Die Eburonen – Was geschah mit einem vorgeschichtlichen Volk im Rheinland?
Magisterarbeit zur Erlangung des Grades einer Magistra Artium
vorgelegt der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn
von Miriam Jolien Blümel aus Köln
Eidesstattliche Erklärung
An Eides Statt versichere ich, dass die Arbeit
Die Eburonen – Was geschah mit einem vorgeschichtlichen Volk im Rheinland? von mir selbst und ohne jede unerlaubte Hilfe angefertigt wurde, dass sie noch keiner anderen Stelle zur Prüfung vorgelegen hat und dass sie weder ganz, noch im Auszug veröffentlicht worden ist. Die Stellen der Arbeit – einschließlich Tabellen, Karten, Abbildungen usw. -, die anderen Werken dem Wortlaut oder Sinn nach entnommen sind, habe ich in jedem einzelnen Fall als Entlehnung kenntlich gemacht.
Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort I. Einleitung
1
II. Historisches
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III. Archäologisches
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a) Neun Fundplätze im linksrheinischen Rheinland 1. Niederzier-Hambach (Kr. Düren), spätlatènezeitliches „Mehrhausgehöft“ (Hambach 382)
14
2. Beringen (Belgien), Goldschatzdepot
19
3. Heers (Belgien), Münzschatz
21
4. Kreuzweingarten (Kr. Euskirchen), „Alter Burgberg“
24
5. Jülich-Bourheim (Kr. Düren), spätlatènezeitliches Einzelgehöft
27
6. Eschweiler-Laurenzberg (Kr. Aachen), spätlatènezeitliches „Mehrhausgehöft“
29
7. Inden (Kr. Düren), spätlatènezeitlicher Opferplatz (?)
34
8. Kreuzau-Winden (Kr. Düren), Abschnittswall „Hochkopf“
Vorwort An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, mich bei allen Personen zu bedanken, die Anteil am Zustandekommen der vorliegenden Arbeit hatten. In erster Linie ist Prof. H. E. Joachim zu nennen, der diese Magisterarbeit betreut hat. Ganz besonders danke ich auch den Mitarbeitern des Rheinischen LandesMuseums Bonn, welche mit „gutem Rat“ zur Seite standen, allen voran Dr. Michael Schmauder. Schließlich danke ich meinem Vater, Michael Blümel, und meinem Onkel, Harald Sieber, die sich die Zeit genommen haben, vorab die Arbeit durchzulesen und mit mir zu besprechen.
Diese Magisterarbeit widme ich meiner Großmutter, Gertrud Schäfer, geboren 1926 in Oberzier (Kr. Düren).
I. Einleitung
Einstieg und Ausgangspunkt für die Überlegung, mich dem Thema „Eburonen“ im Rahmen einer Magisterarbeit zu widmen, war mein Referat anlässlich eines Mittelseminars der Abteilung für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie des Instituts für Kunstgeschichte und Archäologie der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn zur Vorbereitung einer Ausstellung im Rheinischen LandesMuseum Bonn 2007 - Krieg und Frieden. Kelten, Römer und Germanen - bei Dr. Michael Schmauder. Es behandelte das Volk der Eburonen, welches bis 50 v. Chr. auf der linken Rheinseite ansässig war. Angeblich hatte es dann aufgehört zu existieren, da Caesar in seinem Buch „De Bello Gallico“ den Eindruck vermittelt, den Stamm der Eburonen vollständig vernichtet zu haben. Zahlreiche archäologische Funde und Befunde weisen allerdings darauf hin, dass Teile der Bevölkerung noch nach 50 v. Chr. existierten, auch wenn sie in der schriftlichen Überlieferung nicht mehr unter dem ethnischen Kollektiv „Eburonen“ zu fassen sind. Meine Idee ist es, mit dieser Magisterarbeit eine Kompilation sämtlicher Quellen über die Eburonen zu veröffentlichen, die derzeit vorliegen. Im zweiten, kürzeren Teil werde ich die historischen Quellen zu den Eburonen beleuchten, ihr dort genanntes Siedlungsgebiet, ihre Stammesstruktur und ihre Anführer vorstellen. In diesem Zuge ergibt sich direkt die prekäre Frage nach der Problematik
der
ethnischen
Zuordnung.
Dürfen
wir
archäologische
Hinterlassenschaften einem bestimmten Volk oder Stamm zuschreiben, nur weil ein antiker Geschichtsschreiber von jenen Menschen behauptet, sie hätten sich mit diesem Namen bezeichnet oder wären dort ansässig gewesen? Sollten nicht vielmehr in umgekehrter Reihenfolge die Auswertung der archäologischen Zeugnisse Rückschlüsse liefern auf eine mögliche gemeinsame Identität, z.B. aufgrund ähnlicher Beschaffenheit der Sachkultur? Der dritte Teil liefert alle bislang existenten achäologischen Quellen. Es handelt sich um Siedlungsplätze, wo „Eburonen“ den schriftlichen Quellen gemäß gelebt haben sollen, zwei belgische Schatzfunde und um eine potentielle Kultstätte. Im Zusammenhang der Siedlungsplätze wird sich immer wieder die Frage ergeben, ob Befunde und Funde eher dem germanischen oder eher dem keltischen Kulturbereich
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zuzuordnen sind, inwieweit sie sich untereinander vergleichen lassen und wie sie miteinander zeitlich und räumlich in Verbindung stehen. Mit diesen Auswertungen im Detail werde ich versuchen, eine Antwort auf die folgenden Fragen zu finden: Haben wir es bei den vorgestellten Fundplätzen wirklich mit Eburonen zu tun oder nicht? Und wenn ja: was geschah mit diesem vorgeschichtlichen Volk hier im Rheinland?
II. Historisches - Die Geschehnisse 54 – 51 v. Chr., die Eburonen in Caesars „Bellum Gallicum, ihr Siedlungsgebiet, ihre Stammeskultur und ihre Anführer - die Problematik der ethnischen Fragestellung -
Die wichtigste schriftliche Quelle über das Volk der Eburonen ist Caesars „Gallischer 1 Krieg“ . Als allererstes erwähnt er sie in seinem zweiten Buch und zählt sie zu den
„germani cisrhenani“, also zu den diesseitigen, d.h. linksrheinischen Germanen. In Abschnitt 4 nennt Caesar die Eburonen zusammen mit den Kondrusen, Kärosern, Aduatukern und Kämanern, welche mit einem Namen Germanen heißen. Von ihrem Siedlungsgebiet sagt er, es befinde sich zwischen Maas und Rhein2. So heißt es z.B. im Buch 5, Kapitel 24: „Eine Legion, welche er (Caesar) kürzlich jenseits des Po ausgehoben hatte und fünf Kohorten schickte er in das Gebiet der Eburonen, dessen größter Teil zwischen der Mosa und dem Rhein ist; welcher unter der Herrschaft des Ambiorix und Catuvolcus standen.“ Außer dem Siedlungsgebiet nennt Caesar auch gleich die beiden Anführer der Eburonen. Der Stamm wurde nämlich von diesen beiden in verschiedenen Territorien herrschenden Fürsten regiert. Ambiorix regierte im Westen als Nachbar der Aduatuker und sein Bruder Catuvolcus in der Mitte des Stammesgebietes. Im Nordwesten müssen die Eburonen laut Caesar bis an die See gewohnt haben. Ihr Gebiet grenzte dort an das der Menapier. Ihre westlichen Nachbarn waren die Aduatuker, die südlichen die Segnier und Condrusen. Noch weiter im Süden war das Territorium der Treverer, deren clientes sie waren, d.h. sie waren ihnen 1
G.J. Caesar, Gallischer Krieg. Übersetzungs-Bibliothek griechischer und römischer Klassiker, Band 560 (Hollfeld 1997).
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tributpflichtig . Die zentrale Befestigung des Eburonengebiets hatte den Namen „Aduatuca“. In Buch 6, Kapitel 32 schreibt Caesar dazu: „Dann teilte er sein Heer in drei Teile und brachte das Gepäck der sämtlichen Legionen nach Aduatuka. Das ist der Name eines festen Platzes. Dieser befindet sich mitten im Gebiet der Eburonen...“ 54 v. Chr. errichteten die Römer im Gebiet der Eburonen ein Winterlager. Es stand unter dem Befehl der Legaten L. Aurunculeius Cotta und Q. Titurius Sabinus und beherbergte eine Legion und fünf Kohorten. Ungefähr 15 Tage nachdem das Winterlager aufgebaut war, überfielen eburonische Krieger das Lager, obwohl Stammesmitglieder es zuvor mit Getreide beliefert hatten. Dabei wurden ein Fünftel der Armee getötet, auch beide Legaten fielen und nur wenigen römischen Soldaten gelang die Flucht in ein südwestlich gelegenes Winterlager des Titus Labienus im Gebiet der Remer. Caesar deutete diesen Überfall als Aufstand und Verrat, geplant und durchgeführt von Ambiorix. Durch die Niederlage der Römer angespornt gelang es diesem darüber hinaus, die Aduatuker und die Nervier für einen erneuten massiven Angriff auf das Winterlager des Q. Tullius Cicero im Gebiet der Nervier zu gewinnen. Dieser konnte durch die Vorwarnung Caesars nur knapp einer Niederlage entgehen, diesmal wurden die Eburonen und ihre Verbündeten vernichtet oder in die Flucht geschlagen. Ab 53 v. Chr., dem sechsten Jahr des gallischen Kriegs, nahm sich Caesar fest vor, sich ganz auf den Kampf sowohl gegen die Treverer als auch gegen die Eburonen zu konzentrieren. Die komplette Armeebesetzung unter dem Befehl des Q. Tullius Cicero wurde erneut nach Aduatuca geschickt, diesmal unter dem Schutz der 14. Legion. Das eburonische Gebiet wurde der allgemeinen Plünderung preisgegeben. Es folgten 2000 sugambrische Reiter, die zunächst vor allem Vieh erbeuteten, dann aber gegen das römisch besetzte Aduatuca vorrückten. Ihr Angriff scheiterte allerdings. Ambiorix gelang die Flucht, Catuvolcus beging Selbstmord. Den führerlosen Stamm plante Caesar, einfach auszurotten4.
2
s. Abb. 1 H.v. Petrikovits, Germani Cisrhenani, in: H.Beck/ H. Jankuhn, R. Wenskus (Hrsg.), RGA Erg.-Bde. 1 (Berlin 1986) 92. 4 H.-E. Joachim, Die Eburonen – Historisches und Archäologisches zu einem ausgerotteten Volk caesarischer Zeit, in: G.v. Büren/ E. Fuchs (Hrsg.), Jülich: Stadt – Territorium – Geschichte zum 3
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Dazu schreibt er im Buch 6, Kapitel 34: „Wenn er (Caesar) die Angelegenheit beendet und den Stamm verbrecherischer Menschen getötet wissen wollte, mussten mehrere Scharen abgesandt und die Soldaten vereinzelt werden...“ Und in Kapitel 43 heißt es: „Alle Dorfschaften und Gehöfte, derer man ansichtig geworden war, wurden angezündet, Beutevieh wurde aus allen Gegenden weggetrieben...“ Obwohl Caesar im Jahr 53 v. Chr. eine gewaltige Streitmacht gegen die Eburonen eingesetzt hatte und plastisch von den Morden unter der Bevölkerung und der Verwüstung des Landes spricht, ist trotzdem wahrscheinlich, dass sein Erfolg nicht allzu groß war5. Ambiorix entkam immerhin seinen Verfolgern, und der Verwüstung des Landes wurden dadurch Grenzen gesetzt, dass die römischen Truppen sich in dem dicht bewaldeten Gebiet nicht frei und in den gewohnten Schlachtordnungen bewegen konnten. Wenn wirklich kein Teil des Eburonenlandes und kein Stammeskrieger verschont geblieben wäre, hätte einer der Heerführer namens Hirtius zwei Jahre später nicht vom Gegenteil berichtet: In Buch 8, Kapitel 24, Abschnitt 4 schreibt er: „Er (Caesar) selbst brach auf, um das Gebiet des Ambiorix in eine völlige Wüste zu verwandeln. Nachdem er die Hoffnung aufgegeben hatte, den völlig verängstigten Flüchtling (Ambiorix) in seine Gewalt zu bekommen, hielt er es danach für seine Ehre am angemessensten, dessen Gebiet so vollständig der Bürger, der Gebäude und des Viehs zu berauben, dass Ambiorix, von den Seinen gehasst, wenn das Schicksal einige überleben ließe, wegen des furchtbaren Unglücks nicht mehr zu seinem Stamm heimkehren könnte. Nachdem Caesar in alle Teile des Gebietes von Ambiorix entweder Legionen oder Hilfstruppen abkommandiert und alles durch Massaker, Feuer und Plünderung verwüstet, sowie eine große Anzahl Menschen getötet oder gefangengenommen hatte, sandte er Labienus in das Land der Treverer…“ Es wird also deutlich, dass Ambiorix im Jahr 53 v. Chr. zwar die direkte Gewalt über die Eburonen verloren hatte, der Stamm offensichtlich aber weiterexistierte und in der Folgezeit Ambiorix auch wieder Einfluss gewann. So sah Caesar sich zwei Jahre 75jährigen Jubiläum des Jülicher Geschichtsvereins 1923 e.V., Jülicher Geschichtsblätter 1999/2000 (Kleve 2000)159. 5 W. Eck, Geschichte der Stadt Köln. 1: Köln in römischer Zeit: Geschichte einer Stadt im Rahmen des Imperium Romanum (Köln 2004) 41 ff. 4
später, ab 51 v. Chr. erneut gezwungen, gegen die Eburonen vorzugehen. Hirtius spricht von weiteren Legionen und Hilfstruppen, die er dabei eingesetzt hat. Wiederum ist die Rede von Verwüstung und von einer großen Zahl von Menschen, die getötet oder gefangen genommen wurde. Aber von der Vernichtung des Stammes spricht er nicht. Ceasars Ziel war es, bei den Eburonen so viel Hass gegen Ambiorix zu erregen, dass es ihm unmöglich war, zu seinem Volk zurückzukehren. Auch sollte den Eburonen die Möglichkeit genommen werden, erneut eine romfeindliche Machtstellung zu erlangen. Zumindest letzteres ist Caesar auf jeden Fall gelungen: Die Eburonen verschwinden nach 50 v. Chr. als politische Gemeinschaft mit diesem Namen aus der Geschichte. Nur wird, wenn man den Bericht Caesars und vor allem Hirtius im 8. Buch ohne Vorannahmen liest, eben nicht von der totalen Auslöschung oder auch nur der Mehrheit der Bevölkerung gesprochen. Caesar will rhetorisch lediglich den Eindruck erwecken. Immerhin galt es, Rom von seinen Erfolgen zu überzeugen oder auch Soldatennachschüben die Angst vor dem „Barbarenland“ zu nehmen. Seine Vorgangsweise gegen die Eburonen hatte Caesar schon mal an früherer Stelle gerechtfertigt 6, nämlich in Buch 5, Kapitel 28, als er schrieb: „...es war kaum zu glauben, dass der unbekannte und unbedeutende Staat der Eburonen freiwillig das römische Volk mit Krieg zu überziehen gewagt hatte...“ Verwirrung hat Caesar mit der Angabe über das eburonische castellum Aduatuca angerichtet: Er sagte, es liege mitten im Gebiet der Eburonen7. Das kaiserzeitliche Aduatuca, also das castellum, das nach der „Vernichtung“ der Eburonen entstand (siehe Kapitel IV, Abschnitt 1), liegt zweifelsfrei im Stadtgebiet vom heutigen Tongeren. Das alte Winterlager Aduatuca aus der Zeit des Gallischen Krieges kann sich rein von der Logik her allerdings nicht in dessen unmittelbarer Nähe befunden haben. Tongeren liegt nämlich nicht in der Mitte des ehemaligen Eburonengebiets, sondern links der Maas, also bestenfalls am äußersten Westrand ihres Gebiets. Es gibt hierfür zwei Lösungsmöglichkeiten: 1. die Angabe Caesars über die Gebietsausdehnung und das castellum Aduatuca ist falsch. 2. Aduatuca (Tongeren) lag nicht mehr im Eburonengebiet, ist also nicht mit dem von 6
Joachim 2000, 159.
5
Caesar angeführten Eburonen-Aduatuca identisch. Die einheimische VorgängerSiedlung des kaiserzeitlichen Aduatuca, also Tongeren, müsste demnach noch im Aduatuker-Gebiet gelegen haben, was letztendlich der Ortsname auch nahe legen würde. Jedenfalls gibt es bislang noch kein archäologisch nachgewiesenes Winterlager Aduatuca aus dem Jahr 54/53 v. Chr. Kommen wir im weiteren zur Frage der ethnischen Einordnung der Eburonen: Eigentlich war der Rhein für die Römer immer die Grenze zwischen Germanen und Kelten
8
und dennoch bezeichnet Caesar einige linksrheinische Stämme als
linksrheinische Germanen (germani cisrhenani). Die Eburonen erwähnt er in diesem Zusammenhang an drei Stellen9:
Buch 2, Kapitel 4: „...die Kondrusen, Eburonen, Käröser, Pämanen, welche mit einem Namen Germanen heißen...“ Buch 6, Kapitel 32: „Die Segni und Condruser aus der Völkerschaft und der Zahl der Germanen, die zwischen den Eburonen und den Treverern wohnen, schickten Gesandte zu Caesar, um ihn zu bitten, sie nicht als Feinde zu behandeln und nicht zu meinen, dass es eine gemeinschaftliche Unternehmung aller Germanen, die diesseits des Rheins sich befänden, sei...“ Buch 6, Kapitel 5: „Es waren dem Gebiet der Eburonen benachbart und durch fortlaufende Wälder und Sümpfe geschützt die Menapier...“ In jedem Fall zählt Cäsar die Eburonen zu den Germanen, ohne explizit zu behaupten, dass sie tatsächlich Germanen sind10. Der Name der Eburonen ist jedoch mit Sicherheit als keltisch anzusprechen. Er leitet sich ab vom keltischen „eburos“, d.h. Eibe oder Taxusbaum, von denen es laut Caesar eine große Anzahl in Gallien und Germanien gab11. Im übertragenen Sinn
7
Petrikovits 1986, 92 ff. H. Galsterer, Romanisation am Niederrhein in der frühen Kaiserzeit. In: Thomas Grünewald (Hrsg.), Germania inferior. Besiedlung, Gesellschaft und Wirtschaft an der Grenze des römisch-germanischen Welt. RGA Erg.-Bde. 28 (Berlin/New York 2001) 20. 9 Petrikovits 1986, 88. 10 Petrikovits 1986, 92. 11 W. Kaemmerer, Eschweiler in seiner Geschichte I (Eschweiler 1964) 42 ff. 8
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könnte er bedeutet haben: das Volk „denen die Eibe heilig ist“. Die Verehrung der Eibe ist in der keltischen Religion eher nachzuweisen, als in der germanischen. Ein heiliger Baum war ganz konkret mit dem Territorium eines Stammes verwurzelt, wodurch er dem dazugehörigen Menschenverband im wahrsten Sinne des Wortes 12
als Stamm-Baum galt . Heilige Bäume im Kollektiv gaben als Hain, Wald oder baumumstandene Lichtung Kultstätten ab, die nicht unbedingt einen Schrein oder ein Götterbild brauchten. Der Mythologie zufolge besaß die Eibe die Eigenschaften aller heiligen Bäume in Potenz: Sie ist immergrün und trägt rote Beeren, die als Gift und Arznei Verwendung finden. Bedingt durch diese Eigenschaften sei sie der Baum mit der stärksten Verbindung zur Anderswelt. Auch antike Geschichtsschreiber, wie z.B. Lucans überliefern, dass die Eibe bei den Kelten einen kultischen Stellenwert hatte. Bei Massilia, schreibt er, gab es einen großen Hain mit Eiben, der den gallischen Göttern geweiht war. Aus dem Inselkeltischen gibt es Erzählungen, dass Eibenzweige, in denen Ogham-Zeichen eingeritzt waren, zu magischen und divinatorischen (zukunftsvorhersehenden) Zwecken verwendet wurden. Der eine der beiden Anführer, Catuvolcus, hatte sich übrigens mit Eibengift suizidiert, das ist das in Holz, Rinde, Nadeln und Samen enthaltene Alkaloid Taxin13. Hierzu schreibt Caesar im Buch 6, Kapitel 31: „Als Catuvolcus, der König der Hälfte der Eburonen, der mit Ambiorix gemeinschaftlich den Plan geschmiedet hatte, vom Alter geschwächt, die Strapazen des Krieges oder der Flucht nicht ertragen konnte, tötete er sich....mit Eibenbaum, von dem es in Gallien und Germanien eine große Menge gibt.“ Denkbar ist hierbei also auch, dass es sich bei dem Eibengift um eine rituelle Selbsttötung handelte. Auch überlieferte Ortsnamen wie Aduatuca oder Personennamen (wie Ambiorix und Catuvolcus) sind keltisch. Die Bestandteiler beider Fürstennamen, allen voran aber die Nachsilbe –rix lassen den Vergleich und die Zusammengehörigkeit mit anderen, eindeutig keltischen Namensformen jener Zeit erkennen14. Die Nachsilbe –rix kehrt bei den Namen der meisten gallischen Stammesfürsten wieder, die damals als 12
S. Botheroyd, Lexikon der keltischen Mythologie (München 1992) s.v. „Bäume“ 29 ff. H. Beck/ H. Jankuhn, R. Wenskus (Hrsg.), Reallexikon der germanischen Altertumskunde 1986) 348-350 s.v. Eburonen (G. Neumann). 14 Kaemmerer 1964, 47 ff. 13
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Gegner Caesars in Erscheinung traten. Sie entspricht zwar dem lateinischen rex, hat aber ebenso wenig wie dieses die enge Bedeutung von König an sich. Vielmehr impliziert das keltische –rix den Begriff und Sinn eines Stammesfürsten, vergleichbar mit dem frühgermanischen Herzog. Im Stamm des Namens Ambiorix steckt das keltische ambi, was sich mit Fluss oder Wasser übersetzen lässt. Demnach könnte der Name Ambiorix etwa die Bedeutung von „Flussbeherrscher“ gehabt haben. In der Tat war er Herrscher über ein Gebiet, das zwischen zwei großen Flüssen, dem Rhein und der Maas, gelegen hat. Auch der Name Catuvolcus ist keltischen Ursprungs. Catu bedeutet Kampf. Der andere Name volcus könnte sich ableiten von volco =schnell, wonach Catuvolcus als „schneller Krieger“ zu übersetzen wäre. Es ist möglich, dass nicht alle Eburonen ausschließlich keltisch gesprochen, sondern dass dies aus Prestigegründen wohl vor allem bei der Oberschicht üblich war. Ihre ursprüngliche Sprache könnte wirklich eine germanische und noch zur Zeit von Caesars Gallischen Krieg verbreitet gewesen sein. Es gibt linguistische Belege, dass sich selbst im Innergermanischen Fürsten und andere hochgestellte Personen keltische Namen aus Prestigegründen zugelegt haben15. Trotzdem bleibt es fraglich, ob sich die Eburonen eher als „Kelten“ oder eher als „Germanen“ verstanden haben, ob sich ihnen die Frage dieser ethnischen Zuordnung überhaupt jemals gestellt hat, ganz zu schweigen davon, dass es sich bei den beiden Bezeichnungen ohnehin nur um Konstrukte, um Fremdbezeichnungen antiker Autoren der betreffenden Völker handelte. Haben sie sich überhaupt als geschlossene Volksgemeinschaft verstanden und wenn ja, wie würde diese mit ihren archäologischen Hinterlassenschaften für uns greifbar werden? Ethnische Interpretationen von Bodenfunden gelten häufig als zentrales Anliegen archäologischer Forschung16. In erster Linie stand in der Vergangenheit oftmals der Versuch dahinter, nationale Identitäten zu bekräftigen, indem man archäologische Funde den eigenen Vorfahren zuschrieb. Dieses nationalstaatliche „Modell“ kann jedoch nicht auf früh- oder vorgeschichtliche Verhältnisse projiziert werden. Zwar erwähnen antike Berichte, wie eben jene von Caesar, eine Vielzahl von „Völkernamen“, doch handelte es sich dabei in erster Linie um klassifizierende, ordnende Beschreibungen aus der Fremdperspektive, die über Vorstellungen und 15
A. Scherer, in: Corolla linguistica, Festschr. F. Sommer, 1955, 199-210.
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Verhältnisse bei den verschiedenen „Barbarengruppen“ allenfalls bedingten Aufschluss geben. Die allen voran sprachlich definierten (und daher keine Ethnien repräsentierenden) Kelten, Germanen oder Slawen lassen sich nicht jeweils einer homogenen „archäologischen Kultur“ zuordnen, sondern werden jeweils mit einer 17
größeren Zahl von regionalen Gruppen in Verbindung gebracht . Gustav Kossinna hatte 1927 noch behauptet, dass „streng umrissene, scharf sich heraushebende, geschlossene archäologische Kulturprovinzen unbedingt mit 18
bestimmten Völker- und Stammesgebieten“ zusammenfallen . Sicherlich stehen hinter einer geschlossenen Kulturgruppe bestimmte soziale Vorgänge und Zustände. Wer aber behauptet, dass es sich um Vorgänge und Zustände handelt, die von einem Stammesbewusstsein geleitet waren? Es ist jedenfalls nicht anzunehmen, dass eine klar definierte Kultur gleichzeitig neben der anderen lag. Es wird immer wieder Räume dazwischen gegeben haben, die weder der einen noch der anderen voll angehörten und deren verbindende Züge zu einer Zeit mehr in die eine, zu einer anderen Epoche mehr in die entgegen gesetzte Richtung deuten konnten, ohne dass wir stets mit ethnischen Wechseln zu rechnen brauchen19. Ebenso kann es im Fall der Eburonen gewesen sein. Seitdem sich die Sozialwissenschaften seit den 1960er Jahren und angesichts heutiger politischer Entwicklungen verstärkt mit „Ethnizität“ und sozialen „Identitäten“ beschäftigten, haben damit verbundene Fragen auch für die Archäologie an Bedeutung und Aktualität gewonnen. Ein Ausdruck dessen ist u.a. die Herausbildung der „contextual archeology“: Sie versucht, Funde und Befunde in ihrem jeweiligen Kontext zu sehen, d.h. vor allem die „Sachkultur“ mehr als Bedeutungsträger zu verstehen.
Dieser
Forschungsströmung
Tendenz „Vom
entspricht Text
zum
beispielsweise Kontext“
in
auch der
die
neuere
volkskundlichen
Erzählforschung, eine der am längsten „etablierten“ Richtungen des Faches20. Die moderne Kontextforschung begann in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg mit der 16
S. Brather, Ethnische Interpretationen in der frühgeschichtl. Archäologie: Geschichte, Grundlagen und Alternativen. Ergänzungsbände zum RGA 42 (2004) 613 ff.
17
Brather 2004, 623.
18
G. Kossinna, Ursprung und Verbreitung der Germanen in vor- und frügeschichtlicher Zeit II (1927), 297. 19 R. Wenskus, Stammesbildung und Verfassung. (Köln/Graz 1961) 135-136. 20
L. Röhrich, Erzählforschung. In: R.W. Brednich (Hrsg.), Grundriss der Volkskunde (Berlin 2001) 515. 9
Entdeckung großer ErzähIerpersönlichkeiten und setzte sich damit von der noch immer vorherrschenden romantischen Vorstellung von der Anonymität und Kollektivität des „wahren Volksgutes“ ab. Das Forschungsinteresse verlagerte sich nun mehr von den eigentlichen Erzählungen hin zu den Erzählern, den Erzählgelegenheiten, den Erzählweisen, den Wechselwirkungen zwischen den Erzählungen und den gesellschaftlichen Systemen. Indem Kontextanalyse das gesamte Lebensumfeld der mündlichen Traditionen in der Gesellschaft in die Betrachtung einschloss, strebte sie keine Erklärung für diese Überlieferung an, sondern fragte nach ihrer Bedeutung, ihrem Sinn und ihrer Funktion. Diese sind kontextabhängig, d.h. der Kontext bestimmt in der konkreten Situation über die Bedeutung
des
Übermittelten:
Er
fungiert
als
der
Interpretant
der
Volksüberlieferung21. Ebenso ließe sich dieses volkskundliche Modell auf die archäologische Fundinterpretation übertragen. Die Eroberung Galliens war um 50 v. Chr. mit den Feldzügen gegen die Stämme zwischen Rhein und Maas abgeschlossen. In das weitgehend verwüstete und auch entvölkerte
Eburonengebiet
wanderten
wohl
zunächst
ohne
ausdrücklichen
römischen Schutz die rechtsrheinischen Ubier ein, wobei unklar ist, ob ihre reguläre Umsiedlung bereits während der ersten Statthalterschaft Agrippas (39/38 v. Chr.) oder während seiner zweiten Statthalterschaft (20-18 v. Chr.) vorgenommen wurde22. Marcus Vipsanius Agrippa war zweifacher Statthalter Galliens und Gründer des 23
oppidum Ubiorum, der frühesten Ansiedlung auf heutigem Kölner Boden . Seine Tochter war Agrippina, die Ältere24. Sie und Germanicus wiederum hatten Agrippina, die Jüngere zur Tochter, welche im Jahr 50 n. Chr. den Status der Colonia für ihren Geburtsort im oppidum Ubiorum bewirkte: Colonia Claudia Ara Agrippinensium25. Im westlichen ehemaligen Eburonengebiet wurden Texuandrer, wahrscheinlich Reste der Eburonen angesiedelt und im südlichen Gebiet Reste von Aduatukern und weiteren versprengten Eburonen. In diesem südlichen Teil entstand dann der Stamm 21
R.W. Brednich, Methoden der Erzählforschung. In: S. Göttsch/A. Lehmann, Methoden der Volkskunde. Positionen, Quellen, Arbeitsweisen der Europäischen Ethnologie (Berlin 2007) 67-68. 22 Joachim 2000, 160. 23 H. Cancik/H. Schneider (Hrsg.), Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike (Stuttgart/Weimar 1996) 294 s.v. „Agrippa“. 24
Der neue Pauly, 297.
