Die „Hesperischen Aithiopes“ an der Westküste Afrikas und ihre Bedeutung in der geographischen Literatur des Altertums bis auf Ptolemaios Heute gilt es als erwiesen, dass sich die Bedeutung „Aithiopes“ während der Antike nicht nur auf Völker innerhalb des Gebietes unseres modernen Staates Äthiopien bezog, sondern dass man unter diesem Begriff sämtliche schwarzafrikanischen Völkerschaften sowohl in Ost- als auch in Westafrika und dem Innern des Kontinents zusammenfasste.1 Das griechische Wort Αἰθίοψ bedeutet „von der Sonne verbrannt“, was im übertragenden Sinne das Aussehen der schwarzafrikanischen Völker allgemein charakterisieren sollte. Nun unterscheiden jedoch griechische wie auch lateinische Autoren des Altertums die Aethiopes teilweise untereinander, so dass sie in Westafrika eine Volksgruppe lokalisierten, welche allgemein als Hesperische Aethiopes, d. h. „die westlichen Aethiopes“ bezeichnet wurde. Diese Unterscheidung zwischen Östlichen- und Westlichen Aethiopes geht bis in die homerische Zeit zurück.2 Engere Beziehungen zwischen Mittelmeerkulturen und diesen Aethiopes lassen sich, wie noch zu zeigen sein wird, frühestens seit dem 4. Jh. v. Chr. Belegen. Erste Nachrichten über diese Aethiopes kann man, wenn sie auch noch nicht unter diesem Namen erscheinen, dem Periplus des Hanno entnehmen.3 Der karthagische Sufet Hanno erkundete um 500 v. Chr. im Auftrag seiner Heimatstadt mit einer größeren Flotte eine beträchtliche Strecke der westafrikanischen Küste. Auf seiner ersten Expedition, die die Errichtung von punischen Kolonien sowie die Ansiedlung von Kolonisten an diesen Küsten zum Ziel hatte, gründete Hanno eine Kolonie auf einer Insel, die er Kerne nannte.4 Die ersten Aetihopes, welche Hanno unterwegs antraf, lebten beim Fluss Lixos (Oued Loukkos) etwas weiter im Landesinneren. Jener Fluss befindet sich nördlich der heutigen Hauptstadt Marokkos, Rabat. Die Insel Kerne lag offenbar in der Arguin Bucht.5 Als Hanno diese Kolonie auf Kerne gegründet hatte, dehnte er seine Expedition weiter nach Süden aus. Nachdem der Fluss Chremetes (Senegal) passiert wurde, gelangten die Karthager an einen weiteren großen Fluss, voll von Krokodilen und Flusspferden (der Bambouk, ein Mündungsarm des Senegal). Von da an ging es zwölf Tage lang weiter nach Süden.6 In den Gebieten vom Senegal an trafen die Karthager auf Völker, die auf einer primitiven Kulturstufe standen. Auch bei diesen Völkern handelte es sich wieder um Aethiopes. Hannos Fahrt verlief noch weiter südlich. Schließlich entdeckte man eine große Bucht, die der griechische Übersetzer des Hanno-Berichtes Hesperu Keras (Horn des Westens) nannte. Auch dort lebten Aethiopes. ______________ 1) Vgl. Vanhaegendoren (1998), S. 14-17; Dihle (1965), S. 73; Snowden (1997), S. 103. 2) Hom. Il. 1, 423; Od. 1, 22-25. ; zur Bezeichnung des Namens als « Brandgesicht » vgl. Werner (1993), S. 2125 ; Dihle (1965), S. 67. 3) Peripl. Hann. § 7. (Vgl. die neuere Ausgabe (Griech./Dtsch.), übers. von Karl Bayer, in: Plinius d. Ä.: Naturkunde (Lat./Dtsch.): Geographie: Afrika und Asien, hrsg./übers. von G. Winkler, München 1993, S. 338353). Siehe auch: Huß (1994), S. 39-44; Hennig (1944), S. 86-95. 4) Peripl. Hann. § 8. 5) Vgl. Huß (1994), S. 42. 6) Peripl. Hann. § 9-11.
