Der Schlüssel zu den Molukken. Makassar und die Handelsstrukturen des Malaiischen Archipels im 17. und 18. Jahrhundert - Eine exemplarische Studie (Band 2)
Der Schlüssel zu den Molukken Der Schlüssel zu den Molukken · Band II
Der zweite Band untersucht die komplexe Handelswelt des kolonialen Makassar in ihren überregionalen Zusammenhängen.
Jürgen G. Nagel
Nagel
Bis Mitte des 17. Jahrhunderts war die sulawesische Hafenstadt Makassar, der „Schlüssel zu den Molukken“, eine zentrale Drehscheibe des Gewürzhandels. 1669 wurde sie von den Niederländern erobert, doch verlor sie nie vollends ihre wirtschaftliche Dynamik. Die exemplarische Studie zu Makassar rekonstruiert die Vielschichtigkeit des asiatischen Wirtschaftslebens unter der vermeintlichen Vorherrschaft der Ostindienkompanien.
Makassar und die Handelsstrukturen des Malaiischen Archipels im 17. und 18. Jahrhundert Eine exemplarische Studie Band II
Verlag Dr. Kovac˘
Erstes Kapitel Malaiischer Archipel und frühneuzeitliche Welt - 17 I. „Gentle Janus“ - eine Einleitung
19
II. Begriffe und Konzepte
23
1. Der Malaiische Archipel und das kapitalistische Weltsystem
23
2. Ebenen des Handels
31
3. Handelsformen und Handelsnetze
37
4. Handelskompanien und Kolonialismus
42
5. Emporien und Kolonialstädte
50
III. Fragestellungen und Vorgehensweise
61
1. Generelle Probleme und Fragen
61
2. Die Regionalstudie
62
3. Ansätze und Ziele
66
Zweites Kapitel Quellen, Methoden, Forschung - 71 I. Wege der Forschung 1. Die weite Perspektive: Malaiischer Archipel und die Welt des Indik
73 73
2. Die enge Perspektive: Spezial- und Lokalstudien zum Malaiischen Archipel 76 3. Der Beitrag Asiens
78
4. Der Beitrag Deutschlands
80
II. Quellen und Quellenkritik 1. Die Akten der Ostindien-Kompanien 2. Berichte und Beschreibungen
85 85 97
3. Indonesische Schriftquellen
106
4. „Imperial Eyes“
110
Drittes Kapitel Raum und Menschen - 117 I. Der Malaiische Archipel
119
1. Der Raum
119
2. Die Kulturen
122
3. Die politische Geschichte
127
4. Die Grundlagen von Wirtschaft und Handel
130 149
II. Die Europäer 1. Das portugiesische Jahrhundert
149
2. Das Zeitalter der Handelskompanien
152 155
III. Die VOC 1. Die Struktur eines Handelsunternehmens
155
2. Die wirtschaftliche Entwicklung
158
3. Das Potential der VOC im Malaiischen Archipel
163
Viertes Kapitel Makassar und die Europäer vor 1666/69 - 167 I. Der Aufstieg Makassars zur Handelsmacht 1. Voraussetzungen und Gründung
169 169
2. Die politische Geschichte Makassars
183
3. Die Wirtschaftsgeschichte Makassars
203
4. Die Händlergesellschaft Makassars
265
II. Die VOC in Makassar
277
1. Die VOC und die Herrscher von Makassar
277
2. Die VOC und der Handel in Makassar
288
III. Die EIC in Makassar
296
1. Die EIC und die Herrscher von Makassar
296
2. Die EIC und der Handel in Makassar
302
IV. Organisationsformen des Handels
314
1. Indigene Organisationsformen
314
2. Europäische Organisationsformen
326
V. Europa und Asien in Makassar – eine Zusammenfassung
330
Fünftes Kapitel Makassar und die VOC nach 1666/69 - 335 I. Die Errichtung eines niederländischen Makassars
337
1 Der Makassarische Krieg und seine Auswirkungen
337
2. Der Vertrag von Bongaya
347
3. Die Neugründung
351
4. Die Garnison
358
5. Die Flottille
365
II. Zur Topographie Makassars
370
1. Die räumliche Gliederung
370
2. Die Bevölkerungsgruppen
385
3. Apartheid zwischen Anspruch und Wirklichkeit
398
III. Der Hafen
403
1. Die Hafenanlage
403
2. Die Organisation des Hafens
407
IV. Makassar, die VOC und das Hinterland
414
1. Die politische Perspektive
414
2. Die wirtschaftliche Perspektive
428
V. Die Stadt und die Kompanie
435
1. Makassar – Schlüssel zum Osten
435
2. Makassar im System der VOC
452
Sechstes Kapitel Makassars maritimer Handel nach 1666/69 - 469 I. Der Warenhandel des Hafens von Makassar
471
1. Weder Muskat noch Nelken - der Gewürzhandel
472
2. Von Leinen bis Seide - der Textilienhandel
475
3. Javanisch oder chinesisch - der Tabakhandel
494
4. Trepang und agar-agar - der Handel mit Meeresprodukten
498
5. Rattan, Wachs und Gummi - der Handel mit Waldprodukten
508
6. Eisen, Kupfer und Gold - der Metallhandel
513
7. Salz und Zucker, Tee und Opium - der Handel mit Genußmitteln
520
8. Nahrung für Gewürzbauern - der Reishandel
532
9. Gebrauchsgegenstände des Alltags
538
10. Sklaven - der Menschenhandel
541
11. Bargeld und ansonsten nichts - die Leerfahrten
546
II. Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
550
1. „Onder’t Casteel“ – Schiffsbesitz in Makassar
550
2. Schaluppe, konting, prahu – Schiffseinsatz im Warenhandel
557
III. Handelswege und Handelsziele
568
1. Die Handelswege der VOC
569
2. Die Handelswege der privaten Händler I: Fahrten in den Nahbereich
572
3. Die Handelswege der privaten Händler II: Java
582
4. Die Handelswege der privaten Händler III: Nusa Tenggara
588
5. Die Handelswege der privaten Händler IV: die Molukken
595
6. Der Rückgang des überregionalen Handels
598
7. China und der ‚Junkenhandel’
599
8. Makassars Rolle als Knotenpunkt
607
IV. Handel und Ethnizität
615
1. Europäer und Untertanen
615
2. Die auswärtigen Handelsnationen
621
3. Die sulawesischen Handelsnationen
625
4. Nachodas unter fremden Herren
632
V. Makassar - Emporium beschränkter Reichweite
638
Siebtes Kapitel Banjarmasin und die Europäer - 645 I. Banjarmasin bis zum 17. Jahrhundert
647
1. Die Entwicklung des Sultanats
647
2. Die wirtschaftliche Entwicklung
652
II. Die Europäer in Banjarmasin
657
1. Sporadische portugiesische Präsenz
657
2. Der gescheiterte Versuch der EIC
658
3. Die frühen Handelskontakte der VOC
665
4. Die Mission von Jan Landheer und Jan Mathijs de Broun
668
5. Banjarmasin gegen Ende des 18. Jahrhunderts
678
III. Handel in Banjarmasin
680
1. Handel und Händler
680
2. Europäisch-asiatische Interaktion
687
3. Organisationsformen des Handels
692
IV. Banjarmasin - ein erfolgreicher Konkurrent Makassars?
702
Achtes Kapitel Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze - 705 I. Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC 1. Die Bugis – eine Kultur von Seefahrern
707 707
2. Bugis-Netzwerke im westlichen Archipel
718
3. Der Handel der Bugis im Reich der VOC
722
4. Weitere Diasporagruppen im Reich der VOC
735
5. Diaspora und Handelsnetzwerke
742
II. Die Rolle des Nomadismus im Einflußbereich der VOC
744
1. Die Bajau – eine Kultur von Seenomanden
744
2. Nomadismus und Handel
758
III. Vorherrschaft der VOC und Eigenständigkeit der einheimischen Händler 767 1. Der heimliche Aufstieg Serams
767
2. Ein Monopol wird unterlaufen
773
3. ‚Krijstochten‘ und ‚Exstirpationen‘
785
4. Erfolg und Mißerfolg
798
IV. Zur Entwicklung komplexer Handelsstrukturen
800
Neuntes Kapitel Sulawesi, Kalimantan und der Malaiischen Archipel der VOC - 805 807
I. Makassar und die VOC 1. Makassar im 17. und 18. Jahrhundert – eine Zusammenfassung
807
2. Die Durchsetzungkraft der VOC
809
3. Kontinuitäten und Veränderungen im makassarischen Wirtschaftsleben
812
II. Handelsstädte, Handelssysteme und die VOC
818
1. Banjarmasin, Bugis, Bajau – eine Zusammenfassung
818
2. Zum Handelssystem der VOC im Malaiischen Archipel
821
3. Zu den asiatischen Handelsnetzen im Malaiischen Archipel
823
4. Europäisch-asiatische Interaktionen
831
III. Einige Gedanken zum Malaiischen Archipel und dem Rest der Welt
834
Anhänge - 837 I. Glossare
839
1. Begriffe
839
2. Maßeinheiten
841
II. Abkürzungen
844
III. Quellen und Literatur 1. Archivalien
845 845
2. Publizierte Quellen
846
3. Literatur
851
Sechstes Kapitel
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
„Those engaged in fishing the tripang combine with it that of the tortoise, and about 200 piculs, 26,666 2/3 lbs. of shell are annually brought to Macassar by them for exportation to China, where the price is from 300 to 350 Spanish dollars the picul, 70 ¾ per cent. less than the prices in the London market. This very tortoiseshell is again re-exported to Europe, affording a pointed example of the beneficial consequences of the free trade of the Chinese, and the flagrant injustice and impolicy of the restrictions upon the intercourse of Europeans with those countries. The valuable productions which are obtained on the very coast of the islands which the latter occupy, are here seen to be forced into a foreign market, where they must be collected before they can find their final destination.“ (John CRAWFURD, 1820)
I. Der Warenhandel des Hafens von Makassar Den zentralen Zugang zum privaten Warenhandel des 18. Jahrhunderts Makassars bieten die zeitgenössischen Hafenmeisterlisten (Syahbandars Specificatien). Weder Überlieferungslage noch Arbeitsaufwand erlauben eine vollständige Erfassung der Schiffsbewegungen des gesamten Jahrhunderts. Im folgenden stehen zehn ausgewählte Jahrgänge in möglichst gleichmäßigen Abständen, ausgehend von dem frühesten überlieferten, im Mittelpunkt der Betrachtungen. Durch eine größere Überlieferungslücke zwischen den Jahren 1733 und 1767 ergeben sich zwei Beobachtungszeiträume, welche die beiden Hälften des Jahrhunderts repräsentieren. Die Untersuchung der Listen erfolgt zunächst in Form einer Bestandsaufnahme der wesentlichen Handelssphären in Makassar, differenziert in geographischer und ethnischer Hinsicht. Ergänzt wird diese Sicht im weiteren Verlauf des Kapitels durch die Einbeziehung der Transportmittel, der geographischen Räume, mit denen Makassar in Verbindung stand, und der beteiligten ethnischen Gruppen. Am Ende wird auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme eine Einordnung des sich daraus entwickelten Bildes in die bislang diskutierten Zusammenhänge unternommen. Hinsichtlich der ethnischen Zuordnung wird grundsätzlich auf die Ethnizität der Schiffseigner zurückgegriffen. Die Hafenmeisterlisten vermerken neben den nachodas auch die Eigentümer der einzelnen Fahrzeuge, wenn auch die Vollständigkeit dieser Angaben nicht mit letzter Sicherheit zu klären ist. Nach den Regularien des Paßsystems müßte sie gegeben sein, doch läßt der Rückgang bei den Schiffseignerzahlen gegen Ende des Beobachtungszeitraumes daran Zweifel aufkommen. Dennoch scheint die Tatsache, wem das Schiff gehörte, für die ethnische Implikation auf den Handel wesentlicher gewesen zu sein als die Frage, wer das Schiff konkret steuerte. So kann von einer chinesischen Handelssphäre die Rede sein, wenn chinesische Kaufleute und Schiffseigner hinter bestimmten Fahrten standen. Nachodas hingegen konnten reine Lohnarbeiter sein, die sich lediglich an den Handelsrouten beteiligen, für die sie angeheuert wurden. In der Mehrheit der Fälle ist in den Specificatien kein eigenständiger Schiffsbesitzer angegeben. Trifft dieses zu, wird der nachoda auch als Eigentümer angesehen – entsprechend der Tatsache, daß sich bis heute nachodas mehrheitlich an Bord ihrer eigenen Schiffe auf Reisen begeben.
