Django Unchained. Zwischen Kultur und Barbarei.

July 23, 2017 | Author: Melanie Denzinger | Category: Film Studies, Film Analysis, Slavery, Abolition of Slavery, Habitus, Pierre Bourdieu, White Supremacy, Contemporary Hollywood, Symbolic Interactionism, Quentin Tarantino, Kulturwissenschaften, Trash, Django Unchained, Gewalt, Postkoloniale Und Rassismusforschung, Bildung Und Rassismus, Pierre Bourdieu, White Supremacy, Contemporary Hollywood, Symbolic Interactionism, Quentin Tarantino, Kulturwissenschaften, Trash, Django Unchained, Gewalt, Postkoloniale Und Rassismusforschung, Bildung Und Rassismus
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Universität Mannheim Philosophische Fakultät Hauptseminar: Gesetz und Gewalt im Film Leitung: Prof. Dr. Angela Keppler Prof. Dr. Jochen Hörisch

Django Unchained: Zwischen Kultur und Barbarei. © 2014 Alle Rechte vorbehalten. Bei unrechtmäßigem Gebrauch wird die Verfasserin wütend.

Melanie Denzinger Studiengang: Bachelor of Arts [email protected]

Inhalt 1. Einleitung .......................................................................................................................... 1 2. Die White Supremacy ....................................................................................................... 2 3. Ein anthropologisch-kulturpessimistischer Ansatz nach Freud und Bourdieu ................. 5 4. Der Western-Mythos im historisch-kulturellen Kontext ................................................... 7 5. Django Unchained: Zwischen Kultur und Barbarei ........................................................ 10 6. Fazit ................................................................................................................................. 27 7. Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 29 8. Gewaltprotokoll von Django Unchained (in Kooperation mit Jan Brand) ..................... 31 8. Eidesstaatliche Erklärung ................................................................................................ 36

1. Einleitung „Zur Sklaverey gewöhnt der Mensch sich gut Und lernet leicht gehorchen, wenn man ihn Der Freyheit ganz beraubt.“ (Iphigenie auf Tauris, 5. Aufzug, 2. Auftritt).

Zweifelsohne ist Quentin Tarantino einer der erfolgreichsten Regisseure unserer Zeit; Filme wie Pulp Fiction und Kill Bill erfreuen sich inzwischen eines Kultstatus. Als Leitmotiv der Werke des US-amerikanischen Regisseurs lässt sich ohne tiefschürfende Analysetätigkeit bereits die Rache identifizieren, die er in immer neuen Variationen filmisch einkleidet. In den vergangenen Jahren wählte Tarantino dabei gleich zweimal ein historisch-anmutendes Gewand: Inglourious Basterds zeigt jüdische Partisanenkämpfer, die im Zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden einen Rachefeldzug gegen das Dritte Reich führen. Django Unchained hingegen, ist eine Hommage an das Italo-Westerngenre. Der Westerntopos wird allerdings vom Wilden Westen in die Südstaaten der USA verlegt und bildet vor allem die Gesellschaft der rassisch-legitimierten Sklaverei ab. Tarantino macht keine Historienfilme; die Werke sind hochgradig kontrafaktisch und gerade das macht die Mischung so explosiv: Ein dunkelhäutiger Cowboy, der in den Gefilden der fundamental-rassistischen Südstaaten der USA verkehrt; dabei erinnert der Film vor allem motivisch an den Italo-Western. Im hochverdichteten Genrehybrid Django Unchained wird vor allem mit den Erwartungen an einen klassischen Westernplot gebrochen: In der kulturellen Begegnung entfaltet sich ein Diskurs über das vergessene amerikanische Trauma der Sklaverei vor dem ideologischen Hintergrund der White Supremacy als rassistische Weltanschauung. Eine Untersuchung der filmischen Darbietung dieser Ideologie steht im Zentrum dieser Arbeit, wobei die Frage bewegen soll, inwiefern die Kultur als Legitimation für Gewalthandlungen funktioniert, wobei Gewalthandlungen als Realisierungsstrategie symbolischer Gewalt nach Pierre Bourdieu begriffen werden. Zunächst soll dafür die White Supremacy als historisch-ideologischer Kontext der Sklaverei in den Vereinigten Staaten diskutiert werden, die die Grundlage der Konfrontationen zwischen Django (Jamie Foxx), Dr. King Schultz (Christopher Waltz) und Broomhilda von Shaft (Kerry Washington) und den weißen Machteliten, repräsentiert durch Spencer Bennett (Don Johnson) und Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) darstellt. Folgend soll Sigmund Freuds Unbehagen in der Kultur als Grundlage gesellschaftlicher Triebregulierung diskutiert werden, um anschließend die symbolische Gewalt nach Pierre Bourdieu zu erörtern.

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Bevor schließlich die Filmanalyse aufgenommen wird, soll ein kompakter Umriss des Westerngenres als kulturell-historischer Nationalmythos erfolgen. Django Unchained darf, wie hier nochmals betont sei, nicht als historisch-korrekte Epochendarstellung begriffen werden. Um einen wissenschaftlichen Anspruch zu gewähren, sollen daher die historischen Ungenauigkeiten überall dort reflektiert werden, wo sie die Argumentation zu beeinträchtigen drohen. Neben kultur-, medien- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen wurden daher auch historische Quellen berücksichtigt.

2. Die White Supremacy Der Versuch einer Deutung von Quentin Tarantinos Django Unchained kann kaum erfolgen, ohne die Ideologie der White Supremacy, die den gesamten Handlungsablauf geradezu leitmotivisch durchdringt, zu diskutieren; denn das Bild Amerikas, das der Film vermittelt, zeigt eine etablierte Sklavenhaltergesellschaft, die im wenige Jahre später stattfindenden Sezessionskrieg ihre Auflösung durch das Thirteenth Amendment finden sollte. Die weiße Vorherrschaft beschreibt Charles W. Millis mit Verweis auf Frances Lee Ansley als political, economic, and cultural system in which whites overwhelmingly control power and material resources, conscious and unconscious ideas of white superiority and entitlement are widespread, and relations of white dominance and non-white subordination are daily reenacted across a broad array of institutions and social settings (Mills, 2003, S. 39).1

Ihren Ursprung finde diese Ideologie im europäischen Kolonialismus, der die weißen Europäer in ihrer Herrschaft über nicht-weiße nicht-Europäer zu den „lords of the human kind“ (ebd.) stilisierte, die Schwarzen hingegen zu kulturlosen Barbaren. Dieser Rassismus kann als Rechtfertigung für die Sklavenhalterei begriffen werden, da er es erlaubte, deren Opfer als unmenschlich zu begreifen (vgl. Cell, 1982, S. 4). Die White Supremacy muss in diesem Zusammenhang als institutionalisiertes Sozialsystem verstanden werden (Mills, 2003, S. 41), dass neben der politischen Sphäre als multidimensionales System etwa auch ökonomische und kulturelle Sphären durchdringt (ebd. S. 42). Den versklavten Dunkelhäutigen standen demnach im 19. Jahrhundert die WASPs (White Anglo-Saxon Protestants) gegenüber, die sich als Auserwählte (vgl. Bürger, 2005, S. 153) mit dem Recht auf Landnahme begriffen und die Neue Welt als Garten Eden betrachteten, der zu zivilisieren und zu missionieren sei (vgl. Seeßlen, 2011, S. 9). Dieser Gründungsmythos kann als eng mit den protestantischen bzw. calvinistischen Idealen verstrickt angesehen Mills, Charles W. – White Supremacy as Sociopolitical System. A Philosophical Perspective, in: Doane, Ashley; Bonilla-Silva, Eduardo: White Out: The Continuing Significance of Racism, New York London 2003. 1

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werden. Er „verwob wirtschaftliche und politische Macht mit Gottgefälligkeit“ (Seeßlen, 2011, S. 9) und verstärkte so den Glaube an den Grundbesitz als Voraussetzung für persönliche Freiheit. So zeige sich „die göttliche Gnade […] sichtbar auch in wirtschaftlichem Erfolg [Hervorhebung durch Autorin]“ und befördere so „die Entwicklung des kapitalistischen ‚Ethos‘ der USA mit seiner quasi-religiösen Überhöhungen des Erfolgsdenkens“ (Bürger, 2005, S. 153). Die Bibel wurde darüber „zum Fundus, den man nach Belieben für staatliche Institutionen beanspruchen kann“ (ebd. S. 153) und lieferte einen Rechtfertigungsansatz für die Versklavung der Schwarzafrikaner, die als Nachkommen Hams zur ewigen Knechtschaft verflucht seien (Mose 9, 20-26). Diesen Gedanken des Manifest Destiny stellt der US-Innenminister Carl Schurz (1877 – 1881) vor allem als politisches Instrument dar, das immer dort beschworen wurde, wo Fremdterritorien annektiert werden sollten. Er weist außerdem ausdrücklich auf die Instrumentalisierung zum Erhalt der Praxis der Sklavenhaltung hin, die Mitte des 19. Jahrhunderts – auch schon vor dem Sezessionskrieg – bereits brüchig geworden war. Den Befürwortern der Sklaverei galt es, expansiv Territorien zu erobern, in denen Sklaverei etablierte Praxis war, um ihren Einflussbereich und damit ihre Macht zu verstärken und zu stabilisieren (vgl. Bancroft, 1913, S. 191). Sozialdarwinismus2 und Rechtsprechung institutionalisierten nach und nach die chattel slavery, in der Sklaven zu persönlichem Besitz, gar zur Ware degradiert wurden (vgl. Heideking/ Mauch, 2007, S. 5). Die Sklaven wurden ihrer Heimat und Familie entrissen, in lebensgefährlichen Überfahrten nach Amerika importiert,3 um schließlich vor allem in den Südstaaten in Herrenhäusern und auf Plantagen deren weißen Besitzern zu dienen (vgl. Heideking/ Mauch, 2007, S. 5–7). Diese Plantagen lagen oft fernab größerer Städte, sodass dort ein eigenes – an der Aristokratie Englands orientiertes – Rechtssystem durchgesetzt werden konnte. Auf den Plantagen pflegten die

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Diese rassische Diskriminierung legte den Gedanken von Blutsverwandtschaft zugrunde; diskriminiert wurde nun aber nicht jeder Nicht-Weiße – „[d]er winzigste Tropfen Negerblut disqualifiziert in den Vereinigten Staaten unbedingt, während sehr beträchtliche Einschüsse indianischen Blutes es nicht tun“ (Weber, 1972, S. 235). Zudem wurde das Konzept des Survival of the fittest nach Charles Darwins Evolutionstheorie „On the Origin of Species“ (1859) als weitere Rechtfertigung instrumentalisiert. 3 Aus der heutigen Perspektive kann nicht mehr von einem Import von Menschen die Rede sein, damals galten Sklaven als Waren, die nicht – wie das heutige Verständnis nahelegt – deportiert, sondern importiert bzw. exportiert wurden.

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WASPs ihren Status als vorbildhafte Elite, indem sie sich „mittels guter Bildung, kultivierter Lebensweise und Sinn für elegante Vergnügen“ (ebd., S. 8) von der übrigen Bevölkerung segregierten. Für die Sklaven bedeutete dies eine massive Entrechtung, die auf Ausbeutung ihrer Arbeitskraft auf den Plantagen zielte und die den Grundstein des Wohlstandes der Plantagenbesitzer und zunächst auch Großbritanniens bildete. Die Sklaven wurden als Teil der Familie im weiteren Sinne begriffen, als Kinder,4 an deren Leben die Plantagenbesitzer väterlichen Anteil nahmen, was eine Rechtfertigungsmaßnahme für die autoritäre Gestalt der Herrschaftsbeziehung stellte, die hochgradig auf Disziplin setzte und Widerstand mit physischer Gewalt sanktionierte. Ein Recht auf eine solche Bestrafung war bereits durch die slave codes garantiert und ermöglichte den Sklavenbesitzern drakonische Bestrafungen (vgl. Heideking/ Mauch, 2007, S. 6). Den Gedanken der Rassezugehörigkeit erklärt Max Weber (1972) als gleichartige genetische Anlagen, die „zu ‚Gemeinschaft‘ überhaupt nur dann [führen], wenn sie subjektiv als gemeinsames Merkmal empfunden [werden], und dies geschieht nur, wenn örtliche Nachbarschaft oder Verbundenheit Rasseverschiedener zu einem (meist: politischen) gemeinsamen Handeln, oder [wenn], umgekehrt: irgendwelche gemeinsamen Schicksale der rassemäßig Gleichartigen, mit irgendeiner Gegensätzlichkeit der Gleichartigen gegen auffällig Andersgeartete verbunden ist“[Klammern im Original] (S. 234). Die Rasse muss deshalb als soziales und keinesfalls als naturalistisches Konzept begriffen werden, das ständiger Reproduktion durch das Handeln der Akteure bedarf. Mit dieser Vormachtstellung der weißen Elite geht allerding eine Habitualisierung des Rassendiskriminierungsgedankens einher, der die kulturelle Distinktion als biologisch determiniert erscheinen lässt. Nun ist es nicht so, dass die White Supremacy als historisches Phänomen mit Konföderiertenpräsident Jefferson Davis und seinem General Robert Edward Lee unterging; zwar war die Sklaverei durch Abolitionismus und Emancipation Proclamation ausgesetzt, die Repressionen gegen die schwarze US-Bevölkerung aber sollte noch viele Jahrzehnte erhalten blei-

„Sklavenbesitzer verstanden Sklaven […] in zunehmendem Maße als Teil ihrer großen Familie, zu der neben der Frau und den Kindern, die Sklaven als eine Art unmündige Erwachsene gehörten. Diesen großen Kindern schuldeten die Herren Schutz und Versorgung, während gleichzeitig die Sklaven Dankbarkeit, Gehorsam und Ehrfurcht gegenüber ihrem Herren aufbringen mussten […]. Dieser Paternalismus der Herren schuf […] keineswegs ein idyllisches Miteinander, sondern bedeutete trotz mancherlei materieller Absicherung eine permanente Entmündigung der Sklaven“ (Meissner, Jochen; Mücke, Ulrich; Weber, Klaus: Schwarzes Amerika. Eine Geschichte der Sklaverei. München, 2008. S. 139). 4

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ben. Um Festigung und Erhalt der White Supremacy zu begreifen, erscheint es nun als notwendig, das Konzept der symbolischen Gewalt in ein anthropologisch-kulturpessimistisches Konzept basierend auf Freuds Überlegungen zum Unbehagen in der Kultur zu integrieren.

