DIE DRINGLICHKEIT DER DIVERSITÄT IM TASTENINSTRUMENTENBAU DES 18. JAHRHUNDERTS: DAS BEISPIEL DER HELLEN-WERKSTATT IN BERN Patrick Montan-Missirlian Die Organologie ist die Disziplin der Musikwissenschaft, die sich mit den Musikinstrumenten und ihrer Geschichte befasst. Ihr ist zu verdanken, dass wir die Entwicklung der Musikinstrumente nachverfolgen und einen neuen Blick auf das Repertoire werfen können, das sie hervorbrachten und das die heutige Grundlage für die Ausübung klassischer Musik bildet. Natürlich wurden die Klaviersonaten von W.A. Mozart (1756–1791) nicht für den Steinway-Flügel komponiert, der mittlerweile in unseren Konzertsälen steht und unsere Hörgewohnheiten prägt. Im Gegenteil: Die Tasteninstrumente zu Mozarts Zeit unterschieden sich deutlich von unserem modernen Klavier und waren sowohl hinsichtlich der Mechanik und des Anschlags als auch in Bezug auf ihre klanglichen Möglichkeiten ungleich stärker differenziert. Diese Instrumente waren keine bloßen Notlösungen bis zum Aufkommen des modernen Klaviers und verdienen unser ganzes Interesse, wenn wir uns angemessen mit der Musik der Vergangenheit auseinandersetzen möchten. Die Hellenwerkstatt in Bern: Stand der Forschung Im Rahmen dieses Beitrags werden wir uns mit den Tasteninstrumenten befassen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Werkstatt der Gebrüder Hellen in Bern hergestellt wurden. Die außerordentlich erfindungsreichen Berner Instrumentenbauer spielten eine Vorreiterrolle für die Entwicklung und die Verbreitung des Pianoforte. Ihre in dem relativ kurzen Zeitraum von 1759 bis 1780 entstandene Produktion steht beispielhaft für eine organologische Diversität und veranschaulicht den allmählichen Prozess, der das Cembalo durch das Pianoforte ersetzte. Damals drängten die Veränderungen des Musikgeschmacks Instrumentenbauer wie Musiker dazu, sich neuen Klanghorizonten zuzuwenden und die dafür geeigneten Instrumente zu konzipieren. Da die Hellen-Instrumente indes nicht alle signiert oder datiert sind, steht ihre Chronologie noch aus; ebenso ihre Nomenklatur, insbesondere die der verschiedenen mit einer Pianoforte-Mechanik ausgestatteten Typen
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von Tasteninstrumenten. In Verkennung ihrer eigentlichen Bezeichnung in den Quellen und mithin ihrer Diversität werden heute in der Tat alle Tasteninstrumente, deren Saiten von Hämmern angeschlagen werden, undifferenziert als Pianoforte bezeichnet. In diesem Artikel werden wir vor allem auf die Hellen-Instrumente in Form eines Cembalos eingehen, da sich die Klangforschungen der Berner Instrumentenbauer offenbar im Wesentlichen auf diesen Typus konzentrierten. Hier beschäftigt uns besonders die Klangdisposition dieser Instrumente, zumindest in ihrem Ursprungszustand. Im Jahr 19721 waren lediglich zwei Instrumente aus der HellenWerkstatt in Bern registriert. Es handelte sich zum einen um ein Tafelklavier2 mit der Signatur „par Hellen à Berne 1780“, das im Musée d’Art et d’Histoire in Neuchâtel aufbewahrt wird, zum anderen um ein dem ersten sehr ähnliches unsigniertes und undatiertes Tafelklavier aus einer Privatsammlung. Die Existenz weiterer Tasteninstrumente aus der Berner Werkstatt – darunter mehrere Cembali und sogar ein organisiertes Cembalo (mit einem oder mehreren Orgelregistern) – ist durch Anzeigen bezeugt, die vor allem in zeitgenössischen Zeitschriften in Bern und Fribourg erschienen,3 obgleich kein einziges Instrument dieser Art verzeichnet war. Seit knapp fünfzehn Jahren finden die von der Berner Hellen-Werkstatt signierten oder ihr zugeschriebenen Instrumente in der auf die Organologie der Tasteninstrumente des 18. Jahrhunderts spezialisierten Musikwissenschaft Beachtung, da sich die Schlüsselrolle, die die Berner Werkstatt für die Entwicklung des Pianoforte im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus spielte, immer deutlicher abzeichnet. Darüber hinaus kauften einige Museen Hellen-Instrumente an, die sich als hochbedeutend erwiesen. Hierzu zählt vor allem das Pianoforte in Form eines Cembalos (auch Hammerflügel genannt) mit der Signatur „par Hellen à Berne 1763“, das im Jahr 2000 vom Musée de la musique in Paris erworben wurde (vgl. Abb. 1), sowie das Cembalo mit der heute nur noch schwer leserlichen Inschrift auf dem Vorsatzbrett „P Hellen à Berne 1759“,4 das 1 2 3 4
Vgl. Rindlisbacher, Das Klavier in der Schweiz, S. 110–114. Das Pianoforte ist ein Tasteninstrument, dessen Saiten mit Hämmern angeschlagen werden. Beim Cembalo hingegen werden die Saiten mit Federn gezupft. Vgl. vor allem das Hoch-Oberkeitlich Privilegiertes Avis-Blättlein aus Bern und das Feuille hebdomadaire des Avis de la Ville et Canton de Fribourg. Aufgrund dieser Inschrift wurde das Cembalo Peter Hellen (1723–1779) zugeschrieben. Wir gehen jedoch eher davon aus, dass die Inschrift „P[ar] Hellen à Berne 1759“ lautet und damit die übliche Signatur der aus dieser Werkstatt stammenden Instrumente zeigt. Das Cembalo wäre wahrscheinlich also das alleinige Werk Johann Ludwig Hellens (1716–1781), dessen Präsenz in Bern ab 1754 bezeugt ist. Sein jüngerer Bruder, Peter Hellen, erscheint in den Berner Archiven in der Tat nicht vor 1763. Vorsichtshalber möchten wir dieses Cembalo also nicht
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im selben Jahr an das Württembergische Landesmuseum in Stuttgart ging. Das Pariser Instrument ist heute das älteste Pianoforte in Form eines Cembalos in den staatlichen französischen Sammlungen. Das Stuttgarter Instrument wiederum gehört zu den überaus seltenen, heute noch erhaltenen Schweizer Kielflügeln (auch Cembalo genannt).
Abb. 1: Hammerflügel aus der Hellen-Werkstatt, 1763, Musée de la musique, Paris
Darüber hinaus ist die Hellen-Werkstatt für ihre Instrumente bekannt, in denen die Mechanik des Pianoforte mit der des Cembalos kombiniert wird und die heute als Kielhammerflügel, d.h. kombinierte Pianoforte-Cembali bezeichnet werden. Genauer gesagt, handelt es sich dabei um ein Pianoforte mit Cembalozug. Trotz der gelegentlich modifizierenden Eingriffe sind noch mehrere Instrumente dieser Art erhalten. Das erste, ein in der Villa Medici Giulini in Briosco5 (vgl. Abb. 2) aufbewahrter Hammerflügel mit der Signatur „par Hellen à Berne 1763“, besaß ursprünglich einen Cembalozug. Gleiches gilt für den undatierten, Hellen zugeschriebenen Hammerflügel, der sich im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg
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ausdrücklich Peter Hellen zuschreiben und erwähnen es im Folgenden ohne weitere Angaben als das Hellen-Cembalo von 1759 aus Stuttgart. Vgl. Giulini, Villa Medici Giulini. Un invito all’arte e alla musica, S. 6 (Kat. Nr. 9).