472
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
1. Weder Muskat noch Nelken - der Gewürzhandel
Makassar und das VOC-Monopol auf den Gewürzinseln Während der gesamten Zeit der VOC-Herrschaft erreichten auf privatem Wege weder Muskatnüsse oder Mace noch Gewürznelken den Hafen von Makassar. Das angestrebte Ziel der VOC, ein Monopol über den Handel mit diesen Waren wie auch mit Pfeffer, Zimt und anderen Luxusgewürzen zu erringen, schien erreicht worden zu sein. Ein entsprechendes Vorgehen an den Hauptproduktionsorten der molukkischen Gewürze machte einen Teil dieses Erfolges aus. Auf Ambon war die Herstellung von Gewürznelken, auf Banda die Produktion von Muskatnüssen und -blüten unter der Kontrolle der Kompanie organisiert worden. Die Produkte dieser Inseln standen damit einem freien Markt nicht mehr zur Verfügung. Auf den nördlichen Molukken war zwar keine entsprechende koloniale Plantagenherrschaft entstanden, doch hatte sich die VOC durch rigides, nicht selten gewaltsames Vorgehen gegenüber Konkurrenten nach und nach ein Käufermonopol erkämpft. Auch wenn zahlreiche Indizien Zweifel aufkommen lassen, ob dieses Monopol uneingeschränkt erreicht wurde, kann doch hinsichtlich vollständig kontrollierter Häfen wie Makassar tatsächlich von einem Gewürzmonopol der VOC gesprochen werden. Dabei handelte es sich um ein faktisches Marktmonopol, das von einem formal-rechtlichen Monopol zu unterscheiden ist. Letzteres beruht auf einem formalen Rechtsakt und umfaßt den staatlich garantierten Ausschluß aller Konkurrenten des Privilegierten von einem bestimmten Markt. Zwar verstand die VOC ihre vom niederländischen Staat verliehenen Privilegien in dieser Weise, doch waren sie so in Asien nicht durchsetzbar und hatten auf Grund der Souveränitätsverhältnisse vor Ort keinerlei Bedeutung. Bei einem faktischen Marktmonopol handelt es sich hingegen um eine aus dem Konkurrenzkampf hervorgegangene Marktbeherrschung bei vorhandener, aber nur marginaler Konkurrenz.1 Dieses hatte die Kompanie zumindest in den von ihr beherrschten Gewürzinseln und Hafenstädten erreicht. Makassar hatte unter der VOC seine Rolle als Entrepôt des molukkischen Gewürzhandels endgültig verloren, da kein Privatier mehr offiziell Nelken und Muskatprodukte ein- oder ausführen konnte, wie die Hafenmeisterlisten belegen. Interessanterweise zählt William Milburn in seinem Werk ‚Oriental Commerce‘, in dem er die kommerziellen Verhältnisse zu Beginn des 19. Jahrhunderts beschreibt, 1
NAGEL, Makassar, 115/116.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
473
ausdrücklich Gewürznelken und Muskatnüsse zu den Exportgütern Makassars.2 Der Untergang der VOC hatte offenbar auch in den traditionellen Emporien sehr schnell dem Monopol ein Ende bereitet. Auch wenn staatlicherseits auf den Molukken selbst in den ersten Jahrzehnten das Monopol aufrecht erhalten wurde,3 konnten die vormonopolistischen Umschlagplätze zumindest einen Teil ihrer Bedeutung wiedererlangen. Tabelle 6.1: Gewürzverkauf der VOC in Makassar Nelken
Völlig gewürzfrei war Makassar auch während der VOC-Herrschaft nicht gewesen. Die Kompanie selbst handelte in der Stadt mit Nelken und Muskatprodukten aus den Molukken wie auch mit Pfeffer oder Zimt. Zumindest der Eigenbedarf der Stadt konnte auf diesem Weg gedeckt werden. Angesichts der kleinen Mengen ist ein Weiterverkauf dieser Kompanie-Gewürze allerdings kaum wahrscheinlich. Auch die Erlöse waren zu gering, um den makassarischen Gewürzhandel für die VOC zu einem lukrativen Geschäftsbereich reifen zu lassen, wenn auch die Absatzzahlen phasenweise ansteigende Tendenzen aufwiesen. Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts wurde auf Ambon eine steigende Produktion von Gewürznelken bei gleichzeitig sinkender Nachfrage verzeichnet. Teilweise wurden sogar durch die Exstirpationen unzulässiger Nelkenbäume die Anbaubedingungen für die restlichen Bäume unbeabsichtigt verbesserte.4 Die dadurch entstandene Überproduktion könnte möglicherweise im Zusammenhang mit dem leichten Anstieg des Nelkenabsatzes in Makassar gestanden haben, der allerdings im 2 3 4
MILBURN, Oriental Commerce II, 410. WRIGHT, Monopoly, passim. Ebd.,, 1/2.
474
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Verhältnis zur Gesamternte minimal blieb. Im Banda-Archipel hingegen herrschte zu dieser Zeit eine Unterproduktion an Muskatnüssen und damit auch an Macis vor, die noch durch Naturkatastrophen verstärkt wurde, die mehrfach – so ein Hurricane im Jahr 1778 – große Teile der Ernte vernichteten.5 Der Rückgang insbesondere in den 1780er Jahren spiegelt sich auch in den geringeren in Makassar verkauften Mengen wider. Die Wiederbelebung der Muskatproduktion auf Banda erforderte schließlich größere Anstrengungen, als ursprünglich von der Kompanie angenommen, und beanspruchte den Rest des Jahrhunderts.6
Die VOC-Dominanz im Pfefferhandel „Pfeffer aber blieb ein Produkt, das wegen der relativ mühelosen Umorientierung der Erzeuger auf neue Landstriche und nicht von Europäern kontrollierte Zonen weiterhin und auf Dauer zahllose Anbieter und viele untereinander konkurrierende Abnehmer kannte, [...]. So blieb Pfeffer ein Produkt, das sich grundsätzlich nicht von einer europäischen Macht bei der Erzeugung und auch nicht eigentlich im Ankauf monopolisieren ließ, das also i.d.R. zu Marktpreisen eingekauft oder eingetauscht werden mußte.“7
Pfeffer erschien gelegentlich, doch nur marginal, in den Hafenmeisterlisten Makassars. 1717/18 wurden 80 pikul nach Makassar eingeführt, 1722/23 waren es noch 15,5 pikul. Danach tauchte Pfeffer erst am Ende des Untersuchungszeitraumes wieder auf, als 1787/88 13,5 pikul privat importiert wurden. 1717/18 stammte der Pfeffer zu 96,3% aus Kalimantan; allein 95% wurden über den Hafen von Banjarmasin ausgeführt. Der Transport dieses Pfeffers lag zu 36,3% in den Händen der Malaiien, zu 27,5% in jenen der Chinesen, zu 16,3% in den Händen der Inder (‚mooren‘), und zu 12,5% führten Bugis den Pfeffertransport durch. 1722/23 verteilte sich die weitaus geringere Pfeffermenge auf Bangka vor der Küste Sumatras (61,3%), Banjarmasin (25,9%) und Siantang (12,9%), wobei diese wenigen Fahrten vorrangig von Bugis-Kaufleuten durchgeführt wurden (87,1%). 1787/88 stammte der gesamte Pfeffer aus Batavia, und sein Transport wurde vollständig von Malaiien organisiert. Trotz einer großen, allerdings einmaligen Fahrt, die 1722/23 aus ungeklärter Ursache 48 pikul nach Banjarmasin re-exportierte, spielte der Export von Pfeffer keine Rolle. Auch die Importzahlen sind eher marginal. Erst gegen Ende des Jahrhunderts scheint der Pfefferimport überhaupt wieder an Bedeutung gewonnen zu haben, 5 6 7
Ebd., 4/5. Ebd., 16/17. SCHMITT, Pfefferhandel, 23; siehe auch DERS., Pfeffer, 220 und passim.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
475
nachdem er in den 1720er Jahren wohl versiegte. Diese Auferstehung fand jedoch unter gänzlich veränderten Bedingungen statt. Kalimantan hatte schon im ersten Beobachtungszeitraum seine Rolle als unmittelbarer Handelspartner von Makassar verloren und diese auch am Ende des zweiten Beobachtungszeitraumes nicht wiedergewonnen – eine Entwicklung, die sich für den Warenhandel insgesamt herausstellen wird. Eine größere Ausrichtung der Pfefferexporte aus Banjarmasin auf Batavia scheint sich zumindest anzudeuten.
