Die Teurnia-Grabung 1983: I. Ein Greifenrelief. II. Inschriften aus einem römischen Brunnen. III. Ausgewählte Bronzefunde, Carinthia I 174, 1984, 11-29
Sonderdruck aus CARINTHIA I 1984 (174. Jg.) Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten, Klagenfurt Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten
Die Teurnia-Grabung 1983 Von Franz G 1 a s er Die Grabungen in Teurnia (St. Peter in Holz) wurden 1983 auf Parz. 1044/1, KG Lendorf fortgesetzt 1• Nördlich des Gebäudes HA 2 wurden weitere fünf Planquadrate (je 5 x 5 m) ergraben und die Planquadratstege des Vorjahres abgetragen. Nun zeigt sich, daß die älteren Fundamente und Böden unter dem spätantiken Gebäude HA einen Nebentrakt einer größeren Anlage darstellen, von der ein kleiner Teil des Haupttraktes mit Hypokausten freigelegt wurde. Haupt- und Nebentrakt sind durch eine Mauer verbunden; in dem so entstehenden Hof konnten wir einen Brunnen ausheben, der zum ursprünglichen Plan des Bauwerkes vom Ende des 1. Jh./ Anfang des 2. Jh. n. Chr. gehört (Abb. 1). Der Haupttrakt des genannten älteren Gebäudes wurde in der Spätantike ohne Verbindung zu HA überbaut. Die Trockenmauern verwenden z. T. die älteren mit Mörtel gebundenen, abgetragenen Mauern als Fundament. Der ältere mit Hypokausten ausgestattete Raum wurde auf ca. ein Drittel verkleinert und mit in den Schutt eingerieften Heizkanälen ausgestattet, soweit dies nach dem bisherigen Stand der Grabung zu beurteilen ist. Die Trockenmauern waren an den Rauminnenflächen mit Mörtelverputz versehen; als Baumaterial dienten neben Bruchsteinen auch zahlreiche Fragmente von Marmorquadern. Aus dem Schutt solcher Mauern stammen ein dachförmiger Deckel (H: 0,18 m; L: 0,42 m; B: 0,30 m) einer Marmorurne (Abb. 2) und ein gebrochener reliefierter Marmorquader (H: 0,215 m, erhaltene L: 1,15 m; D: 0,35 m) von einem Grabbau. I. Ein Greifenrelief
Das Re 1 i e f (Abb. 3) stellt zwei Greifen links und rechts eines Kantharos mit Früchten dar. Die Schwänze der Greifen laufen in Blüten aus, denen Medusenhäupter folgen. Am rechten Bruchrand ist anschließend an das Gorgonenhaupt noch der gesenkte Kopf eines springenden Maultieres mit Mähne zu erkennen. Ein vergleichbares Relief ist in der Kirche St. Peter-Aich (östlich von Spittal!Drau) eingemauert 3 • Allerdings ist in 1
2 3
Zuletzt: F. Glaser, Fundberichte aus Österreich 21 (1982) 277 und Pro Austria Romana 33 (1983) lff. F. Glaser, Die römische Stadt Teurnia (1983) 91ff. Abb. 29, ders. Carinthia I 173 (1983) 7Sff. R. Egger, Teurnia8 (1979) 90. F. Glaser, Die römische Stadt Teurnia (1983) 162. Weitere vergleichbare Reliefs in Kärnten stammen aus Treffen, St. Agathen (Villach) und von Tanzenberg (wohl aus Virunum). Zu den Greifendarsteilungen aus dem Stadtgebiet Virunum: G. Piccottini, CSIR ll4 (1984) Nr. 389ff. Vgl. auch, A. Tuor, Antike Welt 14, 2 (1983) Slff.
