Die frühmittelalterliche Burg \" Greuth \" in der Schwarzachaue bei Greding-Obermässing, Lkr. Roth

June 3, 2017 | Author: Volker Herrmann | Category: Archaeology, Ottonian germany, Archäologie, Burgenforschung, Frühmittelalter, Historische Geografie, Karolingerzeit, Landesausbau, Historische Geografie, Karolingerzeit, Landesausbau
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Die frühmittelalterliche Burg „Greuth“ in der Schwarzachaue bei Greding-Obermässing, Lkr. Roth Volker Herrmann

Vor einigen Jahren wurde in der Schwarzachaue bei Greding-Obermässing ein bedeutendes Bodendenkmal des frühen Mittelalters entdeckt und in den Jahren 2002 und 2003 durch eine Probegrabung und Luftbilder der Fachwelt erschlossen. Es handelt sich um eine großflächige Burganlage von deutlich über 1 ha Fläche, die im Obermässinger Volksmund als „Schloß Greuth/Greith“ bekannt ist. Sie wird von einem nur noch schwach erkennbaren, halbkreisförmigen Wall umgeben. Die im Wall verborgenen Reste einer mächtigen frühmittelalterlichen Ringmauer aus Mörtelmauerwerk wurden bei der Grabung in der Südwestecke der Anlage auf mehrere Meter Länge freigelegt und dokumentiert. Zufällig wurde im Schnitt eine aufwendige Toranlage, möglicherweise das Haupttor der Burg, erfaßt. Der zangenförmige Zugang weist an der Innenseite ein Kammertor auf, das über zwei Schenkelmauern mit der Ringmauer verbunden ist. Die Art der Mauertechnik und die Form der Torbefestigung stellen die Burganlage in eine Reihe mit bekannten karolingischen und ottonischen Burgen, Königshöfen und -pfalzen.

Lage, Topographie und Struktur der Burganlage Die Burg liegt im fruchtbaren Albvorland des fränkischen Schichtstufenlandes, wenige Kilometer nördlich vom Gredinger Ortsteil Obermässing. Sie befindet sich in der Niederung der Schwarzachaue, wenige 100 m südöstlich des Weilers HilpoltsteinHolzi, auf einer absoluten Höhe von knapp 400 m ü. NN. Bereits im 14. Jahrhundert taucht die Tallandschaft in den Schriftquellen als „Seglau“ auf. Auch noch auf der sogenannten Vogel`schen Karte des Hilpoltsteiner Pflegamtes von 1604 wird dieser

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Abschnitt der Auenlandschaft an der Schwarzach so bezeichnet1. Das Tal wird an dieser Stelle im Westen und Osten von den Ausläufern des fränkischen Juras mit dem Hofberg bei Obermässing gerahmt und öffnet sich nach Norden der Landschaft des Albvorlandes. Heute grenzt die Schwarzach im Osten an die Burganlage. Bei Hochwasser tritt diese häufig über die Ufer und überschwemmt das Burgareal (Abb. 1). Ihr heutiges Hauptbett hat die Schwarzach allerdings erst durch Regulierungsmaßnahmen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhalten. Diese wurden in den letzten Jahrzehnten teilweise wieder rückgängig gemacht. Wie die alten Flurkarten zeigen, floß der Fluß ehemals weiter östlich an der Burg vorbei (Abb. 2). Die alten Flurgrenzen belegen aber, daß das neue Flußbett im Bereich eines alten Seitenarms der Schwarzach angelegt worden sein muß. Dieser schloß vermutlich bereits im frühen Mittelalter an die Burganlage an. Heute gehört der größte Teil des Burgareals zur mittelfränkischen Gemeinde Greding. Die Hauptfläche wird als Ackerland genutzt, nur der nördlichste Abschnitt reicht in ein benachbartes Wiesengelände hinein (Abb. 1). Östlich des heutigen Schwarzachlaufs grenzt das Gemeindegebiet von Freystadt in der Oberpfalz an. Beim Verlegen der Schwarzach um 1927 soll nach Auskunft des Grundeigentümers, Johann Heindl aus Obermässing, der Befestigungsring der Burg bereits angeschnitten worden sein. Die Burg erstreckt sich also offensichtlich ein Stück weit auch auf heutigem Oberpfälzer Gebiet. Darauf deuten auch die auf den alten Flurkarten eingetragen Grundstücksgrenzen hin (Abb. 2). Möglicherweise war der befestigten Siedlung auf dieser Seite noch eine offene Vorburgsiedlung vorgelagert. Eine zackenförmige Signatur auf der Flurkarte dürfte etwa den Verlauf des

Vgl. E. Wurdak, Die Wasserburg bei Holzi. Versuch einer geschichtlichen Einordnung. Heimatkundliche Streifzüge (Schriftenr. Lkr. Roth) 21, 2002, 33.

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Abb. 1. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Die Schwarzachaue während der Grabungsarbeiten im Spätsommer 2002. Die frühmittelalterliche Burganlage zeichnet sich in der überschwemmten Flußaue durch ihre dunkel gefärbte Innenfläche deutlich ab, Blick nach Süden (Luftbild: J. Mang, Weißenburg).

bis zur Flurbereinigung in den 1970er Jahren noch deutlich sichtbaren Befestigungswalles wiedergeben. Da mitten durch das Burgareal der Kartenschnitt verläuft, ist dem Zeichner offensichtlich bei der Fortsetzung der Signatur nach Südosten ein Fehler unterlaufen. Dennoch deuten die alten Grundstücksgrenzen und Signaturen am ehesten auf eine halbkreisförmige Anlage hin, die sich offensichtlich an den alten Schwarzacharm anlehnt. Der Verlauf der ehemaligen Befestigungslinie ist auch deutlich auf den Luftbildern zu verfolgen (Abb. 1). Im Acker selbst ist die ehemalige Wehrmauer nur noch schwach zu erahnen. Die Mauer zeichnet sich hier als flache Bodenwelle ab, in deren Umfeld sich herausgeackerte Kalksteine und Mörtelbrocken konzentrieren. Die Innenfläche hebt sich indes durch ihre auffallend dunkel gefärbten Kulturschichten deutlich vom Umfeld ab. Ob und in welcher Form sich das Burgareal östlich des Seitenarms fortsetzte und ob die Anlage von einer geschlossenen Ringmauer halbkreisförmig umgeben war, entzieht sich letztlich zur Zeit noch unserer Kenntnis. Für eine an den Wasserlauf ange-

lehnte, halbkreisförmige Burg mit einem befestigten Uferstreifen spricht der deutliche Bezug der Niederungsburg auf die Schwarzach als Transportweg. In diesem Falle wäre von einer Burg mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 120 m und einer West-Ost-Ausdehnung in etwa derselben Größenordnung auszugehen. Dies entspricht einer Fläche von über 1 ha. Bei einer kreisförmigen Befestigung und einer möglichen Vorburgsiedlung östlich der Schwarzach wäre entsprechend von einer deutlich größeren Anlage auszugehen.

Verlauf der Ausgrabungen 2002 und 2003 Durch zahlreiche frühmittelalterliche Lesefunde der Sammlungen von Albert Hofbeck aus Hilpoltstein-Meckenhausen, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD), und ein zufälliges Gespräch mit dem Schwiegersohn des Grundeigentümers, Bernhard Kößler aus Obermässing, wurde der Verfasser im Jahr 2001 auf die frühmittelalterliche Burganlage

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Abb. 2. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Umgezeichneter Kartenausschnitt des historischen Flurplans. Der Plan gibt noch den ehemaligen Schwarzachlauf und die Flurgrenzen vor der Flurbereinigung wieder. Der Burgwall ist mit einer gezackten Liniensignatur gekennzeichnet. 2

aufmerksam . Eigene Feldbegehungen des Verfassers und einige Luftbilder von Josef Mang aus Weißenburg im Mai und Juni 2002 bestätigten die beträchtliche Ausdehnung und herausgehobene Bedeutung des bislang weitgehend unbekannten, frühmittelalterlichen Bodendenkmals. Über die überraschenden Ergebnisse informierte der Verfasser umgehend J. Heindl als Grundeigentümer und Martin Nadler M. A. als zuständigen Referenten beim BLfD, Dienststelle Nürnberg. Um das akut durch Überackerung bedrohte Bodendenkmal vor seiner endgültigen Zerstörung zu bewahren, verein-

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barte der Verfasser mit dem Eigentümer und M. Nadler, eine kleine Sondagegrabung im südwestlichen Eckbereich der Befestigung durchzuführen. Hierdurch sollten Datierung, Struktur und Erhaltungszustand der Ringbefestigung erkundet werden. Die insgesamt etwa zweiwöchige Sondierungsgrabung konnte in den Monaten September und Oktober 2002 in Angriff genommen werden. Zunächst wurde mit dem Bagger ein ca. 4 m breiter und 30 m langer Schnitt A1 rechtwinklig zur Ringmauer anlegt (Abb. 3; 4)3. Nachdem der Pflughorizont abgetragen war, wurden die Befunde weiter

Der ehemalige Kreisheimatpfleger des Landkreises Roth, Ernst Wurdak, hatte bereits am Ende der 1990er Jahre das BLfD auf das Bodendenkmal in der Schwarzachaue aufmerksam gemacht. Eine Zusammenfassung seiner Beobachtungen und Überlegungen zur Burg „Greuth“ hat er kürzlich publiziert. Wurdak (Anm. 1) 31–40. – Es unterblieben damals allerdings von Amts wegen weitere Maßnahmen. E. Wurdak beauftragte seinerseits A. Hofbeck und dessen Schwester, Paula Waffler, ebenfalls Meckenhausen, das Ackergelände nach Bodenfunden abzusuchen. Die Sondagearbeiten standen unter der Leitung des Verfassers, der die Arbeiten als wissenschaftlicher Leiter des städtischen Museums Schwarzes Roß in Hilpoltstein ausführte. Für die Freistellung des Verfassers für diese Grabungskampagne gebührt der Stadt Hilpoltstein besonderer Dank. Ausdrücklicher Dank gilt auch J. Heindl, der als Grundeigentümer die Arbeiten auf seinem Acker erst ermöglichte, diese mit größtem Interesse verfolgte und nach besten Kräften auch aktiv unterstützte. Ihm haben wir es zu verdanken, daß uns kostenlos ein Bauwagen und Bagger zur Verfügung standen. Danken will ich auch Michael Schmidtmeier, Obermässing, der für uns sämtliche Baggerarbeiten ehrenamtlich durchgeführt hat.