25
Der neue Pauly, 298. 10
der Tungrer, von dem sich heute die Stadt Tongeren ableitet. Auch der nördliche Stamm der Baetasier und der südliche Stamm der Sunucer könnte sich aus Resten der Eburonen zusammengesetzt haben. Durch die Vermischung mit den Ubiern werden diese Rest-Eburonen mit Sicherheit auch die Grundlage der neuen Bevölkerung der neuen Ubier Stadt, dem Oppidum Ubiorum, gebildet haben und waren somit auch die Vorfahren der späteren Agrippinenser26. Bei der „Vernichtung“ der Eburonen wird es sich wohl in erster Linie um die des namentragenden Hauptverbandes gehandelt haben, wobei einige an der Peripherie 27
siedelnden pagi wohl weitestgehend ungeschoren davon kamen . Ein Sippenverband wird im gallischen Raum als pagus bezeichnet, mehrere pagi ergeben
einen
Stamm.
Solche
Zusammenschlüsse
können
entweder
auf
gemeinsamer Abstammung beruhen oder das Ergebnis politischer Entscheidungen sein28. Wahrscheinlich waren die Sippenverbände der Eburonen, ähnlich wie die der übrigen Stämme zwischen Rhein und Maas, sowie im freien Germanien, Gemeinschaften aus gleichberechtigten sozialen Gruppen. Der Kern jeder Gemeinschaft war die Familie, die zusammen in einem Wohnstallhaus oder Mehrhausgehöft lebte, in der Regel als Großfamilie. Sie betrieb Ackerbau und Viehzucht an ihrem Wohnort. Ausschlaggebend für Erb- und Besitzansprüche war die
Abstammung
vom
Vater.
Trotzdem
hatten
auch
Frauen
in
diesem
Gemeinschaftssystem eine ebenbürtige Position, denn sie garantierten den Fortbestand der eigenen Sippe, die Solidarität mit der angeheirateten Sippe und standen unter dem Schutz der eigenen Verwandtschaft und des Ehemanns. Jede Gemeinschaft hatte außerdem ihre „Experten“: Priester, Heilkundige, Seher(innen), Handwerker oder andere Personen mit außergewöhnlichen Qualitäten29. Auch „Anführer“ zählen hierzu. Einer von allen erwählten und akzeptierten Persönlichkeit mit entsprechenden Kompetenzen übertrug der Stamm die politische Verantwortlichkeit, vor allem in Notsituationen, wie z.B. die der römischen Bedrohung.
Diese „Experten“ sollten Ratschläge geben, die anerkannt wurden,
26
H. Galsterer, Von den Eburonen zu den Agrippinensiern. Aspekte der Romanisierung am Rhein. Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte 23, 1990, 117-118. 27 Galsterer 2001a, 21. 28 U. Heimberg, Gesellschaft im Umbruch. Aspekte der Romanisierung – 1. Gleichheitsnormen zwischen Rhein und Maas, in: Das Rheinische LandesMuseum Bonn, H. 4 (1997), 81. 29
Heimberg 1997, 84. 11
keine Befehle, die Gehorsam verlangten. Nach Beendigung der Krise traten sie in der Regel wieder zurück, auch wenn ihr Erfolg zu deren Lösung beigetragen hatte. Im Fall der Eburonen gab es sogar zwei Anführer. Sie konnten die Notsituation jedoch nicht zum positiven wenden und zogen „ihre“ Konsequenzen auf andere Art und Weise. Genauso wenig wie Führungspersönlichkeiten ihren Status in Friedenszeiten aufrecht erhielten, gab es keine Armee von Kriegern im Sinne eines stehenden, einsatzbereiten Heeres. Deshalb standen die römischen Truppen bei den Eroberungszügen
auch
nicht
ebenbürtigen
Armeen
gegenüber,
sondern
30
heterogenen Stammesmilizen, deren Stärke eher der Guerillakampf war . Insofern richteten sich die Kampfhandlungen zwangsläufig auch gegen die ansässige Bevölkerung: Zwar konnte sie sich in einer Schlacht durch Ausweichen in Wälder, Sümpfe und Dünen entziehen. Äcker, Weiden und Siedlungen waren dem Feind dann folglich schutzlos ausgeliefert. Dessen Taktik verlangte jetzt Plünderung, Verwüstung und komplette Zerstörung. Caesars Invasionen hatten also gerade in den weniger entwickelten Gebieten wie dem Territorium der Eburonen die katastrophalsten Auswirkungen. Zu der Kriegsführung der „Verbrannten Erde“ kam eine grausame Dezimierung der Bevölkerung. Außer die Eburonen traf es außerdem die Nervier, Aduatuker, Menapier und Moriner an der Küste mit besonderer Härte. Den Kriegswirren muss wohl eine Zeit der Orientierungslosigkeit und Verzweiflung gefolgt sein, gezeichnet vom Ende traditioneller Zusammenhalte und ausgewogener Machtverhältnisse, von Identitätsverlust, der Zerstörung von Existenzgrundlagen, von Hungersnöten, Bevölkerungsrückgang und materieller Armut.
30
U. Heimberg, Was bedeutet Romanisierung? Das Beispiel Niedergermanien. Antike Welt 29 (1998) 19-40, 26-27.
12
III. Archäologisches
a) Neun Fundplätze im linksrheinischen Rheinland
1. Niederzier-Hambach (Kr.Düren), spätlatènezeitliches „Mehrhausgehöft“ (Hambach 382) Der Fundort Niederzier-Hambach befindet sich im Westen der Jülicher Lößbörde 31
zwischen Jülich und Bergheim, im Bürgerwald oder Hambacher Forst . Er wurde 1977 bei den Erschließungsarbeiten für den Braunkohletagebau Hambach I entdeckt und in jährlichen Grabungskampagnen von 1977 – 1982 untersucht. Es wurde ein 2,7 ha großes, durch Doppelgräben eingegrenztes Siedlungsareal freigelegt, auch bekannt als Hambach 382. Es ließen sich zwei Bauphasen nachweisen, eine ältere und eine jüngere Siedlungsphase innerhalb der Spätlatènezeit. Das Areal wurde von zwei parallel verlaufenden und noch deutlich sichtbaren Spitzgräben umfasst, welche in die jüngere Bauphase datieren. Die beiden Gräben waren 5 bzw. 3 m breit und 2 m tief. Innen wurden sie von einem 5 - 6 m breiten Streifen begleitet, der die Lage der einstigen Holz-Erde-Mauer anzeigte. Dieser Mauertyp ist ein Holzrahmenwerk, das mit Erde verfüllt wurde und dessen Balken verzapft und mit Holznägeln befestigt waren32. Im Norden wurde sie von einem Zweikammertor unterbrochen. Über das Innenareal verteilten sich 120 mehrere kleine Gruben und 2128 Pfostengruben. Somit konnten im Planum 266 Bauten rekonstruiert werden. Es handelte sich um Bauten mit rechteckigem bis viereckigem Grundriss: 32 Neunpfostenbauten,
ein
Achtpfostenbau,
116
Sechspfostenbauten,
117
Vierpfostenbauten. Die Bauweise sowie Funde von verbranntem Flechtwerkverputz zeigen, dass es sich um lehmverputzte Fachwerkbauten gehandelt haben muss33. Durch Pfostengrubenüberschneidungen und Ausgrenzung von Gebäuden, die nicht gleichzeitig bestanden haben können, gelang die Einteilung in zwei Bauphasen 31
J. Gechter-Jones, Hausformen und Siedlungsbild der spätlatènezeitlichen Siedlung NiederzierHambach 382, Kr. Düren, Deutschland. Arch. Austriaca 810, 1996, 238 ff. 32 J. Göbel, Das Modell der spätlatènezeitlichen befestigten Siedlung Niederzier. Archäologie im Rheinland 1992, 192-194. 33 Göbel 1992a, 194. 13
34
innerhalb der Stufe Latène D . Somit konnte ein Modell für die jüngere Bauphase herausgearbeitet werden, welches folgende Befunde liefert: Doppelgräben, Streifen des erodierten Walles, Brunnen, 15 Neunpfostenbauten, 41 Sechspfostenbauten, 46 35 Vierpfostenbauten . Mit der Einteilung der Gebäudetypen konnten im Süden der
Anlage sechs Hofkomplexe ausgemacht werden36. Sie könnten somit aus Wohnhaus, Wirtschaftsgebäuden, Stallungen und Speichern bestanden haben. Insbesondere
sind
der
Brunnen
und
die
Befestigungsanlage
als
„Gemeinschaftswerke“ zu interpretieren. Die Beschaffenheit der Gebäude muss weitestgehend identisch gewesen sein, d.h. es gibt keinen bautechnischen Hinweis auf Eliten bzw. andere herausragende Merkmale innerhalb der sozialen Struktur. Vermutlich haben wir es mit einer weitgehend egalitären Gesellschaft zu tun, ähnlich wie sie in Teil II der Arbeit zu den linksrheinischen Germanen beschrieben wurde. Hambach 382 war eine landwirtschaftliche Siedlung. Die vorhandene Kapazität an Speichergebäuden reichte nur aus für den Eigenbedarf, überschüssige Produktion wurde vermutlich verhandelt. Die wenigen Schlackenfunde, darunter auch eine Luppe, sind kein hinreichendes Indiz für die Produktion von Eisen. Jedoch weisen zwei Eisenbarrenhorte auf zumindest lokale Handelstätigkeit hin37. Sie lagen in Bündeln zu 12 und 91 Stück in zwei Gruben im Norden der Siedlung38. Depots von Eisenbarren können sowohl zu profanen Zwecken in den Boden gekommen sein, als auch Hinweis auf eine Opferdeponierung bergen39. Barren haben ihren eigenen standardisierten Metallwert, der sie auf eine ähnliche Stufe stellt, wie die Münzen. Besonders wenn Barren sich in Depots zu monotoner Gleichförmigkeit aufhäufen, verstärkt sich der Verdacht auf ihre Bestimmung als Gerätegeld. Niederlegungen in einem sakralen Kontext wird z.B. auch bei den Eisenbarrenfunden in La Tène vermutet, wo zwei Dutzend von ihnen zum Vorschein kamen, sowie bei den schwertförmigen Eisenbarren aus dem Fluss Limmat in Zürich40. 34
s. Abb. 2
35
s. Abb. 3
36
s. Abb. 4
37
s. Abb. 5
38
J. Gechter-Jones: Die befestigte spätlatènezeitliche Siedlung Niederzier, Kr. Düren. In: G. Uelsberg (Hrsg.): Krieg und Frieden-Kelten, Römer, Germanen. Katalog Rheinisches LandesMuseum (Bonn 2007) 163 – 165.
39
F. Müller, Götter, Gaben, Rituale (Mainz 2002) 199 -204.
40
s. Abb. 6 14
Neben einigen Fibeln und einer eisernen Pflugschar fand sich noch zerbrochene Keramik, die in der nächsten Zeit von Joachim erstmalig publiziert wird. Der spektakulärste Fund auf dem Boden von Hambach 382 war mit Sicherheit der 41 Goldhort, der am 17. Mai 1978 am westlichen Siedlungsrand gefunden wurde . Es
handelte sich um insgesamt zwei Halsringe, einen Armring aus Gold sowie um 46 Goldmünzen42. Die Grube mit dem Schatz befand sich unmittelbar am Wall des inneren Grabens. Den Erdverfärbungen nach zu urteilen, hatte wohl ursprünglich ein angespitzter Pfosten in ihr gesteckt. Bei der Auffindung lag der Schatz eingebettet in 43
die Scherben einer Tonschale . Ihre Form ist im Latène D des südlichen Niederrheingebietes verbreitet. Die beiden Goldhalsringe mit den Pufferenden entsprechen der Form, wie man sie für den keltischen Raum als Torques bezeichnet. Die Halsringe der Kelten nannten schon die Römer „Torques“ (lat. „die Gedrehten, die Gewundenen“)44. Es gab sie seit der Frühlatènezeit , in der sie hauptsächlich in Frauenbestattungen der keltischen Elite zu finden waren. Ab der Mittellatènezeit verschwanden sie aus den Frauengräbern und traten danach in keltischen Gräbern nicht mehr auf. Ab dieser Zeit wurden Halsringe von Männern der gehobenen keltischen Gesellschaftsschicht für sich entdeckt. Torques aus Gold waren selbst bei ihnen der gesellschaftlichen, politischen und militärischen Elite vorbehalten. Über das Statussymbol hinaus wird dem Torques auch eine magische Bedeutung zugesprochen, die über das profane Schmuckstück hinausging. Vielleicht sollte er Kriegern Kraft und Unbesiegbarkeit im Kampf verleihen45. Von den Hambacher Torques war einer noch ganz erhalten, allerdings hatte man ihm einen Puffer mitsamt des Schaftes abgebrochen. Vom zweiten Torques fehlte die hintere Hälfte des Ringkörpers. Der Ringkörper besteht aus 0,5 mm starkem getriebenen Goldblech, eine Goldröhre von 15 cm äußerem Durchmesser. Der Verschluss der Ringe besteht aus einem praktischen Mechanismus:
41
s. Abb. 7 J. Göbel, Der spätkeltische Goldschatz von Nierderzier. Bonner Jahrb. 191, 1991, 27-84. 43 s. Abb. 8 42
44
P. J. Muenzer, Torques oder die Wunderwelt der keltischen Halsringe (1996) 9 ff. .
45
Muenzer 1996, 15. 15
An den linken Puffer ist ein unverzierter, spulenförmiger Steg angelötet, dessen Endscheibe von 9 mm Durchmesser ein einfacher Haken aufsitzt. Rastet dieser in 46
den Schlitz der Endscheibe des rechten Puffers ein, ist der Ring geschlossen . Der Armring besteht aus zwei gegossenen Teilen, wie auf Abb. 9 von der Schatzauffindung gut zu erkennen ist. Alle
Hambacher
Ringe
sind
aufgrund
gleicher
Fertigungs-,
Form-
und
Verzierungselemente zeitlich zusammengehörig und stammen aus der Produktion eines Goldschmieds oder zumindest aus der gleichen Werkstatt. Hinsichtlich Form und Design sind die Halsringe von Beringen
47
sowie die
verschollenen Ringe von Formigliana den Niederzierer Ringen am ähnlichsten48 49. Von den 46 geborgenen Goldmünzen50 sind 26 Regenbogenschüsselchen. Hierbei handelt es sich um kleine, beim Schlagen schüsselförmig gewölbte Goldmünzen. Der Name stammt aus dem Volksglauben, nach dem diese Goldmünzen dort zu 51
finden seien, wo der Regenbogen auf die Erde trifft . Auf der konkaven, d.h. der nach innen gewölbten Seite, sind bei einigen Kreuzsterne eingestempelt, andere tragen die Motive von Vogelköpfen oder von Blattkränzen. Die Typen mit den Vogelköpfen wurden vermutlich im Stammesgebiet der keltischen Vindeliker geprägt52. Dieses befand sich im Alpenvorland zwischen Bodensee und Inn, also im heutigen Südbayern. Die Vindeliker hatten eine eigene Münzprägung, die aber wiederum stark von den keltischen Boiern inspiriert war53. Ihr Hauptort war wahrscheinlich das Oppidum von Manching. Die anderen 20 Statere gehören alle demselben Typ an: auf der Vorderseite erscheint ein ziemlich verwilderter, bekränzter Kopf nach rechts, auf der Rückseite sieht man ein nach rechts springendes
Pferd
über
Forschungserkenntnissen 46
Muenzer 1996, 41.
47
s. Kapitel III, Abschnitt 2.
48
einer zufolge
Kugel54. von
den
Diese
Münzart
Eburonen
wurden
selber
neueren
geprägt
A. Furger-Gunti, Der Goldfund von Saint-Louis bei Basel und ähnliche keltische Schatzfunde. Zeitschr. Schweiz. Arch u. Kunstgesch. 39, 1982, 36 ff.
49
s. Abb. 10
50
s. Abb. 11
51
H. Birkhan, Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur (Wien 1997) 377.
52
s. Abb. 12
53
G. Dembski, Münzen der Kelten (Wien 1998) 36.
16
und
55
entsprechen dem Typ nach Simone Scheers Lummen-Niederzier . Modell standen die Statere der keltischen Ambianer, ein Stamm, der in der westlichen Belgica 56
siedelte und von dem sich noch heute der Name der Stadt Amiens ableitet . Die eburonischen Imitationen unterscheiden sich in einigen Details: Die Münzen sind etwas kleiner, leichter, flach statt gewölbt, haben eine andere Legierung mit weniger Goldanteil und dafür mehr Silbergehalt als die ambianischen Statere. Außer in Niederzier fanden sie sich noch an drei anderen Stellen auf „Eburonen“- Gebiet und zwar in Lummen, Namêche, Fontaine-Valmont. Von den genannten Orten liegt nur 57
Lummen in der unmittelbaren Nähe von Beringen . Fraglich bleibt uns dennoch, warum die Eburonen ausgerechnet Münzen der Ambianer nachgeprägt haben, die soweit süd-westlich siedelten58. Denkbar ist, dass aus anderen Gründen, wie Handel oder Heirat, Kontakte zu den Ambiani bestanden haben könnten. Vielleicht war diese Münzserie auch gar nicht die einzige, die so weit nördlich in Gallien im Umlauf war, eine andere ist uns bis heute nur nicht bekannt. Die ambianischen Kopien müssen auf jeden Fall vor Beginn des Gallischen Krieges geprägt worden sein. Archäologen schätzen die Zeitspanne um 80 v. Chr. Da die Münzen Gebrauchsspuren zeigen, geht man davon aus, dass sie 5-10 Jahre im Umlauf waren. Die Statere des Typs Scheers Lummen-Niederzier datieren die Niederlegung des gesamten Goldhortes von Niederzier folglich um 75-70 v. Chr. Zur Interpretation des Goldschatzfundes hatte man vor der Analyse der ambianischen Münzkopien ursprünglich angenommen, dass er mit der Aufgabe der Siedlung entweder beabsichtigt oder unbeabsichtigt zurückgelassen wurde59. Außer an der Stelle, wo der Schatz gelegen hatte, wurden noch an sechs weiteren Stellen im Siedlungsareal Pfosten oder Pfähle entfernt, dessen Pfostenlöcher innerhalb
54
s. Abb. 13 S. Scheers, Les statères bifaces du type Lummen-Niederzier, un monnayage éburon antérieur à la conquête romaine. In: M. Lodewijckx (Hrsg.) Archeological and historical aspects of West-European societies. Album Amicorum André Van Doorselaer. Acta Arch. Lovaninensia Monogr. 8 (Löwen 1996). 87-94.
55
56
s. Abb. 14
57
C. Creemers, S. Scheers, Wichtige Fundstücke als Zeugnisse der Eburonen in Nordostbelgien. In: G. Uelsberg (Hrsg.): Krieg und Frieden-Kelten, Römer, Germanen. Katalog Rheinisches LandesMuseum (Bonn 2007) 196-174. 58
s. Abb. 17
59
Göbel 1991, 33. 17
kurzer Zeit wieder verfüllt worden waren. Da sich diese Pfostenlöcher auf keinen Fall mit Siedlungsbefunden in Verbindung bringen lassen, ist eine der möglichen Annahmen, dass es sich vielleicht um eine Art Kultpfähle gehandelt haben könnte, die ein bestimmtes Kultareal „umzäunten“. Es hätte sich um eine der letzten Aktivitäten der Bewohner handeln können, bevor sie die Siedlung verließen: Sie waren Stammesmitglieder der Eburonen, die der römischen Bedrohung 53 v. Chr. weichen mussten. Die Datierung der ambianischen Münzkopien zeigen uns jedoch, dass der Schatz schon ca. 20 Jahre vorher in den Boden gekommen sein muss, dessen Deponierung also gar nichts mit dem Einfall der Römer zu tun hatte. Auf jeden Fall wurde die Siedlung ohne vorherigen Kampf aufgegeben und verlassen, da keinerlei Anzeichen auf eine Brandzerstörung hinweisen. Vermutlich lebte schon lange niemand mehr in Hambach 382, als römische Legionen das Land verwüsteten.
2. Beringen (Belgien), Goldschatzdepot Im Oktober 1995 wurde beim Bau eines Wohnhauses zwischen der Voetbalstreet und Molenlaan im belgischen Beringen ein Goldschatz entdeckt60. Ähnlich wie der Hortfund von Niederzier bestand er aus einem vollständigen goldenen Torques, einem Bruchstück eines zweiten Torques, dem Teilstück eines tordierten Armbands sowie aus 25 goldenen Stateren61. Wie die Vergleichfunde aus Hambach sind die Halsringe innen hohl und haben Enden in Form von Pufferköpfen. Der Schließmechanismus ist der gleiche, wie der in Hambach beschriebene62. Die Halsringe haben einen Außendurchmesser von 14 cm. (Der Hambacher Halsring hatte einen Außendurchmesser von 15 cm). Die Halsringe aus Beringen ähneln denen aus Niederzier so sehr, da sie vermutlich aus derselben Werkstatt stammen, vielleicht sind sie sogar die Arbeit ein- und desselben Goldschmieds. Das Armband besteht aus tordiertem (gedrehten) Golddraht, der in einer Schlaufe endet. Auch 60
L. van Impe/G. Creemers/R. van Laere/S. Scheers/H. Wouters/B. Ziegaus, De Keltische goudschat van Beringen (prov. Limburg). Arch. Vlaanderen 6, 1997/1998, 9–132. 61 s. Abb. 15 + 15a 62
s. Abb. 16 18
sämtliche Münzen bestehen aus Gold. 22 von ihnen gehören wieder zum Typ der Regenbogenschüsselchen, die drei übrigen sind Statere des Typus Scheers II (au 63
croissant) , alle wurden von den keltischen Atrebaten hergestellt, die wie die 64 Ambianer in der westlichen Belgica ansässig waren .
Die Regenbogenschüsselchen haben ihre übliche leichte Schüsselform. Beide Flächen, die konkave und die konvexe Seite, enthalten keine Abbildungen. Trotzdem handelt es sich um bestempelte Goldmünzen, erfolgt mit mehreren Stempelpaaren. Solche motivlosen, schüsselförmigen Statere befanden sich übrigens auch in den Funden von Siena in Norditalien und von Wallersdorf (Niederbayern)65. Aufgrund der Vergleichsfunde Siena und Wallersdorf wird der Schatz von Beringen durch seine Münzen ins 2. Jhdt. v. Chr. datiert, seine Niederlegung erfolgte also früher als in Niederzier-Hambach66. Die weite Verbreitung von Regenbogenschüsselchen und ihr Vorkommen in Schatzfunden, die zum Teil über Hunderte von Kilometern Entfernung (NiederzierSiena) große Ähnlichkeiten aufweisen, zeigen auf der einen Seite die Wertschätzung bei verschiedenen keltischen Stämmen, auf der anderen Seite sind sie auch ein Beleg für Kontakte über weite räumliche Distanzen hinweg. Möglicherweise galten Regenbogenschüsselchen, ähnlich wie die Torques, bei den Kelten als Prestigeobjekte. Vielleicht war es üblich, sie als Gastgeschenke zu verwenden, als Tributzahlungen oder Frauen als Mitgift mit in die Ehe zu geben. Die stereotype Zusammensetzung von Funden wie Beringen und Niederzier im Zusammenhang mit Halsring und Armreif schließt meines Erachtens auch eine Niederlegung als Opfergabe nicht aus. Große Ähnlichkeiten mit den Torques aus Niederzier-Hambach und Beringen hatten die beiden Torques von Formigliana im Vercellese (Italien). Auch mit einem Durchmesser von 16 cm kamen sie sehr nah an die Maße dieser weitaus nördlicher gelegenen Funde heran. Sie sind bis heute verschollen, es existieren lediglich noch alte Photographien von ihnen67. Der Fundort Beringen liegt eher am Nordwestrand des Eburonengebiets, vielleicht befand er sich auch schon auf dem Territorium der 63
S. Scheers, Traité de numismatique celtique II. La Gaule belgique (Paris 1977).
64
s. Abb. 17
65
s. Abb. 18
66
van Impe u.a. 1997/98, 68.
67
s. Abb. 10 19
68
Aduatuker . Im letzteren Fall könnte es sich vielleicht um eine Art Tributzahlung der Eburonen an die Aduatuker handeln, denen die Eburonen, genau wie den Treverern tributpflichtig waren.
3. Heers (Belgien), Münzschatz In Heers in der Nähe von Tongeren wurde ebenfalls ein bedeutender Münzschatz gefunden69. Er besteht aus goldenen Stateren, von denen 78 von den Eburonen stammen, 21 von den keltischen Nerviern, eine von den Veliocassen und eine von den Treverern. Sowohl die Münzen der Eburonen als auch die der Nervier zeigen übereinstimmende Motive und lassen keine Gebrauchsspuren erkennen. Letzteres bedeutet, dass sie frisch aus den Prägewerkstätten in die Erde kamen und noch nicht im Umlauf waren. Die Zusammensetzung mit Münzen anderer Stämme und deren typologische Einordnung spricht dafür, dass die eburonischen Münzen zur Zeit des Gallischen Kriegs geprägt wurden. Vielleicht wurde das Geld benötigt im Aufstand von Ambiorix im Jahr 54 v. Chr. Nach dem siegreichen Überfall der Eburonen auf das Winterlager Aduatuca, hatte Ambiorix auch die Nervier, Aduatuker und Treverer als Verbündete gewinnen können. Anscheinend konnten die Münzen nicht mehr ihre Zweckbestimmung erfüllen, da Caesars Rachefeldzug ihrer Bezahlung zuvorkam. Die 78 eburonischen Statere entsprechen dem Typ Scheers 31 I70. Gewicht und Goldgehalt sind sehr gering, im Vergleich zu den Münzfunden der Vorkriegszeit. Die Anfertigung außerordentlich großer Mengen an Stateren als Kriegsgeld zwang vermutlich die keltischen Führer, ihren Goldgehalt drastisch zu senken. Die Triskelen (Dreierwirbel) auf den Vorderseiten der eburonischen Münzen sind auch auf germanischen Geldstücken der gleichen Zeitstellung abgebildet und wurden vor allem in Hessen gefunden71. Es ist denkbar, dass Kontakte zu rechtsrheinischen, germanischen Stämmen wie z.B. den Ubiern bestanden haben, deren Motiv sich auf
68
s. Abb. 19
69
Creemers/Scheers 2007, 171. C. Klages, Spuren in das vorrömische Bonn. In: Forschungen zur Vorgeschichte und Römerzeit im Rheinland. Beih. D. Bonner Jahrb. 57, 2008, 226. 71 Creemers/Scheers 2007, 173. 70
20
72
den eburonischen Münzen wiederfindet . Caesar selbst schreibt, dass die Eburonen 73
durch germanische Verbündete von der anderen Rheinseite unterstützt wurden . Das Oppidum auf dem Dünsberg im Kreis Gießen in Hessen war damals noch der Hauptort
der
Ubier
auf
rechtsrheinischem
Gebiet.
13
solche
goldenen
Dreiwirbelstatere wurden hier gefunden, die aller Wahrscheinlichkeit auch auf dem Dünsberg
geprägt
Goldprägung
im
wurden.
Sie
Münzumlauf
repräsentieren auf
dem
immerhin
Dünsberg.
die
Mit
dominierende
den
goldenen
Dreiwirbelstateren beginnt in Mittelhessen in einem fortgeschrittenen Abschnitt der Stufe LT D1 eine eigene Prägetradition. Die Münzen stehen hiermit zeitlich ganz am Ende der keltischen Goldprägung. Der Dünsberg war in der späten Latènezeit als Zentraloppidum zweifellos das wichtigste ubische Zentrum74. Für die Münzprägung 75 auf dem Dünsberg spricht der Fund einer Münzpatrize . Mit den Patrizen wurden
eiserne
Münzstempel
Zusammenhängen
beprägt,
bezeugt
wie
sind76.
sie Patrizen
mehrfach
aus
ermöglichten
spätkeltischen ein
effektives
Münzproduktionsverfahren und sind insbesondere dort zu vermuten, wo eine große Menge an fast identischen Münzen vorhanden ist. Bei der Patrize vom Dünsberg handelt es sich um eine zylindrische Form aus Bronzelegierung77. Allerdings zeigt der Stempel das Rückseitenbild einer treverischen Münze vom „Titelberg-Typ“, welche in Mittelhessen aber überhaupt nicht vorkommt. Der Fund könnte jedoch als Mobilität bei der Ausübung des Münzprägehandwerks interpretiert werden: Stempel scheinen über längere Entfernungen mitgenommen worden und an verschiedenen 78
Orten verwendet worden zu sein . So untermauert meiner Ansicht nach gerade der Fund
einer
„fremden“
Patrize
das
Argument
für
den
Dünsberg
als
Münzprägezentrum. Die Statere von Heers erreichen nur noch ein Durchschnittsgewicht von 7,3 g im Gegensatz zu ehemals 7,7 g. Quantitative Analysen haben ergeben, dass der 72
s. Abb. 20 N. Roymans, Ethnic Identity and Imperial Power. The Batavians in the Early Roman Empire. Amsterdam Arch. Studies 10 (Amsterdam 2004) 44. 74 J. Schulze-Forster, Die latènezeitlichen Funde vom Dünsberg (ungedr. Diss. Marburg 2002) 113. 75 Ders., 129. 73
76
S. Sievers u.a, Vorbericht über die Ausgrabungen 1996-1997 im Oppidum von Manching. Germania 76, 1998, 647, Abb. 6.
77
Schulze-Forster 2002, Tafel M 15, 286-289.