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Abb. 1: Gebäude HA in Teurnia und Vorgängerbauten (mit Raster)
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Abb. 2: Urnendecke!: a) Längsschnitt, b) Seitenansicht, c) Innenseite (grob bearbeitet), d) Außenseite
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diesem Fall nur einer der beiden Greifen neben einem Kantharos mit Früchten erhalten. Unter dem Relief erscheinen die zwei Fascien eines Architravs, sodaß der Marmorquader als Gebälkfragment anzusehen ist. Die gleiche Verwendungsart kann für den Quader aus Teurnia nicht von vornherein angenommen werden. An der Oberseite ist etwa in der Mitte ein Wolfloch und in 0,51 m bzw. in 0,49 m Entfernung von der Mitte ein Dübelloch zu beobachten (Abb. 3). Am linken Dübelloch beginnt der Gußkanal 3,5 cm von der vorderen Kante des Quaders. Die Oberfläche ist bis auf den vorderen glatten Rand von 4,0 cm fein gespitzt und geebnet. Daraus ist zu schließen, daß das darüber folgende Werkstück ca. 4 cm zurückgesetzt war und die ganze Länge des Reliefblockes einnahm. Damit scheidet die Möglichkeit aus, daß etwa Säulen in den Dübellöchern verzapft waren. Auch ein vorkragendes Gesims über dem Reliefquader scheidet aus, da dieses an der vorderen Kante bündig anschließen müßte, was aber aufgrund des Gußkanals nicht möglich ist. Die Unterseite zeigt die gleiche Bearbeitung wie die Oberseite, weist aber keine Dübellöcher auf. Der linke Abschluß des Quaders ist unmittelbar neben dem Dübelloch sekundär abgearbeitet (Abb. 3); dabei ist auch die Schnauze des Tieres abgeschlagen worden, deren Umriß noch neben dem Gorgoneion zu erkennen ist. Der rechte Rand knapp neben dem Dübelloch entsteht durch eine Bruchfläche. Um etwa den Körper des springenden Maultieres unterzubringen, braucht man rechts mindestens noch eine Fläche von ca. 30-35 cm und links eine von ca. 30-35 cm, sodaß sich eine ursprüngliche Länge des Reliefs von wenigstens 1,70 m bis 1,80 m ergibt. Da wir die Zugehörigkeit des reliefierten Quaders zu einem Grabbau in Ädikulaform aufgrund der oben angeführten Bearbeitungsspuren eher ausschließen können, wäre es am ehesten denkbar, daß er als Glied zwischen dem Sockel und der Ara eines Grabdenkmals seinen Platz hatte 4• Die Zuordnung ergibt sich aus den Motiven des Reliefs, die nicht selten im Grabkult ihre Verwendung finden. In unserem Fall sind statt eines dem
Abb. 3: Relief eines Architekturteiles von einem Grabbau in Teurnia
4 ].
Klemenc, V. Kolsek, P. Petru, Amicne Grobnice v Sempetru (1972) 14: Grabmal des C. Vindonius Successus. Zum Typus vgl. F. Glaser, Die römische Stadt Teurnia (1983) Abb. 11.
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Kantharos entwachsenden Lebensbaumes Früchte, d. h. Samen, dargestellt, womit aber symbolisch das Gleiche gemeint ists. Panther, Greife, Meergreife oder selten Delphine flankieren in antithetischer Anordnung das Lebensbaummotiv6 und sind in ihrem Ursprung aus Anspielungen gewisser Jenseitsvorstellungen erwachsen. Die Medusenhäupter hatten übelabwehrende Bedeutung und sollten den Grabbezirk vor Schändung schützen 7. Raubtiere, die ein Wild jagen, sind Gleichnisse für den raubenden TodS. Auf dem Relief aus Teurnia ist dieser Gedanke nur durch das gehetzte Maultier angedeutet, wie überhaupt oft Motive in der provinzialrömischen Kunst verkürzt wiedergegeben werden. Wenngleich eine umfassende Darstellung über die Arbeiten von Werkstätten des südnorischen Raumes aussteht, wird man nicht fehlgehen, das Relief ins 2. Jh. n. Chr. zu setzen. Als Material wurde Gummerner Marmor verwendet, dessen Glimmereinlagerung gerade an der Bildseite zu sehen ist. Der Block hätte anders nicht verwendet werden können, da er sonst nicht die entsprechende Druckfestigkeit aufgewiesen hätte. II. Inschriften aus einem römischen Brunnen Der oben genannte, trocken gemauerte S c h a c h t b r u n n n e n 9 (Durchmesser: 0,80 m) konnte vorerst nur bis auf eine Tiefe von 6 m ausgehoben werden (Abb. 4). Da aus diesem Grund auch etwaiges keramisches Material von der Sohle des Brunnens fehlt, kann die Benützungszeit noch nicht bestimmt werden. Die Verfüllung des Brunnens besteht fast durchwegs aus Mauersteinen und Marmorfragmenten, zu denen eine Pfeilerbasis und eine Konsole mit Palmettenverzierung zählen. Weiters stammen aus dem Brunnen ein Grabtitulus und zwei anpassende Bruchstücke einer Grabara, also Baumaterialien, wie sie in spätantikem Mauerwerk vorkommen. Der Grabt i tu 1u s (H: 0,41 m; B: 0,47 m; D: 0,18 m) ist an seinen seitlichen Rändern roh belassen, sodaß man auf einen ursprünglichen Einbau im Bruchsteinmauerwerk schließen kann (Abb. 5). Eine Profilleiste faßt die Inschriftfläche (H: 0,24 m; B: 0,285 m) ein: Venimaro I Secconis f(ilio) I Messilla Atltuci f(ilia) uxor v(iva) f(ecit). Zeile 3 und 4: At!tuci könnte auch als At!tuci(i) zu lesen sein. "Dem Venimarus, Sohn des Secco, hat die Gattin Messilla, Tochter des Attucus bzw. Attucius, (das Grabmal) bei Lebzeiten machen lassen". Das Paar trägt wie die Väter keltische Namen und ist der einheimischen Bevölkerung zuzurechnen. 5
6 7
E. Unterkirchner, Der Lebensbaum in der provinzialrömischen Kunst, ungedruckte Diss. Wien 1979. Vgl. A. Schober, Die römischen Grabsteine von Noricum und Pannonien (1923) 164, 167, 200. Schober, a. 0. 164, 182, 200. Vgl. A. Schober a. 0. 164, 168. Ein ähnlicher Schachtbrunnen (Dm. 0,77 m) wurde 1955 beim Aushub eines Kabelgrabens in Virunum (auf Parz. 57/1 oder 57/2, KG Maria Saal) gefunden.