3. Ein anthropologisch-kulturpessimistischer Ansatz nach Freud und Bourdieu Folgend soll ein Ansatz zur Beschreibung der filmisch erzählten Lebenswelt von Django Unchained angeboten werden, der bestrebt ist, dialektische Beziehungen zwischen Individuen und kulturellem Ganzen nicht aufzulösen, sondern dieses Beziehungsgeflecht angemessen in seiner Interdependenz abzubilden. Das Unbehagen in der Kultur nach Freud (1930) wird dabei als Erklärungsansatz mit der Idee symbolischer Gewalt nach Bourdieu verbunden, um eine sozialpsychologische Lesart des Filmes zu erschließen. Dabei soll in dieser Arbeit insbesondere die Verschränkung von Recht und Gewalttätigkeit diskutiert werden – beide werden heute als kulturell-vermittelte Konstrukte verstanden. Im Gegensatz zur Kritik der Gewalt, die Walter Benjamin (1921) oder Hannah Arendt (1995) vornehmen und die das positive Recht in seiner Verschränkung mit Gewalthaftigkeit als Mittel zum Zweck kritisiert, herrscht in der abgebildeten Wild West-Ära das Recht des Stärkeren, eine Konzeption von einem Krieg aller gegen alle – der von Hobbes beschriebene Naturzustand – vor. In der naturrechtlichen Verständnis Benjamins ist die Gewalt ein Naturprodukt, gleichsam ein Rohstoff, dessen Verwendung keiner Problematik unterliegt, es sei denn, daß man die Gewalt zu ungerechten Zwecken mißbrauche (Benjamin, 2011, S. 343).

Vor dieser Folie erscheint die Kultur als Revolution des Naturzustandes, hin zu einer geordneten, gewaltlosen Konzeption des Zusammenlebens von Menschen, wie es der von Freud als Urtrieb konzipierte Eros in seiner Bestrebung „aus mehreren eins zu machen“ (Freud, 1930, S. 237) realisiert. Zwar sind die Schriften Freuds zum Teil heute schon mehr als einhundert Jahre alt sind, doch haben sie ihre mythische, da welterklärende Wirkung nicht verloren. Kultur definiert Freud (1930) als Gesamtheit aller Leistungen und Einrichtungen des Menschen, die ihn von seinen tierischen Ahnen abheben und dem Zweck dienen, den Menschen vor der Natur zu schützen, sowie dessen Beziehungen zu reglementieren (vgl. S. 220). Gleichwohl sieht er in diesem „Proze[ss], der über die Menschheit abläuft“ (S. 226) aber

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auch eine signifikante Leidensquelle, deren Ursache darin bestehe, dass sie auf Triebversagen oder –sublimierung aufgebaut sei (vgl. Freud, S. 227) und die interpersonellen Beziehungen nur mangelhaft regle. Er setzt gar Kulturfortschritt mit Glückeinbuße und der Vermehrung von Schuldgefühlen gleich (vgl. S. 260). Denn zunächst strebe zunächst ein jeder Mensch nach individuellem Glück5 (vgl. Freud, 1930, S. 208), wobei glücklich sein und bleiben die oberste Maxime des Lebens markiert. Dem wirkt nun aber die Kultur entgegen, indem sie aus kulturellen und ökonomischen Gründen die Triebbestrebungen des Individuums (Eros und Thanatos) bis zu einem gewissen Grad negiert und sie in zielgehemmte Bahnen umleitet bzw. über andere Sublimierungskanäle ableitet (vgl. Freud, 1930, S. 207). Rennsmann (2002) stellt mit Verweis auf Adorno (1952) heraus, dass Freud, der die inneren Zusammenhänge der Gesellschaft zu entmythologisieren und –naturalisieren suchte, diese Naturrechtlichkeit in gleichem Maße reproduziere, sie gar einer „anthropologischen Verdinglichung“ (Rensmann, 2002, S. 48) unterziehe. Dabei wird von Freud verkannt, dass es sich bei jedem Körper um einen kulturellen Leib (vgl. Hirsch, 2004, S. 42) handelt, in dessen Handeln sich die Kultur letztlich erst konstituiert. Eine funktionierende Gesellschaft muss demnach eine eigene, historisch-kontextabhängige Ordnung hervorbringen, die von allen Akteuren als geteilte Realität wahr- und angenommen werden muss. Diesen Mechanismus beschreibt Bourdieu als Funktionsprinzip moderner Gesellschaften, als symbolische Gewalt; er versteht darunter „die relativ reibungslose Reproduktion von Machtverhältnissen[…], die v.a. darauf fußt, dass diese Machtverhältnisse durch Symbole unkenntlich gemacht werden. Sie erscheinen als normal, gerecht, verdient“ (Schmitt, 2006, S. 8). Bourdieu orientiert dieses Konzept am Verhältnis einer herrschenden und einer beherrschten Klasse.6 Erstere verfestigt ihre Machtstellung durch die Nutzung von Symbolsystemen, die – ähnlich formuliert es Freud in seiner Konstruktion des Über-Ichs – die Strukturen vorgeben, die vom Akteur vorgefunden und in Form des Habitus mitsamt der immanenten Grenzen verinnerlicht werden (vgl. Schmitt, 2006, S. 15). Der Habitus stellt dem Akteur eine komplexitätsreduzierende Matrix bereit, auf deren Basis er seine eigene Handlungswirklichkeit entfaltet. Er tritt

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Dieses wird zudem sehr subjektiv wahrgenommen, was Freud (1930, S. 220) nochmals hervorhebt. Dies ist ein Punkt, an dem offenbar werden kann, dass nicht in einer zeitlich früheren Epoche oder etwa einem natürlichen Urzustand das Glück liege, sondern, dass dies ein individuelles und nicht deklinierbares Bestreben bezeichnet, das nur im Kontext eigener Erfahrungen bewertbar werden kann und keinerlei Übertragbarkeit aufweist. 6 Heute müsste das Konzept dahingehend modifiziert werden – und diesen Schritt unternimmt auch Schmitt (2006) – dass nicht mehr von Klassen die Rede sein kann, vielmehr lässt sich eine Einteilung in Milieus vornehmen, wenngleich die individuelle Analyse einer Unterteilung und damit einer Typisierung stets vorzuziehen ist.

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solcherart als Vermittlerinstanz zwischen der Gesellschaft und dem Individuum auf; er veräußert sich anhand von – vermeintlich – selbstgewählten Symbolen, die ihrerseits einer gesellschaftlichen Bewertung unterliegen (vgl. Schmitt, 2006, S. 16), etwa Mode, Geschmack oder Sitte. Diese Kooperation von Habitus und Struktur bzw. Feld, die sich am Ähnlichkeitsprinzip orientiert, äußert sich innerhalb bestimmter Aktionsräumen oder Situationen (vgl. Schmitt, 2006, S. 24). Bourdieu proklamiert zudem einen ständigen Kampf um Definitionshoheit; wird dieser empirisch erfassbar, spricht er von einem Habitus-Struktur-Konflikt (vgl. Schmitt, 2006, S. 8). Damit bezeichnet er Konflikte, die zwischen verinnerlichten kulturellen Mustern und Mustern der Umgebung stattfinden, wobei „Umgebung hier die verinnerlichten Muster anderer Akteure, aber auch Orte, Zeiten, Rhythmen, Rituale und deren jeweilige kulturelle Bedeutung, also Symbolik“ (Schmitt, 2006, S. 8) beschreibt. Als symbolisches Instrument des Machterhalts kann die Ideologie – etwa die White Supremacy – verstanden werden, die die Interessen einzelner sozialer Gruppen bedient, dabei allerdings den Mantel des Allgemeinwohls trägt (Bourdieu, 1992, S. 167). Als kollektives Sinnsystem prägt sie die Habitualisierungen der Akteure einer kulturellen Gemeinschaft maßgeblich. Im Rahmen der Beschreibung der White Supremacy wurde bereits aufgezeigt, wie eine solche Ideologie zur Rechtfertigung von Gewalttaten und Unterdrückung instrumentalisiert werden kann; die zuvor beschriebenen Annahmen Bourdieus bilden einen fruchtbaren Boden für die folgende Analyse und anschließende Interpretation. Bevor nun diese Filmuntersuchung aufgenommen wird, soll der cinematographische Kontext des Westerngenres kompakt umrissen werden.

4. Der Western-Mythos im historisch-kulturellen Kontext Der Western erzählt die bewegte Geschichte des nordamerikanischen Kontinents im 19. Jahrhundert.7 Gründung des amerikanischen Staates und Unabhängigkeit markieren das Präludium einer eigenen Nationalgeschichte Amerikas. In diesen historischen Rahmen betten sich die Narrative des Westernfilms ein, die gewöhnlich auf drei realhistorische Epochen amerikanischer Geschichte referieren, die die Erzählungen archetypisch strukturieren. Filmhistorisch findet sich im Westernfilm zunächst eine motivische Verarbeitung der Eroberung der westlichen Landstriche, die Westernhandlungen an der sogenannten frontier inszeniert.

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Die Angaben über den konkreten Zeitraum, in dem die Western spielen, differiert in der Genre-Forschung: Seeßlen (2012) gibt an, dass die meisten Westernerzählungen um die Jahre 1850–1910 situiert sind (S. 16); Warshow (1958) zentriert sie in etwa um 1870 herum (S. 272) und hebt zudem hervor, dass damit nicht de facto das Jahr 1870 gemeint sei, sondern es sich vielmehr um eine narrativen Zeitkonstruktionen eines Jahres 1870 handele.

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Spätere Westernfilme etablierten die Ära des sogenannten Wild West; diese Filme thematisieren die Zeit der Zivilisierung inklusive der Organisation des Aufbaus städtischer und juristischer Ordnungen, den infrastrukturellen Wandel vor Hintergrund des Eisenbahnnetzausbaus und des Goldrasches sowie die Epoche nach vollendeter Zivilisierung, in der vornehmlich die bestehenden Machtstrukturen infrage gestellt und neu ausgehandelt werden mussten. Der Mythos einer regeneration through violence – permanenter Reinkarnation Amerikas aus und durch die Gewalt – wird als dogmatisch angelegter Kampf von Gut gegen Böse inszeniert, wobei die weißen Amerikaner stets auf der Seite des Guten stehen (vgl. Grob/Kiefer, 2003, S. 15). Der Western zeigt den mit den nötigen essentials – reitend auf einem Pferd und bewaffnet mit Revolver und einer eigenen kritischen Vernunft – ausgestatteten Cowboy, der den universellen Konflikt zwischen egozentrischem (Thanatos-)Streben und kollektiven Interessen (Eros) verkörpert (vgl. Grob/Kiefer, 2003, S. 12–13). Diese Helden agieren stets in feindlich gesinnter Umgebung, in der sie sich entweder mit der im Feindbild des Indianers personifizierten archaischen und fremden Natur, oder mit dem Konfliktfeld sozialer und moralischer Missstände im gesellschaftlichen Kontext auseinandersetzen müssen. Den Westernheldern motiviert dabei vor allem seine Ehre und ist so gewissermaßen von den Umständen zum Handeln gezwungen, wodurch er seine Identität offenbart; ein Cowboy ist stets ein Mann mit Würde und Werten, an die häufig direkt appelliert wird. Am Ende rettet er die Frau aus den Fängen des Bösewichts, befreit eine Stadt und besiegt – zumindest vorübergehend – das Böse in seinen vielen Gestalten. Das Medium des klassischen Western als „amerikanischer Film par excellance“ (vgl. Bazin, 2004, S. 255–266) diente bis in die 50er-Jahre hinein der etwa ideologischer Legitimation für Massenmord an den Ureinwohnern oder als Kriegsapologie und wird zur Ausdrucksform für die nationale Mythologie. Der Western symbolisiert die Sprache, in der sich die amerikanische Kultur über sich selbst verständigt und eigene Deutungsräume und Legenden generiert (vgl. Grob/Kiefer, 2003, S. 17). Der im europäischen Raum der 60er Jahre aufkommende Italo-Western oder auch Spaghettiwestern konnte bereits an die Tradition von amerikanischen Adult-Western anschließen, die sich ihrer prototypischen Struktur, ihrer Motive und Thematiken bewusst waren und ein offenkundiges Spiel damit trieben (Grob/Kiefer, 2003, S. 28).8 Die Regisseure des europäi-

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etwa: Broken Arrows von Delmer Daves, The Gunfighter von Henry King oder High Noon von Fred Zinnermann.