21
Goldanteil nur noch zwischen 40 und 60 % beträgt, Silber und Kupfer zulegiert 79
wurden . Die goldenen Dreiwirbelstatere bilden das Schlussglied in der Kette der goldenen Regenbogenschüsselchen. Ihre Laufzeit reicht bis an das Ende der Stufe LT D1, also in das zweite Viertel des 1. Jhdt. v.Chr.
Es erscheint mir nicht
unwahrscheinlich, dass der Münzschatz von Heers sogar auf dem Dünsberg geprägt wurde. In Abschnitt 1 dieses Kapitels habe ich bereits angesprochen, dass diese Regenbogenschüsselchenart
ikonographisch
in
Tradition
der
vindelikischen
Goldprägung steht. Der Dreierwirbel ist ein typisch keltisches Symbol und gehört neben Palmetten, Ranken, Lotusblüten und Spiralmustern zu den Leitmotiven der latènezeitlichen Ornamentik80. Die Rückseite der Statere zeigen ein Pferdemotiv, das stark an die Münzen der Treverer erinnert, der benachbarte Stamm, dessen Klienten die Eburonen waren. Wiederum schreibt hierzu Caesar, dass Ambiorix seinen Aufstand gegen die Römer auf Drängen von Indutiomarus, dem Führer der Treverer, anzettelte. Tatsächlich war Indutiomarus die Schlüsselfigur in der antirömischen Koalition von 54 v. Chr. Die Münzen von Heers verraten uns also einiges über die 81 Bündnispolitik der Eburonen gegen Caesar in ihren letzten Jahren .
4. Kreuzweingarten (Kr. Euskirchen), „Alter Burgberg“ In
dem
Voreifelort
Kreuzweingarten
im
Kreis
Euskirchen
liegt
auf
einer
vorgeschobenen Bergzunge der „Alte Burgberg“, ein eisenzeitlicher Ringwall, dessen Erdwälle heute noch gut sichtbar im Gelände sind82. Sie verlaufen auf einer Höhe zwischen 250 und 260 m ü.N.N.
Der nach Norden, Westen und Süden stark
abschüssige Burgberg wurde mit einem Verteidigungssystem aus Wall und Graben gesichert83. Im Osten sind ein zweiter Wall und Gräben vorgelagert, die durch einen Eingang in der Mitte passiert werden konnten84. 78
Schulze-Forster 2002, 129.
79
Creemers/Scheers 2007, 173.
80
Birkhan 1997, 357.
81
Roymans 2004, 44.
82
s. Abb. 21 – 21b.
83
s. Abb. 22 22
Zwischen
1921
und
1928
fanden
Ausgrabungen
durch
das
damalige
Provinzialmuseum Bonn auf dem „Alten Burgberg“ statt. Im Laufe dieser Jahre konnten in 38 Schnitten die Wälle und die Gräben sowie ein Teil der Innenfläche 85 untersucht werden . Die Wälle waren errichtet worden aus trocken gesetzten
Mauerschalen, mit Erdreich verfüllt. Die Mauern sicherten senkrechte und waagerechte Balkenlagen an den beiden Außenseiten. Die sichtbaren Außenbalken wiederum verbanden waagerechte Hölzer, die das Wallsystem festigten. Der Wall war ursprünglich 5,50 m breit86. Diese Bauweise entspricht dem Typ des sogenannten „murus gallicus“, einer gallischen Mauer. Die Bezeichnung murus gallicus stammt von Caesar selbst, den das Verteidigungswerk der Kelten offensichtlich imponiert hatte. Er beschreibt es ausführlich in Buch 7, Abschnitt 23: „Man legt gerade Balken aus einem Stück senkrecht zur Mauerrichtung in immer gleichem Zwischenraum von zwei Fuß nebeneinander auf die Erde. Diese Balken werden innerhalb des Mauerwerks zusammengeklammert und mit einer starken Erdschicht belegt. Die genannten Zwischenräume werden vorne mit großen Steinen ausgefüllt. Ist diese Schicht gelegt und fest verbunden, kommt oben eine weitere Balkenlage darauf. Dabei hält man genau denselben Abstand ein, doch liegen die Balken nicht aufeinander, sondern sind in gleichen Zwischenräumen versetzt. Dadurch aber, dass immer Steine zwischen sie kommen, werden die Balken fest zusammengehalten. So wird der ganze Bau Lage um Lage fortgesetzt, bis die richtige Mauerhöhe erreicht ist. Der regelmäßige Wechsel der in geraden Linien sauber geschichteten Balken und Steine gibt dem Werk ein gefälliges und abwechslungsreiches Aussehen. Diese Bauweise ist aber auch sehr nützlich und vorteilhaft zum Schutz von Städten, weil der Stein vor Brand schützt, gegen den Mauerbrecher aber das Holz. Gewöhnlich sind die Querbalken im Inneren des Mauerwerks noch durch fortlaufende vierzig Fuß lange Balken miteinander verbunden, so dass man sie weder durchbrechen noch auseinander zerren kann. Trotz der von Caesar beschriebenen Brandbeständigkeit zeigt der Befund, dass Teile der äußeren Wallanlage offensichtlich durch Brand zerstört wurden. Trockenheit,
den
Brand
begünstigender
Wind
und
eine
hohe
Entzündungstemperatur könnten Faktoren dafür gewesen sein87. Bei einem Schnitt durch die Innenfläche konnten zahlreiche Pfostenlöcher festgestellt werden. Aufgrund des kleinen Querschnitts ließen sich allerdings keine 84
H.G. Horn (Hrsg.), Die Römer in Nordrhein-Westfalen (Stuttgart 1987) 425-429.
85
s. Abb. 23 H.E. Joachim, in: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern, Bd. 26, Mainz 1974, 149-152.
86
87
Birkhan 1997, 345-346. 23
klaren Hausgrundrisse erkennen. An Funden gab es nur ein paar Keramikscherben 88
und zwar die spätlatènezeitlicher Typen . Die Scherben und der Mauertyp des murus gallicus ermöglichen eine Datierung ins 1. Jhdt. v. Chr. Aus der Spärlichkeit der Funde innerhalb des Ringwalls schloss man bislang auf eine nicht ständige Besiedlung, so dass sich die Vermutung aufdrängt, die ansässige Bevölkerung hat die „Alteburg“ lediglich als „Fliehburg“ zu Verteidigungszwecken benutzt. Die Brandschichten am Außenwall belegen, dass die „Alteburg“ im Zuge von Kampfverhandlungen zerstört wurde. So kommen die Auseinandersetzungen zwischen römischen Truppen und eburonischen Stämmen oder deren Verbündeten hierfür beispielhaft in Frage. Caesar schreibt hierzu in Buch 7, Abschnitt 15, dass die Gallier an einem Tage zwanzig solcher Burgen verbrannt hätten, damit sie nicht mit den Vorräten den Römern in die Hände fielen89. Im Gegensatz zu NiederzierHambach wird mit dem Fundort Kreuzweingarten erstmalig ein Kriegsschauplatz der Jahre 53-50 v. Chr. greifbar. Ein beeindruckender Vergleichsbefund zum oben beschriebenen Typ des Murus Gallicus befindet sich nicht allzu weit entfernt in Otzenhausen im Hunsrück und somit auf dem ehemaligen Territorium der verbündeten Treverer90. Dort wird seit 1999 in umfangreichen Grabungskampagnen eine der gigantischsten Ringwallanlagen Europas erforscht. Den Besucher beeindrucken heute noch gewaltige Sturzwälle von 10 m Höhe und 40 m Breite91. Sie stammen von einer Mauer, die ursprünglich ca. 20 m hoch und ca. 25 m breit war und dem Typ des murus gallicus entspricht92. Die Innenfläche der Wallburg lässt sich in eine 12 ha große Hauptburg und eine 6,5 ha umfassende Vorburg gliedern. Die heute sichtbaren Steinwälle sind das Ergebnis eines fast 400 Jahre dauernden Bauprozesses. Im Volkskmund ist der Ringwall von Otzenhausen auch als Hunnenring bekannt; man hatte ihn ursprünglich mit dem Einfall der Hunnen in Verbindung gebracht. Die Gründe für den Bau dieses
88
s. Abb. 23a N. Reinartz, Der Ringwall von Kreuzweingarten. In: Kreuzweingarten, Rheder, Kalkar (Siegburg 1969) 22. 90 T. Fritsch, Der „Hunnenring“ bei Otzenhausen. AID 2, 2007, 62-65. 89
91
s. Abb. 24
92
s. Abb. 25 24
gigantischen Verteidigungswerks liegen allerdings auch hier in historischen Abläufen des 1. Jhdts. v. Chr.: römische Okkupation und Bedrohung germanischer Stämme von der rechten Rheinseite. Im Zuge der Auseinandersetzungen mit den Römern wurde die Anlage kampflos aufgegeben und geriet in gallorömischer Zeit nahezu in Vergessenheit. Auf dem „Hunnenring“ belegen die Reste eines kleinen römischen Tempels, dass auch dort weiterhin Opferungen dargebracht wurden. Jedoch fehlen in der Festung jegliche Siedlungsspuren aus gallorömischer Zeit.
5. Jülich-Bourheim (Kr. Düren), spätlatènezeitliches Einzelgehöft Der
eisenzeitliche
Fundort
von
Jülich-Bourheim
liegt
am
Rand
des
Braunkohletagebaus Inden I, fast 40 km entfernt von Köln. Während einer Rettungsgrabung von 1994 bis 1995 kamen im Areal eines römerzeitlichen Landguts (villa rustica) die Reste einer eisenzeitlichen Vorgängersiedlung zutage. Es handelt sich um eine spätlatènezeitliche Hofanlage von ca. 0,6 ha Innenfläche, welche von einem Spitzgraben mit Erdwall umgeben war93. Allerdings lag dieser bei der Ausgrabung nur noch vor in Form von zwei separaten Grabenstücken und einem Endstück. Es wird sich damals aber um einen Graben gehandelt haben, der die gesamte Siedlung umfasst hat. Vermutlich diente er als Begrenzung dieser Hofanlage,
die
geringe
Größe
spricht
allerdings
diesmal
nicht
für
eine
Verteidigungsanlage. Seine ursprüngliche Tiefe und Breite ließ sich auf ca. 1,80 x 2,50 m berechnen94. In der Südostecke der Grabenanlage führte ein Tor in den Innenbereich, ein Kammertor ähnlich dem Befund von Niederzier-Hambach. Eisenzeitliche Siedlungen, die von Grabensystemen umgeben sind, findet man im niederrheinischen Flachland äußerst selten. Solche Umfassungsgräben, wie sie aus Niederzier-Hambach und Jülich-Bourheim bekannt sind, zeigen ein spitzbodiges Profil und tragen daher die passende Bezeichnung „Spitzgraben“95. Die Anzahl der Pfostenlöcher, die entlang des Grabens gefunden wurden, sind allerdings zu wenige, 93
s. Abb. 26 B. Päffgen, Ein befestigter „Herrenhof“ der jüngeren Latènezeit bei Bourheim. Arch. im Rheinland 1995, 1996, 48. 95 s. Göbel 1991 (Muffendorf) 49 u. Simons 1989, 110. 94
25
um eine Holz-Erde-Mauer Konstruktion wie im Vergleichsbefund Hambach 382 anzunehmen.
An
eisenzeitlichen
Befunden
lagen
innerhalb
des
Hofareals
Pfostengruben, Siedlungsgruben, Gräben sowie eine ausgedehnte Schicht von 96 Kulturschrott vor . Dieser Schicht voll Kulturschrott war es zu verdanken, dass sie
sich „konservierend“ über die Befunde gelegt hatte und diese deshalb überhaupt in dieser Qualität erhalten geblieben waren. Aus 100 eisenzeitlichen Pfostengruben ließ sich der größte Teil (70 %) zu 14 Gebäuden rekonstruieren und zwar zu zwei großen Gebäuden, bestehend aus zehn und neun Pfosten, drei Sechspfosten- und acht Vierpfostenbauten. Die Gebäudegrundrisse mit vier Pfosten werden als gestelzte
Speicherbauten
interpretiert,
wohingegen
die
Sechspfostenbauten
wahrscheinlich als Ställe verwendet wurden. Als Wohngebäude anzusprechen sind jedoch sicherlich die beiden „großen Gebäude“, da diese mit mehr als 30 m2 Innenfläche genug Raum zum Leben boten. Die gesamte Hochfläche war also nur äußerst dünn bebaut, es ergibt sich eine Dichte von lediglich 14 Pfosten auf 100 m2. Die geborgene Keramik stellt die größte Fundgattung von Jülich-Bourheim dar. Insgesamt kamen 2159 Keramikscherben zutage, die sich Gefäßen wie Schalen, Schüsseln, Näpfen, Töpfen, Fässern, Flaschen, Deckeln und Böden zuordnen ließen97
98
. Das „Design“ der Keramik wirkt mit seinem begrenzten Formenspektrum
sehr einheitlich. Einige Formen stehen mit ihrem facettiertem oder schräg nach innen abgestrichenem Rand noch in mittellatènezeitlicher Tradition. Der größte Anteil an Gefäßen hat jedoch einbiegende, meist verdickte Ränder, wie sie typisch sind für spätlatènezeitliche Keramik. In der Regel sind die Gefäße handaufgebaut und unverziert. Vergleicht man die Keramik mit LT D - zeitlichem Material aus anderen Siedlungen wie Hambach 382 und Bonn-Muffendorf (siehe Abschnitt 9 dieses Kapitels) kann eine große Ähnlichkeit beobachtet werden. Die Keramikfunde aus Bourheim konnten somit ebenfalls in die Stufe LT D datiert werden. Weitere Fundgattungen bestanden in Form von Webgewichten, Spinnwirteln, ein löffelartiger Metallgegenstand sowie Steingeräte.
96
P. Kießling, Die jüngerlatènezeitliche Befestigung von Jülich-Bourheim und verwandte Anlagen. (Magisterarb.Bonn 1999) 19 ff. 97 Kießling 1999, 43 ff. 98
s. Abb. 27 26
Der einzige weitere, für die Datierung maßgebliche Fund außer der Keramik war noch ein Fragment von einem kobaltblauen Armring mit sieben Rippen (s. Kapitel V). Seine Herstellung datiert in die Zeit zwischen LT C und D. Es konnten keine Funde gesichtet werden, die jünger waren als LT D1, das bedeutet, dass die Siedlung nicht über die 1. Hälfte des 1. Jhdt. v. Chr. hinaus bestanden haben kann. Im Gegensatz zu Hambach 382 konnte anhand der Pfostenlöcher nur eine einzige Siedlungsphase nachgewiesen werden. Bei Jülich-Bourheim handelte es sich also um ein umwalltes Einzelgehöft, wahrscheinlich ein sich selbst versorgender, landwirtschaftlich geprägter Hof. Caesar bezeichnete solche Einzelhöfe in Gallien als „aedificium“. Die moderne Forschung hat ihnen den treffenderen Namen „Flachlandoppidum“ gegeben. Auch Jülich-Bourheim lag auf ehemaligem Eburonengebiet. Wie in NiederzierHambach ist auch hier kein direkter Zusammenhang zwischen dem Verlassen der Siedlung und der angeblichen Vernichtung der einheimischen Bevölkerung durch die römischen
Truppen
zu
sehen.
Zumindest
konnte
archäologisch
kein
Zerstörungshorizont nachgewiesen werden. Das Gehöft wurde offensichtlich planmäßig geräumt.
6. Eschweiler-Laurenzberg (Kr. Aachen), spätlatènezeitliches „Mehrhausgehöft“ Im Gebiet der Abgrabungen für den Braunkohlentagebau „Zukunft-West“ wurde 1974 eine weitere eisenzeitliche Siedlung ausgegraben99. Auf einer Fläche von ca. 121 600 m2 wurden über 100 Bodenverfärbungen sichtbar, von denen viele als Pfostenlöcher
insgesamt
68
Gebäuden
zugeordnet
werden
konnten.
Die
Pfostenlöcher konnten nach ihrer Flächengröße, Form und Tiefe in drei Gebäudetypen unterschieden werden: 28 waren ehemals kleine Ständerbauten mit vier Pfosten, vermutlich Speicher, 17 Gebäude mit sechs Pfosten waren mit 6,50 m2 Größe wahrscheinlich kombinierte Stall-Speicher, 23 Bauten mit neun Pfosten und dem größten Quadratmeteranteil von 15 m2 offenbar Wohnhäuser.
27
Ist die oben vorgeschlagene Funktionszuweisung korrekt, stehen 23 Wohngebäude 100
45 Speicher- und Stallgebäuden gegenüber
.
Mehrere Gebäude in der vorliegenden Vielzahl und für verschiedene Zwecke errichtet, werden als „Mehrhausgehöft“ oder „Vielhausgehöft“ bezeichnet. Mit dem weilerartigen Gehöftgruppencharakter handelt es sich um einen Bautyp, der offenbar an süddeutschen Vorbildern orientiert ist. Das nächste südlich gelegene, nachgewiesene Vielhausgehöft ist die keltische Siedlung von Bundenbach im Hunsrück101 mit teilrekonstruiertem Siedlungsbild102. Die Altburg von Bundenbach war die erste, nahezu vollständig erforschte späteisenzeitliche Höhensiedlung des Mosellandes und darüber hinaus des gesamten westkeltischen Kulturbereichs103. Sie war drei bis vier Generationen besetzt und zwar in der Zeitspanne von 170 bis etwa 60 v. Chr. Die Befestigung bestand in Form eines Abschnittswalls gegen den leicht zugänglichen westlichen Höhenzug. In ihrer stärksten Bebauungsphase, Latène C, handelte es sich um eine 6 m breite, doppelschalige Trockenmauer, mit Erdverfüllung zwischen den Mauerschalen. Sie war sogar begehbar in Form eines im Fachwerk errichteten Wehrgangs. Auf der eineinhalb Hektar großen Innenfläche der Altburg konnten über 3600 Pfostengruben freigelegt werden. Aus ihrer Tiefe sowie aus ihrer Anordnung ließen sich ein Drittel zu Gebäudegrundrissen zusammenfügen. Es ergaben sich eine Anzahl von Speicher- und Wohnbauten, die sich in relativ lockerer Streuung über das Burggelände verteilten. Es handelte sich um 20 größere Baugrundrisse (Wohn- oder Wirtschaftsbauten), 108 Kleinbauten mit vier Pfosten (Speicher- oder Wehrbauten), 6 Bauten mit neun Pfosten (Speicher), 10 Bauten verschiedener Art (Torbauten). Somit stehen laut Schindler104 20 Wohn- und Wirtschaftsbauten 170 Speicherbauten gegenüber, wenn wir davon ausgehen, dass die Vier-, Sechs und Neunpfostengrundrisse
wie
üblich
dem
Speichertyp zugeschrieben werden.
99
K.H. Knörzer, Subfossile Pflanzenreste aus der jüngerlatènezeitlichen Siedlung bei Laurenzberg, Gem. Eschweiler, Kr. Aachen. Bonner Jahrb. 180, 1980, 442. 100 H.E. Joachim, Jüngerlatènezeitliche Siedlungen bei Eschweiler, Kr. Aachen. Bonner Jahrb. 180, 1980, 363 ff. 101 s. Abb. 28 102
s. Abb. 29 u. 29a R. Schindler, Die Alteburg bei Bundenbach. Eine befestigte Höhensiedlung des 2./1. Jahrhunderts v. Chr. im Hunsrück. Trierer Grabungen und Forschungen 10 (Mainz 1977) 93. 104 Schindler 1977, 81. 103
28
Interpretiert man diese unverhältnismäßig hohe Zahl an Vorratsspeichern und die dem gegenüberstehende geringe Zahl der Wohnbauten, könnten wir es bei der Altburg mit einem stark befestigten Etappenplatz zu tun haben, an dem bei langanhaltenden Abwehrkämpfen gegen rechtsrheinische Invasoren Proviant und Kriegsgerät gelagert wurde. Jedenfalls fiel die Altburg Kampfhandlungen zum Opfer: ein katastrophaler Brand vernichtete die Anlage in der Zeit um 60 v. Chr. Somit kann die Altburg noch keine Rolle in den treverisch-römischen Auseinandersetzungen gespielt haben, sondern die germanischen Stämme waren das bedrohende Moment. Das Verhältnis der Gebäude von Eschweiler-Laurenzberg wirkt im Gegensatz zur Altburg wesentlich ausgeglichener. Im Gegensatz zu Niederzier-Hambach und Jülich-Bourheim war die Siedlung Eschweiler-Laurenzberg nicht von einem Grabensystem umgeben und auch nicht wie die Altburg durch einen Abschnittswall befestigt. Aus 67 Gruben wurden Bodenproben für archäobotanische Untersuchungen entnommen: Von den meisten Proben konnten fast ausnahmslos Samen und Früchte in oft gutem Erhaltungszustand nachgewiesen werden. Hierbei handelte es sich in erster Linie um Getreide, vor allem Gerste und kaum Grünpflanzen. Dies bedeutet wohl, dass das Vieh, vornehmlich im Freiland gehalten wurde und kaum in den Stallungen gefüttert wurde. Die Ernährungsgrundlage der eisenzeitlichen Bewohner von Eschweiler-Laurenzberg beruhte also hauptsächlich auf dem Anbau von Getreide105. Neben der Gerste war unter den Weizenfunden vor allem die Emmer am häufigsten vertreten
106
. Der
Vergleich mit anderen archäobotanischen Befunden aus eisenzeitlichen Siedlungen im Rheinland zeigt, dass sich nach der Hallstattzeit das Verhältnis der Funde von Weizen zu Gerste umgekehrt hat. Besonders nach den vorliegenden Laurenzberger Ergebnissen ist in dieser Zeit der Anbau von Emmer durch den Gerstenanbau zurückgedrängt worden. Bei solchen derart auffälligen Änderungen in den angebauten Hauptgetreidearten stellt sich die Frage, welche Gründe es für diesen Wechsel gegeben haben mag. Da keine klimatischen Ursachen zu erkennen sind, die fortan das Gedeihen von Gerste begünstigt hätten, ist es denkbar, dass eine Änderung in der Bevölkerungszusammensetzung eine Rolle gespielt haben könnte. 105
Knörzer 1980, 446 ff.
106
s. Abb. 30 29
In der vorrömischen Eisenzeit sind germanische Volksgruppen aus dem Norden und Osten in das linksrheinische Tiefland eingewandert und vermischten sich mit der dort ansässigen (hallstattzeitlichen) Bevölkerung. Im germanischen Siedlungsgebiet spielte der Anbau von Gerste nämlich eine weitaus bedeutendere Rolle. Deshalb können wir annehmen, dass die zugewanderten Gruppen ihre landwirtschaftlichen Gepflogenheiten mit ins Rheinland brachten. Dieses Bild fügt sich hervorragend ein 107
in das Modell von Willerding (1979)
, nach dem sich durch bisher bekannt
gewordene Getreidefundkombinationen Anbaugebiete abgrenzen lassen. Dabei konnte
er
nämlich
ein
deutliches
Nord-Südgefälle
vom
skandinavischen
Gerstengebiet zum süddeutschen Weizen-Gerstengebiet nachweisen. Welchen Vorteil brachte der Anbau der Gerste als neue Kulturpflanze der Bevölkerung von Eschweiler-Laurenzberg? Gerste wurde als Sommergetreide angebaut.108 Sie hat eine extrem kurze Wachsdauer von neun Wochen und war in archäobotanischen Proben (s. hierzu Kapitel IV, Abschnitt 3) mit Flughafer-Pollen vermengt. Flughafer wächst ausschließlich in den Sommermonaten. SommerfruchtAnbau ist ein wesentlicher Unterschied zu den keltischen und römischen Fundstellen, in denen potentielle Wintergetreide wie Dinkel und Nacktweizen von besonderer Bedeutung sind. Wintergetreide bringt stets höheren Ertrag als Sommergetreide. Dennoch bietet der Anbau von Sommergetreide den großen Vorteil, dass Sommerfrüchte eine wesentlich kürzere Wachstumsdauer haben als Winterfrüchte. Man erhält nach weniger als einem halben Jahr den Ertrag und nicht erst wie bei Wintergetreide nach mehr als zehn Monaten. Die Felder konnte man anschließend von August bis Ende Februar als Viehweide benutzen, zumindest solange kein Schnee lag, und erhielt somit gleichzeitig eine natürliche Düngung der Anbauflächen. Von den Sommergetreiden war die Gerste sicherlich von Interesse, weil sie geringe Ansprüche an Klima und Bodenbearbeitung stellt, dafür aber relativ hohe Erträge einbringt. Gerste hat von allen Getreiden den höchsten Zuckergehalt und eignet sich daher unter anderem sehr gut zum Bierbrauen. Emmer, die zweite 107
U. Willerding, Botanische Beiträge zur Kenntnis von Vegetation und Ackerbau im Mittelalter. Vortr. u. Forsch. 22, 1979, 271 ff. 108 A. Kreuz, „tristem“ cultu aspectuque“? Archäobotanische Ergebnisse zur frühen germanischen Landwirtschaft in Hessen und Mainfranken. In: A. Haffner/S. von Schnurbein (Hrsg.), Kelten, Germanen, Römer im Mittelgebirgsraum zwischen Luxemburg und Thüringen. Akten des
30
größere vorgefundene Getreidegruppe, ist gut zum Brotbacken geeignet und besonders eiweißreich. Deshalb konnte sie der damaligen Bevölkerung mit ihrem Nährgehalt vielleicht einen gewissen Fleischersatz liefern. Ähnlich wie in Jülich-Bourheim überwiegt in Eschweiler-Laurenzberg die Keramik gegenüber allen anderen Funden
109 110
. Sie ist von meist gröberer Machart, hart
gebrannt und fast ausschließlich handgefertigt, also nicht auf der Scheibe gedreht111. Auch hier haben wir es mit einem üblichen Spektrum von Töpfen, Schalen, Schüssel oder Fässern zu tun, allerdings mit keinem hervorstechenden Formenreichtum. Eine Besonderheit, vor allem auf Schüsseln, stellt die Randpichung dar, eine Art „Lackung“, die oberflächendeckend oder partiell aufgetragen wurde112. Die Laurenzberger Ware lässt sich in den Übergang von Latène C zu D einordnen, genauso wie die Fibel-, Geräte- und Waffenfunde der Siedlung. Zwischen der Keramik der rheinischen Lößbörde und dem angrenzenden Gebiet der keltischen Treverer zeigen sich hingegen deutliche Unterschiede113. Die Gefäßformen, die auf der Alteburg bei Bundenbach gefunden wurden, sind zwar auch handaufgebaut, darüber hinaus aber im keltischen Stil verziert114. Die Keramik von Laurenzberg erscheint
dagegen
unverziert,
formenarm,
wesentlich
gröber
und
weniger
formenschön. Die Fibeln lassen sich durch die erkennbare Bügelform und Größe der Spiralrolle mit unterer
und
oberer
Sehne
in
die
gleiche
Zeitstellung
datieren
115
.
Die
Glasarmringfragmente sind blau oder violett und zum Teil mit gelber Fadenauflage versehen
116
. Solche Typen sind in dieser Zeit vorrangig im Raum zwischen Maas
und Rur hergestellt worden117. Das bedeutet, sie wurden von dort nach EschweilerLaurenzberg importiert oder hier selber hergestellt. Ton-Schleuderkugeln und Internationalen Kolloquiums zum DFG-Schwerpunktprogramm „Romanisierung“ vom 28. bis 30. September 1998 in Trier. Koll. Vor- u. Frühgesch. 5 (Bonn 2000) 236 ff. 109 Joachim 1980, 367 ff. 110
Th.E.Haevernick, Die Glasarmringe und Ringperlen der Mittel- und Spätlatènezeit auf dem europäischen Festland (1960). 31
Lanzenspitzen können nur allgemein der jüngeren Latènezeit zugeordnet werden. Den Werkzeugen wie Ledermesser, Tüllenmeißel und Hohleisen
118
entsprechen
Funde aus dem keltischen Raum, so z.B. vom Dünsberg in Hessen und aus Manching in Bayern119. Eschweiler-Laurenzberg war also eine Vielhausgehöft-Siedlung, die in der Zeit von ca. 125 – 100 v. Chr. bestand. Wie die Auswertung der Funde besagt, anscheinend nur eine Generation lang. Unklar ist, warum sie aufgegeben wurde, doch ist auch hier wieder ein Zusammenhang mit römischen Invasoren aufgrund der frühen Zeitstellung auszuschließen. Wenn die einheimische Bevölkerung Eburonen waren, hatten sie in dieser Zeit deutlich vermischte ethnische Merkmale: sie bauten ihr Getreide auf „germanische“ Weise an aber bauten ihre Häuser nach keltischen Vorstellungen, wie uns die Siedlung auf der Altburg von Bundenbach zeigt. Auch Teile ihrer Sachkultur wie Tonschleuderkugeln, Glasarmringe, Lanzenspitzen und die Werkzeuge sind als keltisch anzusprechen.
