Die Verschränkung von Leib und Nexistenz Lindemann, Gesa (2015) Die Verschränkung von Leib und Nexistenz, in: Süssenguth, Florian (Hg.) Die Gesellschaft der Daten - Über die digitale Transformation der sozialen Ordnung, Bielefeld: transcript (im Druck) Glaub nicht, nur weil Du paranoid bist, dass sie nicht hinter Dir her sind. (Heidelberger Patientenkollektiv)
Wir befinden uns am Anfang eines gesellschaftlichen Prozesses, der alltagsprachlich als zunehmende Verschränkung von analoger und digitaler Welt beschrieben wird. Die Stichworte sind das intelligente Heim oder das automatisch gesteuerte Automobil usw. Im intelligenten Straßenverkehr geben wir nur noch das Ziel ein und das Auto fährt automatisch gesteuert dort hin. Dies lässt sich noch vereinfachen, indem die Vernetzung weiter getrieben wird. Ich würde dann nur den Namen einer Freundin oder einer Institution eingeben, durch Vernetzung mit einer Online-Datenbank wird die Adresse herausgesucht, in das Steuerungssystem des Autos eingespeist und ich werde auf dem schnellsten Weg dorthin gebracht. Alle diese Prozesse werden gespeichert und können mir zugordnet werden. Diese Daten bilden meine Netzexistenz oder Nexistenz. Neben allen Bequemlichkeiten ist die digitale Welt dadurch gekennzeichnet, dass eine Unmenge an mathematisch verarbeitbaren Daten entsteht, die in automatisierter Weise gesammelt und ausgewertet werden können. Dieses Wissen steht denjenigen zur Verfügung, die es sich technisch zugänglich machen können. Im Netz sammelt jeder, der es technisch kann, über jeden, der das technisch nicht verhindert, so viele Daten, wie es ihm technisch möglich ist. Diejenigen, die wissen können, „wissen alles“ (Hofstetter 2014). Dass hierin etwas qualitativ Neues liegt, wird deutlich, wenn man die Aufmerksamkeit darauf lenkt, in welchem Ausmaß die technologischen Möglichkeiten der Vernetzung des gesamten Lebens in die digitale Welt gesteigert werden. Der damit einhergehende Umbruch ist wahrscheinlich nur mit der Erfindung des motorisierten Individualverkehrs vergleichbar. Das von einem Menschen gesteuerte Auto war/ist das Symbol individueller Freiheit, die sich erfolgreich sozialen Kontrollen entziehen kann. Jeder konnte sich als automobiles Individuum von Ort zu Ort bewegen und die räumlichen Grenzen seiner sozialen Herkunft verlassen. Mit der Durchsetzung der Netztechnologie wird die Ära dieser individuellen Freiheit zu Ende gehen. Denn wir treten ein in die Ära der „Totalöffentlichkeit in der Matrix der digitalen Raumzeit“, deren Selbstverständlichkeit auf der Verschränkung von Leib und Nexistenz beruht. 1
Digitale Technologie und das durch sie ermöglichte Internet basieren auf einer historisch entstandenen Raum-Zeit-Konzeption, der digitalen Raumzeit (Lindemann 2014: 148, 169), die zugleich die Grundlage für die Konstruktion moderner Steuerungstechnologien bildet (Lindemann 2014: 191f). Das Besondere der digitalen Raumzeit liegt in ihrer Abstraktion von der Raum-Zeit leiblicher Orientierung. Die Charakteristika der Nutzung der Netztechnologie lassen sich nur verstehen, wenn man die Unterschiede zwischen der Raumzeitstruktur der Technik und der Raumzeitstruktur leiblicher Interaktion in den Blick nimmt, um so deren Verschränkung analysieren zu können. Ich werde mein Argument in drei Schritten entfalten. Zunächst skizziere ich die Raum-Zeit-Struktur leiblicher Umweltbezüge und die Besonderheiten der digitalen Raumzeit (1). In einem zweiten Schritt werde ich das Konzept der Verschränkung von leiblicher Erfahrung und digitaler Raumzeit herausarbeiten (2). Abschließend geht es um die Frage, ob die Verschränkung von leiblicher Erfahrung und digitaler Raumzeit Auswirkungen auf die Struktur moderner Vergesellschaftung hat.
1. Leibliche Erfahrung und digitale Raumzeit Leibliche Akteure verstehe ich im Anschluss an Helmuth Plessner (1928/1975) als exzentrisch positional verfasste leibliche Selbste. Deren Umweltbeziehung ist durch vermittelte Unmittelbarkeit gekennzeichnet, dieses Konzept erlaubt es, sowohl technische als auch gesellschaftlich-symbolische Vermittlungen von Leib-Umwelt-Beziehungen in den Blick zu nehmen (vgl. Lindemann 2014: 122ff, Kap. 3.3). Die phänomenologischen Analysen von Hermann Schmitz lassen sich in vielerlei Hinsicht als Belege für die Triftigkeit der Theorie exzentrischer Positionalität begreifen (vgl. Lindemann 2014: Kap. 3.1 und 3.2). Da es hier vor allem um den Raum gehen soll, stelle ich die entsprechenden Begriffe in den Vordergrund und werde den Bezug zur Zeit und zur Sozialdimension eher knapp halten. Schmitz hat in seiner phänomenologischen Archäologie des Raums drei verschiedene Formen des Raums unterschieden: 1. ungegliederter Weiteraum, 2. leiblicher Richtungsraum und 3. Ortsraum. Dies lässt sich um eine vierte Form ergänzen, den digitalen Raum, d.h. den mit Bezug auf beliebig klein zu wählende Einheiten vermessenen Raum. Dieses Raumverständnis erlaubt es einerseits, die Besonderheiten leiblicher Umweltbezüge zu begreifen und andererseits, die technischen Charakteristika des Raums der digitalen Kommunikation zu verstehen. Wenn man Handlung, Interaktion und Kommunikation aus einer leibtheoretischen Perspektive heraus begreift, werden soziale Akteure als leibliche Selbste begriffen. 1. Ein leibliches Selbst erlebt sich selbst hier/jetzt in Beziehung zu seiner Umwelt. 2
2. Es nimmt die Umwelt wahr und antizipiert eine konkret für die aktuelle Situation relevante Zukunft, die in einen weiteren Zukunftshorizont eingebettet ist. 3. Das leibliche Selbst ist weniger ein Subjekt, das die Situation distanziert wahrnimmt, vielmehr erlebt sich ein leibliches Selbst hier/jetzt als von den Ereignissen in seiner Umgebung betroffen. 4. Zugleich vermittelt das Selbst zwischen der Wahrnehmung der Umgebung, dem Erleben des eigenen Zustandes und der erwarteten Zukunft, indem es sich auf die Umwelt bezogen verhält bzw. handelt. 5. Exzentrische leibliche Selbste existieren nicht rein unmittelbar leiblich auf die Umwelt bezogen, denn die Beziehung zur Umwelt und zu sich selbst ist vermittelt über Technik und symbolisch-institutionelle Strukturen. Wer vom Leib ausgeht, analysiert Vergesellschaftung als einen situierten raum-zeitlich strukturierten Vollzug leiblicher Umweltbezüge. Es geht nicht um das aktive Handeln und Entscheiden einzelner Akteure, sondern darum, wie diese technisch und symbolisch vermittelt in die Situation eingebunden sind, von dieser berührt werden und entsprechend auf die Umwelt handelnd einwirken bzw. mit anderen kommunizieren. Im Rahmen einer so verstandenen Leib-Umwelt-Beziehung lassen sich die genannten Formen der Raumerfahrung folgendermaßen kennzeichnen. „Im Weiteraum gibt es reine Weite und einen absoluten Ort, der sich unvermittelt aus ihr abhebt, aber keine relativen Orte, Lagen oder Abstände und keine Richtungen“ (Schmitz 1967: 47) Die Gegebenheitsweise des ungegliederten Weiteraums verdeutlicht Schmitz z.B. anhand des klimatischen Raumes. „Im Zimmer merken wir sofort, ob es schwül und stickig ist; im Hochgebirge oder ozonreichen Hochwald tauchen wir in eine frische, reine, kühle, herbe Atmosphäre ein, die wir mitunter schmerzlich vermissen, wenn wir von dort zu gewissen Stellen der Tiefebene zurückkehren, wo es drückend feucht und lau ist“ (Schmitz 1967: 47) Eine ähnliche Raumerfahrung kann man machen, wenn man im Dunkeln ist und mit einer sozusagen 360 Grad Aufmerksamkeit in das umgebende stille Dunkel hineinlauscht. Es gibt einen umgebenen Raum, aber ich richte mich nicht in bestimmter Weise in diesen Raum und es heben sich auch keine bestimmten Orte in diesem Raum ab. Diese ungegliederte Weite, die den hier/jetzt existierenden Leib umgibt, erweist sich phänomenologisch als basaler Raumbezug leiblicher Akteure. (vgl. zum Weiteraum insgesamt Schmitz 1965: §118)