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schen Western, allen voran sei hier Sergio Leone als Begründer des Genres genannt, bedienen sich an den vorstrukturierten Mustern des Westerngenres9 und versetzten die Erzählungen der männlichen Märchen mit der extrinsischen Sichtweise eines Europäers in neue kulturelle Kontexte (vgl. Killing, 2013, S. 34–35). Unbehelligt vom Production Code des USKinos wurde die Leiblichkeit, das Sterben, die Abgründigkeit und Barbarei des Westens in einer neuen Schärfe dargeboten. Es etabliert sich eine neue Darstellungsform, maßgeblich geprägt durch extreme Nah- und Detailaufnahmen bis hin zur italienischen Einstellung, bei der nur die Augen einer Figur in Szene gesetzt werden und Totalen, die eine neue Raumsicht auf die Weiten der Westernlandschaft ermöglichen. Auch ein rascher Wechsel zwischen diesen beiden Einstellungen kann als stilprägendes Merkmal des Italo-Western begriffen werden. Die Konfliktfelder verlagern sich in eine Welt „voller Theatralik und Animalität. Verschwendung und Leibeslust, Tod und Humor. Anarchie und Religion. Eine durch und durch italienische Welt“ (Killing, 2013, S. 34), die eine kranke Gesellschaft herbeiführt, mit der sich der Held des Italo-Western auseinandersetzten muss (vgl. Seeßlen, 2011, S. 128). Die Westerner werden zu Antihelden; sie machen sich schmutzig, bluten, leiden, töten und sind egozentrisch bis ambivalent strukturiert. Sie sind weniger Identifikationsfiguren denn ein „Medium, um den Zuschauer zum Komplizen zu machen“ (Killing, 2013, S. 44). In der Welt des Italo-Western ist das Gute konsequent abgeschafft: Es gibt niemanden, der moralische Aufträge erteilen oder einen Helden mit positiven Werten entlohnen könnte (vgl. Seeßlen, 2011, S. 128). Diese Umgebung bringt Helden hervor, die sich den geltenden Regeln nicht unterwerfen, „die immer exotischer und außergewöhnlicher werden“ müssen und schließlich „mehr und mehr zu einer Persiflage“ (Seeßlen, 2011, S. 128) oder gar zu Chiffren werden. Wenn etwa der Westernheld Django (1966, R: Sergio Corbucci) aus seinem mitgeschleiften Sarg eine Mordmaschine mit nahezu unendlicher Schusskraft hervorholt, wird der ironische Konventionsbruch etwa in der Ambivalenz der Todesmetapher deutlich: Der vermeintliche Totengräber beschafft sich seine Leichen selbst. Die Westernwelt ist unvorhersehbarer geworden, wenn solche Brutalität und hochgradige Absurdität – etwa entlehnt aus

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Grob/Kiefer (2003) geben etwa neun zentrale Erzählungen des Westerns an, in denen die unterschiedlichen nationalen und individuellen Konfliktfelder verwirklicht werden: 1. Die Entdeckung neuer Grenzen; 2. Kriege gegen die Indianer; 3. Prozess der Zivilisierung; 4. Strafverfolgung und Rache; 5. Die zweite Beruhigung der Städte; 6. Aufbruch in die Wildnis; 7. Indianerabenteuer; 8. Verfall einer Gründerdynastie; 9. Legendenbildung (S. 22–28). Diese Einteilung benennt einige der Themen, die der behandelte Film behandelt.

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der Bildsprache des Comics10 – hier eine Präsenz finden. Zudem wird angesichts des blutigen Gemetzels klar, dass „die Gewalt dieses Helden jede Selbstverständlichkeit verloren [hat]; sie wird zelebriert wie eine Kunst, variantenreich, ästhetisch und angestrengt“ (ebd.). Seeßlen (2011) schreibt dem Westerner als Medium gar universellen Charakter zu, da er das Drama der Sozialisation sei, eine Geschichte der Zähmung des unzivilisierten Naturzustands sei (vgl. S. 18), der mittlerweile als Typus so bedeutungsgeladen sei, dass er allegorischen Charakter habe und da „es kaum eine Hoffnung, kaum eine Angst, kaum eine Ideologie, kaum ein Trauma [und] kaum einen Zorn [gibt], die sich nicht in die Satteltasche eines Western-Helden packen ließen“ (ebd.) ist beinahe jedes Sujet geeignet, sich mit dem mystifizierten Western zu verbinden, was zahlreiche Adaptionen aus dem asiatischen Raum zu belegen vermögen. Die „universale Aussage“ (ebd.); das Drama der Sozialisation – auf individueller und auf sozialer Ebene – greift Quentin Tarantino in seinem Werk von 2013, Django Unchained auf und stellt es in eine erzählerische Tradition des Italo-Western. Er reimportiert das exportierte Genre des Westerns, um ein Sujet aufzugreifen, ein tiefsitzendes nationales Trauma, das auch von der Filmindustrie bisher weitestgehend umgangen wurde.

5. Django Unchained: Zwischen Kultur und Barbarei Im Folgenden wird nun ein Film in den Blick genommen, der mit einem Umfang von 165 Minuten und einer extrem hohen inhaltlichen Dichte kaum vollumfänglich zu erfassen ist. Dennoch muss davon abgesehen werden, einzelne Szenen exemplarisch heranzuziehen; diese enorme Reduktion würde dem Werk ebenso wenig gerecht. Deswegen wird die Abhandlung sich auf einige topografische Elemente beschränken. Bereits mit der Titeleinblendung ist die mit Striemen übersäte Rückansicht des Protagonisten zu sehen; mit dem Geräusch eines Peitschenschlags erscheint „Unchained“ unter dem titelgebenden Namen des Helden. Auditiv wird die Einführungssequenz aus dem Off mit dem elegischen Django-Thema – übernommen aus dem Original von 1966 – unterlegt. Der Liedtext kann einigen Aufschluss über die Verfassung des Helden geben: „Django, now your love has gone away / Once you loved her/ Now you've lost her / But you've lost her forever, Django“ – heißt es in einer Strophe; er ist allein und in Trauer um seine verlorene Frau. Denn „[n]iemals sind wir ungeschützter gegen das Leiden, als wenn wir lieben, niemals hilfloser unglücklich, als wenn wir das geliebte Objekt oder seine Liebe verloren haben“ (Freud, 10

Sergio Corbucci soll angeblich erst bei der Lektüre eines Horror-Comics darauf gekommen sein, Django einen Sarg hinter sich herziehen zu lassen. Diese Idee gefiel ihm aufgrund ihrer Absurdität (vgl. Killing, 2013, S. 46).

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1930, S. 214). Doch seine seelische Verfassung ist nur ein Teil der Versehrtheit – er ist nur einer unter vielen Sklaven, die sich mit auffällig schwerem Gang, bewacht von zwei Sklavenhändlern durch eine endlos scheinende Landschaft bewegen. Es handelt sich um versehrte, gepeinigte, erniedrigte Männer, das ist bereits in dieser Sekunde klar und wird umso klarer, je länger die Gruppe – bei Tag und klirrend kalter Nacht – durch Texas11 streift. Ihre Versehrtheit erscheint als direkte Folge von symbolischer Macht, die – das wird sich über die gesamte Filmhandlung zeigen – im Fall der abgebildeten Sklavenhaltergesellschaft auch physische Gewalt ausdrücklich einschließt. Grundsätzlich darf symbolische Gewalt auf keinen Fall mit Gewalttätigkeit als Realisierungsstrategie gleichgesetzt werden; Gewalttätigkeit darf hier lediglich als eine von vielen Realisierungsmöglichkeiten symbolischer Gewalt verstanden werden. Allerdings zeigen bereits die Wunden auf den Rücken der Sklaven an, dass diese Opfer von Gewalthandlungen geworden sind. Ketten und Fußfesseln sind Symbole ihrer Entindividualisierung und Knechtschaft. Der Habitus der Sklaven wird hier zunächst von außen dargestellt, angekettet ist nicht nur ihr Körper, auch ihr Habitus ist an die Ketten der Sklaverei gefesselt; sie werden als Opfer der gesellschaftlichen Ordnung inszeniert. Es wird also zuerst eine herkömmliche Machtverteilung illustriert; die Speck-Brüder, die Sklavenbesitzer, haben volle Kontrolle über ihr personal property, die Sklaven werden als Waren behandelt und befinden sich in einer Lage, die eine ständige Angst vor Gewalthandlungen einschließt. Sie sind der Willkür ihrer Eigentümer gänzlich ausgeliefert – beinahe nackt, gefesselt und auf blanken Füßen bewegen sie sich zwischen den Bewachern zu Pferde. Zahlenmäßig erscheinen die weißen Sklaventreiber zwar in der Unterzahl, doch sind sie ein Instrument der Machtstabilisierung der White Supremacy und in dieser Funktion sorgen sie für „die relativ reibungslose Reproduktion von Machtverhältnissen“ (Schmitt, 2006, S. 8), dabei werden allerdings die Symbole statt zu verschleiern offen zur Schau gestellt. Die Repressionen gegen die Sklaven können vor dem sozialhistorischen Kontext deshalb so offen gezeigt werden, weil keine Gefahr eines Aufbegehrens droht. Warum die Sklaven nicht einfach aufstehen und sich ihrer Fesseln entledigen – das problematisiert auch Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) in der späteren Konfrontation mit Django – wird an entsprechender Stelle nochmals aufgegriffen.

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Eine Einblendung nach den Eröffnungscredits umreißt das Setting: In gelben Lettern erscheinen nacheinander die Schriftzüge „1858“ – eine Sekunde später darunter: „Two years before the Civil War“. Es schließt sich die etwas konfuse Ortsbeschreibung „somewhere in Texas“ (3:39–3:49). Die surreal anmutende Landschaft des Vorspanns lässt einen Hinweis darauf zu, dass es sich dabei um einen fiktiven, mehr oder weniger austauschbaren Ort handelt. Zudem beginnt der amerikanische Bürgerkrieg eigentlich erst im Jahr 1861 – ob dies ein Denkanstoß an die Zuschauer oder ein schlichter Fehler ist lässt sich an dieser Stelle nicht bewerten.

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Die Handlung nimmt schließlich ihren Lauf, indem Dr. King Schultz (Christoph Waltz) vom knarzenden Geräusch der Springfeder auf dem Zahnarztwagen begleitet, auf die Gruppe trifft. Begrüßt wird dieser mit einer grinsend vorgetragenen Floskel mit inhärenter Drohung12 und geladener Waffe; eine Situation, die im Wilden Westen durchaus tödlich enden kann. Doch der herannahende Schultz stellt sich wortreich und mit überaus legerer Haltung auf dem Kutschbock des absurd-anmutenden Schaustellergefährts sitzend als friedlicher Reisender vor, der den Autoritätspersonen gegenüber beteuert „I mean you no harm“ (4:30), um sie schlussendlich – und das scheint der Doktor antizipiert zu haben – doch zu eliminieren, da sie der Verwirklichung seines Plans zuwider handeln. Diese Intriganz, verklärt durch sein kultiviertes und nonchalantes Auftreten, darf als symptomatisch für die Figur des Doktors verstanden werden. Der Schaustellerwagen darf als Indiz für eine mögliche vergangene theatrale Betätigung gedeutet werden; zudem verhärtet sich diese Annahme durch seinen Verweis auf seine Tätigkeit als Zahnarzt, die in der Ära des Wilden Westens als wandernde Wunderheiler auftraten und somit dem Schaustellertum zugehörig galten. Auch wenn Schultz sich niemals in entsprechender Tätigkeit zeigt, darf ein solcher Hintergrund angenommen werden. In jedem Fall stellt sie die Maske für sein eigentliches Erwerbsleben, die Kopfgeldjagd. So können die Specks zunächst davon ausgehen, mit einem harmlosen Exzentriker, kaum aber mit einem bewaffneten oder gar gefährlichen Mann konfrontiert zu sein und sind sich ihrerseits keiner Bedrohung gewahr. Die Szene erhält einen beinahe ironischen Ton, als Schultz seine Rede aufnimmt; Englisch sei seine second language, in der er sich allerdings sehr eloquent auszudrücken vermag – was die Specks, die sich beide einer sehr einfachen Sprache bedienen, sichtbar erzürnt. Darin verdichtet sich schließlich der schwelende Habitus-Struktur-Konflikt nach Bourdieu; neben der elaborierten Sprechweise des Doktors ist es wohl vor allem ihre Entlarvung als Träger, nicht aber als Machthabende innerhalb der Sklavengesellschaft, die diese enragiert. Der Konflikt entsteht nun durch die „Reibung“ (Schmitt, 2006, S. 8) der Habitus der Beteiligten. Als überlegen weißt sich Schultz dadurch aus, dass er sie über sein Wissen um die Herkunft eines bestimmten Sklaven – dem von ihm gesuchten Titelhelden – in Kenntnis zu setzen vermag und über die Identität und somit auch den sozialen Rang der Sklavenbesitzer im Bilde ist. Tatsächlich gebart er sich als Kaufinteressent und weist sich so eigentlich im Rahmen des Feldes des Sklavenhandels als ökonomische Sphäre der White Supremacy als Wortwörtlich: "Who's that stumblin around in the dark? State your business, or prepare to get winged!" – dabei wird das Gesicht des Sklavenhändlers in Großaufnahme gezeigt. Nachdem er seinen Satz aufgesagt hat, lächelt er und sein Bruder übernimmt im Weiteren die Wortführung. 12