7. Inden (Kr. Düren), spätlatènezeitlicher Opferplatz (?) Im Zusammenhang mit der Grabung einer urnenfelderzeitlichen Siedlung im Tagebau Inden stieß man im Frühjahr 2000 am Rande des untersuchten Areals auf weitere,
deutlich
verschiedene
Pfostengruben120.
Diese
Pfostengruben
unterschieden sich nach Umriss, Profil und Verfüllung nämlich von den urnenfelderzeitlichen Befunden. Die Verfüllungen enthielten Brandschutt, die Grubenwände machten zum Teil einen verziegelten Eindruck. Manche enthielten Keramikfragmente von Schalen mit nach innen gebogenem Rand – typische Gefäßformen der Latènezeit im Rheinland. Die neuentdeckte latènezeitliche Siedlung brachte jedoch auch außergewöhnliche Funde 118
ans
Tageslicht:
Aus
einer
der
Gruben
konnte
eine
menschliche
s. Abb. 38
119
J. Gerhard, Die Metallfunde vom Dünsberg. Materialien zur Vor- und Frühgeschichte von Hesen 2 (Wiesbaden 1977), ders., Werkzeug und Gerät aus dem Oppidum von Manching. Die Ausgrabungen in Manching 5 (Wiesbaden 1974). 120 B. Päffgen/K. P. Wendt, Ein spätlatènezeitlicher Opferplatz der Eburonen bei Inden. Arch. Rheinland 2000 (2001) 61–62. 32
Schädelkalotte sowie ein kompletter Pferdeschädel geborgen werden 122
Schädel aus dem Oppidum von Manching zweiten
vollständigen
latènezeitlichen
überhaupt bekannt ist123
121
. Nach dem
handelt es sich bei Inden um den
Pferdeschädel,
der
aus
Deutschland
124
. Von einem Pferd stammten außerdem noch ein
Unterkieferfragment und 15 weitere Knochen. Die Knochen stammen von mindestens zwei verschiedenen Pferden, die vom Erscheinungsbild her ziemlich klein gewesen sein dürften, mit einem kräftigen Kopf, starken Vorderextremitäten und schlanken Hinterläufen, vielleicht ähnlich dem Aussehen der Isländerponys. Die Pferde aus Inden dürften aufgrund ihres Körperbaus als Reittiere verwendet worden sein. Somit sind diese Knochenfunde die ersten archäologischen Belege für Reitpferde der einheimischen latènezeitlichen Bevölkerung überhaupt. Eine Auffälligkeit am Pferdeschädel ist das Fehlen beider Nasenbeinenden. Wir können davon ausgehen, dass dies auf einen Schlag mit einem scharfen Gegenstand, zum Beispiel mit einem Beil, zurückzuführen ist. Möglicherweise ist das Pferd auch durch diesen Schlag zu Tode gekommen. Bei einem Vergleichsfund in Vertault an der Côte d’Or in Burgund gab es eine Opferstätte, sowohl mit Pferde- als auch mit Hundeskeletten125
126
. Über 30 Pferde-
und mehr als 150 Hundeopfer sind in Gruben entdeckt worden, welche ins 1. Jhdt. v. Chr. datieren127 und somit von Zeitstellung und Befundsituation mit der Grube von Inden vergleichbar wären. Die Pferde hatte man durch einen Schlag auf den Schädel getötet, anschließend kürzere Zeit der Verwesung ausgesetzt und schließlich in Gruben bestattet. Hunde und Schafe wurden ähnlich behandelt, waren jedoch nicht der Verwesung ausgesetzt worden. Mehrmals wurden die Gruben geöffnet, um neue Opfer beizusetzen. Alle bislang im gallischen Raum untersuchten Befunde haben ergeben, dass die geopferten Pferde nicht verzehrt worden waren, sondern
121
s. Abb. 39
122
s. Abb. 40 H. Berke/B. Päffgen/St. Wendt, Der Eburonen kleine Pferde. Arch. Rheinland 2001 (2002) 46–47. 124 s. Abb. 41 123
125
A. Haffner, Heiligtümer und Opferkulte der Kelten (Stuttgart 1995) 32.
126
s. Abb. 42
127
P. Méniel, Les sacrifices d’animaux chez les Gaulois (Paris 1992) 34. 33
verwesten, obwohl Pferdefleisch im Alltag wohl durchaus auf dem Speiseplan gestanden hat. Pferde spielten in der keltischen Religion eine wichtige Rolle. Wir kennen den Grabbrauch, vornehmen Toten ihr Pferd mit ins Grab zu geben. Besonders häufig sind Pferde auf keltischen Münzen, den Regenbogenschüsselchen abgebildet. Als eine Schützerin der Pferde wurde in der Kaiserzeit die ursprünglich keltische Göttin Epona in weiten Teilen des Römischen Reichs verehrt. Epona leitet sich ab vom keltischen „epo“ = Pferd und der Göttlichkeit andeutenden Endung „ona“, bedeutet 128
somit entweder „Pferdegöttin“ oder „göttliches Pferd“
. Bekannt ist ihre Darstellung
von zahlreichen Monumenten, so z.B. aus Alesia
129
. Manchmal wird sie im
Damensitz reitend abgebildet, manchmal ohne Sattel auf dem Pferd sitzend, von einer Stute oder von anderen jungen Pferden umgeben. Alle Reit- und Lasttiere sowie die Menschen vom Reiter bis Fuhrknecht standen unter Eponas Schutz. Für die ihr anvertrauten Tiere wurde von Epona das Wirken einer Muttergöttin erwartet: sie sollte die Tiere beschützen, für ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen sorgen, sie gegebenfalls heilen und für gesunde Fohlen sorgen. Die Bedeutung des Pferdes für die Kelten wird umso nachvollziehbarer, wenn man sich vor Augen hält, dass die Kelten ihren Aufstieg und ihre Verbreitung mindestens ebenso ihrer Geschicklichkeit bei der Pferdezucht verdanken wie ihrer hervorragenden Eisenverarbeitungstechnik. Neben den Pferdeknochen fanden sich in Inden auch noch Knochen anderer Tierarten,
anteilmäßig
noch
besonders
viele
von
Rindern,
Schafen
und
Schweinen130. Auch ein Blick in den rechtsrheinischen, germanischen Raum, nämlich nach Oberdorla bei Mühlhausen in Thüringen, weist Parallelen auf. Oberdorla gilt als erstes germanisches Dorfheiligtum, das bisher auf deutschem Boden vollständig untersucht wurde131. In dem thüringischen Opfermoor wurden über sieben nachgewiesene Stadien, von der Hallstattzeit bis ins frühe Mittelalter, Tierknochen,
Menschenknochen,
128
Botheroyd 1992, 104-106.
129
s. Abb. 43
Holzidole,
130
Keramik
und
weitere
kultische
Berke u.a. 2002, 47. G. Behm-Blancke, Heiligtümer der Germanen und ihrer Vorgänger in Thüringen: die Kultstätte Oberdorla. Weimarer Monographien zur Ur- und Frühgeschichte 38,1 (Stuttgart 2003) 267. 131
34
Gegenstände deponiert
132
. Der heilige Ort von Oberdorla setzte sich aus fünf
Komponenten zusammen, dem Moor, einem Kultsee, Kultquellen im Moor sowie 133
einem „heiligen Hain“
. Aus der 3. Opferperiode, welche der späten Latène- und
frühen Römischen Kaiserzeit entspricht, stammen die berühmten Astgabelidole. Östlich von ihrem ehemaligen Standort fanden sich zahlreiche Knochen der Opfertiere. Die Skelettteile stammen vom Pferd, Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Hund und Hecht, sowie von einem Menschen. Eine vollständig erhaltene Tonschale stand ohne erkennbaren Inhalt vor dem letzten Idolpaar. Von ihr wird angenommen, dass sie die Opferspeise für die Idole enthalten hat
134
. Die Tatsache, dass den Holzidolen
Tieropfer und Mahlzeiten zugedacht waren, lässt den besonderen Charakter dieser Hölzer deutlich werden. Allen Anschein nach hatten sie eine bestimmte göttliche Symbolik für die einheimische, elbgermanische Bevölkerung135. Vom Pferd wurde in Oberdorla eine Reihe von Einzelknochen gefunden. Vereinzelt wurde auch eine vollständige Pferdeextremität niedergelegt, aber ohne Schulterblatt. Depots von unbeschädigten Langknochen mit Schädel waren eher eine Seltenheit in Oberdorla. Im Gegensatz zu der einen menschlichen Schädelkalotte von Inden kamen in Oberdorla 201 menschliche Skelettreste zu tage, davon sogar 5 vollständig erhaltene Schädel. Mit Ausnahme einer Körperbestattung eines jungen Mädchens wurden auf den Heiligtümern ausschließlich Knochen niedergelegt, diese Tatsache spricht für den von archäologischer Seite wiederholt angenommenen germanischen Brauch der Leichenzerstückelung136. Viele Indizien sprechen übrigens für eine keltische „einheimische“ Bevölkerung, die am Ende der Spätlatènezeit unter dem Einfluss der eingewanderten Elbgermanen stand. Zum Beispiel weisen die Beschaffenheit der Kultareale in Oberdorla Ähnlichkeiten auf mit den keltischen Viereckschanzen137. Die Holzidole scheinen vom gleichen Typ zu sein wie die keltischen Kultstelen138. Letztgenannte erinnern allerdings auch an die Kultsäule der späteren germanischen Sachsen, die Irminsul, 132
Behm-Blancke 2003, 27 ff.
133
Ders., 24-27.
134
Ders., 52-53
135
Ders., Kap. VII
136
Ders., 149.
137
s. Abschnitt 9 „Bonn-Muffendorf“
138
Behm-Blancke 2003, 49. 35
welche Karl der Große in den fränkisch-sächsischen Auseinandersetzungen fällen 139
ließ
, oder an die Weltenesche „Yggdrasil“, dem Lebensbaum aus der
germanischen Mythologie. In der Snorra Edda, der Edda des isländischen Mönchs Snorri Sturluson, findet sich noch ein Hinweis auf das Tierknochenopfer und zwar in Gylfaginning 44 (Die Täuschung des Königs Gylfi): Thor bietet seinem Besucher, dem Bauern Egil seine Böcke Zähneknirscher und Zähneknisterer als Mahlzeit an, wenn die Knochen nicht verletzt würden. Nach dem Essen legt der Gott die Knochen auf die Felle und erweckt die Tiere mit seinem Hammer Mjöllnir wieder zum Leben. Ein Teilnehmer am Mahl hat jedoch einen Knochen mit den Zähnen beschädigt, daher lahmt einer der Böcke140. Ein anderes Ritual in Zusammenhang mit tierischem Gebein beinhaltet der zweite Merseburger Zauberspruch: „Phol und Wodan ritten in den Wald da wurde der Fuß von Balders Fohlen verrenkt; da besang es Sintgunt und Sunna, ihre Schwester, da besang es Friia und Volla, ihre Schwester, da besang es Wodan, der dies gut konnte: Sei es Beinrenkung, sei es Blutrenkung, sei es Gliedrenkung: Bein zu Bein, Blut zu Blut, Glied zu Gliedern, als wenn sie geleimt wären! 141 (oder: dass sie gelenkig sind) Eine bedeutende Charaktereigenschaft des Gottes Wodan (Odin) war der Totenzauber, d.h. die Fähigkeit, Tote wieder zum Leben zu erwecken. Dies gelang ihm durch die Ausübung von Runenmagie142. Wieder zurück in Inden im Braunkohletagebau sind an verbleibenden Funden außer den genannten Knochenfunden aus derselben Grube noch Keramikreste, Fragmente von blauen Glasarmringen und tönerne Schleuderkugeln zu nennen143. Die Wirkungsweise solcher tönerner Schleuderkugeln144 beschreibt Cäsar im Gallischen Krieg, Buch 5, Kapitel 43: 139
H.W. Hammerbacher, Irminsul. Das germanische Lebensbaum-Symbol (Kiel 2000).
140
Ders., 103.
141
R. Simek, Lexikon der germanischen Mythologie (Stuttgart 1984) 477.
142
H. Obleser, Odin (Wailblingen 1993) 208.
143
s. Abb. 41
144
s. Abb. 44 36
„Am siebenten Tag der Belagerung fingen die Nervier an, glühende Kugeln aus gegossenem Ton .... auf die Baracken .... zu werfen. Diese fingen schnell Feuer und verbreiteten es nach dem ganzen Orte des Lagers...“ Zusammenfassend betrachtet könnte die komplette Befundsituation in Inden mit den Knochendepots und Brandresten für die Interpretation des Platzes als eine Opferoder Kultstätte der Eburonen sprechen. Dies untermauert vor allem die naturräumliche Lage des Platzes als Kennzeichen eines Kultplatzes sowie die Niederlegung von Opfergaben und deren Resten in Gruben, wird aber auch durch die Auswahl bestimmter Tierknochen wie Extremitäten und Schädel für die Deponierung bestätigt, ein Ritus, der durch viele Vergleichsfunde belegt ist, wie z.B. jene von Vertault und Oberdorla.
8. Kreuzau-Winden (Kr. Düren), Abschnittswall „Hochkopf“ Über der Rur in Kreuzau-Winden bei Düren erhebt sich der „Hochkopf“, eine Bergzunge, die zum Flusstal hin steil und felsig abfällt145. In der Zeit um Christi Geburt scheint sie von der einheimischen Bevölkerung zur Verteidigung, also als Fluchtburg, in Gebrauch gewesen zu sein146. Der von Natur aus durch den schroffen Buntsandsteinfelsen gesicherte Platz wurde nämlich mit einem Abschnittswall zum ungeschützten Hinterland an der Rückseite zu einer Befestigung ausgebaut. Noch heute ist ein Wall in ausgezeichnetem Erhaltungszustand von 170 m Länge im Gelände zu sehen. Er ist 3 m hoch und hat zum Teil auffallend steile Böschungen147. Der geschützte Teil der Bergzunge war etwa 500 m lang und 300 m breit. Im Rahmen eines Grabungsprogrammes in den 30er Jahren der damaligen rheinischen Provinzialverwaltung, das u.a. die Erforschung der rheinischen Wallanlagen zum Ziel hatte, wurde ein Teil des Abschnittswalls mit einem 4 m breiten Schnitt untersucht. Dabei erwies sich der heutige Wall als der Versturz einer 4 m dicken Mauer, deren aus Buntsandstein gesetzte Fronten auf über 1 m Höhe erhalten waren. Das Innere bestand aus wechselnden Lagen von Steingeröll, Lehm und reichlichen Resten von 145
s. Abb. 45 Joachim 1974a, 46-48. 147 s. Abb. 46 146
37
Holzgebälk, die Vorder- und Rückfront zusammenhielten und durch parallel zur Mauerführung laufende Balken verbunden waren. Diese Mauer stand auf einer Aufschüttung, der Fuß der Vorderfront 0,80 m über dem gewachsenen Boden. Dieser Befund weist hin auf eine keltische Holz-Stein-Erde-Mauer und zwar vom Kastenbau-Typ.
Dieser
Mauertyp
basiert
nach
Ralston148
Ian
auf
Nebeneinanderstellungen einer Reihe von aneinandergrenzenden Kästen aus horizontalem Balkenwerk gebaut, welche verschiedenartige Verfüllungen enthalten können. Das Kastensystem ergibt sich durch die Anordnung von Holzbalken in der Diagonalen und Vertikalen, so dass Fächer von gleicher Größe und Abstand entstehen149. Im Fall von Kreuzau-Winden kann es sich laut Befund bei der Verfüllung der Kästen nur um Geröll und Lehm gehandelt haben. Die Kastenbau-Mauer war ein gängiger Typ im eisenzeitlichen Europa, dessen Wurzeln vielleicht noch bis ins Neolithikum zurückreichen. Bekannte europäische Beispiele sind die Anlage von Biskupin in Polen
150
sowie jene am Wittnauer Horn in
151
der Schweiz
.
Das Spektrum der Funde war nur gering: Im Innern der Mauer lagen zwei vorgeschichtliche Scherben, beides Stücke von Schalen, glatt und ohne Verzierung, daher nicht genau zu datieren. Die eine hat allerdings einen mit feinem Sand durchsetzten Ton und damit eine rauhe Oberfläche, wie sie typisch ist für spätlatènezeitliche
Keramik
im
Rheinland
152
.
Außerdem
fanden
sich
noch
Wandscherben eines weißtonigen Krugs153, der am ehesten in frühe römische Zeit datiert154. Der Befund des Mauertyps und die Keramikfunde bieten einen Anhaltspunkt dafür, dass die Anlage etwa um die Zeitenwende benutzt und auch zerstört wurde: Eindeutig steht fest, dass die Anlage durch einen großen Brand zerstört wurde. Das 148
I. Ralston, Celtic fortifications (Gloucestershire 2006) 49 ff.
Holzwerk war durchweg verkohlt, im Mauerkern das Gestein vollständig verglüht. Ziegelrote Lehmbänder und zu Asche verglühter Sand zeugen ebenso von einer massiven Hitzeeinwirkung. Somit wäre - vorsichtig spekuliert - die Abschnittsbefestigung von Kreuzau-Winden einer der Hinweise auf ein Fortleben eburonischer Bevölkerung nach 50 v. Chr. Zumindest waren einheimische Bewohner vorhanden, die sich auf fortifikatorische Weise zur Wehr setzten. Die Bauart der Anlage schließt römischen Ursprung aus, d.h. sie wurde noch am ehesten im Einsatz gegen Römer verwendet.
9. Bonn-Muffendorf, spätlatènezeitliche Grabenanlage 1991 wurde im Bonner Ortsteil Muffendorf auf einem Baugrundstück eine spätlatènezeitlliche, rechteckige Grabenanlage mit Innenbebauung freigelegt
155 156
.
Genau wie in Niederzier-Hambach und Jülich-Bourheim handelte es sich um einen Spitzgraben, diesmal 52,5 m lang und 1,6 – 2,0 m breit und bis zu 1 m tief157. Im Norden knickte der Graben rechtwinklig nach Osten ab. Innerhalb des Grabens zeichnete sich parallel zum Graben ein 4 m breiter, weitgehend befundleerer Streifen ab, auf dem wohl ein Wall angeschüttet war. Dieser war jedoch völlig wegerodiert. Im Bereich
des südlichen
Grabens wurden
Pfostengruben
angeschnitten, die
möglicherweise auf eine Brücke hindeuten könnten. Auch die Grabung auf der Innenfläche der Anlage zeigte zahlreiche Klein- und Pfostengruben, die auf eine dichte Bebauung in mehreren Bauphasen schließen lassen. Aus den Gruben kamen Brandlehm mit Flechtwerkabdrücken sowie einige Knochenbruchstücke und Zähne von Rindern und Schweinen zutage. Die meisten Funde sind jedoch Keramikscherben, die in die Stufe Latène D1 datieren. Es handelt sich um handgemachte, nachgedrehte Ware. Die schlichten Gefäße, Töpfe, Schalen und Fässer haben einziehende, verdickte Ränder, gelegentlich mit Fingertupfen an der inneren Randlippe, sowie Flaschen mit
155
J. Göbel, Eine spätlatènezeitliche Anlage in Muffendorf. Arch. Rheinland 1991 (Stuttgart 1992) 4951
156
s. Abb. 51
157
s. Abb. 52 39
gepichten Rändern. Die Metallfunde beschränkten sich auf einige Eisennägel und eine Bronzenadel. Noch unbekannt ist, wann die Siedlung aufgegeben wurde. In der obersten Verfüllung des Spitzgrabens fanden sich jedenfalls noch Reste von zwei römischen Brandgräbern
des
ausgehenden
1.
Jhdt.,
die
auf
eine
kontinuierliche
Siedlungstätigkeit bis in römische Zeit hier in Bonn-Muffendorf schließen lassen. Vergleichbare Anlagen sind bisher nur aus dem süddeutschen Raum bekannt, keinesfalls aber vom Niederrhein. Der Befund erinnert deutlich an das Aussehen einer keltischen Viereckschanze, eine Wall-Graben-Anlage mit rechteckigem Grundriss. Von Frankreich bis nach Böhmen ist dieser keltische Bautyp zahlreich verbreitet158. Seit über anderthalb Jahrhunderten Forschungsarbeit sah man in ihnen sowohl römische Lager als auch keltische Fliehburgen, Gehöfte, Viehgehege oder reine Kultbezirke im Sinne von Tempelanlagen. Zur letzteren Schlussfolgerung trugen insbesondere die Funde von Fellbach-Schmiden in Baden-Württemberg bei. Hier wurden Holzfiguren in Form von zwei antithetischen Steinböcken aus einem Kultschacht geborgen. Insbesondere die Schachtanlagen mit Verfüllungen in Form von kultischen Gegenständen, die Umwallung als Erdwerk ohne fortifikatorische Einbauten und die formalen Beziehungen zu den späteren gallo-römischen Umgangstempeln waren immer wichtige Indizien für eine kultische Deutung. Die Forschungsergebnisse der letzten beiden Jahrzehnte sprechen jedoch in einigen Fällen für eine hauptsächlich profane Nutzung. Die Viereckschanzen von Ehningen in Nordwürttemberg, Bopfingen-Flochberg und Riedlingen beispielsweise waren wohl doch eher rechteckige Kleinhöfe oder Mittelpunkte bäuerlicher Dorfsiedlungen. Im Falle der Anlage von Bonn-Muffendorf scheidet eine Interpretation als rein kultischer Bezirk weitestgehend aus. Die dichte Innenbebauung und die zahlreichen Siedlungsfunde sprechen für eine ähnlich profane Nutzung wie die drei oben aufgeführten süddeutschen Beispiele. Beim Freilegen der Fläche im nordwestlichen Teil der Anlage wurde festgestellt, dass die landwirtschaftliche Nutzung einen sehr
158
G. Wieland, Die spätkeltischen Viereckschanzen in Süddeutschland – Kultanlagen oder Rechteckhöfe? In: A. Haffner, Heiligtümer und Opferkulte der Kelten. Arch. Deutschland, Sonderh. 1995. 85 – 99. 40
tiefgründigen, humosen Boden erzeugt hatte
159
. Ein denkbarer Vergleich des
Befundes von Bonn-Muffendorf geht vielleicht dennoch in den süddeutschen keltischen Hallstattzeit
Raum,
aber
diesmal
zu
den
sogenannten
„Herrenhöfen“
der
160
. Hierbei handelt es sich um kleine, mit Gräben und Palisaden
befestigte Höfe, welche neuerdings als einfache, landwirtschaftliche Höfe ohne gehobene soziale Stellung interpretiert werden. Eine solches Kleingehöft mit subsistenzwirtschaftlichem Betrieb, d.h. mit einer zunächst profanen Zweckbestimmung, schließt keinesfalls aus, dass die Anwohner auch religiöse und rituellen Handlungen ausgeführt hätten. Ganz im Gegenteil muss man sich vor Augen halten, dass in der hier diskutierten vorgeschichtlichen Zeit profanes und sakrales Leben im Alltag der damaligen Menschen keineswegs die Trennung erfuhr, wie es in unserer modernen Gesellschaft heute der Fall ist. Allein auf Grund dieser Überlegung schließt sich die Interpretation in nur die eine oder die andere Richtung meines Erachtens von vornherein aus.
159
Göbel 1992b, 51.
160
K. Leidorf, Südbayerische „Herrnhöfe“ der Hallstattzeit. Arch. Denkmalpflege Niederbayern 1985, 129 ff. 41
b) Auswertung der Befunde und Funde 1-9:
Welche Merkmale an der einheimischen Bevölkerung, nennen wir sie Eburonen, sind als „keltisch“ anzusprechen, welche als „germanisch“?
Spitzgraben und Wall, Knochenbruchstücke/ Zähne von Rindern und Schweinen, Keramik
Die
oben
angeführte
Tabelle
zeigt
eine
überdeutliche
Orientierung
der
spätlatènezeitlichen Bevölkerung der neun vorgestellten Fundorte zum keltischen Kulturraum. In Latène D, also 150-15 v. Chr., bestand ein intensivierter Kontakt der Niederrhein- bzw. Maas-Region zur südlichen Latènekultur161. Eine besondere Funddichte an latènezeitlichem Material existiert in der östlichen Hälfte des RheinMaas-Deltas und im Maasgebiet zwischen Maastricht und Venlo. Zu den wichtigsten Beispielen gehört sicherlich die Masse an keltischen Glasarmringen, die ich in Kapitel V dieser Arbeit vorstellen werde, die Übernahme keltischer Fibeltypen wie der Nauheimer Fibel, die Beliebtheit von keltischem Schmuck wie den Goldtorques,
161
N.Roymans, On the latènisation of Late Iron Age material culture in the Lower Rhine/Meuse area. In: S.Möller/ W.Schlüter/ S.Sievers (Hrsg.), Keltische Einflüsse im nördlichen Mitteleuropa während der mittleren und jüngeren vorrömischen Eisenzeit. Akten des Internationalen Kolloquiums in Osnabrück vom 29. März bis 1. April 2006 (Bonn 2007) 317 ff.
43
die Herstellung von Langschwertern und die Münzprägung. Ab Latène D2 gibt es Hinweise auf eine eigene Münzprägung am Niederrhein und in der Maasregion, allen voran die Goldmünzen des Typs Scheers 31 (s. Kapitel III, Abschnitt 3, „Heers“). Welche Gründe könnte es gegeben haben für eine zunehmende „Latènisierung“ der materiellen Kultur, hervorgebracht durch die einheimische Bevölkerung? 1. In erster Linie ist denkbar, dass Bevölkerungsgruppen aus dem Süden hier eingewandert sind und ihre Latènekultur mitbrachten. Diese Migration kann natürlich auch schon wesentlich früher, in Latène C, erfolgt sein und die Sachkultur sich allmählich in der Bevölkerung am Niederrhein etabliert haben. 2. Objekte im Latène-Stil wurden von der niederrheinischen Bevölkerung über ihre Handelsbeziehungen in den Süden importiert. Besonders ist hier an Fibeln und Waffen zu denken, die im Latènestil verziert sind. 3. Materielle Kultur im Latène-Stil wurde vor Ort in lokalen Produktionsstätten selber hergestellt. Das Formenspektrum der Latène-Kultur wurde nicht nur kopiert, sondern erhielt eigene, spezifische Ausprägungen, welche es zu einer lokalen Besonderheit machte. Der Prozess der „Latènisierung“ beinhaltete nicht nur das Hervorbringen einer neuen, materiellen Kultur, sondern auch neue soziale Verbindungen und damit verbundene Ideen und Wertevorstellungen. Die Einführung von Langschwertern, Goldtorques und Goldmünzen ist ein Indikator für veränderte Machtverhältnisse in der niederrheinischen Bevölkerung. Herstellung und Gebrauch dieser neuen Güter wurden aller Wahrscheinlichkeit nach von den sozialen Eliten gesteuert und dienten wohl einer Art „Elitenkommunikation“ untereinander, vor allem, um sich mit den neuen Prädikaten von den Unterschichten abzuheben. Von der späten Bronzezeit und der frühen Eisenzeit aus lässt sich also eine Entwicklung beobachten, die von einer eher egalitären zu einer hierarchisierten Gesellschaftsstruktur
überging
und
Eliten
sowie
zentrale
Ortsstrukturen
herausbildete. Reichmann bezeichnet die Bevölkerung, die in der linksrheinischen Lößbörde in der späten Latènezeit ansässig war als Maas-Waal-Gruppe162 und definiert sie 162
C. Reichmann, Zur Besiedlungsgeschichte des Lippemündungsgebiets während der jüngeren vorrömischen Eisenzeit und der ältesten römischen Kaiserzeit (Wesel 1979) 296. 44
insbesondere über die keltisch orientierte Hausbauweise (s. Kapitel III, Abschnitt d) und die hervorgebrachte Keramik. Die Keramik der Mittel- und Spätlatènezeit zeigt in den rheinischen Lößbörden stärkere Anlehnung an den Süden als die Keramik am nördlichen Niederrhein und in den
Niederlanden
Siedlungsmaterial
163
.