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Abb. 4: Schachtbrunnen im Planquadrat Pqu D 1
Für Venimarus (bzw. Venimara) gibt G. Alföldy 10 für Noricum neun Belege ausschließlich südlich des Alpenhauptkammes an, wobei in Kärnten nur zwei epigraphische Denkmäler, nämlich auf dem Magdalensberg11 und in Paternion 12, mit diesem Namen vorkommen. Das Cognomen Secco(n) kommt allgemein bei der keltischen Bevölkerung 13 vor und ist bisher in Noricum durch eine Inschrift aus Einöd 14 bekannt. Für das Stadtgebiet von Teurnia sei auf den Gentilnamen Seccio(n) in Paternion 15 und Lieserhofen 16 hingewiesen; im letztgenannten Ort ist auch Seccia belegt 17. Eine Messilla wird in N oricum zum ersten Mal genannt, hat aber z. B. Parallelen in Aquileia 18 und Dalmatien 19. Der Name ihres Vaters Attucus oder Attucius ist innerhalb Noricums ausschließlich aus dem Süden G. AlföWy, Noricum (1974) 238. R. Egger, Carinthia I 143 (1953) 928f. CIL III 4753. Vgl. A. Holder, Alt-Cehiseher Sprachschatz (1907), s. v. Venimarus. 13 Holder, a. 0 . s. v. Secco(n). 14 CIL III 5046. 15 CIL III 4756. 16 CIL III 11490: Seccio(n) und Seccia. 17 Darüber hinaus ist für Kärnten ein Seccus aus Althafen anzuführen: P. Leber, Carinthia I 148 (1958) 20lff. Vgl. G . Alföldy, Noricum (1974) 237. 18 CIL V 1438. 19 A. Holder, Alt-Cehiseher Sprachschatz (1907), s. v. Messilla. 10
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Abb. 5: Grabtitulus aus dem Brunnen
bekannt 20. Das Gleiche gilt für Attucia, Atucus, Atucius 21, lediglich für Atuco gibt es zu den beiden Beispielen aus Kärnten ein Pendant nördlich des Alpenhauptkammes22_ An der bereits genannten G r a b a r a (erhaltene H: 0,65 m; B: 0,62 m; D : 0,37 m) ist der unterste Teil weggebrochen. Das Inschriftfeld (erh. H: 20
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Bei A. Holder, a. 0., At(t)ucius nur als Gentilname belegt (CIL III 5412, Voitsberg). At(t)ucius auch als Individualname: G. Piccottini in: Pro arte antiqua. Festschrift Kenner II (im Druck): Stele aus St. Veit. P. Leber, Carinthia I 145 (1955): St. Peter a. Bichl. R. Egger, Carinthia I 128 (1938) 23 und Carinthia I 140 (1950) 64: Ulrichsberg (Attucius, Attucia). P. Leber, Carinthia I 147 (1957) 172ff: Althafen (Atucus oder Atucius). CIL III 11559: Magdalensberg (Atucus). P. Leber, Die in Kärnten seit 1902 gefundenen römischen Steininschriften (1972) Nr. 116: Viktring. R. Egger, Carinthia I 140 (1950) 247: Wolfsberg. G. Alföldy, Noricum (1974) 232.