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Der ungegliederte Weiteraum ist zugleich ein potentiell sozialer Raum, denn man kann die Erfahrung machen, dass sich aus diesem Raum heraus andere auf ein leibliches Selbst richten können. Wenn ich träge unbestimmt ins Weite blinzele, spüre ich auf einmal einen Blick auf mir ruhen und wende mich in die entsprechende Richtung oder ich spüre im Dunkeln die Anwesenheit eines anderen und richte meine Aufmerksamkeit in diese Richtung. Jedes Rascheln oder leise Schlurfen wird zum Hinweis auf die erlebte Anwesenheit des gespürt erlebten Anderen. 1 Vom ungegliederten Weiteraum ist der Richtungsraum zu unterscheiden (vgl. hierzu Schmitz 1967: §§ 119). Auch der Richtungsraum ist durch den Bezug auf das Hier/Jetzt gekennzeichnet. Dieses bildet ein Zentrum, von dem Richtungen ausgehen i.S. von rechts/links, oben/unten bzw. für das es ein davor und dahinter gibt. Da das Hier/Jetzt des Leibes den Ausgangspunkt von Richtungen bildet und ohne Bezug zu anderen Orten erlebt wird, bezeichnen Schmitz und Plessner den Leib auch als „absoluten Ort“ (Schmitz 1965: 11; Plessner 1928/1975: 289f). Der leibliche Richtungsraum ist dadurch gekennzeichnet, dass es Aktionszentren gibt, die sich in ihre Umwelt richten. Ego blickt nach links auf das Buch dann zu Alter Ego, dann erneut mit Blick und einer Zeigegeste erneut auf das Buch und sagt „sieh, dort liegt es“. Diese Art der räumlichen Orientierung setzt einen geteilten Raum (Weiteraum) voraus, in den hinein Ego und Alter Ego sich richten können. Der ungegliederte Raum wird von den leiblichen Aktionszentren ausgehend praktisch eingerichtet. Es entstehen Bahnen des gewohnheitsmäßigen Sich-Richtens, d.h. des praktisch alltäglich wichtigen Wahrnehmens, Greifens oder Gehens. Der erlebende und handelnde Vollzug der leiblichen Umweltbeziehung ermöglicht es, dass leibliche Selbste einander berühren – durch Blicke und Gesten und symbolisch vermittelt auch durch Worte. Im Unterschied zum Richtungsraum ist der Ortsraum durch Lage- und Abstandsbeziehungen strukturiert (Schmitz 1965: §120). Im Ortsraum wäre ein einzelner Punkt vollkommen unbestimmt, dieser muss vielmehr in seiner Lage im Verhältnis zu anderen Punkten oder Strecken definiert werden. Der Ortsraum ist der Raum, in dem sich kontinuierlich dreidimensional ausgedehnte Körper abheben. Diese befinden sich zu einer bestimmten Zeit an einer Stelle im Raum, d.h. an einer Position, die nach Lage- und Abstandsbeziehungen zu anderen Körpern genau berechnet werden kann (Schmitz 1965: 54). Um zu wissen, wo ein Körper sich befindet, muss ich ihn relativ zu anderen Körpern verorten. Da man die Körper im Raum verschieben kann, lässt sich der Raum, den ein Körper eben noch eingenommen hat, 1
Fritz-Hoffmann (2014) beschreibt mit Bezug auf empirische Analysen den ungegliederten Weiteraum daher als einen sozialen Resonanzraum.
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von diesem Körper selbst unterscheiden. Man kann den Ortsraum daher als eine messbare Ausdehnung beschreiben, die in beliebig kleine Einheiten unterteilt werden kann, die jeweils kontinuierlich aneinander anschließen. Die Einheiten des vermessenen Ortsraums können von Körpern ausgefüllt sein oder nicht. Wenn man diese Definition zugrunde legt, lässt sich der leibbezogene Ortsraum vom digitalen Raum unterscheiden. Um was es sich bei einem leibbezogenen Ortsraum handelt, kann man sich verdeutlichen anhand der Orientierung an einem Stadtplan. Das Erstellen eines maßstabsgerechten Stadtplans setzt einen vermessenen dreidimensional ausgedehnten Raum voraus. Dieser erlaubt es, eine geregelte Übersetzung vom Territorium zur Karte vorzunehmen. Wenn ein leiblicher Akteur die Karte liest, positioniert er sich auf dieser Karte und orientiert sich dann leiblich, indem der objektivierte Ortsraum und die Form leiblicher Orientierung miteinander verschränkt werden. Diese Verschränkung scheint den Raumbezug leiblicher Akteure in modernen Gesellschaften zu kennzeichnen. Davon zu unterscheiden ist der vom Leib verselbständigte digitale Raum, der vollständig mathematisiert ist und keinen Bezug zum Leib aufweist. In diesem Raum gibt es nur messbare Lage- und Abstandsbeziehungen und messbare physikalische Zustände von Körpern. Dies ist der Raum, in dem digitale Technik funktioniert. 2 Panofsky (1927) hatte als einer der Ersten das historisch Neue dieses Raums beschrieben, der eine mathematisch kalkulierbare Zentralperspektive ermöglicht. In der Zeitdimension entspricht dem digitalen Raum, die in beliebig kleinen diskreten Einheiten messbare Zeit, die „digitale Zeit“. Deren historische Entstehung geht auf die Entwicklung des Schlagwerks für Uhren zurück, denn erst dies eröffnete eine Form der Zeitmessung, die unabhängig von situativen leiblichen Umweltbezügen war (Dohrn-van Rossum 1992/2007). Situative leibliche Umweltbezüge sind gekennzeichnet durch die modalen Differenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Akteure erwarten eine Zukunft und können in ihren Erwartungen enttäuscht werden, bzw. die Erwartungen können erfüllt werden, wenn das Zukünftige gegenwärtig wird. Zugleich vergeht das Gegenwärtige und wird Vergangenheit, auf die man sich im Sinne von Gedächtnis/Erinnerung beziehen bzw. aus der man lernen kann. Die digitale Zeit kennt solche modalen Differenzen nicht. Das mechanische Schlagwerk ermöglichte ein abstraktes Zeiterleben – unabhängig von gegenwärtigen und zukunftsbezogenen leiblichen Umweltbezügen. Die digitale Zeit abstrahiert auch von den Rhythmen von Tag und Nacht bzw. von den Rhythmen der 2
Eine gute ideengeschichtliche und teilweise auch technikgeschichtliche Rekonstruktion des Prinzips der digitalen Raumzeit und den damit gegebenen Möglichkeiten findet sich bei Mainzer (2014).
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Jahreszeiten. An die Stelle eines zeitlichen Rhythmus, in den sich Menschen einfügen, tritt eine exakt gemessene Zeit, die in kleine und kleinste diskrete Einheiten untergliedert werden kann: Stunden, Minuten, Sekunden, Milisekunden, Nanosekunden usw. Zeit wird als unendliche Abfolge unendlich kleiner Einheiten erfahren. Es ist nur eine Frage der Messgenauigkeit der Instrumente, wie klein die Einheiten sein können. Die modernen Atomuhren sind den Schlaguhren der frühen Neuzeit überlegen, aber das Prinzip der abstrakten mechanischen Zeitmessung ist gleich geblieben. Die mathematischen Eigenschaften der digitalen Raumzeit ermöglichen es, die Veränderung der Zustände von Körpern, die in der digitalen Raumzeit erfasst werden können, in eine kalkulierte Abfolge zu bringen – etwa im Sinne der rasch wechselnden Abfolge positiver und negativer elektrischer Ladungen. Der Wechsel der materiellen Zustände kann beliebig schnell sein, solange er kalkulierbar und beherrschbar ist. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Befehlsfolgen in Form von Algorithmen in Maschinen implementiert werden, d.h., in „Maschinensprache“ übersetzt werden können. „Maschinensprache“ heißt dabei nichts anderes, als dass eine automatische Abfolge materielle Zustände, etwa im Sinne eines Ablaufs elektrischer Spannungszustände, kontrolliert erzeugt werden kann. Wenn das gelingt kann ein Algorithmus automatisch in einer Maschine, etwa in einem Computer ablaufen. Dies ist die Grundlage für die technische Konstruktion von Informations- und Steuerungstechnologien, die beim Bau von Computern und Robotern eingesetzt werden. Wenn dies gelingt, können alle Informationen, die gemäß der digitalen Raumzeit formulierbar sind, vermittels eines Speicheralgorithmus in einem technischen Medium dauerhaft aufbewahrt werden. Jedes Ereignis, das auf diese Weise festgehalten wird, existiert nicht einfach nur aktuell, sondern es existiert als datiertes Ereignis, solange es gespeichert wird. Dies ermöglicht eine Verdopplung der Welt. Die Welt existiert gegenwärtig und jedes gegenwärtige Phänomen, das in der digitalen Raumzeit formuliert werden kann, kann in Echtzeit gespeichert werden und existiert dauerhaft. Damit entsteht eine Matrix, in der Phänomene gegenwärtig existieren und zugleich raumzeitlich dauerhaft eingegliedert und immer wieder angeschaut/angehört werden können. Die digitale Raumzeit ist nicht mehr nur ein Medium der technischen Konstruktion. Die digitale Raumzeit wird zu einer Matrix, in der alles, was gemäß der digitalen Raumzeit existiert, dauerhaft eingegliedert ist. Die Matrix der digitalen Raumzeit umfasst die Welt, so wie sie jetzt ist, und die Welt der in Echtzeit gespeicherten Ereignisse.