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Abb. 3. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Gesamtplan zu den Baubefunden der Grabungen im Bereich des Südwesttores der frühmittelalterlichen Burganlage in der Schwarzachaue in den Jahren 2002 und 2003 (Legende zu Gesamtplan: 1 Ringmauerfundament, nördlicher Abschnitt; 2a/2b Vorgängerbefestigung; 3 äußeres Mauerfundament der Toranlage; 4 Ausbruchsgrube der nördlichen Schenkelmauer; 5 nördliches Tor- oder Turmfundament; 5a Wandvorsprung zu nördlichem Tor- oder Turmfundament; 6 südliches Tor- oder Turmfundament; 7 südliches Schenkelmauerfundament; 8 Ringmauer, südlicher Abschnitt; 8a Vorgängerbefestigung; 9–25 Pfostengruben von frühmittelalterlicher Vorgängersiedlung; 26 Schwellmauer von Fachwerkbau; 27 Innenfläche, frühmittelalterliche Bau- und Siedlungshorizonte; 28 Tordurchfahrt mit Steinpflaster bzw. -rollierung; 29 befestigter Torzugang mit Steinpflaster bzw. -rollierung; 30 Innenfläche, frühmittelalterliche Bau- und Siedlungshorizonte; 31 Pfostengrube zu frühmittelalterlicher Ringmauer).

von Hand freigelegt und geputzt. Dabei zeigte sich, daß in der Sondage nicht nur die Ringmauer (Abb. 3,1), sondern auch zufällig die nördliche Hälfte einer zangenförmigen Toranlage mit rückwärtigem Torbau (Abb. 3,5) erfaßt worden war. Um weitere Aufschlüsse zur Struktur des Tores zu erhalten, wurde die Sondage mit dem Bagger in zwei kleinen

Bereichen nach Norden bzw. Süden erweitert (A1-Nord- bzw. A1-Süderweiterung). Im Norden wurde die Ringmauer auf einer Strecke von 6 m freigelegt. In der knapp 10 m langen Süderweiterung wurde die Südhälfte des Tores (Abb. 3,6) in seinem östlichsten Abschnitt erfaßt. Nach der Dokumentation der Befunde in Fläche 1 wurden Teilbereiche

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Abb. 4. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Blick von Westen auf die Mauerfundamente des Südwesttores nach dem Ende der Grabungsarbeiten im November 2002.

von Hand weiter bis auf Höhe des vorgeschichtlichen Siedlungshorizonts abgetieft4. Dabei wurden einige Pfostengruben (Abb. 3,12–16) erfaßt, die weiter in die Tiefe untersucht und dokumentiert wurden. Abschließend erfolgte die Dokumentation des Nordprofils in Sondageschnitt A1. Um die Toranlage vollständig zu erfassen, wurde mit J. Heindl und M. Nadler vereinbart, die Grabung im folgenden Jahr im Rahmen einer Lehrgrabung des Masterstudiengangs Denkmalpflege an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg fortzuführen 5.

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Vor Beginn der Lehrgrabung wurde in Schnitt A2, einer ca. 18 m x 10 m, also 180 qm großen, im Süden an Schnitt A1 grenzenden Fläche, mit einem Bagger der Pflughorizont abgetragen6. Die Studentinnen der Lehrgrabung legten daraufhin die Befunde von Fläche 1, vor allem Mauerbefunde (Abb. 3,6-8), Steinpflaster und -rollierungen (Abb. 3,28.29) sowie die erhaltenen Oberkanten der frühmittelalterlichen Schichten (Abb. 3,27) frei und dokumentierten diese (Abb. 5). Danach wurde der Schnitt südlich und östlich der Mauern sowie in einem schmalen

Bei der Grabung wurde darauf verzichtet, die vorgeschichtlichen Siedlungsschichten freizulegen und näher zu untersuchen, da sie durch die Überackerung noch weitgehend nicht gefährdet sind. Für die Beteiligung der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, im Rahmen einer Lehrveranstaltung für den Masterstudiengang Denkmalpflege, gebührt Prof. Dr. Ingolf Ericsson besonderer Dank. An der zweiwöchigen Lehrgrabung waren die Masterstudierenden Sandra Ahrensfeld, Imke Beutmann, Sandra Engelbrecht, Katja Huber, Bettina Krug, Carolin-Sophie Prinzhorn und Silvia Walk beteiligt. Ihnen danke ich an dieser Stelle ganz herzlich für ihre tatkräftige Unterstützung der Grabungs- und Dokumentationsarbeiten. Die Lehrgrabung wurde vom Verfasser als Lehrbeauftragter der Otto-Friedrich-Universität Bamberg betreut. Sämtliche Baggerarbeiten wurden auch im Jahr 2003 von Michael Schmidtmeier unentgeldlich und mit größter Umsicht erledigt. Hierfür will ich ihm ganz herzlich danken. J. Heindl stellte in bewährter Form die Infrastruktur der Grabung sicher und unterstützte uns bei den Erdarbeiten. Auch dafür gebührt ihm große Anerkennung. Für die finanzielle Unterstützung zur Ausrichtung unseres Grabungsfestes möchte ich mich auch im Namen der Studentinnen ganz herzlich bei Günter Franz, Obermässing, dem ersten Bürgermeister der Stadt Greding, Josef Lerzer, und dem ersten Bürgermeister der Stadt Hilpoltstein, Helmut Neuweg, bedanken.

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Abb. 5. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Luftbild zum Südwesttor der frühmittelalterlichen Burganlage in der Schwarzachaue während der Grabungsarbeiten im Juli 2003 (Luftbild: Mang/Weißenburg).

Streifen auch westlich und nördlich der Mauern bis auf die Oberkante des vorgeschichtlichen Horizonts von Hand abgetieft. Auch diese Fläche 2 wurde dokumentiert. Ausgehend von diesem Horizont wurden im Bereich der sich in der Fläche abzeichnenden Grubenbefunde (Abb. 3,17-25) Handsondagen angelegt und die Befunde dokumentiert. Anschließend an die Außenseite des südlichen Ringmauerabschnitts (Abb. 3,8) wurde ein ca. 25 m langer und 4 m breiter Baggerschnitt (Baggerschnitt West) angelegt. In diesem sollte geklärt werden, ob es weitere frühmittelalterliche Befestigungen oder Gräben im südwestlichen Vorfeld der Ringmauer gibt. Da keine auffälligen anthropogenen oder natürlichen Eintiefungen, noch Baureste von Befestigungsanlagen festgestellt werden konnten, wurde lediglich das Südprofil des Baggerschnitts dokumentiert. Das Profil wurde noch um einige Meter über die Ringmauer hinweg nach Osten verlängert. Von den Innenansichten des Ringmauerfundaments (Abb. 3,8) sowie der Schenkelmauer- und der Torbaufundamente (Abb. 3,6.7) wurden Profilansichten angefertigt.

In Schnitt A1 und in der Norderweiterung des vorangegangenen Jahres wurden noch einige Arbeiten zum Abschluß gebracht. So wurde an der Außenund Innenseite der Boden ausgehend von Fläche 1 weiter abgetieft. An der Außenseite konnte eine zweite Fläche, vermutlich mit den Resten einer Vorgängerbefestigung (Abb. 3,2a.2b), freigelegt werden. An der Innenseite mußten zwei neue Niveaus dokumentiert werden. In Fläche 2 zeichnete sich eine Steinkonzentration ab, die von einer Herdstelle stammen könnte. In Fläche 3 wurden drei Pfostengruben (Abb. 3,9-11), die wohl ebenfalls von einer Vorgängerbefestigung stammen, angeschnitten. Sie wurden weiter bis zu ihrer Unterkante untersucht und dokumentiert. Die Innenansicht der Ringmauer (Abb. 3,1) und die Ansicht der möglichen Vorgängerbefestigung (Abb. 3,2a.2b) wurden in zwei Profilen festgehalten. Abschließend erfolgte die zeichnerische Darstellung der nördlichen Maueransichten des nördlichen Torbaufundaments (Abb. 3,5) und des äußeren Mauerfundaments der Toranlage (Abb. 3,3) in zwei Profilen.

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Abb. 6. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Blick von Süden auf die Fundamente des Kammertores mit der gepflasterten Durchfahrt; im Hintergrund der nördliche Ringmauerabschnitt während der Grabungen im Juli 2003.