Gefäßformen
Parallelen
Drehscheibenkeramik
der
zum
und Süden
Latènekultur
–verzierungen auf, fehlt.
wenn Das
weisen auch
die
hier
im
typische
spätlatènezeitliche
Keramikspektrum wirkt noch uniformer als das mittellatènezeitliche
164
. Die Ränder
der Gefäße sind sehr selten facettiert, auch schärfer profilierte Formen fehlen. Die Mehrheit hat oben eine stark einziehende Mündung. Verzierungen sind allerdings eher selten, sie bestehen nur in Form von Fingertupfen auf Fässern, Lackung und Kammstrich. Nachgewiesen werden konnten sowohl Hoch- als auch Breitformen, d.h. im wesentlichen Fässer und Schalen. Die Lößbörde liegt an der Peripherie der keltischen Oppida-Zivilisation. Sowohl in der Keramik als auch in der übrigen materiellen Kultur wurde hier die spezialisierte Entwicklung dieser Stadtkultur nur bedingt nachvollzogen. Vor allem fehlt in den Dorf- und Weilersiedlungen des linken Rheinlandes bis jetzt die typische Drehscheibenware der Latènekultur.
c) Zur Situation auf der rechten Rheinseite: Die Sugambrer Nachdem wir in Teil a) des III. Kapitels die Befund- und Fundsituationen derjenigen Plätze kennengelernt haben, die bislang als eburonisch gelten, sowie uns mit deren Zerstörung oder Aufgabe auseinandergesetzt haben, ist es notwendig, im folgenden einen Blick über den Rhein, also auf das rechte Rheinufer zu werfen. Hier befand sich das Territorium der Sugambrer, jenes „Nachbarstammes“, der 53 v. Chr. nach Ende des Kriegs mit römischer Billigung auf eburonischem Gebiet plünderte. Wie lassen
sich
archäologisch
die
Beziehungen
Einheimischen auf der rechten Rheinseite fassen?
163
Simons 1989, 81.
164
Diess. 1989, 72. 45
zwischen
Römern
und
den
Das Siedlungsgebiet der Sugambrer erstreckte sich etwa zwischen Sieg und Lippe 165
mit einem Siedlungskern zwischen, Rhein, Lippe und Wupper
. Im Unterschied zu
den als römerfreundlich geltenden Ubiern nahmen die Sugambrer bis zu ihrer Niederlage 8 v. Chr. eine römerfeindliche Haltung ein. Dies machte sich zum Beispiel bemerkbar, als sie Truppen der von Caesar geschlagenen Usipeter und Tenkterer Aufnahme gewährten und deren Auslieferung an die Römer ablehnten166.
1. Der Petersberg bei Königswinter, spätlatènezeitliche Befestigung Der Petersberg bei Königswinter ist nach dem Ölberg die zweithöchste Erhebung im Siebengebirge. In jedem Fall aber ist er der Berg mit der größten besiedelbaren Fläche auf seinem Plateau167
168
. Deshalb wurde er auch schon seit der jüngeren
Steinzeit bewohnt. Den ersten Höhepunkt der Besiedlung erfuhr der Petersberg allerdings in der Spätlatènezeit in der Stufe Latène D. Noch heute ist ein ca. 450 m langer Hauptwall im Nordwesten und Osten erhalten sowie ein Vorwall im NordwestAbschnitt169. Der Hauptwall war eine Basaltsteinmauer in Trockenmauertechnik erbaut, vermutlich 3 m breit und 1,20 m hoch170. Im Innern des Hauptwalls verlief noch zusätzlich eine hölzerne Palisadenwand. Die geborgenen Funde, im wesentlichen Bruchstücke von Keramik, zeigen ähnlich wie bei den eburonischen Plätzen keltische Merkmale. Kulturell betrachtet liegt der Petersberg zu dieser Zeit im Grenzbereich zwischen mittelrheinisch-keltisch beeinflussten Gebieten und dem „freien Germanien“. Die Burg auf dem Petersberg gehört laut Caesar zu dem Typ Kleinburgen, die er castellum nannte171. Allem Anschein nach wurde sie in der zweiten Hälfte des 1.
165
J. Heinrichs, Sugambrer. RGA XXX (Berlin/New York 2006) 124.
166
Gallischer Krieg Buch 4, Kapitel 16, Abschnitt 2 ff. H.E. Joachim, Archäologisches vom Petersberg bei Königswinter. Bonner Universitätsbl. 1997, 4150. 167
168
s. Abb. 53
169
s. Abb. 54
170
s. Abb. 54a H.E.Joachim, Die Ausgrabungen auf dem Petersberg bei Königswinter. Bonner Jahrb. 182, 1982, 413.
171
46
Jhdt. v. Chr. unzerstört aufgegeben. Diese Zeitstellung lässt uns wieder vermuten, dass sie angesichts der römischen Eroberung im Rheinland aufgegeben wurde, ähnlich wie einige der oben angeführten eburonischen Beispiele. Wahrscheinlich ist die Burg gar nicht Schauplatz von Kampfhandlungen geworden, jedenfalls gibt es keine Brandschichten oder andere Spuren von Zerstörung.
2. Die Erdenburg bei Bensberg (Rhein.-Berg.Kreis) Am Rande der Bergischen Landes, nur 15 km Luftlinie von Köln entfernt, erhebt sich hinter dem Bensberger Schlossberg eine Bergkuppe, die im Volksmund seit über 200 Jahren unter dem Namen „Erdenburg“ bekannt ist. Deutlich erkennt man hier die Ringwälle einer alten Fliehburg, die sich gut erhalten um die ganze Anlage ziehen172. Ursprünglich gehörten sie zu einem Wall-Graben-System mit aufgesetztem Wehrgang und zwingerartigem Toreingang im Westen173. Erstmalig wurden 1935 Ausgrabungen vom Kölner Museum für Vor- und Frühgeschichte unter der Leitung von Prof. Werner Buttler durchgeführt174 nachdem der „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler, im Rahmen der Stiftung „Deutsches Ahnenerbe“ die Schirmherrschaft über die Ausgrabungen übernommen hatte. Hauptsächlich fand man Scherben von Tongefäßen wie Trink- und Eßschalen. Aus ihnen folgerte man, dass die Erdenburg in der Spätlatènezeit, also etwa 1.Jhdt. v.Chr. errichtet wurde und zwar, wie auf dem Petersberg, vom Stamm der Sugambrer, die zu dieser Zeit zwischen Ruhr und Sieg ansässig waren. Die Pfostenlöcher ermöglichten die Rekonstruktion einer hölzernen Wehranlage: Mit einem Plan-Grundriss konnte das ganze Wehrsystem zeichnerisch rekonstruiert werden175. Nach Buttlers Auffassung musste es in den Auseinandersetzungen mit den Römern eine militärisch-strategisch wichtige Rolle gespielt haben. In Köln, dem damaligen „Oppidum Ubiorum“ befand sich seit 38 v.Chr. ein festes Legionslager und gleichzeitig das Stammesheiligtum der römerfreundlichen Ubier, die Ara Ubiorum. Vermutlich sollte die Erdenburg zur Observierung dieses Platzes und zur 172
s. Abb. 55 Horn 1987, 353-355. 174 W. Buttler/ H. Schleif, Prähist. Zeitschr. 28/29, 1937/38, 184-232. 175 s. Abb. 56 173
47
Abwehr der in Köln liegenden 10. Legion dienen, vielleicht sogar als Stützpunkt für germanische Einfälle in die römische Provinz. Im Herbst 1968 führte das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Uni Köln erneute Grabungen durch, und zwar im gleichen Wallabschnitt, den sich damals Buttler schon vorgenommen hatte. Die C14 Analyse der Holzkohle ergab ein Alter von 310 ± 80 Jahre v. Chr. Die Erdenburg war demnach in römischer Zeit also schon vorhanden gewesen. Natürlich ist es denkbar, dass sie in den germanisch-römischen Auseinandersetzungen wieder benutzt wurde
176
. Genau wie der Petersberg wurde
die Erdenburg um die Mitte des 1. Jhdt. v.Chr. unzerstört wieder aufgegeben. Bis zu beiden Anlagen sind die römischen Truppen offensichtlich nicht vorgedrungen. Interessant wäre in diesem Zusammenhang die Fragestellung, inwieweit die Sugambrer auf der rechten Rheinseite eine durchgehende Verteidigungslinie von Fliehburgen zum Rhein hin errichtet hatten. In Betracht zu ziehen wären hier m.E. noch der Güldenberg in der Wahner Heide (Siegkreis), der Lüderich bei Overath und weitere Anlagen, auf derselben Achse liegend (wie z.B. die Wallburg in Erberich bei Odenthal), die bislang noch nicht archäologisch untersucht wurden.
3. Köln-Porz-Lind, latènezeitliches „Vielhausgehöft“ Im Kölner Ortsteil Porz-Lind wurden in den Jahren 1973 – 1977 in einer Senke der Niederterrasse westlich der Wahner Heide eine Rettungsgrabung auf einem latènezeitlichen Siedlungsplatz durchgeführt177. Die Siedlung, ein Vielhausgehöft nach dem von den Eburonen bekannten keltischen Typus, lag an einem später vertorften Gewässer. Vermutlich waren auch die Gebäude von Porz-Lind in Fachwerktechnik errichtet. Sie bildeten ein Gehöft aus einem Wohnhaus
und
mehreren „gestelzten“ Speicherbauten zur Vorratshaltung178. Dem säurehaltigen Torfboden war es zu verdanken, dass Europas größtes Fundspektrum an latènezeitlichen Holzfunden und Pflanzenarten hier geborgen werden konnte. Hunderte von Holzobjekten stammen aus dem Haus- und Hofbereich und seiner 176
H.E. Joachim, Rhein. Berg. Kalender 1974, 67. H.E. Joachim, Porz-Lind. Ein mittel- bis spätlatènezeitlicher Siedlungsplatz im „Linder Bruch“. Rhein. Ausgr. 47 (Mainz 2002) 40-42. 178 s. Abb. 57 177
48
Einrichtung, dienten für Umzäunungen und zur Viehhaltung, gehörten zu Behältnissen, stammen von Wagen und Waffen, andere waren Brotschieber oder Stampfer für das Backhandwerk, dienten zum Getreideanbau, zur Milchzubereitung, zur Pflanzenfaserverarbeitung und sogar zur Birkensaftgewinnung. Aus dem letzteren stellte die einheimische Bevölkerung, die Sugambrer, Klebemittel her. Im Vordergrund der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Gehöfts standen Viehzucht, Milchproduktion und Ackerbau. An weiteren anorganischen Funden sind noch Keramik, Webgewichte, Gusstiegel und Schleuderkugeln zu nennen. Die keramische Ware zeigt Verbindungen zum Gebiet der Treverer, ein Indiz für die Tatsache, dass auch bei den Sugambrern keine Sicherheit besteht, ob es sich eher um Kelten oder um Germanen gehandelt hat. Die außerordentlich gut erhaltenen Holzfunde ermöglichten eine hervorragende dendrochronologische Untersuchung179. Die jahrringgenaue Bestimmung von 20 Hölzern erbrachte, dass Porz-Lind auf jeden Fall in der Zeit von 189 – 111 v. Chr., mit einem Schwerpunkt um 140 v. Chr. bestanden haben muss. Ein weiteres, jüngeres Dendrodatum sagt uns, dass Porz-Lind außerdem um 42 v. Chr. existierte, was letztendlich belegt, dass die Siedlung vom 2. Jhdt. v. Chr. bis in die 2. Hälfte des 1. Jhdt. v. Chr. bestanden hat. Holz, das nach 42 v. Chr. geschlagen wurde, konnte nicht mehr aufgefundnen werden, aber einige römische Funde und die Ergebnisse der Pollenanalyse liefern den Hinweis, dass Sugambrer hier bis in die 1. Hälfte des 1. Jhdt.n. Chr. gesiedelt haben. Da es auch in Porz-Lind keinen Hinweis auf Zerstörungen gibt, bleibt rätselhaft, warum der Platz aufgegeben wurde. Vermutlich war es die Nähe zur römischen Rheingrenze, die die Bewohner zwang, ihre Siedlung aufzugeben. Kaiser Tiberius hatte übrigens bereits im Jahre 8 v. Chr. 40 000 von den Kämpfen bei Oberaden verbliebenen Sugambrern von der rechten Rheinseite an den Niederrhein umgesiedelt, welche sich als „Verbündete auf Gedeih und Verderb“ ergeben hatten180. Bei Auswertung dieser drei „sugambrischen“ Fundplätze fällt also auf, dass die beiden „Fluchtburgen“ Petersberg und Erdenburg ungefähr in der gleichen Zeit aufgegeben wurden, wie die eburonische Anlage von Kreuzweingarten. Beim 179
Ders., Ein Siedlungsplatz der Jüngeren Eisenzeit in Köln-Porz, „Linder Bruch“. Rechtsrhein. Köln 29, 2003, 9. 180 Horn 1987, 36;141. 49
Siedlungsplatz Porz-Lind besteht, wenn auch nicht lange, eine Kontinuität der Bevölkerung bis in die römische Zeit. Damit unterscheidet sich die rechtsrheinische Siedlung deutlich von jenen linksrheinischen auf Eburonengebiet.
d) Analyse des Haustyps der Eburonen (keltische Mehrhausgehöfte) im Unterschied zum germanischen Langhaus Im Teil a) der Fundplatzbeschreibung haben wir im Falle der Siedlungen von Niederzier-Hambach und Eschweiler-Laurenzberg von sogenannten „Vielfach“- oder „Mehrhaus“-Gehöften gesprochen. Da dieser Hoftyp ein bedeutendes Merkmal der keltischen Gesellschaften darstellt, ist es nicht unerheblich, gerade als Abgrenzung zur Fragestellung „germanisch“ oder „keltisch“, diesen näher im Bezug auf die Eburonen zu analysieren und den Unterschied zum germanischen Haustyp herauszuarbeiten. Die
Siedlungsentwicklung
im
eisenzeitlichen
Rheinland
ist
durch
zwei
unterschiedliche Siedlungsmuster gekennzeichnet181: eine Streusiedlungsstruktur (wie Jülich-Bourheim und Bonn-Muffendorf) und eine Dorfstruktur, mit z.T. äußerer Befestigung
(wie
Niederzier-Hambach
und
Eschweiler-Laurenzberg)182.
Im
Eburonengebiet zwischen Rhein und Maas hatten sich zwei Regionen mit gegensätzlichen Wirtschaftsformen herausgebildet: Der fruchtbare Lößgürtel im Süden zwischen Köln und Maastricht wurde genutzt zum Anbau von Getreide, die Schotterböden und die sandigen Dünen des Nordens eigneten sich besser als Weideland und zur Viehwirtschaft. Beide Varianten geben sich archäologisch in den Hauslandschaften zu erkennen183: Im Norden finden wir zweischiffige Wohnstallhäuser vor. Es handelt sich um 10 – 20 m lange Pfostenbauten mit mittlerer Stützreihe, hohen Reetdächern und gegenüberliegenden Eingängen an den Langseiten, die den Wohnbereich mit Herdstelle vom Stallbereich trennten. Dieser Bautyp entspricht dem 181
s. Abb. 58 A. Simons, Wirtschafts- und Siedlungsweisen in der Bronze- und Eisenzeit des Rheinlandes. In: A. J. Kalis/J. Meurers-Balke (Hrsg.), 7000 Jahre bäuerliche Landwirtschaft: Entstehung, Erforschung, Erhaltung. Archäo-Physika 13 (Köln 1993) 66. 182
50
des sogenannten „Typ Haps“ welcher durch Grabungen in den 60er Jahren auf dem niederländischen Kamps Veld bei der Ortschaft Haps in der Provinz Nordbrabant als eisenzeitliche Bauform nachgewiesen wurde
184
. Als auffällige Eigenschaft der
Grundrisse von Haps springt das Vorhandensein von nur einer Mittelpfostenreihe ins 185
Auge, was bedeutet, die Häuser sind zweischiffig
. Die Mittelpfosten sind
Firstsäulen und tragen einen großen Teil des Dachgewichts. Neben den Firstsäulen spielen auch die Außenwandpfosten eine wichtige Rolle als Träger der Dachflügel. Die Wand des Hauses steht sozusagen „frei“ unter dem Dach, mit einer Höhe von bis zu 3 m. Außenwand- und Wandpfosten sind untereinander von Rähmen verbunden, die vermutlich an den beiden Eingangsbereichen unterbrochen werden. Unter einem Rähm ist ein Längsholz zu verstehen, das auf den Ständerenden aufgesetzt ist und diese horizontal verbindet. Hiermit bildet es den wichtigsten Gefügeteil im Längsverband des Hauses. Oftmals liegen die Eingänge beim Langhaus nicht genau in der Mitte der langen Wände. Damit erhält das Haus einen kürzeren und in einen längeren Teil. Bei einigen Befunden zeichnete sich ab, dass die Trennungswände von Viehboxen immer im längeren Teil liegen. Wie zusätzlich auch die Feuerstellen andeuten, war der kürzere Teil der Wohnbereich. Die durchschnittliche Länge der Häuser vom Typ Haps beträgt 14 m, ihre durchschnittliche Breite 5,1 m. Die beschriebenen Wohnstallhäuser treten jedoch nicht ausschließlich auf, sie sind vielmehr die Hauptgebäude von Hofanlagen. In Haps gehörten auch Speichergebäude zum Wirtschaftsbetrieb, und zwar drei Stück zu einem Langhaus. Reichmann konnte ähnliches für eisenzeitliche Höfe in Westfalen beobachten, z.B. für Telgte-Wöste, Soest-Ardey und Vreden-Borken186. In Haps wurden in einigen Pfostengruben, die man zu Speichern rechnete, erhebliche Mengen von Keramikscherben gefunden187. Dies könnte ein Hinweis sein, dass eine Reihe dieser Bauten mit vier oder mehr Pfosten dazu dienten, kleine Schutzdächer über Werkstätten zu tragen, zum Beispiel zur Herstellung von Keramik. 183
U. Heimberg, Römische Villen an Rhein und Maas. Bonner Jahrb 202/203, 20002/2003, 59.
184
G.J. Verwers, Das Kamps Veld in Haps in Neolithikum, Bronzezeit und Eisenzeit (Leiden 1972) 63 ff.
185
s. Abb. 59
186
C. Reichmann, Ländliche Siedlungen der Eisenzeit und des Mittelalters in Westfalen. Offa 39, 1982, 164.
51
Im Süden zwischen Köln und Maas hingegen gab es, wie in weiten Teilen Mittel- und Nordgalliens üblich und damit im zentralkeltischen Bereich, „Mehrhausgehöfte“bestehend aus Wohnhäusern, Ställen und Speichern. Hier waren nämlich Wohnen und Viehhaltung im Unterschied zu den germanischen Langhäusern getrennt. Die Häuser sind in Bezug auf Größe und Struktur nahezu identisch (s. NiederzierHambach, Eschweiler-Laurenzberg und Vergleichsfund Bundenbach). An der Gleichförmigkeit der Häuser lässt sich ablesen, dass die Haushalte einander gleichgestellt waren. Die Sippen und Sippenverbände waren gleichberechtigt innerhalb der Gemeinschaft, es gab keine erkennbaren Führungsschichten oder elitären Verbände. Wohnhaus, Stall und Speicher waren also die wesentlichen Bestandteile, die ein keltisches Gehöft ausmachten188. Auch Zäune dürften zu den Siedlungen gehört haben, die den engeren Hausbereich abgrenzten und die freilaufenden Haustiere draußen bzw. drinnen hielten. Das Wohnhaus war ein Pfostenbau mit Satteldach189. Zwischen den Eckpfosten standen in der Mitte der Schmalseiten noch Firstständer zum Auflegen des Dachbelags. Zur gegenseitigen Stabilisierung und als oberer Wandabschluss
waren
gegenüberstehende
Pfostenpaare
durch
Kopf-
oder
Jochbalken miteinander verzimmert und ebenfalls in der Längsachse durch Rähmbalken miteinander verbunden. Die Haustür befand sich zwischen Rähmbalken und Türpfosten. Damit sie die Wohnung einigermaßen dicht verschloss, war am Boden ein Schwellbalken eingelassen. Die Wände waren grundsätzlich mit lehmverputztem Flechtwerk gearbeitet. Der Dachbelag bestand ebenfalls gänzlich aus organischem Material, vermutlich handelte es sich um Reet-, Rinde- oder Holzschindeln. Neben dem Wohnhaus entstand auf ähnlich schlichtem Grundriss ein völlig anderer Bau. Der Unterschied bestand lediglich in der Größe der Fläche und der reduzierten Anzahl der Pfostenlöcher. Wie aus Teil a) dieses Kapitels bereits bekannt ist, werden Gebäudegrundrisse mit vier Pfostenlöchern meist als Speicherbauten interpretiert. Allerdings besaß der Speicher im Gegensatz zum Wohnhaus weitaus 187
Verwers 1972, 94. H. Nortmann, Haus, Speicher, Zaun. Elemente einer keltischen Siedlung im Modell. Funde u. Ausgr. Bezirk Trier 31, 1999, 7–15. 188
189
s. Abb. 60 52
stabilere Ständer. Damit größere und schwerere Erntemengen und andere Vorräte gelagert werden konnten, mussten die Bauten stabil sein. Um Schutz vor Feuchtigkeit und vor Schädlingen zu gewährleisten, standen sie auf Stelzen vom Boden abgehoben. Die Wohnhäuser hingegen waren unmittelbar im Boden fundamentiert und setzten damit gerade die tragenden Hölzer der Bodenfeuchte aus. Selbst das als extrem widerstandsfähig geltende Eichenholz fängt unter diesen Bedingungen in Bodennähe bald an zu rotten. In absehbarer Zeit, vielleicht schon nach einer Generation, war also ein Neubau fällig. Vielleicht war aber auch gerade dies der Gedanke der dahinter steckte: Jeder baute individuell für sich und seine Familie ein eigenes Haus, das nur die eigene Lebenszeit überdauerte. Die
einheimische
Bevölkerung
der
rheinischen
Lößbürde
bevorzugte
also
augenscheinlich diesen keltischen Typ des Mehrhausgehöfts gegenüber der „germanischen“ Bauform des Wohnstall-Langhauses.
53
IV. Kontinuität oder Diskontinuität?
Aus Kapitel II, das sich mit den historischen Quellen auseinandersetzt, wissen wir bereits, dass der Krieg gegen die Eburonen spätestens im Jahre 50 v. Chr. abgeschlossen war. Ferner haben wir im Vorfeld erfahren, dass, gemäß Strabos Überlieferungen, die Umsiedlung der römerfreundlichen Ubier in das entvölkerte Gebiet auf Anordnung Agrippas 38 v. Chr. erfolgte. Das bedeutet, dass das ehemalige Land der Eburonen mindestens zwei Jahrzehnte siedlungsleer war. Im allgemeinen jedoch ist festzustellen, dass die spätlatènezeitlichen Siedlungen in den Lößbörden des südlichen Niederrheingebietes im frühen 1. Jhdt. v. Chr. abbrechen, die römischen Plätze hingegen schwerpunktmäßig ab der Mitte des 1. Jhdt. n. Chr. einsetzen190.
Die
Ergebnisse
der
archäobotanischen
Untersuchungen
der
Getreidepollen aus der fraglichen Zeitstellung, auf die ich in Abschnitt 3 explizit eingehen werde, untermauern den archäologischen Befund. Sie liefern uns den Nachweis, dass der Bewuchs sich veränderte: Die auf Ackerbau hinweisenden Getreidepollen verschwanden und wurden durch Baumpollen ersetzt. Das bedeutet, dass der Wald weiter vordrängte und keine Landwirtschaft mehr betrieben wurde. Insofern bestanden dort auch keine Siedlungen mehr. Die Pollenanalysen bezeugen, dass die ersten römischen Ansiedlugen wieder in der Mitte des 1. Jhdt. n.Chr. begannen. Erst dann verdrängten die Getreidepollen wieder die Baumpollen. Offensichtlich wurde der junge Wald wieder teilweise gerodet, um Ackerland zu gewinnen191. Siedlungsplätze wie Pulheim-Brauweiler, welchen ich in Abschnitt 4 näher vorstellen werde, zeigen, dass Kontinuität nicht zwingend Platzkontinuität durch räumliche Überlagerung
der
Vorgängersiedlung
bedeuten
muss.
Die
frührömische
Nachfolgersiedlung konnte genauso gut auch wenige Meter weiter errichtet worden sein, nachdem die alte, latènezeitliche aufgegeben wurde. Sie wurde eben nur noch nicht von den Archäologen entdeckt. Diese Platzverschiebung wäre natürlich in jedem Falle als Kontinuität der Siedlungstätigkeit zu werten. 190
J.-N. Andrikopoulou-Strack, Eburonen – und was dann? In: G. Brands (Hrsg.), Rom und die Provinzen. Bonner Jahrb. Beih. 53 (Mainz 2001) 163–172. 191 M. Gechter, Das römische Bonn – Ein historischer Überblick. In: M. van Rey (Hrsg.), Geschichte der Stadt Bonn 1. Bonn von der Vorgeschichte bis zum Ende der Römerzeit (Bonn 2001) 56. 54
Auch verschiedene Funde keltischer Münztypen, vorgestellt in Abschnitt 2,
die
später als in das Jahr 50 v. Chr. datieren, könnten einen Hinweis liefern auf das Fortleben eburonischer Stammesangehöriger nach dem Gallischen Krieg. Diese Münzen wurden nämlich nicht mehr im Kernland der Eburonen gefunden, sondern in den Randbereichen anderer Stämme und wo sich zum Teil neue Stammeskulturen formiert hatten. Auch der Fragestellung, wo diese Münzen geprägt wurden und von wo aus sie in Umlauf gebracht wurden, wird in Abschnitt 2 näher beleuchtet. Eine dieser nach 50 v. Chr. neu entstandenen Stammesverbände auf ehemals eburonischem Gebiet waren die Tungrer, ebenso wie die jetzt linksrheinisch siedelnden Ubier, die Cugerner, die Bataver, die Cananefaten, die Texuandrer und die Frisiavonen192
193
. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang auch der 194
Name der im Rhein-Maas-Delta neu siedelnden Texuandrer
: Er leitet sich
vermutlich ab von taxus, dem lateinischen Wort für Eibe. Somit wäre der Name dieses „neuen“ Stammesgebildes nur die lateinisierte Bezeichnung für die Eburonen und könnte soviel bedeuten wie: Volk der Eibe195. Die Texuandrer finden sogar Erwähnung bei Plinius, der ihr Wohngebiet nördlich vom Waal, östlich des Peel, südlich der Demer und westlich vom Escaut angibt196. Im Gebiet der Betuwe, der heutigen Provinz Gelderland, zwischen Waal und Oude Rijn gelegen, wurde bei einem Stammesrest der Eburonen nur die Führungsschicht durch die Römer ausgewechselt. Die Adelsschicht des germanischen Stammes der Chatten, der rechtsrheinisch im Mittelrheintal siedelte, stand in starken sozialen Spannungen zum Rest des Stammes. Daher wurde der Adel von den Römern angewiesen, sich als neue Oberschicht einiger führerloser Stammesverbände an der Betuwe anzusiedeln. Seit jenem Zeitpunkt wurde dieser neu gebildete Stamm Bataver genannt. Weitere Reststämme ursprünglich eburonischer Herkunft kennen wir außerdem aus den Gebieten um Aachen und Heerlen mit den Sunukern und Baetasii. In Kornelimünster
192
s. Abb. 61 u. 61a H. Galsterer, Gemeinden und Städte in Gallien und am Rhein. In: G. Precht (Hrsg.), Genese, Struktur und Entwicklung römischer Städte im 1. Jahrhundert n. Chr. in Nieder- und Obergermanien. Xantener Ber. 9 (Mainz 2001) 5. 194 Gechter 2001, 56. 193
195
S. Scheers, Frappe et circulation monétaire sur le territoire de la future Civitas Tungrorum. Rev. Belge Num. 142, 1996, 24.
196
Plinius, NH, 4, 98; Der Kleine Pauly, I, Stuttgart 1964, 146. 55
bei Aachen ist eine Tempelanlage der Sunuker bekannt, die ich in Abschnitt 5 vorstelle. Das Kernland der Eburonen, die Lößbörden zwischen Rhein und Maas sowie Teilgebiete davon bis ungefähr zur Höhe von Xanten blieben jedoch weitgehend 197 198
siedlungsleer
.
Wahrscheinlich bildeten die Tungrer ab der Zeit der römische Neustrukturierungen den größten Bevölkerungsanteil im ursprünglichen Eburonengebiet
199 200
.
Gehen wir im folgenden Abschnitt 1 der Frage auf die Spur, inwieweit sich ehemalige Eburonen in der neu gegründeten Civitas Tungrorum, dem Hauptort der Tungrer auf ursprünglich eburonischem Gebiet, befanden und zu dessen Aufbau beitrugen:
1. Tongeren (Civitas Tungrorum) Die Stadt Tongeren, heute in Belgien gelegen, hieß in vorgeschichtlicher Zeit Aduatuca und war das Zentrum der römischen Civitas Tungrorum201. Diese wurde unter Kaiser Augustus als Teil der neu entstandenen Provinz Gallia Belgica im letzten Jahrzehnt vor Christus gegründet202. Unklar ist nach wie vor, ob der Name der Tungrer von einer von Caesar nicht genannten Teilgruppe der ehemaligen Germani cisrhenani stammt, von einer umgesiedelten rechtsrheinischen Gruppe oder eine gänzliche Neuschöpfung aus dieser Zeit darstellt. Die neueren Auswertungen der bisherigen Grabungsbefunde und –funde haben ergeben, dass Tongeren wahrscheinlich 10 v. Chr. nicht als Militärlager, wie ursprünglich angenommen, sondern als Civitashauptstadt der Tungrer gegründet wurde. Die vielen militärischen Funde und Befunde, die in diese Zeit datieren, lassen sich evtl. dadurch erklären, dass nur die römische Armee die technische Kenntnis
197
Gechter 2001, 56.
