Der spanische Dreidecker San Felipe von 1690

July 23, 2017 | Author: Thomas Feige | Category: Maritime, Shipbuilding, Spanien, Schiffbaugeschichte
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Spanischer Schiffbau im 17. Jahrhundert

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Abb. 8 und 9: Heckspiegel eines Schiffes 6. Ranges und links eines 4. Ranges nach Garrote. Seine Zählung der Ränge ging vom 1. (kleinsten) zum 6. (größten) Rang.

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Ergebnis wurde 1618 ein Regelwerk beschlossen, in dem es vor allem darum geht, neben den richtigen Proportionen auch die Ladefähigkeit der Schiffe zu bestimmen. Auf Grundlage dieses Regelwerks wird 1625 zwischen der Krone und Martin de Arana ein Vertrag geschlossen, der den Bau von sechs Kriegsschiffen vorsieht. Allerdings wurden die Regeln etwas modifiziert und 1626 als verbindlich festgeschrieben. Nach den darin enthaltenen Maßen wurden 1627 in Zarroza sechs königliche Kriegsschiffe gebaut. Die fünf Schiffe, die Arana 1638 für die Krone baute, sind deutlich größer. Insgesamt entsprachen die spanischen Schiffe meist den üblichen Größen in anderen Ländern. Man hatte aus dem Fiasko 1588 gelernt, große Schiffe waren nun eine Seltenheit. Dafür bewaffnete man sie jetzt auch stärker. Auch aus Dünkirchen, das 1658 von England besetzt und 1662 an Frankreich verkauft wurde, kamen Einflüsse. Als 1639 Fregatten aus Dünkirchen in La Coruña lagen, konnte man die beiden flämischen Schiffbauer und Handwerker Juan und Cornelius Per anwerben. Der Bau solcher schneller und gut bewaffneter Schiffe war jedoch nicht unumstritten, und nach der Mitte des 17. Jahrhunderts ging man wieder zum Bau größerer Kriegsschiffe über. Dies war jedoch ein Trend, der nicht auf Spanien beschränkt war, sondern der sich auch in anderen Ländern zu dieser Zeit vollzog, beispielsweise in den Niederlanden. Auch aus dem Ausland versuchte Spanien geeignete Schiffe aufzukaufen, nicht nur für die Kriegsflotte, son-

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dern auch zu Studienzwecken. So werden in den Niederlanden 1664 vier Schiffe bestellt, von denen aber nur drei abgeliefert werden [9]. Die Anzahl der zu bauenden Schiffe richtete sich nach den finanziellen Möglichkeiten und den politischen Gegebenheiten. Kam ein Staatsbankrott dazwischen, wurde die geplante Zahl zu bauender Schiffe stetig nach unten korrigiert; im Bau befindliche Segler verrotteten oft auf den Helgen. So wurden 1644 die Stückzahlen von geplanten 24-30 Schiffen auf 7 gesenkt; waren 1639 noch etwa 100 Schiffe im Dienst, verfügte man 1644 über kein einziges mehr. Das oft fehlende Geld behinderte den Schiffbau Spaniens sehr stark, was sich besonders bei den Vertragsunternehmern zeigte. Sie waren sehr wichtig für den spanischen Schiffbau, da sie die laufenden Kosten vorfinanzierten. Zahlte die Krone nicht pünktlich oder auch gar nicht, war dies oft auch ihr finanzieller Ruin. So dauerte beispielsweise der Bau des Flaggschiffs der Atlantikflotte von 1623 bis 1630. Der Bau der NUESTRA SENORA DE LA CONCEPCION, SANTIAGO Y SAN LUIS dauerte sogar 14 Jahre! Das Projekt wurde 1648 begonnen, es sollte das neue Flaggschiff der Atlantikflotte werde, aber 1649 durch einen Staatsbankrott unterbrochen. Der 1652 erfolgte zweite Staatsbankrott unterbrach den Weiterbau dann bis 1660; erst danach wurden wieder Gelder bewilligt. Die Hauptbauplätze für große Schiffe lagen im Norden Spaniens, in den Provinzen Guipuzcoa, Vizcaya und

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Spanischer Schiffbau im 17. Jahrhundert

Werft La Coruña. Die Bewaffnung bestand aus 110 Kanonen, davon u. a. 50 Zweiunddreißigpfünder. Bei einer Länge von etwa 63 m und einer Breite von 16,4 m hatte die ‚San Felipe‘ eine Verdrängung von 1890 t.“