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Gleichgesinnter aus. Die Specks zeigen ganz offensichtlich ihr Misstrauen gegenüber dem Fremden und verweigern unbeholfen fluchend die Transaktion des gesuchten Sklaven. „Don’t be ridiculous, of course they’re for sale“ (7:23) bringt er ihnen lakonisch entgegen und legt den Grundstein der Eskalation, indem er sie als lächerlich herausstellt und ihnen somit jedweden Respekt verweigert. Auf die Spitze treibt er die Respektlosigkeit, wenn er nicht mehr die Herren, sondern direkt die Entmündigten adressiert. Da Schultz sich in keiner Weise für die Sklaventreiber interessiert, kommt es zu einer ironischen Machtumkehrung: Den entmündigten Sklavenhaltern wird die Verfügungsgewalt entzogen; am Ende ist es der unmündige Django, der mit Preisgabe der entscheidenden Information ein Stück seiner Mündigkeit zurückerlangt. Die Situation erreicht – nach dem ersten Austausch Schultz‘ mit Django – ihren Klimax, als Ace den Hahn seiner Waffe spannt und schließlich deklamiert: „last chance, fancy pants!“ (7:38). Schultz hat diese Entwicklung antizipiert, „very well“, kommentiert er schlicht, lässt seine Lampe fallen, zieht blitzschnell sein Schießeisen aus dem Holster und platziert keine Sekunde später einen Kopfschuss. Während dieser Gewalthandlung wird das Opfer in einer Nahen gezeigt, wobei deutlich eine Menge Blut und die Einschusswunde am Kopf gezeigt werden. Die nächste Einstellung zeigt den zurückweichenden Bruder in einer Halbnahen Einstellung – handlungsunfähig, bevor wieder Schulz in einer amerikanischen Einstellung, umwoben vom Rauch seines Schusses, gezeigt wird. Mit dem zweiten Schuss ist ein Schnitt angelegt, der die Kameraposition um etwa 60 Grad verändert; das Pferd, das von seinem Schuss getroffen wird, befindet sich im Bildmittelpunkt. Die Kamera wechselt – begleitet vom Aufschrei Dickys –in eine deutliche Untersicht, während das Pferd ihn mit sich zu Boden reißt. Der Schrei hält über drei rasante Szenenwechsel konstant an. Dr. Schulz dreht lässig seine Waffe um den Finger – ein deutliches Zeichen seiner Überlegenheit, die seine Gewaltanwendung in den Rang heldenhafter Gewalt (vgl. Keppler, 2006, S. 281–288) erhebt; innerhalb weniger Augenblicke hat er die Situation mit zwei präzisen Schüssen – in bester Cowboymanier – aufgelöst. Die nächste Szene zeigt im Close-Up das Gesicht des nun verletzten Dickys. Die Gewaltszene – die ohne begleitende Musik auskommt, da „die Akustik der Gewalt […] ganz an ihre Stelle getreten [ist]“ (Keppler, 2003, S. 178) – endet mit einem Zoom-Out – beinahe aus dem Mund des Opfers – und die Szenerie wird nun im high angle shot dargestellt, sodass auch die Leiche des ersten Bruders wieder in den Blick kommt. Der „epische Rhythmus der Gewalt“ (Keppler, 2006, S. 289) endet formal, indem die Einstellungen, die während der 13

Klimax des ersten plot points maximal zwei Sekunden, zumeist allerdings unter einer Sekunde dauern, nun wieder deutlich länger werden. Ihren Höhepunkt findet die Machtumkehr in der Ermordung des immobilen Sklaventreibers durch die freigesetzten und dadurch mündig werdenden Sklaven.13 Der Verlauf dieser Szene scheint – gerahmt durch den rechtsbefreiten Raum der Wildnis – beinahe fatalistisch angelegt; der Habitus-Struktur-Konflikt muss schließlich mit Waffengewalt gelöst werden. Die Notwehr, die Schultz beschwört, kann nach Keppler (2003) als eine heilende, also eine wiederherstellende Gewalt begriffen werden, die darauf abzielt, den Widerstand einer feindlichen Welt nicht zu bewältigen, sondern zu beseitigen (vgl. S. 282). Dabei greift das Prinzip der regeneration through violence, die hier nicht die Wiedergeburt Amerikas, sondern die des Protagonisten herbeiführt, der symbolisch von den Ketten der Sklaverei entfesselt wird. Dieser Entfesselung wird eine relativ lange Detailaufnahme (9:05– 9:10) gewidmet, die bereits auf ihre Bedeutung hinweist; der erste Schritt zur Freiheit ist getan, obwohl angemerkt werden muss – das hat bereits Hegel festgestellt – der Mensch alles außer seine Freiheit verlieren könne (das zeigt etwa Wokart, 1992, S. 38) und somit grundsätzlich sowohl frei als aber auch bestimmbar sei. Das stellt sich in einem späteren Flashback des Protagonisten eindrücklich heraus, wenn sein vormaliger Besitzer feststellt, „boy‘s got sand“ (24:52) – mehrere Ausbruchversuche quittiert mit dem Brandzeichen des runaway-R,14 belegen das. Genau das macht Django für den Sklavenhalter unbrauchbar und beschreibt den fruchtbaren Boden, auf den Schultz seine Saat aussäen kann. Die titelgebende Entfesselung stellt also die Weichen für den nun symbolisch und zumindest auch körperlich befreiten Django, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Zunächst muss sich Django also einem neuerlichen Besitzer unterordnen, sein Rang wirkt dennoch gestärkt, darf er sich doch zu Pferd fortbewegen, was in Daughtrey für einiges Aufsehen sorgt. Auch optisch wird das Ausmaß des Verstoßes gegen die geltende Ordnung inszeniert; Djangos Kopf passiert für wenige Momente eine im Vordergrund befindliche Schlinge (13:13). In dem Ort geht Schultz nun seinem eigentlichen Handwerk nach und erklärt, während sie in einem Saloon auf die Ankunft des Gesuchten – dem Sheriff des Dorfs – warten,

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Er versieht sie bereits im Vorfeld mit Mündigkeit, indem er sie zu Zeugen seiner Notwehr ernennt; ein Rang, der angesichts der vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen gar grotesk anmutet. Er pflegt außerdem einen emphatischen Umgang und adressiert sie direkt. Man könnte sagen, er aktiviert in ihnen das Potential zur Mündigkeit, das sonst gesellschaftlich – mittels symbolischer Gewalt – unterdrückt wird. 14 Dieses Brandzeichen, das entlaufenen Sklaven beigebracht wird, zeichnet die Betroffenen für den Rest ihres Lebens und bezeichnet sie Ausreißer mit eigenem Willen.

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dass das Kopfgeldjägertum mit dem Sklavenhandel zu vergleichen sei: „Like slavery it’s a flesh for cash business“ (15:39). Differenziert wird allerdings, wer dabei gerichtet wird; der Staat schreibt Kopfgelder aus, Schultz fungiert demnach als Exekutivinstrument des Rechtssystems und es werden die üblichen Kategorien zur Beschreibung dieser Straftäter herangezogen. Je böser sie sind, desto höher fällt die Belohnung aus (vgl. 16:55). Davon begeistert, für das Töten weißer Männer Bezahlung erhalten zu können, schließt sich Django bereitwillig dem Kopfgeldjäger an. Schultz instruiert Django in seine Tätigkeit, indem er ihm eine Rolle zuweist, die dieser spielen soll; wiederum ein intriganter Plan, der ihnen die Türen zu der Plantage öffnen soll, auf der sie die Brittle-Brüder finden. Vor den Toren dieser Plantage spielt sich nun – vor dem Hintergrund einer auffälligen Maskierung Djangos, die an den kleinen Lord erinnert – die erste Konfrontation mit der White Supremacy ab. Dabei kommt es zu einer grotesken Darstellung des Habitus dieses Plantagenbesitzers, der sich nach anfänglichem Zögern schließlich von Schultz mit einem Appell an dessen Geschäftssinn verlocken lässt. Schultz spielt also sein Wissen um die Fetischisierung und Verschiebung von Triebzielen innerhalb der herrschenden Klasse (vgl. Seeßlen, 2011, S. 9) offen aus. Die Keywords sind in diesem Zusammenhang businessman und gentleman, diese Attribute verpflichten Big Daddy – ein Name, der direkt auf seine paternalistische Rolle hinweist und ihn gleichzeitig in seinen erhabenen Status betont. Ein anfänglich-potentieller Konflikt über ein Gesetz, das es Dunkelhäutigen verbietet, Pferde zu reiten, wird monetär überwunden. Die Gunst von Mr. Bennett, wie Schultz ihn adressiert, sorgt dafür, dass es zu einer weiteren Komisierung kommt: Die finanziellen Anreize motivieren ihn dazu, seine moralischen Ansichten – verbildlicht durch das Hinuntersteigen einiger Stufen der Treppe zum Herrenhaus – auszublenden. Ein Hinweis darauf, dass Django nicht wie ein Sklave, sondern – so gebietet es der gute Geschmack – wie eine Extension seiner selbst zu behandeln sei, bringt eine besonders groteske Situation hervor, in der Schultz zum Souffleur des Plantagenbesitzers wird. Er bringt ihn dazu, über die Rolle des seltsam gekleideten Dieners in einen intrapersonellen Habitus-Struktur-Konflikt zu geraten, wobei Schultz, der die von Bennett begehrten Geldmittel innehat und damit Macht über Bennett besitzt, die Struktur vorgibt, an der sich Bennetts Habitus reiben muss: Er sei nicht mit den anderen Sklaven zu vergleichen, sondern müsse unbedingt als freier Mann begriffen werden. Schultz Aufforderung kollidiert mit Bennetts fundamental-rassistischem Weltbild, in dem ein freier Mann ein weißer Mann ist. Um

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der Situation dennoch als Gentleman begegnen zu können, muss eine Hilfskonstruktion etabliert werden, die es Bennett erlaubt, Django besserzustellen, ohne von seinem Rassismus abzurücken.15 Die Gejagten sind recht schnell ausfindig gemacht, wodurch erneut das Motiv der Machtumkehr aufgegriffen wird: Der ehemalige Sklave trifft auf seine ehemaligen Peiniger. Herausgestellt wird diese Konstellation in einem Flashback, der den Ausbruchsversuch und die anschließende Auspeitschung seiner Frau Broomhilda, begleitet durch das Flehen Djangos um Verschonung, zeigt. Zwei der Brüder sind soeben dabei, sich in die Auspeitschung einer Sklavin zu ergehen, die aufgrund einer Belanglosigkeit bestraft werden soll. Diese Situation erscheint als Spiegelung der Geschehnisse, denen Django zuvor hilflos ausgeliefert war. Dramaturgisch ist diese nun aber noch deutlicher akzentuiert; die disharmonisch-aufbrandende Streichmusik steigert rabiat die Spannung; der an einen Inquisitor erinnernden Foltermeister zitiert nach Genesis (9, 2), während er – das Hemd mit einzelnen Bibelseiten geschmückt – die Peitsche zur Vorbereitung schwingt. Django unterbricht den Ritus der Auspeitschung, eine strukturell verankerte Machtdemonstration, die der Bestrafung und Disziplinsteigerung dienen soll, just, als John Brittle zum ersten Schlag ausholt. Es vollzieht sich auch auditiv ein Bruch, der extravagant gekleidete Django wird mit heroischen Klängen begrüßt, in einer Totalen wird seine heldenhafte Überlegenheit unterstrichen – im Gegensatz zum schwitzenden, wahnsinnig wirkenden Brittle. Den Gestus der Wiederholung aufgreifend, gibt Django repetierend, leicht modifiziert zurück: „I like the way you die, boy“ (36:23), nachdem er ihn mit einem Schuss direkt durch eine Bibelseite auf Höhe des Herzens trifft. John Brittles Macht fällt im Angesicht seines früheren Opfers in sich zusammen – er wird nun selbst zu dessen Racheopfer. Der zweite Brittle-Bruder, der zu ungeschickt ist, seine Waffe zu ergreifen, wird von Django mit der verwaisten Bullenpeitsche malträtiert, bevor er ihn ebenfalls, allerdings vor mittlerweile angewachsenem Publikum, das er sogar zum Zusehen animiert, mit seiner eigenen Waffe erschießt. Gerade diese zweite Gewalttat zeichnet sich durch äußerste Brutalität aus; er entlädt die gesamte Trommel – fünf Schüsse – in den Körper des niedergepeitschten Aufsehers. Er emanzipiert sich so von der Abmachung mit Schultz, wonach er die Brüder nur finden, nicht aber töten sollte und nimmt initiativ seine persönliche Rache in die eigenen

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Er stellt ihn mit einem weißen – vermeintlichen – Proleten gleich.