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Die Matrix ermöglicht ein qualitativ anderes Verhältnis zur Vergangenheit, als es die leibliche Erfahrung kennzeichnet. Die Vergangenheit der leiblichen Erfahrung wird stets in Abhängigkeit von gegenwärtigen Zukunftsbezügen aktualisiert. In der leiblichen Erfahrung bildet der Leib bzw. das leibliche Gedächtnis eine „historische Reaktionsbasis“ (Plessner 1928/1975: 284f), die je spezifisch mit Bezug auf aktuelle Angebote der Umwelt mobilisiert wird. Bourdieu (1980/1987: Kap. 98ff) hat diesen Sachverhalt später als Habitus beschrieben. Entscheidend ist, dass die Vergangenheit der leiblichen Erfahrung nicht fixiert ist, sondern zukunfts- bzw. gegenwärtsabhängig ist. Die Vergangenheit der leiblichen Erfahrung ist nicht fix, sondern integraler Bestandteil eines sich stetig ändernden leiblichen Umweltbezugs. Die Vergangenheit der Matrix ist dagegen eine kontinuierlich sich vergrößernde Ansammlung von Datendetails, auf die das Individuum festgelegt werden kann – sowohl von anderen als auch von sich selbst. 2. Die Verschränkung von leiblicher Erfahrung und Matrix Der besondere Beitrag von Plessner zur Ausarbeitung des Leibkonzepts liegt in den Konzepten der „vermittelten Unmittelbarkeit“ und der „Verschränkung von Körper und Leib“. Dem Konzept der „vermittelten Unmittelbarkeit“ (Plessner 1928/1975: 321f.) zufolge ist das leibliche Erleben nicht nur unmittelbarer Vollzug, vielmehr stehen leibliche Selbste zugleich außerhalb. Sie erleben, dass und wie sie andere leibliche Selbste bzw. ihre Umwelt erleben. Weil sie sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer leiblichen Vollzüge stehen (Plessner 1928/1975: 289f.), können leibliche Selbste bestimmte Muster leiblicher Bezüge identifizieren. Solche Muster bilden sich in leiblichen Kommunikationen und sie bilden für leibliche Kommunikationen ein Muster, an denen sich die leiblichen Bezüge der Beteiligten orientieren (vgl. Lindemann 2014: 122ff, Lindemann 2016). Solche Muster strukturieren einerseits die auf die Umwelt gerichteten leiblichen Bezüge des Wahrnehmens und Handelns und andererseits das Erleben des eigenen Leibes. Im Wahrnehmen und Handeln richten sich leibliche Akteure aus dem eigenen Zentrum heraus auf ihre Umwelt. Dabei wird der leibliche Richtungsraum in einen objektivierbaren Ortsraum verschränkt. In letzterem ließe sich etwa ein Netz unterschiedlicher Orte identifizieren, das gemäß den zeitlich strukturierten Erwartungen und den sachlichen Anforderungen in einer je aktuellen Situation relevant gemacht wird. Etwa als erlebtes Erfordernis, sich von einem Ort zu einem anderen Ort zu bewegen und sich dabei richtungsräumlich zu orientieren – nach rechts, dann die Treppe hoch, um sich nach links zu wenden und nach zwei Schritten mit ausgestrecktem Arm und Finger den Klingelknopf an der Wohnungstür zu treffen. Der erlebte leibliche Richtungsraum bleibt dabei kontinuierlich auf den objektivierbaren Ortsraum bezogen. Wenn ich mit der 7
richtungsräumlichen Wegbeschreibung nicht mehr weiterkomme, kann ich immer auf den Gebäudeplan ausweichen und umgekehrt. Giddens (1984: 111ff) hatte vorgeschlagen sich diesen Sachverhalt für die empirische Sozialforschung zunutze zu machen. Anschließend an die Humangeographie von Hägarstrand forderte er, die Abfolge der Orte in den Blick zu nehmen, die Individuen aufsuchen, um so die Struktur ihres Erfahrungsraums zu untersuchen. Die zentrale Bedingung für diese Form der Verschränkung von leiblicher Orientierung und objektivierbarem Ortsraum besteht darin, dass sowohl die Raumerfahrung als auch das Erleben des eigenen Leibes durch den Bezug auf einen dreidimensional ausgedehnten Raum strukturiert wird. Für die Verschränkung von Leib und Körper heißt das, die Erfahrung des eigenen Leibes wird durch das Schema des dreidimensional ausgedehnten Körper strukturiert. In diesem Sinne werden leibliche Akteure von anderen und von sich selbst als Körper identifiziert. Sie existieren an dem Ort, den ihr dreidimensional ausgedehnter Körper einnimmt. Diese Annahme scheint auf den ersten (modernen) Blick eine Trivialität zu sein. Dass dem nicht so ist, lehren historische und ethnologische Vergleiche. Diese führen zu der Hypothese, dass der Körper, der dreidimensional ausgedehnte Raum und die gemessene Zeit zu institutionalisierende symbolische Formen darstellen. Das Konzept der Verschränkung von Leib und institutionell-symbolischen Formen weicht von der in der Rezeption verfestigten Standardversion der philosophischen Anthropologie ab. Diese begreift die Verschränkung von Leib und Körper als historische Universalie (vgl. Gugutzer 2012, Fischer 2006). Im Unterschied dazu verstehe ich die Verschränkung der leiblichen Erfahrung mit dem dreidimensional ausgedehnten lebendigen menschlichen Körper als einen zentralen Bestandteil der Ordnung moderner Vergesellschaftung (Lindemann 2016). Mit Bezug auf zwei Beispiele möchte ich zeigen, dass es nicht möglich ist, die Verschränkung von Leib und dreidimensional ausgedehntem Körper als universal zu begreifen. Beispiel 1: Die im Leibe wandernden Gebärmütter europäischer Frauen werden im Verlauf des 17. und 18. Jahrhunderts sesshaft. Anatomisch gebildete Mediziner glaubten nicht daran, dass eine Gebärmutter im Körper umher wandern kann, denn anhand der Sektion von Körpern konnte man sehen, dass die Gebärmutter fest an ihrem Ort verankert ist und dass es um sie herum gar keinen Platz für Bewegungen gäbe. Die alltägliche Erfahrung von Frauen, die etwa von Hebammen weitergegeben wurden, widersprach allerdings der anatomischen Einsicht. Dass die leibliche Erfahrung sich im Weiteren am Körper orientierte ist historisch verbürgt, die Berichte über wandernde Gebärmütter verschwanden und zwar im 17. Und 18. Jahrhundert im Zuge der Verbreitung anatomischer Abbildungen (vgl. hierzu insgesamt 8
Laqueur 1992: 130f.). Die Studien zur Körpergeschichte decken auf, wie das Erleben des Leibes zunehmend vermittelt wird durch das medizinische Wissen über den Körper. Durch die medizinische Praxis wird naturwissenschaftlich orientiertes Körperwissen für leibliche Akteure praktisch relevant gemacht (vgl. Duden e.a. 2002). Vor diesem Hintergrund ist die Verschränkung von Körper und Leib zu verstehen als eine Verschränkung von Wissen über den Körper und der erlebten Gegebenheit des eigenen Leibes. Mit der Durchsetzung der Verschränkung von Leib und Körper, wird die leibliche Erfahrung abgeschottet gegen die möglichen Eingriffe externer Mächte. Wer sich dennoch als solchen Eingriffen ausgesetzt erlebt, wird zu einem Fall für die Psychiatrie. Der moderne Leib muss gegenüber externen Mächten in spezifischer Weise desensibilisiert werden. Beispiel 2: Die Individualisierung in der melanesischen sozialen Erfahrung. Die Studie Maurice Leenhardt’s (1947/1983) über das Personenverständnis und die Struktur der Raumzeiterfahrung der Einwohner Neukaledoniens analysiert die soziale Bedeutung des Sachverhalts, dass der dreidimensional ausgedehnte Körper zum Ort der leiblichen Erfahrung wird. Hier werden die dramatischen Auswirkungen analysiert, die die Institutionalisierung einer auf den Körper bezogenen Form leiblicher Erfahrung hatte. Leenhardt rekonstruiert zunächst wie die leibliche Erfahrung durch den Bezug auf die generationenübergreifende Unterstützungsstruktur der Clanverwandtschaftsbeziehungen strukturiert wurde. Leenhardt zufolge wäre es daher verfälschend, die Bewohner Melanesiens als Individuen zu begreifen, die mit anderen Individuen in Beziehung stehen. Das Individuum gehe vielmehr auf in der Pluralität seiner Beziehungen. b
c a a
d
a
a
e
a a f
g
Abbildung 1: das melanesische Dividuum nach Leenhardt (1947/1983: 203) Der von den kleingeschriebenen „a” gebildete Kreis (s. Abb. 3) beschreibt Leenhardt zufolge eine Leerstelle, an der ein Ich stehen könnte, im Rahmen der melanesischen Konzeption der Person aber nicht steht. Statt eines Individuums gäbe es eine Ansammlung von Beziehungen. „Jeder Strich entspricht ihm und seinem Vater, ihm und seinem Onkel, ihm und seiner Frau, ihm und seiner Kreuzcousine, ihm und seinem Clan etc.“ (Leenhardt 1947/1983: 204) 9