Die geringe Bedeutung anderer Gewürze Die einzige Spezerei, die darüber hinaus überhaupt noch eine wenn auch untergeordnete Bedeutung hatte, war der Zimt. Hierbei deutet sich eine Umschlagplatzfunktion aus Flores in Richtung Java an. 1722/23 wurden 49 pikul Zimt exportiert, davon 61,2% nach Batavia und 38,8% nach Semarang. Der einzige Transport nach Batavia wurde von einem Makassaren organisiert, die Fahrten nach Semarang lagen in den Händen von Malaiien, Bugis und Chinesen. 1730/31 wurden jeweils durch malaiische Seefahrer 20 pikul Zimt nach Semarang aus- und 39 pikul aus Flores eingeführt. 1733/34 wurden 40 pikul nach Semarang exportiert und 20 pikul aus Flores importiert, wobei die Ausfuhr in makassarischer Hand lag, während die sich Bugis und Chinesen die Einfuhr teilten. Im zweiten Beobachtungszeitraum spielte indonesischer Zimt für private Händler keine Rolle mehr. Dafür belegt die Überlieferung, daß seitens der Kompanie bescheidene, jedoch tendentiell zunehmende Mengen Zimt aus Sri Lanka, der ebenfalls weitgehend von der VOC monopolisiert worden war, abgesetzt wurden. Es ist denkbar, daß dieses höherwertige Produkt die einheimischen, von Privatiers gehandelten Sorten endgültig vom Markt verdrängt hatte.
2. Von Leinen bis Seide - der Textilienhandel
Allgemeine Bedeutung des Textilhandels Auch wenn der Malaiische Archipel in Europa auf Grund seines Gewürzreichtums Berühmtheit erlangt hatte, bestimmten doch ganz andere Warengruppen den alltäglichen Handel. Noch vor Nahrungsmitteln und alltäglichen Gebrauchsgegenständen
476
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
spielten Textilien aller Art die bestimmende Rolle.8 Diese Vorrangstellung im regionalen Handel spiegelt sich auch in den Hafenmeisterlisten Makassars. Unter allen Importen in das Malaiische Archipel standen Fertigprodukte aus Baumwolle und Seide, die in Gujarat, Bengalen oder an der Koromandel-Küste hergestellt wurden, an erster Stelle. Die breite Palette indischer Textilien bestand sowohl aus feinen, hochwertigen Produkten für den Luxushandel wie auch aus groben, einfachen Geweben für den Alltagsbedarf. Dem Luxusbereich gehörten im wesentlichen die seidenen Textilien Chinas an, die ebenfalls in nicht unbedeutenden Mengen in das Archipel transportiert wurden. Schließlich wurden auch Textilien aus Europa durch die Kompanien eingeführt, doch konnten sich europäische Produkte nie wirklich in Südostasien durchsetzen. Daneben wurden auf der dritten Handelsebene nicht nur die eingeführten Textilsorten weiterverkauft, sondern auch einheimische Produkte gehandelt. Die Batiken aus Java und Bali erlangten dabei den prominentesten Namen, standen jedoch bei weitem nicht alleine. Auch in Sulawesi und den vorgelagerten Inseln wurden baumwollene Textilien gewoben, die sowohl den Eigenbedarf deckten als auch dem Export dienten. Die benötigte Baumwolle mußte nicht allein über weite Strecken importiert werden, wurde sie doch auch auf den Sulawesi vorgelagerte Inseln wie auch auf Sumbawa angebaut. Textilien befriedigten zunächst Bekleidungsbedürfnisse, übernahmen darüber hinaus die Rolle von Wertgegenständen, indem sie in der „Schatztruhe“ des Besitzers ihren Platz fanden oder von diesem als Prestigeobjekte öffentlich zur Schau getragen wurden; sie wurden im Wohnbereich eingesetzt, wenn Vorhänge die hier unüblichen Trennwände ersetzten, und dienten schließlich als Zahlungsmittel. Nicht selten bestanden feste Relationen zwischen Gewürzen und Textilien, so daß ein Kaufmann den notorischen Edelmetallmangel zumindest teilweise mit hochwertigen Baumwoll- oder Seidenstoffen ausgleichen konnte. Eine zusammenfassende Gesamtbetrachtung aller Textilien, die in der Syahbandars Specificatie für Makassar aufgeführt werden, erscheint auf Grund der enormen Breite der Produktpalette und den damit zusammenhängenden Schwankungen bei den verwendeten Maßeinheiten wenig sinnvoll. Daher wird zunächst die Bedeutung von Textilien für den privaten Handel in Makassar anhand des Anteils dieser Produktgruppe an allen registrierten Ein- und Ausfahrten betrachtet. Aus diesem Blickwinkel bietet die erste Überlieferungsperiode ein uneinheitliches Bild. In den 1720er Jahren waren Textilien anteilig weitaus häufiger bei Ausfahrten als bei Einfahrten 8
REID, Land below the Winds, 91-96; DERS., Trade Goods, 252-254; ABDURACHMAN, Impact, passim.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
Tabelle 6.1: Anteil der Fahrten mit Textilien in der Ladung
477
geladen. Offenbar war der Textilexport umfangreicher als der entsprechende Import. Im folgenden Jahr-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
zehnt deutet sich ein Bedeutungs-
1717/18
24,3%
17,6%
20,9%
verlust des Exports bei einem zu-
1722/23
15,0%
19,9%
17,5%
mindest konstanten Import ab. Et-
1727/28
12,7%
18,5%
15,7%
was einheitlicher gestaltete sich das
1730/31
26,0%
4,1%
14,6%
Bild in der zweiten Periode. Es
1733/34
15,5%
9,1%
12,1%
zeigt sich eine wesentlich größere
1767/68
17,9%
17,2%
17,5%
Bedeutung des Exports bei einem
1772/73
9,2%
22,8%
17,1%
insgesamt steigenden Anteil der
1777/78
6,5%
37,1%
21,4%
Textilien
1781/82
16,6%
26,2%
22,1%
kommen.
1787/88
32,9%
41,1%
37,7%
am
Gesamtfrachtauf-
Allein Java hatte in dieser Gesamtentwicklung eine weitgehend
konstante Position inne. Hinsichtlich des Importes von Textilien nach Makassar hing dies mit der herausgehobenen kaufmännischen Rolle der VOC bei der Versorgung des Archipels mit indischen Textilprodukten und der Relaisfunktion Batavias, worüber die Kompanie all ihren Handel im Archipel abwickelte, zusammen. Darüber hinaus bestand jedoch auch eine konstante Nachfrage auf Java. Diese Nachfrage, die erst in den 1780er Jahren nachließ, wurde über den makassarischen Handel befriedigt. Außer in den 1720er Jahren war die Insel Sumbawa ein wichtiger Herkunftsort von Textilien, wobei sich dahinter neben Transitgütern aus Batavia oder Indien auf Sumbawa gewobene Textilien sowie hier angebaute Rohbaumwolle verbergen. Zugleich war die Insel im Süden Sulawesis in zunehmendem Maße Zielort von Textiltransporten. Es ist denkbar, daß ein Modewechsel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine steigende Nachfrage nach nicht auf Sumbawa produzierten Textilien induziert hatte, die zu größeren Teilen über Makassar bedient wurde. Auch für die übrigen Kleinen Sunda-Inseln hatten Textilien, die über den Markt von Makassar gehandelt wurden, durchgehend eine relativ hohe Bedeutung, wobei sich diese Exporte in der zweiten Überlieferungsperiode fast vollständig auf Flores und die dortige Hafenstadt Endeh konzentrierten. Umgekehrt waren die Exporte der Kleinen Sunda-Inseln nach Makassar unerheblich. Ganz offenbar wurden dort keine Textilien produziert, die auf dem makassarischen Markt Interesse erweckt hätten.
478
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.3: Struktur des Textilienhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Herkunftsregionen Sulawesi
Beim Import von Textilien waren chinesische Eigner konstant beteiligt. Ebenfalls regelmäß beteiligt, wenn auch nicht mit der gleichen Konstanz, waren Malaiien und
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
479
Bugis. Nur in der ersten Überlieferungsperiode finden sich auch europäische Bürger und Makassaren unter den Schiffseignern, die Textilien nach Makassar importierten. In die Bresche, welche diese Gruppen in der zweiten Überlieferungsperiode hinterließen, sprangen die Kompanie-Untertanen, unter denen jedoch eine nicht geringe Zahl an gebürtigen Makassaren gewesen sein dürfte. Noch weniger als beim Import von Textilien lassen sich ethnische Schwerpunktbildungen beim Export dieser Warengruppe festmachen. Der Handel mit Textilien war ein Kerngeschäft des maritimen Handels, an dem sich entsprechend seiner Bedeutung alle maritimen Händler möglichst umfassend beteiligen wollten. Die größte Ausnahme von dieser Regel stellten die Makassaren dar, die sich auf andere Kerngeschäfte konzentrierten. Eine zweite Ausnahme bildeten die Europäer, insbesondere hinsichtlich des Importes in der zweiten Überlieferungsperiode. In diesem Falle liegt die Vermutung nahe, daß die europä-ischen Bürger dieses Terrain an die Handelsaktivitäten der VOC selbst verloren hatten. Bereits 1748 meldete die Niederlassung in Makassar nach Batavia, daß der Verkauf von Textilien durch die Kompanie in Gang gekommen war.9
Importe aus Indien Der indische Subkontinent war die traditionelle Herkunftsregion für Textilwaren, die den Handel innerhalb des Malaiischen Archipels bestimmten. Mehr noch als einheimische Produkte wurden schon Jahrhunderte vor der Ankunft der Europäer indische Textilien gehandelt.10 In Makassar stellten sie den Großteil der Importe aus Java. Je nach Tuchsorte zeigen die Hafenmeisterlisten zumindest für das 18. Jahrhundert recht unterschiedliche Handelsverhältnisse. Als relativ schlichter Gebrauchsstoff war Chintz vor allem eine Importware, die in Makassar selbst oder in der unmittelbaren Umgebung genutzt wurde.11 Der Import erfolgte fast ausschließlich über Batavia. Ohne Bedeutung waren dabei die kleinen Anteile an der Gesamtmenge – 3,2% im Jahr 1717/18 und 2,5% im Jahr 1787/88 –, die aus Semarang eingeführt wurden. Die Mengen sind zu gering, um eine Veränderung andeuten zu können; die Tatsache, daß sie ausgerechnet im ersten und im letzten Untersuchungsjahr erscheinen, kann kaum mehr als ein Zufall sein. 9 10 11
Generale Missiven XI, 17.10.1749, 755. REID, Trade Goods, 252-254. Chintz war ein Mischgewebe aus Baumwolle (Schuß) und Leinen (Kette) mit spiegelglatter Oberfläche, die bedruckt oder bemalt wurde. Hauptproduktionsorte waren Golkonda und Masulipatnam.