198
s. Abb. 62
199
J. van Heesch, Tungrer/Tungri. Historisch. RGA² XXXI (2006) 336.
200
s. Abb. 61
201
S. Zimmer, Tungrer/Tungri. Sprachlich. RGA² XXXI (2006) 335. A. Vanderhoeven, Aspekte der frühesten Romanisierung Tongerens und des zentralen Teiles der civitas Tungrorum. In: TH. Grünewald/S. Seibel (Hrsg.), Kontinuïtät und Diskontinuïtät. Germania inferior am Beginn und am Ende der römischen Herrschaft. Beiträge des deutsch-niederländischen Kolloquiums in der Katholieke Universiteit Nijmegen (27. bis 30.06.2001). RGA Ergbd. 35 (Berlin, New York 2003) 119. 202
56
und das Potential menschlicher Arbeitskraft besaß, um ein solches Unternehmen in Angriff zu nehmen
203
.
Tongeren war in seiner jüngeren Phase, in augusteischer bis vorflavischer Zeit, von einer Befestigung aus Spitzgräben, Palisaden und Erdwällen umgeben204
205
. Erst in
der späteren Phase wurde eine Stadtmauer errichtet. Die Befunde innerhalb der Umwehrung jedenfalls liefern ein Indiz gegen eine denkbare Ansiedlung ehemaliger eburonischer
Stammensangehöriger:
niederrheinischen
Typs,
also
Hier
germanische
standen
Wohnstallhäuser
Langhäuser206.
Diese
eines
Tatsache
widerspricht ganz klar der eburonischen Hausbauweise, die ich im vorangehenden Kapitel analysiert habe. Die Bautechnik kann also unwahrscheinlich von Menschen eburonischer Abstammung angewandt worden sein. Ferner zeigte eine im Zentrum der Stadt untersuchte Ansammlung von vier Wohnstallhäusern eine starke hierarchische Gliederung207. Drei normale Wohnstallhäuser mit deutlich erkennbaren Stallteilen umgaben ein Wohnstallhaus ohne Stallteil mit zwei viereckigen Kellern. In einem Pfostenloch fand sich ein Bauopfer und ein Hort mit zehn republikanischen und augusteischen Denaren. Letzteres Haus weckt den Eindruck, als habe man versucht, aus einem germanischen Haustyp eine römische Wohnung zu machen. Auch diese hierarchische Differenzierung spricht eindeutig gegen die bisher bekannten eburonischen Befunde. Allerdings ist bei der Frage nach Kontinuität oder Diskontinuität auch zu bedenken, dass seit dem Feldzug gegen die Eburonen und dem Bau der Civitas Tungrorum bereits 40 Jahre vergangen sind, d.h. eine ganze Generation. Im Bereich der Graben- und Pfostenlochverfüllungen befand sich vor allem spätaugusteische und tiberische Keramik, vergleichbar mit jener der entstehenden zeitgleichen Militärlagern Oberaden, Rödgen und Dangstetten. Außerdem fand man Terra Sigillata und römische Münzen, wie z.B. ein Münzschatz aus neun silbernen Denaren aus der Kielenstraat in Tongeren208. Trotzdem wurden in Tongeren und in 203
Vanderhoeven 2003, 129.
204
Ders., 123.
205
s. Abb. 63
206
s. Abb. 64
207
Ders., 130. C.Creemers/A.Vanderhoven, Vom Land zur Stadt. Die Entstehung des römischen Tongeren. In: G. Uelsberg (Hrsg.): Krieg und Frieden-Kelten, Römer, Germanen. Katalog Rheinisches LandesMuseum (Bonn 2007) 265. 208
57
der Gegend um Tongeren in der 2. Hälfte des 1. Jhdt. v. Chr. immer noch einheimische Münzen als Zahlungsmittel verwendet. Diese Münzfunde liefern uns damit ein Indiz für ein mögliches Fortleben eburonischer Stammesangehöriger nach 50 v. Chr. und sollen im folgenden Abschnitt 2 thematisiert werden.
2. Eburonische Münzen nach 50 v. Chr.? In Tongeren wurden im Süd-West-Sektor der römischen Siedlung Bronzemünzen gefunden mit der Aufschrift AVAVCIA209. Dieser Münztyp trägt die genannte Aufschrift auf der Vorderseite und zeigt entweder ein galoppierendes Pferd oder ein Hakenkreuz, sowohl rechtsdrehend als auch linksdrehend210
211
. Bei der Aufschrift
AVAVCIA handelt es sich vermutlich um einen Personennamen, konkret gesagt um einen einheimischen Anführer, der die Münzen in der Zeitspanne von 30 – 20 v. Chr. im Umlauf brachte. Neben den AVAVCIA-Münzen gab es insgesamt 10 Funde eines ähnlichen Münztyps auf ehemaligem Eburonengebiet. Diese tragen die Aufschrift ANNAROVECI und bestehen aus Silber212. Genau wie bei den Treverern wird auf ehemaligem Eburonengebiet, nachdem das Gold verschwunden war, Silbergeld geprägt, im Falle der ANNAROVECI-Münzen mit einem geringen Gewicht von 1,60 g. So schließen diese Münzen chronologisch vermutlich die Lücke zwischen den AVAVCIA-Münzen und den Triskelstateren, die noch zu Caesars Zeit in Umlauf waren und datieren hiermit in die Jahre 45 – 30 v. Chr.213. Von ihrer Motivgebung mit Pferd und Sonnenrad stehen die Münzen m.E. deutlich in der Tradition der Vorgängermünzen vom Typ Lummen-Niederzier und der Triskelstatere, die ich bereits in Kapitel III, Abschnitt 3, vorgestellt habe. Die Münzfunde sprechen dafür, dass in der Region um Tongeren ein spezielles Währungsgebiet vorherrschte, das sich deutlich unterschied vom Gebiet der Nervier im Westen und dem Gebiet der Treverer im Süden214. Dieses existierte bereits vor 209
Vanderhoeven 2003, 125.
210
Scheers 1996b, 14.
211
s. Abb. 65
212
s. Abb. 65a
213
Scheers 1996b, 11. Scheers 1996b, 25.
214
58
Caesars Invasion und bestand auch noch danach, wie die ANNAROVECI und AVAVCIA
Münzen
beweisen.
Währungskontinuität,
was
In
jedem
wiederum
Fall
bedeutet,
handelt das
es
sich
einheimische
um
eine
politische
Machthaber auch nach 50 v. Chr. vorhanden gewesen sein müssen. Bekannt sind 215
die ANNAROVECI und AVAVCIA Münzen auch unter dem Namen „Aduatuci“ namentlich vermutlich eine Ableitung von Aduatuca Tungrorum
,
216
.
Die Aduatuci-Münzen wurden nicht nur in Tongeren, sondern im ganzen Niederrheingebiet gefunden
217
. Außer in der Region Tongeren gibt es eine weitere
Fundkonzentration vor allem in Nijmegen, in Haltern, in Oberaden, in Asberg und rechts und links des Rheinlaufs. Auch in Köln in der augusteischen Anlage des Kölner Domareals wurde dieser Münztyp gefunden218. Die Münzen entsprechen den Typen Scheers 217 I - III219 und datieren in die Jahre 15 - 1 v. Chr220. Johannes Heinrichs spricht sogar von einem Prototypen, der sich im niedergermanischen Bereich als Prägung der Tungrer oder Sunuker
mit einem Umlaufhöhepunkt
zwischen 7 v. Chr. und der Zeitenwende entwickelt hatte221. Eine andere Spur des Fortlebens ehemaliger eburonischer Stammesangehöriger glaube ich auf dem Dünsberg in Hessen zu finden, welcher bereits in Kapitel III, Abschnitt 3, Erwähnung findet222. 30 v. Chr. fand hier ein Machtwechsel statt: Die Chatten eroberten das Oppidum der Ubier. Ab dieser Zeitspanne finden immerhin bereits die ersten Umsiedlungen der Ubier auf linksrheinisches Gebiet statt, die größten Maßnahmen vermutlich unter Agrippa während seiner 2. Statthalterschaft 19 v. Chr. Mit dem Verlust ihres 215
M. Gechter, Die frühe ubische Landnahme am Niederrhein. In: V. A. Maxfied/M. J. Dobson (Hrsg.), Roman Frontier Studies 1989. Proceedings of the XVth International Congress of Roman Frontier Studies (Exeter 1991) 439. 216 E. Nuber, 1974 Der frührömische Münzumlauf in Köln, Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte 14, 51. 217 s. Abb. 66 218
s. Abb. 67, Münzauswahl
219
s. Abb. 68, classe I=744, classe II=745-746, classe III=747 J. Heinrichs, Vor dem Oppidum Ubiorum. In: G.A. Lehmann/Rainer Wiegels (Hrsg.), Römische Präsenz und Herrschaft in Germanien der augusteischen Zeit. Der Fundplatz von Kalkriese im Kontext neuerer Forschungen und Ausgrabungsbefunde. Beiträge zu der Tagung des Fachs Alte Geschichte der Universität Osnabrück und der Kommission „Imperium und Barbaricum“ der Göttinger Akademie der Wissenschaften in Osnabrück vom 10. – 12. Juni 2004 (Osnabrück 2004) 246. 221 Ders., 295. 220
222
s. Abb. 69 59
Hauptoppidums wird die Bereitschaft von ubischer Seite zu römischem Protektorat 223
um so nachvollziehbarer
. Ab dieser Zeit taucht eine neue Münzprägung auf dem
Dünsberg auf: Es handelt sich um die Regenbogenschüsselchen der sogenannten Bochum224,
Untergruppe
kupferne
Regenbogenschüsselchen
mit
Dreiwirbel.
Namensgebend war der Schatzfund von Bochum mit denselben Münztypen225. Ikonographisch tritt eine Veränderung ein von den chattischen Münzen gegenüber dieser neuen Münzserie und zwar insbesondere im Beizeichenspektrum
226
. Bei den
Beizeichen handelt es sich um Kringelmarken, die nun nicht mehr im unteren Teil der Kugelpyramide auftreten, sondern formiert in mehrgliedrigen Gebilden unterhalb der obersten Pyramidenkugel227. Neben dem elfmal vertretenen Grundtypen sind sieben Beizeichenvarianten am Dünsberg belegt. Einige sind als ubisch klassifizierbar, die meisten jedoch gehören bereits in die linksrheinische Siedlungsphase. Überhaupt lässt die große Varianz der Bochumer Beizeichen breiten Spielraum für Prägeherrren aus verschiedenen Ethnien zu, wie z.B. Ubier, Chatten, Bataver. Chatten und Bataver haben bereits vor 30 v. Chr. ubische Münztypen nachgeprägt. Nachprägungen warfen nach keltisch-germanischen Vorstellungen übrigens keine hoheitlichen Probleme auf, da Münztypen nicht urheberrechtlich geschützt waren. So konnte jeder (aristokratische) Eigentümer von erforderlichem Prägemetall die Emission von Münzen in Auftrag geben228. Während des Gallischen Kriegs siedelten Ubier und Chatten benachbart zwischen Lahnmündung und dem Raum Kassel. Beide Stämme prägten dieselben germanischen Münztypen, die ursprünglich aber von
den
Ubiern
auf
dem
Dünsberg
emittiert
worden
waren:
Die
Regenbogenschüsselchen mit Dreierwirbel und die Quinare mit „Tanzendem Männlein“ (Scheers 57)229. Bei den Ubiern sind beide Typen ab ca. 70 v. Chr. im Umlauf, bei den Chatten ab 45 v. Chr. Ca. 40 v. Chr. setzen im Raum
223
J. Heinrichs, Ubier, Chatten, Bataver. Mittel- und Niederrhein ca. 70-71 v. Chr. anhand germanischer Münzen. In: Th. Grünewald/S. Seibel (Hrsg.), Kontinuität und Diskontinuität. Germania inferior am Beginn und am Ende der römischen Herrschaft. Beiträge des deutsch-niederländischen Kolloquiums in der Katholieke Universiteit Nijmegen (27. bis 30.06.2001). RGA Ergbd. 35 (Berlin, New York 2003) 322.
s’Hertogenbusch (proto-) batavische Regenbogenschüsselchen mit chattischen Beizeichen ein. Um 30 v. Chr. enden diese ursprünglich chattisch-batavischen Beizeichen, bestehend aus Kringeln an unterschiedlichen Stellen im Münzbild beider Typen. Die Regenbogenschüsselchen erhalten jetzt die oben beschriebenen neuen Markierungen
230
. Den Schritt zur Einführung eines neuen Beizeichensystems ist am
ehesten einer nicht-chattischen Gruppe zuzutrauen. In der Einleitung zu Kapitel IV habe ich bereits die Vermutung angestellt, dass es sich bei dem neu entstandenen Stamm der Bataver um eine Symbiose chattischer Adeliger mit ehemaligen eburonischen Stammesverbänden handeln könnte. Vielleicht wäre es möglich, dass der eburonische Anteil der neu entstandenen Bataver die Inspiration für die neue Münzmarkierung gegeben hat? Die reichliche Verwendung Bochumer Regenbogenschüsselchen in römischen Militärlagern zeigt uns, dass sogar die Römer die einheimische Prägung akzeptierten, zumindest als Kleingeld auf einer geringen nominalen Wertstufe231.
230
Heinrichs 2003, 328.
231
Ders., 326. 61
3. Analyse der archäobotanischen Untersuchungen: - Stimmen die Ergebnisse mit den Siedlungsabbrüchen um 50 v. Chr. überein? - Sind die Aufgaben von Siedlungen evtl. auch auf andere Faktoren als die römische Bedrohung zurückzuführen? Unter Archäobotanik verstehen wir die Analyse von Pflanzenpollen, die aus vor- oder frühgeschichtlichen
Erdschichten
stammen232.
Diese
Pollenanalyse,
auch
Palynologie genannt, befasst sich mit der Untersuchung von Blütenstaub, also den Pollen und Sporen, die in ihrer Gesamtheit auch als Mikroreste bezeichnet werden. Ergänzt wird die Pollenanalyse oftmals durch botanische Großrestanalysen, d.h. Untersuchungen von Makroresten aller Pflanzenteile wie Samen, Blättchen, ganze Früchte bis hin zu vollständigen Baumstämmen. Die Erforschung pflanzlicher Mikround Makroreste konzentriert sich überwiegend auf die Familien der Abteilung Samenpflanzen, deren Arten Pollen, Samen, Früchte und Holz bilden. Dies ist nämlich nicht bei allen Pflanzenarten der Fall. Die Großrestanalysen als Forschungszweig innerhalb der Archäobotanik werden uns im weiteren jedoch nicht interessieren. Pollenanalytische Untersuchungen ermöglichen es, die Vegetationsgeschichte zu rekonstruieren. Die Interpretation von Pollendiagrammen gibt Hinweise auf die Beeinflussung der natürlichen Vegetation durch die Menschen und damit auf deren Wirtschaftsweise233. Bei der Pollenanalyse werden Blütenstaub und Sporen untersucht, die auf den Boden abgesunken und unter günstigen Bedingungen in feuchten Ablagerungen wie in Mooren, Sümpfen, Auen oder Bachtälern eingebettet worden sind234. Nur in diesen Feuchtböden können sich Pollen erhalten, denn sie werden ansonsten wie alle organischen Substanzen in durchlüfteten Schichten von Mikroorganismen zerstört. Aus den Feuchtbödenschichten werden Profilsäulen entnommen und von oben nach unten zentimeterweise untersucht, um eine zeitlich differenzierte Abfolge der Vegetationsgeschichte zu erlangen. Das Pollenmaterial gewinnt man letztendlich, indem die Bodenprobe im Labor mit verschiedenen 232
S. Jacomet/A. Kreuz, Archäobotanik. Aufgaben, Methoden und Ergebnisse vegetations- und agrargeschichtlicher Forschung (Stuttgart 1999) 23 ff. 233 Simons 1989, 95.
62
chemischen Lösungen von allem Beiwerk „gereinigt“ wird. Die übrig gebliebenen Pollen können dann unter dem Mikroskop bestimmt und ausgezählt werden. Da viele Pflanzenarten und Gehölze charakteristische Pollenkörner produzieren, sind sie eindeutig zuzuordnen. Vor der Einführung der Landwirtschaft war das Rheinland vollständig mit dichten Wäldern bedeckt. Nachweisbar ist gerodetes Waldland durch das Vorkommen von Kräuter- und Gräserpollen. Siedlungsland wird durch Unkrautpollen wie Beifuss, Knöterich, Gänsefußgewächse und Großen Wegerich belegt. Hinweise auf Ackerbau liefern hingegen Getreidepollen und Pollen von Ackerunkraut wie Klatschmohn, Kornblume oder Kornrade. Neben Rodung und Besiedlung ist natürlich auch das Klima ein wesentlicher Faktor für die Landschaftsveränderung. Der Nachweis wärmeliebender oder kälteresistenter Pflanzen ermöglicht Aussagen zum damaligen Klima. Es lassen sich sogar Aussagen über ihre Wuchsorte treffen, denn bestimmte Pflanzen sind typisch für bestimmte Standorte, z.B. wachsen Pappeln und Weiden in flussnahen Auen, während Eichen, Eschen und Ulmen in höheren und trockeneren Lagen zu finden sind. Mit Hilfe der Pollenanalyse kann also gleichzeitig die Besiedlungs-, Vegetations- und Klimageschichte einer Region rekonstruiert werden. Während der gesamten späten vorrömischen Eisenzeit kam es in der Rheinischen Lößbörde zu bisher noch nie da gewesenen Entwaldungen zum Zwecke der Landwirtschaft. Die Lößbörde trägt den Namen ihrer Böden, die ausschließlich aus Lockergesteinen aufgebaut sind235. Bodenbildende Gesteine sind Löß und Auenlehme, Sande und Kies kommen nur lokal an Talböschungen, an denen der Löß erodiert ist, an die Oberfläche. Das lockere und hohlraumreiche Gefüge des Lösses, sein günstiger Wasser- und Lufthaushalt sowie sein hoher Gehalt an leicht verwitterbaren
Mineralien
machen
ihn
zu
einem
landwirtschaftlich
sehr
leistungsfähigem Gestein. Die Jülicher Börde ist ein Lößgebiet im westlichen Teil der Niederrheinischen Bucht. An ihrem westlichen Rand zwischen Aachen und Jülich liegt die sogenannte 234
K.-H. Knörzer/R. Gerlach/J. Meurers-Balke/A. J. Kalis/U. Tegtmeier/W. D. Becker/A. Jürgens, PflanzenSpuren. Archäobotanik im Rheinland: Agrarlandschaft und Nutzpflanzen im Wandel der Zeiten. Mat. Bodendenkmalpfl. Rheinland 10 (Köln 1999), 13 ff. 235 F. Bunnik, Pollenanalytische Ergebnisse zur Vegetations- und Landwirtschaftsgeschichte der Jülicher Lößbörde von der Bronzezeit bis in die frühe Neuzeit. Bonner Jahrb. 195, 1995, 315. 63
Aldenhovener Platte
236
. Mit beiden Gebieten befinden wir uns also mitten auf
ehemaligem eburonischen Territorium. Natürliche Wälder waren in der späten Eisenzeit hier kaum noch vorhanden, bzw. die wenigen noch bestehenden Wälder zu Wirtschaftswäldern umgewandelt worden. Die Analysen des Pollenmaterials stammen aus Boslar in der Nähe von Jülich237. Es handelt sich um Moorablagerungen aus dem in Frage kommenden Zeitabschnitt, deren Werte in ein Diagramm auswerten lässt
238
eingetragen werden, welches sich folgendermaßen
239
: Die Phase D1a entspricht der Späteren Eisenzeit (Latène C-D),
also den Jahren ca. 250 – 50 v. Chr. Deutlich ist zu erkennen, dass das Pollenspektrum in vieler Hinsicht denen der vorangehenden Phase gleicht, was auf eine Kontinuität im Wirtschaftssystem deutet. Anscheinend hatte sich im Verlauf der späteren Eisenzeit die Viehwirtschaft noch verstärkt: Erstmals werden jetzt Feuchtgebiete in die Nutzung als Weidelandschaft mit einbezogen. Hierfür sprechen die Pollen von Wiesenpflanzen wie Spitzwegereich, Daucus carota (Wilde Möhre), Dotterblume, Mädesüß, Wiesensilge und Wiesenknopf in Bereichen von Talauen. Eine solche Grünlandwirtschaft ist der Haltung von Rindern angepasst240. Kiefern (Pinus) sind der vorherrschende Baumpollen-Typ, mit Werten, die mit den heutigen zu vergleichen sind. Bedingt durch die starke Weidelandkultur kam es in der Phase an den Talhängen zu starken Erosionen in der Lößdecke, dass stellenweise die nährstoffarmen Terrassensande und –kiese freigelegt wurden: Deshalb konnten sich 241
die Kiefern so gut ausbreiten. Die von Simons
für die späte Eisenzeit
rekonstruierte Siedlungslandschaft steht mit dem pollenanalytischen Befund in Einklang: Es dominierte eine fast vollständig entwaldete Landschaft mit intensivem Ackerbau und zerstreut vorkommenden Eichen-Restbeständen242 243. Genau gesagt,
236
A. J. Kalis, Die menschliche Beeinflussung der Vegetationsverhältnisse auf der Aldenhovener Platte (Rheinland) während der vergangenen 2000 Jahre. Rhein.Ausgr. 24, 1983, 332. 237
s. Abb. 71
238
s. Abb. 72 F. Bunnik, Archäologische Betrachtungen zum Kulturwandel in den Jahrhunderten um Christi Geburt. In: AI 18, 1995, 171 ff.. 240 Knörzer u.a 1999, 38. 239
241
Simons 1989, 179 ff.
242
Bunnik 1995a, 336.
243
s. Abb. 73, Landschaftsbild 64
wurde die Landschaft in der späten Eisenzeit so großflächig und intensiv von 244
menschlichen Wirtschaftsmaßnahmen geprägt, wie noch nie zuvor
.
Die Phase D1b entspricht der frühen Römischen Kaiserzeit, den Jahren 50 v. Chr. – 220 n. Chr. Die Pollenzusammensetzung des unteren Abschnitts, also ungefähr der Jahrzehnte 50 - 10 v. Chr. weist auf eine kurzfristige aber ausgeprägte Waldregeneration hin. Auf den ehemaligen Heideflächen konnten sich Kiefern (Pinus) weiter ausbreiten, auf den feuchten Talsohlen die Erle (Alnus) und in den Mischwäldern die Buche (Fagus sylvatica). Diese Kurven spiegeln eine deutlich nachlassende landwirtschaftliche Tätigkeit in der oben genannte Zeitspanne. Die archäobotanische Quellenlage spricht also dafür, dass die Rheinische Lößbörde nicht mehr in dem Umfang wie bislang für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wurde. Dagegen lässt der Anstieg der Nichtbaumpollen-Kurve (NBP-Kurve) im oberen Abschnitt der Phase D1 b, also in den Jahrzehnten ab der Zeitenwende, auf eine erneute Ausweitung der landwirtschaftlich genutzten Freifläche schließen. Erneut erreichen Getreidepollen hohe Werte. Auch die Hinweise auf Viehhaltung nehmen im oberen Abschnitt wieder deutlich zu: hohe Anteile von Plantago lanceolota und von
Arten
des
feuchten
Grünlands
dokumentieren
die
Bedeutung
der
Grünlandwirtschaft, zumal die Kurve der Erle (Alnus) wieder absinkt. Die bis zu 10% angestiegene Kurve von Pteridium aquilinium und die hohen PinusWerte weisen auf eine nachlassende Beweidung der Heide hin, in deren Folge sich Adlerfarn und Kiefer weiter ausbreiten konnten. Offensichtlich hat sich während der frühen Kaiserzeit in der Jülicher Lößbörde die Viehwirtschaft grundlegend geändert, wobei nun Schafe und Ziegen wohl keine Rolle mehr gespielt haben dürften. Das Pollendiagramm spricht auch stimmig für eine Neubesiedlung des Gebiets ab dem frühen 1. Jdht. n. Chr. Die Rheinische Lößbörde kann also für einen Zeitraum von 50 Jahren nicht im Sinne des ursprünglichen Siedlungsmusters bewohnt gewesen sein. Die naheliegendste Erklärung für den Siedlungsrückgang wären Caesars letzte Feldzüge hier am Rhein 53 – 51 v. Chr. gegen die Eburonen. Doch vielleicht lassen sich auch Indizien finden, dass die römische Bedrohung nicht der einzige Auslöser für die einheimische Bevölkerung war, ihre Siedlung aufzugeben. 244
Bunnik 1995b, 187. 65
Die Spur führt in das Forschungsgebiet der Dendrochronologie. Ihre Aufgabe ist es, Hölzer unbekannten Alters z.T. bis auf das Jahr genau zu datieren
245
. Die Methode
stützt sich auf die Ausprägung von Jahrringen, die ein Baum zu seiner „Lebenszeit“ bildet. In Gebieten jahreszeitlich bedingter klimatischer Veränderungen unterteilt sich der biologische Jahresrhythmus der Bäume in eine Wachstums- und in eine Ruhephase. In der Zeit von Herbst bis Frühling ruht der Baum. Mit den ersten wärmeren Tagen im Jahr beginnt die Wachstumsphase. Diese erste Wachstumsperiode, die bis zum Sommer andauert, bildet das sogenannte Frühholz aus. Frühholz ist charakteristisch durch seine weiten, dem Flüssigkeitstransport dienenden Zellen und ist von heller Färbung. Ende Juni bis Anfang Juli beginnt der Baum dann, sich wieder auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten. Er bildet nun das sogenante „Spätholz“. Dessen Zellen sind kleiner und kompakter und sind zur Stärkung des Stammes bestimmt. Spätholz hat deshalb eine dunkle Färbung. Gemeinsam jedoch ordnen sich Frühholz- und Spätholz-Zellen ringförmig
an
und
bilden
den
sogenannten
Jahrring.
Den Dendrochronologen Schmidt und Gruhle ist es gelungen, innerhalb der Dendrochronologie ein neues Verfahren der sogenannten Homogenitätsanalyse zu entwickeln246:
Das
Baumwachstum
wird
durch
die
jeweiligen
klimatischen
Bedingungen deutlich beeinflusst, wobei das jährlich wechselnde Klima zu charakteristischen Mustern, d.h. zu einer nahezu unverwechselbaren, einmaligen Aufeinanderfolge engerer und breiterer Jahrringe führt. Daher zeigen zeitgleich gewachsene Bäume einer Art innerhalb einer Klimaregion derart deutliche Übereinstimmungen,
dass
die
Datierungsverfahren
eingesetzt
Analyse werden
von kann.