Genaugenommen steht in der Mitte auch kein ein einzelner Akteur, sondern ein vertretbares Exemplar einer Gruppe. „Um das, was ich hier schreibe, zu verstehen, muss man die melanesische gesellschaftliche Landschaft vor Augen haben. Man begegnet nie einem jungen Mann allein. Sondern immer in Gruppen von ‚Brüdern‘, die einen Block bilden und gemeinsam und als Block dieselben Beziehungen zu anderen Gruppen unterhalten.“ (Leenhardt 1947/1983: 204) Jedes kleingeschrieben a ist also die Replikation eines Gruppenmitgliedes im Verhältnis zu den Replikationen der Elemente einer anderen Gruppe, denn b, c, d, f, g sind ebenfalls keine Individuen, sondern Relationen in einem Netzwerk, dem die Knoten fehlen. Dieser sozialen Ordnung entspricht eine Raumorientierung, in der der Bezug auf einen ungegliederten Weiteraum von hoher Bedeutung ist. Leenhardt beschreibt diesen Raum als „zusammenhanglos“ (Leenhardt 1947/1983: 81), damit ist gemeint, dass dieser Raum nicht im Sinne einer kontinuierlich messbaren dreidimensionalen Ausdehnung zu begreifen ist. In einem derart ungegliederten Raum existieren die „vergöttlichten Ahnen“ und auch die Geister. Dieser Raum kann durchaus in Gegenden gegliedert sein, auf die hin man sich richten kann bzw. von denen etwas kommt. Im Sinne solcher Gegenden sind die Inseln zu verstehen, auf denen die vergöttlichten Ahnen leben, „die Insel Bolotru der Leute von Fidji oder die Insel Suné der Leute der Salomon-Inseln. Wir könnten diese Inseln für irreal halten, und sie sind es in der Tat. Aber unsere Geographie ist es, die der Melanesier für irreal hält, und nicht seine eigene mythische Welt.“ (Leenhardt 1947/1983: 81) Ahnen und Geister benötigen auch eine besondere Zeitform, um existieren zu können. In zeitlicher Hinsicht ist es nicht entschieden, wie sie bezogen auf die modalen Differenzen (Vergangenheit-GegenwartZukunft) existieren. Denn es ist nicht entschieden, ob die Geister eindeutig in der Vergangenheit oder in der Gegenwart oder in der Zukunft existieren. Diesen Sachverhalt bezeichne ich als Dauer. 3 Dies führt für die sozialen Interaktionen auf Neukaledonien zu der Konsequenz, dass es z.B. nicht eindeutig festzulegen ist, ob etwa der Häuptling, der in einer schwierigen Situation zu den Clanangehörigen spricht, als er selbst spricht oder ob er gegenwärtig einen verstorbenen Ahnen verkörpert oder ob der Ahne selbst anwesend ist und spricht. Was man gemäß einer modernen Psychologie als Elemente bzw. Fähigkeiten einer Person bezeichnen würden ist auf Neukaledonien in einer Dauer und einem ungegliederten Weiteraum verstreut.
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Für eine Definition der Dauer im Unterschied zur Modalzeit und zur digitalen Raumzeit vgl. Lindemann (2014: 157ff, mit weiteren Literaturverweisen).
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Vor diesem Hintergrund wird begreiflich, dass es dramatische Konsequenzen hat, wenn sich leibliche Akteure als mit ihrem Körper identifiziert erleben, einem räumlich-zeitlich isolierbaren Gegenstand. Wenn leibliche Akteure mit dem an diesem Ort existierenden Körper identifiziert werden, fallen sie aus den Beziehungen heraus, die zwischen den Replikaten der einen Gruppe und den Replikaten der anderen Gruppe bestehen, denn sie können als Individuum identifiziert werden, das als solches klar von der Beziehung isoliert werden kann. Durch die Verschränkung der leiblichen Erfahrung mit dem im Raum isolierten Körper werden die Neukaledonier zu Individuen, die als die Zeit überdauernde Individuen zu anderen Individuen Beziehungen eingehen können. Während es in der Zeit der vorkörperlichen Erfahrung für die Neukaledonier primär war in Beziehungen zu existieren, die die Zeit überdauern, wird mit dem Bezug auf den Körper und der Orientierung an den symbolischen Formen des dreidimensional ausgedehnten Raums und der messbaren Zeit das Individuum zur dauernden Einheit. Deshalb können Individuen als Individuen Beziehungen eingehen, Rollen übernehmen usw. In dem Maße, in dem sich diese Neuorientierung der leiblichen Erfahrung durchsetzt, fallen die beteiligten leiblichen Akteure aus der tradierten Ordnung raum-zeitlich-sozialer Bezüge heraus und es dauert mehrere Generationen, bis sich eine neue Ordnung herausbildet (vgl. Leenhardt 1947/1983: Kap. XI). Die Andersartigkeit leiblicher Erfahrung im vormodernen Europa und die Schwierigkeiten, die die Neukaledonier mit ihrer Verkörperung hatten, weisen darauf hin, dass die Verschränkung von Leib und Körper nicht als universal gültig begriffen werden kann. Die isolierende Identifikation mit dem Körper kennzeichnet den modernen Zugang zu Welt (Lindemann 2014: Kap. 5). Soziale Akteure werden zum Individuum durch die Identifikation mit dem Körper, den sie haben. Der körperbezogene Individualismus ist die Bedingung dafür, dass Ko-Präsenz leiblicher Akteure im Sinne einer Ko-Präsenz an einem Ort verstanden wird. Akteure sind dann füreinander präsent, wenn die Orte der Körper dicht beieinander liegen. Dies kennzeichnet die Bedingung für interaktive Ko-Präsenz, die die soziologische Tradition von Simmel bis Goffman, Giddens und Luhmann formuliert hat. Sich den Pressionen interaktiver Kontrolle zu entziehen, heißt, sich aus dem örtlich definierten Nahraum heraus und an einen anderen weit entfernten Ort zu begeben. Ein solches Raumverständnis basiert auf der Verschränkung von leiblicher Erfahrung mit dem objektivierbaren Ortsraum. Unter dieser Voraussetzung wird auch das Freiheitsversprechen der Mobilität verständlich. Das individuell gesteuerte Automobil, welches den Körper (Symbol des Individuums) aus dem kontrollierten Nahraum herausfährt. Sich durch Fortbewegung an einen anderen Ort verpflichtenden sozialen Bezügen – etwa gegenüber den verstorbenen Ahnen – zu entziehen, 11
wäre im Rahmen des Weltzugangs der von Leenhardt beschriebenen Neukaledonier nicht gut vorstellbar. Denn die Ahnen können sich wie alle leiblichen Akteure in den umgebenden Weiteraum richten und Beziehungen aufnehmen. Der körperbezogene Individualismus ist zugleich der Ansatzpunkt für die modernen Formen der Vernetzung von Akteuren und digitaler Technologie. Die digitale Raumzeit ist – wie oben ausgeführt – die Bedingung für die Entstehung von Speicherungs-, Steuerungs- und Vernetzungstechnologien. Wer sich dieser Technologien bedient, hinterlässt Spuren in der Matrix. Die ersten Formen individueller Spuren in der Matrix bezogen sich auf Zeichen, die bereits in der Matrix erzeugt worden sind. E-Mails, Mailinglisten etc. werden gespeichert und es kann jeder, der technisch Zugriff hat, sich darüber informieren, wer welche E-Mail mit welchen Betreffzeilen an wen mit welchem Inhalt gesendet hat. Wenn man sich des technischen Mediums der vernetzten Rechner, d.h. des Internet, bedient, hinterlässt man in diesem Netz Spuren. Dies hat aber noch vergleichsweise wenig mit dem Offline-Leben zu tun. Anders sieht es aus, wenn man einbezieht, dass all unsere Online getätigten Einkäufe gespeichert und vermittelt über die Rechneridentifikation (Cookies) oder ein je individuelles Konto bei Amazon oder anderen Internetanbietern persönlich zugeordnet werden. Technisch vermittelt baut Amazon auf diese Weise ein Verhältnis zu seinen Onlinekunden auf, in dem der Verkäufer sich individuell auf den Kunden einstellen kann, wie der Buchhändler um die Ecke, der mich persönlich kannte, als es ihn noch gab. Wenn man sich eines Navigators, vulgo: Navi, bedient, sieht es so aus. Die Technik des globalen Positionierungssystems (GPS) kalkuliert die Position eines Körpers gemäß den Prinzipien der digitalen Raumzeit und speichert diese Daten. Wenn man ein Ziel eingibt, kalkuliert ein Rechner den Weg und gibt ihn auf einer Karte an. Nicht meine eigene Position, sondern die Position des Autos, in dem ich sitze, existiert als potentiell dauerhafte Spur in der Matrix. Welche Nutzerin eines Navi weiß schon, wie lange die gefahrenen Routen gespeichert werden? Der Gebrauch des Navi kann dahin perfektioniert werden, dass Autos automatisch durch die Stadt gesteuert werden. Der „Fahrer“ gibt das Ziel ein, die gegenwärtige Position und die Zielposition werden kalkuliert ebenso wie die Strecke zum Ziel. Mithilfe eines ständigen Positionsabgleichs anhand des globalen Positionierungssystems wird das Auto durch die Stadt gesteuert. Der Fahrer kann Zeitung lesen, aber wird er auch den Navi noch abstellen können? Handys werden ebenso gemäß dem Prinzip der digitalen Raumzeit geortet und die Daten werden gespeichert. Die Offline-Körper des Handy bzw. des Schlaufons (Smartphone) 12