480
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Die Einfuhr von Chintz wurde vorrangig von Chinesen und Bugis organisiert. Die Europäer wurden bis zur Mitte der 1720er Jahre aus dieser Handelssphäre verdrängt. Der Export, der in der Menge deutlich hinter dem Import zurückblieb, wies keine Strukturen auf, die Schwerpunkte oder Konzentrationen anzeigen könnten. Es handelte sich um ein allgemeines Gebrauchsgut, das überall absetzbar war. Lediglich Java kam als Zielregion nicht in Frage, da diese Insel über ihr zentrales Emporium Batavia versorgt wurde. Die leichte Konzentration auf Sumbawa in der zweiten Überlieferungsperiode korrespondiert mit der allgemeinen Schwerpunktbildung dieser Zeitspanne. Im Gegensatz zu Chintz traten die höherwertigen Sallamporees ein reines Exportgut in Erscheinung.12 Makassar diente für diese Produktgruppe als Umschlagplatz, ohne daß jedoch Importe derselben nachzuweisen sind. Da Sallamporees in Sulawesi nicht hergestellt wurden, mußte sie von außen auf den makassarischen Markt gebracht worden sein, ohne in den Büchern des syahbandar Aufnahme gefunden zu haben. Entweder wurde der Großteil des Imports von der VOC getragen, oder er wurde über „illegale“ Häfen außerhalb des Kontrollbereichs der Kompanie abgewickelt. Ein Vergleich mit den Verkaufszahlen der VOC für die zweite Überlieferungsperiode legt die erste Erklärung nahe. Die geringen Mengen privat eingeführter Sallamporees stammten aus Batavia; lediglich 1787/88 wurde ein kleiner Posten aus Ternate eingeführt. Auch dort wurden keine entsprechenden Tuche produziert, so daß es sich mit Sicherheit um einen Re-Import handelte. Exportiert wurden Sallamporees vor allem in den Nahbereich, insbesondere zu den Sulawesi vorgelagerten Inseln, und nach Sumbawa. Die Gewichtung der einzelnen Ziele wies dabei größere Uneinheitlichkeiten auf, die möglicherweise auf Konjunkturschwankungen zurückzuführen sind. Beteiligt waren am Export alle in Makassar tätigen Händlernationen. Im Verlauf der zweiten Überlieferungsperiode konzentrierte sich die Exportbeteiligung auf Chinesen, Malaiien und Kompanie-Untertanen. Guineen waren leichte Baumwollstoffe, die in Indien vornehmlich für den Afrikahandel und die Einkleidung von Sklaven produziert wurden. Der Handel mit dieser Textilsorte wies in Makassar die gleichen Sturkturen auf wie derjenige mit Sallamporees, allerdings mit der Einschränkung, daß er nur in der zweiten Überlieferungsperiode stattfand. Offenbar kam es erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einer Ausweitung der Nachfrage über den Afrikahandel hinaus. 12
Sallamporees waren weiße Baumwollstoffe mit roten Borten.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
481
Für den Handel mit Gurrahs traf das genaue Gegenteil zu.13 Es handelte sich um ein reines Importgut, das nur in der ersten Überlieferungsperiode eine Rolle spielte. Mit nur sehr geringen Ausnahmen – 1717/18 kamen 2,2% aus Semarang, 1722/23 1,1% aus Banjarmasin – stammte es aus Batavia. An diesem Importhandel waren alle Handelsnationen beteiligt. Sogar die Makassaren, die ansonsten nur selten im Textilhandel über weitere Distanzen anzutreffen waren, beteiligten sich an der Einfuhr von Gurrahs. Für die 1730er Jahre verweisen die Zahlen allerdings auch auf eine zunehmende Dominanz der Chinesen in dieser Handelssphäre. Die unter der Bezeichnung Cassas gehandelten Baumwolltuche stellten für Makassar – sieht man von der einzigen Ausnahme im Jahr 1767/68 einmal ab – ein reines Importgut dar. Der Absatzmarkt befand sich, da kein Export über See stattfand, innerhalb der Stadt oder im unmittelbaren Umland. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, daß auch die Verbraucher in diesem engen Umkreis zu finden waren. Abgewickelt wurde der Handel mit Cassas in erster Linie von buginesischen Schiffseignern über die Drehscheibe Batavia. Chinesen spielten zumeist nur eine nachgeordnete Rolle; andere Handelsnationen waren an dieser Handelssphäre kaum beteiligt. Die wenigen Exporte verteilte sich auf Bugis, Chinesen und KompanieUntertanen, allerdings in einer so breiten Streuung über die Beispieljahre hinweg, daß von keinem spezifischen Muster die Rede sein kann. Insgesamt handelte es sich bei Cassas um ein Textilprodukt von eher geringer Bedeutung für den makassarischen Markt. Erst Ende der 1780er Jahre zeichnet sich eine enorme Steigerung der Nachfrage ab, deren Weiterentwicklung hier jedoch nicht betrachtet werden kann.
Importe aus China Der Textilimport aus China spielte in Makassar nur eine unbedeutende Rolle. Die überwältigende Mehrheit der hier umgeschlagenen Textilien stammten unzweifelhaft aus indischen oder indonesischen Herstellung. Nur zwei Textilsorten tragen in den Hafenmeisterlisten die Bezeichnung „chinesisch“: zum einen handelt es sich um „Linnen“, zum anderen einfach um „Stoffe“. Beide Produkten stammten in der Tat aus China, soweit die verfügbaren Daten ein Urteil hierüber erlauben. „Chinesische Stoffe“ treten nur in drei der untersuchten Jahrgänge (1767/68, 1772/73, 1787/88) in Erscheinung; nur in einem Fall, als 1772/73 40 Rollen mit der regelmäßigen Junke aus Amoy eintrafen, wurde die Einfuhr dieser „Stoffe“ registriert. Für „chinesi13
Bei Gurrahs handelte es sich um weißte Baumwollstoffe.
482
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
sches Linnen“, das ebenfalls in nur drei Jahrgängen verzeichnet wurde (1772/73, 1777/78, 1781/82), sind im Rahmen der Beispieljahrgänge zwei Importnachweise möglich: 1772/73 wurden 30 bondel, 1777/78 80 corgies aus Amoy eingeführt. Die aus dem Ursprungsland mit der regelmäßig verkehrenden Amoy-Junke eingeführten chinesischen Textilien wurden von den privaten Händlern vor allem in den Nahbereich und nach Sumbawa weitergehandelt. 1767/68 wurden vier Rollen ‚chinesischer Stoff‘ nach Sumbawa verschifft, 1772/73 waren es acht und 1787/88 15 Rollen. Den Transport teilten sich prahus von Chinesen und KompanieUntertanen. „Chinesisches Linnen“ wurde in weitaus größerem Maßstab weitergehandelt, wenn auch nur in einem knappen Zeitraum. 1772/73 erreichten 7,5 corgies Sumbawa, 7,5 corgies Buton und zwei corgies Bonerate. 1777/78 waren es 9,75 corgies, die zur Insel Sumbawa exportiert wurden; sogar 33 corgies wurden nach nach Buton verschifft; und schließlich fanden noch 12 corgies ihren Weg nach Ambon. 1781/82 wurden neben Sumbawa (11 corgies), Buton (24 corgies) und Bonerate (1 corgie) auch die Insel Komodo (1 corgie) und der buginesische Hafen Sinjai14 an der Ostküste der Südhalbinsel Sulawesis (4 corgies) mit „chinesischen Linnen“ angelaufen. Unter den Händlern finden sich alle wesentlichen Handelsnationen, die sich im Hafen von Makassar intensiver mit dem Textilhandel beschäftigten: Chinesen, Malaiien, Bugis und Kompanie-Untertanen. Eine gewisse Rolle spielten in der zweiten Überlieferungsperiode die als „Seidenstoff“ bezeichneten Textilien. Zunächst wurden sie über Batavia eingeführt: 1767/68 waren es zehn Rollen, die eine chinesischen prahu paduwakang importierte, 1772/73 erreichten sogar 200 bondel auf einer chinesischen Schaluppe den Hafen – neben einem bondel aus Sumbawa, das wohl als Re-Import Makassar erreichte. 1781/82 sind hingegen 60 corgies Seidenstoffe unter den Waren verzeichnet, welche die Junke aus Amoy nach Sulawesi brachte. Exportiert wurden Seidenstoffe nach Sumbawa und nach Sinjai,15 wobei sich im wesentlichen chinesische, malaiische und buginesische Privatiers den Handel gleichgewichtig untereinander aufteilten. Ein ursprünglich einheimisches Seidenprodukt wurde gelegentlich unter dem Namen zijde badjou im makassarischen Hafen gehandelt. Zunächst wurde der Import über Banjarmasin und Java sichergestellt.16 Exportiert wurde zijde badjou, wenn sich 14 15 16
In den niederländischen Quellen unter der Bezeichnung ‚Boegis‘ geführt. Sumbawa: 1772/73: 70 Stück; 1777/78: 35 Stück; 1781/82: 21 Stück und 48 Rollen; 1787/88: 1 corgie und 12 Rollen; Sinjai: 1777/78: 1 ; 1781/82: 28 Stück. Aus Banjarmarsin 1717/18: 10 kati; 1722/23: 0,5 pikul; 1730/31: 1,5 pikul. Aus Batavia 1717/18: 0,5 pikul; 1730/31: 1 pikul; 1767/68 2,5 pikul. Aus Semarang 1767/68: 1 pikul.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
483
in einem Jahr überhaupt ein Export dieses Produktes feststellen läßt, in den sulawesischen Nahbereich (Selayar, Sinjai, Buton, Bonerate) und nach Sumbawa. 1717/18 brachten buginesische und makassarische Schiffe fünf corgies und 20 pikul nach Sumbawa und Bima, 1787/88 waren es malaiische und chinesische Schiffe, die insgesamt 25 Stück auf diese Insel transportierten. Selayar erhielt 1717/18 und 1722/23 geringe Mengen zijde badjou von buginesischen Händlern. Sinjai, Buton und Bonerate wurden innerhalb der ausgewählten Jahrgänge nur 1787/88 von Bugis, Chinesen und Kompanie-Untertanen mit dieser Ware angelaufen. Auffällig ist die Tatsache, daß im selben Jahr eine große Menge zijde badjou nach Makassar importiert wurde, jedoch nicht aus einem regionalen Hafen, sondern mit der regelmäßigen chinesischen Junke aus Amoy, die 1.500 Stück oder 75 corgies mit sich führte. Die vorherigen Amoy-Junken hatten keine zijde badjou an Bord. Offenbar gehörte dieses Seidenprodukt nicht grundsätzlich zur Palette chinesischer Exportwaren. Vielmehr scheint sich das traditionell seidenproduzierende China gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf eine im Malaiischen Archipel bestehende Nachfrage eingestellt zu haben und vergleichbare, konkurrenzfähige Produkte für den Export produziert zu haben. Der benötigte Rohstoff spielte als Handelsgut in Makassar lange Zeit keine wesentliche Rolle. 1727/28, 1730/31 und 1767/68 wurden Importe von Rohseide aus Batavia in kleinerem Umfang registriert. Der Export war bis dahin völlig bedeutungslos. Die Versorgung der Produktionsstätten von zijde badjou wurde in diesem Zeitabschnitt nicht über Makassar abgewickelt. Das Bild änderte sich mit dem Erscheinen der Amoy-Junke. Waren es 1772/73 noch 36 bondel Rohseide, brachte die Junke von 1777/78 bereits 41 pikul. 1781/82 wurden 50 Pack angelandet, 1787/88 sogar 181 Pack. Die steigenden Importe aus Amoy ließen Makassar zu einem Umschlagplatz für Rohseide werden, den chinesische Privathändler dominierten. Ziel dieser Händler war fast ausschließlich die Insel Sumbawa. 1772/73 hatten zehn chinesische prahus Rohseide für Bima oder Sumbawa an Bord. 1777/78 waren es 18, im Jahr 1781/82 bereits 25. Schließlich sah das Jahr 1787/88 sogar 45 chinesische Schiffe mit Rohseide auf dem Weg nach Sumbawa.17 Auch die anderen beteiligten Privatiers – vorrangig Malaiien und Kompanie-Untertanen –, liefen vorrangig Sumbawa an. Nur in wenigen Fällen gelangte Rohseide auch nach Semarang und Surabaya (drei Fahrten 1777/78) und nach Sinjai (zwei Fahrten 1787/88). 17
Genaue Mengenangaben für den Umschlag von Rohseide im Hafen von Makassar verbietet sich auf Grund der Vielzahl der in der Quelle verwendeten Einheiten (Pack, bossen, bondel, bollen, bonkus, pikul, corgie, anker, Sack), für welche sich untereinander häufig keine Relationen bilden lassen bzw. deren metrisch genaue Bedeutung nicht bekannt ist.