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0,50 m; B: 0,45 m) wird von einer Profilleiste gerahmt (Abb. 6): M(arco} Au· relio I Ursino veter{ano) I m(isso} h(onesta} m(issione} ex leg(ione} !I I ltal(ica}
ob(ito} ann(orum) LX I marit(o) optimo 1 5 et Ael(io) Verano I et luniae Cela· tes I parentib(us} vivis I [Ajelia Deivilla et I [Aurel]ii Ursina 110 [et..... .jr (oder b bzw. p) . .. "Dem besten Gatten Marcus Aurelius Ursinus, einem Veteranen, der aus der zweiten italischen Legion mit ehrenvollem Abschied entlassen wurde und im Alter von 60 Jahren verstarb, und den noch lebenden Eltern Aelius Veranus und lunia Celates (und für sich) haben Aelia Deivilla und die Aurelier U rsina (und- es folgen weitereN amen der Kinder- bei Lebzeiten das Grabmal errichten lassen). Aelius Veranus ~ Iunia Celates M. Aurelius Ursinus CD Aelia Deivilla
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. d U rsma u. a. Km er Marcus Aurelius Ursinus kann von einem Vorfahren abstammen, der frühestens unter Kaiser Marcus Aurelius (161-180) das Bürgerrecht erwarb, oder er ist der Sohn bzw. Nachkomme eines Freigelassenen dieses Kaisers. Ursinus oder ein Vorfahre konnte auch unter Caracalla im Jahre 212 n. Chr. im Zuge der Verleihung der Civitas an alle freien Reichsbewohner römischer Bürger geworden sein. Nimmt man z. B. an, daß Ursinus der Sohn eines Freigelassenen des Kaisers Mare Aurel war, dann darf man schätzen, daß er etwa im zweiten Viertel des 3. Jh. n. Chr. starb. Hätte etwa der Vater des Ursinus schon im ersten Jahrzehnt der Regierung des Kaisers Mare Aurel die Civitas erworben, dann wäre es denkbar, daß Ursinus noch im ersten Viertel des 3. Jh. n. Chr. verstarb. Nimmt man hingegen an, daß Ursinus etwa um das Jahr 212 n. Chr. geboren wäre, hätte sein Tod noch im 3. Viertel des 3. Jh. n. Chr. stattgefunden. Dem Buchstabencharakter zufolge könnte man ein Datum vor der Mitte des 3. Jh. n. Chr. vermuten. Demnach neigt man vielleicht eher zur Auffassung, daß Ursinus zu jenen Aurelii gehörte, die vor der Constitutio Antoniniana (212 n. Chr.) die Civitas erlangten 23 . Für die Namensform mit dem Stamm Urs- gibt es allein in Kärnten bisher 44 Beispiele 24. Dazu kommt noch die Tochter des Marcus Aurelius Ursinus in der 10. Zeile. Die Formel missus honesta missione ist wohlbekannt von Militärdiplomeil und anderen Denkmälern 2S, wird aber nach Ausweis des CIL zum er23 24 25
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Alfö ldy, a. 0 . 262f. Vgl. F. Glaser, Carinchia I 173 (1983) 105. Vgl. H . Dessau, Inscriptiones Latinae selectae I (1962) 389ff., ders. ILS III, 1, s. v. missus honesta missione.
Abb. 6: Fragmente einer Grabara aus Teurnia
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sten Mal in einer Inschrift auf norischem Boden verwendet. Die ehrenvolle Entlassung ist Voraussetzung, um als veteranus zu gelten 26 . Mit der missio honesta waren im Gegensatz zur missio ignominiosa die praemia militiae, d. h. Landzuweisung oder eine Abfindung in Geld, verbunden. Weiters erlangte damit der Veteran verschiedene Vergünstigungen, wie z. B. zeitliche Steuerbefreiung oder Befreiung von der Verpflichtung, öffentliche Ämter auszuüben. Die legio ltalica führte im 3. Jh. n. Chr., wahrscheinlich etwa seit den Jahren 193-197, den Beinamen pia fidelis 27 , welcher aber bei den 18 in Kärnten gefundenen lnschriften 28 nur bei einem Drittel 29 angeführt ist. Eine engere zeitliche Einordnung wäre möglich, wenn ein weiterer Beiname wie Antoniniana oder Severiana verwendet worden wäre3o. Unter den genannten 18 Inschriften (Anm. 28, 29) kommt allerdings nur einmal ein Veteran der zweiten italischen Legion vor3 1. Daraus ist zu ersehen, daß offenbar der Großteil der Soldaten gar nicht die Vergünstigungen des V eteranendaseins erlangte. Sowohl die Grabsteine für die gefallenen Soldaten als auch die für die Veteranen wurden meist im Heimatort gesetzt 32 . Daraus ergäbe sich mit gewisser Wahrscheinlichkeit, daß M. Aurelius Ursinus ein Teurnienser war. Der Vater von Deivilla, Aelius Veranus, trägt ein Cognomen, das vom lateinischen Verus abgeleitet ist3 3. Für den Gentilnamen Aelius gibt es in Noricum 63 Belege; dieser wird an Häufigkeit nur von den Julii (152) und den Aurelii (124) übertroffen34. Es wäre denkbar, daß ein Vorfahre des Veranus unter Hadrian die Civitas erlangte 35 . Die Gattin des Veranus, Celates, besitzt offenbar einen äußerst seltenen Namen. A. Holder 36 nennt eine Celata in Piacenza (CIL XI 1228) und schließt für Celatus nicht aus, daß er auch eine lateinische Wurzel besitzen könnte 37. Für eine Dativform ist Celates ungewöhnlich und dürfte sich daraus erklären, daß der Name aus dem Keltischen stammt. Es könnte