Ergebnisse der Ausgrabungen 2002 und 2003 Baubefunde der Befestigung und der Toranlage In der Norderweiterung von Schnitt A1 wurde der nördliche Abschnitt des Ringmauerfundaments auf einer Länge von ca. 6 m erfaßt (Abb. 3,1; 6). Vom Mauerwerk waren nur noch die untersten ein bis drei Steinlagen erhalten. Stellenweise war die Mauer bereits vollständig ausgebrochen. Das zweischalig gesetzte Mauerwerk besitzt eine Breite von 1,4 m bis 1,5 m. Größere, grob zugearbeitete, meist plattige Kalksteine bilden die beiden Schalen. Das Füllmauerwerk besteht aus kleineren, sehr unregelmäßig gebrochenen Kalksteinbrocken. Vom aufgehenden Mauerwerk, das wahrscheinlich aus wesentlich sauberer gearbeiteten Kalksteinen oder gar Werksteinen bestand, ist in den beiden Grabungsabschnitten nichts mehr erhalten. Dieses Steinmaterial wurde wahrscheinlich nach dem Ende der Befesti-

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gung vollständig abgetragen und für den Bau von Gebäuden in den umliegenden Siedlungen verwendet7. Die Jurakalksteine waren besonders wertvoll, da sie mühsam von den Jurahöhen wie dem Hofberg herangeschafft werden mußten. Die unterste Steinlage ist wenige Zentimeter in die Siedlungshorizonte einer frühmittelalterlichen Vorgängersiedlung, stellenweise auch in Schichten der vor- und frühgeschichtlichen Besiedlung eingetieft. Bereits die zweite Steinlage der beiden Schalen ist hingegen in gelbem Kalkmörtel mit hohem Sandanteil versetzt. Das Füllmauerwerk ist mit großen Mengen an Kalkmörtel ausgegossen. Das südliche Ende der Ringmauer ist weitgehend ausgebrochen. Nur noch eine Außenschale und die Ausbruchsgrube (Abb. 3,4) lassen den ehemaligen Mauerverlauf erahnen. Das Mauerwerk endete hier stumpf auf Höhe des nördlichen Torbaufundaments (Abb. 3,5) und des äußeren Mauerfundaments der Toranlage (Abb.

Nach mündlicher Überlieferung der Obermässinger Ortsbevölkerung soll u. a. die Kirche der Nachbarortschaft HilpoltsteinHäusern aus diesen Steinen gebaut worden sein (freundlicher Hinweis von J. Heindl).

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3,3). Da das Fundament Bef. 3 in das Mauerwerk der Ringmauer einbindet, ist vom gleichzeitigen Bau beider Mauern auszugehen. Gleiches trifft wahrscheinlich auch auf die ausgebrochene Schenkelmauer zwischen Ringmauer und Torbaufundament zu. Der 4 m lange Mauerschenkel Bef. 3, der mit einem Winkel von über 900 auf die Ringmauer trifft, ist noch zwei bis drei Steinlagen hoch erhalten gewesen. Überwiegend scharfkantig gebrochene Kalksteinplatten und -brocken sind in der untersten Steinlage in sterilem Sand versetzt. Über der zweiten Steinlage ist das Mauerwerk mit stark sandhaltigem, gelbem Kalkmörtel ausgegossen. Eine Zweischaligkeit ist hier nicht zu belegen, wenngleich alle Außenkanten sauber gesetzt sind. Im Profil ist zu erkennen, daß die Fundamentierung des Mauerzugs wohl wegen des sandigen Bodens problematisch war und deshalb vor allem am westlichen Ende einzelne Punkte mit Kalksteinen tiefer fundamentiert werden mußten. An der Außenseite der Befestigungsmauer ist eine weitere, stellenweise noch mehrlagige Steinschale erhalten (Abb. 3,2a.2b). Es dürfte sich um die Reste einer frühmittelalterlichen Vorgängerbefestigung handeln (Abb. 8). Während der nördliche Abschnitt Bef. 2b ohne Mörtel gesetzt ist, weist der südliche Abschnitt Bef. 2a Kalkmörtelmauerwerk auf. Beide Mauerabschnitte binden in ihrer untersten Steinlage deutlich in das Mauerwerk der Ringmauer ein. Stellenweise scheint das Fundament des Vorgängers gar als Teil der Fundamentierung der neuen Befestigungsmauer verwendet worden zu sein. Ob die erhaltenen Mauerreste des Vorgängers zum Fundament einer Steinmauer oder aber zur Schwellkonstruktion einer Holz-Erde-Befestigung gehören, ist anhand der vorliegenden Befunde nicht zu entscheiden. An der Innenseite der Ringmauer wurden drei Pfostengruben (Abb. 3,9–11) angeschnitten, die eindeutig vor dem Bau der Ringmauer angelegt wurden und damit zu einer älteren frühmittelalterlichen Siedlung gehören müssen. Die Lage der Gruben läßt daran denken, daß in ihnen ehemals Pfosten standen, die ebenfalls Teil einer älteren Umwehrung waren. Der südliche Abschnitt des Ringmauerfundaments wurde in Schnitt A2 auf einer Länge von ca. 4 m freigelegt (Abb. 3,8). Auch hier sind nur noch die untersten Steinlagen erhalten, stellenweise fehlt das Mauerwerk bereits vollständig. Das Fundament besitzt wiederum eine Breite von etwa 1,5 m und ist als zweischaliges Mörtelmauerwerk gefügt. Die Westseite des nördlichen Fundamentendes (Abb.

3,8a) weicht in seiner Ausrichtung deutlich vom übrigen Verlauf des Mauerwerks ab. Auch sonst hebt sich dieser Bereich durch seine unregelmäßige Mauerstruktur deutlich ab. Dies dürfte auch hier auf die Weiterverwendung von Mauerresten einer Vorgängerbefestigung hindeuten. Ob auch die beiden Pfostengruben an der Innenseite der Ringmauer (Abb. 3,22.24) mit einer älteren Befestigung in Zusammenhang stehen, ist nicht zu klären. Kaum zu bezweifeln ist hingegen, daß solch eine Vorgängerbefestigung tatsächlich bestanden hat. Ihre Struktur und der Bautyp bleiben aber unbekannt. So könnte es sich um die gemauerte Vorderfront eines breiteren Walles aus Erde und Holz handeln. Aber auch eine bereits freistehende Wehrmauer mit dahinterliegendem hölzernen Wehrgang ist denkbar. Die südliche Ringmauer ist gegenüber dem nördlichen Mauerabschnitt um etwa eine Mauerbreite nach Westen versetzt. Dies mag der Grund dafür sein, daß im Bereich des Tores an der Außenseite der nördlichen Ringmauer der kurze Mauerschenkel Bef. 3 angefügt worden ist. Warum dieser allerdings nicht im 900-Winkel, sondern mit deutlich größerem Winkel auf die Ringmauer trifft, ist nicht bekannt. Möglicherweise sollte durch diese Maßnahme die Toreinfahrt etwas verengt werden. Außerdem läßt die Ausrichtung der Mauer darauf schließen, daß die Zufahrt von Südwesten her, wahrscheinlich entlang der südlichen Ringmauer erfolgte. In den Schnitten A1 und A2 wurden die Fundamentreste eines quadratischen Kammertores oder Turmes mit Tordurchfahrt freigelegt (Abb. 3,5.6; 6; 7). An den Außenseiten besitzt dieser Bau eine Größe von etwa 7 m x 7 m. Seine ebenfalls quadratische Innenfläche beträgt etwa 25 m2. Beide Fundamente waren ehemals durch Schenkelmauern mit den Ringmauerenden verbunden. Während die südliche Schenkelmauer (Abb. 3,7) noch erhalten ist, war die nördliche bereits vollständig ausgerissen. Hier ist der ehemalige Verlauf der Schenkelmauer und des westlichen Torendes nur noch anhand der Ausbruchsgrube zu verfolgen (Abb. 3,4). Das Mauerwerk der erhaltenen südlichen Schenkelmauer ist deutlich mit den Fundamenten von Ringmauer und Turm verzahnt, so daß an der Gleichzeitigkeit der drei Mauern nicht gezweifelt werden kann. Eine deutliche Baunaht ist nirgends zu erkennen. Gleiches ist für die nur noch teilweise erhaltenen Mauern der nördlichen Torwange zu vermuten. Die Mauerstärke der Torfundamente liegt zwischen 0,8 m im nordöstlichen Eckbereich und 1,0

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Abb. 7. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Blick von Osten auf die Fundamente des Kammertores mit der gepflasterten Tordurchfahrt; im Hintergrund die beiden Ringmauerabschnitte.

bis 1,2 m in den übrigen Abschnitten. Das ein bis sechs Steinlagen hoch erhaltene Mauerwerk ist nur stellenweise deutlich zweischalig gesetzt, die Außenkanten werden aber meist durch größere, überwiegend plattige Kalksteine gebildet. Das verwendete Steinmaterial ist grob gebrochen und kaum weiter bearbeitet worden. Während die unterste Steinlage in gelblichem oder braunem Sand versetzt ist, sind die weiteren Steinlagen mit großen Mengen an stark sandhaltigem Kalkmörtel ausgegossen. Die Mächtigkeit und gute Ausführung der Fundamente läßt auf ein mehrere Meter hohes Bauwerk, einen Torbau oder Torturm, schließen. Ob dieser Bau ehemals ein Dach, eine Wehrplattform oder nur einen Zinnenkranz mit innenliegendem Wehrgang besaß, ist nicht zu entscheiden. An der Nordost- und an der Südwestseite weist der Torbau jeweils eine über 3 m breite Lücke auf, die als ehemalige Durchfahrt zu interpretieren ist (Abb. 7 und 17). Etwa in der Mitte des nördlichen Fundaments ist an der Innenseite ein kleiner Wandvorsprung (Abb. 3,5a) angesetzt. Am südlichen Fundament fehlt ein vergleichbares Baudetail. Deshalb kann es sich kaum um den Unterbau einer Wandvorlage zur Verengung der Fahrbahn