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er wohlweißlich verzichtet. Ihm wäre sonst aufgefallen, dass an der Bagienrah kein Segel angebracht wurde und das man daher auch keine Fußpferde dort braucht. Ob die azurblaue Bemalung des Schanzkleides authentisch ist, darf bezweifelt werden. Auch wenn das Madrider Modell ebenfalls einen (dunkel)blauen Anstrich hat, gibt es keinen bildlichen Beleg dafür. Wie bei der LE MIRAGE von Corel, wo man sehr früh eingestand, dass es sich hierbei um ein Phantasieprodukt [16] handelte, scheint man sich bei Panart/Mantua über die Zuverlässigkeit der Rekonstruktion der SAN FELIPE auch nicht mehr ganz so sicher zu sein. Aber auch hier geht es darum, einen Baukasten zu verkaufen. Und da ist eigentlich nichts Verwerfliches dran, denn hier handelt es sich um ein durchaus anspruchsvolles Modell, das das ganze handwerkliche Geschick eines Modellbauers erfordert. Und schließlich muss der Hersteller darauf vertrauen, dass der Bausatz-Entwickler seine Hausaufgaben macht. Vincenzo Lusci machte seine nur halbherzig und vertraute auf die Arbeit eines spanischen Historikers aus dem 19. Jahrhundert. Und mittlerweile hat sich bei Modellbauern herumgesprochen, dass es dieses Schiff nicht gegeben hat. Die Quellenlage bestätigt das.

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Abb. 12: Die Fußpferde an der Bagienrah sind nicht wirklich notwendig, wie so einiges andere auch nicht. (Foto: Thomas Feige)

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Anmerkungen [1]

[2]

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Spanien hatte im 17. Jahrhundert einen enormen Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen. Allein durch die Pest verlor das Land im 17. Jahrhundert über eine Million Einwohner. 1590 zählte Spanien noch 8485000 Einwohner, am Ende des 17. Jahrhunderts sank die Einwohnerzahl unter sieben Millionen. Lnych, John: Spain under the Habsburgs. Bd. II, S. 126ff. In neuerer Literatur werden diese Angaben immer wieder kolportiert und mit anderen ergänzt. In art maritim 1999 – Schifffahrt und Kunst aus Spanien, S. 103, werden sogar noch konkretere Daten genannt, um die historische Glaubwürdigkeit des abgebildeten Modells zu untermauern; belegt werden sie jedoch nicht. „Spanisches Linienschiff 1. Ranges, gebaut um 1693 auf der

[3]

Als Beispiel seien hier die unterschiedlichen Rekonstruktionen der SANTA MARIA oder der GOLDEN HIND genannt.

[4]

Das DTMB gibt eine Deckslänge von 71,2 m und eine Breite von 16,8 m an.

[5]

Die Rekonstruktion von Lusci und der Baukasten von Panart/Mantua unterscheiden sich teilweise erheblich voneinander, obwohl er weitestgehend auf Luscis Plan basiert.

[6]

Bereits 1920 veröffentlichte Artíñano y de Galdácano: La arquitectura naval epañola. Darin stellte er umfassend den spanischen Schiffbau in den einzelnen Regierungsepochen dar.

[7]

Insgesamt verfügten die Niederländer über 41 Kriegsschiffe, 36 Schiffe der VOC und WIC, 18 gemietete Schiffe und 11 Brander. Jonge, J. C. de: Geschiedenis van het Nederlandsche Zeewezen. Bd. 1, S. 753.

[8]

1676 bestand die gesamte spanische Flotte aus folgenden einsatzfähigen Einheiten: 4 zu 70 Kanonen, 7 zu 60 bis 64 Kanonen, 4 zu 50 Kanonen, 4 zu 20 bis 42 Kanonen, 2 zu 8 und 12 Kanonen, auf verschiedene Küstenabschnitte verteilt. Die Galeeren sind hier nicht eingerechnet. Fernnández Duro, Cesáre: Armada Española desde la unión de los reinos de Castilla y de Aragón. Bd. 5, S. 212.