484
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Insgesamt bleiben diese Zahlen sowohl in Menge wie in Regelmäßigkeit hinter denjenigen indische Textilien deutlich zurück. Auch die seit Mitte des 18. Jahrhunderts regelmäßig in Makassar verkehrende Amoy-Junke änderte am Stellenwert chinesischer Textilien nichts grundlegendes. Vielmehr setzte der über Amoy abgewickelte chinesische Makassar-Handel ganz andere Schwerpunkte.
Privater Textilhandel und Kompaniehandel im Vergleich Die Einbeziehung der Absatzzahlen, welche die VOC-Niederlassung bei Textilien erzielte, ist erst ab dem Rechnungsjahr 1757/58 möglich. Für die Zeit zuvor existiert keine Quelle, welche die Informationen des sogenannten Rendement – der Verkaufsbilanz unter Angabe des Einkaufs- und des Verkaufspreises – bieten kann. Die früheren Zahlen der Faktorei Makassar erlauben lediglich, auf die Warenbestände der Kompanie am Ende eines Rechnungsjahres zu schließen. Damit stehen erst Absatzzahlen für eine Zeit zur Verfügung, in der die VOC in vielen Handelssphären bereits deutlich an Boden eingebüßt hatte. Dennoch ergeben sich für einige der gehandelten Waren Vergleichsmöglichkeiten mit dem Privathandel. Tabelle 6.4: Chintz: Private Einfuhr/Ausfuhr sowie Verkauf der VOC in Stück
Einfuhr
Ausfuhr
VOC Verkauf
1757/58
k.A.
k.A.
1.091
1767/68
710 + 2 pikul
280
1.127
1772/73
1.900 + 2 koyang
214
92
1777/78
20
40
0
Privatiers
*
1781/82
280
0
22
1787/88
3.260
1.440
292*
- 1786/87, für 1787/88 liegt kein vollständiges Rendement vor.
Chintz war die einzige Textilie, bei welcher einigermaßen von einer Konkurrenzsituation zwischen VOC und privaten Händlern gesprochen werden kann. Beide Seiten importierten Chintz nach Makassar. Durch die Einbeziehung der VOC-Zahlen wird noch deutlicher, daß die exportierten Mengen weit hinter den importierten zurückblieben. Chintz wurde demnach vorwiegend für den regionalen Verbrauch
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
485
eingeführt. Dabei verlor die VOC seit den 1770er Jahren gegenüber dem Privathandel, der zu dieser Zeit von Chinesen, Bugis und Kompanie-Untertanen kontrolliert wurde, deutlich an Boden. Tabelle 6.5: Sallamporees: Private Einfuhr/Ausfuhr sowie Verkauf der VOC in St.
Einfuhr
Ausfuhr
VOC Verkauf
1757/58
k.A.
k.A.
393
1767/68
10
106
0
1772/73
0
70
178
1777/78
0
26
127
1781/82
0
540
188
1787/88
140
220
0*
Privatiers
*
- 1786/87, für 1787/88 liegt kein vollständiges Rendement vor.
Erst durch die Berücksichtigung der VOC-Verkäufe wird die Drehscheibenfunktion deutlich, die Makassar im Falle der Sallamporees ausfüllte. Die Importe wurden durch die Kompanie sichergestellt, für den Export sorgten private Händler, vor allem Chinesen, Malaiien und Kompanie-Untertanen. Erst gegen Ende der 1780er Jahre deutet sich eine Veränderung an, da zumindest im Untersuchungsjahr 1787/88 die VOC am Verkauf von Sallamporees nicht mehr beteiligt war, während zugleich private Schiffe erstmals eine nennenswerte Stückzahl einführten. Tabelle 6.6: Guineen: Private Einfuhr/Ausfuhr sowie Verkauf der VOC in Stück Privatiers
*
Einfuhr
Ausfuhr
VOC Verkauf
1757/58
k.A.
k.A.
382
1767/68
50 + 2 pikul
35
661,5
1772/73
120
725
1.217
1777/78
0
480
24
1781/82
0
110
14
1787/88
1.176
48
51*
- 1786/87, für 1787/88 liegt kein vollständiges Rendement vor.
486
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Im Falle der Guineen zeichnet sich zunächst eine ähnliche, wenn auch nicht so deutliche Aufgabenteilung wie bei den Sallamporees ab. Im Verlauf der 1770er Jahre blieb allerdings der von der VOC getragene Import deutlich hinter dem privatem Export zurück. Erst Ende der 1780er Jahre ist ein größerer privater Import zu verzeichnen. Die Zulieferungen mußten zwischenzeitlich auf anderen, in den offiziellen Akten nicht verzeichneten Wegen erfolgt sein, da es sich bei Guineen eindeutig um kein regionales Produkt handelte. Gurrahs hatten offenbar nur in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine gewisse kommerzielle Bedeutung in Makassar. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts versiegte sowohl der private wie auch der Kompaniehandel mit dieser Tuchsorte. Die Angaben der Hafenmeisterlisten verweisen darauf, daß es sich bei Gurrahs im wesentlichen um ein Importgut handelte. Wenn die seltenen Verkaufszahlen der VOC gelegentlich auf ähnliche, vielleicht sogar höhere Werte in der ersten Überlieferungsperiode schließen lassen, kann für diese von einem vergleichsweise hohen lokalen Verbrauch ausgegangen werden. Die folgende Veränderung bei Import und Absatz erklärt sich am ehesten aus eine Verteuerung der Gurrahs, zumindest im Vergleich zu unmittelbaren Konkurrenzprodukten, oder durch einen Modenwechsel unter den Endverbrauchern in Makassar und Umgebung. Bei Cassas handelte es sich um ein Import-Produkt, das stets von Privatiers eingeführt wurde. Die Zahlen der VOC legen den Schluß nahe, daß dies längere Zeit in Konkurrenz zur niederländischen Kompanie geschah. Allerdings wurde die VOC seit den 1770er Jahren von den privaten Händlern völlig vom Markt verdrängt. Die mit den Früchten des Maulbeerbaumes gefärbten Murries stellten ein vergleichsweise wichtiges textiles Importgut der VOC dar, das bei den privaten Händlern auf nur wenig Interesse stieß. Es kann kaum von einem ernsthaften Export der von der Kompanie bereitgestellten Murries gesprochen werden. Entsprechend kann auch nicht von einer Drehscheibenfunktion Makassars die Rede sein. Die Verbraucher dieser Textilien fanden sich einmal mehr im lokalen Umfeld der Hafenstadt. Ein Dominanzwechsel ist beim Handel mit Sprijern zu beobachten. Nachdem diese Tuchsorte, die zuvor ausschließlich von der VOC importiert wurde, Ende der 1770er vorübergehend ganz vom makassarischen Markt verschwand, ging der Handel mit ihr in den 1780er Jahren im wesentlichen auf die privaten Händler über. Die VOC konnte nur noch einen Bruchteil der früheren Verkaufszahlen erzielen. Zur Palette der Textilprodukte, welche die VOC nach Makassar einführte, gehörten neben den bereits angesprochenen auch eine Reihe Sorten, die innerhalb des
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
487
Privathandels gar keine oder nur eine verschwindend kleine Rolle spielten. Dabei handelte es sich um Textilien zumeist indischer Herkunft, die früher (Haman, Berthilles) oder später (Roemaal, Parcalla) aus dem Angebot der Kompanie verschwanden. Lediglich die in der Quelle als „Decken“ bezeichneten Stoffe wurden beständig, allerdings nur in kleinem Umfang abgesetzt. Hinter dieser Bezeichnung können sich grobe Gebrauchstextilien wie Pferdedecken oder Verpackungsmaterial oder auch Produkte europäischer Herkunft verbergen, die nur in geringen Stückzahlen und ausschließlich unter der europäischen Einwohnerschaft Makassars verkauft werden konnten. Alle Textilsorten, die ausschließlich von der VOC gehandelt wurden, hatten keinen Anteil an dem Aufschwung im Textilhandel, den die Zahlen für 1787/88 nahelegen. Offenbar stand dieser Aufschwung in keinem Zusammenhang mit den Aktivitäten der Kompanie. Eine weitergehende, wenn auch gewagtere Vermutung besteht darin, daß der Textilhandel gerade durch den schwindenden Einfluß der Kompanie auf der privaten Ebene einen neuen Aufschwung erleben konnte. Geringere Restriktionen für den Privathandel bei gleichzeitig rückläufiger Versorgung des Marktes durch die VOC wären hierfür die ausschlaggebenden Gründe gewesen.
