadt nämlich der Gerichtsherrschaft des Königs unterstellt. Sie ist eine vom König »bevogtete« Stadt, weshalb sie jährliche Vogteiabgaben an den König zu entrichten hatte.187 Dieses Abhängigkeitsverhältnis zu durchbrechen und fremde Eingriffe in eine eigentlich nicht vorgesehene Rechtsautonomie der Reichsstadt abzuwehren, war ein langwieriger Prozess.188 Er barg viel Konfliktpotenzial und bisweilen Einbußen für die eine oder andere Seite. Ein vorläufiges Ende reichsstädtischer Emanzipationsbestrebungen setzte der Sieg Kaiser Karls V. im Schmalkaldischen Krieg 1547. Um 1500 hingegen traten Reichsstädte wie Donauwörth oder Nürnberg besonders ideologisch gegen obrigkeitliche Einmischung seitens des Königs bzw. Kaisers an. Solcherart Konflikte mussten nicht zum Bruch der Beziehungen führen. Sie wurden von den Reichsstädten ausgetragen, nicht ohne dem Kaiser für einen friedlichen Ausgleich in anderen Fragen stets entgegenzukommen. Doch in der Gemengelage kommunalpolitischer Prioritäten stand die Rechtsautonomie ganz oben auf der Agenda. Darauf verweist nicht zuletzt Dürers Münchner Selbstbildnis, das diesen Sachverhalt offensichtlich im Dienste der Reichsstadt kommentiert. Es ist ein vehementes Plädoyer für die Rechtsautonomie der Reichsstadt, die in der Christusähnlichkeit ihre zeitlose Legitimation erhält. Dass 185 Reinhard,

1999, S. 281. 1971, S. 7. 187 Pfeiffer, 2004, S. 201. 188 Isenmann, 1979, S. 40. 186 Würtenberger,

114

Ikonologie des Selbstporträts

39  Albrecht Dürer: Melencolia § I, Kupferstich (1514) 115

Ikonologie des Selbstporträts

Dürer unweigerlich im Selbstporträt stets auf sich verweist, muss die institutionelle Bedeutungsebene seiner Darstellung nicht schwächen, muss die kommunal- und reichspolitischen Implikationen seiner Bildsprache nicht relativieren. Es ist vielmehr das hohe Ansehen des obrigkeitlichen Stadtrates, das dem Genannten zu Prestigegewinn verhilft. Dürers Lob des Stadtrates im Münchner Selbstporträt ist deshalb allein im Selbstlob angelegt. Doch die höchsten Weihen erhält die Ikonologie des Gemäldes durch den eindeutig kunsttheoretischen Bezug. Dürer sieht die Berührungspunkte von Kunst und Gerechtigkeit in Maß und Proportion der Weltordnung. Der universelle Anspruch der Bildaussage fußt auf der deutlichen Ähnlichkeit mit der Christusikone. In ihr verschmelzen – für diese Deutung ist die Symbolik der Marderschaube essenziell – der Künstler als Schöpfergott und der eschatologische Richterbegriff. Diese Erkenntnis bietet zudem die Gelegenheit, auch eine begriffliche Fusion vorzunehmen, die dem Bild vielleicht inhärent ist: Die Vereinigung von Künstler und Richter ergibt im wörtlichen Sinn den »Künstlerrichter«, oder besser »Kunstrichter«, als der Dürer über das Rechte und Unrechte in der Kunst zu urteilen hat, der die Gesetze der Proportion ebenso beherrscht, wie er anhand ihrer Gesetze urteilen kann über die Kunst. Später, 1522, hat Hans Daucher in seinem ungewöhnlichen Berliner Relief ein solches Urteil über die Kunst ins Bild umgesetzt (Abb. 40). Dort urteilt Dürer nicht selbst, sondern wird beurteilt, denn er ist in einen Zweikampf gegen den antiken Erzkünstler Apelles verwickelt.189 Dürer ist in der Bildmitte an seinen langen Lockenhaaren und seiner Siegerpose zu erkennen, denn er hat seinen Kontrahenten bezwungen, auf dem er bereits mit einem Bein kniet. Derjenige, der auf diesem allegorischen Relief den siegreichen Künstler beurteilt, ist der Kampfrichter oder in diesem Fall der Kunstrichter. Er steht links im Vordergrund in der Person Kaiser Maximilians I., und als Richter trägt er, wie kaum anders zu erwarten, eine Pelzschaube.

189 Eser,

1996, S. 124 – 132. Zu den zahlreichen anderen Deutungen vgl. den Überblick über den Forschungsstand ebd. Bernhard Schütz deutet das Relief nicht als Zweikampf der Künstler, sondern als Gesellschaftskritik am Stand der Ritterschaft und den Ungerechtigkeiten der Feudalzeit, weshalb der unterlegene Kämpfer in Ritterrüstung gekleidet ist (Schütz, B., 2006, S. 67).

116

Ikonologie des Selbstporträts

40  Hans Daucher: Zweikampf zwischen Dürer und Apelles, Marmorrelief, Berlin, Bode-Museum (1522) 117

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte Das abschließende Kapitel soll zu einer Methodendiskussion anregen. Nach den Untersuchungen zu Dürers Münchner Selbstporträt ist zu überlegen, wie das generelle Zusammenwirken von kunstgeschichtlichen und kleiderkundlichen Methoden möglich ist. Um die Relevanz der Überlegungen zu verdeutlichen, sei ein fast schon trivialer Bildvergleich vorangestellt, der die fundamentale und vor allem inhaltliche Bedeutung der Kleidung für das Bild klar vor Augen führt, da sein unmittelbarer Bezug zum 21. Jahrhundert beweist, dass die Wahrnehmung der Gewandung im Bild auch heute die Intuition des Betrachters entscheidend prägt: Als Der Spiegel Mitte August 2005 aus Anlass des Weltjugendtages in Köln das Thema »Religiosität in Deutschland« auf seine Titelseite setzte (Abb. 41),190 bediente er sich eines Porträts von Albrecht Dürer. Dürers sogenannte Fürlegerin war 1497 entstanden (Abb. 42).191 Dargestellt ist eine betende Frau mit offenen, langen, gelockten Haaren, die bis zu den Ellbogen reichen, den Oberkörper der Dargestellten wie ein Schulterumhang bedecken und nur den mittleren Brustbereich aussparen. Sie trägt ein schlichtes, blaues Kleid und darunter ein am Hals zugeknöpftes, weißes Leinenhemd. In ihrer Linken hält sie einen Rosenkranz und hat beide Handflächen zum Gebet aneinandergelegt. Ihr Blick ist demütig nach unten gesenkt, und sie scheint ganz in ihr kontemplatives Gebet versunken. Auf der Titelseite der Spiegel-Ausgabe ist das psychologisierende Moment unverändert übernommen. Allein die Kleidung hat sich verändert. Die »Fürlegerin« ist nun in zeitgenössischem Gewand dargestellt: Die Jeans sind am oberen Saum um die Hüfte gut zu erkennen; das ärmellose, eng anliegende Top ist knapp geschnitten und gibt den 190 Der

Spiegel, Nr. 33, 15. August 2005. ist heute unumstritten, dass auf Dürers »Porträt-Tüchlein« keine Angehörige der Familie Fürleger abgebildet ist. Jüngst hat Bodo Brinkmann mit guten Argumenten dafür plädiert, in der »Fürlegerin« eine Schwester Dürers zu sehen (Brinkmann, 2006).

191 Es

118

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

41  Der Spiegel, Titelseite, Nr. 33, 15. August 2005

42  Albrecht Dürer: Sogenannte Fürlegerin, Frankfurt a. M., Städel Museum (1497)

Bauch- und oberen Hüftbereich bis zum Nabel frei. Der Grafiker hat zudem das wallende Haar links zurückgelegt, sodass die nackte Schulter zu sehen ist. Das Spiegel-Bild der »Fürlegerin« ist ein paradigmatisches Beispiel für die Suggestionskraft der Kleidung im Bild. Bereits durch den Wechsel der dargestellten Garderobe ändert sich die Ikonologie des Bildes, berücksichtigte man bei einer eingehenden Analyse den zugehörigen Zeitkontext beider Darstellungen. Obwohl auf der Spiegel-Titelseite im Wesentlichen das innige Gebet erneut thematisiert ist, wirkt es anders als sein Vorbild: Zu erkennen ist das Gebet einer jungen Frau, das widersprüchlich wirkt und zwischen den Polen von Kontemplation und jugendlicher Lebenslust oszilliert. Diese Wirkung entsteht allein durch das ausgewählte Kostüm192, das leger ist und nicht den Konventionen 192 Die

Begriffe »Kleidung« und »Kostüm« werden in der Fachliteratur unterschiedlich verwendet. Im Zedler’schen und Grimm’schen Wörterbuch taucht »Kostüm« 119

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

katholischer Kirchgänger entspricht, die heutzutage an jedem Kircheneingang durch Piktogrammschilder aufgefordert werden, Schultern und Beine züchtig mit Stoffen zu bedecken. So gesehen ist das Spiegel-Bild der »Fürlegerin« ein Widerspruch gegenüber den Konventionen, die allein durch das Gewand vermittelt werden – das Gewand determiniert die Aussage des Bildes. Mit der vorliegenden Untersuchung zu Dürers Münchner Selbstporträt wurde der Versuch unternommen, das dargestellte Gewand als Determinante der Ikonografie zu erkennen. So stellt sich abschließend die methodische Frage, ob die Kleidung als Teil einer »materiellen Kultur« für die Kunstgeschichte als historischer Bildwissenschaft methodisch relevant ist. Die Methode wird im Folgenden an der Kleiderkunde entwickelt, ohne damit die artverwandte Textilkunde ausschließen zu wollen. Grundsätzlich könnte die Textilkunde als Methode der Kunstgeschichte ähnlich strukturiert sein, wie es für die Kleiderkunde darzulegen ist und mit Dürers Münchner Selbstporträt bereits exemplifiziert wurde. Spätestens seit Ferdinand Braudel befassen sich zahlreiche Studien mit der »materiellen Kultur« des Textils.193 Dabei treten gerade die höfischen Textilien ebenso als ästhetische Äußerungen einer Gesellschaft in Erscheinung wie als deren identitätsstiftende Sachkultur und damit als deren Bedeutungsträger.194 In gleichem Maße relevant für die Kunstgeschichte ist die Kleider- und Kostümgeschichte, die wissenschaftsgeschichtlich auf eine fast ebenso lange Tradition wie die Kunstgeschichte zurückblickt. Insbesondere die Zeremonialwissenschaft des 18. Jahrhunderts bewirkte einen kometenhaften Aufschwung der Disziplin.195 Heute sind nicht zuletzt die zahlreichen textil- und kleiderkundlichen Museen in Europa und spezialisierte Bibliotheken wie die Lipperheide’sche Kostümbibliothek in Berlin beredtes Zeugnis für eine gesunde Konjunktur noch nicht auf. Im vorliegenden Buch wird »Kostüm« als Kombination verschiedener Kleidungsstücke verstanden. »Kleidung« dagegen ist der allgemeine Gattungsbegriff, dem alle Kleidungsstücke und Kostüme zuzuordnen sind. Davon ist der Begriff der Mode hingegen streng zu unterscheiden, wie weiter unten noch zu erläutern ist. 193 Braudel, 1985. Grundsätzlich zur burgundischen Textil- und Sachkultur Franke, 2003, 2006 und 2007. Bei Conrad von Soest vgl. Stauffer, 2004. 194 Schneider, 2007, S. 182 – 207. 195 Zur Zeremonialwissenschaft vgl. grundsätzlich Vec, 1998; bezüglich der Kleiderforschung Zitzlsperger, 2002, S. 19 – 25. 120

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

der Wissenschaftsdisziplin. Dass die Lipperheidesche Kostümbibliothek Teil der Kunstbibliothek des Berliner Kulturforums ist, zeugt von dem vernünftigen interdisziplinären Zusammenschluss beider Einrichtungen. Ein engerer Zusammenschluss beider Disziplinen in der Forschungspraxis wäre wünschenswert. Obwohl die ältere Kunstgeschichte in dieser Hinsicht beachtliche Erfolge vorzuweisen hat, ist die Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg zunehmend ins Hintertreffen geraten, weshalb die folgenden Seiten darauf angelegt sind, eine Methodendiskussion anzuregen, die generell über Ansätze bislang nicht hinausgekommen ist.

Mode In der Lebenswirklichkeit des Menschen ist die Kleidung damals wie heute eng mit der Repräsentation verbunden, die nicht allein geschmackliche Selbstverwirklichung, sondern die Sichtbarmachung einer gesellschaftlichen Rolle ist. Dabei kann sie in eine mehr oder weniger statische Kleiderordnung gegossen sein, welche über Jahre oder sogar Generationen hinweg bestimmten gesellschaftlichen Gruppen entsprechende Kleider zuspricht. Die moderesistente Unveränderbarkeit bestimmter Kleidungsstücke ist bis heute zum Beispiel an der Krawatte, dem Doktorhut oder Berufskleidung wie etwa der Richterrobe196 zu beobachten. Die gesellschaftliche Rolle einer Person kann aber auch durch das Phänomen der Mode gekennzeichnet sein, die einen dynamischen Prozess der Kleiderwandlung bezeichnet und Differenz durch Innovation erzeugt. Georg Simmel konnte in seinem Essay »Philosophie der Mode« (1905) deutlich machen, dass der Begriff der Mode einen Wandlungsprozess meint, der je nach Epoche unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausgesetzt ist.197 Der Wandel, die Veränderung, das Endliche der Mode ist dabei stets von zwei Faktoren geprägt: dem Willen zum Zusammenschluss einer Gruppe nach innen und ihrem gleichzeitigen Bedürfnis 196 Zum

Kontext von Kleidung und Recht der Gegenwart in Deutschland und zur Berufskleidung vgl. Münch, 2005, S. 21 – 31, zu Roben und Talaren S. 33 – 41. 197 Simmel (1905), 1986. Mit dem Begriff der Mode bezieht sich Simmel nicht allein auf die Kleidung, wenngleich die meisten seiner angeführten Beispiele darauf rekurrieren. 121

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

nach Differenz nach außen. Die Dialektik von Einheit und Alterität im äußeren Erscheinungsbild ist nach Simmel das »Movens« der Kleiderkultur. In einer hierarchischen Gesellschaftsordnung besteht ein kontinuierlicher Druck von unten nach oben, denn die niedrigeren Schichten streben nach den Äußerlichkeiten der höheren. Die Nachahmung der Mode von unten bedingt die Flucht zum Neuen nach oben. Seltener verläuft die Adaption – das muss ergänzt werden – auch in umgekehrter Richtung.198 Die symbolische Kommunikation, die durch den Wandlungsprozess der Mode generiert wird, bezeichnet daher den Wandel der Kleidung und Kostüme unter dem Vorzeichen von Gleichheit und Alterität.199 Entsprechend betonte Pierre Bourdieu in seiner »Soziologie der symbolischen Form«,200 dass gerade die Kleidung und der Schmuck wegen ihres hohen Symbolwertes die Funktion vertreten, das Individuum durch die Mode mit gesellschaftlichen Gruppen zu verbinden bzw. von ihnen zu trennen. Seine Logik der signifikanten Gegensätze beruht auf dem menschlichen Streben nach Anpassung und Distinktion. Daran ändert sich nichts, auch wenn die Frequenz des Modewandels von der Frühneuzeit bis heute einer ungeheuren Beschleunigung ausgesetzt war. Dem Phänomen der Mode als transitorischem Wandlungsprozess hat sich auch Roland Barthes ausführlich in seinem Methodenbuch über die »Sprache der Mode« aus linguistischer Perspektive gewidmet (1967).201 Barthes’ Betrachtungen der Sprache der Modezeitschriften konzentrieren sich auf seine Gegenwart.202 Darin kommt er zu dem Schluss, dass die Mode heute als Massenkultur zunehmend Teil eines Zeichensystems geworden ist, das einzelne Kleidungsstücke mit Funktionen wie Arbeit, Sport, Ferien etc. in Verbindung bringt, während sie in aristokratischer Zeit reines Prestige und »reine Mode« war, ein luxuriöses Schauspiel 198 Dass

auch gesellschaftliche Eliten die Mode unterer Gesellschaftsschichten nachahmen, zeigt die Entwicklung der sog. Schlitzmode, die ihren rustikalen Ursprung bei den Landknechten Kaiser Maximilians I. hatte. Zur Schlitzmode vgl. Mertens, 1983; Rapp, 1998; Rogg, 2002. 199 Simmel (1905), 1986, S. 184 – 188. 200 Bourdieu, 1970, S. 63 – 65. 201 Barthes, 1985. 202 »Gegenstand dieser Untersuchung ist die strukturale Analyse der weiblichen Kleidung, wie sie heute von den Modezeitschriften beschrieben wird.« (Barthes, 1985, S. 7). 122