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befindet.6 Bekannt sind uns schließlich auch ein dritter und vierter Hammerflügel mit Cembalozug, beide ebenfalls Hellen zugeschrieben und undatiert. Sie befinden sich in der Sammlung der Association Ad Libitum im französischen Etobon sowie im Berliner MusikinstrumentenMuseum.7 Aufgrund ihrer frühen Entstehung verweisen diese Instrumente wie auch der Pariser Hammerflügel auf die führende Rolle, die die Werkstatt Hellen neben Instrumentenbauern wie Franz Jacob Spath (1714–1786), Johann Andreas Stein (1728–1792) oder Joseph Merlin (1735–1803), jeweils in Regensburg, Augsburg und London ansässig, für die Geschichte des Pianoforte im 18. Jahrhundert spielte.8
Abb. 2: Hammerflügel aus der Hellen-Werkstatt, 1763, Privatsammlung, Briosco
Gegenwärtig sind siebzehn aus der Hellen-Werkstatt stammende oder ihr zugeschriebene Tasteninstrumente registriert.9 Vor Kurzem haben wir unsererseits ein Hellen zugeschriebenes zweimanualiges Cembalo entdeckt (vgl. Abb. 3), sowie zwei Tafelklaviere, von denen eines die Signatur 6 7 8
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Inv. Nr. MINe 105. Vgl. Droysen-Reber und Rase, „Historische Kielklaviere bis 1800“, S. 233–238. Vgl. Latcham, „The musical instruments en forme de clavecin by, and attributed to, the workshop of Johann Ludwig Hellen“, S. 68–94. Für eine genaue Untersuchung der Geschichte des Pianoforte im 18. Jahrhundert vgl. auch Michael Latcham, „Johann Andreas Stein and the search for the expressive Clavier“, S. 133–215. Vgl. Battault und Goy, „Les petits pianoforte de Hellen“, S. 48–67.
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„Par Hellen à Berne 1773“ trägt. Dieses Instrument sowie das Cembalo befinden sich in privaten Sammlungen. Das dritte Instrument wurde im Mai 2014 in Vichy zur Versteigerung angeboten. Damit existieren derzeit insgesamt zwanzig Hellen-Instrumente.10
Abb. 3 Den Gebrüder Hellen zugeschriebenes Cembalo, Bern, um 1763, Privatsammlung, Schweiz
Eine kurze Geschichte des Pianoforte Generell spiegeln die Hellen-Instrumente deutlich die musikalischen Anliegen ihrer Epoche, die gesteigerten Wert auf eine möglichst große Klangvielfalt legte. Die Gebrüder Hellen fertigten besaitete Tasteninstrumente, die, in manchen Fällen sogar während des Spiels, Veränderungen des Klangs erlaubten. Sie versahen insbesondere ihre Pianoforte mit Registern, die mit Register- oder Kniehebeln geschaltet wurden und den Klang zugunsten einer neuen musikalischen Ausdruckskraft mehr oder weniger rasch modifizieren konnten. In ihren organologischen Eigenschaften beziehen sich die Tasteninstrumente der Gebrüder Hellen auf unterschiedliche Quellen: süddeutsche, einschließlich elsässischer Einflüsse (frühe deutsche Mechanik bzw. Prellmechanik ohne Auslösung der Pianoforte, ob als Hammerflügel oder 10
Vgl. Montan-Missirlian, „La découverte d’un clavecin suisse du 18ème siècle, attribuable aux frères Hellen (Berne, c. 1763)“, S. 201–226.
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Tafelklavier bis um 1775), mitteldeutsche (Sächsische Schiebekoppel der Manuale bei beiden verzeichneten Cembali), französische, genauer gesagt Pariser (Verzierung und allgemeine Form der Instrumenten-Korpi) sowie englische Einflüsse (einfache Englische Mechanik bzw. Stoßmechanik ohne Auslösung ihrer Pianoforte überhaupt ab ca. 1775). Nach dem derzeitigen Forschungsstand ist schwer zu beurteilen, wo die Gebrüder Hellen ihre Ausbildung genossen. An dieser Stelle drängt sich eine kurze Erinnerung an die Anfänge des Pianoforte auf. Als Erfinder des Pianoforte gilt Bartolomeo Cristofori (1655–1731), Instrumentenbauer am Hof der Medici in Florenz. Cristoforis Pianoforte, ursprünglich als cembalo a marteletti konzipiert (und eigentlich ein Hammerflügel), wird von Scipione Maffei (1675–1755) in einem 1711 in Venedig veröffentlichten Artikel beschrieben.11 Es handelt sich um ein Cembalo, das nicht nur piano und forte umsetzen kann (gravicembalo col piano e forte), sondern auch die Abstufungen und Schattierungen der Stimme (la degradazione, e diversità della voce). Drei Hammerflügel Cristoforis sind heute noch erhalten. Sie sind auf die Jahre 1720, 1722 und 1726 datiert und befinden sich jeweils im Metropolitan Museum in New York, im Museo degli antichi strumenti musicali in Rom und im Musikinstrumenten-Museum in Leipzig. Cristoforis Hammerflügel fand rasch an manchen europäischen Höfen Anklang, namentlich an dem des portugiesischen Königs João V. (1689–1750). Wohl auf die Empfehlung Domenico Scarlattis hin (1685–1757),12 der sich im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts gleich zweimal am Hofe der Medici aufhielt, erwarb der König von Portugal das berühmte cembali a marteletti des florentinischen Instrumentenbauers, das im Folgenden einheimische Instrumentenbauer wie Manuel Antunes (1707–1796) und José Calisto (um 1780) inspirieren sollte. Im deutschsprachigen Raum galt der im sächsischen Freiberg ansässige Orgelbauer Gottfried Silbermann (1683–1753) auf dem Gebiet des Pianoforte als prägend.13 Parallel zu seiner Tätigkeit als Orgelbauer setzte er sich 11 12
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Vgl. Maffei, Nuova invenzione d’un gravicembalo col piano e forte, S. 144–159. Gleich bei seiner Ankunft in Portugal 1719 hatte Domenico Scarlatti das Amt des Hofkapellmeisters inne und unterrichtete die Infantin Maria Bárbara de Bragança (1711–1758), spätere Königin von Spanien, sowie ihren Onkel, Infant Dom Antonio, dem die allerersten Kompositionen in der Geschichte des Pianoforte gewidmet sind: die zwölf Sonate da Cimbalo di piano e forte, detto volgarmente di marteletti von Lodovico Giustini (Florenz, 1732). Vgl. Restle, „Gottfried Silbermann und die Hammerflügel für den Preußischen Hof in Potsdam“, S. 189–203. Silbermann ist jedoch nicht der einzige, der sich sehr früh schon mit dem Pianoforte befasste. Christian Ernst Friederici (1709–1780) entwickelte seinerseits neue Instrumente mit einer Hammermechanik und erfand insbesondere den Pyramidenflügel, von dem heute noch drei Exemplare erhalten sind, zwei von 1745 und eines von 1750.
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mit Cristoforis Erfindung auseinander und perfektionierte sie, indem er seine Hammerflügel mit Registern versah, die manuell mit Registerhebeln geschaltet wurden. Eines der Register etwa imitierte mithilfe kleiner Elfenbeinplättchen, die gegen die Saiten geklappt werden konnten und so einen silbernen Klang erzeugten, den hellen Klang des Cembalos. Mit einem anderen Register ließ sich die Dämpfungsaufhebung einstellen. Die beiden Register waren zwischen Bass- und Diskantbereich geteilt. Auf diese Weise ließen sie sich entweder für den Bass oder für den Diskant schalten, oder aber für beide gleichzeitig. Allerdings konnte man mithilfe dieser Register den Klang nicht verändern, ohne die Hände von der Klaviatur zu nehmen. Der preußische König Friedrich II. (1712–1786) besaß drei Hammerflügel von Silbermann, von denen sich zwei aus den Jahren 1746 und 1747 erhalten haben. Bei seinem berühmten Besuch in Potsdam 1747, von dem der Organist, Instrumentenbauer und Theoretiker Jacob Adlung (1699–1762) berichtet und auf den das Musikalische Opfer BWV 1079 folgte, spielte Johann Sebastian Bach (1685–1750) vermutlich auf einem dieser Instrumente.14 Der zwischen 1742 und 1743 teilweise in der Werkstatt seines Onkels ausgebildete Johann Heinrich Silbermann (1727–1799) baute in der Straßburger Familienwerkstatt Cembali, Querspinette, Clavichorde, Hammerflügel sowie Tafelklaviere, von denen mehrere erhalten sind. Von diesem Instrumentenbauer existieren heute noch zwei Tafelklaviere: das eine, um 1776 entstandene, in einer französischen Privatsammlung, das andere (1776) im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Sie sind nach dem Vorbild der Hammerflügel Gottfried Silbermanns gebaut, und auch ihre Register lassen sich nur manuell mithilfe von Registerhebeln schalten. Johann Heinrich Silbermann hatte einen maßgeblichen Einfluss auf den Schweizer Instrumentenbau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wovon zum Beispiel die Instrumente von Peter Friedrich Brosi (1700–1764) und Joseph Anton Moser (1731–1792), beide in der Silbermann’schen Werkstatt in Straßburg ausgebildet, zeugen.15 Möglicherweise standen auch die Gebrüder Hellen mit seiner Werkstatt in Verbindung.