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handeln. Möglicherweise sollte durch diese Maßnahme lediglich der Mauerfuß stabilisiert werden. Darauf könnten auch die sonstigen dichten Steinpackungen entlang des nördlichen Torfundaments hindeuten. Auch der Fuß der südlichen Ringmauer war an der Außenseite durch angemörtelte Kalksteine verstärkt. Der Bereich im Torinnenraum und die Fläche zwischen den Schenkelmauern sind mit einer dichten Packung aus kleinteiligen Kalksteinen befestigt, deren Oberflächen durch Verwitterung und möglicherweise auch Begehung verrundet sind (Abb. 3,28; 6; 7). Diese Steinrollierung ist so dicht gepackt und über 20 cm stark, daß mit einer mehrfachen Erneuerung des Steinbelags gerechnet werden muß. Er diente entweder direkt als Pflasterung, oder aber nur als Unterbau für einen Steinplattenoder Holzbohlenbelag. Fahrspuren haben sich in der Pflasterung nicht nachweisen lassen. Wahrscheinlich sind die obersten Bereiche der Fahrbahn bereits dem Steinraub und der Überackerung zum Opfer gefallen. Die Steinrollierung setzt sich noch bis zur Schnittkante, und wohl auch darüber hinaus, in den Innenraum der Befestigung als etwa 3 m breiter Weg fort. Möglicherweise waren auch die Wegever-

Abb. 8. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Blick von Norden auf den nördlichen Ringmauerabschnitt mit den Resten einer möglichen Vorgängerbefestigung an der Außenseite.

bindungen innerhalb der Anlage mit Steinen befestigt. In das Außengelände setzt sich die Steinbefestigung des Bodens ebenfalls fort (Abb. 3,29). Am dichtesten und mächtigsten ist sie westlich von Ringmauer Bef. 8. Hier konnte sie im Profil des Baggerschnitts West bis über 10 m weit verfolgt werden. Wahrscheinlich bestand von Südwesten her ein breiter, befestigter Zufahrtsweg zum Südwesttor der Anlage. Aber auch westlich des nördlichen Ringmauerabschnitts Bef. 1 wurde die Steinpackung festgestellt. Hier dünnt sie allerdings rasch nach Norden und Westen zu aus. In der Innenfläche waren ebenfalls stellenweise dichte Steinpackungen, meist unbekannter Funktion, zu beobachten. Im Süden und Südosten der Innenfläche, aber auch östlich der nördlichen Ringmauer deutet verziegelter Lehm neben vielen Kalksteinen auf Feueroder Herdstellen hin. Zahlreiche Metallschlacken, die im Umfeld von Pfostengrube Bef. 11 gefunden wurden, könnten mit der hier vermuteten Feuerstelle

in Zusammenhang stehen. Bei den anderen wurden keine Hinweise auf ihre Nutzung gefunden. Sie dienten möglicherweise als Kochstellen, Back- oder Darröfen. Die Feuerungseinrichtungen waren wahrscheinlich allesamt bereits vor dem Bau der Toranlage und der Ringmauer in Benutzung und gehören damit zu der vermutlich bereits befestigten, frühmittelalterlichen Vorgängersiedlung. Aus dieser Zeit stammen wahrscheinlich auch alle Pfostengruben in der Innenfläche (Abb. 3,12–14.17–22). Die beiden im Kammertor gefundenen Pfostengruben (Abb. 3,15.16) dürften ebenso zu dieser Siedlung gehören, stehen aber möglicherweise mit einer älteren Torbefestigung in Zusammenhang. Lediglich die Grube westlich der südlichen Ringmauer (Abb. 3,31) wurde wohl erst angelegt, als die Ringmauer bereits stand. Südlich der Südostecke des Kammertores wurden einige Kalksteine freigelegt, die eine parallel zur Torkante verlaufende Steinreihe bilden und stellenweise mit verziegeltem Lehm abgedeckt waren (Abb. 3,26). Hierbei könnte es sich um die Schwellmauer eines Fachwerkgebäudes der frühmittelalterlichen Vorgängersiedlung handeln. Weitere Hinweise auf Schwellmauern fehlen allerdings in der Grabungsfläche. Es ist deshalb auch denkbar, daß die Steinschwelle zu der hier vermuteten, südlich anschließenden Herdstelle gehört. Sämtliche Siedlungsschichten und -horizonte, die noch innerhalb der Befestigung erfaßt werden konnten (Abb. 3,27.30), stammen wahrscheinlich aus der Zeit der frühmittelalterlichen Vorgängersiedlung. Die Siedlungs- und Laufhorizonte zur jüngeren Steinbefestigung dürften bereits weitgehend durch die Beackerung zerstört worden sein. Lediglich einige Steinpackungen über den Pfostengruben und entlang des nördlichen Turmfundaments müssen noch aus der Bauzeit der Ringmauer und der Toranlage stammen. Dicht an der nördlichen Außenseite des Torbaufundaments wurden aus der Steinpackung größere Fragmente eines frühmittelalterlichen Standbodentopfes mit Wellenlinienverzierung geborgen (Abb. 9; 10,7), die zum Zeitpunkt des Baues des Kammertores in den Boden gelangt sein dürften. Dies sind die einzigen Funde, die direkt zur Datierung dieser Baumaßnahmen in das frühe Mittelalter herangezogen werden können. Die karolingisch-ottonische Befestigung Die Burganlage in der Schwarzachaue kann bislang noch nicht mit einer Nennung in frühmittelalterlichen Schriftquellen in Zusammenhang gebracht

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Abb. 9. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Frühmittelalterliche Keramik aus dem Bauhorizont des Kammertores.

werden. Deshalb fehlen uns auch Anhaltspunkte dazu, wann die Burg errichtet und wie lange sie genutzt wurde. Bei ihrer Einordnung sind wir so in erster Linie auf den Vergleich mit besser bekannten Burgen der karolingischen und ottonischen Zeit angewiesen. Die nachgewiesene zweischalige Mörtelmauer der Befestigung in der Schwarzachaue besitzt zahlreiche Parallelen im frühmittelalterlichen Wehrbau. Vergleichbare Mauern, wenngleich von deutlich größerer Mächtigkeit, begegnen uns bereits ab dem 7./8. Jahrhundert auf bedeutenden fränkischen

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Großburgen, wie der Büraburg bei Fritzlar, Lkr. Schwalm-Eder-Kreis8, und der Kesterburg auf dem Christenberg bei Münchhausen, Lkr. Marburg-Bie9 denkopf . Im 9./10. Jahrhundert werden gemörtelte Schalenmauern allgemein üblich, vor allem bei bedeutenden Burgen und Pfalzen, wie beispielsweise der Burg bei Bernshausen am Seeburger See, Lkr. Göttingen10, der Burganlage auf dem Gauls11 kopf, Lkr. Höxter , der Burg Kanstein bei Langelsheim, Lkr. Goslar12, den Pfalzen von Grona, Lkr. Göttingen13, und Werla, Lkr. Wolfenbüttel14, sowie der Oberburg Pöhlde „König Heinrichs Vogelherd“, Lkr. Osterrode am Harz15. In Nordbayern und dem angrenzenden Württemberg scheinen sich Mörtelmauern nur zögerlich durchzusetzen und erst ab dem 10. Jahrhundert allgemein in Gebrauch zu kommen, wie beispielsweise in Burgkunstadt, Lkr. Lichtenfels, Kasendorf, Lkr. Kulmbach, Oberammerthal, Lkr. Amberg-Sulzbach, Roßtal, Lkr. Fürth, und Unterregenbach, Lkr. Schwäbisch-Hall16. Zunächst scheinen hier Mörtelmauern vor allem als Verblendung von Befestigungswällen gedient zu haben. Aber bereits von Anfang an tauchen parallel dazu freistehende Mörtelmauern auf. Die in der Burg „Greuth“ nachgewiesene Toranlage findet ebenfalls zahlreiche Parallelen im karolingisch-ottonischen Burgenbau. Solche Anlagen werden als Zangentore mit zurückgezogenem Kammertor bezeichnet und sind allgemein vom späten 8. bis 10. Jahrhundert verbreitet gewesen17. Enge Parallelen finden sich unter den beiden Toranlagen

W. Best/R. Gensen/P. R. Hömberg, Burgenbau in einer Grenzregion. In: Chr. Stiegemann /M. Wemhoff (Hrsg.), 799. Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn (Beitragsbd. Kat. Ausst. (Mainz 1999) 328. – Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch. I Bauformen und Entwicklung (Stuttgart 1999) 41. – R. Gensen, Frühmittelalterliche Burgen und Siedlungen in Nordhessen. In: Ausgrabungen in Deutschland 2. Monogr. Röm.-Germ. Zentralmus. 1,2 (Mainz 1975) 322–325. – N. Wand, Der Büraberg bei Fritzlar. Führer zur nordhessischen Vor- und Frühgeschichte 4 (Kassel 1974) 47. – Ders., Die Büraburg bei Fritzlar – Eine fränkische Reichsburg mit Bischofssitz in Hessen. In: J. Henning/A. T. Ruttkay (Hrsg.), Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa (Bonn 1998) 175–188. Best/Gensen/Hömberg (Anm. 8) 329–331. – Burgen in Mitteleuropa (Anm. 8) 41. – Gensen (Anm. 8) 313–319. Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch. Bd. 2. Geschichte und Burgenlandschaften (Stuttgart 1999) 126 f. – H.-W. Heine, Frühe Burgen und Pfalzen in Niedersachsen. Von den Anfängen bis zum frühen Mittelalter. Wegweiser zur Vor- und Frühgeschichte Niedersachsens 17 (Hildesheim 1991) 47. – Ders., Frühmittelalterliche Burgen in Niedersachsen. In: J. Henning/A. T. Ruttkay (Hrsg.), Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa (Bonn 1998) 144. Best/Gensen/Hömberg (Anm. 8) 340–342. – Burgen in Mitteleuropa (Anm. 8) 40 f. Heine 1991 (Anm. 10) 50–52. Ebd. 54. Burgen in Mitteleuropa (Anm. 10) 129. – Heine 1991 (Anm. 10) 55 f. Ebd. 60. P. Ettel, Karlburg – Roßtal – Oberammerthal. Studien zum frühmittelalterlichen Burgenbau in Nordbayern. Frühgesch. u. Provinzialröm. Arch. 5. Veröff. Komm. Vergl. Arch. Röm. Alpen- u. Donauländer Bayer. Akad. Wiss. (Rahden/Westfalen 2001) 205 f. (zu Roßtal s. v. a. 106 ff. und 145; zu Oberammerthal s. v. a. 162–165, 183–186). Best/Gensen/Hömberg (Anm. 8) 329.