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

»ohne Verhaltensprogramm«.203 Barthes’ Beobachtungen sind bei Weitem nicht allein auf den Wandlungsprozess der Mode selbst beschränkt, sondern vielmehr auf die signifikanten Beschreibungen einzelner Kleidungsstücke bezogen, die jedoch auch und gerade in vormoderner Zeit durchaus als Insignien gehandelt wurden, wie noch zu erläutern ist. Allein ihr modischer Wandlungsprozess war um 1500 entschieden langsamer als etwa um 1800. Der Unterschied zwischen »damals« und »heute« ist also weniger die Kleidung selbst und ihre gesellschaftliche Bedeutung, als vielmehr der dynamische Prozess der Mode. In vormoderner Zeit versuchten die gesellschaftlichen Eliten den dynamischen Wandlungsprozess der Modeströmungen durch obrigkeitliche Reglementierungen, durch Kleiderordnungen und Luxusgesetze einzuschränken. Deshalb beeinflussten Modeströmungen vornehmlich Details der Kleidung, die Qualität und Materialität ihrer Stoffe und deren Musterung. Ungleich langsamer war die Veränderung der Schnitte. Die topische Modekritik der Zeit beklagte zwar seit Baldassare Casti­ glione (Il cortegiano, 1528) immer wieder den schädlichen Einfluss ausländischer Moden auf die identitätsstiftende, einheimische Kleidertradition.204 Abgesehen davon, dass Castiglione auf die unterschiedlichen nationalen Einflüsse und Gruppierungen in Italien anspielt, sind jedoch Vorsicht und vor allem weitere Forschungen geboten bei der Einschätzung der tatsächlichen Veränderungen und ihrer Wirkungen auf Gesellschaft und Kunst.205 Für die Eindämmung allzu großer Modedynamik sorgten nicht zuletzt die frühneuzeitlichen Kleider- und Polizeiordnungen sowie die Luxusgesetze. Deren Kleidervorschriften sind ständisch geordnet. Aber 203 Barthes

benennt seine Erkenntnis »Das doppelte System der Mode«, die auch eine »ethische Zweideutigkeit der Mode« ist. Zweideutig deshalb, weil zum einen die Mode wie in der Vergangenheit »reine« Mode sein kann, zum anderen die Mode heute in der Sprache vermehrt zum Zeichenträger geworden ist (Barthes, 1985, S. 296 – 297). 204 Zu Castigliones »Il cortegiano« vgl. 2. Buch, Kp. 26. Zur Geschichte der Modekritik vgl. Lüttenberg/Priever, 2003. Zur topischen Hofkritik (Kleiderluxus) außerdem Dinges, 1993, S. 94 – 95. 205 Zu Castigliones Modekritik vgl. Quondam, Amedeo: Tutti i colori del nero. Moda »alla spagnola« e »migliore forma italiana«. In: Ausst.Kat., Il Cavaliere in nero, 2005, S. 25 – 45, hier S. 32 – 33. Die Entwicklung der Mode als höfisches Mittel der Sozialdifferenzierung ist für das absolutistische Frankreich bereits sehr gut erschlossen; vgl. Roche, 1999. 123

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

auch dort, wo die Konfektion zunehmend nivelliert wurde, wenn beispielsweise die Bediensteten des französischen Adels im 18. Jahrhundert selbst zu Kostümrepräsentanten für jenen Hof wurden, den sie bedienten, galten dennoch fein differenzierte Unterscheidungsregeln. Sie betrafen dann vor allem die Hierarchie der Stoffqualitäten und Farben. So wurden die gesellschaftlichen Schichten weniger durch den Schnitt der Gewandung als vielmehr durch die Qualität und den Aufwand des Materials unterschieden. Aber auch auf der Ebene dieser subtilen Unterscheidung war die Mode keiner Willkür unterworfen, sondern einem strikten Reglement, das freilich die zunehmende Gefahr von »Kleider­ anarchie« präventiv einzuschränken hatte.206 Auch nationale Unterschiede konnten sich in der Kleidung modisch vermischen. Die Landesgrenzen waren durchlässig, und einzelne Kleidungstypen aus dem Ausland konnten Aufnahme finden in einer anderen Nation oder Region. Für den deutschen Raum des 16. Jahrhunderts ist erst vor Kurzem festgestellt worden, dass Kleidung in der ersten Jahrhunderthälfte eng mit Nationalidentität verknüpft und deshalb ausländische Kleidung nicht getragen wurde. Erst für die zweite Jahrhunderthälfte ist eine behutsame Übernahme ausländischer Details in einheimische Kleiderkonventionen zu beobachten.207 Das gilt nicht nur für den deutschsprachigen Raum des 16. Jahrhunderts. Das bekannteste Beispiel ist die spanische Halskrause, die nach 1550 in mannigfaltigen Variationen in ganz Europa verbreitet war. Der englische Hof von Königin Elisabeth war davon ebenso betroffen wie der spanische, aber auch protestantische und calvinistische Gebiete. Die ganze dynamische Kraft der Halskrausenmode kommt besonders anschaulich in Italien zum Ausdruck, dessen einzelne Territorien zwischen französischen und spanischen Kleidungsstilen schwankten.

206 Roche,

1999.

207 Für den Zusammenhang von Kleidung und Nationengrenzen im

16. Jahrhundert in Deutschland vgl. Rublack, 2007, die gerade für Matthäus Schwarz anhand seines Trachtenbuches nachweisen kann, dass der Protagonist während seiner Besuche in Mailand die wechselnden Machthaber (Frankreich, Deutschland) in seinem Kleidungsverhalten berücksichtigen musste und zudem in Venedig eine venezianische Toga trug, die er zu Hause in Augsburg ablegte. Zum kulturellen Nationenkonflikt insbesondere zwischen Deutschland und Italien um 1500 und seinem Niederschlag in der Kulturproduktion der Zeit vgl. Hirschi, 2005.

124

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

43  Gianlorenzo Bernini: Francesco I. d’Este, Marmor, Modena, Galleria Estense (1650)

Besonders aussagekräftig ist in diesem Zusammenhang das Verhalten des Herzogs von Modena, Francesco I. d’Este, der sein Äußeres immer wieder gemäß seiner wechselnden Bündnispolitik variierte. Frankreich und Spanien lieferten sich im Norditalien des 17. Jahrhunderts kontinu125

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

44  Münzprägestempel mit dem Profilbildnis Francescos I. d’Este, Modena, Galleria Estense, Inv. Nr. 10823, 10826, 10828

ierliche Stellvertreterkriege. Francesco I. d’Este befand sich als Spielball zwischen den Fronten. Um nicht unterzugehen, paktierte er phasenweise mit jener Großmacht, die ihm am wenigsten schaden konnte. Befand er sich in Allianz mit Spanien, dann trug er die Halskrause und kurzes Haar; wechselte er hingegen zu Frankreich, legte er die Halskrause ab und den französischen Spitzenkragen an. Sein Haupt zierte dann zudem eine lange Lockenpracht, bisweilen mit der französischen Cadenette, der sogenannten Liebeslocke, einer typischen Spielart des französischen Hofes, wie sie auf Gianlorenzo Berninis Porträtbüste von 1650 gut zu erkennen ist (Abb. 43). Der unstete Kleiderwechsel des Francesco I. d’Este ist durch die Numismatik gut dokumentiert, denn mit jedem Bündniswechsel zwischen Spanien und Frankreich änderten sich Kostüm und Frisur des Herzogs auf den aktualisierten Münzeneditionen seines kleinen Reiches (Abb. 44).208 Das Beispiel zeigt deutlich, dass selbst mit dem häufigen Wechsel der Garderobe, den man auch leicht mit Modeversessenheit eines eitlen Gecken verwechseln könnte, die Kleidung und Frisur ihren Insigniencharakter nicht verlor. Die Dialektik von Angleichung und Distinktion durch Mode ist folglich nicht allein in vertikaler Richtung auf die hierarchische Struktur einer Gesellschaft ausgerichtet, sondern auch horizontal auf die Differenzierung von landsmannschaftlichen Zugehörigkeiten. 208 Zitzlsperger,

126

2002, S. 109 – 114.

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

Das Beispiel zeigt auch, dass der beschleunigte Wechsel von Modekollektionen nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass Kleidung immer symbolisch in den unterschiedlichsten Schattierungen wahrgenommen wird. Der Begriff der Mode bezeichnet einen dynamischen Prozess. In seiner Zeichenhaftigkeit hat er vor allem die Soziologie und Semiologie bzw. Semiotik beschäftigt. Mit der Symbolik einzelner Kleidungsstücke und deren Bedeutung in der sozialen Umgebung eines Individuums ist bislang jedoch auffallend wenig Wissenschaft betrieben worden. Das Faszinosum der dynamischen Kräfte, welche die Mode als Wandlungsprozess freizusetzen vermag, hat den Blick für die symbolische Bedeutung des Einzelstücks vor seiner modischen Metamorphose verstellt.

Die Kleidung in den frühneuzeitlichen Quellen Die kleiderkundliche Quellenlage, welche über die Beschaffenheit und vor allem den normierten Einsatz der Kleidung in Kunst und Alltag Rechenschaft ablegen, ist uneinheitlich. Auf dem Gebiet der bereits angesprochenen Zeremonialwissenschaft und der städtischen oder staatlichen Kleiderordnungen ist reichlich Material vorhanden. Persönliche Quellen wie Briefe oder Tagebücher hingegen, wie das berühmte »Trachtenbuch« des Matthäus Schwarz, thematisieren die Gewandung bisweilen exzessiv, doch bleiben detaillierte Verweise auf das Zeremoniell oder andere gesellschaftlichen Normen darin äußerst selten. Das »Trachtenbuch« (hierzu ausführlich S. 16) setzt Bild und Text in direkten Bezug und weist immer wieder auf den Anlass der dargestellten Kleidung hin, jedoch gibt es keine brauchbaren Informationen über Normen und Normverstöße. Mit keinem Satz wird etwa auf eine Kleiderordnung verwiesen, die eine bestimmte Garderobenwahl determiniert hätte. Ähnlich steht es um den Informationswert von Quellentexten aus dem Bereich der Kunstliteratur, die einerseits insbesondere im 17. Jahrhundert vom Künstler historische Kleiderkunde verlangen, konkret jedoch keinen Regelkatalog liefern, an den sich der Künstler zu halten habe.209 Gleichzeitig ist der wachsenden Bedeutung des Zeremoniells und damit einhergehend der Kleidung als distinktivem Bedeutungsträger durch die starke Zunahme von Kleidergesetzen entsprochen worden, 209 Vgl.

S. 134. 127

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

welche standesgemäße Gewandung reglementierten und Regelverstöße mit teilweise drakonischen Strafen belegten. Der Wissenschaftler muss also vor allem rechtshistorische Quellen konsultieren, Polizeiordnungen und Gerichtsakten, um über das Normengeflecht der Kleiderordnungen Details erfahren zu können. Solche Vorschriften sind in zahlreichen Publikationen aufbereitet, wenn auch nur sehr unvollständig, wie bei einem derart weitgefassten Thema nicht anders zu erwarten ist.210 Erinnert sei beispielsweise an die Reichspolizeiordnung von 1530, die auf dem Reichstag zu Augsburg unter dem Vorsitz des Kaisers verabschiedet wurde und heute von der Geschichtsforschung auch als das »Grundgesetz« des Reiches bezeichnet wird, das bis weit ins 17. Jahrhundert hinein die Rechtsprechung prägte.211 Der Text widmet sich in einer ausführlichen Passage der ständisch gestaffelten Kleiderordnung, führt detailliert auf, wer wann welche Kleidung tragen darf und wie Verstöße zu ahnden sind. Berücksichtigt werden darin auch die Materialien, Webarten, Schnitte und Kosten. Unmissverständlich wird in der Präambel betont, dass jeder nach seinem Stand gekleidet sein solle, »domit in jeglichem stand underschiedlich erkanntnus sein mög, so haben wir uns mit Churfürsten, Fürsten und Stenden nachvolgender ordnung der kleydung vereynigt und verglichen […]«.212 Seit 1495 waren derartig bereits verschriftlichte Reichspolizeiordnungen auf den verschiedenen Reichstagen immer wieder neu verhandelt und ergänzt worden, sodass der Beschluss von 1530 nicht ohne Tradition entstanden ist. Anders gesprochen: Wesentliche Inhalte, die 1530 in eine endgültige Gesetzesform gegossen wurden, zählten selbstverständlich schon eine Generation vorher zum Gewohnheitsrecht. Doch scheint in den Wirren der Reformationszeit und der Bauernkriege die ständische Kleiderordnung verblasst zu sein, weshalb sie schließlich »reaktiviert« werden musste.213 Vor allem aber ist die übergreifende Normierung der Kleiderordnung für alle Fürsten- und Herzogtümer, Klein- und Kleinststaaten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen 210 Killerby,

2002; Muzzarelli, 1996; Hunt, 1996; Fantoni, 1995; Venturelli, 1995; Gallo, 1995; Zander-Seidel, 1993, S. 176 – 188; Sievers, 1971 – 1998, hier Bd. 2, Sp. 864 – 866. 211 Härter, 1993, S. 61. 212 Hierzu in Bezug auf die Kleiderordnung mit einigen sehr erhellenden Beispielen vgl. Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002. 213 Vgl. Schmauss/Senckenberg, 1747.

128

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

ein zäher Prozess gewesen, der schließlich auch der Zustimmung des Kaisers bedurfte. Die Reichspolizeiordnung von 1530 und die darin verankerten Kleidergesetze bildeten fortan nicht nur für Reichsstädte die Rechtsgrundlage, die in manchen Städten jedoch nicht immer durchzusetzen war.214 Die juristischen Quellen und die darin enthaltenen Kleiderordnungen werden von der Wissenschaft wenig beachtet. Dabei sind kritische Äußerungen aus der Frühneuzeit reichlich vorhanden, welche die Wirksamkeit gesetzlicher Luxuseinschränkungen in Zweifel ziehen:215 Ob Sebastian Brant in seinem »Narrenschiff« um 1494 beklagte, dass sich im Auftreten niedriger Stände zunehmend die Hoffart durchsetze und der Adel keinen Vorzug mehr habe, oder ob eine Generation später Michel de Montaigne in einem seiner Essays zu den Luxusgesetzen (1572/1580) schrieb,216 dass gerade Verbote zu mehr Luxusaufwand anreizen, weshalb er empfahl, Purpur und Goldschmuck nur noch Gauklern und Kurtisanen zu erlauben, damit sie für die übrige Bevölkerung an Anreiz verlieren. All das sind geistreiche Kommentare, die zum einen Bourdieus Mode- und Stilbegriff vorwegnehmen, dass sich nämlich ein Stil mit Notwendigkeit wandeln muss, sobald er in einer Gesellschaft vollständig

214 Der

Hansgraf von Regensburg beispielsweise plädierte noch 1660 für eine städtische Kleiderordnung nach Maßgabe der Reichspolizeiordnung von 1530 (Bulst/ Lüttenberg/Priever, 2002, S. 21). Dagegen basierte der Augsburger Streit von 1581 um die Einhaltung einer verbindlichen Kleiderordnung dezidiert auf der Reichspolizeiordnung von 1530. Sie war für die Reichsstadt die einzige verbindliche Referenz, denn die allgemeinen Polizei- und Zuchtordnungen aus dem 16. Jahrhundert lieferten keine vergleichbar detaillierten Kleidervorschriften (Bulst/ Lüttenberg/Priever, 2002, S. 29 – 31). 215 Die Obrigkeiten der Städte befürchteten stets die Migration des Geldes ins Ausland für den Erwerb von Luxusgütern. Aber auch die Erhaltung des allgemeinen Wohlstandes schien nur möglich, wenn allgemeine Selbstbescheidung das Kaufverhalten der Eliten prägte. Zum Luxusbegriff und den Luxusgesetzen der Frühneuzeit hinsichtlich der Wirtschaftstheorie vgl. Eisenbart, 1962, S. 65 – 77. 216 Sebastian Brant: Das Narrenschiff (Neudruck). Franfurt a. M. 1980, S. 237 – 238. Montaigne, Michel de: Essais. Gesamtübersetzung von Hans Stillet. Frankfurt a. M. 1998, S. 137 – 138 (vgl. hierzu den Hinweis bei Bock, 2005, S. 66). Weitere Klagen über den vermeintlichen Verlust einer Kleiderordnung aus dem 16. Jahrhundert in Deutschland sind aufgeführt bei Dormeier, 1994, S. 169, der ebenfalls dazu neigt, in diesen Quellen einen Hinweis auf den Verfall der Sitten erkennen zu können. 129