hinterlassen mehr oder weniger durchgehende Spuren in der Matrix. Dass Verbindungsdaten (wer telefoniert mit wem) und die Schallfrequenzen des Gesprächs gespeichert werden (können) muss nicht eigens erwähnt werden. Schlaufone und Tablet-PCs entwickeln sich zu einer Schnittstelle zwischen Online-Datenspeicherung und Offline-Welt. Die neuen Gesundheitsapps erlauben es ihren Nutzern, Blutdruck und Herzschlag, Kalorienverbrauch, Kalorienaufnahme usw. zu messen. 4 Für sportlich Ambitionierte gibt es Apps, die die Anzahl gelaufener Schritte misst. Die Messung von Blutdruck und Herzschlag kann auch über Nacht fortgesetzt werden, um so die Qualität des Schlafs zu messen. Auf der Grundlage dieser Daten macht die Gesundheitsapp Verhaltensvorschläge. Anstelle eines Steaks sollte ich vielleicht doch lieber einen Salat essen, bzw. bevor ich überhaupt etwas esse sollte ich lieber noch eine Stunde laufen, idealerweise mit X Schritten pro Minute, nicht schneller, da ich mich sonst im anaeroben Bereich anstrenge, aber auch nicht weniger, da ich sonst zu wenig Kalorien verbrauche. Alle Daten, alle Vorschläge werden über das Schlaufon als Schnittstelle in einer Wolke (Datencloud) gespeichert. Damit existieren meine Daten als Verlaufsgestalt in der Matrix und zwar dauerhaft. Auch damit sind die Möglichkeiten, Spuren in der Matrix zu hinterlassen noch nicht erschöpft. Zur Steigerung unser aller Sicherheit könnten etwa große Städte von auf Drohnen installierten hochauflösenden Kameras überwacht werden. Bereits heute erreichen Kameras, die Aufnahmen aus ein bis zwei Kilometer Höhe machen, eine Auflösung, die es erlaubt, in einer Qualität zu filmen, dass es möglich ist, nachträglich in die Aufnahmen hinein zu zoomen – bis hin zur Gesichtserkennung. Auch diese Daten werden als Spuren in der Matrix aufbewahrt. Biometrische Daten (Fingerabdruck, Iris etc.) existieren ebenfalls – potentiell – als Daten in der Matrix, weshalb etwa die Sicherung des Rechnerzugangs über Fingerabdruck oder Augenerkennung nur für technisch Unfähige den Zugang zu einem Gerät oder einer Datenwolke versperrt. Selbst wenn nur Teile dieser Daten zusammen geführt werden, werden sie eine je individuelle Signatur ergeben. D.h.: Jedes Individuum, das Spuren in der Matrix hinterlässt, wird eine je eigene Signatur in der Matrix hinterlassen. Jede, der es technisch möglich ist, kann die individuelle Signatur einer Person anschauen. Allen voran wird das Individuum selbst ein Interesse und ein Vergnügen daran haben, seine Signatur anzuschauen. Gesundheits- und 4
Wer nicht glauben mag, was es alles an Apps gibt, dem empfehle ich folgende Internetseiten aufzusuchen: https://sen.se/store/mother/?utm_expid=78993385-1.XoIkUsIR8aRPG13DPrvIg.0&utm_referrer=https%3A%2F%2Fsen.se%2F oder: http://www.withings.com/de/
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Sportapps werden dazu herausfordern, die eigene Signatur zu optimieren. Ich überwache meinen Herzschlag, den Blutdruck, mein Bewegungsprofil, meine sportlichen Aktivitäten, meine Telefonate usw. Ich überwache meine Ernährungs-, Bewegungs- und Kommunikationsgewohnheiten und ändere mein Verhalten, damit ich einen gesünderen Blutdruck, ein gesünderes Gewicht oder einen gesünderen Schlaf erreiche. Nutzerinnen können auf dieser Grundlage ein Verhaltensprogramm für sich festlegen und sich selbst mit Stromschlägen bestrafen lassen, wenn ihre Körper nicht an dem Ort sind, bzw. in dem Zustand sind, an dem sie sich programmgemäß befinden sollten. Die Technologie heißt Pawlok 5 und besteht aus einem Armband, das die Tätigkeiten des Nutzers identifiziert und ihn gegebenenfalls bestraft, falls er nicht tut, was an der Zeit wäre. Mithilfe solcher Technologien optimiere ich meine Signatur in der Matrix und binde mich dadurch zugleich an meine Signatur, denn in dieser schaue ich mich objektiv als dieses besondere Individuum an. Alle diese Daten kann ich freiwillig etwa auf Facebook mit ausgewählten oder mit allen meinen Freunden teilen. Wir können uns gegenseitig Tipps geben, wie wir unsere Signatur in der Matrix optimieren können. Zugleich hinterlassen wir in den sozialen Medien Spuren, die gespeichert werden. Wer ist wessen Freund, wer teilt welche Daten mit wem, wie verlaufen die Kontaktaufnahmen usw. Die Moderne war bislang davon gekennzeichnet, dass sich leibliche Akteure in der Verschränkung mit dem Körper individualisieren und sich entsprechend als verkörperte Individuen voreinander darstellen. Mit der Entstehung der Matrix der digitalen Raumzeit wird der Körper aufgelöst in eine Vielzahl von Ansatzpunkten für eine Einordnung in eine Vernetzung mit anderen Körpern und Wissensbeständen. Aus dem isolierenden Körper wird ein Knoten in einem Netz. Dass ein Körper dreidimensional ausgedehnt im Ortsraum existiert, wird zu einem Merkmal unter anderem, denn der Körper existiert als ein in vielfache Wissensbestände aufgelöster Körper, durch die der Leib technisch in soziale Beziehungen gestellt wird. Der Körper wird die individuelle Zuordnungseinheit für die gesammelten Matrixdaten. Die Verschränkung von Körper und Leib entwickelt sich weiter zur Verschränkung von leiblicher Erfahrung und Nexistenz in der Matrix. 3. Von der Doppelvergesellschaftung des Körperindividuums zur totalen Matrixöffentlichkeit Die Spuren, die ich in der Matrix hinterlasse, meine individuelle Nexistenz bzw. meine objektivierte Lebensgestalt, sind im Prinzip für jede/n öffentlich zugänglich, die/der über die 5
http://pavlok.com/ - ich danke Yvonne Ehrenspeck-Kolasa für diesen Hinweis
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notwendigen technischen Mittel verfügt. Jeder Chinese, jede Amerikanerin, jeder Australier und meine Nachbarin, sie alle können auf meine individuelle Nexistenz zugreifen, wenn sie es technisch können. Nach den Informationen, die über die Geheimdienste öffentlich geworden sind, dürfte es naiv sein zu glauben, dass sich niemand die technischen Möglichkeiten aneignen wird. Zugleich dürfte es naiv sein zu glauben, dass nur Geheimdienste ein Interesse an den individuellen Signaturen haben. Google, Apple, Amazon oder die Telekom sind nicht weniger datenhungrig. Die Matrix der digitalen Raumzeit ist ein generalisiertes Panoptikum. Wir gewöhnen uns gerade daran, dass wir, insofern wir in der Matrix existieren, beobachtet werden können. Wir wissen, dass es Geheimdienste tun und dass es IT-Firmen tun. Wir wissen nicht wer es sonst noch tut. Es könnte jeder sein, der über die technischen Möglichkeiten verfügt. Ein jeder ist in einer nicht genau benennbaren Weise vollständig öffentlich – als Nexistenz in der Matrix. Die Existenz in der Matrix beinhaltet ein diffuses Gefühl der Existenz ohne Geheimnisse, das geradezu offensiv verleugnet werden muss. Die Beruhigungsmantren lauten: Wer soll denn die ganzen Daten überhaupt verarbeiten? Wer interessiert sich schon für meinen Blutdruck? Soll der Geheimdienst doch alle meine Telefonate speichern, es gibt sowieso nichts Wichtiges zu hören. Das Interessante an diesen Beruhigungsreden ist, dass gar nicht mehr in Abrede gestellt wird, dass man öffentlich existiert. Es wird hingenommen als etwas, das wohl keine Konsequenzen haben wird. Zugleich wird ein diffuses Gefühl des Beobachtet-werdens auf Dauer gestellt. Wir leben nicht in einem Panoptikum, wo von einer Zentralstelle aus mit bekannten Intentionen beobachtet wird, sondern wir leben in einem generalisierten Panoptikum, in dem von vielen Beobachtungspunkten aus mit schwer einschätzbaren Intentionen beobachtet wird. Und: ich selbst könnte, wenn ich die technischen Möglichkeiten hätte, zurückbeobachten. Im Verhältnis dazu ist das von Foucault zur Beschreibung der Disziplinarmacht herangezogene Panoptikum mit Zentralstelle ein überschaubarer und gemütlicher Ort. Das alte Panoptikum führt zur Normalisierung. Man verhält sich so, als würde man beobachtet, auch wenn man gar nicht beobachtet wird. Das Neuartige des generalisierten Panoptikums ist die Unbestimmtheit der vernetzten Normalitätserwartungen und die Unbestimmtheit der Konsequenzen. Paradoxerweise wird gerade das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu einer Steigerung der Beobachtbarkeit führen. Informationelle Selbstbestimmung beinhaltet, dass den individuellen leiblichen Akteuren das Recht auf umfassende Kenntnis ihrer Nexistenz zugestanden wird. Zugleich sind die 15