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Hände. Auffällig ist dabei die Verwendung des Foltermittels, ein Instrument der symbolischen Gewalt der Herrschenden, das sich in seiner Hand als solches enttarnt und zum Symbol der Machtumkehr transformiert. Die Hinrichtung der Gesuchten bleibt nicht unbemerkt, sodass unmittelbar nach der Erschießung des letzten Bruders mittels eines Fernschusses von Schultz der Hausherr mitsamt einer kleinen Armee vorstellig wird. Der Menschenauflauf ist gemischtrassig; einige der dunkelhäutigen Männer tragen sogar Waffen, offensichtlich löst der Konflikt im Inneren der Plantage die rassische Trennung – zumindest temporär – auf. Konfrontiert mit der schriftlichen Befugnis zum Töten seiner Angestellten und angesichts des hohen Strafmaßes, das bei der Ermordung eines Gesetzeshüters herangezogen wird, ist der Plantageninhaber in dieser Situation machtlos und muss die nunmehr als Eindringlinge erkannten „joker“ (38:26) unbehelligt ziehen lassen. Gleichwohl scheint ein solcher Vorstoß auf Seiten der Herrschenden ebenso den Bedarf einer racheförmigen regeneration through violence – eine Wiederherstellung der unterlaufenen Machtstellung – zu evozieren. Auch das scheint Schultz bereits antizipiert zu haben, denn die folgende Episode ist von vornherein mit dem Marker des Triumphs – in Form von Dynamit im hohlen Zahn des Schaustellerwagens16 – versehen. Schon aus der erhöhten Stellung der Protagonisten, die sich auf einem Baum postieren, lässt sich ableiten, dass ihnen keinerlei Gefahr droht, sondern sie vielmehr auf den Angriff lauern, um dann ihrerseits zuzuschlagen. Diese Episode des Films ist komisch gebrochen; reiten die stilisierten Klansmänner zwar zunächst zu tosender Musik und mit brennenden Fackeln bestückt einen Hang hinunter, müssen sie doch bei ihrer Lagebesprechung – eine eingeschobene Rückblende – feststellen, dass die weißen Masken, die die Männer als Kollektiv erscheinen lassen sollen, ihnen eigentlich die Sicht verhängen. Dieses Bild lässt sich auf ihren dogmatisch-habitualisierten Blick auf die Welt übertragen; sie sehen nur noch weiß – ihre Ideale der Individualität und Freiheit gelten nur für ihre, die weiße Rasse; sie sind blind für das Leiden und die Unfreiheit der dunkelhäutigen Bevölkerung. Im Gegensatz dazu tritt Django als weitsichtig im wörtlichen Sinne auf, wenn er ein Fernglas verwendet, um seinen Blick zu konzentrieren.

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Der ausgehöhlte und mit Dynamit beladene Zahn, der das Schaustellergefährt des vermeintlichen Zahnarztes ziert, greift hier die Idee des zumindest nicht-praktizierenden Zahnarztes auf: Schultz, der sich als Zahnmediziner ausgibt, agiert in dieser Funktion in der Filmhandlung kein einziges Mal. Der Beruf dient als Maske. Ähnlich funktioniert nun auch der dekorative Zahn, der auf seinem Wagen angebracht ist; nach außen festigt er den Eindruck des reisenden Wunderheilers, sein Inneres aber ist beladen mit dem todbringenden Sprengstoff.

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Wie bereits der Eingang dieser Szene ankündigt, endet sie in einer spektakulären Explosion und mit dem planvollen Tod des Plantagenbesitzers Bennett. Eindeutig wird ihnen also ihre Blindheit zum Verhängnis, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne; sie werden Opfer ornamentaler Gewalt (vgl. Keppler, 2006, S. 274–275), die sich als dramaturgisches Prinzip schon durch das gesamte Werk Tarantinos, wie auch durch diesen Film zieht. Die Helden entledigen sich eines Problems, Schultz schießt auf den mit Dynamit befüllten Zahn und lässt schließlich Django den fliehenden Plantagenbesitzer und Initiator der Hetzjagd erschießen. Die Tatsache, dass diese Episode absolut irrelevant für den Fortgang der Handlung ist, stellt ihre Absurdität und gleichzeitige Ornamentalität nur umso mehr in den Vordergrund. Den Winter über – so vereinbaren es die Protagonisten – gehen sie partnerschaftlich der Kopfgeldjagd nach; erlegen böse Männer oder gar ganze Banden, die sie in der Westernwelt, die vielfach durch weite Landschaftsaufnahmen im Stil des Italo-Western hervorgehoben wird, aufspüren. Und sie teilen sich den Erlös ihrer Tätigkeit auf, ein Drittel aller Kopfgelder stehen demnach Django zu; ungeachtet dieser ungleichen Verteilung entwickelt sich eine freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden. Möglicherweise deshalb, weil „beide Fremde […] in einem bösen Western-Universum [sind] […]. Aber nicht Fremde bleiben: Sie machen sich die Gesetze dieses Universums einfach untertan, indem sie sie umschreiben“ (Gaul, o.J., S. 2). Ebenso verfährt hier also Schultz, wenn er sich jedes Mal, bevor er sich auf neues Terrain begibt, eine Rolle bereitlegt, die passgenau auf die dort etablierten Habitus-Strukturen zugeschnitten ist. Gegenüber Django nimmt er vor allem im ersten Teil des Filmes die Rolle eines Mentors ein; er schult ihn in Sachen Manierlichkeit, im Lesen, in der Kopfgeldjagd und nicht zuletzt auch im Schauspiel. Als exemplarisch kann die Lehrstunde (52:34–55:28) verstanden werden, in der Django ein moralisches Dilemma anspricht, das von Schultz mit der Konsultation des Steckbriefs gelöst wird: Es handelt sich um einen bösen Mann und die Kopfgeldjäger fungieren lediglich als verlängerter Arm des Gesetzes. Mit beinahe väterlicher Fürsorge unterstützt Schultz hier Django und verfestigt nochmals seine dichotome – nicht immer rechtlich legitimierte – Moralvorstellung, die auch schon Bennett, der nicht zur Fahndung ausgeschrieben war, das Leben kostete. Django nimmt diese Lehre wörtlich und hat sie offensichtlich internalisiert, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt darauf referiert, um sein Handeln zu legitimieren.17

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Kurz vor der Ankunft auf Candyland haben Schultz und Django eine Unterredung (1:16:50–1:18:21), bei der Django diese Situation aufgreift und Schultz‘ Moralvorstellung aufgreift: „What you said was:‘That this is my world and in my world you gotta get dirty.‘ So that’s what I’m doin‘, I’m gettin‘ dirty“ (1:17:53). Mit

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Gerade in dieser Winterepoche, die mit dem Song I got a Name (Jim Groce, 1973) – eine Hymne auf die gewonnene und von Schultz um den Übernamen Freeman ergänzte Identität des Helden – eingeleitet wird, steht der Film ganz im Zeichen des Italo-Western-Genres; freie Männer ziehen durch das weite Land und die wilde Natur. Das Ende dieser Episode leitet eine Texteinblendung ein, die direkt mit dem Schnitt auf die Straßen Mississippis verknüpft ist, denn der mit einem Handschlag besiegelter Pakt mit Django bedingt nun, dass Schultz nach dem Winter mit Django nach dessen Frau sucht. Damit steht die Handlung unter einem höheren Ziel, die Kopfgeldjagd wird damit ein Mittel, das letztlich dem Zweck dient, Kapital für die nächste Intrige zu akquirieren. Django versteht sich nun auch selbst als freier Mann; „Now while I got freedom, now while I got my gun…“ (59:51) stellt er fest, als die beiden gemeinsam am Rande des Sklavenmarktes das Verzeichnis der Sklavenverkäufe durchsuchen und einen Plan zur Infiltration der viertgrößten Südstaatenplantage ausarbeiten. Dieser sieht vor, Django als Experte für Mandingo-Kämpfe18 zu tarnen, während Schultz sich als Geldgeber ausgibt – so wollen sie das Interesse des Plantagenbesitzers Calvin Candie wecken. Der Cleopatra Club, den Calvin Candie fernab von Candyland – seinem Herrenhaus – unterhält, ist nobel eingerichtet; im Flur des Hauses thront die Büste der Nofretete und ein Blick in die Seitentür offenbart, um was für ein Etablissement es sich dabei handelt: ein Lusthaus. Es scheint, als stelle der Raum den Kontext für geschlechtliche Liebe, die am deutlichsten die Bestrebung des Eros zeigt, „aus mehreren eins zu machen“ (Freud, 1930, S. 237), dar. Die Information, die Candies Anwalt Moguy (Dennis Christopher) den Ankömmlingen kurz vor dem Eintritt in das Julius-Cäsar-Zimmer gibt, gibt bereits Aufschluss über die Person Candie und dessen Habitus; er bevorzugt es Monsieur Candie genannt zu werden, ist frankophil, spricht aber kein Französisch. Vor diesem Hintergrund erscheint seine Frankophilie wie eine elitäre, statuskonstituierende Farce; er wäre erzürnt, so Moguy, würde Schultz – der als kultivierter Europäer dieser Zeit der Sprache selbstverständlich mächtig ist – ihn auf Französisch ansprechen. Mit Goffman (1998) gesprochen, müssen sich Schultz und Django in Candies infantilem Takt bewegen, um dessen Projektion zu bewahren (vgl. S. 16).

Verweis auf Keppler (2003) lässt sich herausstellen, dass eine apologetische Weltordnung inszeniert wird; die Umwelt ist böse, sodass ihr mit Gegengewalt begegnet werden müsse (vgl. S. 282). 18 Die Mandingokämpfe sind nicht historisch verifizierbar; die Idee entstammt dem gleichnamigen Film Mandingo (1975) von Richard Fleischer.

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Der Julius-Cäsar-Raum impliziert bereits über den Namen die Assoziation zum dekadentrömischen Lebensstil. Der Raum ist von Kampfgetöse, dem Ächzen und den Geräuschen des Schlagabtauschs der Kämpfer – der einzigen auditiven Untermalung der Szene – gänzlich durchdrungen. Julius Cäsar scheint selbst, in Form einer Büste oberhalb des Kamins, dem Treiben zuzusehen. Die sich bis zur Ekstase steigernden Anfeuerungsrufe des Hausherren erinnern an die Praxis römischer Gladiatorenkämpfe als kaiserliches Unterhaltungsmedium; sie vermögen das gesamte Prestige der Herrschenden abzubilden. Für einen Mandingokämpfer geht bei einer solchen Auseinandersetzung um Leben und Tod, um Alles oder Nichts; „It’s a fight till death“ (1:05:33) – erinnert sie Candie während des Kampfes. Er gleicht einem Menschenopfer, das beinahe in kultischem Stil den Besitzern zu deren Amüsement dargebracht wird. Immer wieder wird im Rahmen der Kampfhandlung mit der Tiefenschärfe gespielt, der Kampf ist nur in seinen entscheidenden – todbringenden – Momenten scharfgestellt, ansonsten liegt der Fokus zumeist auf der sadistischen Freude der weißen Sklavenbesitzer, zu deren Füßen, auf dem Boden des Salons, sich das Kampfgeschehen zuträgt. Die Mandingokämpfe können als radikalste Realisierung der Macht der White Supremacy verstanden werden. In ihnen manifestiert sich eine extreme Äußerung symbolischer Gewalt in direkter Verbindung zur physischen Gewalt. Einerseits werden hier gerade die Sklaven, die im Falle eines Aufstandes gefährlich werden könnten – die Starken, die Kampftüchtigen – kontrolliert und teilweise eliminiert. Andererseits reproduziert die herrschende, weiße Klasse ihr Ansehen in ausgewähltem Kreis und vor allem vor sich selbst. Gerade im Kampf, den Candie initiiert, wird das deutlich; denn der Plantagenbesitzer partizipiert sogar mehrfach am Kampfgeschehen, er agiert gewissermaßen als Deus Ex Machina, der schlussendlich nicht nur das Todesurteil ausspricht, sondern sogar noch das Mordwerkzeug, einen archaisch-anmutenden Hammer, in den Kampf bringt. Auch der Tritt (1:05:57), den er seinem Sklaven versetzt, um ihn physisch nochmals zur Höchstleistung anzustoßen, ist hier als kampfentscheidend inszeniert; in der Folge schlägt Big Fred, der Sklave Candies, seinen Gegner mehrfach auf den schweiß- und blutgetränkten Boden, sticht ihm mit bloßen Händen die Augen aus und versetzt damit Candie in blinde Ekstase. Die Bonbons, die zu Boden fallen, symbolisieren diesen rauschhaften Glückszustand, indem sie sich – aus dem Schoß der Sklavin entlassen – über den gesamten Boden ausbreiten. Sie illustrieren einerseits das über sich Hinaustreten Candies, der dies in einem lauten Siegesschrei artikuliert, sie erscheinen als die Früchte seiner Arbeit. Andererseits kann besonders das Übergewicht der Rottöne 20