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verbreitet ist.217 Zum anderen aber spiegelt Montaignes Äußerung nicht die Alltagsrealität der Zeit wider, die bei Weitem keine anarchistische Epoche der karnevalesken Kleiderbeliebigkeit gewesen ist. Auch Gesetzesnovellen und zahlreiche, sich wiederholende Bestätigungen gesetzter Kleiderordnung werden gern als Hinweis auf deren Unwirksamkeit und Bedeutungslosigkeit gedeutet.218 Das Gegenteil jedoch ist der Fall: Die zahlreichen Polizei- und Gerichtsakten der Frühneuzeit weisen darauf hin, dass das obrigkeitliche Streben nach Normdurchsetzung eine Zunahme und Ausdifferenzierung der Verordnungen und Strafen voraussetzte, die nicht nur die Kleider- und Luxusgesetze betraf, sondern die gesamte Steuerung der Gesellschaft.219 Hinzu kommt, dass Obrigkeiten der entfesselten sozialen Umschichtung der frühneuzeitlichen Gesellschaft mit strengen Regelsystemen begegneten, um die ständische Mobilität zu bremsen.220 Der Druck »von unten«, den Georg Simmel als »Movens« für die Dynamik der Mode konstatierte, sollte durch die Zunahme der Gesetze vorerst eingedämmt werden. Die stereotype Klage der Obrigkeit über Verstöße gegen die Kleiderordnungen ist so gesehen »ein funktionales Argument gewesen: Normgebung als Prozeß bedarf der Feststellung von und der Rechtfertigung durch Nichteinhaltung der Gesetze bzw. Devianz, die sie durch Fortschreibung und permanente Etikettierung abweichender Verhaltensweisen bestätigt bzw. neu schafft«.221 Diese Zunahme sozialdisziplinierender Maßnahmen ist zudem die rechtshistorische Ursache dafür, dass ähnlicher Quellenreichtum für das Mittelalter nicht vorliegt. Für die Mediävistik stellt sich deshalb das methodische Problem, dass wenige schriftliche Zeugnisse zur Gewandung verfügbar sind. So ist die Wissenschaft zur mittelalterlichen Kleidergeschichte oft darauf angewiesen, die Identifizierung von Gewändern aus jenen Kunstwerken herzuleiten, denen dann unterstellt werden muss, dass sie ein authentisches Abbild der identifizierten Gewänder sind – womit nicht gesagt sein soll, dass auf diesem Sektor weitere Forschungen zwecklos seien; methodische Auswege sind in der Mediävistik längst 217 Bourdieu,

1970, S. 65. diesem Sinne zusammenfassend Reichel, 1998, S. 7, Anm. 25. 219 Hunt, 1996, S. 44 – 45; Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002, S. 22 – 23. 220 Dinges, 1993, S. 96. »Kurzweil viel ohn’ Maß und Ziel«, 1994, S. 37. 221 Zit. nach Härter, 2004, S. 319. 218 In

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gefunden, allein für das Fach Kunstgeschichte noch zurückhaltend rezipiert.222 Dieser »Circulus vitiosus« ist für die Frühneuzeit insofern ausgeschlossen, als sich Bild- und Schriftquellen grundsätzlich zu einem kohärenten Ganzen zusammenfügen, indem Kleidung, die in Nachlass­ inventaren, Aussteuerverzeichnissen, Testamenten, Haushaltsbüchern, Polizeiordnungen, Luxusgesetzen und Zeremonienbüchern Erwähnung findet, auch in Trachtenbüchern und Kunstwerken wie Einzel- oder Gruppenporträts, Grabmälern und Historienbildern auftaucht.223 Die Kleiderkunde als wissenschaftliche Disziplin macht sich diesen Fundus von Bild- und Schriftquellen zunutze, wobei angemerkt werden muss, dass in zahlreichen Publikationen die meisten Erkenntnisse noch immer allein auf den Bildquellen aufbauen. Das Bild als Abbild einer Kleiderwirklichkeit ist aber gerade der methodische Irrtum, den kunsthistorische Methoden der Bildkritik vermeiden helfen. Während die bisher genannten Quellen die juristische Bedeutung der Kleidung erhellen, liefert die Kunstliteratur direkte Anhaltspunkte für die Bedeutung der Kleidung in der bildenden Kunst. Die Kleiderordnung machte vor dem Kunstwerk nicht halt, sondern war vielmehr ein integraler Bestandteil der Bildstruktur. Es liegen ausreichend Quellen vor, die bestätigen, dass Auftraggeber und Kunstkritiker in der Frühneuzeit der inhaltlichen Bedeutung von Gewandung im Bild einen hohen Stellenwert beimaßen. Diese Wertschätzung gründet ebenso auf eindeutigen Äußerungen verschiedener Autoritäten, die für einen Künstler historische und gegenwartsbezogene Kleiderkenntnisse voraussetzten, als auch auf Forderungen der Auftraggeber und Obrigkeiten an die ­Künstler. Für den Künstler waren die textilen Verordnungen der Kurie seit dem Mittelalter von entscheidender Bedeutung bei der Umsetzung kirch­ 222 Hierzu

allgemein Sauerländer, 1979, S. 191 und Anm. 61. Zur mittelalterlichen Gewandung der Gelehrten als Mittel der Distinktion vgl. Hülsen-Esch, 2006, S. 61 – 200. Zur Kleiderdifferenzierung in spätmittelalterlichen Passionsdarstellungen vgl. Reichel, 1998. Zur Bedeutung des Tuches in der mittelalterlichen Bauskulptur Nordspaniens vgl. jüngst Bredekamp/Trinks (im Druck). Wichtig sind auch Ergebnisse der mediävistischen Literaturwissenschaft: Raudszus, 1985; Brüggen, 1988. 223 Zum Problem der Authentizität von »Kostümbildern« vgl. Zander-Seidel, 1990, S. 16 – 45. 131

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licher Themen. Ob szenische Darstellungen mit Geistlichen oder deren Porträts – seit dem Mittelalter sind genügend Zeugnisse überliefert, die uns den ungebrochen hohen Stellenwert der Kleiderordnung in der Kunst veranschaulichen: Aus dem Jahr 1290 wird überliefert, dass der Auftraggeber zweier Kardinalsbüsten den Künstler präzise Angaben zur erwünschten Gewandung machte.224 Anlass war ein Konflikt zwischen den Kanonikern und dem Erzbischof von Reims. Zur Schlichtung wurden zwei Kardinäle aus Rom geschickt, von denen einer Benedetto Caetani, der spätere Papst Bonifaz VIII., war. Als Zeichen ihrer schlichtenden Jurisdiktionsgewalt sollten beide Kardinäle in Form von silbernen Porträtbüsten in Reims stetige Präsenz zeigen. Da sie Träger unterschiedlicher Kardinalswürden waren, mussten diese per Dekret durch die spezifische Kleidung kenntlich gemacht werden.225 Die zunehmende Bedeutung des Zeremoniells in der Neuzeit erhöhte die Komplexität und Signifikanz der Gewänder. Den geschärften Sehgewohnheiten der höfischen Protagonisten hatten die Künstler Rechnung zu tragen. Ihnen standen entweder die liturgischen Bücher, Enzyklopädien und Handbücher mit Basisinformationen zur Kleiderordnung zur Verfügung oder die tägliche Berührung mit den gesellschaftlichen Eliten war Quelle ihrer Kenntnis.226 Hinzu kam die Forderung nach der historischen Authentizität der dargestellten Kleidung, zu deren Förderung beispielsweise Kardinalnepot Francesco Barberini bereits seit 1629 ein Korpus der stadtrömischen Wandmalereien und Mosaiken anfertigen ließ, dessen Kopienserien vor allem der Kleiderkunde dienen sollten, von der auch Künstler profitierten.227 Die Forderung nach Angemessenheit der Kleidung in der Kunst geht bis in die Frühphase der neuzeitlichen Kunsttheorie zurück. In seinen Kriterien für die Darstellung der Bildgeschichte (Historia) im Rahmen des gelehrten »Ut-pictura-poesis«224 Hierzu

Paravicini, 1994, S. 326; Schmidt, 1986, S. 91f. Caetani als Kardinal-Diakon von S. Nicola in Carcere Tulliano sollte die Dalmatica tragen, sein Kollege als Kardinal-Bischof von Sabina dagegen die Kasel mit pontifikalen Insignien (vgl. Paravicini, 1994, S. 326; Schmidt, 1986, S. 91f.). 226 Zu den Enzyklopädien vgl. Magri, 1644. Zu den bekanntesten Handbüchern zählt die häufig aufgelegte und aktualisierte Publikation von Lunadoro, 1664. Über die Bedeutung Lunadoros an den europäischen Höfen vgl. Visceglia, 1997, S. 134. 227 Vgl. Herklotz, 1996, S. 420f. 225 Benedetto

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Diskurses räumte bereits Alberti der angemessenen Darstellung der Kleidung für die Würde der Protagonisten hohe Priorität ein: »So ziemte es sich zum Beispiel keineswegs, wenn Venus oder Minerva in grobe Mäntel gehüllt wären. Wer andererseits Jupiter oder Mars nach Frauenart einkleidete, verstieße ebenso gegen die Regel des Geziemenden.« Auch von Leonardo da Vinci wurde der Aspekt des Dekorums und der »convenevolezza« erörtert, ohne sich auf mythologische Themen zu beschränken, sondern Angemessenheit und Würde auch für die Kleidung höfischer Personen, Könige und Fürsten zu fordern. Bereits um 1500 ist in der römischen Renaissancemalerei das Streben nach historischer Authentizität im Raffaelumkreis spürbar, wenn antike Bildthemen realienkundliche Bezüge zum Beispiel zur Trajanssäule aufweisen. 228 Im Manierismus ließ der Rekonstruktionseifer von Kostümen und Schauplätzen kurzfristig nach. Doch mit Lodovico Dolces »Dialogo della pittura intitolati l’Aretino« (1557) wurde die Brisanz der kleiderkundlichen Kunstproduktion wieder prominent thematisiert. Dolce diskutierte die Rolle der Kleidung im Bild am ausführlichsten, wenn er vestimentäre Angemessenheit nach Geschlecht, Stand, Alter und Landeszugehörigkeit der dargestellten Person verlangte.229 Seine Auslassungen über die histo228 Herklotz,

1999, S. 236. Battista Alberti, De pictura, Lib. 2 (Bätschmann/Schäublin, 2000, S. 262 – 265): »Ergo in compositione membrorum, quae de magnitudine, officio, specie & coloribus tenenda sunt: diximus satis. Nam rei pro dignitate omnia subsequentur oportet. Et Venerem aut Mineruam saga indutam, minimè conuenit. Iouem, aut Martem, ueste muliebri indecenter uestires. Castorê & Pollucem prisci pictores, pingendo curabant, ut cum gemelli uiderentur, in altero tamen pugilem naturam, in altero agilitatê discerneres. Tum & Vulcano claudicandi uitium apparere, sub uestibus uolebant. Tantum illis erat studiû pro officio, specie & dignitate, quod oportet exprimere.« Leonardo da Vinci, Trattato della pittura, Kp. 251 (Vinci, 1651, S. 72): »Osserva il decoro, cioè la conuenienza dell’atto, vesti, sito, e circonstanti della dignità o ­viltà delle cose che tu vuoi figurare: cioè che il rè sià di barba, aria, & habito graue, & il sito ornato, & i circonstanti stiano con riuerenza, ammiratione, & habiti degni e conuenienti alla grauità d’vna corte reale, e li vili disornati & abbietti, & li loro circonstanti habbino similitudine con atti vili e presuntosi, e tutte le membra corrispondino a tal componimento. Che gl’atti d’vn vecchio non siano simili à quelli d’vn giouane, e quelli d’vna femina à quelli d’vn maschio, ne quelli d’vn huomo à quelli d’vn fanciullo.« Lodovico Dolce, »Dialogo della pittura intitolati l’Aretino (Dolce, 1557, S. 22v): […] E cominciando dalla inuentione, in questa dico, che ui entrano molte parti:

229 Leon

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rische Dimension des Dekorums wurde in Folge zahlreich zitiert.230 In der Praxis jedoch kam es immer wieder vor, dass der Künstler dem Thema nicht genügend Beachtung entgegenbrachte und die Authentizität der Bekleidung kläglich verfehlte. Die Zahl der Verfehlungen stieg mit der historischen Distanz des darzustellenden Themas. Wenn beispielsweise eine frühchristliche Liturgieszene darzustellen war, musste der Maler, wenn er es sehr genau nahm, mit den neuesten »archäologischen« Forschungsergebnissen seiner Zeit vertraut sein, die über das Aussehen frühchristlicher Liturgiegewandung aufklären konnten. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts häuften sich deshalb Wünsche, Mahnungen und Reklamationen der Kunstkenner hinsichtlich der Gewandung im Kunstwerk. Als wichtige Komponente der gegenreformatorischen Kunstliteratur setzte Giovanni Andrea Gilio mit seinem Buch »De gli errori de’Pittori circa l’Historie« 1564 den Maßstab und erhob als Erster den Zeigefinger gegen die Künstler.231 Darauf setzte eine Flut von Veröftra lequali sono le principali l’ordine e la conueneuolezza. Percioche, se’l Pittore (per cagion di esempio) haurà a dipinger Christo, o San Paolo, che predichi, non istà bene, che lo faccia ignudo, o lo uesti da soldato, o da marinaio: ma bisogna, ch’e’ consideri un’habito conueniente all’uno & all’altro […]. (Dolce, 1557, S. 37v) […] Ho detto dell’huomo ignudo, seguirò hora del uestito, ma poche parole: perche, quanto alla conueneuolezza, si dee (come ho detto) conformar l’habito al costume delle nationi, e delle conditioni. E, se’l Pittor farà uno Apostolo, non lo uestirà alla corta: ne meno uolendo fare un Capitano, gli metterà in dosso una uesta (dirò cosi) a maneghe a comeo. E, quanto à panni, dee hauere il Pittor riguardo alla qualità loro. Perche altre pieghe fa il uelluto, & altre l’ormigino: altre un sottil lino, & altre un grosso grigio. È mestiero similmente di ordinar queste pieghe a luoghi loro in guisa, che elle dimostrino il disotto, e uadano maestreuolmente [S. 38r] aggirando per la uia, che debbono: ma non si, che taglino, o che il drappo paia attaccato alle carni. E, si come la troppa sodezza fa la figura pouera, e non la rende garbata; cosi le molte falde generano confusione, e non piacciono. Bisogna adunque usare ancora in questo quel mezo, che in tutte le cose è lodato. […].« 230 Herklotz, 1996, S. 427, Anm. 40. 231 Gilio schreibt beispielsweise zum Problem der epochenbedingten Wandlung der Kleiderordnung: »E se i pittori di gia avessero atteso à mostrare gli abiti de’Papi de’Cardinali prima, che sotto Innocentio IIII. Pontefice usassero il rosso Cappello. Saperemmo hoggi qual habito usavano in quel tempo che la porpora ancora non gli ornava il sacrato capo ne’l dosso che secondo alcuni. […] Però sarebbe bene che i pittori à le moderne figure (dei Papi) dessero l’habito moderno, eccetto non rapresentassero gli antichi Romani […]« (Gilio, 1564, S. 92v). 134