Jahrringen
erfolgreich
Um
in
etwa
als
Deutschland
flächendeckend datieren zu können, mussten regionale Jahrringkalender für den nord-, west-, ost- und süddeutschen Raum aufgebaut werden247. Beim Aufbau solcher Jahrringkalender wurde deutlich, dass die Ähnlichkeit des Baumwachstums (Jahrringbreite) über die Jahrzehnte und Jahrhunderte in ihrem Ausmaß deutliche
245
F.H. Schweingruber: Der Jahrring. Standort, Methodik, Zeit und Klima in der Dendrochronologie (Bern 1983). 246 B. Schmidt/W. Gruhle, Globales Auftreten ähnlicher Wuchsmuster von Bäumen – Homogenitätsanalyse als neues Verfahren für die Dendrochronologie und Klimaforschung. Mit einem archäologischen Kommentar von Th. Fischer. Germania 84 (2), 2006, 431 – 465. 247 Schmidt/Gruhle 2006, 431 ff. 66
Unterschiede aufweist. Als Ursache hierfür kommen in erster Linie klimatische Faktoren in Betracht. Um zu prüfen, ob sich aus den Jahrringänderungen des Baumwachstums Klimainformationen gewinnen lassen, wurde der Grad der Wachstumsübereinstimmung der Eichen Westeuropas für die letzten 8000 Jahre berechnet
248
. Die Jahrringbreiten werden zunächst in sogenannte „Wuchswerte“,
also Zahlenwerte transformiert. Werden sämtliche Jahrringkurven eines Standorts bzw.
mehrerer
Standorte
zusammengefasst,
so
miteinander entsteht
korreliert
daraus
und
eine
in
einer
zeitlich
Mittelkurve
schwankende
Homogenitätskurve pro Standort oder Region. Sie beschreibt den Zeitverlauf hoher oder niedriger Ähnlichkeit des Wachstums. Der Homogenitätsgrad ist die Korrelationsfunktion zwischen zwei Jahrringkurven in einem Zeitfenster von 20 – 50 Jahren. Das Zeitfenster sollten höchstens 50 Jahre breit sein, um auch kurzzeitige Veränderungen zu erfassen. Die Wuchshomogenität wurde von Schmidt und Gruhle unter anderen für die Jahre 500 v. Chr. bis 500 n. Chr. ermittelt. Zur Erfassung auch kurzzeitiger Schwankungen wurde sie hier in einem Zeitfenster von 20 Jahren berechnet und mit archäologischen Funden verglichen249. Wie war das Klima, als die Siedlungen in der Rheinischen Lößbörde in der Mitte des 1. Jhdt. v.Chr. abbrechen, d.h. also in der Zeit von der Caesar behauptet, die Eburonen hätten aufgehört zu existieren? Das Diagramm nach Schmidt/Gruhle250 zeigt uns deutlich einen Klimaumschwung in eine Trockenphase um 50 v. Chr., kurz vor Position 38, dem Bau des Bohlenwegs VI am Dümmer im Jahr 46 v. Chr. Auch die vergangenen Jahrzehnte, ca. 90 – 55. v. Chr. waren im Vergleich wesentlich niederschlagsreicher. Der klimatische Einbruch ist keinesfalls so dramatisch, wie im Jahr 145 v. Chr., in dem die Siedlung von Porz-Lind in der Rheinniederung entstand (Position 36251). Dies war nur möglich aufgrund der hohen Trockenheit, denn bei normalem Rheinpegel wäre der Platz wahrscheinlich zu feucht gewesen. Meines Erachtens ging der Siedlungsabbruch im eburonischen Kerngebiet mit dem Einbruch 248
Schmidt/Gruhle, Niederschlagsschwankungen in Westeuropa während der letzten 8000 Jahre – Versuch einer Rekonstruktion mit Hilfe eines neuen dendrochronologischen Verfahrens (Grad der Wuchshomogenität). Arch. Korrbl. 33, 2003, 281 ff. 249 Schmidt/Gruhle 2003, 292. 250
s. Abb. 74
251
Schmidt/Gruhle 2003, 291. 67
der Trockenphase einher mit einem weiteren Faktor: Bekannt ist bereits, dass die Landschaft
in
der
späten
Eisenzeit
überwiegend
durch
landwirtschaftliche
Nutzflächen geprägt war. Der Wald war fast völlig verdrängt und großflächig hatte sich Ackerland und in den Auen Grünland ausgedehnt. Die Degeneration der 252
Vegetationsdecke führte zu verstärkter Abspülung des Bodens
. Möglicherweise
hatte die Trockenheit das ohnehin schon überbeanspruchte Ackerland zusätzlich ausgedörrt? Vielleicht war es zu Waldbränden gekommen, die die ohnehin schon geringen Waldbestände noch mehr dezimierten? Gebrannt haben wird es auf jeden Fall, wenn nicht aufgrund der trockenen Wälder, dann mit Sicherheit durch die Kampfhandlungen zwischen Römern und Eburonen, nicht zu vergessen die Taktik der „verbrannten Erde“. Möglicherweise ist es dieses multikausale Erklärungsmodell, was letztendlich dazu führte, dass hier erstmal niemand mehr siedelte: der besiegte und geschrumpfte Stamm der Eburonen, die Verwüstungen durch den Krieg, der vorangegangene Raubbau am Siedlungsland und die Auswirkungen der trockenen Sommer. In römischer Zeit, von etwa 40 v. Chr. bis etwa 180/190 n. Chr., dürfte nach der Homogenitäts-Kurve das Klima wieder niederschlagsreicher gewesen sein. Somit hat sich wohl auch die Landschaft der Rheinischen Lößbörde wieder erholt, so dass neue Siedlungen nach der Zeitenwende hier gebaut wurden. Seit Beginn des 1. Jhdt. n. Chr. entstanden zumindest die ersten kleineren Ansiedlungen im Bereich der neuangelegten römischen Fernstraße von Köln über Bavai nach Boulogne-sur-Mer. Diese Straßenposten betrieben jedoch noch keine so ausgedehnte Landwirtschaft, dass sie in den Pollen nachgewiesen werden könnten. Erst um die Jahrhundertmitte entwickelte sich die ländliche Besiedlung in einem großen Schub253.
252
Knörzer u.a. 1999, 41.
253
Gechter 2001, 58. 68
4. Pulheim-Brauweiler, ein Beispiel für Kontinuität durch Siedlungsplatzverschiebung Im Rahmen der Planung von Baumaßnahmen für das Gewerbegebiet Süd in Pulheim-Brauweiler
wurden
1997-1999
durch
das
Rheinische
Amt
für
Bodendenkmalpflege eine römische Siedlungsstelle inklusive späteisenzeitlicher Vorgängerbebauung entdeckt und untersucht. Das Grabungsareal lag im Südosten der Ortschaft Brauweiler und wurde nach Norden von der Sachsstraße begrenzt
254
.
Durch die Grabungen gelang es, eine kontinuierlich genutzte Siedlungsstelle nachzuweisen, deren Besiedlung in der Spätlatènezeit begann und bis in das 3. Jhdt. n. Chr. Bestand hatte. Die jüngste Siedlung der Phase I umfasst eine Ansammlung eisenzeitlicher Gruben und Pfostengruben, die vor allem im nordöstlichen Untersuchungsgebiet lagen255. Der in den Pfostengruben geborgene Keramikabfall datiert die Siedlung in Latène D. Es handelt sich, wie üblich bei latènezeitlicher Keramik aus dem Rheinland, überwiegend um handaufgebaute Ware mit verdicktem Rand bzw. einwärts gebogenen Rändern256. Aus den Befunden ließen sich vier Gebäude rekonstruieren (Häuser IV, VI, VII und IX257). Es handelt sich auf der Karte um die blau gekennzeichneten Befunde. Ihre Anordnung lässt erahnen, dass sie sich zu einem Gehöft gruppierten, das wir im Fall von Jülich-Bourheim in Kapitel III, Abschnitt 5, bereits als Einzelgehöft, bestehend aus mehreren Gebäuden kennen gelernt haben. Bei den Häusern handelte es sich um Holzständerbauten (Pfostenhäuser), deren Gefache mit Lehm ausgekleidet waren (vgl. Kapitel III, Abschnitt d). Aufgrund der Größe der Gebäude ist vor allem eine Interpretation als Ställe oder Speicher denkbar. Haus IV ist ein Neun-Pfostenhaus und könnte mit einer Fläche von 5 x 6 m zu Wohnzwecken gedient haben258.
254
T. Otten/S. Peters/ P. Tutlies, Pulheim-Brauweiler- Ein Bauerngehöft in den Jahrhunderten um Christi Geburt. Pulheimer Beitr. 24 (2000) 7 ff.
255
Diess., 18.
256
s. Abb. 75, Keramikauswahl
257
s. Abb. 76 J.-N. Andrikopoulou-Strack/W.-D. Fach/I. Herzog/Th. Otten/S. Peters/P. Tutlies, Der frührömische und kaiserzeitliche Siedlungsplatz in Pulheim-Brauweiler. Bonner Jahrb. 200, 2000, 420.
258
69
Alle Bauten der ersten Siedlungsphase waren nach Nordwesten ausgerichtet und passten sich mit ihren Schmalseiten auf diese Weise der im Rheinland vorherrschenden Hauptwindrichtung an. In Siedlungsphase II wurden sechs Gebäude errichtet, die sich alle in ihrer Ausrichtung an einem 105 m langen Graben (Graben 1) orientierten
259
. Es handelt
sich um die Befunde II, III, V, VIII und X, die auf der Karte lilafarben gekennzeichnet sind. An seinem südlichen Ende biegt der Graben nach Osten um. Wahrscheinlich handelte es sich, ähnlich wie in Jülich-Bourheim oder Bonn-Muffendorf, um einen Graben, der das ganze Siedlungsareal umfasste. Vermutlich diente er auch hier weniger zu Verteidigungszwecken als vielmehr zum Schutz vor frei lebenden Tieren bzw. Schutz des innerhalb der Umzäunung weidenden Viehs260. Die Häuser II und X 2 waren die größten mit einer Grundfläche von 22,5 und 30 m . Bei ihnen dürfte es
sich wieder um Wohnhäuser gehandelt haben. Die Häuser I und VIII waren Sechspfostenbauten mit 6 bzw. 13,5 m2 und damit typische Speicherbauten. Haus VIII fiel durch seine besonders großen Pfostengruben auf. Möglicherweise war die massive
Bauweise
für
einen
zweigeschossigen
Speicher
notwendig.
Zur
Wasserversorgung der Siedlungsphase II gab es zwei Brunnen (Befunde 1 und 7), die das in geringer Tiefe anstehende Grundwasser nutzbar machten. Das aus den Gruben geborgene Fundspektrum an Keramik datiert Siedlungsphase II in frührömische Zeit. Einheimische Siedlungskeramik war zur dieser Zeit immer noch im Gebrauch, jedoch vergesellschaftet mit römischer Keramik des 1. Jhdts. n. Chr., wie
z.B.
mit
Halterner
Kochtöpfen,
Reibschalen,
Krügen,
Dolien
(große
Vorratsgefäße), Terra Sigillata und Belgische Ware. Diese zweite Besiedlungsphase datiert also bereits in die frühe römische Kaiserzeit, zeigt aber mit den oben beschriebenen Holzständerbauten als Wohn- und Speicherbauten, dass die ursprüngliche einheimische Siedlungsweise von der ansässigen Bevölkerung beibehalten worden war. Die Keramik der Phase II unterscheidet sich deutlich von jener der nachfolgenden Phase III. Einheimische Keramik tritt in Phase III auf jeden Fall nicht mehr auf. In den Gruben befanden sich Gefäßformen, die für das 2. und beginnende 3. Jhdt. n. Chr. typisch sind. 259
s. Abb. 77
260
T. Otten/S. Peters/ P. Tutlies 2000, 23. 70
Die Karte zeigt, dass in der römischen Siedlungsphase III das alte Siedlungsgelände zugunsten einer Neuanlage im Westen komplett aufgegeben wird
261
. Es handelt sich
um eine Hoffläche von ca. 85 x 95 m mit nahezu quadratischer Form. Innerhalb der Hoffläche konnten drei am Rande liegende Pfostenbauten A – A’, B und C sowie ein Schwellbalkenbau G an der Innenseite des Nordgrabens nachgewiesen werden. Im Unterschied zum Pfostenhaus werden bei einem Schwellbalkenbau die tragenden Elemente nicht in einer Pfostengrube versenkt und befestigt, sondern mit einer Verzapfung auf einem waagrecht in der Flucht der Gebäudeaußenwände liegenden viereckig bearbeiteten Stamm fundamentiert262. Vermutlich handelte es sich bei den Bauten A - A’ um Wohngebäude. In den Befunden gab es eine enorme Dichte an Dachziegelfragmenten - Reste der abgegangenen Dachbedeckung - welche wiederum nur bei Wohnhäusern einen Sinn gemacht hätte. In der Nordhälfte der Hoffläche befanden sich mit Bezug zu Bau A kleine Grubenhäuser C - E. Grubenhäuser sind Pfostenbauten, die auf kleinem Grundriss stehen und dessen Bodenniveau deutlich abgetieft unter dem Umgebungsniveau liegt. Möglich sind Vier- bis Sechspfostenkonstruktionen263. Die Siedlung der Phase III versorgten die Brunnen
2,
3,
4,
5
mit
Wasser,
welche
sich
auf
engstem
Raum
nebeneinanderstehend befanden. Aufgrund der Zusammensetzung des Fundmaterials und vor allem wegen des Fehlens sämtlicher Hinweise auf eine folgende Steinbauphase kann vermutlich bereits um die Mitte bis 2. Hälfte des 3. Jhdt. n. Chr. ein Abbrechen der Siedlungstätigkeit angenommen werden. Ein denkbarer Grund hierfür könnten die seit 259 beginnenden Übergriffe der Germanen über die Rheingrenze sein, die 275 mit der Auflösung des gallischen Sonderreichs einen vorläufigen Höhepunkt nahmen. Hinweise auf eine gewaltsame Zerstörung der Phase II liegen auch in der Zusammensetzung der Grubenverfüllung einiger Pfostengruben von Bau A vor264. Als Konsequenz ist für den Siedlungsort Pulheim-Brauweiler festzuhalten, dass archäologische Funde und Befunde hier für eine Siedlungskontinuität von der
261
s. Abb. 78
262
T. Otten/S. Peters/ P. Tutlies 2000, 43.
263
Diess., 43.
264
Andrikopoulou-Strack u.a. 2000, 446. 71
Spätlatènezeit bis in das 3. Jhdt. n. Chr. sprechen
265
. Dies untermauern übrigens
auch die archäobotanischen Untersuchungen. Während der Ausgrabungen wurden insgesamt 26 Bodenproben mit einem Volumen zwischen zwei und fünf Litern aus Pfostengruben und Siedlungsgruben geborgen
266
.
Mit über 400 Stück enthielten die Proben viele verkohlte Pflanzenreste, meist verkohltes Getreide, Früchte und Samen von Ackerunkräutern267. Sie stammen fast ausschließlich aus Befunden der Bauphase II, also des frühen 1. Jhdts. n. Chr.. Nur wenige Proben konnten aus den Phasen I und III geborgen bzw. bis jetzt untersucht werden. Die Auswertung zeigte, dass Gerste mit 90 % in allen Proben vorkommt, gefolgt von Dinkel mit 50 %268. In verschwindend geringen Anteilen gibt es noch Körner von Emmer und Rispenhirse. Die Getreide werden ergänzt durch Lein und Leindotter269, d.h. beides ölhaltige Früchte, sowie durch Erbsen. Interessant ist dieses Artenspektrum im Hinblick auf die Romanisierung des Rheinlandes. Aus Kapitel III, Abschnitt 6, wissen wir bereits, dass der Anbau von Gerste in der Rheinischen Lößbörde eine wichtige Rolle gespielte hat. Der häufigste Spelzweizen war Emmer, im Verlauf der Eisenzeit nahm der Dinkel an Bedeutung zu. Besonders charakteristisch für das Rheinland sind für die Zeit auch Hirsen, die Kolben- und Rispenhirse270. Dagegen wurden in der Blütezeit der römischen Provinz, im 2. und 3. Jhdt. n. Chr., in den römischen Landgütern (villae rusticae) vor allen Dingen ertragreiche Getreide wie Saatweizen und nach wie vor Dinkel angebaut. Hirsearten und Leindotter hatten ihre Bedeutung jetzt verloren. Das Pflanzenspektrum der frühkaiserzeitlichen Siedlungsphase II erweckt in seiner Zusammensetzung also eher einen eisenzeitlichen Eindruck. Das geringe Vorkommen von Emmer, Hirsearten und Leindotter ist jedoch untypisch für die rheinische Eisenzeit. Die Zusammensetzung der Pflanzen entspricht aber auch nicht den typisch römischen Artenspektren aus den villae rusticae. Ähnlich verhält es sich mit der Auswertung der Bodenproben von Ackerunkräutern. Bemerkenswert ist das Auftreten zahlreicher 265
Gewächse, die auf übernutzten und verhagerten Böden sprießen. Solche Unkrautspektren sind eher typisch für die Eisenzeit, in der durch jahrhundertelangen Ackerbau ohne besondere Düngung die Böden ausgelaugt wurden. Erst die revolutionären, landwirtschaftlichen Verfahren der Römerzeit waren imstande, die Böden zu schonen. Sowohl bei den Kulturpflanzen als auch bei den Ackerunkräutern machen die Pflanzenfunde der frührömischen Besiedlungsphase von Pulheim-Brauweiler den Eindruck eines „Zwischenstadiums“. Sie stehen zwischen den als typisch eisenzeitlich und den als typisch römisch anzusehenden Pflanzenspektren. Deshalb liegt die für diese Arbeit entscheidende Annahme nahe, dass es zwischen der eisenzeitlichen und der frühkaiserzeitlichen Landwirtschaft in der Region keinen abrupten Wechsel, sondern einen kontinuierlichen Übergang gegeben hat. D.h. im Klartext, es muss eine einheimische Bevölkerung nach 50 v. Chr. existiert haben, die ihren gewohnten Ackerbau bis zur Etablierung der römischen Landanwesen weitergeführt
hat.
Um
wen
sollte
es
sich
handeln,
wenn
nicht
um
Stammesangehörige der ehemaligen Eburonen? Übrigens gab es im Jahr 2005 nochmals Ausgrabungen am nördlichen Ostrand von Pulheim-Brauweiler271. Es wurde eine Fläche von 80 x 70 m vollständig untersucht, über 90 Befunde wurden dokumentiert und komplett ausgegraben. Etwa 80 % davon ließen sich einer Hofstelle der Späthallstattzeit zuweisen, lediglich vereinzelte Befunde konnten als weit älter oder auch deutlich jünger angesprochen werden. 900 m entfernt, in Pulheim-Sinthern, konnte bei Ausgrabungen im Jahr 2003 eine Fläche von 35 x 60 m mit mehr als 108 Befunden untersucht werden272. Diese ließen sich einer späthallstatt- bis frühlatènezeitlichen Siedlungsstelle zuweisen, die um 450 v. Chr. existiert hatte. Die
Auswertung
von
Pulheim-Brauweiler
hat
gezeigt,
wie
wichtig
die
Berücksichtigung des Umfeldes einer römischen Fundstelle bereits während der Prospektion und der Konzeption der Ausgrabung ist. Nur bei der Einbeziehung des Umfeldes eines römischen Landgutes, das bereits Hinweise auf eine ältere 271
K. Frank, Pulheim-Brauweiler: Auf dem Weg zur eisenzeitlichen Siedlungslandschaft. Arch. Rheinland 2005 (2006) 53. 272 K. Frank, Eine eisenzeitliche Siedlung bei Sinthern. Arch. Rheinland (Stuttgart 2003) 68-71. 73
Besiedlung aufzeigt, lassen sich die Fragen nach Kontinuität seit der Spätlatènezeit beantworten
273
. Es bleibt daher ein wichtiges Forschungsziel im Rheinland, diese
Siedlungen aufzuspüren und damit die Siedlungskonstanz zu beweisen274.
5. Aachen-Kornelimünster, gallo-römischer Tempelbezirk „Varnenum“ Oberhalb von Aachen-Kornelimünster, an der Landstraße, die nach Breinig führt, wurde in den Jahren 1908 - 1924, bzw. noch später, 1986 - 1987, eine Tempelanlage archäologisch untersucht, deren nachgebaute Fundamente heute frei zugänglich sind275. Festgestellt wurden anlässlich der früheren Grabungen bereits drei sogenannte „Umgangstempel“ F, F1 und G276. Gallo-römische Umgangstempel sind ein weit verbreiteter Kultbautyp in der Tempelarchitektur der germanischen Provinzen Roms277. Der konventionelle gallo-römische Tempel mit porticus, also Umgang, ist in seiner Grundrissform durch zwei konzentrisch verlaufende Mauerzüge rechteckiger oder quadratischer Form charakterisiert. Nach wie vor akzeptiert ist die 1919 von R. Schultze vorgeschlagene Rekonstruktion des Tempeltyps im Aufgehenden mit turmartig erhöhter cella, Fenstern im Obergaden, Giebeldach und einem die zentrale cella umgebende und überdachte porticus. Tempel F1 ist in seinen Ausmaßen wie auch in seiner Mauertechnik der bedeutendste. Bemerkenswert waren auch die zahlreichen Reste von Wandmalerei. Zusammen mit den Befunden der Grabungen in den 80er Jahren ergab sich eine Gesamtzahl von 72 Mauerzügen des gesamten Areals278. Zur Datierung der Anlage ließen sich vier verschiedene Bauperioden differenzieren: Periode I zeigt sich in den wenigen erhaltenen Resten der Stickung und der Fundamente von Haus H279. Absolutchronologisch kann Periode I in ihrem Beginn 273
Andrikopoulou-Strack u.a. 2000, 446.
274
Becker u.a. 2000, 41.
275
s. Abb. 80
276
E. Gose, Der Tempelbezirk von Cornelimünster. Bonner Jahrb. 155-156, 1955-1956, 169-177.
W.M. Koch, Neue Grabungen im gallorömischen Tempelbezirk Varnenum. AIR 1987, 67-69.
279
s. Abb. 81 74
mit einer Latène C - Scherbe in Verbindung gebracht werden, die unter dem Fundament von Haus E geborgen wurde. Die erste Anlage hier in Kornelimünster dürften wir also frühestens in die Mitte des 3. Jhdt. v. Chr. datieren, da dieser Keramiktypus eine relativ lange Laufzeit hat. Periode III wird durch einen Münzfund unter Haus D in die Regierungszeit Vespasians datiert, also 69-79 n.Chr. Die Perioden II und IV ordnen sich diesen beiden absolut-datierten Perioden entsprechend relativchronologisch an. In Periode II datiert der Tempel G, da er genau in der Achse des späteren Tores liegt. Es ist anzunehmen, dass das Tor aus Periode IV den ursprünglichen Platz des Zugangs zum Tempelbezirk wieder aufgenommen hat. Neben dieser Beobachtung wird die Datierung auch durch die sonst bei Periode II angewandte Mauertechnik gestützt. Wahrscheinlich gehört auch der Tempel F1 zu Periode II, wie die Ähnlichkeiten im Material und in der Konstruktion zu Tempel G aufzeigen. Durch den Nachweis von Feuerstellen in Befunden ist ab dieser Periode II auch eine Reihe von Wohnbauten denkbar. Periode IV schließt den Bezirk durch eine Temenosmauer mit der Toranlage nach Süden ab, kann aber zeitlich nicht näher eingegrenzt werden. Das Temenos (griechisch: Heiligtum) bezeichnet den umgrenzten Bezirk eines Heiligtums280. Neben einer Vielzahl von Kleinfunden wie Fibeln, Nadeln, Nägel, Münzen und Keramik sind besonders drei Bronzetäfelchen an herausragenden Funden zu nennen, die bereits in den 60er Jahren zu Tage kamen: Zwei Täfelchen waren mit ihren Inschriften dem Gott Varnenus oder Varneno geweiht281. Es bleibt umstritten, ob es sich bei diesem um eine lokale Quellgottheit handelt, zumal Quellgottheiten meistens eher weiblich sind. Unklar bleibt auch, ob dieser Name keltischen oder germanischen Ursprungs ist. Das dritte Bronzetäfelchen richtet sich in seiner Inschrift an die Göttin Sunuxsal oder Sunucsal, welche als Stammesgöttin der Sunuker gedeutet wird. Im Zuge der Neustrukturierungen nach dem Gallischen Krieg befanden sich diese geographisch zwischen Aachen und Zülpich, territorial also zwischen Ubiern und Tungrern gelegen. Erwähnung finden die Sunuker oder Sunuci bei Plinius dem Älteren in 280
H. Koepf/G.Binding, Bildwörterbuch der Architektur (Stuttgart 2005) 460.
281
Gose 1955, 171. 75
seiner „Naturalis historia“ als Verbündete der Tungrer. In Tacitus’ Geschichtswerk kommen sie kurz bei der Schilderung des Bataveraufstands 69 und 70 n. Chr. vor (IV, 66). Der Anführer der Bataver, Julius Civilis, hatte sich laut Tacitus im Jahr 70 n. Chr. nun auch der Hilfe der Sunuker versichert und aus ihrer Jungmannschaft Kohorten zusammengestellt. Es gelang ihm dabei, den Maasübergang zu erzwingen und sogar die Tungrer für seine Sache zu gewinnen. Als letztes wurden die Sunuker in der Zeit Kaiser Hadrians (117-138) als Kohorte unter dem Oberbefehl des Cantifanus, Sohn des Albanus: Coh. I. Sunucor – ex pedite Cantifani, Albani (filii), Sunuco, erwähnt. Zusammenfassend gesagt, erscheinen die Sunuker als ein germanischer Stamm mit stark keltisierter bzw. romanisierter Führungsschicht. Vom Territorium der Sunuker stammt noch ein Weihestein an Sunuxsal aus dem Propsteier Wald bei Eschweiler282. Dieser 1856 gefundene Stein trägt die Inschrift: „Der Göttin Sunuxsal hat diesen Stein Ulpius Hunicius gesetzt und damit gern sein Gelübde erfüllt.“ Auf dem fehlenden Oberteil sind deutlich Reste des Gewandes einer sitzenden weiblichen Person und die Vorderbeine eines liegenden Tieres zu erkennen, wahrscheinlich von einem Hund. Vermutlich wurde der Stein während der Christianisierung zerbrochen. Insgesamt sind noch neun weitere Weiheinschriften vom Niederrhein bekannt, die meisten sind jedoch im Gebiet der Ubier gefunden worden, wie die Funde von Köln, Bonn und Remagen. Auf den Weihedenkmälern mit Bildschmuck wird Sunuxsal als Fruchtbarkeitsgöttin dargestellt. Allein schon vom Wortstamm ist natürlich ein Zusammenhang mit dem Stammesnamen der Sunuker nicht von der Hand zu weisen. Aufgrund der Datierung von Periode I in Varnenum gehe ich davon aus, dass eine kultische Anlage hier bereits zur Zeit der Eburonen existierte. Nach dem Gallischen Krieg wurde der Tempel von den Sunukern weiter genutzt und mit römischem Einfluss ausgebaut. Aufgrund der Münzdatierung von Periode III bestand „Varnenum“ mindestens bis ins letzte Drittel des 1. Jhdt. n.Chr., also bis in fortgeschrittene romanisierte Zeit.
282
Kaemmerer 1964, 68. 76
V. Wo haben die Eburonen ihre Toten bestattet? Bislang konnten Gräber im Bereich des eburonischen Kerngebietes nicht nachgewiesen werden. Sind die zahlreichen Funde von Glasarmringbruchstücken am Niederrhein evtl. ein Hinweis auf Beigaben von Brandbestattungen? Glasarmringe waren Bestandteil der keltischen Frauentracht zwischen Frankreich und Ungarn
283
. Aus Siedlungen und Brandgräbern der nördlichen Mittelgebirge sind
die nahtlosen, verschiedenfarbigen Armringe aus Glas ebenfalls zahlreich überliefert. Aus
der
linken
Hälfte
des
Rheinlands
stammen
eine
Vielzahl
von
Glasarmringfragmenten, aus denen sich eine Stückzahl von 375 Armringen ermitteln ließ284. Z.B. gehörten sie auch in den in Kapitel III vorgestellten Siedlungen von Jülich-Bourheim, Eschweiler-Laurenzberg und Inden mit zum Fundspektrum. 212 Glasarmringe stammen allein von einem Siedlungsplatz und seiner Umgebung in Erkelenz-Lövenich
285
. Diese Anzahl und das Spektrum der gefundenen Formen
sprechen für die damalige Existenz einer Glasmacherwerkstatt, die hier in jüngerer Latènezeit ansässig war286. Die Herstellung von Glasarmringen war aufgrund der komplexen Technologie und Rohstoffbeschaffung nur in wenigen, spezialisierten Werkstätten möglich. Zudem würde es sich bei Erkelenz-Lövenich um die nördlichste Glasmacherwerkstatt in West- und Mitteleuropa handeln, die bisher nachgewiesen konnte. Der Platz wäre insofern sogar vergleichbar mit den großen latènezeitlichen Produktionszentren wie Manching, Basel-Glasfabrik und dem Dürrnberg bei Hallein. Die verbleibenden 163 Ringe, bzw. ihre Fragmente, sind in der Mehrzahl als Einzelfunde zu betrachten, da sie unter der Erdoberfläche vor allem bei Prospektionsmaßnahmen entdeckt wurden. Bei den Glasringformen lassen sich 15 Reihen unterscheiden287. Die am häufigsten verbreiteten sind die blauen fünfrippigen Ringe der Reihe 17, dicht gefolgt von Form 6 mit vier-, sechs-, sieben-, acht- und neunrippigen Armringen. Gleich häufig mit den letztgenannten kommen auch blaue dreirippige Ringe der Reihe 11 a bzw. blaue mit 283
M. Seidel, Keltische Glasarmringe zwischen Thüringen und dem Niederrhein. Germania 83, 2005,
1.
284
Seidel 2005, 7/ H.E. Joachim, Die jüngereisenzeitlichen Glasarmringe des Rheinlandes. Bonner Jahrb. 2007. 285 s. Abb. 82 286
Joachim 2008 Die Reiheneinteilung entspricht der von R.Gebhard, Der Glasschmuck aus dem Oppidum von Manching. Die Ausgr. in Manching 11 (Stuttgart 1989) 11 ff.
287
77
D-förmigem Profil der Reihe 38 vor. Die Tatsache, dass die fünfrippigen, blauen Ringe der Reihe 17 nicht nur häufig im Rheinland, sondern auch oft in den Niederlanden, Belgien und Westfalen verbreitet sind, untermauert den Verdacht auf eine Produktionsstätte bei Erkelenz-Lövenich
288
.
Bei den Ringfarben überwiegen blaue Exemplare in einem Farbspektrum von hell über kobalt bis ultramarin oder blauschwarz. In geringer Anzahl liegen noch purpurfarbige, braune, bernsteinfarbene, hellgrüne, gelbe oder durchsichtige Ringe vor. Die Vielzahl der Funde und ihre Variationsbreite lässt folgern, dass es sich bei den von der einheimischen weiblichen Bevölkerung der jüngeren Latènezeit im Rheinland getragenen Glasarmringen um einen populären Trachtbestandteil gehandelt haben muss. Aufgrund ihres breiten Variationsspektrums ist Roymans der Ansicht, dass fast jede keltische Frau am Niederrhein bzw. an der Maas einen oder mehr Armringe besessen hat289. Er geht davon aus, dass die Glasarmringe als ein Ausdruck von Geschlechtsidentität in weiten Teilen der Bevölkerung zu betrachten sind. Unterschiede
in
den
Farben,
Formen
und
Verzierungen
mögen
dieses
Geschlechtssymbol noch zusätzlich unterstrichen haben. Die Verteilungskarte der linksrheinischen Armringfunde lässt zusätzlich spekulieren, dass die Armringe auch als ein Ausdruck regionaler Identität bzw. Abgrenzung gedient haben müssen290. Nördlich des Rheins sowie an den westlichen Küstengebieten wurden nämlich keine Armringe mehr gefunden291. Aus der gesamten rheinischen Lößbörde sind aus dieser Zeitstellung keine Gräber geschweige denn Nekropolen bekannt. Könnten die zahlreichen Einzelfunde an Glasarmringfragmenten
vielleicht
ein
Hinweis
sein
auf
Bestattungen
der
eburonischen Gesellschaft für ihre Toten? Sicherlich ist zur Beantwortung einer solchen Frage ein vergleichender Blick sowohl in den keltischen als auch in den germanischen Kulturbereich vonnöten, um zu sehen, wie andernorts Bestattungen in der Spätlatènezeit ausgesehen haben. Das nächste in Frage kommende Gräberfeld auf keltischer Seite ist die Nekropole der Treverer von Wederath-Belginum im Kreis Bernkastel-Wittlich. Wederath ist das 288
Joachim 2008
289
Roymans 2007, 323.