als eine symbolische Darstellung des vergossenen Blutes gedeutet werden, auf das der Blick der Kamera nicht mehr zurückkommt. Der Moment des Todschlags wird – den Anblick des Toten spielerisch umgehend – zu einer imaginativen Lücke im Filmtext, der von den Zuschauern mit Bedeutung gefüllt werden kann. Die Macht, über die Candie verfügt, einen Stellvertreter in einen Kampf auf Leben und Tod zu entsenden – eben auf dem Boden eines Lusthauses und ausschließlich zu Unterhaltungszwecken – muss als (und, das ist hier entscheidend: inszenierte) Bestätigung all dessen begriffen werden, für das die White Supremacy in ihrem dogmatischen Rassedenken steht. Die symbolische Gewalt, die hier – einmal mehr durch Gewalttätigkeit! – realisiert wird, ist also sowohl Instrument der Repression wie Instrument der Reproduktion. Die Macht wird reproduziert, indem der Sklavenbestand ständig dezimiert wird; die Kampfesstarken – die bei einem Aufstand gefährlich werden könnten – werden in ständiger Furcht vor dem nächsten todbringenden Kampf gehalten und wie das Beispiel des geflohenen und dafür von Hunden zerfleischten Mandigokämpfers D'Artagnan (1:19:11–1:25:28)19 zu belegen. Er möchte dem Todesurteil, das über einen Sklaven der als Mandigokämpfer gehalten wird, gefällt wird, abwenden, doch sämtliche Fluchtversuche, die die Sklaven während der Filmhandlung begehen – in einem Flashback Django und seine Frau (32:57–34:14) – werden vereitelt. In Hetzjagden werden sie, als Eigentum des Sklavenbesitzers, stets wieder in die unterdrückende Ordnung überführt und erhalten zusätzlich drakonische Strafen. Zumeist erfolgen diese in Form von Auspeitschungen mit Bullenpeitschen, oder sie werden sogar – wie Rinder, die Nähe zum Tier ist in der Bestrafungsmetaphorik am deutlichsten zu sehen – gebrandmarkt. Die Repressionen gegen die Sklaven machen einen enormen Teil der Realisierungen symbolischer Gewalt der „historiografische[n] Metafiktion“ (Meyer, 2007, S. 70) aus. Die beschriebenen Machtmechanismen lassen sich leicht auf die positive Rechtsordnung anwenden, die allerdings zugunsten der Androhung von Gewalt die tatsächliche Gewalthaftigkeit durch eine Rechtfertigung als normative Ordnung aussetzen (kann) und die Gewalt so zur möglichen Handlungsweise im Gesamtzusammenhang des Rechts integriert (vgl. Menke, 2011, S. 7–11).

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In dieser Szene wurde darauf verzichtet, die Gewalthandlung, die als Realisierung symbolischer Herrschaftsgewalt verstanden werden muss, in ihrer Gesamtheit zu inszenieren. Es werden nur wenige Einstellungen gezeigt, die mit einem diabolischen Kichern der Umstehenden auditiv begleitet werden; die Geräuschkulisse spiegelt die gesellschaftliche Ordnung wieder und evoziert bereits den Schrecken, der im weiteren Handlungsverlauf das – nicht zu bewältigende Trauma für Schultz darstellt.

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Dass dieser Repressionsmechanismus bei Django, der sich während des Mandingokampfes in Ausübung seiner Maskierung als One-Eyed Charlie für Mandingokämpfe unbeteiligt an der Bar aufhält, nicht greift, hängt maßgeblich mit dem Praktizieren eines weißen Habitus zusammen. Candie beschreibt ihn misstrauisch als „Cowboy“ (1:09:47); sein präsentierter Gestus – selbstbestimmt trinkend und rauchend allein an der Bar – lässt diese Identitätszuschreibung problemlos zu. Verstärkt wird dieser Eindruck der Autonomie noch durch die starke Kontrastierung mit den Kämpfenden und seinem beinahe trotzigen Umgang mit den elitären Sklavenbesitzern. Im Gespräch mit Candie, der gerade einen Polynesian Pearl Diver aus einer Kokosnuss schlürft, gibt er sich – die Spiegeltechnik sprachlich wie optisch nutzend – egalitär und zielstrebig, allerdings mit einem bissigen Unterton, der – den Leibwächter Candies in Alarmbereitschaft versetzend – zweifelsohne die Rangordnung zwischen den Männern in Frage stellt. Candie ist bereits vor dieser Darbietung der Schlagfertigkeit vom Ex-Sklaven fasziniert; er zwinkert ihm zu (1:08:57) und stellt ihn Schultz gegenüber als den Kopf der Unternehmung heraus, für die Schultz nur der Geldgeber sei. Um das Bild der Kokosnuss neuerlich aufzugreifen: Er saugt die Worte Djangos in sich auf, genauso wie er das Getränk aus der braunweißen Kokosnuss in sich aufnimmt und ist schließlich überzeugt, nachdem er den Cowboy gänzlich internalisiert, das Getränk deutlich hörbar ausgesaugt hat. Beim abendlichen Mahl im Lusthaus des Plantagenbesitzers stellt Candie mit Blick auf Django fest: „One nigger […] pops out out of ten thousand, the exceptional nigger“ (1:13:11). Das stellt die Weichen für den Aufenthalt der Infiltraten auf Candyland. Auf der Plantage werden sie von einem mürrischen Stephen (Samuel L. Jackson), der in der Abwesenheit Candies die Kontrolle über das Anwesen innehat, begrüßt. Candie weist die harschen Worte Stephens über den im Herrenhaus residierenden Django mit einem Verweis auf die southern hospitality (1:32:31) ab und referiert damit auf eine vermeintliche Brauchausübung in den Südstaaten. Diese Sitte hat einen hohen Wert, die Höflichkeit und die Hofierung der Gäste hat in seinem Haus höchste Priorität, das stellt er Stephen gegenüber deutlich heraus. Die southern hospitality kann in den nächsten Handlungsabschnitten – selbst nach Desmaskierung seiner Gäste spielt Candie, wohlgemerkt sehr zynisch, mit diesem Brauch – als prägend für die stattfindende Interaktion begriffen werden; Candie inszeniert sich in der Folge als absoluter Gastgeber (vgl. Derrida, 2001, S. 64), er lässt die Fremden in sein Haus und löst im Rahmen seiner Rolle sogar die Bestrafungsroutine auf seiner Plantage auf, um seinen Gästen eine Gefälligkeit zu erweisen. Nach Jacques Derrida muss die Gastfreundschaft – 22

zumindest in ihrer gedachten absoluten Form – als Paradoxon erscheinen; Zunächst ist es der Hausherr, der die Gesetze der Gastfreundschaft konstituiert, „[e]r repräsentiert sie und beugt sich ihnen, um ihnen innerhalb dieser Gewalt der Macht zur Gastfreundschaft dieser Macht der Selbstheit [...] auch die anderen zu unterwerfen“ (vgl. Derrida, 2001, S. 106). Im Bild eines absoluten Gastgebers muss sich die Voraussetzung der Gastfreundschaft nun aber zwangsweise umkehren: um der Maxime zu genügen, muss der Gastgeber alles geben, was ihn zur Beherbergung eines Gastes befähigt (vgl. Derrida, 2001, S. 60) – im vorliegenden Fall merkt Stephen etwa an, dass die von Django genutzte Bettwäsche zu verbrennen sei – was Candie ohne Zögern in Kauf nimmt. Er instrumentalisiert die Maxime der absoluten Gastfreundschaft zur Verwirklichung seiner wirtschaftlichen Interessen und führt im Weiteren die Gastlichkeit ad absurdum: Er inszeniert sich sogar dann noch als Gastgeber, nachdem die Intrige der beiden Infiltraten enttarnt wird; allerdings geht sein Handeln auf eine andere Motivation zurück. Geht es zuvor um die Präsentation seines Prestiges und um sein monetäres Streben, motiviert sich sein Handeln nun allein aus dem Gedanken der Demütigung; Django und Schultz sollen weiter erniedrigt werden, bis Schultz dem gewaltvoll ein Ende setzt. Es scheint deshalb besonders vielversprechend, sich vor dem Hintergrund der Überlegungen von Norbert Elias (1939) zur Sittenverfeinerung eben jene Handlungsmomente zu besehen, die besonders im Zeichen der Gastfreundschaft stehen; anzunehmen ist, dass sich in diesem Südstaatenbrauch Spuren der Elitenideologie identifizieren lassen. Gerade die Szene, in der ein gemeinsames Abendessen inszeniert wird – und hier soll ganz bewusst von Inszenierung gesprochen werden! – scheint besonders betrachtenswert, denn hier, so ist anzunehmen, finden sich in kurzem Zeit-Raum und in besonders dichter Form Brauch- und damit Ideologieelemente. Zuvor wird in einer auffällig langen Montage die Tafel gedeckt (1:34:50–1:35:23), eine hoch ritualisierte Tätigkeit für die Sklaven, die in absoluter Gleichförmigkeit agieren; die Inszenierung dieser Perfektion erscheint als etablierter Standard im Haus. Die Sklaven sind es, die die kultivierten Strukturen einrichten, denen sich die weiße Gesellschaft nur noch anzunehmen braucht; für das leibliche Wohl ist ebenfalls gesorgt, ohne dass es dabei auf die Kontrolle des Hausherren ankommt. Disziplin und Perfektion können seinerseits vorausgesetzt werden, da die Sklaven ihre Rolle völlig selbstverständlich spielen; sie haben ihr Sklaventum – deutlich sichtbar – internalisiert. Entsprechend entsetzt reagieren sie auf die Widerworte, die Django während des Tischgesprächs gegen den Hausherren vorbringt. Denn 23

sie reproduzieren symbolisch die Herrschaft, indem sie beinahe unbemerkt immer zur Stelle sind, wenn es der Tischgesellschaft an etwas fehlt. Alle Beteiligten – abgesehen von den Gästen – sind durchweg bemüht, das Ansehen Candies zu untermauern: sie reden dem Hausherren nach dem Mund und überlassen ihm unhinterfragt die Gesprächsführung bei Tisch. Candie bekleidet den Kopf der Tafel, während seine Schwester und sein Anwalt an seiner Seite sitzen; Django sitzt – neben Schultz – am abseitigen Ende der Tafel, er sitzt so außerhalb des engsten, weißen Kreises. Stephen verkörpert die Machtreproduktion in besonderem Maße, ist er doch stets über seinen Herren gebeugt und repetiert affirmativ dessen Äußerungen. Weder Angestellter, Schwester noch sein Stellvertreter haben in diesem Handlungsabschnitt eine andere Funktion als den Hausherren in dessen Stellung zu legitimieren. Sie dienen – gemeinsam mit dem Gesamtaufgebot an schwarzen Dienern – der Demonstration der uneingeschränkten Herrschergewalt des Gastgebers. Gleichwohl scheint diese enorme Machtdemonstration auch auf die Selbstbestätigung der Kultiviertheit ausgelegt. Ganz gleich, wie infantil Candies Verhalten erscheint – er findet stets die Bestätigung seiner Untergebenen. Lediglich einmal wird er von seiner Schwester zurechtgewiesen, als er den groben Sittenbruch begeht, Broomhildas von Peitschenhieben gezeichneten Rücken während des Mahls zu entblößen. Gewalthandlungen haben – das konstatiert seine Schwester – im Rahmen kultivierter Manierlichkeit bei Tisch keinen Platz. Gerade in der Maßregelung Candies zeigt sich seine eigentliche Rolle: Er ist der Erbe, wächst als Kind der Herrschaft auf und ist in seiner elitären Sozialisation von der Welt entfremdet; er identifiziert sich mit dem gesellschaftlich etablierten Habitus der Sklaverei, wodurch er sie blind mit Kultivierheit gleichsetzt und gleichzeitig blind für das Leiden der Unterjochten wird. Sie verkommen in seinem Herrschaftsuniversum zu verdinglichter Unterhaltung; das zeigt sich etwa an einer Zirkusanspielung, die mit dem Eintritt zahlreicher Tischdiener in die Manege zusammenfällt (1:52:39). Noch deutlicher zeigt sich die Verdinglichung der Sklaven im Schädel des ehemaligen Haussklaven Old Ben; eine eindeutige Anspielung auf Hamlet (5. Aufzug, 1. Szene), die in einen Monolog mündet: Er stellt darin zynische die Frage nach der Nicht-Revolte der Dunkelhäutigen, die er mit einer Ausführung zur phrenologischen Differenz der Spezies sich selbst und seinen Gästen in einer eindrucksvollen Vorführung beantwortet. Er ergeht sich derart in der Öffnung des Schädels, dass es trotz der nur indirekten Gewaltandrohung niemand wagt, seine pathetisch-philosophisch angehauchte Soliloquy zu unterbrechen. Seiner Argumentation folgend, können Dunkelhäutige – das wäre an drei Einkerbungen am Schädel 24

abzulesen, die an der Stelle zu finden seien, die für die Unterwürfigkeit stehe – nicht als Menschen begriffen werden. Diese Darlegung gibt Aufschluss über das Selbstverständnis der weißen Oberschicht; die Ideologie der White Supremacy erscheint nicht nur als gesellschaftlich fundiert, sondern auch biologisch – populär- und pseudowissenschaftlich – naturalisiert. Wer forscht, ist erstens selbst Teil des Sozialraums und steht dabei in der gesellschaftlichen Hierarchie eher oben. Zweitens sind Forschende Teil des akademischen Feldes, in dem es auch um Prestige und darum geht, die jeweils eigene Sicht der Wirklichkeit als universelle durchzusetzen (Schmitt, 2006, S. 19).