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Abb. 10. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: 1–7 Grabungsfunde von 2002 und 2003 aus dem Bereich des Südwesttores; frühmittelalterliche Keramik. – M 1:2.

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auf dem Gaulskopf in Ostwestfalen. Die gemörtelten Kammertore wurden hier im 9. Jahrhundert am Ende zweier zangenförmiger Torgassen errichtet18. Vom Christenberg ist eine ähnliche Toranlage bekannt, die wohl auch ins 9. Jahrhundert zu datieren ist19. Die Ringmauer im Bereich des dortigen mehrphasigen Südtores wurde in Phase II wie bei der Toranlage von Obermässing auf einer Seite um etwa eine Mauerstärke nach außen versetzt. Erst im 10. Jahrhundert scheint hingegen das Kammertor auf der Burg Kanstein entstanden zu sein20. Zangenförmige Tore ohne Torkammern sind noch wesentlich häufiger im frühen Mittelalter zu finden, wie in der bereits erwähnten Burg von Bernshausen und den Pfalzen Grona, Pöhlde und Werla. Die hier angeführten Burgen und Pfalzen wurden auf Bergspornen, Bergplateaus oder Terrassen angelegt, lediglich die Befestigung bei Bernshausen liegt wie die Burganlage „Greuth“ im Niederungsbereich, wurde aber offensichtlich nicht ständig bewohnt, sondern als Fliehburg genutzt. Im Gegensatz zu Burgen mit massiven Wehrmauern sind Holz-Erde-Befestigungen im Niederungsbereich sehr häufig anzutreffen, v. a. im norddeutschen Tiefland21 und im slawischen Siedlungsraum22. Auch die nordbayerischen Burgen liegen üblicherweise auf Bergspornen oder Anhöhen über der Aue. Peter Ettel hat kürzlich die 180 bis zum Jahr 2000 in Nordbayern bekanntgewordenen frühen mittelalterlichen Burgen in drei Kategorien eingeteilt; kleine Burgen mit unter 1 ha Fläche, Burgen mittlerer Größe von 1 bis 3 ha und große Burgen von über 3 ha Innenfläche. Dementsprechend ist die Burganlage von Obermässing mit über 1 ha Fläche in die Kategorie der Burgen mittlerer Größe einzuordnen. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß möglicherweise noch eine größere Vorburgsiedlung zur Anlage gehörte. Diese müßte, falls sie tatsächlich vorhanden war, östlich der Schwarzach, also auf oberpfälzischer Seite zu finden sein.

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Besonders hervorzuheben ist die logistische Leistung, die zum Bau der Burg „Greuth“ nötig war, mußten doch hier in der Talaue sämtliche Kalksteine von Jurahöhen wie dem Hofberg herangeschafft werden. Über die Funktion der Burg geben die Lese- und Grabungsfunde bislang nur unzureichend Aufschluß. Sie belegen allerdings Handwerksaktivitäten, wie die Verarbeitung von Eisen und wohl auch von weiteren Metallen, das Weben von Stoffen und indirekt die Verarbeitung von Knochen. Außerdem war die Burg während ihres Bestehens wahrscheinlich immer intensiv genutzt und bewohnt. Darauf deuten die großen Mengen an Tierknochenabfällen und Keramikgefäßresten hin. Eine ähnlich intensive handwerkliche Nutzung wird beispielsweise auch für den Königshof Roßtal bei Fürth vermutet 23. Es bleibt festzuhalten, daß die Befestigung und Toranlage der Burg „Greuth“ in der Schwarzachaue vermutlich noch im Laufe des 9. Jahrhunderts angelegt wurde. Darauf deutet in erster Linie die Konstruktion des Kammertores hin. Die frühmittelalterliche Vorgängersiedlung, die wahrscheinlich bereits mit einer Wall- oder Mauerbefestigung umgeben war, könnte bereits im 8. Jahrhundert entstanden sein. Welche Funktion und Stellung die Anlage innerhalb der karolingisch-ottonischen Burgen- und Siedlungslandschaft sowie der Verwaltungsstruktur einnahm, bleibt uns noch unbekannt. Es ist durchaus denkbar, daß ein Zusammenhang mit dem wenige Kilometer flußabwärts in Greding vermuteten Königshof besteht. Bereits unter Karl Martell dürften in der Region erste Anlagen dieser Art entstanden sein. In ihrem Gefolge entwickelte sich das fränkische Reichs- und Königsgut24. Es ist also denkbar, daß die Burg „Greuth“ Teil dieses Königsgutes war und von hier aus das Land verwaltet und die Abgaben eingetrieben wurden. Auch militärische Aufgaben könnte sie übernommen haben. Ihre Lage in der Aue und die geringe fortifikatorische Absicherung

Ebd. 340–342; Abb. 12; 13. – Burgen in Mitteleuropa (Anm. 8) 40 f. Abb. 15. Best/Gensen/Hömberg (Anm. 8) 329–331. Heine 1991 (Anm. 10) 52. z. B. die Hünenburg bei Stöttinghausen, Lkr. Diepholz, eine sächsische Rundwallanlage mit Torgasse und innerem Torturm. Vgl. Burgen in Mitteleuropa (Anm. 10) 127 und Heine 1991 (Anm. 10) 38–40. 22 Zu slawischen Niederungsburgen vgl. u. a. P. Grimm, Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle der Bezirke Halle und Magdeburg. Dt. Akad. Wiss. Berlin. Schr. Sek. Vor- u. Frühgesch. 6 (Berlin 1958) 71 f. 23 Ettel (Anm. 16) 145. 24 Vgl. W. Wiessner, Hilpoltstein. Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken I, 24 (München 1978). – M. Röber, Greding. Vergangenheit und Gegenwart (Greding 1983) 25. – O. Wagner, Greding. Skizzen aus dem Bürgerleben (Greding 1990) 24.

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Abb. 11. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: frühmittelalterliche Grabungsfunde von 2002 und 2003 aus dem Bereich des Südwesttores. 1–3 Keramik; 4.6–8 Eisen; 5 Knochen. – M 1:2.

des Vorgeländes sind allerdings aus strategischer Sicht problematisch. Eine wichtige Rolle müssen die Kontrolle und die Abwicklung des Handels für die Anlage gespielt haben. Wahrscheinlich wurden hier Lastkähne angelandet, die aus dem Süden, vor allem aus Eichstätt kommend die Schwarzach hinauffuhren. Ebenso ist das Verladen von einheimischen Gütern vor Ort denkbar25. Möglicherweise besaßen die Metallgewinnung und -verarbeitung vor Ort und in der näheren Umgebung Bedeutung für den Handel.

Vielleicht wurden hier auch Güter, die auf der Schwarzach mit Booten ankamen, auf Fuhrwerke und Pferdekarren umgeladen und weiter über Landverbindungen nach Westen, Osten und Norden transportiert. Wesentlich weiter nach Norden war die Schwarzach wahrscheinlich nicht mehr schiffbar. So könnte dies ein günstiger Ort gewesen sein, um die europäische Hauptwasserscheide zu überschreiten und von hier aus die Waren über Land zu den wieder schiffbaren Oberläufen des nördlichen Flußsystems zu schaffen.

25 Auf die große Bedeutung der Binnenschiffahrt in karolingischer Zeit wurde vielfach aufmerksam gemacht, besonders in Hinblick auf das Kanalbauprojekt Kaiser Karls des Großen bei Treuchtlingen, die „Fossa Carolina“. Vgl. dazu u. a.: D. Ellmers, Die Verkehrssituation zwischen Obermain und Altmühl in der Zeit Karls des Großen. bau intern, Sonderbd. (München 1993). – W. E. Keller, Der Karlsgraben. Fossa Carolina. 1200 Jahre Kanalbau vom Main zur Donau (Treuchtlingen 1993) 26–30, 49–55.

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Funde und ihre Einordnung Die innerhalb der Burganlage geborgenen frühmittelalterlichen Funde liefern weitere Anhaltspunkte für eine Datierung der befestigten Siedlung. Bei den Ausgrabungen konnten allerdings nur wenige stratifizierte und zeitlich näher einzuordnende Funde geborgen werden (Abb. 9–11). Die Masse des mehrere tausend Einzelobjekte umfassenden Fundguts wurde von A. Hofbeck und P. Waffler sowie von B. Kößler und vom Verfasser von der Ackeroberfläche aufgelesen (Abb. 12–16)26. Zu den Funden gehören in erster Linie große Mengen an frühmittelalterlichen Keramikfragmenten und einige Sonderfunde aus Ton, Metall und Knochen, die im folgenden eingehend vorgestellt werden. Unter den Lese- und Grabungsfunden sind auch große Mengen an Tierknochen erhalten, die in der Mehrzahl der frühmittelalterlichen Besiedlung zuzuordnen sein dürften27. Neben den frühmittelalterlichen Funden sind auch Keramikreste der vor- und frühgeschichtlichen Besiedlung und der jüngeren landwirtschaftlichen Nutzung des Areals im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit in beachtlicher Zahl belegt. Sie werden an dieser Stelle nicht weiter vorgestellt28. Funde aus dem hohen Mittelalter, also dem 11./12. Jahrhundert, scheinen hingegen zu fehlen. Deshalb ist anzunehmen, daß die Burg noch im frühen Mittelalter, wohl spätestens im Laufe des 10. Jahrhunderts, aufgegeben wurde. Der vollständige Abbruch der Mauern und der Abtransport des Steinmaterials erfolgten wahrscheinlich erst ab dem 13. Jahrhundert. Einige bei der Grabung direkt über den erhaltenen Fundamentköpfen geborgene spätmittelalterliche Keramikreste scheinen dies zu bestätigen.