2 Die Karthager vernahmen nachts eine Zeremonie dieser Aethiopes, die den Seefahrern so merkwürdig und schauderhaft erschien, dass sie sofort weiterfuhren. Diese Bucht ist mit der Bucht von Benin identisch.7 Die letzten Entdeckungen Hannos an der Westküste Afrikas waren noch der Berg Theon Ochema (der Kamerunberg) sowie das „Horn des Südwindes“ (die Bucht von Biafra) mit der „Gorilleninsel“ (Bioko, früher Fernando Poo).8 Dies sind die ersten Hinweise über die sogenannten Hesperischen Aethiopes. Seit der frühen römischen Kaiserzeit erscheinen sie immer wieder des öfteren in der geographischen Literatur des Altertums. Handelt es sich nun um tatsächliche Begebenheiten, etwa dass jene Gebiete, welche bereits im Periplus des Hanno genannt werden, durch neuere Expeditionen besser bekannt wurden, oder gehen alle späteren Nachrichten über diese Aethiopes allesamt auf den Bericht des Hanno zurück ? Der griechische Geograph Strabo (um 63 v. – nach 19 n. Chr.) erwähnt in seiner Erdbeschreibung um die Zeitenwende die Hesperischen Aethiopes an verschiedenen Stellen. Zunächst stützt er sich auf den Bericht eines gewissen Iphikrates, welcher in seinem Geschichtswerk über diese Aethiopes schrieb. Es scheint heute als sicher, dass es sich um einen Abschreibefehler in den Handschriften handelt, so dass nicht ein Iphikrates, sondern eher der Geschichtsschreiber Hypsikrates von Amisos/Pontos (1. Jh. v. Chr.) gemeint sein dürfte. Dieser Hypsikrates setzte das Land der Hesperischen Aethiopes im Süden von Mauretanien an und fügte hinzu, dass dieses Land spärlich besiedelt sei. Im Lande der Hesperischen Aethiopes sollen Giraffen, Elefanten, Nashörner und Riesenschlangen leben. Bemerkenswert ist zudem noch der Hinweis, dass König Bogud von Mauretanien (um 49 – 38 v. Chr.) einen Feldzug gegen diese Aethiopes geführt haben soll. Dabei soll er seiner Frau besonderes Schilfrohr und außerordentlich große Spargelstengel gebracht haben.9 An anderer Stelle meint Strabo, dass die aethiopischen Pharusier und Nigriten südlich von Mauretanien und südlich der Hesperischen Aethiopes leben.10 Schließlich behauptet der Geograph, indem er als Quelle des Geographen Artemidoros von Ephesos (um 100 v. Chr.) heranzieht, dass die Luft im Lande dieser Aethiopes während der Morgenstunden sowie am Abend dick und neblig sei. Auch sollen diese Aethiopes südlich der Stadt Lixos (auch eine Gründung Hannos) in Mauretanien zu finden sein.11 _______________________ 7) Peripl. Hann. § 14; vgl. Huß (1994), S. 42. 8) Peripl. Hann. § 16-17; vgl. Huß (1994), S. 43. 9) Hypsikrates bei Strabo 17, 3, 5. 10) Strabo 17, 3, 7. 11) Artemidoros bei Strabo 17, 3, 8.