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fentlichungen ein,232 die sich mit dem Problem der Kleiderkunde in der Kunst befassten und auf Kunsttheoretiker wie Gabriele Paleotti einwirkten.233 Für das 17. Jahrhundert war einer der wohl größten Kenner auf dem Sektor der Kleiderkunde Michele Lonigo, der bis zu seinem Tod 1639 von Urban VIII. wiederholt zur Beratung in liturgischen Fragen herangezogen wurde.234 Auf der Suche nach inhaltlichen Fehlern in den Kunstwerken seiner Zeit ließ er sich häufig zu polemischer Kunst- und Künstlerkritik hinreißen.235 Auch den Akademien entging die Bedeutung der Kleidung für Malerei und Skulptur nicht. Das Thema verdiente heute eine gesonderte wissenschaftliche Aufarbeitung. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang lediglich auf die Londoner Akademie Ende des 18. Jahrhunderts, wo sich der Streit über das passende Kostümdekorum im Bild zu einem regelrechten »Historienbildkonflikt« zuspitzte. Der Maler Benjamin West erregte 1770 mit dem »Tod des General Wolfe« in England großes Aufsehen, weil er die Personen des wenige Jahre zurückliegenden Ereignis232 Für

die entsprechende Bibliografie des 17. Jahrhunderts vgl. Herklotz, 1996, S. 427, Anm. 28, 37, 40. Für das 18. Jahrhundert vgl. Giovanni de Ayala: Pictor christianus eruditus, sive de erroribus. Matriti 1730. Augusto Henmanno: De pictorum figmentis ex Historia ecclesiastica eliminandis. Jena 1710. Cristiano Hilchero: Dissertatio de erroribus pictorum. Leipzig 1705. Filipp Rohr: Pictor errans in historia sacra. Leipzig 1779. Federico Annibale Stempel: Deceptus et natura pictor, alios pariter arte sua decipiens. Jena 1703. 233 Paleotti schreibt zur Verpflichtung des Künstlers, im Porträt die passenden Accessoires und die der Würde des Dargestellten entsprechende Kleidung darzustellen: »La onde diciamo che nel procurare questi ritratti si dovria usare gran discretione nel sciegliere solamente quelli, i quali riconosciuti fossero di commune consenso degni di lode & honore. Di più ne i ritratti di persone di grado e dignità, dovriano i patroni procurare che fossero espressi con la gravità e decoro che conviene alla conditione loro, & non con cagnuoli, ò fiori, ò ventarole in mano, non con uceletti, ò papagalli, ò bertuccie appresso, non con habiti poco lodevoli, massime le persone ecclesiastiche, non in atti di diporto, non in altre maniere poco degne di persone mature & essemplari.« (Paleotti, 1582, S. 195v und 196r). 234 Vgl. Herklotz, 1996, S. 413. Auch Federico Borromeo mahnte den Künstler zum Studium der Gewänderkunde und erläuterte z. B. die korrekte Anwendung von Regnum und Pallium in der Kunst (De pictura sacra. Mailand 1624, S. 83ff). 235 Lonigos Manuskripte sind zum größten Teil unpubliziert. Herklotz (1996) veröffentlichte einen Brief Lonigos an Urban VIII. (Barb. Lat. 2969, fol. 22v – 29v), in dem der Autor zwei Altarbilder in St. Peter (von Sacchi und Passignano) einer gelehrten, archäologischen Kleiderkunde unterzog. 135

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

ses in authentischer, zeitgenössischer Kleidung darstellte (Abb. 45). Der Akademiedirektor Sir Joshua Reynolds persönlich hatte West in dessen Londoner Atelier während der Arbeit an dem Gemälde besucht, um ihm das Vorhaben auszureden – ohne Erfolg. Reynolds argumentierte, zeitgenössische Kostüme seien einem Historienbild unangemessen und wirken hässlich, worauf West geantwortet habe: »[…] Der einzige Grund, römische und griechische Kleidung zu übernehmen, sind die malerischen Formen, für die ihre Draperie empfänglich ist. Doch ist dies ein Vorteil, für den Wahrheit und Angemessenheit eines Themas geopfert werden sollten?«236 Allein mit der Kostümdarstellung konnte der Künstler eine überkommene Doktrin der akademischen Historienmalerei aus den Angeln heben und die Anpassung der Gattung an die zeitgenössische Geschichtsauffassung fordern. Was im England des ausgehenden 18. Jahrhunderts lebhaft diskutiert wurde, führte kurze Zeit später in Deutschland zum sogenannten Kostümstreit. Danach war im Frankreich des 19. Jahrhunderts die Kleiderfrage argumentative Stütze der Kunstkenner und -kritiker für bzw. gegen die Moderne.237 Im 18. Jahrhundert entwickelte sich darüber hinaus die bereits erwähnte Wissenschaftsdisziplin der Zeremonialforschung,238 die der Kleidung und ihrer Bedeutung als Insignie zum Teil breiten Raum einräumte. Dies geht aus den unzähligen Enzyklopädien und Geschichtsbüchern der Zeit hervor, deren historische Betrachtungen über Hofgesellschaften, Institutionen und Körperschaften häufig auf der Darstellung der zeremoniellen Kleiderordnung basieren. Ergänzende Illustrationen zu diesem wichtigen Thema sind dabei keine Seltenheit. Ein herausragendes römisches Beispiel ist das Buch des Domenico Bernini, Sohn des 236 Auf

den geschilderten Vorfall wird verwiesen bei Gaehtgens/Fleckner, 1996, S. 46 – 47. 237 Zum »Kostümstreit« vgl. Wilhelm Gottlieb Becker: Vom Costume an Denkmälern (1776); Johann Gottfried Schadow: Über historisches oder ideales Kostüm (1791); Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Bekleidung in der Skulptur (1835–1838); in diesem Zusammenhang vgl. auch die Diskussion über das Rostocker Blücher-Denkmal zwischen Schadow und Goethe. Zur Kritik der Moderne in Frankreich vgl. Baudelaires Plädoyer für die Darstellbarkeit der zeitgenössischen Kleidung in seinem »Salon de 1845«: »Der wahre Maler wird der sein, […] der uns in der Farbe oder in der Zeichnung zeigt und begreiflich macht, wie bedeutend und poetisch wir in unseren Krawatten und Lackstiefeln sind.« (zitiert nach Hofmann, 1999, S. 58). 238 Hierzu grundsätzlich Vec, 1998. 136

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

45  Benjamin West: Tod des General Wolfe, Ottawa, National Gallery of Canada (1770)

berühmten Bildhauers Gianlorenzo, über den vatikanischen Gerichtshof, die Rota (1717).239 Im Zuge der zu seiner Zeit noch jungen römischen »Ceremoniel-Wissenschaft« und des gesteigerten Interesses an der Geschichte des Rituals widmet er in seinem Buch ein Kapitel allein der Gewänderkunde, in dem er die Kleiderordnung des Tribunals und die Symbolik der einzelnen Gewänder bis zu ihren Anfängen zurückverfolgt.240 Dabei merkt der Autor ausdrücklich an, dass die Kleidung nicht nur schmückt, sondern auch die Würde und das Amt anzeigt, welches der Bekleidete vertritt.241 Für die kuriale Gewänderkunde weitaus erschöpfender ist die Monografie des Jesuiten Filippo Bonanni über »La gerarchia ecclesiastica considerata nelle vesti sagre e civile« (1720). Generell scheint sich in der Porträtkunst eine unstandesgemäße Selbstdarstellung immer wieder Bahn gebrochen zu haben. Dies geht 239 Bernini,

1717. 1717, S. 20 – 43. 241 »Nè la qualità della Veste dinota solamente la Persona, mà la Dignità eziando, e l’Ufficio della Persona.« (Bernini, 1717, S. 21). 240 Bernini,

137

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

zum Beispiel aus den Äußerungen des Vorsitzenden des Niedergerichts von Regensburg, Bartholomäus Marchthaler, hervor, der im Jahr 1661 die desolate Kleiderordnung der Reichsstadt beklagte. In seinem detaillierten Entwurf einer neuen Kleiderordnung befasste er sich auch mit dem gemalten Gewand und schrieb: »Soll sich niemands über seinem standt conterfeiten lassen, und da es beraidts geschehen wäre, solches in vorgesezter Zeit bey gleicher straff endern.«242 Dies ist kein Einzelfall, und ähnliche Äußerungen gab es bereits im 16. Jahrhundert, wenn zum Beispiel der Patrizier und Kölner Ratsherr, Hermann von Weinsberg, im Jahr 1574 als Auftraggeber von Bartel Bruyn d. Ä. zu den Aufgaben des Porträts zählte: »Wan eman abgemailt oder cotrafeit wirt, so ist neit allein das heubt und leib zu treffen, dan auch sine kleidoung, was er umb, uff und an gehat.«243 In diesem Zusammenhang ist schließlich auch der bereits erwähnte Augsburger Matthäus Schwarz (1497 – 1574) zu berücksichtigen. Zu den Einzelabbildungen, die Schwarz neben dem »Trachtenbuch« nachweislich veranlasste, zählt der große »Geschlechtertanz« auf Pergament (Augsburg, Städtische Kunstsammlungen). Die figurenreiche Darstellung ist eine illustrierte Kleidergeschichte, die den Bildinschriften zufolge von 1200 bis zum Entstehungsjahr des Bildes 1522 reicht. Gattungsgeschichtlich geht diese historisierende Kleiderillustration auf ältere Darstellungen von Augsburger Geschlechtertänzen zurück, wie jenem aus dem Jahr 1500.244 Auch dort werden die Teilnehmer einer 242 Bartholomäus

Marchthaler: Unmaßgeblicher Project einer kleyder Ordnung zu Regensburg, Anno 1661. Hauptstaatsarchiv München, RL Regensburg 390, fol 247r – 261v. Die Quelle ist erwähnt und im obigen Sinne hervorgehoben bei Bulst/ Lüttenberg/Priever, 2002, S. 21 – 22. 243 Zitiert nach Schmid, 1991, S. 94. Der Verweis auf das Zitat ist zu finden bei Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002, S. 24. 244 Die ältesten der dargestellten Gewänder reichen typologisch jedoch nicht weiter als bis in das 14. Jahrhundert zurück (Fink, 1963, S. 31). Der früheste Geschlechtertanz stammt von 1500 (Augsburg, Städtische Kunstsammlungen), gefolgt von jener Inkunabel »Augsburger Gartenfest« von 1522, das von Matthäus Schwarz in Auftrag gegeben und auf Pergament gemalt wurde. Es ist nicht, wie 1994 verlautbart (»Kurzweil viel ohn’ Maß und Ziel«, 1994, S. 43), verloren, sondern befindet sich im Magazin der Städtischen Kunstsammlungen Augsburg. Ich danke Dr. Christoph Nicht für die kollegiale und generöse Unterstützung, die Magazinbestände der Augsburger Kunstsammlungen zu sichten. Die Wiederauffindung des Pergamentbildes ist sein Verdienst. 138

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

langen, mehrfach durch den Bildraum geführten Kette von Tanzpaaren in ihren Kostümen vorgeführt. Weniger als die Hälfte der schriftlich Benannten zählte im Jahre 1500 zu den Patriziern der Stadt. Die übrigen vertretenen Familien stiegen erst 1538 in die städtische Oberschicht auf, als mit der sogenannten Augsburger Geschlechtervermehrung das dezimierte Patriziat wieder aufgestockt wurde.245 Die am unteren Bildrand befindliche Inschrift, die als Motto der Illustration fungiert, nimmt die Betonung der wahrheitsgemäßen Darstellung für das Schwarz’sche »Trachtenbuch« bereits vorweg, indem sie in einem kurzen Reim die Authentizität der abgebildeten Kostüme betont: »Nach Christy Gepurt 1500 Jahr was [war] diese Claidung zu Augspurg, das ist wa[h]r.« Welche Bedeutung die Kleidung für Matthäus Schwarz hatte, geht auch aus seinem kleinen Pergamentgebetbuch von 1520/21 hervor, das im Berliner Kupferstichkabinett aufbewahrt wird.246 Es handelt sich um eine Handschrift, ein Kleinod der Miniaturmalerei, das neben Christusund Mariendarstellungen, in denen Schwarz als Adorant auftritt, auch Genre- und Jagdszenen enthält. An mehreren Stellen sind in dem gebundenen Büchlein zwischen den Textseiten ganzseitige, farbige Abbildungen enthalten, auf denen einfache Zeitgenossen (»ein gmain reyterei«) oder Narren in ihren besonderen Kostümen porträtiert sind.247 Selbst in einem Gebetbuch war es Schwarz darum zu tun, die gottgewollte Signifikanz der Gewandung zu dokumentieren und in später hinzugefügten handschriftlichen Eintragungen auf derselben Seite zu kommentieren. Das Interesse an Kleidermoden und gesellschaftlicher Kleiderordnung war zu Beginn des 16. Jahrhunderts im süddeutschen Raum sichtlich groß. Die angeführten Quellen sind wegen ihrer Bild-Schrift-Synthese von großem Wert für die Kleiderforschung, denn sie zeigen, dass man sich mit der Geschichtlichkeit von Kleidernormen ebenso beschäftigte wie man die Einsatzbereiche der verschiedenen Kleidungsstücke sehr genau differenzierte. Hierfür steht vor allem das Schwarz’sche »Trachtenbuch« selbst, das auf insgesamt 137 farbigen Miniaturabbildungen

245 Fink,

1963, S. 32; Kranz, 2004, S. 119. des Matthäus Schwarz (1520/21), Pergament, Berlin, Kupferstich­ kabinett (Signatur: 78 B 10). Seitenmaße: 11,3 × 7,8 cm. Vgl. hierzu Habich, 1910; Buchsbaum, 1949; Grüber, 1994, S. 139 – 144. 247 Der Reiter (Blatt 25r); der Narr Kunz Schelklin (Blatt 35r); der Narr Doni Hurri (Blatt 57r).

246 Gebetbuch

139

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

die biografische Kleidergeschichte des Matthäus Schwarz nachzeichnet. Für die Illustrationen waren verschiedene Künstler verantwortlich, von denen als die wichtigsten Narziss Renner und Christoph Amberger (vor allem Werkstatt) zu nennen sind.248 Die Bilder verfolgen in chronologischer Reihenfolge die Entwicklung der Garderobe des Auftraggebers Matthäus Schwarz und beginnen bei seiner Geburt, halten seine Kinder- und Jugendkleider fest und führen die Aufzeichnungen bis in sein 63. Lebensjahr fort. Dies als Symptom einer pathologischen Selbstüberschätzung oder zumindest als skurrile Selbstverliebtheit zu deuten, wäre ein Missverständnis. Denn unlängst konnte überzeugend nachgewiesen werden, dass die mit buchhalterischer Akribie aufgezeichneten Selbstbeobachtungen Teil der unaufhörlichen Sorge um Kontrolle und Nachprüfbarkeit des eigenen Alltags im Allgemeinen und eines christlichen Tugendverständnisses im Speziellen sind. Die doppelte Buchführung, wie sie Schwarz auch für eine persönliche Selbstkontrolle empfiehlt, ist die Besonderheit seiner Methode, stets einen einwandfreien Rechenschaftsbericht für den Jüngsten Tag zur Verfügung zu haben. Aber die Kostümschau ist auch eine Reaktion auf die zunehmende Bedeutung des Zeremoniells unter den städtischen Eliten, insbesondere im Dunstkreis der Fugger. Die Gewandung war die Sichtbarmachung von Status und Zugehörigkeit, von Reichtum und Loyalität.249 Das Schwarz’sche »Trachtenbuch« ist daher ein für seine Zeit außergewöhnliches Zeugnis sozialer Selbstverortung und Selbstkontrolle mit dem Anspruch dokumentarischer Authentizität. Die daraus resultierende Selbstdarstellung erhält ihre Evidenz durch die Wort-Bild-Synthese. Dem Bild kommt dabei die Aufgabe zu, das Kostüm in seiner Kombination, seinem Schnitt und seiner Farbe darzustellen, während die Kurztexte kommentierend das Datum, den zeremoniellen Anlass (z.B. Hochzeit etc.) und die Wahl der Stoffe hinzufügen. Der spezielle Gewinn für die Kleiderforschung liegt in der biografischen Aufmachung der Handschrift, welche die Kleidervielfalt einer einzigen Person aufzeigt, die sich mit ihrem zunehmenden Alter ebenso ändert, wie sie auf einen fortschreitenden Wandel der Kleidermode reagiert. Darüber hinaus liefern Schwarz’ Aufzeichnungen wichtige Anhaltspunkte, um die Relevanz überlieferter Kleidervorschriften und -konventionen zu 248 Fink,

1963, S. 48 – 62. 1998.

249 Groebner,

140

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

bemessen. Sie ermöglichen den Abgleich von Prosopografie und Kleidung in zahlreichen Fällen, wie anhand der Schaube gezeigt werden konnte, und bieten gegenüber dem herkömmlichen Porträt den Vorteil, dass sie nicht nur einen, sondern viele verschiedene Lebensabschnitte ein und derselben Person unter der besonderen Beobachtung der Einkleidung veranschaulichen. Das Schwarz’sche »Trachtenbuch« ist wohl der umfassendste Beweis für die hohe Relevanz der Kleidung und ihrer Wahrnehmung im gesellschaftlichen Alltag der Frühneuzeit, von der die Geschichte der Kunst nicht abgekoppelt werden sollte.