Die als Lese- und Grabungsfunde geborgenen frühmittelalterlichen Keramikreste gehören alle zur rauhwandigen, nachgedrehten Keramik. Der Scherben fühlt sich meist feinsandig-rauh oder rauh an. Die Gefäßoberflächen wurden nach dem Aufbau von Hand auf einer Drehscheibe nachgearbeitet. Sauber nachgedreht sind immer der Rand- und der Schulterbereich der Gefäße. Letzterer ist sehr häufig verziert. Zahlreiche Tonwaren scheinen an der äußeren Wandung vollständig nachgearbeitet worden zu sein. Die innere Wandung blieb hingegen fast immer von der Überarbeitung unberührt und ist daher unregelmäßig und grob. Graue Scherbenfarben, ein mäßig harter bis harter Brand und feine bis mittelgrobe Magerungen, meist mit kantigem Quarz und vereinzelt auch Kalk, herrschen vor. Die Mehrzahl der Keramikscherben ist zusätzlich sehr fein bis fein mit Silberglimmer gemagert29. Dadurch erhalten manche Scherben einen metallisch glitzernden Glanz und nahezu seifige Oberflächen. Nur vereinzelt ist die Magerung mit kantigem Quarz sehr grob und tritt auch an den Oberflächen deutlich hervor (Abb. 12,7). Unter den Gefäßformen dominieren eindeutig stark bauchige Standbodentöpfe, deren größter Durchmesser im obersten Drittel oder in der Mitte des Gefäßes liegt (Abb. 10,4–7; 12,1–5). Sie besitzen meist abgestrichene Ränder, die entweder rund nach außen biegen (Abb. 10,4–6; 12,4–6) oder mit einem scharfen Umbruch an der Innenseite trichterförmig ausgestellt sind (Abb. 12,1; 13,1). Viele abgestrichene Ränder sind schwach verdickt (Abb. 10,4–6) und weisen bereits Merkmale jüngerer Leistenränder auf (Abb. 12,2.7). Daneben finden sich

26 An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich bei Herrn Hofbeck, Hilpoltstein-Meckenhausen, der seine Sammlungsbestände der Stadt Hilpoltstein für diesen Artikel und die Dauerausstellung im städtischen Museum Schwarzes Roß in Hilpoltstein zur Verfügung gestellt hat. Die Funde seiner Schwester, P. Waffler, ebenfalls Hilpoltstein-Meckenhausen, lagen dem Verfasser hingegen leider nicht vor. Für die Überlassung der Bartaxt zur Präsentation im Museum Schwarzes Roß Hilpoltstein danke ich B. Kößler herzlich. 27 Darauf deuten zumindest die Ergebnisse der Grabung hin. Eine Bestimmung der Tierknochen wäre zwar besonders für die Grabungsfunde wünschenswert – da sich neben Knochen von Rind, Schwein und Schaf/Ziege darunter auch auffallend viele andere Knochenreste, beispielsweise von Geflügel, befinden – konnte bislang aber noch nicht realisiert werden. 28 Die vor- und frühgeschichtlichen Funde stammen nach grober Durchsicht aus dem späten Neolithikum, der Bronzezeit, der späten Hallstatt- bis frühen Latènezeit und der späten Latènezeit. Das spätmittelalterliche Fundspektrum umfaßt Bruchstücke von Keramikgefäßen mit Leisten-, Karnies- und mehrfach profilierten Kragenrändern, wenige Deckelreste und ein Spinnwirtelfragment. Die Tonwaren wurden alle bereits auf der Drehscheibe gefertigt und sind in die Zeit ab dem 13. Jahrhundert zu datieren. 29 Es ist möglich, daß der Silberglimmer in der Gegend bereits natürlich im verwendeten Tonmaterial vorkommt und nicht erst gezielt beigemengt wurde. Auf diesen Zusammenhang und das Vorkommen von Gold- und Silberglimmer in tertiären Steinund Tonschichten weist K.-H. Rieder auch für die frühmittelalterliche Keramik von Zuchering hin. Vgl. dazu E. Weid, Die Kleinfunde der mittelalterlichen Siedlung von Zuchering bei Ingolstadt. Arb. Arch. Süddeutschland 10 (Büchenbach 2000) 25.

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Abb. 12. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Lesefunde aus der Innenfläche der Burganlage; frühmittelalterliche Keramik. – M 1:2.

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Abb. 13. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Lesefunde aus der Innenfläche der Burganlage; frühmittelalterliche Keramik. – M 1:2.

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vereinzelt rundliche Randabschlüsse (Abb. 10,1.7) und in Einzelfällen auch spitz ausgezogene Ränder (Abb. 12,3). Auf der Schulter oder im Halsbereich tragen die Töpfe sehr häufig eine Verzierung, die selten bis über den Bauchumbruch nach unten reicht (Abb. 11,2). Häufig handelt es sich um plastisch eingezogene oder flach eingedrückte Strich- (Abb. 10,3) oder Wellenlinienverzierungen (Abb. 10,1.4.5.7; 12,1–4; 13,1.21). Mehrzügige Horizontalbänder und Wellenbänder sind einzeln (Abb. 11,2; 13,13.19.20.22) oder in Kombination (Abb. 10,2; 11,1; 13,3.5-12.14–18.23) nachzuweisen. Selten sind Stichverzierungen, die in einem Fall auf dem Außen- und dem Innenrand angebracht sind (Abb. 13,2). Durch einen Wulst oder durch schräge Riefung hervorgehobene Bauchumbrüche sind selten (Abb. 13,4.9). Vermutlich gehören diese Bruchstücke auch nicht zu Töpfen, sondern zu Schüsseln. Sekundäre Durchbohrungen der Wandung, wahrscheinlich von Reparaturen an den Gefäßen, sind immer wieder zu finden (Abb. 11,3; 12,3.6; 14,4). Diese Maßnahmen deuten darauf hin, daß Tonwaren im frühen Mittelalter noch einen beachtlichen Wert besessen haben müssen. Die Standböden weisen in der Mehrzahl flache Wandungsansätze auf (Abb. 14,5–7). Aber auch steiler ansetzende Wandungen sind zu belegen (Abb. 11,2.3; 14,4). Die Bodenunterseiten sind in der Regel rauh und liegen eben auf (Abb. 11,2.3; 14,4.6.7). Vereinzelt finden sich allerdings auch Böden mit Quellrand (Abb. 14,5) oder mit mehrspeichigem Radkreuz als Bodenmarke (Abb. 14,2.3.8.9). Diese Bodenformen belegen, daß beim Nacharbeiten der Gefäße auf der Töpferscheibe hölzerne Zwischenscheiben zum Einsatz gekommen sein müssen. Den Bodenmarken kommt daneben sicherlich auch apotropäische Bedeutung zu 30. Einige Randscherben sind eindeutig Schalen, Schälchen und Näpfen zuzuordnen (Abb. 12,8–11). Auch diese sind sehr häufig mit Strichen und Wellenbändern verziert. Zwei Bruchstücke von Ausgußtüllen (Abb. 14,1) belegen, daß zum Transport und zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten bereits Tüllenkannen aus Ton verwendet wurden.

Nur die Bruchstücke von zwei Tongefäßen können direkt mit dem Bau der Befestigung mit Mörtelmauern in Verbindung gebracht werden (Abb. 9; 10,3.7). Sie wurden dicht nördlich des nördlichen Torfundaments (Abb. 3,5) aus dem frühmittelalterlichen Bauhorizont Bef. 30 geborgen. Die Wandungsscherbe aus dem Schulterbereich eines stark bauchigen Topfes trägt drei flache Horizontalrillen als Verzierung (Abb. 10,3). Die anderen Scherben gehören zu einem ebenfalls sehr bauchigen Topf, dessen Schulterbereich mit fünf plastisch eingezogenen Wellenlinien verziert ist (Abb. 9; 10,7). Der Topf besitzt einen kurzen, steilen, einfach abgestrichenen bis leicht gerundeten Rand und ist im Randbereich sehr sauber nachgedreht. Der Scherben ist bei beiden Gefäßen mittelfein mit Quarz und Kalk sowie sehr fein mit Silberglimmer gemagert. Die beiden rauhwandigen Töpfe wurden frei von Hand aufgebaut und anschließend vor allem an der Außenseite auf einer Drehscheibe nachgearbeitet. Die anderen Keramikfunde, die bei der Grabung geborgen wurden, stammen entweder aus dem Abbruch- und Pflughorizont über den Mauern (Abb. 11,1.2), oder aus Siedlungsschichten, die zur frühmittelalterlichen Vorgängerbefestigung gehören (Abb. 10,1.2.4–6; 11,3). Geeignete Parallelen zur frühmittelalterlichen Keramik der Burg von Obermässing finden sich in großer Zahl in Nordbayern, bis weit in die Oberpfalz, nach Württemberg, Bayerisch-Schwaben und Oberbayern hinein. Engste Bezüge lassen sich zur frühmittelalterlichen Keramik der mittelalterlichen Siedlung von Zuchering bei Ingolstadt herstellen, die vom 6./7. bis 12. Jahrhundert bestanden hat31. Vergleichbar sind in erster Linie Gruppe 2,2, die nachgedrehte Burgheimer Ware, und Gruppe 4, die feingemagerte nachgedrehte Ware, sowie die Randformen I und II, die einfach gerundeten, auszipfelnden bzw. einfach kantigen Randprofile32. Auch vergleichbare Verzie33 rungen finden sich hier . Vor allem die kammstrichverzierte Burgheimer Ware ist zeitlich enger einzugrenzen. Sie scheint am Ende des 6. bis Anfang des 7. Jahrhunderts einzusetzen, endet wohl im Laufe des 8. Jahrhunderts und wird dann von der feineren

30 Zu mittelalterlichen Bodenzeichen vgl. beispielsweise H. Losert, Die früh- und hochmittelalterliche Keramik in Oberfranken. Zeitschr. Arch. Mittelalter, Beih. 8,1 (Köln, Bonn 1993) 50. 31 Weid (Anm. 29) 64–66. 32 Ebd. 21, 23, 30–32. 33 Ebd. 39 f.