Diese politisierte Empirie als Instrument symbolischer Gewalt der Machtelite unternimmt den Versuch, die Repressionen gegen die Sklaven wissenschaftlich zu rechtfertigen und offenbart sich somit als Basis der Verschleierung gesellschaftlicher Verhältnisse. Candie kann sich deshalb selbst als überlegen begreifen, weil es ihm möglich ist, die Prädisposition der Sklaven zur Knechtschaft als Gesetzmäßigkeit zu konsultieren. Die Perversion, mit der er den Schädel des alten Hausdieners am prunkvollen Essenstisch zersägt, kann ihm selbst kaum gewahr werden; nicht nur der Schädel von Old Ben, sondern auch die Sklaven sind für Candie nur Dinge, die er – ungeachtet deren Empfinden – beinahe wie Spielzeuge behandelt; sie dienen ihm zum Erhalt seines verklärten Weltbildes, das sich maßgeblich auf die natürliche Unterdrückung von Schwarzen beruft. Sein Lebensstil muss als kultiviert-barbarisch beschrieben werden; in menschenverachtender Dekadenz tritt der Plantagenbesitzer als prunk- und prestigesüchtiger, ambivalenter Narr auf. In nahezu allen Lebensbereichen übt er (symbolische) Macht und Gewalt aus, die ihn als weltmännischen Herrscher zeichnen; Schultz allerdings gelingt es mehrfach, diese Fassade zu durchbrechen und Candie dessen dogmatisch-rassistisches Weltverständnis vor Augen zu halten. Diese Habitus-Struktur-Konflikte können deshalb zustande kommen, weil Schultz als Europäer sich durchaus anderer gesellschaftlicher Praktiken bewusst ist und die Realisierungen der White Supremacy als das entlarven kann, was sie eigentlich sind: als unreflektierte Barbarei in kultivierter Ausgestaltung. Dass dieser Habitus-Struktur-Konflikt friedvoll gelöst werden könnte, erscheint aus dramaturgischer Sicht zunächst beinahe greifbar, doch das Buhlen um den Sieg in dieser kultivierten Auseinandersetzung ist noch nicht beendet. Nach der Demaskierung der Intriganten durch Stephen stellt Candie – nichtwissend um die Vergangenheit der beiden als Kopfgeldjäger – seine Gäste vor die Wahl Broomhilda – und damit auch sich selbst – zu opfern oder 25

Candie dessen Desiderat, die Geldmittel, auszuhändigen. Sie entscheiden sich für ihr Leben und es kommt zu einer grotesken Zuspitzung der kulturellen Barbarei im Salon der Residenz: Eine Frau spielt dort Für Elise auf der Harfe, was in Schultz die Erinnerung an die Zerfleischung des Mandingokämpfers D’Artagnan weckt; die Bilder erscheinen ihm als traumatisches Erlebnis vor seinem inneren Auge (2:04:51 und 2:05:07). Im scheint in vollem Umfang bewusst zu werden, wie sich die Grausamkeit der Sklavenhaltergesellschaft mittels Kultiviertheit maskiert und als elitäre Sittsamkeit tarnt; er kann nicht umhin, Candie bloßzustellen, indem er ihn darauf hinweist, dass einer seiner favorisierten Schriftsteller – Alexandre Dumas – dunkelhäutig sei. Die Antwort auf diese Brüskierung gibt Candie nach Handelsabschluss, indem er – auf einen vermeintlichen Südstaatenbrauch verweisend – Schultz einen Handschlag abnötigen will, der dem Handel erst volle Gültigkeit verleihen solle, wobei er diese Demütigung mit erneuter Todesdrohung gegen Broomhilda einfordert. Schultz kann nun nicht länger an sich halten und schießt Candie – die Geste des Handschlags vortäuschend – direkt ins Herz. Seine letzten Worte „Sorry, I couldn’t resist“ (2:11:30) stellen ihn letztendlich als Opfer seines eigenen Habitus heraus; dem Trauma, das er erlitten hat, weiß er – besonders im Angesicht der Dreistigkeit Candies – nicht anders zu begegnen. Zudem erscheint er als Opfer an die Dramaturgie des Werkes; ohne seinen Tod kann sich die Wut Djangos nicht in vollem Maße entfesseln. Der Weg nach draußen führt für den Protagonisten über die Leichen von mehr als zwanzig – mehr oder weniger handlungsrelevanten – Figuren. Der Selbsterhaltungstrieb paart sich hier mit dem von Freud beschriebenen Destruktionstrieb, „wenn die seelischen Gegenkräfte, die sie [die grausamen Aggressionen] sonst hemmen, weggefallen sind, […] enthüllt [sich der] Mensch als wilde Bestie, der die Schonung der eigenen Art fremd ist“ (Freud, 1930, S. 240). Wie ein Berserker schießt Django also so lange, bis auch der letzte Schuss abgegeben ist und er sich schließlich dem neuen Machthaber Candylands, Stephen ergeben muss, der Broomhilda in seiner Gewalt hat. Er gebietet den Jägern Djangos Einhalt und unterstreicht damit seine Befehlsgewalt; er tritt an die Stelle Candies und reproduziert nun seinerseits die Ideale der White Supremacy, indem er Django in Gefangenschaft nimmt. Es erfolgt also eine Loslösung der Ideologie von einem bloßen Rassegedanken, vielmehr wird sie als machterhaltende Herrschaftsideologie entlarvt. Django vermag es, sich neuerlich aus der Gefangenschaft zu befreien, um seine Frau aus den Fängen Stephens und Candylands zu retten; während ihm das gelingt, bricht die Rache in vollem Ausmaß aus ihm heraus, er richtet alle Bewohner des Gesindehauses hin, bevor er

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der rückkehrenden Trauergesellschaft auflauert und diese ebenso niederstreckt. Zum krönenden Abschluss jagt er das Herrenhaus Candylands mitsamt der grauen Eminenz Stephen in die Luft. Dieses ornamentale Doppelendszenario dient der schlussendlichen Überwältigung der traumatischen Vergangenheit Amerikas (vgl. Gaul, o.J., S. 1), das im Sinne der Freud’schen These erinnert, wiederholt und durchgearbeitet werden müsse.

6. Fazit Eingangs wurde die Frage nach der kulturellen Legitimation von Gewalthandlungen im Rahmen der Filmhandlung von Django Unchained gestellt. Um dieser Frage nachzugehen, wurde zunächst die White Supremacy als kulturbildende Ideologie in der „historiografische[n] Metafiktion“ (Meyer, 2007, S. 70) des Filmes etabliert. Darauf aufbauend wurde ein anthropologisch-kulturpessimistisches Weltbild, basierend auf den Theorien Freuds und Bourdieus dargestellt, das mit dem Genre des Western als historisch-kultureller Nationalmythos zusammengebracht wurde. Im analytischen Vorgehen wurde, um die Spur der – eigentlich latenten – symbolischen Gewalt sichtbar zu machen, eine am Handlungsverlauf ausgerichtete topographische Motivanalyse bemüht. Die Motive werden dabei als konkrete Realisierungen symbolischer Gewalt bzw. Macht behandelt; während die Dramaturgie und Genresynkretizismen nur am Rande angemerkt werden konnten. Dabei muss allerdings reflektiert werden, dass „Filme […] sich zwar zur Auslotung gesellschaftlicher Verfasstheit, zur Darlegung von Normen und Werten einer Kultur und ihren dominanten Ideologien [eignen]. Sie lassen dabei aber keine direkten Rückschlüsse auf Denkweisen der dargestellten Epoche oder auf die Mentalität einer dargestellten Nation zu. Dennoch geben sie Einblicke darin, wie eine Gesellschaft sich ihrer selbst vergewissert, welches die zentralen Aspekte der gesellschaftlichen Inszenierung sind und welche Aspekte in der Selbstinszenierung fehlen“ (Meyer, 2007, S. 69–70). Im konkreten Fall dieser Analyse, die freilich nur eine Lesart von vielen beschreiben kann,20 konnte festgestellt werden, dass sich die Realisierung symbolischer Gewalt im Kontext der abgebildeten Sklavenhaltergesellschaft maßgeblich durch den Einsatz physischer Gewalt zur Repression der Dunkelhäutigen artikuliert. Vielfach werden die Sklaven gegeißelt, sie müssen bis zum Tode miteinander ringen und werden sogar zur Prestige- und Machtdemonstration des weißen Antagonisten geopfert. Zudem konnte aufgezeigt werden, dass die kulturelle 20

Mikos (2009) weist mit Bezug auf Fiske auf die Polysemie, die Offenheit von Texten hin. Jeder Text weist Brüche und Lücken auf, die vom Rezipienten in aktiver Aneignung mit Bedeutung gefüllt werden können; daraus ergibt sich eine enorme Lesevielfalt (vgl. S. 157).

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Ordnung eine vermeintlich natürliche, unhinterfragte und im Habitus der Figuren verankerte Struktur darstellt; erst in der Konfrontation mit dem entfesselten Django werden diese nicht nur hinterfragt, sondern vielfach durchbrochen, ohne jedoch ihre fundamentale Funktionalität für die Vertreter der White Supremacy einzubüßen. Der Fatalismus der regeneration through violence, wie er sich bereits im Westernmythos als „ästhetisch-formale Apologie des gewaltförmigen Handelns“ (Keppler, 2006, S. 282) darstellt, legt den Grundstein für die heldenhafte, reinigende Gewalt der Protagonisten. Diese Gewalt wird nur im Angesicht der Vertreter der White Supremacy zurückgestellt und zugunsten einer Unterwanderung auf die monetäre Ebene verlagert. Angesichts des kultivierten Habitus der Protagonisten gelingt es ihnen, das Ähnlichkeitsprinzip nutzend, sich auf gleicher Höhe mit der dargestellten Machtelite zu bewegen. Gleichwohl erhebt die Ideologie der White Supremacy, gestützt durch Hilfskonstruktionen wie Sozialdarwinismus und Phrenologie, einen universellen Geltungsanspruch, der über die Rassentrennung hinaus wirkt; die Sklaven erkennen die Ordnung ebenso an, wie der oberste Hausdiener auf Candyland, der nach dem Scheiden des Hausherren – unhinterfragt – dessen Stelle einnimmt. Die Tatsache der schlichten Austauschbarkeit des Autoritären auf Candyland zeigt, dass dogmatische Ideologien keinesfalls nur einer bestimmten Rasse oder auch nur einer bestimmten Personengruppe zuzuschreiben ist, sie kann als transzendent und symbolisch vermittelt angesehen werden, wodurch sie potentiell jeden einschließt.

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7. Literaturverzeichnis Primärquelle: Django Unchained. DVD, Farbe. Quentin Tarantino (Produzent, Regisseur), USA 2012. Sony Pictures Home Entertainment. 165 Minuten. Sekundärliteratur: Arendt, Hannah: Macht und Gewalt. 10. Auflage. München, Zürich 1995. Bancroft, Frederic (Hg.): Speeches, Correspondence and political Papers of Carl Schurz. New York London 1913 (5. Band). Bazin, André; Fischer, Robert (Hg.): Was ist Film?. Berlin: 2004. Benjamin, Walter: Zur Kritik der Gewalt und andere Aufsätze. 2. Auflage. Frankfurt am Main 1971. Bourdieu, Pierre: On Symbolic Power. In: Ders.: Language and Symbolic Power. Cambridge 1992. S. 163–170. Bürger, Peter: Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood. Stuttgart 2005. Cell, John W.: The highest stage of white supremacy. The origins of segregation in South Africa and the american south. Cambridge 1982. Derrida, Jacques: Von der Gastfreundschaft. De l’hospitalité. Wien 2001. Elias, Norbert: Wandlungen der Gesellschaft. Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation. Frankfurt am Main 1997 (Wandlungen der Gesellschaft. Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation, 2. Band) Freud, Sigmund: Das Unbehagen in der Kultur. In: Alexander Mitscherlich & Angela Richards, James Strachey (Hg.).: Sigmund Freud. Frankfurt am Main 1993 (Fragen der Gesellschaft. Ursprünge der Religion, 9. Band). S. 197–270. Goffman, Erving: Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. München Zürich 1998. Heideking, Jürgen & Mauch, Christof: Geschichte der USA. 5., ergänzte Auflage. Tübingen, Basel 2007. Hirsch, Alfred : Recht auf Gewalt? Spuren philosophischer Gewaltrechtfertigung nach Hobbes. München 2004. Keppler, Angela: Mediale Gewalt. Eine Theorie des Fernsehens am Beispiel der Darstellung von Gewalt. Frankfurt am Main 2006. Kiefer, Bernd & Grob, Norbert (Hg.): Filmgenres. Western. Stuttgart 2003. Killing, Uwe: Dreckige Spaghetti. Die glorreiche Geschichte des Italo-Western. Höfen 2013.