Kunstgeschichte und Kleidung – Von der Insignie zum Symbol Es ist die Kleidung selbst, mit welcher in der Kulturgeschichte seit jeher ein visuelles System der Zeichen und Symbole entwickelt wurde, deren Wirkung und Normierung den Lebensalltag ebenso prägte wie das Bild oder die Skulptur. Für die hohe Relevanz der Kleidung für den Lebensalltag, aber auch für die künstlerische Praxis geben die Geschichte und Bedeutung der Mode und die schriftlichen Quellen zahlreiche Hinweise. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welcher Bedeutungsgrad der Kleidung im Bild zukommt. Dass Bilder nicht Abbilder einer Alltagsrealität sind, braucht nicht extra betont zu werden. Zudem sind das Bild und die Skulptur, was die dargestellte Kleidung betrifft, nicht als allegorisierte Rätselbilder humanistischer Prägung für eine Bildungselite zu begreifen, sondern vielmehr als Reflexionen – nicht Spiegelbilder – eines kleidungsbetonten Alltags, der für die Adressaten der Bildwerke selbstverständlich war. Der Alltagsbezug bildlicher Darstellungen ist bereits für die Gestikforschung der Kunstgeschichte im Sinne einer Zeichensprache fruchtbar gemacht worden. Als wesentlicher Teil der »Ut-pictura-poesis«-Argumentation ist die Gestik in der Kunsttheorie seit Albertis »De pictura« (1435/36) fest verankert.250 Und auch die Kleidung ist, wie gesagt, spätestens seit Alberti in der topischen Gleichsetzung von Dichtung und Malerei ein bestimmendes Kriterium der »Historia« des Bildes. 250 Zur

Gestik in der Kunst vgl. grundsätzlich Rehm, 2002. Die »Ut-pictura-poesis«Doktrin Albertis versteht die Gestik als Mittel, die Betrachterseele zu bewegen (Rehm, 2002, S. 26 – 28; Locher, 2003, S. 365 – 366). Albertis Darstellung des »movere« ist an der »actio« der Rhetorik orientiert (Patz, 1986, S. 282 – 285). 141

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

Der Kleidung kommt in der frühneuzeitlichen wie modernen Gesellschaft eine eminente Bedeutung zu. Sie prägt die bildende Kunst, das öffentliche Leben und alle Gattungen der Literatur bis hin zu Gesetzestexten. Kleidung beansprucht deshalb für die bildende Kunst einen hohen Grad der Relevanz. Sie ist über ihre distinktive Rolle in jeder Gesellschaft hinaus grundsätzlich in der Lage, sowohl im Bild als auch in jeder Alltagsrealität als Insignie und Symbol zu wirken und dabei Werte und Normen zu vermitteln. Von dieser Voraussetzung ausgehend ist eindeutig festzustellen, dass eine äußerst enge Verknüpfung von Darstellung und Dargestelltem gegeben ist, die bisweilen zu höchster Deckungsgleichheit reichen kann. Der unstrittig kleiderbetonte Alltag verbietet die Annahme, dass vestimentäre Darstellungen im Bild keine symbolische Bedeutung beanspruchen und daher von den alltäglichen Erfahrungen der Zeitgenossen als objektivem Apriori des Bildverständnisses abzulösen seien.251 Es würde ja auch grundsätzlich niemand behaupten wollen, dass die Darstellung eines Mannes mit einer Tiara auf dem Kopf nicht den Papst meint. Die Tiara hat als Insignie folglich einen unmittelbar lebenspraktischen Bezug, der sie zum Zeichen macht. Dass sie darüber hinaus noch tiefere Bedeutungsschichten tangieren kann, ist für jeden Einzelfall zu prüfen. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass vestimentärer Darstellung in der bildenden Kunst ein zeichenhafter Charakter zukommt, dessen symbolische Bedeutungstiefe unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Wichtig ist deshalb auch die Feststellung, dass derartige Zeichen wie Insignien oder Kleidung nicht allein der hierarchischen Unterscheidung gesellschaftlicher Gruppen, sondern auch – und das ist für die folgenden Überlegungen entscheidend – der Übermittlung bedeutungsgeladener Inhalte dienen. Die Begriffe »Insignie« und »Symbol« sind im Folgenden noch zu schärfen; doch sei zunächst mit zwei Beispielen aus unserem gegenwärtigen Politalltag die symbolische Bedeutung der Kleidung erläutert, die über jeden Insigniencharakter weit hinausgeht: Zum einen ist an die aufsehenerregende »Strickjacken-Diplomatie« zwischen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow von 1990 zu erinnern, die gerade deshalb die öffentliche Aufmerksamkeit erregte, weil beide 251 Vgl. zur Dichotomie von sinnlichem Träger und Bezeichnetem, die gerade in der

Kunst der Moderne nicht auszuschließen ist, die Kritik an Panofskys Ikonologie von Bätschmann, 1978, S. 465 – 466.

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Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

Staatsoberhäupter ihre »offizielle« Garderobe gegen eine »private« ausgetauscht hatten, um die besonders freundschaftliche und entspannte Verhandlungsatmosphäre sichtbar zu machen. Dass dabei die vermeintlich private Konnotation der Strickjacke zu einem gestenreichen Verweissystem von staatspolitischer Relevanz verwandelt wurde, lässt tief blicken in Bezug auf die Problematik des Begriffs »privat«, dessen Bedeutung im Bild meist ins Gegenteil kippt. Zum anderen ist bezüglich unserer eigenen Kleider-Gegenwart an das heftig umstrittene Kopftuchverbot an staatlichen Schulen in Baden-Württemberg zu erinnern (1998/2004), von dem das christliche Kopftuch und die Nonnenkutte ausdrücklich ausgenommen werden sollten.252 Mit dieser Feinjustierung setzte die ehemalige Kultusministerin von Baden-Württemberg, Annette Schavan, ohne Weiteres voraus, dass in unserer westlichen säkularisierten Industriegesellschaft von einer umfassenden Kenntnis der Kleiderkunde, insbesondere der religiösen Bedeutung des Kopftuches, auszugehen sei. Führt man den Gedanken konsequent zu Ende, so scheinen die Bürger die Fähigkeit zu besitzen, das Kopftuch in Einzelfällen als Kleidersymbol wahrzunehmen, das mit religiösen und gesellschaftspolitischen Inhalten aufgeladen ist. Der Exkurs in die Gegenwart – den man um die Verweise auf die Trikotfarben einer Fußballmannschaft, die militärische oder polizeiliche Uniform, den Arztkittel, den »Blaumann« oder Jeans und T-Shirt mühelos erweitern könnte,253 verdeutlicht den Insigniencharakter der Kleidung, den sie gegenwärtig ebenso beansprucht wie in der Vergangenheit. Aus diesem Grund wird die unterschiedliche Wertung von Insignie und Gewand im Bild dem symbolischen Wert der Kleidung und der gesellschaftlichen Bedeutung der Mode im Allgemeinen nicht gerecht. Insignie und Gewand sind gleichermaßen Ausdruck sozialer Differenzierung und zeremonieller Inszenierungen. Vor diesem kontextuellen Hintergrund sollte insbesondere die Kleidung in ihrer Bedeutung für die Kunst aufgewertet werden. Die Kleidung aller gesellschaftlichen Schichten ist selbst Insignie. Nicht nur die Krone oder das Zepter, sondern 252 Im

Sommer 2006 wurde das Kopftuchverbot vom Stuttgarter Verwaltungsgericht aufgehoben. Zusammenfassend zum »Kopftuchstreit« vgl. Münch, 2005, S. 9 – 14, der in seiner Studie das gegenwärtige Verhältnis von Kleidung und Recht in Deutschland thematisiert. 253 Zum Verhältnis von Kleidung und Recht in der deutschen Gegenwart bezüglich der Sport- und Berufskleidung vgl. grundsätzlich die Studie von Münch, 2005. Zum Zeichencharakter des T-Shirt Kerkhoff-Hader, 1998. 143

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

auch die Gewandung des Adels, des Patriziats und der Kaufleute indiziert im Bild wie im Alltag deren gesellschaftliche Rolle und Gruppenzugehörigkeit, wie der soziale Aspekt der »Livree« mustergültig zeigt.254 Der Begriff »Insignie« ist aus dem Lateinischen herzuleiten und bedeutet zunächst nichts weiter als Kennzeichen oder Abzeichen. Von den historischen Wissenschaften wurde der Begriff geadelt und zum Herrschafts- und/oder Standeszeichen befördert, die dem Träger bestimmte, anderen nicht zustehende Rechte zuschreibt und damit dessen besondere Würde hervorhebt. Aber selbst in dieser eingeschränkten Bedeutung ist die Königskrone ebenso Insignie wie der päpstliche Camauro, die venezianische Toga oder die deutsche Schaube. Und auch die Kleidung als »negative« Insignie muss erwähnt sein, wenn damit gesellschaftliche Randgruppen (Juden, Prostituierte etc.) stigmatisiert wurden.255 Die Kleidung, ihr Stoff, ihr Schnitt, ihre Farbe und ihre Accessoires sind vielschichtige Bedeutungsträger, sie sind Zeichen, gesellschaftliche Codes, die einer strengen Reglementierung unterworfen sind. Wenn also bisher summarisch von »Kleidung« oder »Kostüm« die Rede war, so sind diese Begriffe als übergeordnete Kategorien zu verstehen. Ihnen subsumiert sind ihre Einzelbestandteile, die wiederum eigenen Gesetzmäßigkeiten unterworfen sein können. Hierzu zählen die eingangs erwähnten Textilien im besonderen Maße, denn ihre Beschaffenheit war bisweilen wichtiger, als der Gewandtypus. Exemplarisch wurde der Sachverhalt an Dürers Wamsmode erörtert.256 Ähnlich stellt sich das Verhältnis von Gewandtypus und Einzelbestandteilen im Fall der Pelzschaube dar; denn es ist nicht die Schaube an sich, sondern vielmehr die Pelzsorten, die als Kragenbesatz infrage kommen und für Dürers Münchner Selbstporträt die entscheidende Rolle spielen. Über die allgemeine Zeichenhaftigkeit der Kleidung, ihrer Textilien und Verzierungen hinaus ist ihr zudem ein symbolischer Gehalt zu Eigen, der auf einem komplexen System des vestimentären Zeichens gründet. Die Unterscheidung von Zeichen (Insignie) und Symbol ist für die 254 Die

»Livree« als Leistung eines Hauses gegenüber seinen Klienten in Form eines Kleidungspaketes war materieller Ausdruck von Loyalitätsverhältnissen der Frühneuzeit. Vgl. hierzu grundsätzlich Völkel, 1993, S. 158 – 182. 255 Zur gelben Kleiderfarbe der gesellschaftlichen Randgruppen vgl. Greisenegger, 1964, S. 60 – 99. Reichel, 1998, S. 97 – 110. Zur Zwangstracht venezianischer Kurtisanen und Prostituierten vgl. Pedrocco, 1990. 256 Vgl. 14. 144

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

Methodenbestimmung einer kleiderkundlichen Kunstgeschichte wichtig, da die Insignie allein nicht über eine ikonografische Analyse hinausführt. Erst ihr symbolischer Charakter, der die tieferen Sinn- und Bedeutungsschichten des Zeichens,257 der Insignie, berührt, ebnet den Weg zu einer kleiderkundlichen Kunstgeschichte und ihrer »symbolischen Form« (nur bedingt im Sinne Cassirers258). Letztlich führt sie zur Ikonologie, wie sie Panofsky zeitlos definiert als die »Synthetische Intuition«, die durch die »Einbeziehung der Geschichte kultureller Symptome oder ›Symbole‹« den eigentlichen Gehalt oder die eigentliche Bedeutung des Bildes, den »Wesenssinn«, offenbart. Symbole artikulieren ein kognitives Weltverhältnis.259 Die Macht des Symbolischen liegt allgemein in der Uneindeutigkeit des Symbols, das Werte und Normen versinnbildlicht, aber nicht eindeutig benennt.260 Die Uneindeutigkeit ist eine spezifische Leistung

257 Der

Symbolbegriff ist in den Geisteswissenschaften sehr uneinheitlich definiert. Vgl. hierzu Scholz, Oliver R.: Symbol. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Basel 1998, Sp. 710 – 738. Zur Geschichte des Symbolbegriffs in der Ästhetik und Kunstwissenschaft und seine uneinheitliche Definition vgl. Pochat, 1983. Im Folgenden wird der Symbolbegriff in dem Sinne verwendet, wie ihn die Kunstwissenschaft bereits in den 1960er-Jahren entworfen hat. Ihre Wurzeln hierzu liegen in der romantischen Kunstphilosophie, wie etwa in den Ausführungen Friedrich Creuzers (vgl. Howald, Ernst: Der Kampf um Creuzers Symbolik. Tübingen 1926, S. 63 – 38). Grundsätzlich kann mit »Symbol« sehr Verschiedenartiges und sogar Gegensätzliches gemeint sein. Das Wort »Symbol« sollte deshalb nur auf eine bestimmte Art von Zeichen beschränkt werden, »die für einen sonst unübersetzbaren und unaussprechlichen Sinn zu stehen kommen«. (Gombrich, 1966, S. 11 – 12; in diesem Sinne auch Dittmann, 1975, S. 164; Gombrich (1972), 1979, besonders S. 406 – 409). Zum kunstgeschichtlichen Symbolbegriff seit Aby Warburg vgl. zusammenfassend Ubl, 2003, S. 344 – 348. 258 Cassirers Begriff der symbolischen Form fußt auf der Philosophie des freien schöpferischen Geistes. Erst in der Cassirer-Rezeption wird die »symbolische Form« als kultureller Ausdrucksträger mit konkreten und realen Ursachen ausgefüllt und Cassirers Definition ins Gegenteil gedreht (Dittmann, 1975, S. 165 – 166). Zu Cassirers Symbolbegriff vgl. auch Pätzold/Sandkühler, 2003, S. 114 – 118. In Bezug auf die Kunst ebd., S. 32 – 34. 259 Panofsky (1932), 1998, S. 1074 – 1077; Panofsky (1939/1957), 1978, S. 47 – 50. Rückblickend kritisch Ubl, 2003, S. 346. 260 Zur Mehrdeutigkeit des Symbols und im Sinne des Thomas von Aquin (Quaestiones quodlibetales. Bd. 7, Paris 1926, S. 275) vgl. auch Gombrich (1972), 1979, S. 406 – 407. 145

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

symbolischer Kommunikation, die für die Stiftung stabiler sozialer Ordnungsstrukturen unerlässlich ist.261 Von der Polyvalenz des Symbols ist die Kleidung unmittelbar betroffen. In ihrer Rolle als gesellschaftlicher Symbolträger ist sie in den historischen Wissenschaften unstrittig. Das liegt grundsätzlich daran, dass sich in letzter Zeit gerade in den kulturwissenschaftlichen Fächern wieder eine Hinwendung zur Bedeutung der symbolischen Formen abzeichnet. Theoretische Konzepte aus unterschiedlichen Disziplinen von Phänomenologie262 und Zeichentheorie263 über die Kulturanthropologie264 bis hin zu Soziologie und Ethnologie265 sind hierzu ausgearbeitet. Gemeinsam ist all diesen Ansätzen, dass sie Kultur über die elementare Fähigkeit des Menschen zur Symbolerzeugung definieren.266 »Der Umstand, dass ›äußere‹ Zeichen als ›Symbole‹ dienen, ist eine der konstitutiven Voraussetzungen aller sozialen Beziehungen«, wie es Max Weber treffend formulierte.267 Ein »äußeres Zeichen« ist auch und vor allem das Kostüm beziehungsweise die Kleidung. Die Bildanalyse unter Einbeziehung der Kleiderkunde hat sich folglich kontinuierlich mit der Kleidung als Insignie und mit ihren symbolischen Werten auseinanderzusetzen. Der Zeichencharakter der Kleidung lässt sich dabei in der Regel rekonstruieren, wobei damit nicht gesagt ist, dass jedes Kleidungsstück immer als Insignie galt bzw. wahrgenommen wurde. Kleidung ist immer dann als definitive Insignie zu identifizieren, wenn sie durch zeitgenössische Schriftquellen (zum Beispiel Zeremonialliteratur) als solche belegt ist oder wenn sie im Bild stets das Gleiche bezeichnet, wie etwa die Tiara immer auf das Papstamt verweist.268 261 Kertzer,

1988, S. 67 – 70. Zur »Integration durch Uneindeutigkeit« vgl. Mergel, 2002, S. 574 – 607. 262 Vor allem Schütz, A., 1993; Berge/Luckmann, 1980. 263 Cassirer (1923–1929), 1953; Peirce, 2000; Saussure, Ferdinand de: Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Berlin 1967; Eco, 2002. 264 Gehlen, 1986. 265 Durkheim, 1981; Bourdieu, 1979; Geertz, 1983; Turner, 1989. 266 Vgl. hierzu zusammenfassend und die nicht mehr überschaubare Literatur instruktiv skizzierend Stollberg-Rilinger, 2004, S. 490, Anm. 7. 267 Weber, Max: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Hrsg. von Johannes Winckelmann, Tübingen7 1988, S. 332. 268 Dass die kaiserliche »Corona triplex« in bildlichen Darstellungen des 14. Jahrhunderts der päpstlichen Tiara aus guten Gründen sehr ähnlich sein konnte, macht deutlich, dass eine solide Typengeschichte der entsprechenden Bildquel146