RE Suppl. IX (1962) 1597ff., s. v. veterani (Neumann). RE XII 2 (1925) 1471, s. v. legio (Schulten). CIL III 4791, 4836 = 11507, 4836 a, 4841, 4853, 4855, 4861, 11482, 11642, F. Jamsch, Carinthia I 119 (1929) 9, ders. Carinthia 119 (1929) 10 (leg II ?). 29 CIL 1II 4820,4837, 4862, 11553, 14361. P. Leber, Die in Kärnten seit 1902 gefundenen römischen Steininschriften (1972) Nr. 34. 30 CIL 1II 4862, 11482, 4791. 31 CIL III 4853. 32 RE XII 2 (1925) 1471, s. v. legio (Schulten). . 33 I. Kajanto, The Latin Cognomina (1965) 108. 253 . In Kärnten ist Cognomen Veranus dreimal belegt: CIL III 4904, 5073 . F. Jantsch, Carinthia I 121 (1931) 9. 34 G. Alföldy, Noricum (1974) 262 f. 35 Alflöldy, a. 0. 85 f. 36 Alt-Cehiseher Sprachschatz (1907) III 1178 (Nachtrag) . 37 Holder, a. 0., s. v. Celatus.
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demnach sem, daß die Nominativform auch für den Dativ gebraucht wurde. Der Gentilname lunius hingegen ist in Kärnten viermal und die weibliche Form zweimal belegt 38 . Aelia Deivilla hat ebenfalls ein seltenes, bisher in N oricum nur einmal belegtes Cognomen 39, das zu den keltischen Namensformen Devillius, Devillia oder Divilia40 gehört. In der zehnten Zeile der Inschrift sind vor U rsina die Reste eines I und eines 1-longa zu erkennen. Daraus ergibt sich der entsprechende Platz für Aurelii. In den folgenden Zeilen waren ursprünglich noch weitere Geschwister der Ursina genannt. Ob etwa der Buchstabenrest in der elften Zeile zum Namen [Ve]r(anus] gehört hat, weil manchmal Kinder nach den Großeltern benannt wurden, bleibt natürlich reine Spekulation. Wenn man für das Schriftfeld die öfters vorkommende Proportion 2:3 wählt 41 , dann hätten noch zwei Zeilen Platz. In der vorletzten wären Namen weiterer Kinder gestanden, und in der letzten Zeile wäre sibi vivi fece· runt unterzubringen gewesen. 111. Bronzefunde (Auswahl) Unter den K 1 ein f und e n nennen wir hier nur die 0 b je k t e aus B r o n z e. Aus einer Planierungsschicht (Pqu C 2) für das letzte nachweisbare Gehniveau, über dem nur noch der Trockenmauerversturz von Gebäude HA folgt, kam eine Henkelattache in Form einer Silenmaske und die Reparaturstelle (Abb. 7) eines Bronzegefäßes zutage. Die vernieteten Blechstreifen zeigen, daß ein solches Gefäß immer wieder geflickt wurde,
wie dies z. B. auch an einem besser erhaltenen römischen Bronzebecken 42 in Jütland (Dänemark) der Fall ist (Abb. 8). Nach der Fundlage in 0,50 m Entfernung könnten die Henkelapplik und die Flickstelle zu ein und demselben Gefäß gehört haben. Die Form des Gefäßes ist aufgrund der vernieteten Bronzeblechreste nicht zu erschließen. Hinsichtlich der Applik wäre · eine ursprünglich zugehörige Schnabelkanne denkbar, in der Art wie jene, die zusammen mit der Bauinschrift des Grannus-Tempels 43 und einem
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Iunius: CIL III 4745 (St. Peter in Holz), 4988, 6490, F. Jantsch, Carinthia I 121 (1931) 6f. 0. Frank!, Jb. für Altertumskunde 2 (1908) Bbl. 40. Iunia = CIL III 4730, 11490. G. Alföldy, Noricum (1974) 234. A. Holder, Alt-Cehiseher Sprachschatz (1907) s. v. Deivillius, Deivillia und Divilia. Vgl. auch: s. v. deivos. Vgl. z. B. Grabarae aus Duel und Te!;!rnia (F. Glaser, Die römische Stadt Teurnia, 1983, 46f: Nr. 5 U!Jd SOff: Nr. 19) oder in Sempeter Q. Klemenc, V. Ko!Sek, P. Petru, Anticne Grobnice v Sempetru, 1972, 14ff.). H.J. Eggers, Der römische Import im freien Germanien (1951) 79 Nr. 41. Taf. 6 Nr. 41 (danach un~ere Abb. 8). F. Glaser, OJh. 52 (1978-80) 121 ff.