individuellen leiblichen Akteure aber der Schwachpunkt beim technischen Schutz der eigenen Daten. Während Organisationen die eigenen Daten mithilfe von Spezialisten aufwändig schützen können, werden die Einzelnen mit dieser Aufgabe eher überfordert sein. Die Schnittstelle zwischen Nexistenz und Nutzer bilden das mehr oder weniger weit geöffnete Einfallstor zur plural-panoptischen Überwachung. Dies wird zu einer gesteigerten Vorsicht führen, irgendjemandes Normalitätserwartungen zu verletzen. Zumindest all das, was zu unserer Signatur in der Matrix beiträgt, wird mit der diplomatischen Vorsicht gehandhabt, die in der Kommunikation unter örtlich Anwesenden üblich ist. In der Matrix unterliegen wir einer Dauerbeobachtung, wie man sie aus dörflichen Zusammenhängen kennt. Es ist aber ein anonymes und unüberschaubares Dorf, dessen Beobachtung wir ausgesetzt sind. Wenn man den Weltzugang der von Leenhardt beschriebenen Neukaledonier als Vergleichsfall wählt, ergibt sich ein Dreierkontrast: 1. Die Verschränkung von Leib und sozialer Verpflichtung: Die Ordnung Neukaledoniens zeichnet sich dadurch aus, dass leibliche Akteure sich nicht als Individuen verstehen, sondern sich mit ihren wechselnden Positionen in einem Netz sozialer Verpflichtungen identifizieren. Das Eingebettetsein in dieses Netz wird zerstört, in dem die Beteiligten sich mit ihrem dreidimensional ausgedehnten Körper identifizieren. 2. Die Verschränkung von Leib und Körper: Die Durchsetzung der modernen Formen von Raum und Zeit ermöglichen einen körperbezogenen Individualismus, in dessen Rahmen die leibliche Erfahrung in die Orientierung am Ortsraum und der meßbaren Zeit eingeordnet wird. Der Körper wird im Weiteren auch zum Bezugspunkt für die Ansprüche auf Privatheit. Denn der Ort, der als Wohnung des Körpers definiert ist, gilt als besonders schützenswert gegen Beobachtungen von außen. 3. Die Verschränkung von Leib und Nexistenz: Mit der Entstehung der Matrix der digitalen Raumzeit wird der Körper zu einem Ansatzpunkt für vielfältige Vernetzungen. Der Körper wird weniger unter dem Aspekt relevant, dass er ein dreidimensional ausgedehnter Gegenstand ist der ortsräumlich bestimmt existiert, vielmehr wird der Körper relevant als ein zu vermessender Körper, von dem ausgehend immer neue Daten erhoben werden können, die ihn mit einer Vielzahl anderer Daten in Beziehung setzen. Die technisch hergestellte Vernetzung situiert Akteure in einem Netz potentieller sozialer Bezüge. Ich gehe durch eine Stadt und erwarte eine Meldung meines Schlaufons, wo Leute mit einer ähnlichen Blutdruckkurve um diese Zeit in diesem oder einem benachbarten Viertel essen gehen. Ich 16
kaufe online ein und Amazon bringt mich in Beziehung zu anderen, die ähnliches gekauft haben und macht diese zu Gewährsleuten für Kaufempfehlungen. Akteure antizipieren, dass all diese Daten in einer quasi anonymen Öffentlichkeit existieren, in der sich wahrscheinlich kaum jemand für meine Nexistenz interessiert. Zugleich wird implizit erwartet, dass sich sehr viele für meine Nexistenz interessieren könnten, dies wird aber ausgeblendet und führt zum Gefühl einer quasi-öffentlichen Existenz. In der Verschränkung von leiblicher Erfahrung und Nexistenz verliert der Anspruch auf Privatheit an Bedeutung 6 und stellt eher ein Hindernis dar für die Annehmlichkeiten der Nexistenz. Wer über das Netz adressierbar ist (z.B. Tabletrechner, Schlaufon), entwickelt die dauernde Erwartung, aus einem ungegliederten Raum heraus von irgendwoher angesprochen werden zu können. Der Leib existiert nicht nur an dem Ort, an dem er sich befindet, sondern er ist dauerhaft sensibilisiert für Ansprachen von irgendwo, die vermittelt z.B. über das blinkende Schlaufon den Leib erreichen. Strukturelle Konsequenzen der plural-panoptischen Überwachung Als Ausgangspunkt für die Frage nach einer möglichen strukturverändernden Kraft der Verschränkung von Leib und Nexistenz, wähle ich eine idealtypische Beschreibung der Struktur funktionaler Differenzierung bzw. der diese kennzeichnende Form der kontingenten Mehrfachvergesellschaftung. Diese besagt, dass soziale Personen logisch zweischrittig vergesellschaftet werden. Einerseits: Insofern leibliche Akteure mit ihrem lebenden menschlichen Körper identifiziert werden, bilden sie das institutionalisierte Element der Vergesellschaftung. Andererseits: Die derart verkörperten Akteure vergesellschaften sich in jeweils unterschiedliche Subsinnwelten. Der Terminus „Mehrfachvergesellschaftung“ akzentuiert, dass die Elemente der Gesellschaft jeweils in mehrere Subsinnwelten 7 involviert werden können. Es gibt aber keine allgemeine Vorgabe dahingehend, in welche Subsinnwelten soziale Personen vergesellschaftet sein sollten. Es können sich verschiedenste Subsinnwelten ausbilden und an welchen soziale Personen aktiv partizipieren, ist kontingent.
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Demnächst werden Schlaufon gesteuerte Minidrohnen auf den Markt kommen, die dazu dienen sich selbst und seine Umgebung zu filmen. http://www.flyzano.com/ 7 Man kann funktionale Differenzierung zum einen als Differenzierung sozialer Funktionssysteme begreifen (Luhmann 1997) oder aber im Sinne einer Differenzierung von Subsinnwelten (Lindemann 2014: 322ff). Für die engen Zwecke dieses Aufsatzes spielt diese Differenz nur indirekt eine Rolle.
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als Individuum in Rolle X/Subsinnwelt Recht als Individuum in Rolle Y/Subsinnwelt Familie
Verkörpertes Individuum/diesseitig lebendiger Mensch/Träger von Freiheit und Würde
als Individuum in Rolle F/Subsinnwelt Religion als Individuum in Rolle Z/Subsinnwelt Wirtschaft als Individuum in Rolle Q/Subsinnwelt ? Abb. 2: Die kontingente Mehrfachvergesellschaftung Der Doppelbezug auf den Menschen, der in der Kommunikation funktional differenzierter Gesellschaften (Lindemann 2012, 2014: 322ff) zufolge immer vorhanden sein muss, weist eine normative Strukturvorgabe auf. Die Beteiligten beziehen sich einerseits aufeinander gemäß aktuellen funktionsgebundenen Zwecksetzungen entsprechend den jeweiligen funktionsspezifischen Rollenanforderungen. Zugleich müssen die Akteure immer auch anerkennen, dass das Gegenüber ein Mensch ist, der als solcher in beliebige andere Kommunikationen involviert sein kann. Entsprechend den Rollenanforderungen der Wirtschaft zu kommunizieren, beinhaltet zugleich eine Anerkennung des Gegenübers als Mensch, der sich auch rechtlich, familiär usw. vergesellschaften kann. Damit weisen die kommunikativen Vollzüge unter der Bedingung funktionaler Differenzierung eine immanente Grenze auf, die dem Objektivierungsverbot ähnelt, welches Kant im kategorischen Imperativ formuliert. 8 Der diesseitige Mensch wird in der funktional differenzierten Gesellschaft zu einer alle Einzelzwecke übersteigenden Größe, weil er die Bedingung der Ausdifferenzierung einzelner Zweckordnungen (= funktional spezialisierter Subsinnwelten) ist. Insofern kann der Mensch unter den Bedingungen funktionaler Differenzierung nicht zu einem Zweck unter anderem werden. Vielmehr ist der Mensch selbst als der Zweck der kommunikativen Ordnung insgesamt zu verstehen; denn der diesseitig lebendige Mensch bzw. die aus Individuen
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„Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, Dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ (Kant 1785/1974: 61)