Regionale Textilien Neben Textilien indischen oder chinesischen Ursprungs werden in den Hafenmeisterlisten Makassars auch große Mengen einheimischer Produkte aufgeführt. Sie tragen in der Quelle stets die Bezeichnung kleeden unter Zusatz ihrer geographischen oder ethnischen Herkunft (Selayar, Buton, Java bzw. Bugis). In diesem Sammelbegriff, der keine weitere Differenzierung nach Herstellungsart oder verwendeten Rohstoffen zuläßt, kommt die jahrhundertealte regionale Webtradition zum Ausdruck. Ihre Produkte wurden nie allein für den Eigenbedarf hergestellt, sondern bereits in voreuropäischer Zeit exportiert. Antonio de Paiva zählte 1544 Textilien zu den wesentlichsten Waren, die aus Makassar exportiert wurden.18 Im frühen 17. Jahrhundert wurde berichtet, daß Bugis über den Hafen Sawitto nördlich von Paré-Paré Seide exportierten und daß neben dem Reis den Textilien die wichtigste Rolle zukam, wenn Makassaren oder Bugis in den Molukken Gewürze eintauschten.19 Rückgrat dieser Außenhandelssphäre war eine lebendige und vielfältige Weberei in 18 19
JACOBS, Christianity, 285. PELRAS, Textiles, 397.
488
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Süd-Sulawesi, die Baumwolle wie auch Seide verarbeitete.20 Die Produktion von Seidenstoffen konzentrierte sich auf Wajo, wo auch der begehrte Rohstoff gewonnen wurde. Bis in das 20. Jahrhundert wurden hier farbenfrohe Seidensarongs hergestellt.21 Die Produktion von Baumwollprodukten lag vorrangig in den Händen der Frauen in Wajo und auf Selayar, welche die von buginesischen Händler auf Selayar und um Bira gekaufte Baumwolle zu karierten sarongs verarbeiteten.22 Die indigene Weberei stand, bedingt durch Seefahrt und Handelskontakte der Bugis und Makassaren, unter signifikantem auswärtigen, vor allem indischem Einfluß. Dies kam besonders in der geris-Technik zum Ausdruck, bei der die Oberfläche von Baumwollstoffen mit einer speziellen Kauri-Art so nachbearbeitet wurden, daß sie wie Seide glänzten. Das Vorbild hierfür lieferte der aus Indien eingeführte Chintz.23 Auch die Verwendung von Seide als Schußfaden in Kombination mit einer baumwollenen Kette, wie sie die ikat-Weberei Süd-Sulawesis im 19. und 20. Jahrhundert bestimmte, war eine späte Entwicklung nach indischen Vorbildern.24 Trotz aller auswärtigen Einflüsse brachte die Südhalbinsel Sulawesis eigenständige Entwicklungen hervor. Neben der einfachen Webtechnik für Rinde- oder Blattfasern sowie für reine Baumwollstoffe, die wahrscheinlich schon von den austronesichen Einwanderern mitgebracht worden waren, galt dies vor allem in der Färberei. So wurde bei den Toraja ein spezielles Bindebatikverfahren (‚tie-dye’) entwickelt, das sich dank des traditionellen Austausches von Textilien und entsprechenden Know-hows zwischen Toraja, Makassaren und Bugis über die gesamte Halbinsel verbreitete.25 Das Ergebnis dieser verschiedenen Entwicklungsstränge war eine Vielfalt an einheimischen Textilprodukten, die in der malaiischen Inselwelt offenbar auf große Nachfrage stießen. Allerdings ist bei dem Begriff bugineese kleeden, der sich als Bezeichnung bei der Mehrheit der einheimischen Textilien in den Hafenmeisterlisten findet, Vorsicht geboten. Er muß nicht unbedingt auf den unmittelbaren Produzenten der verzeichneten Tuche hindeuten; vielmehr trugen sarongs aus den sulawesischen Webzentren wie Mandhar, Samarinda und Sengkang im Malaiischen Archipel und auf dem südostasiatischen Festland häufig die Bezeichnung ‚buginesisch’ auf Grund der Kaufleute, die solche Textilien verbreiteten.26 20 21 22 23 24 25 26
FORREST, Voyage from Calcutta, 79. REID, Land below the Winds, 93; HALL, Textile Industry, 117. Ebd., 120. MAXWELL, Textile, Trade, and Transformation, 320. Ebd., 167; PELRAS Textiles, 397, 405/406. MAXWELL, Tradition, 321. Ebd., 328.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
Tabelle 6.7: Einfuhr und Ausfuhr regionaler Textilien in corgies Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
90,5 114,65 + 20 pikul + 20 pikul
1717/18
24,15
1722/23
26,5
193
219,5
1727/28
5
128
133
1730/31
--
23
23
1733/34
5
99
104
1767/68
2
318,5
320,5
1772/73
--
755,5
755,5
1777/78
2
110,5 108,50 + 30 pikul + 30 pikul
1781/82
--
131
131
1787/88
150
387
537
489
Für die Produkte der regionalen Webtraditionen war Makassar entsprechend, der entscheidende Exporthafen. Nur wenige dieser Textilien wurden auf dem Seeweg importiert – vornehmlich Tuche aus Java, die über Makassar umgeschlagen wurden. Im Regelfalle erreichte die Waren Makassar jedoch auf dem Landweg oder über kleinere Hafenorte in Verbindung mit dem Landtransport. Da es sich im wesentlichen um Produkte handelte, die auf der Südhalbinsel Sulawesis, auf Selayar oder Buton hergestellt wurden, kann diese Beobachtung kaum verwundern.
Der Export vermittelt auf den ersten Blick den Eindruck einer breiten Streuung sowohl in ethnischer als auch in geographischer Hinsicht. Alle relevanten Händlernationen beteiligten sich auf die eine oder andere Weise am Handel mit den einheimischen Textilien. Und alle der in allgemeiner Reichweite von Makassar liegenden Regionen wurden mehr oder weniger mit den indigenen Webwaren beliefert. Auf den zweiten Blick ergeben sich dennoch Schwerpunkte und Gegensätze. In ethnischer Hinsicht bestätigt sich abermals die nur sporadische Beteiligung der Makassaren am Textilhandel, während ihre unmittelbaren Nachbarn, die Bugis, am meisten davon profitierten. Ihre Händler waren in der Lage, niedrigere Profitraten als andere Privatiers zu akzeptieren und hatten zudem den Vorteil, über bevorzugten Zugang zu den webenden Frauen in Wajo und Selayar zu verfügen. Auf diese Weise konnten sie am erfolgreichsten die Lücke schließen, die der zurückgehende ‚country trade‘ mit indischen Textilien hinterließ. Von diesem Bedeutungsverlust der VOC profitiere der einsetzenden Boom der einheimischen Textilien seit der Mitte des 17. Jahrhunderts.27 Allerdings weist die Beteiligung der Bugis in den Hafenmeisterlisten für die späten Jahre des 18. Jahrhunderts eine abnehmende Tendenz auf. Nutznießer waren die Chinesen, die auch in diesem, ihnen eigentlich zunächst 27
REID, Change, 502; HALL, Textile Industry, 120.
490
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.8: Struktur des Exports regionaler Textilien28 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Bestimmungsregionen Sulawesi
5,0%
Kalimantan
60,2% 30,6% 10,9% 30,4% 43,4%
Java
23,2% 57,0% 81,3% 43,5% 26,3% 27,3% 43,6% 48,8%
Sumbawa
2,2%
Nusa Tenggara
0,5%
--
--
--
1,3% 42,3% 1,8% 25,2% 9,3% --
4,0%
--
24,4%
--
--
25,8%
--
--
--
--
--
0,1%
0,5%
--
0,5%
1,0%
3,1%
--
2,0%
--
--
--
--
--
6,2%
2,3% 26,1% 18,2% 71,6% 11,0% 48,8% 50,4% 38,5%
Süd-Molukken
3,9%
Nord-Molukken
4,4%
--
--
--
--
--
--
--
--
25,8%
Sumatra
1,1%
2,1%
--
--
10,1%
--
--
--
--
--
Malaya
--
2,6%
2,3%
--
--
--
--
--
--
--
--
8,9%
6,1%
--
--
24,4%
--
--
25,8%
--
--
Exporteure Makassaren
26,5% 11,9%
Bugis
42,5% 60,6% 92,2% 21,7% 78,8% 6,3% 29,5% 1,8%
Bürger
--
2,6%
Chinesen
5,5%
5,2%
Malaiien
13,3% 6,2%
1,6%
--
3,0%
--
11,3% 9,2%
Inder
5,5%
1,0%
2,3%
--
--
--
0,6%
--
--
--
--
--
--
21,4% 0,5% 11,5%
VOC-Untertanen
3,9% 26,1% --
--
--
31,4% 9,7%
--
43,5% 10,1% 62,3% 27,5% 87,6% 32,8% 53,0% 0,9%
9,9% 13,4% --
7,7% --
fremden Marktsegment Fuß fassen konnten. Die von Anthony Reid postulierte Dominanz der Bugis im Handel mit Baumwollprodukten, die über Makassar umgeschlagen wurden, trifft in ihrer Absolutheit nicht zu.29 Zumindest läßt diese Sichtweise die Erfolge der Chinesen am Ende des Kompanie-Zeitalters außer Acht und verzerrt so das Bild der Verhältnisse im entscheidenden Hafen für diesen Handel. In geograpischer Hinsicht fällt die geringe Bedeutung der Kleinen Sunda-Inseln auf, die doch häufig als Zielort eine herausragende Rolle spielten. Keinem Bedeutungswandel unterlag Java. Wesentlicher ist die Zunahme des Exports in den Nahbereich, also zu Orten auf oder Inseln vor Sulawesi selbst, sowie zu den südlichen Molukken. Die erste Entwicklung deutet auf einen zunehmenden innerregionalen 28 29
Zusätzlich: 20 pikul von einem Bugis nach Sumbawa (1717/18) und 30 pikul von einem Chinesen nach Kalimantan (1777/78). REID, Land below the Winds, 95, unter Berufung auf Landesbeschreibungen des späten 18. und des 19. Jahrhunderts (LENNON, Journal; MARSDEN, History of Sumatra; DONSELAAR, Saleijer).