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5cm Abb. 7: Reparaturstelle eines Bronzegefäßes
Abb. 8: Geflicktes Bronzebecken aus Keilstrup, Jütland (nach H. J. Eggers, Der römische Import im freien Germanien, 1951, Nr. 41)
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Brotmodel 44 (auf Parz. Nr. 1064/1, KG Lendorf) gefunden wurde. Die 21,2 cm hohe Bronzekanne 4 5 (Abb. 9) ist in zwei Teile gebrochen und weist mehrere Fehlstellen auf. Der Griff und die mögliche Attache blieben nicht erhalten. Da es sich um einen Zufallsfund handelt, können keine näheren Angaben über stratigraphische Zusammenhänge gemacht werden. Zu bemerken ist jedenfalls, daß der mitgefundene Brotmodel ins 4. Jh. n. Chr. gehört. Die 6,8 cm hohe S i 1 e n m a s k e (Abb. 10) aus Planquadrat Pqu C 2 ist bis auf die Haarspitzen an ihrer rechten Seite erhalten. Die Dicke der 4,6 cm breiten Applik nimmt von oben (11 mm) nach unten hin (3 mm) ab. An der grün patinierten Oberfläche sind stellenweise Luftbläschen vom Guß zu erkennen. Vor allem die Barthaare scheinen mit dem Stichel nachgearbeitet zu sein. Das Gesicht mit flacher Nase, tiefliegenden Augen, gesenkten Brauen und leicht geöffnetem Mund ist plastisch modelliert, während Bart und Haar durch seichte Kerben wiedergegeben werden. Der Schnurrbart, an den Enden ein wenig eingerollt, überschneidet den langen dreistufigen Backenbart. Hinter den nach vorn geklappten spitzen Ohren fällt das Haar in zwei schmalen Strähnen herab. Über der Stirn ist gleichsam ein doppeltes Band mit einer Art von ionischem Kymation und Zinnendekor zu erkennen, vielleicht eine Andeutung des Onkos, offenbar aber eine mißverstandene Wiedergabe der Frisur. An den Augen sind die Pupillen als kreisrunde Vertiefung dargestellt, wie dies auch an e,inem vergleichbaren Stück aus Poetovio 46 zu beobachten ist. Jedoch ist der Bart viel plastischer und lebendiger wiedergegeben als beim Teurnienser Exemplar. Wenngleich auf einer Oinochoe (Weinkanne) aus Saint Mard (Luxemburg) eine Silenmaske 47 in runder Form angebracht ist, läßt sich"'die Attache aus Teurnia damit besser vergleichen. Beim Luxemburger Stück erscheinen über der Stirn zwei Reihen von Buckellocken, wobei an der unteren geringelte Haare angedeutet sind. In unserem Fall sind die Locken völlig verflacht, sodaß sie in der unteren Reihe an ein ionisches Kymation erinnern. In der oberen Reihe hingegen sind statt der Locken nur vertikale Kerben eingeschnitten, die als Gliederung des Haares verstanden werden sollen. Eine vergleichbare Lockengestaltung ist an einer tragischen
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Ders. , ÖJh. 52 (1978-80) 115ff. Größter Durchmesser der Kanne 12,2 cm. Ihre schlanke Form erinnert zwar an den Typus der ungegliederten Krüge bei A. Radnoti, Die römischen Bronzegefäße von Pannonien (1938) 162ff. Taf. 14 Nr. 81, gehört aber nach Gestaltung der Mündung zu den Schnabelkannen (Radnoti a. 0. 155ff. Taf. 13 Nr. 76; Taf. 50 Nr. 4, 5, 6). Mit diesen läßt sich auch der hohe Standring mit dem gesondert eingesetzten Boden vergleichen. D. Brescak, Anticno bronasto posodje Slovenije (1982) 58 Nr. 155. Taf. 16 Nr. 155. Ob es sich bei der Henkelattache auch um eine Silenmaske handelt, bleibt zweifelhaft, da die spitzen Ohren fehlen. Nach den Hundeköpfen im Haar könnte man vielleicht eher an Pluto denken. Vgl. auch J. Tejral, Slovenska Archeologia 31 (1983) 93. G. Faider- Feytmans, Les bronzes romains de Belgique (1979) 163 f. Nr. 323 . Taf. 120.