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bestehende Menschheit bildet die stets zu reproduzierende Bedingung funktionaler Differenzierung. Diesen Sachverhalt bezeichne ich mit dem Wort Menschenwürde. Zugleich kommt dem individuellen Menschen die Freiheit zu, sich gemäß der Logik beliebiger funktionaler Subsinnwelten zu vergesellschaften. Dazu gehören einerseits die bereits ausdifferenzierten Subsinnsinnwelten (Familie, Recht, Wirtschaft, Politik etc.) und die Möglichkeit, sich gemäß noch zu entwickelnder neuer Subsinnwelten zu vergesellschaften. Zwischen den Institutionen Menschenwürde und Freiheit sowie der Struktur funktionaler Differenzierung besteht ein wechselseitiges Bedingungsverhältnis: Die Institutionalisierung von Würde und Freiheit garantiert die Doppelstruktur der kontingenten Mehrfachvergesellschaftung, die die Bedingung für die Durchsetzung funktionaler Differenzierung darstellt. Umgekehrt ist die Durchsetzung funktionaler Differenzierung die Bedingung für die Institutionalisierung menschlicher Würde und Freiheit. Entscheidend für das Gelingen dieser Vergesellschaftung ist die dem verkörperten Individuum zuzumutende Konsistenz seiner Selbstdarstellung. Diese ist in zwei Hinsichten relevant. 1. Diejenigen, die die Freiheit haben, sich in einzelne Subsinnwelten zu vergesellschaften, müssen den jeweiligen Rollenanforderungen entsprechen und zugleich mitdarstellen, dass sie die jeweiligen Rollenanforderungen als Individuum erfüllen, das sich auch in andere Subsinnwelten vergesellschaften kann. 2. Das Individuum kann verantwortlich gemacht werden, wenn die funktionalen Rollenanforderungen nicht erfüllt werden; es ist dann an ihm, die Krise zu überbrücken. Je eher Individuen sich situativ als konsistent und daher als verlässlich bzw. verantwortlich darstellen, umso eher wird ihnen vertraut, die im Krisenfall notwendige Improvisation zu meistern. Die Darstellung als konsistente individuelle Persönlichkeit ist ein formales Strukturmerkmal der leistungsbezogenen Vergesellschaftung in einzelne Subsinnwelten. Es ist nicht gefordert, dass das die jeweils mitdargestellten Persönlichkeiten untereinander konsistent sein müssten. D.h.: Ein leiblicher Akteur unterliegt der institutionellen Verpflichtung, sich bei wirtschaftlichen, politischen, religiösen oder wissenschaftlichen Kommunikationen jeweils als konsistente individuelle Persönlichkeit mitdarzustellen. Die Persönlichkeit als die sich ein leiblicher Akteur im Rahmen wirtschaftlicher Kommunikation mitdarstellt, braucht aber nicht konsistent mit derjenigen Persönlichkeit zu sein, als die sich dieser Akteur im Rahmen religiöser Kommunikation mitdarstellt. Im Prinzip gibt es genauso viele konsistente 19
Persönlichkeiten wie es Beteiligungen an unterschiedlichen Subsinnwelten gibt. Solange dies niemandem auffällt ist die Darstellung als konsistente Persönlichkeit gelungen. Die Konsistenz der Selbstdarstellung wird allerdings dann gefährdet, wenn Informationen über das Individuum vorliegen, die nicht in den Rahmen der situativ konsistenten Selbstdarstellung passen. Die Darstellung als individuelle Persönlichkeit erfordert daher eine kontinuierliche Informationskontrolle (Goffman 1963/1975: 56ff). 9 Wenn man die Zeitstruktur der individuellen Selbstdarstellung in den Blick nimmt, stellt man fest, dass die Anforderungen an deren Konsistenz im Rahmen des Körperindividualismus und im Rahmen der Verschränkung von Leib und Nexistenz unterschiedlichen Bedingungen unterliegen. Im Rahmen der Verschränkung von Leib und Körper folgt die Verpflichtung, sich als individuelle Persönlichkeit darzustellen, der leiblichen Logik des zukunftsorientierten und damit dynamischen gegenwartsorientierten Bezugs auf die Vergangenheit. Die Vergangenheit wird den praktischen Aktionserfordernissen der Gegenwart durch selektive Aktualisierung angepasst. Jede verschweigt taktvoll, was sie sonst noch weiß und rettet sich durch Verzicht auf Infragestellung auch vor Kritik der anderen. Die Anonymität des gesellschaftlichen Lebens dürfte insgesamt zu den bedeutenden Stützen solcher variablen Selbstdarstellungsverpflichtungen gehören. Die Raum-Zeitstruktur der Verschränkung von Leib und Nexistenz Die Nexistenz wird gegenwärtig noch verstanden wie die Vergangenheit aus der Zeit der Verschränkung von Leib und Körper. Über diese Vergangenheit wussten wenige viel, viele etwas und die meisten gar nichts. Deshalb konnte diese Vergangenheit stets zukunftsbezogen aktualisiert werden. Die Matrixvergangenheit, unsere Nexistenz, ist von anderer Art. Sie vergeht nicht, und es handelt sich um eine detailgenaue Speicherung von Einzelereignissen. Jeder, der über die technischen Möglichkeiten verfügt, kann auf diese Vergangenheit zugreifen und daraus entsprechende Anforderungen an die situativ erforderliche Konsistenz der Selbstdarstellung entwickeln. D.h.: Wer über die technischen Möglichkeiten verfügt, kann relativ leicht für jede situative Selbstdarstellung biographische Details finden, die nicht zu dieser passen und damit den situativen Anspruch auf konsistente Darstellung als Individuum unterminieren – bzw. jede könnte das tun. Daraus resultiert ein gesteigertes Bewußtsein für
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Dass die Darstellung als individuelle Persönlichkeit durch unpassende Informationen gefährdet wird, bildet die Grundlage für Luhmanns leistungsbezogenes Würdekonzept. Demnach besteht Würde in der gelingenden Selbstdarstellung im Rahmen der Erfüllung funktionaler Rollenanforderungen (Luhmann 1965: 67). Für eine genauere Kritik an leistungsbezogenen Menschenwürdekonzeption wie derjenigen Luhmann‘s vgl. Lindemann (2010, 2012).
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die Gefährdung des Anspruchs auf individuelle Selbstdarstellung. Daraus entwickelt sich eine Selbstnormalisierung, die auf das diffuse Gefühl der Dauerbeobachtung reagiert.
Subsinnwelt Recht
Subsinnwelt Familie
beobachtete Nexistenz optimiert für Rolle X beobachtete Nexistenz optimiert für Rolle Y beobachtete Nexistenz beobachtete Nexistenz optimiert für Rolle F beobachtete Nexistenz optimiert für Rolle Z Subsinnwelt Sport Subsinnwelt Wirtschaft Abb. 3: Das Körperindividuum in der Matrix und die Nexistenzvergesellschaftung
Infrage gestellt wird der Anspruch auf individuelle Selbstdarstellung vor allem dann, wenn bestimmte Rollenanforderungen nicht erfüllt werden. Denn in diesem Fall kommt es auf das Individuum an, auf dessen strukturell unterstellte Fähigkeit, als Individuum Rollenbrüche verantwortlich handhaben zu können. Die Enttäuschung von Rollenanforderungen führt zu Nachfragen an die Gültigkeit der individuellen Selbst- und Rollendarstellungskompetenz. Das gesteigerte Gefährdungsbewusstsein für mögliche Bloßstellungen führt, so ist daher zu vermuten, zu einer gesteigerten Orientierung an funktionalen Normalitätserwartungen. Wenn unbekannt viele Akteure ausreichend viel über mich wissen, um den Anspruch auf konsistente Selbstdarstellung zu gefährden, steigt die Bereitschaft der Beteiligten, aktuell gültige Rollenanforderungen nicht zu verletzten. Hier liegt die Gefahr für eine Erstarrung des offenen Prozesses funktionaler Differenzierung. Denn durch die Homogenisierung von individueller Persönlichkeit und Rollenanforderung droht die Trennung von Darstellung als Individuum und angemessener Rollendarstellung zu implodieren. Zugleich implodieren die Differenzen der individuellen Persönlichkeiten, als die ein leiblicher Akteur sich jeweils subsinnweltspezifisch mitdarzustellen hatte. Das Individuum gleicht die Erfüllung der Rollenanforderungen an die Erfüllung der Anforderung, sich als Individuum mitdarzustellen, an. Die Nexistenz wird für die jeweiligen Anforderungen einer Subsinnwelt 21
optimiert. Im Prinzip bleibt es aber die gleiche Nexistenz, deren jeweilige Rollendarstellungen nicht zu sehr voneinander abweichen sollten. Denn das ermöglicht die Bloßstellung als inkonsistente individuelle Persönlichkeit. Auf die Homogenisierung von Rollenanforderungen und Persönlichkeit erfolgt die erlebte Verpflichtung die individuellen Persönlichkeiten über die Subsinnwelten hinweg zu vereinheitlichen.