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

Kleidung kann aber auch als »kryptische« Insignie wirken, die auf einer gesellschaftlichen Kognition beruht, ohne dass schriftliche Quellen eindeutig darauf verweisen, etwa wenn Shorts auf warmes Klima und Freizeit schließen lassen oder wenn Dürers Pelzschaube auf den Ratsherrn und Richter verweist. Die Kleidung als Symbol zu rekonstruieren, wirft hingegen mehr Probleme auf, denn wegen seiner a priori gegebenen Polyvalenz lässt sich die bildrelevante Bedeutung des Symbols nicht ohne Weiteres bestimmen. So ist die dargestellte Kleidung zuerst auf ihre Bedeutung in der symbolischen Kommunikation der entsprechenden Alltagsrealität zu untersuchen, um diese Ergebnisse dann abzugleichen mit einer bildlichen Typengeschichte und schließlich den symbolischen Implikationen der Kleidung im Bild. Insbesondere die Typengeschichte ist ein unerlässliches Korrektiv textlicher Überlieferungen, wie bereits Panofsky betonte. Im vorliegenden Fall ist Dürers Münchner Selbstporträt in Verbindung mit der Typengeschichte der Pelzschaubendarstellung zu sehen. Jene Kenntnisse über die Kleidung, die durch Textquellen (Luxusgesetze, Polizeiordnung etc.) überliefert sind, werden durch die Bildquellen jedoch nicht unbedingt bestätigt. Die symbolische Bedeutung seiner Pelzschaube ist daher durch die Kenntnis literarischer Quellen kaum zu greifen und noch weniger zu begreifen. Erst durch die Einbeziehung weitere Bildquellen, die von Dürer selbst und/oder seiner Umgebung stammen und die Pelzschaube thematisieren, entsteht eine Typengeschichte, die von Panofsky in seinen früheren Äußerungen zur Ikonologie noch als »objektives Korrektiv« zur Textquelle gesehen wurde. Nie hat er sich diesbezüglich deutlicher ausgedrückt, als in seinem Vortrag vor der Kieler Kantgesellschaft 1931.269 Danach ist erst die Bildund Typengeschichte ein Garant dafür, ob die für die Bildinterpretation herangezogenen literarischen Quellen tragen und zuverlässig sind. Texte mögen Sujets thematisieren, die ähnlich im Bild zur Darstellung kommen. Texte können jedoch auch, wenn sie als Fundament der Bildbedeutung betrachtet werden, zu Missverständnissen und Fehldeutungen führen. Wenn also, um abermals zum exemplarischen Thema zurückzukommen, die Texte der Polizeiordnung oder Nürnberger Stadtgesetze len das unerlässliche Korrektiv der auszuwertenden Textquellen ist (zur Typengeschichte vgl. Panofsky (1939/1957), 1978, S. 46 – 47; zur »Corona triplex« vgl. Scheller, 2002). 269 Der Vortrag wurde 1932 publiziert: Panofsky (1932), 1998, S. 1073 – 1074. 147

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

die Hierarchien von Kleidertypen festlegen, sind diese Texte aber nicht imstande, über eine differenzierte Bedeutung der unterschiedlichen Kleidertypen aufzuklären. Es macht jedoch keinen Sinn, deshalb die Suche nach weiteren Bedeutungsschichten der Kleidung im Bild aufzugeben, nur weil die entsprechenden literarischen Quellen nicht mehr Informationen preisgeben. Wie am Beispiel von Dürers Münchner Selbstporträt gezeigt werden konnte, sind es die Gesetzestexte, die den Kunsthistoriker für eine Problemstellung sensibilisieren, ihm diese jedoch nicht vollständig aufschlüsseln. Erst die Überprüfung, wie sich die Problemstellung in der Bildtradition niederschlägt und welche Typengeschichte sie hervorgebracht hat, offenbart die Differenz zwischen Bild- und Textquelle. Es ist Panofskys großes Verdienst, die Typengeschichte als »objektives Korrektiv« zum Schutz des Bildes als eigenwertiger Quelle ins Spiel gebracht zu haben. Damit ist er über jeden Vorwurf der methodischen Textlastigkeit erhaben. Die Polyvalenz der Kleidung als Symbol, wie sie durch die Differenz von Text- und Bildquellen anschaulich wird, prägt die Bildanalyse auf Grundlage der Kleiderkunde entscheidend. Beide Quellengattungen ergänzen sich gegenseitig. Die symbolische Bedeutung der Kleidung fußt auf den literarischen Kenntnissen des Interpreten ebenso wie auf den typengeschichtlichen, um schließlich durch die Einbeziehung der Geistesgeschichte einen rekonstruierten »Wesenssinn« zu erhalten, der die kognitive Wahrnehmung der Zeitgenossen betrifft. Die Bedeutung von Dürers Pelzschaube als Rats- und Richterinsignie konnte nur durch die Typengeschichte erschlossen werden, während die juristischen Textquellen die gesteigerte optische Sensibilität der Zeitgenossen für diese Zusammenhänge bezeugen und die enge inhaltliche Verknüpfung von Darstellung und Dargestelltem belegen. Davon ausgehend konnte der symbolische Gehalt der Pelzschaube in Dürers Münchner Selbstporträt schließlich in Verbindung mit seinem Darstellungsmodus und durch die Einbeziehung der Rechtsgeschichte rekonstruiert werden. Die Textquellen hätten ohne die Kontrollinstanz der bildlichen Typengeschichte eine kleiderkundliche Interpretation des Selbstbildnisses sehr eingeschränkt. Die Kleidung als symbolische Form der Gesellschaften aller Epochen, ihr Einsatz im Bild und dessen kleiderkundliche Wahrnehmung durch die Zeitgenossen sind die drei Eckpfeiler einer kleiderkundlichen Bilddeutung heute. Die Bilddeutung sollte, um es noch einmal zusammen148

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

zufassen, nicht von dem Axiom ausgehen, die dargestellte Kleidung sei die visuell chiffrierte Version eines Sinngehaltes, dem eine verbale oder literarische Urfassung vorauszugehen hat, wie die Ikonologie nicht selten missverstanden wurde.270 Vielmehr ist das Gewand im Bild zuerst als Reflexion eines »nonverbalen« Kleidungsalltages der Adressaten zu untersuchen. Deshalb ist der Kunsthistoriker gefordert, die Kleidung wie das Bild der Kleidung gleichermaßen als visuelle Quelle einer »Kostümargumentation« zu verstehen. Die Wiedergabe einer Kleiderwirklichkeit im Bild ist kaum zu erwarten, denn meist ging es den Auftraggebern und den Künstlern um die strategische Modifikation der Alltagsrealität, die für jedes Bild und jede bildhauerische Arbeit individuell zu untersuchen ist. Doch sollte sich der Bildwissenschaftler generell damit auseinandersetzen, dass das Bild ideale Wirklichkeiten mithilfe der Kleiderikonografie konstruiert – eben ganz im Sinne des Begriffs der Kostümargumentation. Wenn sich das Bild authentischer Gewanddarstellung bedient, ist damit folglich nicht die historische oder soziologische Authentizität ihres kontextuellen Einsatzes garantiert. Wenn also zum Beispiel ein porträtierter Mann ein bestimmtes Kleidungsstück trägt, heißt das noch lange nicht, dass er dazu befugt war. Ebenso war für die Schaube der Dürerzeit festzustellen, dass in vielfigurigen Stifter- oder Historienbildern die Pelzschaube selektiv eingesetzt wurde, um den Ratsherren und Richter zu kennzeichnen. Diese Dichotomie zwischen Bild- und Alltagsrealität ist der Schlüssel zur kleiderkundlichen Bilddeutung, denn wie an der Pelzschaube exemplifiziert werden konnte, bedingt der fokussierte Einsatz der Pelzschaube im Bild die Verdichtung ihrer symbolischen Bedeutung. Während im Alltag viele das Recht beanspruchten, die Marderpelzschaube zu tragen, sind es im Bild nur wenige. Während im Alltag Rats- und Gerichtsfähige die Pelzschaube anlegen konnten, zu denen allgemein Bürger mit Vermögen zählten, reduzierte sich die Zahl der Standesvertreter mit Pelzschaube im Bild auf zwei: den Ratsherrn und den Richter. Die Pelzschaube mutierte im Bild von einer Standes- zu einer Amtsinsignie. Die typengeschichtliche Reduktion der Pelzschaube auf die zwei wichtigsten kommunalen Ämter bedingte eine semantische Aufladung der Insignie mit der theoretischen und praktischen Bedeutung ihrer Ämter.

270 Vgl.

hierzu grundsätzlich die Kritik von Pächt (1977), 1979, S. 373. 149

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

Der methodische Reiz der Kleiderkunde für die Kunstgeschichte liegt folglich weniger in der Frage nach der Authentizität der dargestellten Kleidung selbst. Diese ist in zahllosen Fällen bereits von der Disziplin der Kostüm- und Kleiderkunde fundiert beantwortet worden, sofern Bilder nicht als Abbildungen einer Alltagswirklichkeit missverstanden wurden. Für den Kunsthistoriker ist vor allem die Geschichte der Kleidung bzw. eines Kleidungsstücks in der Malerei und Skulptur von Interesse. Diese Feststellung ist keine Banalität, sondern ein hoher Anspruch an die Bildkompetenz des Interpreten. Dieser muss sich mit der Darstellung eines Kleidungsstücks in allen Gattungen der bildenden Kunst beschäftigen, um die Bedeutung der visualisierten Kleidung zu erfassen, die letztendlich nicht durch Stichproben, sondern erst durch eine möglichst umfassende quantitative Erhebung eingrenzbar wird. Doch zunächst ist die normierte Zeichenhaftigkeit der Kleidung von Interesse, die den Wissenschaftler bei der Bildanalyse zuerst beschäftigen sollte, bevor er sich dem kleiderkundlichen Symbolgehalt und damit dem Bereich der Kostümargumentation zuwendet. Dabei stellt sich grundsätzlich immer eine Doppelfrage, die in unterschiedlicher Ausprägung die Ikonologie des Bildes beherrscht: Warum trägt der abgebildete Protagonist eine bestimmte Kleidung/Insignie im Bild, und warum trägt er nicht eine andere? Konkret hieße das, um ein genanntes Beispiel noch einmal aufzugreifen: Warum trägt Helmut Kohl eine Strickjacke und kein Jackett; oder: Warum trägt Dürer eine Marderpelzschaube und kein Wams? Die Grundsatzfrage verspricht große Erkenntnisgewinne im Hinblick auf die betreffende Bildsemantik, im weitesten Sinne auch für die Kulturgeschichte, aber nur, wenn die symbolische Form der Gewandung und das Wesen der Mode als dialektisches System von Anpassung und Distinktion verstanden wird. Für diese erste Ebene der kleiderkundlichen Bildanalyse sind Textquellen aus den Bereichen der Poesie, Prosa, Polizeiordnungen und Luxusgesetze ebenso wichtig wie die Erkenntnisse der Zeremonialwissenschaft, sofern sie sachdienliche Hinweise zu einer kulturgeschichtlichen Verwendung der Kleidung geben können. Neben ihrer Eigenschaft als Insignie besitzt die Kleidung, wie gesagt, einen hohen symbolischen Wert. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die symbolische Kommunikation auf der integrativen Polyvalenz des Symbols gründet, welches Werte und Normen einer Gesellschaft anschaulich, bildhaft und vieldeutig transportiert. Die Vielfalt möglicher Verweisstrukturen und assoziativer Verknüpfungen, die auch 150

Epilog: Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte

vom symbolischen Charakter der Kleidung ausgehen, sind kulturell konditioniert. Der Einsatz der Kleidung in der Alltagsrealität einer bestimmten Epoche erfolgt gewissermaßen in einem sozialen, psychologischen, historisierenden, juristischen und normativen Bedingungsgemenge, das in seiner Verhältnismäßigkeit nicht automatisch auf das Bild, in dem es dargestellt ist, übertragen wird. Es ist deshalb die Aufgabe der Kunstgeschichte, nicht nur die Kleidung im Bild als Insignie zu benennen und damit ihre distinktive Funktion zu erkennen, sondern darüber hinaus vor allem ihren symbolischen Gehalt zu ermitteln. Die Übersetzungsmodalitäten zu rekonstruieren, mit denen ein Kostüm oder Kleidungsstück aus seiner Alltagsrealität in das Bild übertragen wurde, kann zu umfassenden Erkenntnisgewinnen führen. Diese beziehen sich dann nicht allein auf inhaltliche Belange der Bilddeutung, die der ikonologischen Methode traditionell vorgeworfen wird. Die kleiderkundliche Kunstgeschichte ist folglich nicht allein ein Vehikel der Ursachenforschung und Inhaltsdeutung. Vielmehr liefert sie auch zahlreiche Anhaltspunkte für den »Kunstcharakter« des Kunstwerkes, der – das sei hier nur angedeutet – durch die richtige Einschätzung der Kleidung die Bildstruktur ebenso berührt271 wie formale, stilistische und funktionale Belange des Bildes. Die kleiderkundliche Kunstgeschichte könnte stilistische Beobachtungen zum Beispiel in den Werken der frühen Niederländer präzisieren, den Verismus der stofflichen Darstellung aus einer textilkundlichen Perspektive neu beschreiben und darüber hinaus einen Beitrag zur Kontextforschung leisten, der womöglich den Stilwandel bis hin zur Feinmalerei zu erklären vermag.272 Erfolge der kleiderkundlichen Kunstgeschichte in der jüngeren Forschung gibt es bereits, wobei die Bildwelt der Frühneuzeit davon kaum betroffen ist.273 Abgesehen von einigen Ausnahmen ist aber grundsätz271 Zum

methodischen Begriff der Bildstruktur vgl. Trempler, 2007, S. 22 – 23. bereits erwähnten, erfolgreichen methodischen Verknüpfung von Kunstgeschichte und Textilkunde vgl. Franke, 2003, 2006 und 2007; Stauffer, 2004, S. 145 – 165. Über die Form als Kunstsymbol vgl. grundsätzlich Gombrich, 1966, S. 20 – 29. 273 Folgend eine exemplarische Auswahl von Titeln, die sich speziell mit unterschiedlichen Gewändern und verschiedenen Epochen in der bildenden Kunst beschäftigen: 1) Spätantike: Zur Bedeutung der bislang von der Forschung als »barba­risch« missverstandenen Bekleidung der militärischen Eliten Roms in der Spätantike vgl. Rummel, 2007. 272 Zur

151

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lich festzustellen, dass sich Veröffentlichungen zu den Bereichen »Kunst und Mode« auf formale Verwandtschaften von Darstellung und Dargestelltem beschränken, jedoch ein systematischer Vergleich von Bild und Objekt dabei kaum Berücksichtigung gefunden hat.274 Deshalb sind noch längst nicht alle methodischen Möglichkeiten ausgeschöpft, welche die Verschränkung von Kunst- und Kleidergeschichte in den Blick nehmen. Forschungsgeschichtlich gesehen sind die Ansätze einer kleiderkundlichen Kunstgeschichte sehr jung. Soziologen dagegen beschäftigen sich spätestens seit Georg Simmels Essay zur Mode (1905) mit der Semantik und gesellschaftlichen Relevanz der Kleidung. In dieser Disziplin hat sich die allgemeine Überzeugung durchgesetzt, dass die Mode »eine verkannte Weltmacht […], vielleicht mächtiger als alle anderen Mächte dieser Erde« ist.275 Darüber hinaus ist auch bei den Historikern seit über einem Jahrzehnt die intensive Beschäftigung mit der sozialen Funktion der Kleidung zu registrieren.276 Die Kunstwissenschaft hat 2) Mittelalter: Für die Integration der Kleiderkunde in die mittelalterliche Kunstgeschichte vgl. die instruktiven Forschungen von Hülsen-Esch, 2006, S. 61 – 200, zur Kleidung der Gelehrten in französischen und italienischen Bildern. Ein Plädoyer für eine kleiderkundliche Kunstgeschichte ist auch die Dissertation über spätmittelalterliche Passionsdarstellungen in Deutschland von Reichel, 1998. 3) Frühneuzeit: Zur Bedeutung der phrygischen Kappe als Insignie der Freiheitsmütze Herding, 1982, S. 234; in diesem Sinne Bredekamp, 1988, S. 42. Zur Kopfbedeckung des Künstlers vgl. Verspohl, 1986. Eine detaillierte kleiderkundliche und ikonologische Studie zu Giovanni Battista Moronis »Cavaliere in nero« in: Ausst.Kat., Il cavaliere in nero, 2005. Zur Decodierung von Giorgiones »Tempesta« durch die Analyse der dargestellten Schlitzmode vgl. Rapp, 1998. Zur Semantik der Kleidung bei Rembrandt vgl. Winkel, 2006, wenig bildgeschichtlich, aber mit einem instruktiven Kapitel zur Ikonologie des Tabbaard, des niederländischen Pendants zur deutschen Schaube, ohne leider auf letztere einzugehen (S. 27 – 50). Zur Verbindung von Kleidung und Kunstgeschichte im England der Stuarts in engem Bezug zur englischen Literaturgeschichte vgl. Ribeiro, 2005. 4) Moderne: Haase, 2002, zur Kleidung bei Monet, methodisch sehr reflektiert, mit einem ausführlichen Überblick zur jüngsten Kleiderforschung (S. 166, Anm. 53). 274 Haase, 2003, S. 20. 275 König 1985, S. 63. Zur Soziologie der Mode vgl. außerdem Bourdieu, 1970, S. 63 – 67; mit einem ausführlichen Überblick zum Forschungsstand im Bereich der Soziologie vgl. Kim, 1993. 276 Dinges, 1993; Bulst/Lüttenberg/Priever, 2002; Richardson, 2004. Es ist zudem hervorzuheben, dass auch die Philologie und Theaterwissenschaft seit Längerem 152