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Abb. 9: Bronzekanne aus Teurnia: a) und b) Seitenansichten, c) Unterseite, d) Mündung
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Abb. 10: Henkelattache in Form einer Silenmaske aus Bronze
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Theatermaske 48 , die eine Bronzelampe aus Bratinac Qugoslawien) ziert, zu beobachten. Der geschlossene flache, ziselierte Backenbart unseres Stückes und des Exemplars aus Luxemburg ist gleichartig. Daneben wäre auch die Mähnenbehandlung einer Löwenprotomapplik 49 aus Solin Qugoslawien) zu stellen, welche ins 3.-4. Jh. n. Chr. datiert wird. Die Oinochoe von Saint Mard ist in einem Kontext des 3. Jh. n. Chr. gefunden worden. In Teurnia stammen aus der gleichen Schicht z. B. Münzen 50 der zweiten Hälfte des 3. Jh. n. Chr. und ersten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. Vielleicht ist dieser zeitliche Rahmen auch für die Entstehung der Silenmaske in Betracht zu ziehen, wobei letztlich für die Datierung eine umfassende Untersuchung maßgeblich ist und die Auswertung der stratigraphisch zugehörigen Artefakte wichtig für das Ende des Gebrauchs der Kanne ist. Die zeitliche Spanne der Verwendung wird nämlich gerade bei Bronzegefäßen sehr groß sein, sodaß die übrigen Funde des Kontextes viel jünger sein können und daher nicht auf die Zeit der Produktion weisen. Zuletzt seien noch die F i b e 1 n kurz angeführt: 1. Eine Tierkopffibel wurde östlich des Vorgängerbaues von HA (Pqu E1) in einer fetten schwarzen Erdschicht (mit Asche) gefunden, in welcher schon in den vergangenen Kampagnen keramisches Material aus dem 1. Jh. n . Chr. beobachtet wurde. Die zweigliedrige 6,8 cm lange Bronzefibel (Abb. 11) besitzt ein gebrochenes Federwerk mit zehn Windungen, wobei die Sehne unter dem Bügel durchgeführt wird. Der flache Bügel verbreitert sich an seiner höchsten Stelle und zeigt sowohl in der Längsrichtung als auch querverlaufend linearen Dekor (Abb. 11). Das Fußende ist umgeschlagen und zu einem schematischen Tierkopf ausgebildet. Der breite sehr niedrige Nadelhalter geht gleichsam in den Fuß über. Die Fibel ist mit einer hellgrünen glatten Patina überzogen. Es handelt sich um einen Fibeltypus, der in der Laugen-Melauner-Gruppe vorkommt51 und sich bis in die Spätlad!nezeit hält, wobei noch Beispiele aus dem 1. Jh. n. Chr. anzuführen sind 52. In Kärnten sind bisher nur zwei Exemplare von der Gurina 53 und ein unpubliziertes Stück vom Magdalensberg bekannt, wobei das zuletzt genannte auch etwa den zeitlichen Rahmen (von ca. 30 v. Chr. bis 50 n. Chr.) für das Teurnienser Exemplar angeben dürfte. 2. Eine Fibel mit glattem Bügel wurde im Steg zwischen den Planquadraten D1 und D2 in der fetten schwarzen Erdschicht gefunden, die bereits
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L. Popovic, D. Mano-Zisi, M. Velickovic, B. Jelicic, Anticka Bronza u. Jugoslaviji (1959) Nr. 264. Popovic a. 0. Nr. 303 . 2. Hälfte 3. Jh. n. Chr. : M1/82, M4/ 82, M5/82, M8/83; 1. Hälfte 4. Jh. n. Chr.: M3/82, M6/82, vgl. Münzliste im Anhang. G. Merhart, WPZ 14 (1927) 101 ff. Abb. 13. R. Pittioni, Urgeschichte des Österreichischen Raumes (1954) 736. E. v. Patek, Verbreitung und Herkunft der römischen Fibeltypen in Pannonien (1942) 88. A. B. Meyer, Gurina im Obergailthal (1885) Taf. V. 11 , 12.