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
491
Handel hin, die zweite auf die zunehmende Bedeutung einheimischer Produkte für den Textilbedarf der molukkischen Plantagenwirtschaft.
Baumwolle Baumwolle, Rohstoff für die Mehrzahl der regional produzierten Textilien, mußte nach Südostasien nicht importiert werden. Regionen, die jährlich eine ausreichende Trockensaison erlebten, existierten in ausreichender Zahl. In Indonesien waren dies Ost-Java, Zentral-Sumatra, Bali, Lombok, Sumbawa und eben Süd-Sulawesi. Dort wurde Baumwolle entlang der Naßreisfelder angebaut; verkauft wurde sie auf der Malaiischen Halbinsel, Süd-Sumatra, auf den südlichen Philippinen, Kalimantan und den Molukken.30 Die traditionelle regionale Textilproduktion war weitgehend unabhängig von Baumwollimporten. Die Zahlen für Makassar im 18. Jahrhundert bestätigen dies. Indien als Herkunft von Baumwolle spielt in den Hafenmeisterlisten keine Rolle. Auch Java und damit Batavia als möglicher Umschlagsplatz war in diesem Zusammenhang bedeutungslos. Die VOC versuchte nach dem Niedergang ihres eigenen Handels mit indischen Tuchen am Ende des 17. Jahrhunderts und zu Beginn des 18. Jahrhundert, die lokale Baumwollkultivierung zu unterdrücken. Auf diese Weise sollte die Produktion lokaler Weber unterbunden werden – ein letzter Versuch, ein Monopol im Textilhandel zu erreichen.31 Wann auch immer dieser untaugliche Versuch genau zu datieren sein mag, die VOC verfügte zum einen niemals über ein Monopol oder auch nur etwas vergleichbares im Textilbereich, zum anderen sprechen die Zahlen dafür, daß der genannte Versuch insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gründlich gescheitert war. Baumwolle dürfte zunächst vor allem zur Versorgung der regionalen Produktion importiert worden sein. Die Exportzahlen, die in der ersten Überlieferungsperiode verzeichnet wurden, sind völlig unbedeutend. Neben den erwähnten Baumwollkulturen in Süd-Sulawesi selbst, deren Ernte nur in geringem Maße auf dem Seeweg über Makassar transportiert wurde, vielmehr die Hafenstadt überhaupt nicht berührte, bediente sich die regionale Textilproduktion vorrangig der aus Sumbawa importierten Rohstoffe. Die Bedeutung der Kleinen Sunda-Inseln als Herkunftsregion ließ bereits in der ersten Überlieferungsperiode deutlich nach. 30 31
HALL, Textile Industry, 109. Ebd., 120.
492
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte nicht nur eine deutliche
Tabelle 6.9: Einfuhr und Ausfuhr von Baumwolle (cappas) in pikul
Steigerung der Importe, sondern auch der Ausfuhrzahlen. Es wurde offenbar mehr Baumwolle importiert als regional verkauft werden konnte, zumal auch ein lokales Angebot bestand. Makassar erlangte für diese Sphäre eine Drehscheibenfunktion. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts kristallisiert sich als eine Boomphase des indonesischen Baumwollanbaus heraus. Die zurückgehende Bedeutung der Gewürze wurde durch Plantagenprodukte aufgefangen, zu denen offen-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
1717/18
145
0
145
1722/23
33
15
48
1727/28
19
0
19
1730/31
315
3
318
1733/34
190
0
190
1767/68
496
181
677
1772/73
355
411,5
766,5
1777/78
229
505
734
1781/82
1.227
650
1.877
1787/88
7.749 + 430 lampatten
230
7.979 + 430 lampatten
bar auch die Baumwolle zählte. Der Export diente dennoch vor allem der regionalen Versorgung, die auf diesem Wege ausgeweitet werden konnte. Gebiete auf Sulawesi und den vorgelagerten Inseln, die zuvor im wesentlichen auf dem Landweg versorgt worden waren, wurden nun in den maritimen Handel einbezogen. Unter den sulawesischen Zielorten sticht vor allem der Hafen von Sinjai hervor, über den die von Bugis bewohnten Gegenden an der Ostküste der Südhalbinsel versorgt wurden. Der Import von Baumwolle lag in vielerlei Händen. In der ersten Überlieferungsperiode ist sogar eine wesentliche Rolle makassarischer Händle zu beobachten. In der zweiten Periode wurden sie von den Chinesen und den Kompanie-Untertanen abgelöst. Allerdings dürften sich unter den letzteren eine Reihe Makassaren verborgen haben, die auf Grund ihres Wohnsitzes im Zentrum der Stadt von der VOC als eigene Untertanen anerkannt wurden. Der Export war im wesentlichen ein Geschäft der Chinesen und Malaiien. Dies, wie auch die uneinheitliche Situation beim Import, widerspricht zumindest teilweise Angaben, wie sie beispielsweise Kenneth R. Hall macht: „Bugis seamen were especially prominent distributors of Bali’s popular checked cloth, but also collected raw cotton from the dry limestone soils of Selayar and the adjacent south Sulawesi coast at Bira, [...].“32 Daß buginesische Händler den Baumwolltransport zwischen 32
Ebd.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
493
Tabelle 6.10: Struktur des Baumwollhandels (cappas)33 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Herkunftsregionen Sulawesi
3,4%
--
--
--
--
14,1%
--
4,4%
--
0,8%
Java
4,1%
--
--
--
--
12,1%
--
--
--
--
Sumbawa
67,6%
--
Nusa Tenggara
11,7% 90,9% 15,8%
--
13,2%
--
--
--
5,7%
--
Süd-Molukken
2,1%
--
--
--
--
--
--
--
9,1%
84,2% 100% 86,8% 73,8% 100% 95,6% 94,3% 99,2% --
Bestimmungsregionen Sulawesi
--
--
--
--
--
57,4% 26,7% 21,8% 84,6% 78,3%
Java
--
100%
--
--
--
42,6% 73,3% 78,2%
Sumbawa
--
--
--
100%
--
--
--
--
--
--
15,4% 21,7%
Importeure Makassaren
51,7% 39,4% 84,2% 42,9% 7,9%
3,2%
--
--
--
--
Bugis
8,3%
--
--
3,5%
--
19,2%
--
--
4,1%
--
Bürger
--
--
--
--
7,9%
--
--
--
--
--
Chinesen
3,4%
--
--
--
--
Malaiien
6,2% 60,6%
--
32,1% 14,7%
42,1% 34,6% 91,3% 40,3% 57,3% --
19,7%
--
28,3% 2,1%
VOC-Untertanen
--
--
--
19,0% 56,3% 35,5% 45,6% 8,7% 27,3% 40,6%
Makassaren
--
93,3%
--
100%
--
--
Bugis
--
6,7%
--
--
--
--
Chinesen
--
--
--
--
--
Malaiien
--
--
--
--
--
5,0%
VOC-Untertanen
--
--
--
--
--
17,7% 9,7%
Exporteure --
--
38,9% 2,0%
--
--
--
--
77,3% 51,4% 19,8% 36,9% 95,7% --
76,2% 47,7% 4,3% 2,0% 15,4%
--
den Inseln und den kleineren, weniger zentralen Häfen aufrecht erhalten haben mögen, soll nicht bezweifelt werden. An einem großem Umschlagplatz wie Makassar kamen jedoch auch andere Handelsnationen hinzu; insbesondere die einflußreichen Handelsdiasporas vom Kontinent erlangten nicht unbedeutenden Anteil an diesem Sektor. Insgesamt kann zumindest im 18. Jahrhundert nicht davon die Rede sein, daß der Handel mit Baumwolle eine Sphäre der Bugis gewesen wäre.
33
Zusätzlich 100 lampatten von einem Chinesen aus Sumbawa und 330 lampatten einem Kompanie-Untertanen aus Sulawesi (jeweils 1787/88).