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Meissner, Jochen; Mücke, Ulrich; Weber, Klaus: Schwarzes Amerika. Eine Geschichte der Sklaverei. München, 2008. Menke, Christoph: Recht auf Gewalt. Berlin 2001. Meyer, Silke: Heldenmythen. Inszenierung von Geschichte im Spielfilm. In: Andreas Hartmann & Silke Meyer & Ruth-E. Mohrmann (Hg.): Münsteraner Schriften zur Volkskunde/ Europäischen Ethnologie. Münster, New York, München 2007 (Historizität. Vom Umgang mit Geschichte, 13. Band). S. 69–84. Mills, Charles W.: White Supremacy as Sociopolitical System. A Philosophical Perspective. In: Ashley Doane & Eduardo Bonilla-Silva (Hg.): White Out. The Continuing Significance of Racism. New York, London 2003, S. 35–48. Mikos, Lothar: John Fikse: Populäre Texte und Diskurse. In: Hepp, Andreas; Krotz, Friedrich; Thomas, Tanja (Hg.): Schlüsselwerke der Cultural Studies. Wiesbaden, 2009. Rensmann, Lars: Das Erbe des „Thanatos“. Zur Sozialpsychologie der Destruktion in Konzeptionen kritischer Theorie. In: Psychoanalye. Texte zur Sozialforschung. 6. Jahrgang (2002) Heft 10. Schmitt, Lars: Symbolische Gewalt und Habitus-Struktur-Konflikte. Entwurf einer Heuristik zur Analyse und Bearbeitung von Konflikten. Marburg 2006.

Seeßlen, Georg: Filmwissen Western. Grundlagen des populären Films. Marburg 2011. Warshow, Robert: Der amerikanische Mythos. In: Film 58, Nr. 3, Frankfurt a.M., 1958. Weber, Max: Ethnische Gemeinschaftsbeziehungen. In: Ders.: Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen 1972 [1921]. Wokart, Norbert: Antagonismus der Freiheit. Wider die Verharmlosung eines Begriffs. Stuttgart, 1992. (Band 7). Internetquellen: Gaul, Rudi: Wahrheit statt Wirklichkeit. Quentin Tarantinos großartiger Film Django Unchained als inoffizielle Fortsetzung von Inglorious Basterds. http://www.medienobservationen.lmu.de/kritik.htm (10.04.2014). WORT und WISSEN (Hg.): Bibel, Lutherübersetzung, 1912. 1. Buch Mose, Kapitel 9. http://www.wort-und-wissen.de/bibel/bibel.php?b=1&c=9&v=2&vr=ulu (10.04.14).

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8. Gewaltprotokoll von Django Unchained (in Kooperation mit Jan Brand) Legende:

Flashback Shootout Anmerkung: Rassismus ist kulturell-historisch bedingt (symbolische Gewalt) und ist somit obligatorisch zu unterstellen, wenn Repressionen gegen Dunkelhäutige erfolgen. Szene Täter Opfer Handlung Motivation Anmerkung Unbekannter Fremder, uneinschätz07:26 Ace Speck Schultz Bedrohen bare Situation

07:41 Schultz Dicky Speck

09:58 Django

Erschießen Ace Speck, Pferd (Kopfvon Dicky Speck schuss) wurde bedroht Beschimpft Schultz ihn Wut Tritt auf das tote Pferd (und damit auf Specks gebrochenes Rache, Reaktion Dicky Speck Bein) auf Beleidigung

12:14 Übrige Sklaven

Dicky Speck

19:19 Schultz

Sheriff

Marshall, Dorf20:21 bewohner

Schultz (und Django)

24:43 Dicky Speck

Django

33:40 John Brittle

Broomhilda

34:50 Roger Brittle

Jody

John Brittle

Jody

"I only shot your brother 'cause he wanted to shoot me."

Stehen mit Gewehr und Rache, Freiheit er- Stöcken bewaffnet um Erschießen langen ihn herum. Mit kleinem UnterarmreErschießen "Arbeit" - Kopfgeld volver. Umstellen den Saloon und zielen auf die Tür Ungewissheit, (und kurz darauf auf Bedrohen Schutz, Verwirrung Schultz und Django). Django trägt ein Sklavengeschirr und der Sklavenbesitzer spricht von oben Machtdemonstra- auf ihn herab und erzählt Demütigen tion ihm von seinen Plänen. Bestrafung, Macht- Django bettelt, halb-geAuspeitverhältnis derupfte Hühner liegen auf schen monstrieren dem Tisch. Schleifen und FesVorbereitung auf seln Bestrafung

Bedrohen

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Machtdemonstration

Peitschenschwünge und Bibelzitat (Genesis 9, 2

zur Legitimierung, Prophezeihung des Jüngsten Gerichts). 36:10 Django

John Brittle

36:41 Django

Roger Brittle

Kopfgeld, Rache, Erschießen (Rettung von Jody) Auspeitschen Rache, Wut

37:24 Django

Roger Brittle

Erschießen

37:38 Schultz

Ellis Brittle

Erschießen

Bennett (Big 38:25 Daddy), Gefolge Bennett, Ku41:00 Klux-Klan

Schultz und Django (Schultz und Django)

44:45 Schultz

Ku-Klux-Klan

Bedrohen Einschüchtern Schuss auf Sprengstoff

45:40 Django

Bennett

Erschießen

55:00 Django

Smitty Bacall Gruppe von Cowboys

Erschießen

56:30 Schultz, Django

59:38 Sklavenhändler

Broomhilda

Erschießen

Schlägt in Rage auf ihn ein. Entleert das ganze Magazin auf den am Boden Liegenden, danach verKopfgeld, Rache, sucht er noch weiter zu (Rettung von Jody) feuern. Mit dem Gewehr aus Kopfgeld großer Distanz. Bewaffneter Mob kommt zusammen; die Ungewissheit, Waffen sind nicht direkt Schutz, Verwirrung auf sie gerichtet. Gesichtsverlust, Reiten laut brüllend eine Rassismus Hetzjagd. Selbstschutz (und Schutz für Django) Selbstschutz, Aufforderung von Mit dem Gewehr aus Schultz großer Distanz. Ausführliche Legitimation in Form einer LehrKopfgeld stunde für Django. Kopfgeld, (Gerech- Werden nicht näher betigkeit) schrieben.

Foltern und Brandmar- Bestrafung, Machtken demonstration

Big Fred Luigi Kämpfen (Mandingokämp- (Mandingokämp- bis zum 01:03:40 fer) fer) Tod Reißt ihn 01:13:57 Django Hoot vom Pferd

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Gefangenschaft, keine Alternative Schauspiel, Provokation

Zeitweise beiläufiger Kampf, der im Finale jedoch auch sehr fokussiert wird. Candie kommentiert in rauem Ton. Big Fred drückt seinem Rivalen seine Finger in die Augen und tötet ihn letztlich mit einem von Candie eingeführten Hammer.

01:19:50 Hunde

01:23:40 Hunde

01:30:50 Candies Männer

01:32:00 Django

01:34:05 Candies Männer

01:49:05 Stephen

D'Artagnan

D'Artagnan

Bellen ihn an

Zerfleischen ihn

Sklaven (Mandingokämp- Herumfer) schubsen RevolverStephen (+ Can- spannen die) (heimlich) Gewaltvolles ErweBroomhilda cken Ausziehen Django, von Broomhilda Broomhilda

02:00:12 Butch

(nicht anwesend) Django, Schultz Fluchen Erschrecken, BeDjango, Schultz drohen Anschreien, Glas zerDjango, Schultz schlagen Bedrohen mit zweiter Django, Schultz Waffe

02:01:02 Stephen

Broomhilda

02:01:05 Candie

Broomhilda

01:54:50 Candie

01:59:55 Butch

01:59:56 Candie

02:01:32 Candie

Broomhilda

02:01:43 Candie

Broomhilda

02:02:24 Candie

Broomhilda

02:02:34 Candie

Broomhilda

Abrichtung

Abrichtung

Candie befiehlt (Machtdemonstration, Loyalitätsprüfung), Django lässt Zerfleischung zu, um Rolle zu wahren.

Rassismus, Sklaventum Rage, Wut, Vorteil verschaffen, (Drohung)

Symbolische Gewalt. Entspannt die Waffe nach kurzer Besinnung wieder.

Rassismus, Sklaven- Auf Befehl von Stephen/ tum Candie. Django reagiert, indem Provokation/ Inter wieder seinen Revolrige ver spannt (heimlich). Wut, Entsetzen, Zorn Auftrag von Candie (Loyalität)

Wut, Zorn

Absichern, Anweisung Loyalität, ÜberleSchubsen genheitsgefühl Nacken pa- Rage, Objektiviecken rung Kopf packen, schreien (in Richtung Rage, ObjektivieD.+S.) rung Kinn paRage, Objektiviecken rung Blut ins Gesicht Erniedrigung, ObSchmieren jektivierung Kopf packen und auf Tisch Rage und Bedropressen hung

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Passive Bedrohung (aktiv von Butch durch Waffe).

Sehr gewaltvoll (Broomhilda schreit auf).

Sehr gewaltvoll (Presst Finger in Schädel) -> Besitz.

Unterstreichen der Bedeutung des Handels.

(mit erhobenem Hammer) 02:04:51 Hunde

D'Artagnan

02:05:07 Hunde

D'Artagnan Django, Broomhilda

02:10:30 Butch

Zerfleischen ihn Zerfleischen ihn Bedrohen

02:11:01 Schultz 02:11:30 Butch

Candie Schultz

02:11:42 Django

Butch

02:11:44 Django

Moguy

02:11:50 Django

Candies Männer

Erschießen Provokation, Stolz Erschießen Reaktion, Loyalität Reaktion, SelbsterErschießen haltungstrieb SelbsterhaltungsErschießen trieb, Verachtung SelbsterhaltungsErschießen trieb, Flucht

02:11:55 Candies Männer 02:15:00 Stephen

Django Django

Schießen Erpressen

02:15:05 Billy Crash

Broomhilda

02:18:06 Billy Crash

Django

02:19:00 Billy Crash

Django

02:20:15 Stephen

Django

Bedrohen Treten gegen Kopfgeschirr Kastrationsdrohung Urteilsverkündung und Beleidung Sklaventransport (Gefangenschaft) Bedrohen, Erpressen

02:22:50 Minenarbeiter

Sklaven, Django

02:26:43 Minenarbeiter

Sklave

02:29:02 Django

Minenarbeiter

"Candies" Män02:31:16 ner

Broomhilda

Traumatisierendes Erlebnis Traumatisierendes Erlebnis Anweisung, Loyalität

Rache, Loyalität Rache, Verachtung Erpressung von Django

Kurze Einstellungen.

Reaktion auf dauerhafte Provokation und rassistisches Verhalten.

Feuert zwei Schüsse ab; ein Fehlschuss.

Stephen hat Befehlsgewalt, beauftragt die Männer Candies. Mit Waffe an Broomhildas Kopf.

Wecken, Sadismus

Sadismus, Rache

Hält bereits Djangos Geschlecht in der Hand.

Verachtung, Zorn, Rache

Besitz, Rassismus Informationgewinn, Rassismus

Verachtung (Sklaverei), "Aufräumen in Ekstase", RetErschießen tung Broomhilda Verschleppen und Bestrafung, AnweiEinsperren sung

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Kurze Einstellungen.

passive Gewaltausübung.

Der von Tarantino verkörperte Minenarbeiter explodiert aufgrund des angeschossenen Dynamits.

02:32:19 Django

"Candies" Männer

02:36:42 Django

Billy Crash

Django 02:37:00 Django 02:37:17 Django 02:37:33 Django 02:37:47 Django 02:38:50 Django 02:39:14 Django

02:39:45 Django

Rache (für D'Artagnan), "Aufräumen Er richtet alle Bewohner Erschießen in Ekstase" des Gesindehauses hin. Schießt ihm in die UnschädlichmaSchulter chen, Rache

Zwei von "Candies" Männern

Rache, "Aufräumen Erschießen in Ekstase" Schuss auf Billy Crash Geschlecht Sadismus, Rache Billy Crash Erschießen Rache, Verachtung Sadismus, Rache, Stephen Bedrohen Verachtung Lara Lee Candie"Aufräumen in EksFitzwilly Erschießen tase" Stephen Anschießen Sadismus, Rache rechtes Bein. Stephen Anschießen Sadismus, Rache linkes Bein. Sprengung Rache, "Aufräu/ Anzünden men", Auslöschung "Herrenhaus", des Dyna- des Candie VerStephen mits mächtnisses Katharsische Explosion.

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8. Eidesstaatliche Erklärung Ich versichere, dass ich die Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus Veröffentlichungen in schriftlicher oder elektronischer Form entnommen sind, habe ich als solche unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht. Mir ist bekannt, dass im Falle einer falschen Versicherung die Arbeit mit „nicht ausreichend“ bewertet wird. Ich bin ferner damit einverstanden, dass meine Arbeit zum Zwecke eines Plagiatsabgleichs in elektronischer Form versendet und gespeichert werden kann.

_______________________ (Melanie Denzinger)

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