3 Nach Strabo also lebten die Hesperischen Aethiopes im Süden Mauretaniens, so dass König Bogud einen Feldzug gegen diese führen konnte. Ist die Nachricht des Hypsikrates denn verlässlich ? Tatsächlich kamen die von ihm aufgezählten Tierarten in Mauretanien vor. Das Nashorn jedoch ist zu dieser Zeit jedoch erst wieder südlich der Sahara zu finden. Außerdem setzt Strabo die Aethiopes am Ozean zehn Tagesreisen von den Garamanten entfernt an die Küste Westafrikas.12 Dazu bemerkt der alexandrinische Geograph Ptolemaios (um 100 – 170 n. Chr.), dass die Garamanten bis in ein Land namens Agisymba vorstießen, welches sehr weit von der Hauptstadt der Garmamanten, Garama, im Landesinnern lag. Dort paarten sich die Nashörner.13 Die Hesperischen Aethiopes grenzten an das sogenannte Unbekannte Land, das sich südlich und östlich des Landes Agisymba erstreckte.14 Dieses Gebiet aber befand sich von den Garamanten nicht zehn Tage, sondern vier Monate entfernt. Strabo könnte vielleicht von diesem Land, das allerdings erst gegen Ende des 1. Jh. n. Chr. Genauer erschlossen wurde, bereits eine dunkle Kunde gehabt haben, wobei die tatsächlichen Entfernungen erheblich unterschätzt worden sind. Es scheint fast so, als hätte man an zwei verschiedenen Orten die Hesperischen Aethiopes lokalisiert. Im südlichen Mauretanien sollen sie demnach gelebt haben, aber andererseits gab es sie auch an den Küstengebieten sowie auch im Landesinnern Westafrikas südlich der Sahara, da ja ausdrücklich das Nashorn genannt wird, das, wie ja Ptolemaios ausdrücklich betont, im Lande Agisymba zu finden sei. Bei den mauretanischen Hesperischen Aethiopes könnte es sich um gätulische Stämme (ein libysches Volk) mit einem starken negroiden Einschlag gehandelt haben. Dies geht daraus hervor, da es bei Hypsikrates/Strabo heißt, bei dem Feldzug des Bogud seien sehr große Spargelstämme und besonderes Schilfrohr erbeutet worden. Der belesene Kompilator alter Schriften, Athenaios von Naukratis (um 200 n. Chr.) sagt, dass in Gaetulien besonders großer Spargel wachse.15 Zum Schilfrohr lässt sich sagen, dass nach Plinius d. Ä. in seiner Naturgeschichte meint16, den Römern sei das ganze gaetulische Gebiet bis zum Flusse Nigris, welcher das römische Afrika von Aethiopia trennte, untertan. An diesem Flusse Nigris (Oued Igharghar in Algerien) wuchs tatsächlich Schilf und Papyrus.17 Wurden vielleicht negroide Gaetulerstämme in Mauretanien bekriegt, die zu dieser Zeit (1. Jh. v. Chr.) noch Hesperische Aethiopen hießen, während Ptolemaios diese zu seiner Zeit Melanogaetuler (“Schwarze Gaetuler”) nannte ?18 _______________________ 12) Strabo 17, 3, 19. 13) Ptol. 1, 8, 4 Nobbe. 14) Ptol. 4, 8, 3; 5 Nobbe; vgl. Auch Anonymi Geograph. Compendiaria § 18 (GGM Bd. 2, S. 498). 15) Athen. 2. 62 e. 16) Plin. n. h. 5. 30. 17) Plin. n. h. 5. 44. Dieser Bericht beruht auf Pomponius Mela (3. 96), bei welchem dieser Fluss Nuchul heißt. 18) Ptol. 4, 6, 16 Nobbe.
4 Plinius19 setzt die Hesperischen Aethiopes ebenfalls in die Nähe Mauretaniens. Vermutlich verstand man unter dem (außerrömischen) Gebiet von Mauretanien ein Hesperisches Aethiopia, wo schwarzafrikanische Stämme lebten. Derselbe Autor nennt allerdings das „Hesperu Keras“ (Horn des Westens) wiederum an der Stelle, an der bereits Hanno jene Bucht kennen gelernt hatte, die vom griechischen Übersetzer seines Berichtes so genannt wurde20. Man hat es in der Tat mit einer sehr konfusen und komplizierten Geographie zu tun.21 Bezieht sich dieses Horn des Westens auf die Hesperischen Aethiopes als dessen Anwohner oder hat man sich unter diesen Aethiopes nichts weiter als schwarzafrikanische Völkerschaften südlich des (römischen) Mauretanien zu verstehen ? Im 4. Jh. v. Chr. heißt es im Periplus des sogenannten Pseudo-Skylax, dass die Hesperischen Aethiopes am Flusse Lixos in Mauretanien leben, und dass sie als Nachbarn der Insel Kerne, die als Warenumschlagplatz der Karthager eine wichtige Stelle einnahm, galten.22 Dass Plinius23 das sagenhafte Tier Katoblepas (das Gnu) im Lande der