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Vgl. Adlung, Musica mechanica organoedi, S. 116f. Vgl. Montan (-Missirlian) und de Andrés, „La découverte d’un orgue suisse du 18ème siècle attribuable à Joseph Anton Moser (Fribourg, c. 1767)“, S. 193–212.
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Entwicklung der Hellen-Instrumente und ihre Resonanz Das früheste noch erhaltene Hellen-Instrument ist das in Stuttgart aufbewahrte Cembalo von 1759. Dieses Instrument hat drei Saitenchöre: den vorderen 8’ (eigentlich das Grundregister), den 4’, eine Oktave höher klingend, auf dem Untermanual, sowie den hinteren 8’ auf dem Obermanual. Sie teilen einen gemeinsamen Stimmstocksteg auf dem Stimmstock und auf dem Resonanzboden einen gemeinsamen Resonanzbodensteg; die Saiten des hinteren 8’ werden jedoch näher am Stimmstocksteg angezupft als die des vorderen 8’. Der Klang des hinteren 8’ ist mithin obertonreicher als der des vorderen 8’. Umgekehrt ist der Klang des vorderen 8’ untertonreicher als der des hinteren 8’. Beide Register erklingen in der gleichen Tonhöhe, aber mit einer unterschiedlichen Klangfarbe. Der hintere 8’ ist nasaler als der vordere 8’: Man bezeichnet sie als kontrastierend. Die Register des Untermanuals sind beweglich, können also mithilfe von Registerhebeln zugeschaltet werden, die sich beiderseits des Vorsatzbretts direkt über dem Obermanual befinden. Das Obermanualregister hingegen ist befestigt und hat entsprechend keinen Registerhebel. Das betreffende Cembalo besaß ursprünglich eine Sächsische Manualschiebekoppel. Mit deren Hilfe ließ sich der hintere 8’ auf dem Untermanual spielen: Die an den jeweiligen Hebelenden der beiden Manuale befestigten Böckchen ermöglichten beim Einschieben des Untermanuals das Zusammengehen beider Manuale. Umgekehrt griffen die Böckchen nicht mehr, wenn man das zum Koppeln bereite Untermanual zu sich heranzog, sodass die Klaviaturen voneinander unabhängig waren.16 Heute ist die sogenannte Französische Manualschiebekoppel geläufig, bei der das bewegliche Obermanual eingeschoben wird, während das Untermanual nicht bewegt wird. In beiden Fällen ist während des Spiels nur durch den Wechsel der Klaviaturen eine Klangveränderung möglich. Das unlängst entdeckte Hellen zugeschriebene Cembalo (um 1763) ist nicht spielfähig und wurde noch nie restauriert. Es hat die gleiche Klangdisposition wie das Instrument aus dem Jahr 1759, zeigt allerdings markante Unterschiede in den allgemeinen Proportionen, die eine andere Mensur und eine andere Stimmtonhöhe bewirken: Während das Cembalo von 1759 kompakte Abmessungen zeigt, ist das um 1763 entstandene Instrument schlanker. Tatsächlich zeigt die vom Instrumentenbauer bestimmte Mensur je nach Instrument beträchtliche Abweichungen. Die Saiten des um 1763 gebauten Cembalos waren länger als die des 1759 entstandenen Instruments, so dass davon auszugehen ist, dass die Stimmung des ersten tiefer war als die des zweiten. Folglich erforderten die beiden Cembali einen jeweils anderen Saitenbezug. 16
Vgl. Droysen-Reber und Rase, „Historische Kielklaviere bis 1800“, S. 105–109.
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Generell werden in allen drei Registern die Saiten bei dem späteren Cembalo näher an den Stimmstockstegen gezupft als bei dem früheren Instrument. Der Unterschied allerdings zwischen dem Prozentverhältnis des vorderen 8’ und des hinteren 8’ ist bei beiden Instrumenten fast derselbe: 5,6 (21,5%–15,9%) für das Cembalo von 1763, und 5,8 (23,0%– 17,2%) für das Instrument von 1759. Außer der tieferen Stimmung ist anzunehmen, dass der vordere 8’ und der hintere 8’ bei dem jüngeren Instrument obertonreicher sind als bei dem älteren. Der Kontrasteffekt zwischen beiden Manualen ist vermutlich aber bei beiden Cembali vergleichbar: Der vordere 8’ und der hintere 8’ des 1759 gebauten Instruments, dessen Stimmung höher ist als die des 1763 gebauten, sind höchstwahrscheinlich grundtonreicher als die gleichen Register des später hergestellten Instruments. In erster Linie offenbart der Vergleich beider Cembali eine entscheidende klangästhetische Wende. Sie wird von dem neuen, spätestens ab 1763 bezeugten Instrument eingeleitet, das also nur kurz nach dem Cembalo von 1759 und vermutlich kurz vor dem um 1763 entstandenen anzusiedeln ist. Wie wir in Bezug auf die Hammerflügel mit Cembalozug noch sehen, spielten die Gebrüder Hellen eine maßgebliche Rolle in Bezug auf die für das Pianoforte und für den Cembalozug geeigneten Mensur. Doch halten wir uns an die chronologische Reihenfolge und wenden uns dem 1763 entstandenen Hammerflügel aus Paris zu. Unseres Wissens handelt es sich bei diesem Instrument um das älteste Pianoforte in Form eines Cembalos mit einer frühen Prellmechanik überhaupt. Sein gegenwärtiger Erhaltungszustand erlaubt keine präzisen Aufschlüsse über die ursprüngliche Klangdisposition. Spuren diverser Mechanismen lassen vermuten, dass dieser Hammerflügel über Register verfügte, mit denen sich der Klang verändern ließ, darunter vor allem ein Harfenzug, der manuell mit einem Registerhebel zugeschaltet wurde, sowie ein mit einem Kniehebel betriebener Moderator. Sicher hingegen ist, dass das Instrument keine Dämpfer hatte. Die Resonanz der ungedämpften Saiten lässt an das von dem deutschen Musiker und Komponisten Pantaleon Hebenstreit (1667–1750) erfundene Hackbrett denken. Hebenstreit benutzte kleine Klöppel, die er zum Spielen in den Händen hielt. Dieses um 1705 an sämtlichen Höfen Europas präsentierte Instrument hat namentlich in Deutschland den Bau der Pianoforte nachweislich beeinflusst. Davon zeugt die Dämpfungsaufhebung, mit der die Saiten wie bei den Silbermann’schen Hammerflügeln ungehindert zum Klingen gebracht werden konnten. Den Quellen zufolge wurde dieses Register in unterschiedlichen Schreibweisen Pantal(e)on, gelegent-
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lich auch Tympanon genannt. Aus einem am 23. Oktober 173117 in den Leipziger Post-Zeitungen veröffentlichten Artikel erfahren wir, dass der Instrumentenbauer Walfried Fickert in der Nähe von Leipzig ein CymbalClavir angefertigt hat, das sich ausdrücklich von dem Instrument Pantaleon Hebenstreits ableitet: „Dieses Instrument, welches um einen civilen Preiss zu haben, hat die Eigenschafft des von dem hochberühmten Pandalon erfundenen Cymbals.“ Auch die kleinen Tafelklaviere in Form einer liegenden Harfe des Ulmer Instrumentenbauers Johann Matthäus Schmahl (1734–1793) waren mit Registern ausgestattet und verzichteten auf Dämpfer.18 Nach Jacob Adlung19 soll der Regensburger Instrumentenbauer Franz Jacob Spath dem Bonner Kurfürsten seinerseits ein neues Instrument präsentiert haben, das dreißig verschiedene Veränderungen vornehmen konnte,20 zu denen auch der sogenannte Pandaleon-Zug gehörte: „Von Jacob Spath, einem Instrumentenmacher aus Regenspurg, wurde 1751 dem Kurfürsten zu Bonn ein Clavier vorgestellt mit 30 Veränderungen, welcher ihn reichlich beschenkte. Unter solchen Veränderungen waren forte, piano, pianissimo, ein Echo, Harfe, Laute, Pandaleon und ordentliche Flaute traver befindlich.“ Dieses Register setzt voraus, dass es sich bei dem Instrument wohl um ein organisiertes Pianoforte handelte. Doch weder das Fickert’sche Instrument noch das in der Anzeige aus dem Jahr 1751 erwähnte von Spath haben sich erhalten.21 Aufgrund der fehlenden Dämpfer kann der Hellen-Hammerflügel von 1763 gleichfalls als Pandaleon-Clavecin betrachtet werden, ebenso der vier Jahre später gebaute Hammerflügel mit der Signatur „Frantz Jacob Spath Regenspurg 1767“, der im National Music Museum, Vermillion (Kat. Nr. 13010) aufbewahrt wird. In Bern wurde diese Art von Instrument vermutlich Tympanon genannt, eine Bezeichnung, die tatsächlich in manchen zeitgenössischen Zeitungsanzeigen vorkam: „Ein von Hrn. Hehlen sel. Verfertigtes Timpanum von der grössten und schönsten Art, 17 18
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Vgl. Latcham, „Johann Andreas Stein and the search for the expressive Clavier“, S. 160. Die Sammlung Michael Günther (Schloss Homburg) zählt eine große Anzahl besaiteter Tasteninstrumente des 18. Jahrhunderts, darunter mehrere kleine Tafelklaviere in Form einer liegenden Harfe. Vgl. Adlung, Anleitung zur musikalischen Gelahrtheit, S. 690f. Der Begriff „Veränderung“ bezeichnet weniger die Anzahl der Register als die Anzahl der möglichen Registerkombinationen, durch die sich der Klang variieren lässt. Zwei Tafelklaviere ohne Dämpfer aus der Sammlung Michael Günther gelten als Pandaleon-Claviere (Inv. Nr. 15 und Inv. Nr. 16). Sie werden jeweils Johann Heinrich Harrass oder Georg Nicolas Deckert (Großbreitenbrach, Thüringen, Mitte des 18. Jahrhunderts) und Georg Ludwig Krämer (Bamberg, um 1770) zugeschrieben.