als Gehniveau des älteren Hofes mit dem Brunnen anzusehen ist (Abb. 12). Die 4,3 cm lange Bronzefibel mit glatter dunkelgrüner Patina ist gut erhalten. Die Spirale der eingliedrigen Fibel besitzt acht Windungen und eine obere Sehne. An der angedeuteten Stützplatte mit Sehnenhaken beginnt der etwa bandförmige Bügel und läuft bis zum profilierten Fußknopf spitz zu. Die Bügelunterseite ist wie bei den kräftig profilierten Fibeln erhaben und weist Feilspuren auf. Der dreieckige Nadelhalter ist vom Fuß kaum abgesetzt. Die Fibel wird wie die oben genannte in die frührömische Zeit _ gehören 54• 3. Eine kräftig profilierte Fibel mit Stützplatte (Abb. 13) stammt aus dem Trockenmauerversturz des spätantiken Hauses HA in Planquadrat Pqu Dl. Die zweigliedrige 8,5 cm lange Bronzefibel zeigt eine grüne Patina mit fest anhaftendem Sand. Von der Spirale mit acht Windungen und oberer Sehne ist die Hälfte samt Nadel weggebrochen. Wenig verbreiterter Sehnenhaken, schmale Stützplatte, einfach profiliertet Bügelknopf, schlanker Fußteil und scharf abgesetzter Nadelhalter charakterisieren die Fibel. Der Typus 55 gehört der Zeit vom dritten Viertel des 1. Jh. bis zum ersten Viertel des 2. Jh. n. Chr. an und ist durch Zufall in spätantiken Mauerversturz gelangt. Da in diesen Mauern auch ein Deckel einer Urne verbaut war, könnte die Fibel im Zusammenhang mit der Beschaffung von Baumaterial aus einem Grab in diese Schicht gelangt sein. Da in dem 1983 untersuchten Abschnitt keine Störungen durch die Grabungen der Jahre 1912-14 vorhanden sind, wird die Bearbeitung der Kleinfunde wertvolle Aussagen für die einzelnen Schichten und Bauperioden bringen. Münzliste 1982 M1/82: Gallienus (Alleinherrschaft 260-268) Rom: Antoninian RIC 164 (K). Rv.: Abschnitt unkenntlich M2/82: Griechische Prägung aus Alexandria (3. Jh.), nicht näher bestimmbar M3/82: Licinius (308-324). Ticinum: Follis RIC 70 ( = 317-318) M4/82: Claudius II (268-270) Rom: Antoninian RIC 259 (Gedenkprägung) M5/82: Probus (276-282). Siscia: Antoninian RIC 818 (G) M6/82: Constantinus I für Crispus. Siscia: Follis RIC 178 ( = 321-324)
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Vgl. Patek a. 0. 87f. W. Jobst, Die römischen Fibeln aus Lauriacum (1975) 30ff. mit Lit. Variante C: 33 f.
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Abb. 11: Tierkopffibel aus Bronze
Abb. 12: Fibel mit glattem Bügel
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Abb. 13: Kräftig profilierte Fibel aus Bronze
Münzliste 1983 M1/83: Claudius II (268-270), Roma: Antoninian, RIC 259 ( = Gedenkmünzen, Serie I) M2/83: Valentinianus I (364-375), Roma: Aes II, RIC 43 (c) 2 M3/83: Valentinianus I (364-375), Aquileia: Aes II, RIC 30 (c) 1 M4/83: Gallienus (Alleinherrschaft 260-268), Roma Antoninian, RIC 177
M5/83: M6/83: M7 /83: M8/83:
Gordianus III (238-244), Roma: Sesterz RIC 297 (a) ( = nach 240) Probus (276-282), Siscia: Antoninian, RIC 670 (H) Rv.-& unbestimmbar Probus (276-282), Roma: Antoninian, RIC 170 ( = 1. Serie) Rv.: Abschnitt: R Blitzbündel E M9/83: Gratianus (367-383), Münzstätte?, Aes II; Av.-Typ: LRBC G 1 B; Rv.: REPARATIO R'EIPVB. Geschenk von Frau Trude Horn (1983): RömischerAs aus Teurnia, nicht näher bestimmbar; Av.: Kopf n. rechts. Rv.: Victoria n. links schreitend. 29
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Report "Die Teurnia-Grabung 1983: I. Ein Greifenrelief. II. Inschriften aus einem römischen Brunnen. III. Ausgewählte Bronzefunde, Carinthia I 174, 1984, 11-29 "