Hesperischen Aethiopes als heimisch bezeichnet, muss nicht unbedingt bedeuten, dass diese Aethiopes bei ihm südlich der Sahara lebten, denn nach dem Zoologen Alexandros von Myndos (1. Jh. n. Chr.) lag das Verbreitungsgebiet dieses Tieres sogar in Numidien.24 Der alexandrinische Geograph Ptolemaios25 setzt das Land Agisymba als südlichstes bekanntes Land Innerafrikas an. Bei diesem Land zieht er eine Linie. Der westlichste Punkt bei ihm bildet eine Bucht im Atlantischen Ozean, die er die „Hesperische“ oder Große Bucht nennt. Wie bereits erwähnt dürfte das Land Agisymba nach dem Stand der heutigen Forschung am Tschad-See oder bei Agadès/Niger gelegen haben.26 Folgt man von diesem Punkt auf einer heutigen Karte der Linie nach Westen, so gelangt man etwa in die Gegend des heutigen Senegal, also erheblich weiter südlich der Sahara. In dieser großen Bucht lag bei Ptolemaios sogar das erwähnte Vorgebirge Hesperu Keras. Es zeigt sich, dass Ptolemaios die Entfernungen ganz und gar unterschätzt hatte. Seine Linie westlich von Agisymba führt zwar bis zum Senegal, aber die „Hesperische Bucht“ ist bei ihm genau wie bei Hanno mit dem Golf von Benin identisch, zumal er an anderer Stelle den Kamerunberg (Theon Ochema) südlich der Hesperischen Bucht nennt.27 __________________________ 19) Plin. n. h. 6. 195. 20) Plin. n. h. 6. 197; 199. Plinius hat den Hanno-Bericht jedoch nicht benutzt, sondern sein Bericht über die Hesperischen Aethiopes geht auf den römischen Geographen Pomponius Mela (um 43 n. Chr.) zurück, der Hanno an mehreren Stellen zitiert. Die Beschreibung Westafrikas, die Hesperischen Aethiopes eingeschlossen, umfaßt die Kapitel 90; 93-99. Der Bericht über die Hesperischen Aethiopes scheint jedoch eingeschoben zu sein und auf einer jüngeren Quelle (Alexandros von Myndos, Statius Sebosus ?) zu beruhen. 21) Vgl. Fischer s. v. „Hesperium promunturium“, in: RE 1, 8 (1913), Sp. 1248. 22) Pseudo-Skylax peripl. § 112 (GGM Bd. 2, S. 93). 23) Plin. n. h. 8. 77. Diese Quelle geht auf Mela (3. 98) zurück. 24) Alexandros von Myndos bei Athen. 5. 221 d-e. 25) Ptol. 4, 6, 3 Nobbe. 26) Vgl. Huß (1996), Sp. 260; Hennig (1944), S. 417; Ayoub (1968), S. 201. 27) Ptol. 4, 6, 9 Nobbe; vgl. Fischer (1913), Sp. 1249.
5 Bei Ptolemaios kehren genau dieselben geographischen Verhältnisse wie beim Periplus des Hanno wieder, nur mit einem Unterschied: Der Alexandriner weiß in der „Hesperischen Bucht“ mehrere Flussmündungen, Vorgebirge, dazu einen Handelshafen Periosos zu nennen, die bei Hanno und bei keinem anderen antiken Autor sonst erscheinen. Offenbar sind antike Seefahrer während des 2. Jh. n. Chr. erheblich weiter als Kerne gelangt. Dass ein Hafen Perisosos genannt wird, beweist sogar, dass er noch zu Lebzeiten des Ptolemaios angelaufen wurde. Wer aber könnten diese Seefahrer gewesen sein ? Die karthagischen Handelskolonien in Westafrika waren bereits im 3. Jh. v. Chr. von eingeborenen Stämmen, den aethiopischen Pharusiern und Nigriten, zerstört worden (Strabo 17, 3, 3). Der griechische Historiker Polybios unternahm nach der Zerstörung Karthagos (146 v. Chr.) eine von den Römern finanzierte Forschungsfahrt bis zum Senegal, doch fand er keine Überreste der karthagischen Handelskolonien mehr vor.28 Aus einer Notiz bei Plinius29 geht hervor, dass die Seefahrer der Stadt Gades an der spanischen Atlantikküste während des 1. Jh. v. Chr. die Gewässer südlich von Mauretanien befuhren. Vielleicht haben sie die Insel Kerne wieder zu einem Warenumschlagplatz gemacht und so das Erbe der Karthager in Westafrika angetreten. Gegen Ende des 1. oder zu Beginn des 2. Jh. n. Chr. scheinen sie immerhin die Küsten Westafrikas südlich der Sahara aufgesucht zu haben, so daß sie den Golf von Benin, die “Hesperische Bucht” erreichten und neben dem Einhandeln der Waren auch neuere geographische Ergebnisse erbringen konnten, die schließlich dem Ptolemaios vorlagen. Bis auf diese wenigen neuen Namen beruhte die sonstige Kenntnis der Küsten Westafrikas südlich von Kerne in der antiken Literatur auf dem Periplus