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hierzu zahlreiche disperate Beiträge zu bieten, aber eine übergreifende Methodendiskussion bislang gemieden. Das äußert sich nicht zuletzt in der Beobachtung, dass in allen wichtigen ikonografischen Lexika Begriffe wie »Kleidung«, »Gewand« oder »Kostüm« nicht berücksichtigt werden. Bereits 1983 sprach sich Willibald Sauerländer in seinem Aufsatz »Kleider machen Leute« nachdrücklich für eine kleiderkundliche Kunstgeschichte des Mittelalters aus. Vor allem wies er darauf hin, dass ernst zu nehmende Ansätze in diese Richtung im 19. Jahrhundert vielversprechend entwickelt wurden, etwa durch Friedrich Hottenroth und Auguste Racinet.277 Nach 1900 jedoch verlegte man sich auf dem Gebiet der Kunstgeschichte auf eine rein stilgeschichtliche Kleiderkunde, die auch als »Faltenphilologie« apostrophiert wurde.278 Der Erkenntnisertrag der Stilgeschichte, die sich bezüglich der dargestellten Gewänder nach bewährter »Morelli-Methode« auf die Faltenphysiognomie konzentrierte, war beachtlich. Die vielschichtige Bedeutung der Gewandung für Kunstgeschichte, Geschichte, Soziologie und Genderforschung geriet jedoch zunehmend in Vergessenheit. Im Bereich der Bildwissenschaften hat die Archäologie auf diesem Gebiet erste methodische Maßstäbe gesetzt, indem Paul Zanker auch auf Grundlage einer detaillierten Kleiderkunde die gesellschaftliche Rolle des Intellektuellen in der antiken Kunst entschlüsselte (1995).279 Für die Kunstgeschichte ist der methodische Weg einer kleiderkundlichen Kunstgeschichte bereits seit Langem geebnet. Denn Panofskys Erklärungsmodell der Ikonografie und Ikonologie gründet bereits auf einem kleiderkundlichen Beispiel. Panofsky skizzierte die Problemstellung ausgerechnet mit einem Kleidungsstück und seiner Verwendung in unserem Alltag:280 dem Hut. Stark verkürzt heißt das, indem sein »Bekannter« bei einer Begegnung höflich den Hut zieht, liegt zum einen die Tatsachenbedeutung des Hutziehens an sich vor (Ikonografie), zum die Kleiderkunde in ihre Wissenschaft integriert haben: Raudszus, 1985; Brüggen, 1988. 277 Hottenroth, 1884; Racinet, 1888. 278 Sauerländer, 1983, S. 225. 279 Zanker, 1995. 280 Panofsky (1932), 1998, S. 1075; Panofsky (1939/1957), 1978, S. 36 – 38. Panofskys Dreistufenmodell der Bildinterpretation wurde jüngst in ganz ähnlichem Zusammenhang auch für die bereits angesprochene Gestikforschung als methodische Grundlage dargelegt (Rehm, 2002, S. 205 – 209). 153

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anderen aber besitzt der geschilderte Vorgang auch eine weitreichende Bedeutung, den bereits erwähnten »Wesenssinn« (»intrinsic meaning«), der »nicht durch einfache Identifikation, sondern durch ›Einfühlung‹ erfasst wird«. Die »Einfühlung« beschreibt Panofsky dann als Vertrautheit mit den Eigenschaften der dargestellten Gegenstände, die als deren »symbolische Form« anzusprechen wären (Ikonologie). Panofskys berühmtes Hutbeispiel kann und sollte auf alle anderen Kleidungsstücke ebenso angewendet werden. Panofsky und seine Nachfolger haben es nicht getan. Die Praxis der Ikonologie konnte und kann naturgemäß nur einen Teilaspekt der Theorie erfüllen, denn die Deutung des kulturellen Umfeldes des Kunstwerkes ist immer eine Teilwahrheit, die stets auf die Gegenwart bezogen ist und sich mit dieser verändert. Panofskys ikonologischer Ansatz war vor allem auf die humanistischen Hintergründe frühneuzeitlicher Kunst konzentriert, die er zudem engstens mit dem Neuplatonismus in Verbindung brachte, den er selbst für die Ikonologie des gotischen Architekturstils fruchtbar zu machen suchte. Die Einengung auf den Neuplatonismus, die seit einiger Zeit wachsender Kritik ausgesetzt ist,281 wird zunehmend von anderen Aspekten des »kulturellen Umfeldes« eines Kunstwerkes in der Kunstgeschichte abgelöst. Hierzu zählt unter anderem die gesellschaftliche Mikrogeschichte, die über jede Ereignisgeschichte hinaus die individuellen Bedingtheiten innerhalb eines gesellschaftlichen Netzwerkes von Beziehungen und Konkurrenzen beleuchtet. Mit der zunehmenden Bedeutung der Eliten- und Netzwerkforschung für die Geschichtswissenschaften erhält auch die Kunstgeschichte zahlreiche neue Impulse, zu denen die Kleiderkunde zu zählen ist. Sie ist für die figürliche Darstellung wohl eine der bedeutendsten Ausdrucksmittel. Denn die Kleidung trägt eine doppelte Bedeutung für die ikonologische Bildanalyse: Sie ist nicht nur Teil des »kulturellen Umfeldes« soziologischer und mikrogeschichtlicher Kontexte, sondern darüber hinaus bildimmanenter Bestandteil in zeichenhafter und symbolischer Form. Abgebildete Kleidung stellt nicht nur den Bezug zu einer geistigen Realität außerhalb des Bildes her. Vielmehr bezieht sie sich auf eine visuelle Realität ihrer eigenen Gegenwart, die Teil einer Sachkultur ist, die der Inszenierung des menschlichen Körpers dient.

281 Vgl.

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Bredekamp, 1992.

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Grundsätzlich ist schließlich noch auf eine methodische Besonderheit der Kleideranalyse im Bild hinzuweisen: Die Bedeutung der vestimentären Insignie, wenn sie vom Wissenschaftler einmal entlarvt ist, muss in der Historie ihrer Verwendung nicht immer und jedem geläufig gewesen sein, vor allem dann nicht, wenn sie bereits seit Generationen eingesetzt wurde. Je länger eine Insignie im rituellen, zeremoniellen oder bildlichen Einsatz war, desto mehr wurden ihre Inhalte durch die Gewohnheit verdrängt, desto mehr konnte ihr Insigniencharakter verblassen. Findet die Kleidung als Vehikel der symbolischen Kommunikation also geraume Zeit in der bildenden Kunst Verwendung, ist zu überprüfen, inwieweit bei ihrem hohen »Einsatzalter« noch von einer kognitiven Symbolik auszugehen ist. Für den Forscher umso modellhafter sind jene idealen Momente des Paradigmenwechsels, wenn im Bild ein neues Kleidungsstück zum Einsatz kommt. Der Kleiderwechsel im Bild reagierte nicht unbedingt auf einen historischen Modewechsel, vielmehr konnten auch ältere Insignien verspätet im Bild auftauchen.282 Ihr innovativer Einsatz im Bild jedoch setzte die Kenntnis ihrer inhaltlichen und vor allem symbolischen Bedeutung voraus. Ikonologische Studien finden in diesen paradigmatischen Augenblicken ihre günstigste Versuchsanordnung. Und schließlich verlangt die kleiderkundliche Kunstgeschichte als zusätzlichen Gewinn auch den Brückenschlag in die Moderne und Gegenwart, die bei genauerem Hinsehen die Zeichenhaftigkeit und Symbolik des Gewandes nie abgelegt hat.

282 Exemplarisch

hierzu der signifikante »Kleiderwechsel« an den Papstbüsten im Jahr 1632 durch Gianlorenzo Bernini. Waren bis dahin die Papstbüsten ausschließlich mit liturgischer Kleidung versehen (»Humilitastypus«), wurden an ihnen erst seit 1632 ausschließlich die außerliturgische Gewandung der Päpste inszeniert und dies, obwohl Camauro und Mozetta bereits seit dem 15. Jahrhundert die außerliturgische Alltagskleidung der Päpste darstellten (vgl. Zitzlsperger, 2002). 155

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Index Alberti, Leon Battista 85, 101, 133, 141 Altdorfer, Albrecht 61, 97 Amberger, Christoph 27, 34 (Abb. 14), 36 (Abb. 16), 37, 47, 140 Amsterdam, Rijksmuseum, Liebespaar-Radierung vom Hausbuchmeister 17 (Abb. 4) Apelles 56  f., 116, 117 (Abb. 40) Aristoteles 104  f. Augsburg 16, 27  f., 37–45, 52, 59, 61, 80, 84, 86, 91, 124, 128  f., 138  f. Augsburg, Perlachturm 39  f. Augsburg, Rathaus 39  f. Augsburg, Staatsgalerie, Porträt Jakob Fuggers von Albrecht Dürer 83 (Abb. 28), 84 Augsburg, Staatsgalerie, Porträt Wilhelms I. Merz von Christoph Amberger 36 (Abb. 16) Augsburg, Städtische Kunstsammlungen, Augsburger Gartenfest, Inkunabel 138 Augsburg, Städtische Kunstsammlungen, Augsburger Geschlechtertanz 74, 86, 138 Augsburg, Städtische Kunstsammlungen, Monatsbild Oktober – Dezember 37–43 (Abb. 17  f.), 70, 85  ff., 97 Aurelian, Lucius Domitius (Kaiser) 106 Baden-Württemberg 143 Baldung, Hans gen. Grien 50  ff., 53 (Abb. 24), 58, 61, 96 Barberini, Francesco 132 Barthes, Roland 122  f. Basel 52, 59, 112 Basel, Kunstmuseum, Kupferstichkabinett, Holzschnitts-

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erie Bilder des Todes von Hans Holbein d. J. 94, 95 (Abb. 34  f.) Basel, Kunstmuseum, Leaina vor den Richtern, Zeichnung von Hans Holbein d. J. 96 Basel, Kunstmuseum, Leinwand-Passion von Hans Holbein d. J. 96 Basel, Kunstmuseum, Phoebus zwischen Pallas und Merkur, Federzeichnung von Hans Baldung Grien, 96 Baudelaire, Charles 136 Bayern, Herzogtum 30 Berchorius, Petrus 107 Berlin, Bode-Museum, Zweikampf zwischen Dürer und Apelles, Marmorrelief von Hans Daucher 116, 117 (Abb. 40) Berlin, Deutsches Historisches Museum, 3 Augsburger Monatsbilder 38–43, 70, 86  f., 97 Berlin, Gemäldegalerie, Anbetung der Könige von Hans Baldung Grien 96 Berlin, Gemäldegalerie, Porträt Hieronymus Holzschuhers von Albrecht Dürer 80, 81 (Abb. 27) Berlin, Gemäldegalerie, Madonna mit dem Zeisig von Albrecht Dürer 63  f., 65 (Abb. 25), 80 Berlin, Kunstbibliothek 121 Berlin, Kupferstichkabinett, Anbetung der Könige, Zeichnung von Wolf Huber 96 Berlin, Kupferstichkabinett, Der Schuss auf den toten Vater, Scheibenriss von Hans Baldung Grien 96 Berlin, Kupferstichkabinett, Gebetbuch des Matthäus Schwarz 139

Berlin, Lipperheidesche Kostümbibliothek 120  f. Bernini, Domenico 136  f. Bernini, Gianlorenzo 125 (Abb. 43), 126, 136, 155 Bielefeld 27 Boccaccio, Giovanni 7 Bonanni, Filippo 137 Bonifaz VIII. (Papst) 132 Borromeo, Federico 135 Bourdieu, Pierre 122, 129 Bouts, Dirk 20 Brant, Sebastian 112, 129 Braudel, Ferdinand 120 Braunschweig, Herzog-AntonUlrich-Museum, Trachtenbuch des Matthäus Schwarz 15 (Abb. 3), 16  f., 26, 41  f. (Abb. 19  ff.), 43–47 (Abb. 22), 49, 68  ff., 86, 124, 127, 138–141 Bregenz, Landesmuseum, Teil des Annenaltars aus Feldkirch von Wolf Huber 96 Breu d. Ä., Jörg 38, 97 Bruyn d. Ä., Bartel 138 Burgkmair d. Ä., Hans 96 Burgund, Herzogtum 120 Caetani, Benedetto = Bonifaz VIII. (Papst) Calabrese, Omar 6, 64, 77 Camerarius, Joachim 74 Carcere Tulliano 132 Cassirer, Ernst 145 Castiglione, Baldassare 123 Celtis, Konrad 21, 49, 56  ff., 64, 68 Conformitas Christi 75, 99–104 Cranach d. Ä., Lucas 61, 72, 95  ff. Creuzer, Friedrich 145 Cusanus, Nicolaus 8, 101 Dante Alighieri 108 Daucher, Hans 116, 117 (Abb. 40)

Index

Dessau, Anhaltische Gemäldegalerie, Anbetung der Könige von Hans Baldung Grien 96 Dillingen 52 Dolce, Lodovico 133 Donauwörth 114 Dresden, Gemäldegalerie, Mucius Scaevola vor Porsenna von Hans Baldung Grien 96

Frankreich, Königreich 123–126 Freiburg, Münster, OberriedAltar von Hans Holbein d. J. 92 Frey, Agnes 13, 57  f. Friedrich der Weise (Kurfürst von Sachsen) 49  f., 61, 71 Fugger, Familie 16, 140 Fugger, Jakob 83 (Abb. 28), 84 Fürleger, Familie 118

Elisabeth I. (Königin von England) 124 Engelberg, Burkhard 59 England, Königreich 124, 136, 152 Erlangen, Graphische Sammlung der Universität, Handwaschung Pilati, Federzeichnung von Lucas Cranach d. Ä. 97 Esslingen 61 Eyck, Jan van 108

Genua, Palazzo Rosso, Porträt eines jungen Mannes von Albrecht Dürer 82 Gilio, Giovanni Andrea 134 Giorgione 82, 152 Glim, Albrecht 91 Gorbatschow, Michail 142  f. Gotha, Schlossmuseum, Gothaer Hochzeitsbild vom Hausbuchmeister 18  ff. (Abb. 5) Gotha, Schlossmuseum, Judith an der Tafel des Holofernes von Lucas Cranach d. Ä. 97 Göttingen, Kunstsammlung der Universität, 12 Scheibenrisse von Jörg Breu d. Ä. 38 Grasser, Erasmus 61 Grimm, Jakob und Wilhelm 9, 119

Feselen, Melchior 96 Ficino, Marsiglio 110 Filarete 72 Fischer, Georg 100 Florenz, Palazzo Pitti, Die drei Lebensalter von Giorgione 82 Florenz, Uffizien, Segnender Christus, Federzeichnung von Martin Schongauer 100, 102 (Abb. 36) Florenz, Uffizien, Selbstbildnis des Hans Holbein d. J. 52 Francesco I. d’Este (Herzog von Modena) 125  f. (Abb. 43  f.) Francesco di Giorgio Martini 72 Franken 87 Frankfurt am Main 27 Frankfurt am Main, Historisches Museum, Kopie des Heller-Altars von Albrecht Dürer 21, 23 (Abb. 9), 25, 48, 64 Frankfurt am Main, Städel Museum, Gastmahl des Herodes von Lucas Cranach d. Ä. 97 Frankfurt am Main, Städel Museum, Sogenannte Fürlegerin von Albrecht Dürer 118  f. (Abb. 42)

Hall 61 Halle, Dom 52 Haller, Familie 57 Harrich, Jobst 22 Hausbuchmeister 17  f. (Abb. 4), 19 (Abb. 5) Heidrich, Ernst 63  f. Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 128  f. Hieronymus, hl. 107 Höchstetter, Georg 97 Holbein d. Ä., Hans 52 Holbein d. J., Hans 52, 92, 94, 95 (Abb. 34  f.), 96 Holzmann, Margareth 91 Holzschuher, Familie 87–90 (Abb. 29  f.) Holzschuher, Hieronymus 80, 81 (Abb. 27), 89, 91, 98 Holzschuher, Jakob 89  f. Holzschuher, Karl III. 89  f. Holzschuher, Karl IV. 89–92 Holzschuher, Lazarus 89  f.