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Abb. 14. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: frühmittelalterliche Lesefunde aus der Innenfläche der Burganlage. 1–9 Keramik; 10 Eisen; 11 Knochen; 12–14 Ton. – M 1:2.

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handgemachten und nachgedrehten Keramik abgelöst, die noch bis ins Hochmittelalter weiterläuft34. Die Burgheimer Ware und mit ihr eng verwandte Keramikarten sind durch Grabungen im Eichstätter Dom gut einzuordnen. Sie tauchen dort in einer vor 740/741 zu datierenden Brandschicht in größeren Mengen auf. Herstellungstechnik, Gefäß- und Randformen sowie Zierweisen der hier als „Rauhwandige Ware“ bezeichneten Keramik ähneln zwar stark den Funden aus der Burg „Greuth“, machen aber insgesamt einen etwas älteren Eindruck35. Einige Scherben von Obermässing-„Greuth“ könnten aber durchaus dieser Ware angeschlossen werden, beispielsweise Abb. 12,1.3.5 und 13,1. U. Lobbedey machte bereits 1968 darauf aufmerksam, daß die Tradition der kammstrich- und wellenbandverzierten Keramik im Donauraum bis in vorstaufische Zeit fortgeführt wird36. G. Riedel hat für den Ingolstädter Raum die frühmittelalterliche Keramik zusammenfassend bearbeitet. Er teilt sie u. a. in eine „rauhwandige Ware oder Keramik Donzdorfer Art“ des 6./7. Jahrhunderts, eine „stärker quarzgemagerte Ware oder Burgheimer Ware“ des 7./8. Jahrhunderts und eine „feingemagerte Ware“ ein37. Während die erste Ware in der Burg „Greuth“ nicht zu finden ist, spiegeln die beiden anderen das hiesige Fundspektrum deutlich wieder. Die von G. Riedel zeitlich nicht näher eingeordnete „feingemagerte Ware“, die bereits von E. Weid für Zuchering vorgestellt wurde, besitzt dabei ein deutliches Übergewicht. Die im Grabungsschnitt in der Burg „Greuth“ geborgenen frühmittelalterlichen Scherben sind sogar alle dieser

Gruppe zuzuordnen. Besondere Übereinstimmungen ergeben sich hinsichtlich der sehr feinen Magerung, der Trichterränder und Zierformen, wie Wellenbänder, Horizontalrillen, Wellenlinien und flauer Kammstrich38, sowie der Silberglimmermagerung und der nachgedrehten Oberflächen. Gute Parallelen in formaler Hinsicht weist auch ein Fundkomplex aus Kelheim auf, der aus der Verfüllung eines Erdkellers wohl des 9. Jahrhunderts stammt. Während Topf-, Rand- und Zierformen vergleichbar sind, unterscheidet sich die Keramik durch ihre Goldglimmermagerung. Laut B. Engelhardt vereint der Komplex Elemente des 8. und 9. Jahrhunderts39. Auch aus Friedberg in Bayerisch-Schwaben ist ein größerer Fundkomplex aus karolingisch-ottonischer Zeit bekannt, der in erster Linie wegen seiner reichen Wellenband- und Kammstrichzier deutliche Parallelen zu den Funden der Burg bei Obermässing besitzt40. Vor allem die Kombination von Wellenund Streifenverzierung ist auffallend ähnlich. Die bauchigen Töpfe weisen abgestrichene Trichterränder auf. Ein Boden der nachgedrehten Keramik trägt außerdem eine Bodenmarke. R. Koch weist in diesem Zusammenhang auf die Verbreitung dieser Keramikgattung hin. Sie reicht von Niederbayern und der Oberpfalz bis nach Augsburg und Aichach-Friedberg. Auch in Oberbayern ist sie vereinzelt vertreten41. Aus Mittelfranken ist wellenbandverzierte Keramik ebenfalls von weiteren Fundorten bekannt, so z.B. aus Alesheim42 und Roßtal43. Für Roßtal hat P. Ettel die handgemachten, nachgedrehten Kera-

34 E. Weid, Die Kleinfunde aus der mittelalterlichen Siedlung Zuchering. Sammelbl. Hist. Ver. Ingolstadt. 102/103, 1993/1994, 214. 35 A. Keßler, Die Kleinfunde der Grabungen 1970 bis 1972 aus dem Dom zu Eichstätt. In: K.-H. Rieder/A. Tillmann (Hrsg.), Eichstätt. 10 Jahre Stadtkernarchäologie. Zwischenbilanz einer Chance (Kipfenberg 1992) 40; Taf. 4. – Die Kammstrichware wurde bereits von U. Lobbedey als keramischer Horizont des 7. Jahrhunderts herausgestellt. Er ordnet ihn seinem Horizont A der gewülsteten Ware zu. Vgl. U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968) 16 f. 28 f. 36 Er ordnet diese durch ihre Verzierungen und Topfformen abgesetzte Donaugruppe seinem Horizont B der gewülsteten Keramik zu. Lobbedey (Anm. 35) 30. 37 G. Riedel, Ingoldesstat. Archäologische Untersuchungen zu Ingolstadt im Mittelalter (Ingolstadt 2000) 112–119. 38 Vgl. dazu Riedel (Anm. 37) 118. 39 B. Engelhardt, Archäologisches zur früh- und hochmittelalterlichen Geschichte Kelheims. Ein Vorbericht. In: K. Spindler (Hrsg.), Vorzeit zwischen Main und Donau. Neue archäologische Forschungen und Funde aus Franken und Altbayern. Erlanger Forsch. A26 (Erlangen 1980) 282–285. 40 R. Koch, Keramik des frühen und hohen Mittelalters aus Bayerisch-Schwaben. In: Forschungen zur Geschichte der Keramik in Schwaben. Arbeitsh. BLfD 58 (München 1993) 119–121. 41 Ebd. 121. 42 Aus Alesheim liegen sowohl Funde von Burgheimer Ware als auch jüngere rauhwandige Waren mit abgestrichenen Rändern und Wellenverzierungen vor. Vgl. dazu V. Herrmann, Siedlungsbelege zur frühen Ortsgeschichte von Alesheim, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen. Beitr. Arch. Mittelfranken 7, 2003, 139 ff. 43 Zu den Funden von Roßtal vgl. Ettel (Anm. 16) 24–28; 123 ff.

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mikfunde in sechs Warenarten unterteilt, von denen die Warenarten 1 bis 4 und die Silberglimmerware auch in Burg „Greuth“ vertreten sind. Auch die nachgewiesenen Randformen korrespondieren gut. Die Funde und damit auch die frühmittelalterliche Befestigung und Siedlung von Roßtal werden in karolingische bis frühottonische Zeit datiert 44. Die Funde der frühmittelalterlichen Burg von Oberammerthal in der Oberpfalz wurden von P. Ettel im gleichen Zusammenhang bearbeitet. Die Gliederung der dortigen Warenarten, Gefäß- und Randformen entspricht weitgehend der von Roßtal, die Zierfreude scheint hingegen geringer zu sein 45. Auch die Keramik aus den sogenannten karolingisch-ottonischen Gräberfeldern in der Oberpfalz weist deutliche Parallelen zu den Funden aus Obermässing-„Greuth“ auf46. H. Losert beschreibt für Oberfranken früh- bis hochmittelalterliche Keramik, die den Funden aus dem Schwarzachtal stark ähnelt. Bei den Töpfen seiner Warenarten 2, 3 und 4 gibt es hinsichtlich der Gefäß-, Rand- und Zierformen deutliche Übereinstimmungen47. Der Vergleich mit Keramikfunden anderer frühbis hochmittelalterlicher Fundorte in Nordbayern und in den angrenzenden Räumen sichert die Datierung der befestigten Siedlung „Greuth“ in karolingisch-ottonische Zeit ab. Die frühmittelalterliche Besiedlung setzt wahrscheinlich im Laufe des 8. Jahrhunderts ein. Das Ende ist spätestens im 10. Jahrhundert anzunehmen, wenngleich ein längeres Fortbestehen bis in das 11. Jahrhundert hinein durch die Funde nicht völlig auszuschließen ist. Die exakte Datierung der Baubefunde in der Grabungsfläche bleibt auch nach Auswertung der Keramik-

funde unsicher. Die Grabungsfunde scheinen aber durchaus zu bestätigen, daß die Befestigung mit Mörtelmauern und dem Kammertor erst in spätkarolingischer oder gar bereits in frühottonischer Zeit, also wohl im 9. Jahrhundert, angelegt wurde. Neben den Keramikscherben wurden auch einige Sonderfunde aus Ton geborgen. Dazu gehören ein Spinnwirtel (Abb. 14,12) und mehrere Bruchstücke von flachen, scheibenförmigen Webgewichten (Abb. 14,13.14)48. Auch Funde aus Eisen sind mehrfach nachgewiesen, so eine Messerklinge mit geknicktem Rücken (Abb. 14,10), zwei nadelartige Werkzeuge (Abb. 11,6.7) und eine tüllenförmige Pfeilspitze (Abb. 11,8)49. Ein Klappmesser aus Eisen wurde in der Verfüllung direkt über der Schenkelmauer zwischen südlicher Ringmauer und südlichem Torfundament gefunden (Abb. 11,4). Es ist deshalb nicht zu klären, ob das Messer aus der frühmittelalterlichen Siedlung stammt, oder ob ein Arbeiter das Messer beim Abbrechen der Mauern verloren hat. Das wichtigste Fundstück aus Eisen wurde bei einer Begehung auf der Ackeroberfläche gefunden. Es handelt sich um eine frühmittelalterliche Bartaxt mit Schaftlochlappen (Abb. 15; 16). Sehr ähnliche als Werkzeuge oder aber auch als Waffen verwendete Äxte wurden auf dem Reißberg, Lkr. Bamberg, gefunden. J. Haberstroh datiert diese Funde in das 9./10. Jahrhundert und weist zurecht darauf hin, daß dieser Axttyp enge Bezüge unter den ostmitteleuropäischen Äxten des frühen Mittelalters besitzt50. Sonderfunde aus bearbeiteten Tierknochen liegen bislang nur in sehr kleiner Zahl vor. Eine Knochennadel, die zur Weiterverarbeitung von Stoffen oder Leder verwendet wurde, liefert einen weiteren Hin-