des Karthagern Hanno. Genauere Identifizierungen der Hesperischen Aethiopes sind sehr schwierig. In Mauretanien kann es sich um dunkelhäutige Gaetulerstämme gehandelt haben; darüber hinaus kämen vielleicht auch Völker der Fulbe, der Bantu oder Pygmäen in Betracht. Die Handelskontakte zwischen den Karthagern und den Hesperischen Aethiopes bei der Insel Kerne, wie sie Pseudo-Skylax in seinem Periplus (§ 112) schildert, bieten eine wertvolle Ergänzung zum Bericht des Hanno. Die Karthager handelten bei den Eingeborenen griechische Keramik, ägyptische (Fayence ?)Steine und Salböl gegen verschiedenartige Felle und Elfenbein, möglicherweise auch gegen wertvolle Metalle ein. Denn Felle und Elfenbein erhielten Karthager auch in ihrem Hinterland. Nach dem typischen antiken Nomadentopos ernährten sich diese Aethiopes von Fleisch und Milch; ihnen war auch der Weinbau bekannt. Sie sollen sehr groß gewesen sein, bärtig, langhaarig und von sehr schönem Aussehen. Ungewiss ist, ob es sich bei der physischen Beschreibung der Hesperischen Aethiopes um einen literarischen Einschub des Pseudo-Skylax und nicht so sehr um eine natürliche Beschreibung handelt, da andere Quellen den Aethiopes im Osten (Nubien und das heutige Äthiopien) dasselbe Aussehen zuschreiben. Die Hesperischen Aethiopes bei der Insel Kerne konnten auf eine höhere Kulturstufe herabblicken. Sie benutzten elfenbeinerne Trinkschalen sowie elfenbeinernen Schmuck. Ein König war ihr Herrscher, der über eine Armee aus Reitern, Speerwerfern und Bogenschützen verfügte. Ihr Handelsemporium sei eine große Stadt (po/lij mega/lh) gewesen. In späterer Zeit (nach der Zerstörung Karthagos ?) erfolgte der Niedergang der hohen Kultur der Hesperischen Aethiopes bei der Insel Kerne. Die Menschen fielen auf eine primitive Kulturstufe zurück und führten seitdem ein armseliges Nomadendasein, wie es Pomponius Mela bezeugt.30 _______________________ 28) Polyb. 34, 15, 7 Hultsch = Agrippa F 25 Riese = Plin. n. h. 5. 9-10. Gades war eine phönikische Gründung. 29) Plin. n. h. 2. 168.
30) Mela 3. 96 („incultique sunt“).
6 Zusammenfassung Negroide Völkerschaften wurden von griechisch-römischen Autoren „Aethiopes“ genannt; diese Bezeichnung bezog sich nicht nur auf das Gebiet des heutigen Staates Äthiopien.Der Name „Hesperische Aethiopes“ bedeutet „die westlichen Aethiopen“. Die Karthager und die griechisch-römischen Autoren bis ins 1. Jh. n. Chr. verstanden unter den Hesperischen Aethiopen schwarzafrikanische Völkerschaften oder auch libysche Gaetulerstämme mit dunklerer Hautfarbe; diese dunklen Gaetuler benannte Ptolemaios, der Geograph aus Alexandria, schließlich „Schwarze Gaetuler“ (Melanogaetuli). Doch all diese Völkerschaften lebten in einem „Westlichen Aethiopia“, d. h. dem Mauretanien südlich der römischen Provinz, jedoch nicht weiter als bis zur karthagischen Insel Kerne in der Arguin-Bucht. Eine Notiz bei Strabo bildet lediglich eine Ausnahme; er könnte schwarzafrikanische Völkerschaften am Ozean südlich der Sahara gemeint haben, unterschätzte jedoch die eigentliche Entfernung von den libyschen Garamanten mit zehn Tagen gewaltig. Und dennoch rücken die Hesperischen Aethiopes, verglichen mit einer heutigen Landkarte, bei Ptolemaios sehr weit nach Süden. Man findet sie bei ihm südlich der Sahara. Etwa bis zur Zeitenwende reichte die antike Kenntnis Westafrikas nicht über die Insel Kerne hinaus. Sie war der einzige Ort an der westafrikanischen Küste, der von nicht-karthagischen Seefahrern angelaufen worden ist. Alle Nachrichten über die Hesperischen Aethiopes bis in das 1. Jh. n. Chr. hinein basieren größtenteils auf dem Periplus des Karthagers Hanno (um 500 v. Chr.). Eine Parallelquelle zu diesen Aethiopes bildet der Periplus des Pseudo-Skylax um 300 v. Chr. Vermutlich während des 2. Jh. n. Chr. wurden die Gebiete Westafrikas südlich von der Insel Kerne von gaditanischen Seefahrern besser erforscht, so dass der Lebensraum der Hesperischen Aethiopes bis in die Richtung des heutigen Senegal und noch weiter südlich versetzt wurde.