Holzschuher, Leonhard 89  f. Holzschuher, Paulus 89  f. Hottenroth, Friedrich 14, 153 Huber, Wolf 96 Hurri, Doni 139 Iaia aus Kyzikos = Marcia Ikonen 8, 101  ff. Imhoff, Hans Hieronymus 66 Imitatio Christi 8, 75, 101  ff., 108 Innozenz III. (Papst) 134 Jamnitzer, Leonhard 61 Jupiter 133 Justinian I., der Große (Kaiser) 112  f. Justitia 104  ff., 109  f., 112  ff. Karl I., der Große (Kaiser) 105 Karl IV. (Kaiser) 58 Karl V. (Kaiser) 44  f., 57, 114, 128 Kaufbeuren 52 Kiel 147 Koberger, Anton 105, 112 Kohl, Helmut 142  f., 150 Köln 118 Köln, Wallraf-RichartzMuseum, Jabach-Altar von Albrecht Dürer 21  ff. (Abb. 6), 48 Kraft, Adam 11, 50, 51 (Abb. 23), 52, 60 Kreglingen 52 Krel, Oswolt 66, 78, 79 (Abb. 26), 82 Kroměříž (Kremsier), Erzbischöfliches Schloss, Porträt eines Mannes 70 Kroměříž (Kremsier), Erzbischöfliches Schloss, Enthauptung der hl. Katharina von Lucas Cranach d. Ä. 97 Kroměříž (Kremsier), Erzbischöfliches Schloss, Enthauptung Johannes des Täufers von Lucas Cranach d. Ä. 97 Kulmbach, Hans von 70 Leonardo da Vinci 133 London, Akademie 135  f. London, British Museum, Monatsbild März, Federzeichnung von Jörg Breu d. Ä. 97

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Index

London, National Gallery, Porträt eines Mannes von Dirk Bouts 20  f. Lonigo, Michele 135 Lunadoro, Girolamo 132 Lyon 90 Madrid, Prado, Adam und Eva von Albrecht Dürer 78 Madrid, Prado, Porträt des Goldschmieds Zorer von Christoph Amberger 34 (Abb. 14), 37 Madrid, Prado, Selbstbildnis von Albrecht Dürer von 1498 11–16 (Abb. 2), 18–21, 48, 50, 62, 67, 71  f. Madrid, Sammlung ThyssenBornemisza, Jesus unter den Schriftgelehrten 80 Mailand 124 Maleachi (Prophet) 106  f. Mander, Carel van 67 Marchthaler, Bartholomäus 138 Marcia (antike Malerin) 7 Mars 133 Maximilian I. (Kaiser) 14, 35 (Abb. 15), 37, 57, 96, 116, 122 Meister des Ansbacher Kelterbildes 95 Meister von Meßkirch 97 Melancholie 113 Melencholia, Kupferstich von Albrecht Dürer 113, 115 (Abb. 39) Merz, Wilhelm I. 36 (Abb. 16), 37 Michelangelo Buonarroti 110 Minerva 133 Modena, Galleria Estense, Marmorbüste des Francesco I. d’Este von Gianlorenzo Bernini 125 (Abb. 43), 126 Modena, Galleria Estense, Münzprägestempel mit dem Profilbildnis des Francesco I. d’Este 126 (Abb. 44) Monet, Claude 152 Montaigne, Michel de 129  f. Morelli, Giovanni 153 Moroni, Giovanni Battista 152 München 52, 61 München, Alte Pinakothek, Porträt Oswolt Krels von

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Albrecht Dürer 78, 79 (Abb. 26), 82 München, Alte Pinakothek, Christgartener Altar von Hans Schäuffelin 92  f. (Abb. 31  ff.), 94 München, Alte Pinakothek, Die vier Apostel von Albrecht Dürer 78 München, Alte Pinakothek, Geschichte der Verginia von Hans Schöpfer d. Ä. 95 München, Alte Pinakothek, Glim’sche Beweinung von Albrecht Dürer 87, 91 München, Alte Pinakothek, Kreuzigungsaltar von Hans Burgkmair d. Ä. 96 München, Alte Pinakothek, Madonna mit der Nelke von Albrecht Dürer 82, 84 München, Alte Pinakothek, Paumgartner-Altar von Albrecht Dürer 78 München, Alte Pinakothek, Selbstbildnis von Albrecht Dürer 6–11, 43, 47, 52, 58, 62–72, 75, 77  f., 80, 84  ff., 99–104, 107  f., 111, 114  ff., 118, 120, 144, 147  f. München, Bayerische Staatsgemäldesammlung, Christus und die Ehebrecherin von Georg Fischer 100, 103 (Abb. 37) Narrenschiff von Sebastian Brant 112, 129 Neuplatonismus 154 New York, Metropolitan Museum, Madonna mit dem hockenden Kind von Albrecht Dürer 82 Nürnberg 6, 14, 23, 27, 30  f., 43, 49, 52, 56–62, 73  f., 86  f., 89  ff., 98, 105, 112, 114, 147 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Anbetung der Könige von Melchior Feselen 96 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Der Mund der Wahrheit von Lucas Cranach 97 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Familienchronik der Holzschuher 87

Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Geschichte der Judith von Hans Schäuffelin 96 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Heilige Familie vom Meister des Ansbacher Kelterbildes 95 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hl. Florian vor dem Statthalter 97 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Holzschuher-Epitaph von Albrecht Dürer 87, 88 (Abb. 29  f.), 89  ff. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Kaiserdiptychon von Albrecht Dürer 82 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Kreuztragung Christi vom Meister von Meßkirch 97 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Sebastiansaltar von Hans Baldung Grien 50  ff., 53 (Abb. 24) Nürnberg, Herrentrinkstube 58, 71 Nürnberg, Katharinenkloster 90 Nürnberg, Rathaus 56, 67 Nürnberg, Salzmarktviertel 91 Nürnberg, St. Lorenz, Sakramentshaus von Adam Kraft 50, 51 (Abb. 23) Nürnberg, St. Sebald, Kopie des Holzschuher-Epitaphs von Albrecht Dürer 87 Nürnberg, St. Sebald, Sebaldusschrein von Peter Vischer 50 Nürnberg, Schöner Brunnen 56 Nürnberg, Stadtrat 14, 23, 31, 55–62, 67, 72, 74, 86, 89  f., 98, 116 Nürnberger Polizeiordnung von 1496 30  f. Oresme, Nicole 105 Ottawa, National Gallery of Canada, Tod des General Wolfe von Benjamin West 135  f., 137 (Abb. 45)

Index

Paleotti, Gabriele 135 Panofsky, Erwin 63, 101, 107, 113, 142, 145, 147  f., 153  f. Paris, Louvre, Anbetung der Könige, Federzeichnung von Hans Baldung Grien 96 Paris, Louvre, Braque-Altar von Rogier van der Weyden 100 Paris, Louvre, Selbstbildnis von Albrecht Dürer von 1493 10 (Abb. 1), 11  ff., 16, 18, 20  f., 48, 50, 62, 67, 72, 78 Paris, Nationalbibliothek, Kopie des Trachtenbuches von Matthäus Schwarz 16 Passignano 135 Phidias 56  f. Pirckheimer, Willibald 52  ff., 57  ff., 64, 72, 74, 82 Platon 101, 110 Plinius d. Ä. 7 Pope-Hennessy, John 6, 63  f., 77, 84 Prag 60  f. Prag, Nationalgalerie, Blumenwunder der hl. Dorothea von Hans Baldung Grien 96 Prag, Nationalgalerie, Rosenkranzbild von Albrecht Dürer 21, 22 (Abb. 6), 23  ff., 48  f., 62, 71, 96 Privatsammlung, Der Mund der Wahrheit von Lucas Cranach d. Ä. 97 Racinet, Auguste 153 Raffael 58, 133 Raimondi, Marcantonio 54 Regensburg 61, 138 Rehlinger 40 Reichspolizeiordnung von 1530 27–31, 37, 43, 47, 62, 91, 93, 128  f. Reichsreform 30, 105, 112 Reims 132 Rem, Afra 37 Rembrandt 152 Renner, Narziss 140 Reutlingen 61 Reynolds, Sir Joshua 136 Riemenschneider, Tilmann 60 Ripa, Cesare 111 Rom 132, 151 Rom, St. Peter 135 Rom, Trajanssäule 133

Sabina 132 Sacchi, Andrea 135 Sachsenspiegel 109, 114 Salvator 100, 106, 108 Saturn 113 Sauerländer, Willibald 153 Saxl, Fritz 113 Schäuffelin, Hans 93  f., 96 Schavan, Annette 143 Schedelsche Weltchronik 112 Schelklin, Kunz 139 Scheurl, Christoph 7, 55, 59, 74 Schiller, Johann Christoph Friedrich von 109 Schmalkaldischer Krieg 114 Schongauer, Martin 100 Schöpfer d. Ä., Hans 95 Schreyer, Sebald 58 Schwarz, Matthäus 15 (Abb. 3), 16  f., 26, 41  f. (Abb. 19  ff.), 43–47 (Abb. 22), 49, 62, 68  ff., 86, 124, 127, 138–141 Simmel, Georg 121  f., 130, 152 Sobico, Johann 61 Soest, Konrad von 120 Sol iustitiae, Kupferstich von Albrecht Dürer 107, 109 (Abb. 38) Spanien, Königreich 124  ff. Speyer, Burkard von 82 Staupitz, Johann 55 Stoß, Veit 60 Straßburg 52 Stromer, Johannes 90 Stuart, Familie 152 Tetzel, Hieronymus 90 Thausing, Moriz 6, 63, 67, 84 Thomas von Aquin 104, 145 Ulm 27 Urban VIII. (Papst) 135 Vasari, Giorgio 110 Venedig 6, 26, 49, 54, 58  f., 62, 64, 71, 77, 80  ff., 124 Venedig, Accademia, Tempesta von Giorgione 152 Venedig, Fondaco dei Tedeschi 50 Venedig, Rialtobrücke 50 Venedig, S.  Bartolomeo 50 Venus 133

Vera Icon 100 Versailles 106 Vischer, Peter 50 Vitruv 111 Warburg, Aby 145 Weber, Max 55, 146 Weimar, Schlossmuseum, Martyrium des hl. Julian, Federzeichnung von Lucas Cranach d. Ä. 97 Weinsberg, Hermann von 138 West, Benjamin 135  f., 137 (Abb. 45) Weyden, Rogier van der 100 Wien 61 Wien, Graphische Sammlung, Albertina, Selbstbildnis von Albrecht Dürer von 1484 7 Wien, Kunsthistorisches Museum, Porträt eines jungen Mannes von Albrecht Dürer 80, 82 Wien, Kunsthistorisches Museum, Landauer-Altar von Albrecht Dürer 22, 24 (Abb. 10), 25, 48, 82 Wien, Kunsthistorisches Museum, Maria mit dem liegenden Kind von Albrecht Dürer 82 Wien, Kunsthistorisches Museum, Marter der Zehntausend von Albrecht Dürer 21, 23 (Abb. 8), 25, 49  f., 71, 82 Wien, Kunsthistorisches Museum, Porträt Maximilians I. von Albrecht Dürer 35 (Abb. 15), 37, 84, 96 Wimpfling, Jakob 57 Windsor Castle, Royal Art Collection, Porträt Burkards von Speyer von Albrecht Dürer 82 Wittenberg 61 Wölfflin, Heinrich 6, 63, 77, 80, 84 Wolgemut, Michael 60 Würzburg 60 Zedler, Johann Heinrich 9, 119 Zeno von Verona 107 Zorer (Augsburger Goldschmied) 34 (Abb. 14), 37

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Abbildungsnachweis Ausklapptafel : Goldberg, Gisela/Heimberg, Bruno/Schawe. Martin : Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek. Hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. München 1998, S.  314   1 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 21991, S.  41   2 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 21991, S.  92   3 : Braunstein, Philippe : Un banquier mis a nu. Autobiographie de Matthäus Schwarz, bourgeois d’Augsbourg. Paris 1992, Abb. 8   4 : Wilson, Jean C. : Enframing Aspirations : Albrecht Dürer’s Self Portrait of 1493 in the Musée du Louvre. In : Gazette des Beaux-Arts, 137, 1995, S.  152   5 : Beyer, Andreas : Das Porträt in der Malerei. München 2002, Abb. 29   6 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 21991, S.  117   7 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 21991, S.  128   8 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 21991, S.  142   9 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 21991, S.  145   10 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 21991, S.  148   11 – 13 : Archiv des Autors   14 : Kranz, Annette : Chrsitoph Amberger. Bildnismaler zu Augsburg. Städtische Eliten im Spiegel ihrer Porträts. Regensburg 2004, Abb. 50   15 : Anzelewsky, Fedja : Albrecht Dürer. Das malerische Werk. Berlin 2 1991, S.  199   16 : Kranz, Annette : Chrsitoph Amberger. Bildnismaler zu Augsburg. Städtische Eliten im Spiegel ihrer Porträts. Regensburg 2004, Abb. 54   17 – 18 : »Kurzweil viel ohn’ Maß und Ziel«. Alltag und Festtag auf den Augsburger Monatsbildern der Renaissance. Hrsg. vom Deutschen Historischen Museum Berlin. München 1994, Tafel 4   19 : Fink, August : Die Schwarzschen Trachtenbücher. München 1963, S.  109   20 : Fink, August : Die Schwarzschen Trachtenbücher. München 1963, S.  128   21 : Braunstein, Philippe : Un banquier mis a nu. Autobiographie de Matthäus Schwarz, bourgeois d’Augsbourg. Paris 1992, Abb. 70   22 : Fink, August : Die Schwarzschen Trachtenbücher. München 1963, S.  157   23 : Archiv des Autors   24 : Faszination Meisterwerk. Dürer, Rembrandt, Riemenschneider. Hrsg. von Ulrich Großmann. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum. Nürnberg 2004, S.  100   25 : Meisterwerke der Gemäldegalerie Berlin. Hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 21990, S.  65   26 : Goldberg, Gisela/Heimberg, Bruno/Schawe. Martin : Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek. Hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. München 1998, S.  236   27 : Meisterwerke der Gemäldegalerie Berlin. Hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 21990, S.  69   28 : Goldberg, Gisela/Heimberg, Bruno/Schawe. Martin : Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek. Hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. München 1998, S.  462   29 – 30 : Goldberg, Gisela/Heimberg, Bruno/Schawe. Martin : Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek. Hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. München 1998, S.  288   31 – 33 : Metzger, Christof : Der Christgartener Altar des Hans Schäufelin. Sein Bildprogramm und seine Rekonstruktion (Analecta Cartusiana, 135). Salzburg 1996,    34 – 35 : Hans Holbein d.  J. Die Jahre in Basel 1515 – 1532. Ausst.Kat. hrsg. von Christian Müller. Basel, Kunstmuseum. München u. a. 2006, S.  474 und 475   37 : Goldberg, Gisela/Heimberg, Bruno/Schawe. Martin : Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek. Hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. München 1998, S.  28   38 – 39 : Fara, Giovanni Maria : Albrecht Dürer. Originali, Copie, Derivazioni (Inventario Generale delle Stampe, 1). Florenz 2007, S.  136 und 128   40 : Nach einer Vorlage aus der Fotothek des Bodemuseums, Berlin. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Hans-Ulrich Kessler   41 : Archiv des Autors   42 : Brinkmann, Bodo : Albrecht Dürer : Zwei Schwestern. Ausst. Kat. Frankfurt a. M. 2006, S.  10   43 – 44 : Zitzlsperger, Philipp : Gianlorenzo Bernini. Die Papstund Herrscherporträts. Zum Verhältnis von Bildnis und Macht. München 2002, Abb. 66 und 69 – 71   45 : Hofmann, Werner : Das entzweite Jahrhundert. München 1995, Abb. 20.

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