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in einem dazu gemachten Tisch.“22 Bezüglich der Spath’schen Hammerflügel ohne Dämpfer soll an dieser Stelle ein Brief zitiert werden, den Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) kurz nach seinem Besuch bei dem berühmten in der Stadt ansässigen Instrumentenbauer am 17. Oktober 1777 aus Augsburg an seinen Vater schrieb und in dem er seine Vorliebe für die Stein’schen Hammerflügel gegenüber den von Spath gebauten bekennt:23 „Mon trés cher Pére! Nun muß ich gleich beÿ die steinischen Piano forte anfangen. Ehe ich noch vom stein seiner arbeit etwas gesehen habe, waren mir die spättischen Clavier die liebsten; Nun muß ich aber den steinischen den vorzug lassen; denn sie dämpfen noch viell besser, als die Regensburger.“ Der im Historischen Museum in Bern aufbewahrte Hammerflügel wird Hellen zugeschrieben und aufgrund von Archivunterlagen der Familie Charrière de Sévery, in deren Besitz er sich befand, um 1775 datiert. Das Instrument ist offenkundig nicht in seinem Ursprungszustand erhalten, sodass schwer festzustellen ist, ob es sich wirklich von Anfang an um einen Hammerflügel handelte. Auch die aktuellen Register sind womöglich nicht die Originalregister: Es gibt zwei Kniehebel für Dämpfungsaufhebung und Moderator. Damit wäre der in Paris aufbewahrte Hammerflügel von 1763 das einzige erhaltene Pandaleon-Clavecin (oder Timpanon) aus der Hellen-Werkstatt. Von 1769 bis 1780 baute die Werkstatt Hellen Tafelklaviere. Sie waren mit maximal vier Registern versehen, die mit Registerhebeln, in manchen Fällen auch mit zwei Kniehebeln geschaltet wurden. Es handelt sich in erster Linie um einen Tympanonzug, der mit einem oder zwei Registerhebel(n) betätigt wird, die sich auf beiden Seiten des Dämpferrahmens befinden und für das Anheben der Dämpfer sorgen, damit die Saiten wie beim Tympanon oder Pantalon ungehindert klingen können. Manche Tafelklaviere sind mit zwei Kniehebeln versehen, von denen der eine mit dem Tympanonzug gekoppelt ist und sämtliche Dämpfer anhebt: Man spricht hier vom sogenannten Fortezug. Mithilfe dieses Kniehebels lässt sich folglich beim Spielen der Tympanonzug betätigen, ohne dass die Hände von der Klaviatur genommen werden müssen.24 22 23
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Vgl. Hoch-Oberkeitlich Privilegiertes Avis-Blättlein, 2. Heumonat, 1791. Die gesamte Korrespondenz Mozarts sowie weitere Familiendokumente aus den Beständen der Mozart Stiftung Salzburg sind unter folgendem Link zugänglich: http://dme.mozarteum.at/DME/briefe/doclist.php. Bei den erwähnten spättischen Clavier [sic] könnte es sich ebenso gut um Tangentenflügel handeln. Der Tangentenflügel hat einen cembaloähnlichen Klang, kann allerdings dynamische Abstufungen vornehmen, weil die Saiten mithilfe von Tangenten (= nicht mit Leder bezogene Springer) angeschlagen werden. Das Instrument ist mit Einzeltondämpfern ausgestattet und verfügt über einen Moderatorzug, der den Klang dem des Pianoforte annähert. Vgl. Latcham, „Franz Jacob Spath and the Tangentenflügel: an eighteenth-century tradition“, S. 150–170. Vgl. Goy, „Un pianoforte de Johann Ludwig Hellen, Berne 1773“, S. 42–45.
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Die Tafelklaviere sind ebenfalls mit einem Moderatorzug ausgestattet, der mit einem Holzknopf betrieben wird; dieser ist auf einem beweglichen Stab angebracht, auf den ein gezahnter Seiden- oder Tuchstreifen geleimt wurde, welcher als Klangdämpfer zwischen den Hämmern und ihrem Anschlagspunkt fungiert. Bei manchen Pianoforte werden der Moderator sowie der Tympanonzug mit einem Kniehebel bewegt, so dass sich das jeweils gewünschte Register während des Spiels schalten lässt, ohne die Hände von der Klaviatur zu bewegen. Der Harfenzug schließlich wird immer manuell mit einem Registerhebel betätigt. Es handelt sich um einen Lederstreifen, der in der Nähe des Stimmstockstegs die Saiten berührt und dabei demselben Prinzip folgt wie der Lautenzug der Cembali.25 Während die Tafelklaviere maximal vier mit Register- oder Kniehebeln geschaltete Register besaßen, konnten die Hammerflügel ein weiteres, bei Tafelklavieren ausgeschlossenes Register aufweisen, das für einen grundlegenden Unterschied sorgte: den Cembalozug. Die Kombination aus Kielflügel- und Hammerflügelmechanik ist seit den Anfängen des Pianoforte bezeugt. Es war ein Schüler Bartolomeo Cristoforis, Giovanni Ferini (ca. 1690–1758), der den ältesten noch erhaltenen kombinierten Hammer- und Kielflügel baute. Das Instrument datiert aus dem Jahr 1746 und befindet sich heute in der Sammlung Luigi Ferdinando Tagliavini in Bologna.26 Es verfügt über zwei Manuale: Das Obermanual betätigt die Hämmer des Pianoforte, das Untermanual die Springer des Cembalos. Bei diesem Instrumententyp teilen sich das Pianoforte und das Cembalo die Saiten beider 8’ Register, die sich hingegen nicht auf einem der beiden Manuale kombinieren lassen. Im deutschsprachigen Raum reicht ein solches Kombinationsinstrument, dessen Saiten mit Hämmern angeschlagen und von Springern gezupft werden, bis mindestens 1765 zurück und soll von dem Regens25
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Zumal die Gebrüder Hellen bei ihren Instrumenten nach einer großen Klangdiversität strebten, erstaunt diesbezüglich, dass die beiden erhaltenen Hellen-Cembali nicht mit dem bereits seit dem 17. Jahrhundert weit verbreiteten Lautenzug ausgestattet waren. Ferini war gleichfalls der Urheber eines der drei Lieblingsinstrumente der spanischen Königin Maria Barbara, das sie dem Kastraten Carlo Broschi, besser bekannt unter dem Namen Farinelli (1705–1782), vermachte. Hierbei handelte es sich um ein cembalo a marteletti, vermutlich nach dem Vorbild der Cristofori-Instrumente. Es gab dort ebenfalls ein cembalo di registro, das in ihrem Auftrag von dem Instrumentenbauer Diego Fernández (1703–1775) gebaut wurde und offenbar unzählige Möglichkeiten für Veränderungen bot (vgl. Sacchi, Vita del cavaliere Don Carlo Broschi detto il Farinello, S. 47f.: un cembalo di più voci diverse). Das dritte, auf den beiden anderen beruhende Instrument schließlich stammte von Paolo Morelatti (1740–1807). Es kombinierte vermutlich die Hammerflügel- und Kielflügelmechanik und gebot über zahlreiche Veränderungen.