Summary Negroid peoples were called by Greek-Roman authors „Aethiopes“ and the name referred not only to the region of the modern state Ethiopia.The name „Hesperian Aethiopes“ means „the western Aethiopes“. Carthaginians and Greek-Roman authors up to the first century AD understood by “Hesperian Aethiopes” Black African peoples and also Libyan tribes of the Gaetuli with darker skin colour (Melanogaetuli). These dark Gaetuli finally were named by Ptolemy, the Alexandrinian geographer, “Black Gaetuli” (Melanogaetuli). But all these peoples lived in a “Western Aethiopia”, that means the region of Mauritania in the south of the Roman province, but not further as up to the Carthaginian island Cerne (the bay of Arguin). There is only a note of the geographer Strabo as exception; he could have ment Black African peoples at the Ocean southern of the Sahara, but he underestimated totally the complete distance of the Libyan Garamantes with ten days of voyage. Ptolemy indeed located these Aethiopes also southern of the Sahara. At the beginning of the Christian chronology there was no ancient knowledge beyond the island of Cerne; it was the only place which was visited by non-Carthaginian traders. All knowledge about the Hesperian Aethiopes up to the first century AD bases for the most part on the Periplus of the Carthaginian Hanno (about 500 BC). A parallel source to these Aethiopes is the Periplus of Pseudo-Scylax about 300 BC. Probably during the second century AD the regions of West Africa southern of the island of Cerne were better explorated by navigators of Gades in Spain; so the region of the Hesperian Aethiopes was located up to the river Senegal and still further southern of it.
7 Literatur: Ayoub (1968): Ayoub, M. S.: The Rise of Germa: 100-450 AD, in: F. F. Gadallah (Hrsg.): Libya in History. Proceedings held at the Faculty of Arts, University of Libya, 16. – 23. March 1968, Benghazi 1968, S. 194-204. Dihle (1965): Dihle, Albrecht: Umstrittene Daten. Untersuchungen zum Auftreten der Griechen am Roten Meer, Köln & Opladen 1965, S. 9-35. Fischer (1913): Fischer s. v. „Hesperium promunturium“, in: RE 1, 8 (1913), Sp. 1248. Hennig (1944): Hennig, Richard: Terrae Incognitae Bd. 1, Leiden 21944. Huß (1996): Huß, Werner s. v. „Agisymba“, in: Der Neue Pauly: Enzyklopädie der Antike Bd. 1 (1996), Sp. 260. Huß (1994): Huß, Werner: Die Karthager, München 21994. Snowden (1997): Snowden, Frank M.: Greeks and Ethiopians, in: John E. Coleman / Clark A. Walz: Greeks and barbarians: Essays on the interactions between Greeks and non-Greeks in antiquity and the consequences for Eurocentrism, Bethesda, Md. 1997, S. 103-126. Vanhaegendoren (1998): Vanhaegendoren, Koen: Das afrikanische Volk der Ataranten. Zur ethnographischen Tradition der Antike, Hamburg 1998. Werner (1993): Werner, Robert: Zum Afrikabild der Antike, in: Karlheinz Dietz / Dieter Hennig / Hans Kaletsch (Hrsg.): Klassisches Altertum, Spätantike und frühes Christentum. Adolf Lippold zum 65. Geburtstag gewidmet, Würzburg 1993, S. 1-36.