44 Ebd. 132–139. 45 Ebd. 170. 46 Zusammenstellung von Keramik aus diesen Gräberfeldern bei Ettel (Anm. 16) 175 Abb. 63. – Vgl. dazu auch A. Stroh, Die Reihengräber der karolingisch-ottonischen Zeit in der Oberpfalz. Materialh. Bayer. Vorgesch. 4 (Kallmünz/Opf. 1954). – Auch Keramik aus Regensburg besitzt deutliche Parallelen, insbesondere Stücke der Materialgruppen 1, 5 und 7 nach Wintergerst. Der für oberpfälzische Komplexe charakteristisch hohe Anteil von Goldglimmerware unterscheidet sich aber deutlich. Vgl. dazu M. Wintergerst, Die Ausgrabung „Ledergasse 1“ in Regensburg (1982). Eine formenkundliche Studie zur Keramik des 10.–13. Jahrhunderts in Bayern. Materialh. Arch. Mittelalter u. d. Neuzeit 4 (Rahden/Westf. 1999) 34 ff. 47 Vgl. dazu Losert (Anm. 30) 70 f. Abb. 9; 10; 12; 14. 48 Vergleichbare Webgewichte stammen beispielsweise aus der frühmittelalterlichen Burg von Roßtal. Ettel (Anm. 16) Taf. 182,17; 186,17; 187,1.2; 188,15-17; 190,1; 191,1.5.13. 49 Für die nadelförmigen Eisen und die Tüllenspitze finden sich viele Parallelen unter dem Fundmaterial der frühmittelalterlichen Burg Roßtal. Vgl. Ettel (Anm. 16) Taf. 130,24; 153,18; 170,6.7; 171,11, 189,8; 200,4 (zu Nadeln); Taf. 179,7 (zu Tüllenspitze). 50 J. Kirmeier/B. Schneidmüller/S. Weinfurter/E. Brockhoff, Kaiser Heinrich II. 1002–1024. Veröff. Bayer. Gesch. u. Kultur 44 (Augsburg 2002) 246.

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und hohen Mittelalter gerne als Reliquienbehälter benutzt, sind aber auch durchaus aus profanen Fundzusammenhängen bekannt, so beispielsweise 52 aus der Wüstung Holzheim bei Fritzlar in Hessen .

Zusammenfassung und Ausblick

Abb. 15. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Frühmittelalterlicher Lesefund von der Innenfläche der Burganlage; Bartaxt aus Eisen. – M 1:2.

weis auf die intensive handwerkliche Nutzung der Siedlung von Obermässing-„Greuth“ (Abb. 11,5)51. Ein mit Zirkelschlag- und Rankenornamentik verziertes Knochenplättchen war wahrscheinlich mit einem Eisenniet auf ein Holzkästchen aufgesetzt (Abb. 14,11). Solche Kästchen wurden im frühen

Die Ausgrabungen in der bis vor kurzem noch weithin unbekannten Burganlage „Greuth“ in der Schwarzachaue haben wichtige neue Aufschlüsse zum frühen Mittelalter im südlichen Mittelfranken gebracht. Insbesondere die Art der Torbefestigung und die Lage in der Flußaue sind bislang im frühmittelalterlichen Wehrbau der Region singulär. Vergleichbare zangenförmige Kammertore sind uns aus Westfalen, Nordhessen und Südniedersachsen bekannt. Sie gehören alle zu bedeutenden karolingischen bis frühottonischen Burgen, Königshöfen und Pfalzen des 9./10. Jahrhunderts. Die Grabungsfunde deuten darauf hin, daß auch die Wehrbauten der Burg „Greuth“ in dieser Zeit entstanden sein müssen. Eine Vorgängersiedlung und wahrscheinlich auch eine ältere Befestigung mit Wall oder Mauer aus dem 8./9. Jahrhundert ist durch die Grabungsbefunde zu belegen. Das zahlreiche Fundgut läßt darauf schließen, daß die Anlage im frühen Mittelalter intensiv bewohnt und genutzt wurde und wahrscheinlich auch dicht bebaut war. Verschiedenes Handwerk muß in der Siedlung ansässig gewesen sein. Welche politische, administrative, militärische oder merkantile Funktionen die Burg besessen hat, ist bislang noch nicht zu klären. Sicherlich hat der Flußlauf der Schwarzach für die Niederungsburg eine herausragende Rolle gespielt, wahrscheinlich als Transportweg. Vielleicht bestand von hier aus auch eine gute Anbindung an das Straßennetz. Aus zeitgenössischen Schriftquellen wissen wir noch nicht, welchen Namen die Burgsiedlung getragen hat. Es ist aber durchaus denkbar, daß ein Zusammenhang mit dem bekannten frühmittelalterlichen Königshof von Greding besteht. Es bleibt den Historikern vorbehalten, dieses Geheimnis zu lüften.

51 Eine ähnliche Knochennadel liegt beispielsweise aus der frühmittelalterlichen Burg Roßtal vor. Ettel (Anm. 16) Taf. 126,6. 52 Das Reich der Salier 1024–1125. Katalog zur Ausstellung des Landes Rheinland-Pfalz (Sigmaringen 1992) 351. – N. Wand, Holzheim bei Fritzlar in salischer Zeit – ein nordhessisches Dorf mit Herrensitz, Fronhof und Eigenkirche. In: H. W. Böhme (Hrsg.), Die Salier. Siedlungen und Landesausbau zur Salierzeit 1. In den nördlichen Landschaften des Reiches. Monogr. Röm.-Germ. Zentralmus 27 (Sigmaringen 1991) 207.

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Abb. 16. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“: Frühmittelalterliche Bartaxt.

Immerhin scheint der nahegelegene Weiler Holzi, das ehemalige Holzheim53, eindeutig auf eine königliche Anlage hinzudeuten. Solche Siedlungen sollen an Könighöfen und königlichen Burgen für die Holzwirtschaft zuständig gewesen sein54. Noch sind nur sehr kleine Bereiche der Innenfläche der Burganlage bekannt. Deshalb wissen wir nur sehr wenig über die Art und Form der Gebäudestrukturen. Einige Gruben deuten auf eine frühmittelalterliche Siedlung mit Pfostenbauten hin55. Wahrscheinlich gehörten dazu auch bereits Fachwerkbauten, die auf Steinschwellen aufgesetzt waren. Da diese Bauten nur flach im Boden verankert sind, lassen sie sich in der Regel bei Grabungen nur noch sehr schwer nachweisen. Die vielen im

Burginneren herausgepflügten Kalksteine – teilweise mit Kalkmörtelresten – deuten möglicherweise darauf hin, daß neben solchen Fachwerkhäusern auch einzelne repräsentative Steinbauten zur Burgsiedlung gehörten. Die für frühmittelalterliche Siedlungen, vor allem für das Handwerk, charakteristischen Grubenhäuser56 wurden wahrscheinlich wegen der Überschwemmungsgefahr in der Talaue nicht angelegt. Um mehr über die Innenbebauung der Niederungsburg zu erfahren, ohne gleichzeitig mit großflächigen Ausgrabungen das Bodendenkmal weiter zerstören zu müssen, wäre es wünschenswert, zur Innenfläche einen Magnetometerplan anzufertigen.

53 Dieser ehemalige Ortsname ist uns auf historischen Landkarten des 16. und 17. Jahrhunderts überliefert. Vgl. dazu K. T. Platz, Hilpoltstein vom Frühmittelalter bis zur frühen Neuzeit. Archäologische, baugeschichtliche und historische Aspekte zur Entwicklung einer mittelfränkischen Burg und Stadt. Arb. Arch. Süddeutschland 12 (Büchenbach 2000) Anm. 666. 54 Freundl. Hinweis von Dr. M. Hensch, Regensburg. 55 Zu den möglichen Bautypen vgl. Pfostenbauten in Roßtal. Ettel (Anm. 16) 118–122. 56 Vgl. dazu beispielsweise Grubenhäuser von Roßtal. Ettel (Anm. 16) 110–114.

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Abb. 17. Greding-Obermässing, Burg „Greuth“, Rekonstruktionsversuch des Nordwesttores in karolingisch-ottonischer Zeit (Zeichnung: N. Riedel, BLfD Nürnberg, nach Entwurf des Verf.).

Das wichtigste Ziel der Ausgrabungen, der langfristige Erhalt und Schutz dieses für die Region einmaligen Bodendenkmals aus dem frühen Mittelalter, scheint sich zu erfüllen. Im Jahr 2004 wurde auf der gesamten Ackerfläche Grasland angelegt57.

Dadurch wird einerseits der stetigen Zerstörung durch den Pflug Einhalt geboten. Andererseits bietet dies die einzige Möglichkeit, unerwünschte Sondengänger und Raubgräber von der Anlage fernzuhalten.

57 Diese keinesfalls selbstverständliche und höchst uneigennützige Maßnahme des Grundeigentümers muß besonders herausgestellt und gewürdigt werden. Nachtrag: Für deses Engagement und die Unterstützung der Forschungsarbeiten wurde J. Heindl im Herbst 2007 mit der Denkmalschutzmedaille des Freistaates Bayern ausgezeichnet.

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