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burger Instrumentenbauer Franz Jacob Spath erfunden worden sein. Ein solches Instrument wird in einer Anzeige der Leipziger Zeitungen vom 10. September 176527 beschrieben: Gedachter Hr. Spath, welcher bekanntermassen seinen Clavecins, puncto des silberhaften majestätischen Klanges und der Accuratesse, ohnstreitig sehr vieles zum Voraus besitzet, hat noch zu grössrem Vergnügen gedachtes Forte-piano-Clavecin mit dem bekielten Flügel vermittelst zweyer Manuallen zu vergnügter Abwechslung in schönster Einrichtung verbunden.
Das zweimanualige Instrument Spaths erinnert an das von Ferini. Die Anzeige gibt allerdings nicht preis, ob das bekielte Instrument einen eigenen Saitenbezug mit eigener Mensur hatte, oder ob sich das Cembalo und das Pianoforte wie bei Ferinis Instrument von 1746 denselben Saitenbezug teilten. Die Erfindung eines Pianoforte mit Cembalozug, der über einen eigenen Saitenbezug verfügt, geht zumindest den damaligen Zeitungen nach auf den Augsburger Instrumentenbauer Johann Andreas Stein zurück. Für eine zufriedenstellende Kombination aus Pianoforte und Cembalo müssen die durch Hämmer angeschlagenen Saiten des Pianoforte dicker und folglich kürzer sein als die des Cembalos. Wenn die Saiten des Cembalos hingegen zu dick sind, verursachen sie einen unangenehmen Klang und werden leichter beschädigt. In dem am 31. Juli 1769 in Leipzig publizierten Anhang zu den wöchentlichen Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend beschreibt der Komponist und Schriftsteller Johann Adam Hiller (1728–1804) das Prinzip der unterschiedlichen Mensur für das Pianoforte und das Cembalo am Beispiel eines neuen, von Johann Andreas Stein erfundenen Instruments: das sogenannte, heute nicht mehr überlieferte Poli-Toni-Clavichord.28 Im Folgenden sei der betreffende im Augsburger Intelligenzblatt vom 5. Oktober 1769 erschienene und von Michael Latcham29 als Quelle angegebene Abschnitt in voller Länge zitiert: Fortsetzung der Nachricht von Verbesserung des Pianoforte. Der etwas stumpfe Ton des Fortepiano brachte besagten Herrn Stein auf die Gedanken, ihm einen scharfen Zug zuzugesellen, und gewissermassen den Flügel mit dem Fortepiano zu verbinden. Diese Verbindung aber bestehet weiter in nichts, als dass beyde auf einem Claviere gekoppelt werden können ; denn jedes hat seinen 27 28 29
Vgl. Latcham, „The instrument of many colours made by Tadeo Tornel in Murcia, 1777“, S. 313. Vgl. Hiller, Anhang zu den wöchentlichen Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend, 31. Juli 1769, S. 40. Vgl. Latcham, „The musical instruments en forme de clavecin by, and attributed to, the workshop of Johann Ludwig Hellen“, S. 83f.
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besondern Körper und Saiten. Es ist dieses Werk demnach nicht von der Gattung derjenigen, wo die Hämmer und Docken einerley Saiten mit einander gemein haben, und eine abscheuliche Musik hervor bringen, weil der Anschlag der Hämmer eine ganz andere Mensur, und andere Saiten verlangt, als die Docken.
Johann Adam Hiller zufolge arbeitete Johann Andreas Stein 1769 seit zehn Jahren an der Vervollkommnung des Pianoforte, sodass der Beginn seiner Bemühungen um 1759 anzusiedeln wäre:30 Ein geschickter Orgel- und Instrumentmacher, der zugleich Organist an der evangelischen Barfüsserkirche zu Augsburg ist, Herr Johann Andreas Stein, hat an der Verbesserung der Mängel, die sich bey dem Pianoforte finden, seit zehn Jahren gearbeitet, und ein Instrument zu Stande gebracht, das von Kennern sehr gelobt und bewundert wird.
Der in Briosco befindliche Hellen-Hammerflügel von 1763 war ursprünglich mit einem Cembalozug versehen, dessen Saiten länger waren als die des Pianoforte. Tatsächlich waren auf dem Stimmstock zwei Stimmstockstege vorhanden, einer für die Cembalo-, der andere für die PianoforteSaiten; dafür befand sich auf dem Resonanzboden ein einziger Steg für alle Saiten. Für die Veränderungen gab es vermutlich einen Harfenzug, vielleicht auch einen Moderatorzug. Schließlich war das Instrument ursprünglich wohl nicht mit Einzeltondämpfern versehen, genau wie der Pariser Hammerflügel von 1763. Insofern waren die Hammerflügel der Gebrüder Hellen im Jahr 1763 Timpanons mit oder ohne scharfen Zug. Der undatierte Hellen zugeschriebene Hammerflügel mit Cembalozug aus Etobon vermittelt uns einen besseren Eindruck der verschiedenen Veränderungen dieses Instrumententypus. Das im Cembalozug mit längeren Saiten als beim Pianoforte versehene Instrument scheint so konzipiert worden zu sein, dass beide Mechanismen gleichzeitig auf ein und demselben Manual wirken können. Die Pianoforte-Mechanik verfügt über eigene Einzeltondämpfer, die unabhängig von den Cembalospringern agieren. Wenn man das Manual nach vorne zieht, werden die Hämmer deaktiviert. Das Pianoforte ist mit einem Harfenzug ausgestattet, der von einem Registerhebel rechts auf dem Vorsatzbrett über dem Manual betrieben wird. Der linke Registerhebel wiederum dient der Betätigung des Modera30
Vgl. Hiller Anhang zu den wöchentlichen Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend, 24. Juli 1769, S. 32. Von 1759 bis 1760 scheint Johann Ludwig Hellen sich nicht in Bern aufgehalten zu haben, denn er figuriert nicht auf den Abrechnungen der Burgerkammer für die Jahressteuer, die er während seiner gesamten Tätigkeit als Instrumentenbauer in Bern als sogenannter Hintersass (d.h. als Ausbürger) zu entrichten hatte (Vgl. Burgerkammer Rechnungen Hintersässen, 1754– 1781). Seine mit dem Beginn der Stein’schen Bemühungen zusammenfallende Abwesenheit scheint auch für die Berner Werkstatt entscheidend gewesen zu sein.
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torzugs. Die Einzeltondämpfer des Pianoforte können manuell oder mithilfe der Kniehebel angehoben werden. Auf diese Weise lässt sich, wenn man den Hebel für den Diskant oder die Obertöne manuell schaltet, die Hälfte der Einzeltondämpfer oben halten, während gleichzeitig mithilfe des Kniehebels die andere Hälfte der Einzeltondämpfer nach Belieben eingesetzt werden kann. Der Cembalozug kann mit einem links auf dem Stimmstock befindlichen Registerzug ausgeschaltet werden. Nur die mit dem Kniehebel betätigten Register können den Klang beim Spielen verändern, ohne dass die Hände von der Klaviatur genommen werden müssten. Der undatierte und der Hellen-Werkstatt zugeschriebene Hammerflügel aus Nürnberg gehörte ursprünglich zum gleichen Typus wie das Beispiel aus Etobon, war also ebenfalls ein Hammerflügel mit Cembalozug. Seine Saiten waren im Cembalozug länger als die des Pianoforte; außerdem besaß er Einzeltondämpfer. Das Instrument verfügte über zwei Kniehebel, von denen mindestens einer dazu diente, alle Einzeltondämpfer anzuheben, während der andere möglicherweise einem heute nicht mehr erhaltenen Moderator galt. Es ist durchaus denkbar, dass dieser Hammerflügel auch mit einem Harfenzug versehen war. Der undatierte und den Gebrüdern Hellen zugeschriebene kombinierte Hammer- und Kielflügel aus Berlin unterscheidet sich von den anderen Hammerflügeln mit Cembalozug dadurch, dass er nur einen Stimmstocksteg für beide 8’ Saitenchöre hat: Einer von ihnen wird von den Cembalospringern gezupft, und beide werden von den Hämmern des Pianoforte anschlagen. Folglich haben die Saiten des Pianoforte und die des Cembalozugs die gleiche Länge. Cembalo- und Pianoforte-Mechanismus können auf demselben Manual gespielt werden. Zu den Veränderungen zählt ein Harfenzug, der dementsprechend sowohl die Saiten des Pianoforte als auch die des Cembalos abdämpft. Harfenzug und Moderator werden beide mit Registerhebeln bedient. Das Pianoforte ist mit zwischen Bass und Diskant aufgeteilten Einzeltondämpfern versehen. Die Dämpfer lassen sich auf der Bass- oder Diskantseite manuell durch die beiderseits angebrachten Registerhebel anheben. Ein weiterer, rechts auf dem Vorsatzbrett über dem Manual befindlicher Registerhebel erlaubt die Deaktivierung des Cembalozugs. Wie bei den anderen Hammerflügeln lässt sich auch hier das Manual, indem man es ein paar Millimeter weit herauszieht, an einer Kommunikation mit dem Pianoforte-Mechanismus hindern, sodass die Hämmer im Ruhezustand bleiben. Bei einem Instrument wie dem Berliner Hammerflügel war der Cembalozug vermutlich mit einer den Federn an Geschmeidigkeit überlegenen peau de buffle bekielt und ermöglichte eine bessere Abtönung der decrescendi zwischen dem piano und der Stille der Hämmer. So zumindest konzipierte der in London tätige Instrumentenbauer Joseph Merlin 1780 seinen kombinierten Hammer- und Kielflügel.