[9]

NOSTRA SIGÑORA DEL ROSARIO = 1664 in Amsterdam für Spanien gebaut, nicht abgeliefert. 1665 von der Kammer Delft der VOC unter dem Namen DELFTLAND für ihr Kontingent zur Flotte ausgerüstet. 70 Kanonen, 350 Seeleute, 35 Mariners und 64 Soldaten. 1666 wieder an die VOC zurückgegeben. SANTISSIMO SACRAMENT = 1664 gebaut in Zeeland. In der spanischen Flotte: 34 Kanonen, 156 Mann, 300 Toneladas. HafenWachschiff. Bei Palermo verbrannt. NOSTRA SIGÑORA DEL POPOLO = 1664 gebaut in Zeeland. In der spanischen Flotte: 42 Kanonen, 208 Mann, 400 Toneladas. Beide Schiffe waren für das Geschwader des Prinzen von Montesarchio im Mittelmeer vorgesehen. Bei Palermo verbrannt. MARIA ELECTA = 1664 gebaut in Friesland. Durch Kapitän Despardez und Fauet mit 90 Mann abgeholt. Am 11. April 1665

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Spanischer Schiffbau im 17. Jahrhundert wurde von den Staaten beschlossen, die Schiffe an Spanien zu übergeben.

Lavary, Brian: The Ship of the Line. 2 Bände. London 1983 Lusci, Vincenzo: Modellismo Navale Statico Antico. Firenze 1970

[10] Bereits 1719 wurden durch englische und französische Truppen in Pasajes sechs und in Santoña drei im Bau befindliche Linienschiffe sowie die Werftanlagen zerstört. Fernandez Duro, Bd. 6, S. 169f.

Lynch, John: Spain under the Habsburgs. 2 Bände. Oxford 1965 (Bd. I), 1969 (Bd. II) Marquardt, Karl Heinz: Eighteenth-century Rigs and Rigging. London 1992

[11] Goodwin, David: Spanish naval power, 1589-1665. Cambridge 1997, S. 132.

Mühlmann, Rolf: Die Reorganisation der spanischen Kriegsmarine im 18. Jahrhundert. Köln 1975

[12] Harbron nennt die REAL FELIPE von 1732 als ersten spanischen Dreidecker. Trafalgar and the Spanish Navy, S. 167.

Nadal, Gonçal López: The Majorcan Privateers and the Catalan Revolt of 1640. In: Mariner’s Mirror Vol. 69, 1983 Nr. 3, S. 291-299

[13] Recopilacion para la Nueba Faabricade Baxeles / Españoles donde se declaran las pro/porciones I nuebo galibo/corespondientes a seis ordenes de Diferentes / Portes con la Utilidad de server de guera/en las armadas del occeano/con toda perfeccion I de merchantesen la carera/de indias. So der vollständige Titel des 1691 in Sevilla verfassten Manuskriptes.

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Novi, Carlos: The Marqués de la Victoria and the Advencement of Naval Lexicography in Eighteenth Century Spain. In: Mariner’s Mirror Vol. 83, 1997 Nr. 2, S. 136-149 ohne Verfasser: Die MIRAGE – ein erfundesnes Schiffsmodell. In: DAS LOGBUCH 16. Jg. 1980 H. 1, S. 25

[14] Proportiones de las medidas másessempciales… para la Fabrica de Navios, y Fragata de Guerra. Es erschien erst 1720 in Madrid; Castañeta selbst fiel 1718 in der Schlacht bei Passaro.

Pâris, François Edmond: Souvenirs de Marine. 5 Bände. Paris 1882-1892

[15] 1695 bei Bolton & Wyatt in Bursledon gebaut. Am 10. 10 1707 bei Ushant durch ein Geschwader unter Duguay-Trouin aufgebracht, 1715 von Frankreich an Genua und 1717 an Spanien verkauft. 1718 bei Passaro durch Briten aufgebracht, 1720 an Österreich verkauft und in Neapel stationiert. Bis 1733 als SAN CARLOS in Dienst und in Trieste abgewrackt.

Pemsel, Helmut: Weltgeschichte der Seefahrt. 7 Bände. Wien 2000-2006

Phillips, Carla Rahn: Six Galleons for the King of Spain. Imperial Defense in the Early Seventeenth Century. Baltimore 1986

Phillips, Carla Rahn: Spanish Ship Measurements Reconsidered. In: Mariner’s Mirror Vol. 73, 1987 Nr. 3, S. 293-296

Länge im Batteriedeck 156‘ Kiellänge 130‘ Breite 42‘ Tiefe 18‘ Bewaffnung 72-80 Kanonen

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Phillips, Carla Rahn: The Galleon SAN JOSÉ, Treasure Ship of the Spanish Indies. In: Mariner’s Mirror Vol. 77, 1991 Nr. 4, S. 355-364 Rittmeyer, Rudolph: Seekriege und Seekriegswesen. 2 Bände. Berlin 1907 (Bd. I), 1911 (Bd. II)

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Abb. 13: Das Heck der SAN FELIPE im DTMB.

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