Schlussfolgerung Abschließend möchte ich mich zwei Fragen zuwenden: 1. Unter der Voraussetzung, dass der Körperindividualismus die normativ-institutionell gestützte Bedingung der Mehrfachvergesellschaftung darstellt, stellt sich die Frage: Wird diese Form der Vergesellschaftung gefährdet, wenn der Körper in Relationen aufgelöst und die Signatur der technisch hergestellte Relationen (Nexistenz) unter eine unbestimmte Dauerbeobachtung gestellt wird? 2. Kann es funktionale Differenzierung ohne den institutionell-normativ gestützten körperbezogenen Individualismus geben? Pohle (2012) zufolge muss man diese Fragen folgendermaßen beantworten. Die großen Datensammlungen durch private oder staatliche Organisationen (Apple, Google, Geheimdienste) führen dazu, dass die Doppelstruktur der Vergesellschaftung gefährdet wird. Es werden in einer Hand Daten gesammelt, die die Kommunikationen verschiedener Funktionsbereiche betreffen. Google+ oder Facebook sammeln Daten, die den Kommunikationsbereichen der Wirtschaft, des Rechts, der Familie usw. entsprechen. Damit würde die sinnhafte Differenzierung zwischen den einzelnen Funktionsbereichen gefährdet. Das Individuum wird durch seine Nexistenz total vergesellschaftet; wer diese kennt, könne das Verhalten des Individuums in jedem Fall vorhersagen (Pohle 2012: 4f). Es wird unmöglich in einem Fall wirtschaftlich und in anderen Fällen religiös, rechtlich oder familiär zu kommunizieren. Funktionale Differenzierung ließe sich nur aufrechterhalten, wenn neue Formen des Datenschutzes gefunden werden, die solche funktionsbereichsübergreifenden Datenströme unmöglich machen. Gemäß dieser Argumentation wäre funktionale Differenzierung bereits kurzfristig gefährdet. Ich vermute eher eine schleichende Zersetzung. Während Pohle (2012) die Individuen direkt als Opfer von erfolgreichen Verhaltensprognosen sieht, vermute ich, dass die leiblichen Akteure erst durch ihre erfolgreiche Selbstnormalisierung prognostizierbar werden. Diese entwickelt sich ausgehend von der bekannten und als weiterhin gültig unterstellen Struktur der Mehrfachvergesellschaftung. Die Beteiligten gehen aufgrund der historischen Pfadabhängigkeit (Entstehung aus dem körperbezogenen Individualismus) davon aus, dass die 22
Trennungen der etablierten Funktionsbereiche aufrechterhalten werden. So lässt sich auch das Vertrauen erklären, dass die öffentliche Zugänglichkeit der Daten keine allgemeinen Konsequenzen haben wird. Nutzerinnen vertrauen darauf, dass Daten jeweils nur im Sinne eines bestimmten Funktionsbezugs genutzt werden. Wer sich in ein professionelles Netzwerk einloggt, glaubt im Sinnkontext der Wirtschaft zu agieren. Wer private Bilder in eine Datenwolke stellt, glaubt familiär zu agieren usw. Von der universalen Zugänglichkeit dieser Daten glauben viele noch, für praktische Zwecke ausreichend absehen zu können. Die unterstellte Differenzierung wird durch zwei Faktoren untergraben: Wenn Leib und Nexistenz miteinander verschränkt sind, erleben sich Beteiligte als Element technisch vorgebahnter sozialer Beziehungen, deren Anforderungen entsprochen werden sollte, und sie erleben sich als einer diffusen Totalüberwachung ausgesetzt. Die Beteiligten orientieren sich an den Erwartungsstrukturen, die sich aus den technisch vorgebahnten Beziehungen ergeben, die an den etablierten Formen funktionaler Differenzierung orientiert sind. Die Ordnung dieser Beziehungen ist aber nicht mit den Grenzen funktionaler Subsinnwelten identisch, sondern stellt die individuelle Nexistenz in den Mittelpunkt. Damit untergraben die Beteiligten selbst die Struktur funktionaler Differenzierung. Hieran schließt die beschriebene Tendenz zur Selbstnormalisierung an. Schien das Netz zunächst unbegrenzte Möglichkeiten für überraschende Rollenspiele und individuelle Selbsterfindung zu bieten, so wird es zunehmend zu einem Kommunikationszusammenhang, in dem 1. automatisierte Rollenerfüllungen vorherrschen und in dem 2. Akteure den Zugriff auf schwer zu bestreitende und möglicherweise desavouierende Informationen über sich selbst vermuten und sich entsprechend verhalten – auch außerhalb des Netzes. Die Beteiligten sind adressierbar durch Kommunikationen, die sie technologisch vermittelt von irgendwoher aus dem ungegliederten Weiteraum erreichen. Dieselbe Struktur nimmt wahrscheinlich auch das Gefühl für die Überwachung an. Es wird ein ortloses Panoptikum. Die Beteiligten erleben ihre Nexistenz als von irgendwoher beobachtbar. Die technisch an die Matrix der digitalen Raumzeit gebundene Überwachung wird in der Verschränkung in die leibliche Erfahrung als Überwachung von potentiell überallher erlebt. Auf die Orte der Überwachung des alten Panoptikums konnte man zeigen, sie waren erlebt als im leiblichen Ortsraum verankert. Durch einen Ortswechsel konnte man sich ihnen entziehen. Das gilt für das als ortlos erlebte Panoptikum nicht. Es setzt die leiblichen Akteure einer diffusen Überwachung aus einem ungegliederten Weiteraum aus. Vielleicht erscheint sie deshalb als so ungreifbar.
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Ob diese Gefährdung von funktionaler Differenzierung und der sie tragenden normativen Institutionen von Freiheit und Würde sich bruchlos durchsetzen wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es im Netz in ausreichendem Maße unbeobachtete oder gar unbeobachtbare (?) Kommunikationszusammenhänge geben wird, deren Existenz rechtlich geschützt ist.10 Die Erwartung einer ortlos panoptischen Dauerbeobachtung führt mit großer Sicherheit zur gesellschaftlichen Erstarrung.
Literatur: Beckedahl, Markus; Meister, Andre (Hg.) (2013) Überwachtes Netz – Edward Snowden und der größte Überwachungsskandal der Geschichte, Berlin: epubli Beißwenger, Michael (2010) Empirische Untersuchungen zur Produktion von Chat-Beiträgen, S. 47-82, in: Sutter, Tilmann, Alexander Mehler (Hg.) Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen, Wiesbaden: VS Verlag Bracken, Cheryl Campanella, Paul Skalski (Hg.) (2010): Immersed in Media. Telepresence in Everyday Life. New York: Routledge Dohrn-van Rossum, Gerhard (1992/2007) Die Geschichte der Stunde. Uhren und moderne Zeitordnungen, Köln: Anaconda Verlag Duden, Barbara; Schlumbohm, Jürgen; Veit, Patrice (Hg.) (2002) Geschichte des Ungeborenen. Zur Erfahrungs- und Wissenschaftsgeschichte der Schwangerschaft, Göttingen: Vandenhoeck, Ruprecht Fischer, Joachim (2006) Der Identitätskern der Philosophischen Anthropologie, S. 63-82, in: Krüger, Hans-Peter; Lindemann, Gesa (Hg.) Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert, Berlin: Akademie Fischer-Lescano, Andreas (2014) Der Kampf um die Internetverfassung, in: Juristenzeitung 69 (17. Oktober): 965-1016 Fritz-Hoffmann, Christian (2014) Die Berührung der Gesellschaft (unveröffentlichtes Manuskript) Giddens, Anthony (1984), The Constitution of Society, Camebridge: Polity Press
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Eine Diskussion möglicher internationaler Rechtsgrundlagen zu Sicherung des Datenschutzes im Internet findet sich etwa bei Fischer-Lescano (2014).
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Goffman, Erving (1963/1975) Stigma. Über Techniken der Bewältigung beschädigter Identität, Frankfurt/M.: Suhrkamp Gugutzer, Robert (2002) Leib, Körper und Identität, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag Hofstetter, Yvonne (2014) Sie wissen alles, München: Bertelsmann Kant, Immanuel (1785/1974) Grundlegung der Metaphysik der Sitten, in: Weischedel, Wilhelm (Hg.) (1974) Werkausgabe VII: Kritik der praktischen Vernunft, Frankfurt/M.: Suhrkamp Knorr-Cetina, Karin (2009): The Synthetic Situation: Interactionism for a Global World, in: Symbolic Interaction, Vol. 32, Issue 1, S. 61–87 Laqueur, Thomas (1992) Auf den Leib geschrieben. Die Inszenierung der Geschlechter von der Antike bis Freud. Frankfurt/Main, New Yorck:Campus Leenhardt, Maurice (1947/1983) Do kamo. Die Person und der Mythos in der melanesischen Welt, Frankfurt/Main, Berlin, Wien Lindemann, Gesa (2010) Moralischer Status und menschliche Gattung –Versuch einer soziologischen Aufklärung“, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 58 (3): 359-376 Lindemann, Gesa (2012) Menschenwürde – ihre gesellschaftsstrukturellen Bedingungen, S. 419-446, in: Joerden, Jan; Hilgendorf, Eric; Thiele, Felix (Hg.) Handbuch: Menschenwürde und Biomedizin, Baden-Baden: Nomos Lindemann, Gesa (2014) Weltzugänge. Die mehrdimensionale Ordnung des Sozialen, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft Lindemann, Gesa (2016) Leiblichkeit und Körper, erscheint in: Gugutzer, Robert; Klein, Gabriele; Meuser, Michael (Hg.) (2016): Handbuch Körpersoziologie, Bd. 1: Grundbegriffe und theoretische Positionen, Wiesbaden: Springer VS (Online: http://www.academia.edu/8505987/Leiblichkeit_und_K%C3%B6rper http://www.researchgate.net/profile/Gesa_Lindemann/publications) Luhmann, Niklas (1965/1999) Grundrechte als Institution, Berlin: Duncker und Humblot Luhmann, Niklas (1997) Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde, Frankfurt/M.: Suhrkamp Mainzer, Klaus (2014) Die Berechnung der Welt. Von der Weltformel zu Big Data, München: Beck
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Panofsky, Erwin (1927/1980) Die Perspektive als >symbolische Form
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