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Die Saitenharmonika und das Vis-à-Vis von Johann Andreas Stein (beide 1783) weisen die gleiche Mensur für das Cembalo und das Pianoforte auf, und das Cembalo ist mit peau de buffle bekielt. Eine Anzeige im Hoch-Oberkeitlich Privilegiertes Avis-Blättlein vom 8. August 1789 erwähnt ein Instrument, das dem Berliner Exemplar gleichen könnte: „Ein extragutes Pianoforte von Hrn. Hählen, oder sonst einem anderen guten Meister, mit Variationen und mit oder ohne Hamonica, je ehender je lieber.“ So gesehen wäre der kombinierte Hammer-und Kielflügel aus Berlin ein Pianoforte mit Harmonica. Unter den Instrumenten der Hellen-Werkstatt ist kein Beispiel für den ersten Typus des kombinierten Hammer- und Kielflügels überliefert, das Ferinis Instrument aus dem Jahr 1746 und dem am 10. September 1765 in den Leipziger Zeitungen beschriebenen Stück vergleichbar wäre. Nach den erhaltenen Instrumenten zu urteilen, die das Pianoforte mit einem Cembalozug kombinieren, benutzten die Gebrüder Hellen bereits ab 1763 eine andere Mensur für den Cembalozug ihrer Pianoforte. Dies trifft auf das 1763 entstandene Instrument aus Briosco ebenso zu wie auf die beiden Hellen zugeschriebenen und undatierten Hammerflügel in Etobon und Nürnberg. Der Berliner Hammerflügel zählt zu einem dritten Typus. Wie bei der jeweils 1783 gebauten Saitenharmonika und dem Vis-à-vis von Stein ist die Mensur die gleiche, unabhängig davon, ob die Saiten mit Hämmern angeschlagen oder von vermutlich in peau de buffle bekielten Springern gezupft werden. In diesem Fall könnte man das Berliner Instrument als ein Pianoforte mit Harmonika bezeichnen, entsprechend der am 8. August 1789 im Hoch-Oberkeitlich Privilegiertes Avis-Blättlein erschienenen Anzeige. Wenn also das Berliner Exemplar die ins Jahr 1768 datierende Erfindung des am französischen Hof tätigen Instrumentenbauers Pascal Taskin (1723–1793) eines Registers in peau de buffle31 verwendet, wäre es nach diesem Datum entstanden. Der französische Instrumentenbauer war u.a. dafür bekannt, dass er zum selben Zeitpunkt das Prinzip der Kniehebel erfand, die Veränderungen ermöglichten, ohne dass die Hände von der Klaviatur genommen werden mussten. Bei den Hellen-Instrumenten kommen ab 1773 Kniehebel zum Einsatz. An den beiden Tafelklavieren von 1769 fehlen sie noch. Demnach lässt sich davon ausgehen, dass das Berliner Instrument nach 1769, aber zwingend vor 1779 (Jahr seiner Reparatur in Deutschland) gebaut wurde.32 Außerdem scheint das Register en peau de buffle – verbunden mit der 31
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Der Bericht über diese Erfindung ist in dem 1780 in Paris veröffentlichten Essai sur la musique ancienne et moderne von Jean-Benjamin de Laborde überliefert (S. 347– 351). Vgl. Droysen-Reber und Rase, „Historische Kielklaviere bis 1800“, S. 236.
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Mechanik der Kniehebel für die anderen Register der Taskin’schen Cembali – das französische Publikum im Hinblick auf die Dynamik besonders angesprochen zu haben. Bei dem der Hellen-Werkstatt zugeschriebenen undatierten Berliner Instrument erweist es sich besonders bei den decrescendi als ausgesprochen wirkungsvoll. Aus der historischen Perspektive der Entwicklung des Pianoforte macht das von der Familie Charrière de Sévery 1775 in Auftrag gegebene und heute in Bern aufbewahrte Instrument einen fortschrittlicheren Eindruck, da es nie ein Hammerflügel mit Cembalozug bzw. mit oder ohne Harmonika war. Der Berliner Hammerflügel wäre demnach also vor 1775 entstanden. Zusammenfassende Chronologie und Typologie der Hellen’schen Instrumente Auf diesem Stand lässt sich die Hypothese einer Chronologie und einer Typologie der Hellen’schen Flügel nach folgendem Muster aufstellen: 1. Cembalo (1759), Stuttgart 2. Hammerflügel ohne Einzeltondämpfer, bzw. Pandaleon-Clavecin, auch Timpanon genannt (1763), Paris 3. Hammerflügel ohne Einzeltondämpfer, aber mit Cembalozug, bzw. Pandaleon-Clavecin mit scharfem Zug, auch Timpanon mit scharfem Zug genannt (1763), Briosco 4. Cembalo (um 1763), Schweiz (Privatsammlung) 5. Hammerflügel mit Cembalozug, Einzeltondämpfer und Kniehebel, bzw. Pianoforte mit scharfem Zug (vermutlich nach 1769, aber vor 1775 gebaut), Etobon und Nürnberg 6. Kombinierter Hammer- und Kielflügel mit Cembalozug in peau de buffle, Einzeltondämpfer und Kniehebel, bzw. Pianoforte mit Harmonika (nach 1769, aber vor 1775 gebaut, auf jeden Fall nach den beiden Instrumenten aus Etobon und Nürnberg), Berlin 7. Hammerflügel mit Einzeltondämpfer und ohne Cembalozug, bzw. Pianoforte ohne Harmonika, einfach Pianoforte (1775), Bern Das letzte Hellen-Instrument in Form eines Cembalos wäre in diesem Fall ein Hammerflügel ohne Cembalozug. Die Gesamtproduktion der
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Hellen-Werkstatt veranschaulicht beispielhaft die verschiedenen Schritte von der Entwicklung des Pianoforte hin zu einem Instrument, in dem die Veränderungen künftig im Spiel des Musikers und nicht mehr in der Betätigung der Register liegen. Erhalten bleiben letztere jedoch bei den Tafelklavieren, die seit mindestens 1769 und bis 1780 aus der Werkstatt hervorgingen. Demgemäß brauchten die Gebrüder Hellen für die Anfertigung von Instrumenten, die einer für die jüngsten instrumentalen und musikalischen Errungenschaften aufgeschlossenen Kundschaft entsprachen, etwa zwölf Jahre von ca. 1763 bis 1775.33 Nicht zuletzt offenbart die Bandbreite dieser in relativ kurzer Zeit hergestellten Instrumente die Dringlichkeit, sich – in Anlehnung an die oben zitierten Mozart’schen Zeilen aus dem Jahr 1777 – beständig mit neuen Instrumenten auseinanderzusetzen. Als wahre Vorreiter konzentrierten die Hellen-Brüder ihre Bemühungen auf den Hammerflügel ohne Register, anders gesagt: auf den zukünftigen Hammerflügel. Im Gegensatz zu manchen englischen Instrumentenbauern wie Joseph Merlin oder dem aus der Schweiz stammenden Burkat Shudi (1702–1773), die ihre Cembali mit sogenannten machine stops, Venetian swells (eine Art Jalousieschweller) und weiteren Vorrichtungen für ein erhöhtes Ausdrucksvermögen des Zupfinstruments versahen, befanden sie es nicht für nötig, ihre Cembali zu vervollkommnen.34 Auch für den von Franz Jacob Spath entwickelten Tangentenflügel scheinen sie kein Interesse gezeigt zu haben. Die Tatsache, dass die Register auf dem Pianoforte in Form eines Cembalos wegfielen, bedeutete jedoch keine Vereinfachung des Instruments. Im Gegenteil erlangte das Pianoforte mit den Hellen-Brüdern sowohl in technischer wie in akustischer Hinsicht einen hohen Grad der Vollendung: Sämtliche Möglichkeiten der Klangdifferenzierung erfolgen künftig nur noch aus dem Spiel, während mit Ausnahme des von Kniehebeln geschalteten Forte- (Dämpfungsaufhebung) und Moderatorzugs auf Register verzichtet wird. In diesem Sinne steht die Hellen-Werkstatt für eine Diversifizierung und Weiterentwicklung des Bestehenden. Um die Typologie der Hellen-Instrumente abzurunden, sollte abschließend noch ein letzter Instrumententypus, ein organisiertes Cembalo, erwähnt werden, der uns lediglich aus einer am 25. April 1778 33
34
Die Berner Patrizierfamilie Stettler ist in dieser Hinsicht besonders beispielhaft. Vgl. Montan-Missirlian, „La découverte d’un clavecin suisse du 18ème siècle, attribuable aux frères Hellen (Berne, c. 1763)“, S. 201–226. Die Vorrichtung des in manchen englischen Cembali seit 1765 integrierten machine stop löste einen Mechanismus aus, mit dem sich per Pedal nacheinander alle Cembalozüge aufheben ließen. Die 1769 von Shudi unter der Bezeichnung Venetian swell patentierte Vorrichtung ermöglichte ebenfalls mithilfe eines Pedals crescendound decrescendo-Effekte.