290
s. Abb. 83
78
seltene Beispiel eines vom 4. Jhdt. v. Chr. bis zum 4. Jhdt. n. Chr. durchgehend belegten Brandgräberfeldes und bietet daher ideale Möglichkeiten zur Erforschung siedlungsgeschichtlicher Fragen, vor allem für die mit der Romanisierung des Trevererstammes zusammenhängenden Probleme und Fragen
292
. In der uns
interessierenden Spätlatènezeit von ca. 150/130 – 30/20 v. Chr.
werden die
Bestattungsarten und –riten der Mittellatènezeit im wesentlichen übernommen: Der Leichenbrand wird in Brandgrubengräbern beigesetzt, d.h. als Anhäufung oder Schüttung auf der Grubensohle deponiert, aber auch in Gefäßen aufbewahrt293. Die Grabgruben sind muldenförmig und unter der Humusschicht anzutreffen, meistens von quadratischer bis rechteckiger Form294. Da die Abstände zwischen den Gräbern relativ groß sind, könnten sie ursprünglich von kleinen flachen Hügeln bedeckt gewesen
sein.
Das Beigabengut
setzt
sich
zusammen
aus Tracht- und
Schmuckbestandteilen und aus Gefäßkeramik. Frauengräber sind durchweg reicher mit Gefäßkeramik ausgestattet als Männergräber. Männergräber sind wieder identifizierbar durch die Renaissance der Waffenbeigabensitte in Latène D1, die bis zum Ende der Mittellatènezeit verschwunden war. In Latène D2 zwischen 70 und 20 v. Chr., also auch noch in der Zeit nach dem Gallischen Krieg bleiben Bestattungsart, Grabbau und Beigabensitte weitestgehend unverändert295. Der Beigaben an Trachtbestandteilen in den Frauengräbern bestehen u.a. auch aus buntem Glasschmuck. Es gibt Ketten, zusammengesetzt aus Hunderten von blauen Glasperlen verschiedener Größen. Auch an Armschmuck fanden sich Ringe aus 296
ein- und mehrfarbigem Glas
.
Auch das Gräberfeld von Horath im Saar-Moselraum ist ein wichtiges Beispiel für ein Gräberfeld der Mittel- und Spätlatènezeit297. Bis auf wenige Ausnahmen wurden hier
291
Roymans 2007, 323.
292
C.H. Möller, Die latènezeitlichen Gräber von Wederath-Belginum. Ein Überblick über Forschungsstand, Fragestellungen und Methodologie einer Auswertung. In: R. Cordie (Hrsg.), Belginum. 50 Jahre Ausgrabungen und Forschungen (Mainz 2007) 62. 293 A. Haffner, Gräber – Spiegel des Lebens. Schriftenreihe Rhein. Landesmus. Trier 2 (Mainz 1989) 49 ff. 294
s. Abb. 84
295
Haffner 2007, 71.
296
Haffner 2007, 67.
297
A. Miron, Das Gräberfeld von Horath. Untersuchungen zur Mittel- und Spätlatènezeit im SaarMosel-Raum. Trierer Zeitschr. 49, 1986, 7-189. 79
in dieser Zeitstellung nur Brandbestattungen festgestellt
298
. Es lassen sich fünf
verschiedene Bestattungsarten unterscheiden: 1. Gräber vom Typ Koosbüsch: Dieser Typ heißt nach einem Brandgrab am gleichnamigen Fundort. Die Scheiterhaufenrückstände wie Asche, verkohlte Holzreste oder Leichenbrand wurden hier mitsamt den Resten verbrannter Gefäße oder Metallgegenstände aufgelesen und an anderer Stelle in kleine Gruben oder Mulden geschüttet. 2. Urnengräber: Am häufigsten wurde der ausgelesene Leichenbrand in Urnen deponiert. Insgesamt 50 Gräber sind dieser Bestattungsart zuzurechnen. 3. Leichenbrandaufschüttungen: Hiermit wird eine Bestattungsart umschrieben, bei der der ausgelesene Leichenbrand direkt auf der Grabsohle deponiert wurde. Davon gibt es in Horath insgesamt 32 Gräber. 4. Urnengräber mit Leichenbrandschüttung: Diese stellen eine Kombination der beiden zuletzt beschriebenen Bestattungsarten dar: Der Leichenbrand findet sich sowohl freiliegend auf der Grabsohle als auch in Urnen. 5. Brandplatten: Gelegentlich wurden runde Holzkohleschichten bzw. stark mit Holzkohle durchzogene, flache Mulden festgestellt, die als „Brandplatten“ bezeichnet werden. Eine mögliche Interpretation ist, dass es sich um „Feuerplätze“ handelte, wo Feuer abgebrannt wurden. Vermutlich sind diese Feuer im Rahmen ritueller Vorgänge entzündet worden; unklar ist aber, was und ob überhaupt etwas verbrannt wurde. Auch in Horath war das Beigabenspektrum variationsreich. Den größten Anteil an der Fundmasse hat die Keramik. Ferner findet sich wieder das übliche Spektrum mit Waffen, Tier- und Speisebeigaben, Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs und Trachtbestandteile, darunter auch Glasschmuck.
298
G. Mahr, A. Miron, Das Brandgräberfeld von Horath „Kaisergarten“, Kreis Bernkastel-Wittlich. Trierer Zeitschr. 43/44, 1980/81, 18. 80
Mit einem letzten Blick in den keltischen Raum will ich noch kurz betrachten, wie das Gräberfeld von Hoppstädten-Weiersbach in der Spätlatènezeit beschaffen war. Auch hier wurden die Toten in Flachgräberfeldern bestattet, bis zur Mitte des 1. Jhdt. n. Chr. überwog die Bestattung in kammerartig angelegten Gräbern
299
. Das wichtigste
Beigabenspektrum war scheibengedrehte Keramik, nach welcher eine ganze Chronologie für Hoppstädten-Weiersbach aufgestellt werden konnte. Auch die Beigabe von Wagen- und Pferdegeschirrteilen bis in Latène D2b ist herausragend für dieses Gräberfeld. Zusammenfassend für die drei Nekropolen aus dem Territorium der Treverer können wir also feststellen, dass in der jüngeren Latènezeit die Bestattung des Leichenbrands inklusive Beigaben in Grabgruben unter der Erdoberfläche üblich war. Inwieweit könnte dieser Grabbrauch für die Fundstellen von Glasarmringen in der Rheinischen Lößbörde zutreffend sein? Da in keinem Fall Leichenbrand gefunden wurde und auch keine Keramik, in der er sich mutmaßlich hätte befinden können, kann der Leichenbrand nur auf die Grabensohle aufgeschüttet worden sein, wie es etwa in Wederath und Horath vorgekommen ist. Natürlich ist auch denkbar, dass er durch das vermehrte Durchpflügen der Böden abhanden gekommen war oder einfach nicht mehr als solcher im Zuge der Prospektionsmaßnahmen identifiziert werden konnte. Bei allen mutmaßlichen Bestattungen könnte es sich ausschließlich nur um Frauenbestattungen gehandelt haben. Selbst wenn sich es bei den Glasarmringen um die weibliche Beigabensitte schlechthin gehandelt hat, z.B. als Ausdruck einer regionalen Identität durch das lokale Produktionszentrum, bleibt die Frage, wie und wo die männlichen Bewohner bestattet sind. Unter den nächstgelegenen Gräberfeldern aus dem rechtsrheinischen Raum befinden sich wohl jene des Lippe-Mündungsgebietes. Bei der Bestattung der einheimischen Bevölkerung handelt es sich im allgemeinen um schlichte
299
R. Gleser, Analyse und Deutung des spätkeltisch-frührömischen Brandgräberfeldes mit Wagengräbern von Hoppstädten-Weiersbach. Vorbericht. In: Kelten, Germanen, Römer im Mittelgebirgsraum zwischen Luxemburg und Thüringen. Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte Band 5 (Bonn 2000) 289. 81
300
Brandgräber
. Zu Beginn der jüngeren Eisenzeit verwendete man noch häufiger
Urnen aus Ton, in denen der aus der Scheiterhaufenasche ausgelesene Leichenbrand
gesondert
beigesetzt
wurde.
Später
schüttete
man
die
Verbrennungsreste vom Scheiterhaufen dann oft unsortiert in die Grabgrube (Brandgrubengrab).
Nur
das
wertvolle
Metall
wurde
offenbar
regelmäßig
aufgehoben. Dennoch geschah dies nicht immer sorgfältig, so dass häufiger Reste metallener Beigaben und Trachtteile in die Grabgruben gerieten. Obwohl die metallenen Teile der Tracht, Fibeln, eiserne Gürtelhaken oder bronzene Armringe meist sehr schlicht gestaltet sind, verraten sie doch einen starken Einfluss aus dem Bereich des keltischen Raumes. In Wesel-Bislich wurden bereits im Jahr 1925 auf der Düne „Gunz“ und in ihrer Nähe 12 Brandgräber und ein Brandplatz entdeckt, die hier ab der Spätlatènezeit angelegt worden waren
301
. Alle Brandgräber lagen auch hier nur wenige cm unter der
Oberfläche, mit einer Spannbreite in ihrer Eintiefung von 25 – 55 cm. Entweder befanden sich Knochen und/oder Leichenbrand in einer beigesetzten Urne oder die Brandknochen lagen auf der Grubensohle verstreut. Im Vergleich mit den bisher angeführten
linksrheinischen
Gräberfeldern
fallen
diese
rechtsrheinischen
Grabgruben auf durch ihre Beigabenarmut. In allen Gräbern, bis auf Nr. 1 und Nr. 8, befand sich nämlich höchstens nur je eine Beigabe, z.B. in Form eines verbrannten Gefäßes, einer Fibel oder eines Gegenstandes aus Eisen. Auch aus dem Gebiet von Rees-Haldern im Kreis Kleve ist eine Reihe von Brandgräberfeldern aus der älteren bis jüngeren Eisenzeit bekannt, von der Kuppe „Spelmannsberg“ mit 41 Gräbern, von der Kuppe „Sommersberg“ mit 90 Gräbern und von der Sanddüne „Colettenberg“ mit 81 Gräbern302. Die tiefschwarzen, runden bis ovalen Brandgruben mit vergleichbarer Tiefe und Breite zeigten nahezu den gleichen Bestattungsritus von Wesel-Bislich. Allerdings sticht bei manchen Gräbern der Kuppe „Sommersberg“ eine Beigabe besonders hervor, ein typischer Bestandteil der niederrheinischen Tracht: Auf dem „Sommersberg“ enthielt Grab 21 drei Stücke eines Armbandes aus blauem Glas. Das Armband war im Feuer zersprungen und 300
C. Reichmann, Die Besiedlung des Lippemündungsgebietes in frührömischer Zeit. In: G. Uelsberg (Hrsg.): Krieg und Frieden-Kelten, Römer, Germanen. Katalog Rheinisches LandesMuseum (Bonn 2007) 72-79. 301 Reichmann 1979, 426 ff. 302 Reichmann 2007, 373;381;387;402. 82
verzogen. Auch in Grab 35 befanden sich die verschlackten Reste eines blauen Armbandes und von weißem verschlackten Glas. Dasselbe blaue Armband taucht weiterhin auf in den Gräbern 33, 41, 53, 73 und 76. In Grab 53 lag sogar die Hälfte eines blauen Glasarmringes mit gelber Fadenauflage. Eine eiserne Latènefibel kommt in den anderen Gräbern als weitere beobachtbare Beigabenart vor, außer in Grab
35
jedoch
nicht
vergesellschaftet
mit
den
Glasarmringen.
Bis
auf
Gefäßfragmente stellen die Glasarmringbruchstücke fast ausschließlich die einzige Beigabe in den genannten Grabgruben dar. Vom „Colettenberg“ stammen dunkelblaue bis violette Glasarmringfragmente nur aus den Gräbern 6, 57 und 81. Gemäß Seidel dominieren hier am rechtsseitigen Niederrhein blaue fünfrippige Ringe der Reihe 17 und einfache Ringe mit D-förmigem Profil und Fadenauflage der Form 6303. Nach Reichmann stellen die Glasarmringe hier am Niederrhein eine Abgrenzung der Spätlatènezeit dar304. Auch Reichmann ist der Ansicht, dass diese Glasarmringe während der Spätlatènezeit zur üblichen Frauentracht gehört haben und zum größten Teil (insbesondere die blauen Formen) auch am Niederrhein selbst hergestellt wurden. Denkbar ist, dass die zu dieser Zeit auf der rechten Rheinseite siedelnden germanischen Sugambrer die Glasarmringe aus der eburonischen Werkstatt bezogen haben, oder aber zumindest die Anregung zur Herstellung dieser Glasringformen. Reichmann hält es daher auch nicht für ausgeschlossen, dass es sich um den Import einer Grabsitte von westlich des Rheins gehandelt haben könnte305. Gehen wir davon aus, dass es sich bei den Einzelfunden an Glasarmringfragmenten der linksrheinischen Lößbörde tatsächlich um Bestattungen handelt, bin ich der Meinung, dass die Grabriten der Eburonen eher umgekehrt, also von germanischer Seite beeinflusst waren. Trotz der überverhältnismäßigen Orientierung zum keltischen Kulturgebiet, spräche der beigabenarme, spartanische Grabbrauch für einen germanischen Ritus. Sonderbar bliebe aber auch im Vergleich mit diesem die
303
Seidel 2005, 25.
304
Ders., 128.
305
Reichmann 2007, 133. 83
rein singuläre Beigabe von Glasarmringen. Zudem haben wir es im Gräberfeld von Rees-Haldern mit durch das Feuer stark deformierten und zerschmolzenen Bruchstücken zu tun, Beigaben, die mit dem Leichnam verbrannt wurden. Dieser Zustand entspricht nicht jenen Fragmenten der linksrheinischen Lößbörde.
84
VI. Zusammenfassung/Fazit Die
vorliegende
Magisterarbeit
Hinterlassenschaften
einer
thematisiert
späteisenzeitlichen
die
archäologischen
Bevölkerung
in
einem
Siedlungsgebiet zwischen Rhein und Maas unter Einbeziehung der schriftlichen Überlieferungen durch den Feldherrn Gaius Julius Caesar im „Gallischen Krieg“. Caesar bezeichnet diese einheimische Bevölkerung mit dem Namen „Eburonen“ und identifziert
sie
gleichzeitig
als
„Germani
Cisrhenani“
–
diesseitige,
also
linksrheinische Germanen. Die Untersuchungen dieser Arbeit haben jedoch gezeigt, dass es sich bei den Bewohnern um eine weitestgehend „latènisierte“ Bevölkerung handelte, deren kultureller Fokus sich weitaus mehr auf den keltischen Raum richtete, als über den Rhein zu den „Germanen“. Die wichtigsten Beispiele hierfür sind sicherlich mit der Namensetymologie, Haus- und Hofbauweise und der materiellen Sachkultur, allen voran den niederrheinischen Glasarmringen, geliefert. Ab
50
v.
Chr.
existierte
im
umrissenen
Siedlungsgebiet
kein
politischer
Zentralverband mehr mit dem Namen „Eburonen“. Caesar war es gelungen, diesen als Vergeltungsschlag für den Angriff eburonischer Stammeskrieger auf ein römisches Winterlager zu zerstören. Jedoch ist es Caesar entgegen seiner propagandistischen Behauptungen im „Gallischen Krieg“ nicht gelungen, alle Bewohner
restlos
auszulöschen.
Hierfür
sprechen
archäologische
und
archäobotanische Befunde innerhalb der Rheinischen Lößbörde, dass es nicht überall einen Abbruch von Siedlungstätigkeit gegeben hat, allen voran die Gründung von
Tongeren,
die
Neuformierung
des
Stammes
der
„Texuandrer“,
die
Siedlungsphasen von Pulheim-Brauweiler und der Umlauf „eburonischer“ Münzen nach 50 v. Chr. Der historischen Überlieferung und den archäologischen Befunden zufolge war der Kern des ursprünglich von Eburonen besiedelten Gebietes zwischen Rhein und Maas allerdings ab der 2. Hälfte des 1. Jhdt. weitestgehend siedlungsleer306. Die Siedlung von Hambach-Niederzier (Hambach 382) bricht schon mindestens 2 Jahrzehnte vor 50 v. Chr. ab. Der Alte Burgberg von Kreuzweingarten fällt 50-53 v. Chr. den Kampfhandlungen zum Opfer. Das „Flachlandoppidum“ von Jülich306
Klages 2008, 225. 85
Bourheim wird in der Mitte des 1. Jhdt. kampflos geräumt, das „Mehrhausgehöft“ von Eschweiler-Laurenzberg
bereits
am
Anfang
des
Jahrhunderts.
Die
Abschnittsbefestigung von Kreuzau-Winden wird erst um die Zeitenwende zerstört. Die allmähliche Wiederbesiedlung des linksrheinischen Raums fand erst statt während Agrippas Statthalterschaft am Niederrhein. Allerdings hatte Agrippa dieses Amt während zwei verschiedenen Perioden inne: Seine 1. Statthalterschaft war von 307
39/38 v. Chr., die zweite von 20-18 v. Chr
. Agrippa siedelte ab 38 v. Chr. die
Ubier, die bis dato noch rechtsrheinisch siedelten, auf der linken Rheinseite an. Heinrichs ist allerdings der Meinung, dass die gezielte Umsiedlung erst in die zweite gallische Statthalterschaft fiel308. Als der Bau der Fernstraße Lyon-Niederrhein 18 v. Chr. die Südeifel erreichte, mussten im fraglichen Rheinabschnitt besondere Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. Tacitus überliefert uns, dass daher die Umsiedlung der Ubier im Raum zwischen Remagen und Krefeld ausdrücklich auf defensive Art und Weise geschehen müsse (Germ. 28,4). Die Datierung in die zweite Statthalterschaft deckt sich laut Heinrich auch mit den Münzfunden: Die erste Prägephase ubischer Quinare (ca. 60 – 45 v. Chr.) ist hier bisher nicht belegt, die zweite (ca. 45 - 30) nur selten, doch der Hauptanteil an Funden entfällt auf die dritte Prägephase (ca. 30 - 15). Von den häufigen Vertretern der Prägephase III wurden die meisten noch rechtsrheinisch geprägt und zur linken Rheinseite mitgebracht. Die abschließende ubische Prägephase IV wird wieder seltener ab 15 v. Chr. Dieser numismatische Befund würde belegen, dass die Hauptumsiedlung der Ubier ab 19 v. Chr. von Agrippa durchgeführt wurde. Diese Tatsache entspräche auch ganz und gar den Bedürfnissen der Ubier, die immerhin 30 v. Chr. ihr Zentraloppidum auf dem Dünsberg an die Chatten verloren hatten und aller Wahrscheinlichkeit nach gezwungen waren, auch weitere der rechtsrheinischen Siedlungen aufzugeben. Gechter nimmt im Bezug auf die Wiederbesiedlung von Bonn an, dass diese aufgrund einheimischer Keramikfunde aus der Zeit um 40 v. Chr. noch während der ersten Statthalterschaft von Agrippa begann309. Galsterer hält eher „ein langsames Einsickern von ubischen und anderen Bevölkerungsteilen, denen Agrippa dann die endgültige staatsrechtliche Form durch Errichtung einer civitas Ubiorum socia nobis
307
Gechter 2001, 56.
308
Heinrichs 2003, 337.
309
Heinrichs 2003, 134 ff. 86
gab“, für möglich
310
. Joachim schließt sich dem an, hält es aber außerdem für
denkbar, dass sich ubische Verbände bzw. Teilstämme schon zu Caesars Zeiten an von Natur begünstigten Plätzen wie Bonn (Bonna) und Neuss (Novaesium) niedergelassen haben
311
. Die neue Heimat der Ubier wurde also das ehemalige
Kernland der Eburonen, die Lößbörden zwischen Maas und Rhein inklusive der Nordeifel sowie der nordwärts gelegene Raum bis in die Höhe von Xanten. Gerade wenn der Umzug zumindest teilweise schon in den 50er Jahren eingesetzt hat, können wir davon ausgehen, dass sich viele überlebende eburonische Stammesmitglieder
den
zugezogenen
Ubiern
angeschlossen
haben.
Noch
wahrscheinlicher ist der Anschluss an den Stamm der Treverer, da diese Bündnispartner während des Gallischen Kriegs waren. Genausogut könnte ich mir vorstellen, dass versprengte Eburonen auf die rechte Rheinseite gegangen sind, zu den dort noch siedelnden ubischen Stämmen, ebenso wie zu den Sugambrern oder den Usipetern. Im Rhein-Maas-Delta wurde aus Restgruppen der Eburonen der Stamm der Texuandrer neu zusammengefasst312. Im Gebiet um Aachen formierten sich die Sunuker und um Heerlen die Baetasier. Im Gebiet der heutigen Provinz Gelderland vermischten
sich
Stammesreste
der
Eburonen
und
Menapier
mit
der
Führungsschicht der Chatten, was zur Gründung des Stammes der Bataver führte. Das Volk der Eburonen bleibt weiter existent, allerdings unter neuen Vorzeichen, beziehungsweise in ein größeres Umfeld integriert. Als abschließende Betrachtung aus der Schlussfolgerung bleibt am Ende nicht mehr allein die Frage nach Kontinuität oder Diskontinuität der Eburonen, sondern stellt sich vielmehr nach Kontinuität und Wandel, letztere wichtige Begrifflichkeiten aus dem volkskundlichen Kanon. Neue Perspektiven in sich wandelnder Zeit zu finden war von jeher die Aufgabe des Menschen, wenn sich seine Lebensgrundlage, Lebensformen und Lebensumstände durch äußere Ereignisse veränderten.
310
Galsterer 2001a, 21.
311
H.E. Joachim, Die späte Eisenzeit am Niederrhein. In: G. Uelsberg (Hrsg.): Krieg und FriedenKelten, Römer, Germanen. Katalog Rheinisches LandesMuseum (Bonn 2007) 54.
312
Gechter 2001, 56. 87
Deshalb beende ich diese Arbeit mit den diesbezüglichen Gedanken des Volkskundlers Wolfgang Kaschuba
313
:
„Kontinuität beschreibt die Sicherheit des Gewohnten, die Macht des Vertrauten, das die Menschen zusammenhält und zugleich bindet. Und davon handelt Kultur in hohem Maße, von Kontinuitäten und Traditionen als gesellschaftliche Ressource. Doch verweist Kultur auf dieses Dauerhafte nicht deshalb, weil sich in ihr ein vorwiegend statisches Prinzip verkörpert, sondern weil sie im Gegenteil den Wandel steuert, der allerdings mit symbolischen Sicherheitsmarkierungen versehen sein muss. Wie Menschen soziale Veränderungen kulturell bewältigen, wie sie den Verlust an Kontinuität und Tradition kompensieren, indem sie sich neue Traditionen aufbauen, wie sie gewohnte Formen beibehalten, um ihnen neue Bedeutungen zu geben – dies müssen unsere Leitfragen sein....“
313
W. Kaschuba, Einführung in die Europäische Ethnologie (München 1999) 182. 88
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vom
Petersberg
93
bei
Königswinter.
Bonner
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Abbildungsnachweis Abb. 1: Joachim 2000, 158. Abb. 2: M. Thoma, Der gallorömische Tempelbezirk auf dem Martberg bei Pommern an der Mosel, Kreis Cochem-Zell (Koblenz 2006) 163. Abb. 3: Joachim 2000, 163. Abb. 4: Kunow /Wegner, Urgeschichte im Rheinland. Jahrbuch 2005 des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Köln 2006), 447. Abb. 5: Blümel 2007, Dauerausstellung Rheinisches LandesMuseum Bonn Abb. 6: Müller 2002, 201. Abb. 7: Blümel 2007, Sonderausstellung Krieg und Frieden, RLMB Abb. 8: Blümel 2007, Dauerausstellung RLMB Abb. 9: C. Klages, Keltisches Gold und Geld am südlichen Niederrhein. In: G. Uelsberg (Hrsg.): Krieg und Frieden-Kelten, Römer, Germanen. Katalog Rheinisches LandesMuseum (Bonn 2007) 88. Abb. 10: Furger-Gunti 1982, 24. Abb. 11: Klages 2007, 87. Abb. 12: Dembski 1998, 39. Abb. 13: Scheers 1996a, 90. Abb. 14: Klages 2007, 88. Abb. 15: Blümel 2007, Sonderausstellung Krieg und Frieden, RLMB Abb. 15a: Blümel 2007, Sonderausstellung Krieg und Frieden, RLMB Abb. 16: Van Impe u.a. 1997/1998, 34. Abb. 17: Birkhan 1997, Karte 1, Anhang. Abb. 18: Van Impe u.a. 1997/98, 48. Abb. 19: Blümel 2007, Sonderausstellung Krieg und Frieden, RLMB Abb. 20: Eck 2004, 34. Abb. 21-21b: Blümel 2007 Abb. 22: Reinartz 1969, 22. Abb. 23: Reinartz 1969, 20. Abb. 23a: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 24: Blümel 2007 Abb. 25: Blümel 2007 Abb. 26: Joachim 2000, 169. Abb. 27: Kießling 1999, Tafel 22. Abb. 28: Schindler 1977, 96. Abb. 29: Blümel 2007 Abb. 29a: Blümel 2007 Abb. 30: Joachim 1980, 447. Abb. 31: Stöckli 1993, 134. Abb. 32: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 33: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 34: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 35: Schindler 1977, 63. Abb. 36: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 36a: Stöckli 1993, 136. Abb. 37: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 38: Joachim 1980, 409. Abb. 39: Päffgen 2001, 62. Abb. 40: J. Boessneck, Die Tierknochenfunde aus dem Oppidum von Manching. Die Ausgrabungen in Manching 6 (Wiesbaden 1971) Tafel 2. Abb. 41: Blümel 2007, Sonderausstellung Krieg und Frieden, RLMB Abb. 42: Haffner 1995, 32. Abb. 43: Botheroyd 1992, 104.
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Abb. 44: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 45: Bonner Jahrb. 145, 1940, 299. Abb. 46: Blümel 2007 Abb. 47: Ralston 2006, 49. Abb. 48: Ralston 2006, 51. Abb. 49: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 50: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 50a: Blümel 2008, Depot Meckenheim Abb. 51: Göbel 1992b, 50. Abb. 52: Göbel 1992b, 49. Abb. 53: Joachim 1982, 395. Abb. 54: Joachim 1997, 44. Abb. 54a: Joachim 1997, 44. Abb. 55: Blümel 2007 Abb. 56: Blümel 2007, Tafel am archäologischen Denkmal Abb. 57: Joachim 2003, 9. Abb. 58: Simons 1993, 66. Abb. 59: Verwers 1972, 86. Abb. 60: Nortmann 1999, 7. Abb. 61: Heimberg 1998, 24. Abb. 61a: R. Talbert, Barrington Atlas of the Greek and Roman World (Princeton/New Jersey 2000) 11. Abb. 62: Gechter 1991, 440. Abb. 63: Vanderhoeven 2003, 124. Abb. 64: A. Vanderhoeven, Das vorflavische Tongeren: die früheste Entwicklung der Stadt anhand von Funden und Befunden. In: G. Precht (Hrsg.), Genese, Struktur und Entwicklung römischer Städte im 1. Jahrhundert n. Chr. in Nieder- und Obergermanien. Xantener Ber. 9 (Mainz 2001) 165. Abb. 65/65a: Scheers 1996b, 15. Abb. 66: Nuber 1974, 52. Abb. 67: Nuber 1974, Tafel 1. Abb. 68: Scheers 1977, planche XXVI. Abb. 69: J. Schulze-Forster, Der Dünsberg und die jüngsten keltischen Münzen in Hessen. In: J. Metzler/D. Wigg-Wolf (Hrsg.), Die Kelten und Rom. Neue numismatische Forschungen. SFMA 19 (Mainz 2005) 160. Abb. 70: Schulze-Forster 2002, Tafel M2. Abb. 70a: Schulze-Forster 2005, 162. Abb. 71: Bunnik 1995a, 319. Abb. 72: Bunnik 1995b, 171. Abb. 73: Knörzer u.a. 1999, 41. Abb. 74: Schmidt/Gruhle 2003, 293. Abb. 75: Otten u.a. 2000, 19. Abb. 76: Otten u.a. 2000, 17. Abb. 77: Otten u.a. 2000, 22. Abb. 78: Otten u.a. 2000, 29. Abb. 79: Becker 2000, 44. Abb. 79a: Becker 2000, 49. Abb. 79b: Becker 2000, 49. Abb. 80: Blümel 2007 Abb. 81: Koch 1987, 69. Abb. 82: Blümel 2007, Sonderausstellung Krieg und Frieden, RLMB. Abb. 83: Roymans 2007, 323. Abb. 84: Haffner 1989, 57.
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