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(Nr. 33) im Supplément aux Nouvelles de divers endroits (auch Gazette de Berne) erschienenen Anzeige bekannt ist35: Hier steht zum Verkauf ein grosses organisiertes clavecin à grand ravalement, ein vollendetes und von dem berühmten Hellen gebautes Werk, das aus einem Cembalo mit Doppelmanual, drei Registern und Harfenzug besteht; den Deckel ziert ein hübsches Gemälde und die Beschläge sind aus vergoldetem Messing; der Fuss des besagten Cembalos enthält zweieinhalb Flötenregister, man kann alles getrennt oder gleichzeitig spielen wie man es für angebracht hält, was eine höchst angenehme Harmonie bewirkt, das ganze zu einem ehrlichen Preis.36
Aus dem Französischen übersetzt von Nicola Denis Literatur Quellen Anonymus, Hoch-Oberkeitlich Privilegiertes Avis-Blättlein, 8. August 1789. Anonymus, Hoch-Oberkeitlich Privilegiertes Avis-Blättlein, 2. Heumonat 1791. Anonymus, Leipziger Postzeitungen, 23. Oktober 1731. Anonymus, Leipziger Zeitungen, 10. September 1765. Anonymus, Supplément aux Nouvelles de divers endroits (Gazette de Berne), 25. April 1778 (Nr. 33). Jacob Adlung, Anleitung zur musikalischen Gelahrtheit, Dresden und Leipzig, 1783.
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Ein solches Instrument wird in L’art du Facteur d’Orgues von Dom François Bedos de Celles (S. 641–643, Tafeln CXXXIV–CXXXV) beschrieben und bebildert. Während das im Werk des Benediktinermönchs und Orgelbauers ebenfalls beschriebene und bebilderte organisierte Pianoforte stark an die Tafelklaviere der Gebrüder Hellen erinnert, trifft dies auf das organisierte Cembalo in L’art du Facteur d’Orgues nicht zu. Vgl. Montan-Missirlian, „La découverte d’un clavecin suisse du 18ème siècle, attribuable aux frères Hellen (Berne, c. 1763)“, S. 201–226. Vgl. das französische Originalzitat: „On offre à vendre ici un grand Clavesin organisé & à grand ravalement, ouvrage parfait et construit par le celebre Hellen, & consistant en un clavesin de double clavier, trois registres, & le son imitant la harpe; le couvercle avec une jolie peinture & toute la garniture de laiton doré ; le pied dudit Clavesin contient deux & demi registres de flute, on peut jouer le tout à part ou accompagné comme on le juge à propos, ce qui fait une harmonie des plus agréables, le tout à un prix honnete.“
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Jacob Adlung, Musica mechanica organoedi. Das ist: Gründlicher Unterricht von der Struktur, Gebrauch und Erhaltung, etc. der Orgeln, Clavicymbel, Clavichordien und anderer Instrumente, in so fern einem Organisten von solchen Sachen etwas zu wissen nöthig ist, Berlin 1768, S. 116–117 (R, Cassel, Bärenreiter, 1931). Nachwort von Christhard Mahrenholz. Dom François Bedos De Celles, L’art du Facteur d’Orgues, Paris, 1766– 1778 (R, Genève, Slatkine, 2004). Préface de Jean Barraud. Johann Adam Hiller, Anhang zu den wöchentlichen Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend, Leipzig, 24. Juli 1769. Johann Adam Hiller, Anhang zu den wöchentlichen Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend, Leipzig, 31. Juli 1769. Jean-Benjamin de Laborde, Essai sur la musique ancienne et moderne, Paris, 1780 (R, Minkoff, 1972). Scipione Maffei, „Nuova invenzione d’un gravicembalo col piano e forte; aggiunte alcune considerazioni sopra gli strumenti musicali“, in: Giornale de’ letterati d’Italia, Bd. V, Venedig, 1711. Giovenale Sacchi, Vita del cavaliere Don Carlo Broschi detto il Farinello, Venedig, 1784; Flavio Pagano éd., Neapel, 1994. Staatsarchiv Bern, B XIII 44–47: Burgerkammer Rechnungen Hintersässen, 1754–1781. Sekundärliteratur Jean-Claude Battault und Pierre Goy: „Les petits pianoforte de Hellen“, in: Musique. Images. Instruments. Écoles et traditions régionales, 1ère partie, Paris, CNRS Éditions, 2004. Dagmar Droysen-Reber und Horst Rase: „Historische Kielklaviere bis 1800. Beschreibung der Instrumente, Teil 1. Cembalo. Gottfried (?) Silbermann zugeschrieben. Sachsen, um 1740. Kat. Nr. 5“, in: Kielklaviere. Cembali, Spinette, Virginale, Staatliches Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz, Berlin, 1991. Dagmar Droysen-Reber und Horst Rase: „Historische Kielklaviere bis 1800, Beschreibung der Instrumente, Teil 1. Kiel-Hammerflügel. Johann Ludwig Hellen zugeschrieben. Bern, vor 1779. Kat. Nr. 2167“, in: Kielklaviere. Cembali, Spinette, Virginale, Staatliches Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz, Berlin, 1991. Fernanda Giulini: Villa Medici Giulini. Un invito all’arte e alla musica, Briosco, 2008. Pierre Goy: „Un pianoforte de Johann Ludwig Hellen, Berne 1773“, in: Bulletin annuel, Société des Amis du Château de la Sarraz, 2003.
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Michael Latcham: „Franz Jacob Spath and the Tangentenflügel: an eighteenth-century tradition“, in: The Galpin Society Journal, Bd. 57, 2004. Michael Latcham: „Johann Andreas Stein and the search for the expressive Clavier“, in: Cordes et Claviers au temps de Mozart. Bowed and Keyboard Instruments in the Age of Mozart, hg. v. Thomas Steiner, Bern, Peter Lang, 2010. Michael Latcham: „The instrument of many colours made by Tadeo Tornel in Murcia, 1777“, in: Verdolay. Revista del Museo Arqueológico de Murcia, Nr. 10, 2007. Michael Latcham: „The musical instruments en forme de clavecin by, and attributed to, the workshop of Johann Ludwig Hellen“, in: Musique. Images. Instruments. Écoles et traditions régionales, 2ème partie, Paris, CNRS Éditions, 2004. Patrick Montan-Missirlian: „La découverte d’un clavecin suisse du 18ème siècle, attribuable aux frères Hellen (Berne, c. 1763)“, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 71, Fasz. 2–3, Zürich, 2014. Patrick Montan (-Missirlian) und Alberto de Andrés: „La découverte d’un orgue suisse du 18ème siècle attribuable à Joseph Anton Moser (Fribourg, c. 1767)“, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 67, Fasz. 3, Zürich, 2010. Conny Restle: „Gottfried Silbermann und die Hammerflügel für den Preußischen Hof in Potsdam“, in: Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung, Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Merseburger, 2001. Otto Rindlisbacher: Das Klavier in der Schweiz. Klavichord, Spinett, Cembalo, Pianoforte. Geschichte des schweizerischen Klavierbaus 1700– 1900, Bern/München, 1972 GLOSSAR Achtfuß oder 8’: der 8’ ist die Angabe zur Normalstimmlage und kommt aus der Sprache der Orgelbauer. Die offene Pfeife für das C der großen Oktave ist acht Fuß (= ca. 240 cm) lang Auslösung: Auskopplung des Hammers von der Tastenbewegung kurz vor dem Anschlag Bezug: Synonym für Chor Cembalo: Kielklavier in Flügelform, dessen Saiten gezupft werden. Synonym für Kielflügel Cembalozug: bei Kombinationsinstrumenten der Registerhebel für den Bezug der gezupften Saiten
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Chor: Anzahl der Saiten pro Taste. Ein Cembalo mit der Besaitung 8’ 8’ 4’ ist ein dreichöriges Instrument. Gilt auch für alle Saiten einer zusammengehenden Springerreihe. Synonym für Bezug Clavichord: rechteckiges besaitetes Tasteninstrument, dessen Saiten durch Tangenten geschlagen werden. Aus dem Clavichord wurde das Tafelklavier entwickelt Dämpfer: bei der Fähnchendämpfung, ein oder zwei in den Springer oben eingeklemmte weiche Filz- oder Lederstückchen, die beim Rückfall des Springers die Saitenschwingung dämpfen Dämpfungsaufhebung: bei besaiteten Tasteninstrumenten mit Hammermechanik, die Vorrichtung, welche ermöglicht, entweder alle Dämpfer auf einmal zu heben oder nur jene im Bass- oder Diskantbereich Docke: Synonym für Springer Einfache Deutsche Mechanik: Synonym für Prellmechanik Einfache Englische Mechanik: Synonym für Stoßmechanik Einzeltondämpfung: Vorrichtung bei besaiteten Tasteninstrumenten mit Hammermechanik, bei welcher jeder einzelne Ton gedämpft wird, unabhängig von den anderen Frontschieber: durch das Vorsatzbrett geführter Schalthebel. Er dient der Registerschaltung Frontzug: durch das Vorsatzbrett geführter Zug. Er dient der Registerschaltung Gehäuse: Unterboden und Wände des Instruments Harfenzug: die mit Lederstreifen besetzte Leiste, welche die Saiten unmittelbar hinter dem Stimmstocksteg abdämpft Hinterer 8’ Register: der Bezug in 8’, der vom oberen Manual gespielt wird Jalousieschweller: über dem Saitenbezug liegende Jalousie, deren Lamellen durch ein Pedal mehr oder weniger aufgestellt werden können und damit eine dynamische Differenzierung ermöglichen. Auch „Venetian swell“ genannt. Jeu de luth: französische Bezeichnung für Lautenzug Kiel: in die Zunge eingesetztes Plektrum aus Rabenfederkiel (oder heutzutage einem Ersatzmaterial wie Delrin) Kielflügel: Deutscher Ausdruck für Cembalo Kielhammerflügel: Kombinationsinstrument mit Kiel- und Hammermechanik Kielklavier: Oberbegriff für Cembalo, Spinett und Virginal Klaviatur: die Gesamtheit der Tasten, fallweise in einem Manual oder zwei Manualen. Auch als Synonym für Manual gebraucht Klaviaturumfang: Synonym für Tastenumfang
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Kniehebel: unter dem Unterboden montierter Hebel, der mit den Knien bedient wird. Er dient der Registerschaltung Koppel: Einrichtung, die beim Spielen des Untermanuals das Mitgehen der Register des Obermanuals ermöglicht. Es gibt die Manualkoppel, auch Schiebekoppel oder Französische Schiebekoppel genannt, und die Springerkoppel Korpus: Synonym für Gehäuse Lautenzug: eine mit Filz – oder Lederstückchen besetzte Leiste, die die Saiten eines Registers unmittelbar hinter dem Stimmstocksteg abdämpft Machine stop: eine Pedal- oder Kniehebelschaltung, die mehrere Register gleichzeitig schaltet Manual: die auf einer Ebene liegenden Tasten der Klaviatur Manualkoppel: Einrichtung, die beim Spielen des Untermanuals das Mitgehen der Register des Obermanuals ermöglicht, wobei sich die Tasten des Obermanuals mitbewegen. Synonym für Schiebekoppel Mensur: die schwingende Saitenlänge, gemessen in mm Moderator: zwischen Hämmer und Saiten die bewegliche Leiste, auf der ein dünner gezahnter Seiden- oder Tuchstreifen aufgeleimt ist, um die Saiten abzudämpfen Obermanual: bei zweimanualigen Cembali die obere Klaviatur Organisiertes Cembalo: Kombinationsinstrument mit Kielmechanik und Orgelregister Organologie: historische Musikinstrumentenkunde Peau de buffle: um 1769 eingeführtes Register, bei dem die Plektren aus weichem Büffelleder bestehen. Ausschließlich französische Cembali haben ein solches Register Plektrum: das zurechtgeschnittene Stück Federkiel, Leder oder (heutzutage) Kunststoff, das in der Zunge des Springers steckt und die Saite anzupft Prellmechanik: Oberbegriff für frühe Deutsche Mechanik bei Tafelklavieren und Hammerflügeln Querspinett: Spinett mit einer schräg zur Rückwand verlaufenden Klaviatur Register: eine zusammenhängende Springerreihe sowie die sich auf einen gesamten Saitenchor beziehende Klangveränderung Registerhebel: Vorrichtung, welche die Registerschaltung ermöglicht Registerschaltung: Vorrichtung zum Schalten einer Springerreihe oder eine Klangveränderung Resonanzboden: die dünne schwingende Holzplatte, über der die Saiten verlaufen
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Resonanzbodensteg: die auf dem Resonanzboden aufgeleimte, annährend parallel zur Anhangleiste verlaufende Leiste, über die die Saiten geführt werden Schiebekoppel: Kopplung der Manuale durch Einschieben eines der Manuale Springer: das auf dem hinteren Ende des Tastenhebels stehende, durch den Rechen geführte schmale Holzstäbchen, an dessen oberem Teil die Zunge mit dem Plektrum (Kiel) befestigt ist. Synonym für Docke Springerkoppel: Sonderform der Koppel, bei der getreppte Springer das Koppeln der Register ermöglichen. Das Koppeln erfolgt hierbei durch Einschieben des Untermanuals unter die getreppten Springer. Beim Spielen auf dem Untermanual gehen jedoch die Tasten des Obermanuals nicht mit. Synonym für Sächsische Springerkoppel Steg: Oberbegriff für Resonanzbodensteg und Stimmstocksteg. Eine Leiste, über die der Saitenbezug gespannt ist und die die schwingende Saitenlänge begrenzt. Stimmstock: das Holzbrett, in das die Wirbel eingeschlagen oder eingedreht sind Stimmstocksteg: auf dem Stimmstock befestigter Steg Stoßmechanik: Oberbegriff für frühe Englische Mechanik bei Tafelklavieren und Hammerflügeln Tastenhebel: gesamte Tastenlänge Tastenumfang: Angabe des tiefsten und höchsten Ton auf der Klaviatur, bezogen auf das 8’-Register Tympanonzug: Vorrichtung, bei der alle Einzeltondämpfer aufgehoben werden, so dass die Saiten nachklingen Untermanual: bei zweimanualigen Cembali die untere Klaviatur Venetian swell: s. Jalousieschweller Vierfuß oder 4’: Saitenbezug, der eine Oktave höher klingt als der 8’ Vorderer 8’ Register: der Bezug in 8’, der vom unteren Manual gespielt wird Vorsatzbrett: hinter der Klaviatur stehendes, die Vorderseite des Instruments nach oben abschließendes Brett Wirbel: drehbarer Stift, um den die Saite gewickelt ist, so dass durch Drehen des Wirbels im Stimmstock die Saite gestimmt wird
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Report "DIE DRINGLICHKEIT DER DIVERSITÄT IM TASTENINSTRUMENTENBAU DES 18. JAHRHUNDERTS: DAS BEISPIEL DER HELLEN-WERKSTATT IN BERN "