494
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
3. Javanisch oder chinesisch - der Tabakhandel
Mit den Europäern kam auch bald der Tabak aus Amerika nach Asien. Mitte des 16. Jahrhunderts fand er seinen Weg nach China und Japan, wo sich bald eine umfassende Produktion leichten Zigarettentabaks etablierte. Ungefähr zur gleichen Zeit wurde Tabak auch in der malaiischen Inselwelt eingeführt. Unter niederländischem Einfluß wurden hier zunehmend hochwertige feine Tabaksorten kultiviert. Ebenfalls auf die Niederländer geht der Tabakanbau in Indien zurück. Die VOC etablierte 1605ihre erste Tabakplantage auf dem Subkontinent. Die spanischen Kolonialherren zeichneten zeitgleich für die Einführung der Pflanze auf den Philippinen verantwortlich.34 Anders jedoch als die Plantagenprodukte Zucker oder Kaffee, welche vor allem im 18. Jahrhundert, nach dem Ende der großen Gewürznachfrage in Europa, den Warenhandel der Ostindien-Kompanien nach Europa dominierten, blieb Tabak im wesentlichen ein Produkt, das innerhalb Asiens gehandelt wurde. Wie auch in Europa diente der Tabak in Südostasien vorrangig der Stimulans. Er wurde in allen möglichen Formen geraucht, vor allem in Pfeifen. Darüber hinaus kam er auch in der Heilkunde und als Gift zum Einsatz. So nutzten die Toraja in Süd-Sulawesi Tabakprieme zur Behandlung verwurmter Wunden und den Tabakssaft bei diversen Bauch- und Darmerkrankungen wie bei Rheumatismus. Zur Vertreibung von Mäusen war unter den Toraja ein Tabakaufguß gebräuchlich.35 Darüber hinaus ist der europäische Konsum nicht völlig zu mißachten. In Europa entwickelte sich Tabak während des 17. Jahrhunderts rasch zu einem Massenkonsumartikel. Nach neuesten Forschungen hatte die Oberschicht nicht notwendigerweise eine Vorbildfunktion; vielmehr sorgten, wenn die neuen Genußmittel rasch und in großen Mengen zur Verfügung stand, soziale Kontakte in der eigenen Schicht für ihre Verbreitung. So brachten sich Handwerker das Rauchen gegenseitig bei, und Matrosen übernahmen es in den Häfen der Neuen Welt und gaben es untereinander weiter.36 Entsprechend ist von einem nennenswerten Konsum der europäischen Mannschaften in asiatischen Niederlassungen auszugehen. 34
35
36
AKEHURST, Tobacco, 11/12. Für eine allgemeine Verbreitungsgeschichte des Tabaks siehe ebd., 10-14; für eine Verbreitungsgeschichte in Südostasien unter Anführung aller relevanten Quellenzeugnisse siehe HÖLLMANN, Tabak, 14-58, sowie REID, Betel-Chewing, 535-538. Zur Verwendung in Südostasien siehe HÖLLMANN, Tabak, 82-107, insbes. 102/103 (zu den Toraja). Das traditionelle Kauen der Betel-Nuß als Stimulantium konnte Zigaretten oder Zigarren erst im Verlauf des 20. Jahrhundert verdrängen, siehe REID, Betel-Chewing, 529,538-542. MENNINGER, Tabak, 239, 241/242.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
495
Tabak von javanischen Plantagen Die ersten glaubwürdigen Belege für eine Tabakkultivierung auf Java gehen in die ersten Jahre des 17. Jahrhunderts zurück. Von Banten ausgehend wurde die Pflanze schon bald auf der ganzen Insel angebaut. Batavia führte Tabak von allen wesentlichen Warenumschlagplätzen Javas ein. Semarang wurde zum größten Exporthafen des Genußmittels. Vor allem herrschte ein reger Binnenhandel mit Tabak, der bald nicht mehr nur den einheimischen und kolonialen Oberschichten vorbehalten blieb. Bis zur Wende zum 19. Jahrhundert war Java zu einem der bedeutendsten südostasiatischen Anbaugebieten für Tabak neben Luzon und Mindanao aufgestiegen.37 Vor allem im südlichen Zentral-Java, rund um Kedu, Banyumas und Ladok, wurde Tabak für den Export angebaut.38 Wurde die Kultivierung von den Einheimischen Tabelle 6.11: Einfuhr und Ausfuhr javanischen Tabaks in pikul
auf eigenen Plantagen durchgeführt, war die Vermarktung vor allem das Geschäft der Chinesen und Euro-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
päer, welche die Ernte schon im
1717/18
4.712
7
4.719
Vorfeld aufkauften. Ein nicht unbe-
1722/23
2.825
--
2.825
trächtlicher Teil dieses javanischen
1727/28
1.006
--
1.006
Exporttabaks fand seinen Weg auch
1730/31
1.516
5
1.521
über Makassar nach Sulawesi, wo
1733/34
1.881
--
1.881
im 17. und 18. Jahrhundert wahr-
1767/68
340
--
340
scheinlich noch keine Tabakkultu-
1772/73
1.971
22
1.993
ren bestanden. Zumindest berichten
1777/78
959
28
987
die wenigen Quellen für diese Zeit
1781/82
1.358
2
1.360
lediglich vom Tabakhandel, wäh-
1787/88
1.064
109
1.173
rend europäische Forscher im späten 19. und frühen 20 Jahrhundert
in den nördlichen Regionen der Insel auf erste Anpflanzungen trafen, deren Ursprung sich jedoch nicht mehr datieren läßt.39 Javanischer Tabak wurde fast ausschließlich nach Makassar eingeführt, um den Eigenbedarf der sulawesischen Bevölkerung im Umfeld der Stadt zu decken; der Export des Produktes war während des gesamten 18. Jahrhunderts völlig bedeutungslos. Makassar erlangte keine Drehscheibenfunktion in dieser Handelssphäre, 37 38 39
HÖLLMANN, Tabak, 35-38. HÖLLMANN, Tabak, 38. Nach John Crawfurd verfügten chinesische Händler sogar über ein Marktmonopol für die Ausfuhr dieses Tabaks (CRAWFURD, History III, 416/417). Ebd., 39.
sondern spielte die klassische Rolle des Bindegliedes zwischen dritter und vierter Handelsebene, in diesem Fall zur Sicherstellung des reinen Imports. Herkunfstort des Tabaks war mit einer Ausnahme nicht der große Stapelplatz der VOC, Batavia, sondern der näher an den exportorientierten Plantagen gelegene Hafen von Semarang. Damit bestätigt sich auch in der Handelsverbindung Java-Makassar bezüglich des Tabaks die allgemeine Entwicklung auf Java. Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg läßt sich keine Handelsnation feststellen, die den Tabakhandel dominiert oder gar monopolisiert hätte. Vielmehr wechselte die Vormachtstellung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, wobei alle wichtigen Nationen beteiligt waren. In der zweiten Überlieferungsperiode verschwanden die Makassaren wie auch die Europäer aus dem Tabakhandel, während Bugis und Chinesen die Vorherrschaft übernahmen. Die in den europäischen Quellen des frühen 19. Jahrhunderts betonte Dominanz der Chinesen beginnt sich in Makassar erst in den 1780er Jahren abzuzeichnen. Allerdings führten die Chinesen auch in diesem Jahrzehnt kaum mehr als die Hälfte des Importtabaks ein. Weder die Bugis noch die Inder und Kompanie-Untertanen waren aus dem Geschäft völlig verdrängt worden. Von einem chinesischem Monopol kann für das 18. Jahrhundert keine Rede sein – wie es auch für das 19. Jahrhundert in Hinblick auf die zunehmende Liberalisierung des Privathandels zumindest fragwürdig erscheint.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
497
Chinesischer Importtabak Seinen Weg nach China fand der Tabak mutmaßlich zu Beginn des 17. Jahrhunderts von den Philippinen. Spätestens in der zweiten Dekade des 17. Jahrhunderts wurde er in größerem Umfang in Südost-China, vor allem in Fukien, später auch in Yünnan, angebaut. Ein Jahrzehnt später lassen sich die ersten Exporte aus der Provinz Fukien nachweisen. Damit war der in China gezogene Tabak bereits ein Exportprodukt, bevor er spätestens im 18. Jahrhundert zum weit verbreiteten Genußmittel im Reich der Mitte selber wurde. Auch die übrigen chinesischen Provinzen, deren Bevölkerung den Tabakgenuß für sich entdeckten, wurden aus dem Südosten des Reiches versorgt.40 Auch Makassar war Zielort chinesischer Tabakexporte, welche die Menge des javanischen Tabaks zwar nicht erreichen konnte, dennoch von beträchtlichen Ausmassen waren. In China erzeugter Tabak wurde fast ausschließlich für den Konsum Makassars und des Umlandes eingeführt. Tabelle 6.13: Einfuhr und Ausfuhr chinesischen Tabaks in pikul Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
1717/18
530,5
--
530,5
1722/23
772
--
772
1727/28
360
--
360
1730/31
617
1
618
1733/34
435
--
435
1767/68
164
11,5
175,5
1772/73
916
77
993
1777/78
716,5
18
734,5
1781/82
--
50
50
1787/88
722,5
94,5
817
Zunächst wurde der Import über Batavia abgewickelt, bestand doch in der ersten Überlieferungsperiode nur zwischen China und Batavia eine
größere
sino-indonesische
Handelsverbindung. Erst das Erscheinen der Amoy-Junke in Makassar leutete einen grundlegenden Wandel ein. Seither wurden drei Viertel bis rund 95% des chinesischen Tabaks unmittelbar aus dem Ursprungsland eingeführt. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß in der zweiten Überlieferungsperiode der Import von ChinaTabak fest in chinesischer Hand
war. Aber auch in der ersten Periode waren es vornehmlich Chinesen, welche dieses Produkt nach Sulawesi brachten. Die ethnische Zusammengehörigkeit der Tabakhändler auf der zweiten und der dritten Handelsebene, die sicherlich ihren Ausdruck in eng geknüpften merkantilen Netzwerken fand, gereichte hier den in Indonesien ansässigen Chinesen zum Vorteil. 40
Insgesamt wies die Entwicklung des Tabakimportes eine fallende Tendenz auf. Der Konsum von Tabak konnte sich in Süd-Sulawesi noch nicht nachhaltig durchsetzen. Unter der indigenen Bevölkerung dominierte im 18. Jahrhundert noch das Kauen der Betelnuß. Andere Verwendungsformen für Tabak – vor allem in der Naturheilkunde – verbrauchten keine Mengen, die für eine Stimulation des Tabakimportes hätten relevant werden können. Auch die Zahl der Europäer in der Region, die Tabak neben Alkohol als primäres Genußmittel einsetzten, war hierfür nicht groß genug. Erst mit der endgültigen Durchsetzung der Zigarette als Genußmittel der breiten Massen und als Ablösung der Betelnuß sorgte für steigende Importzahlen.
4. Trepang und Agar-Agar - der Handel mit Meeresprodukten
Trepang-Fischerei Bei den in der malaiischen Welt als trepang (zool. Holothuriidea) bezeichneten Meeresbewohnern handelt es sich um eine Klasse der Stachelhäuter oder Echinoderme, deren mehr als tausend walzenförmige Arten Größen zwischen einem Zentimeter und zwei Metern erreichen. Im Deutschen werden diese Stachelhäuter in der Regel
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
499
als Seegurke oder Seewalze bezeichnet, im Englischen als ‚sea-cucumber’ oder ‚seaslug’. Die niederländische Bezeichnung lautet ‚zeekomkommer’, wurde jedoch von den VOC-Bediensteten nicht verwendet. Wenn sie nicht gerade den malaiischen Begriff benutzten, bevorzugten sie die französische Bezeichnung ‚bêche-de-mere’.41 In seiner Übersicht des asiatischen Handels zu Beginn des 19. Jahrhunderts beschreibt William Milburn die für Europäer äußerst ungewöhnliche Meeresfrucht: „Beech de mer, Or sea-slug, is an article of trade from the Eastern islands to China, where it is considered as highly nourishing, and is used in soups, &c. It very much resembles the large garden-slug in appearance, but is considerably larger, some weighing half a pound each. It is of two kinds, the black and white; the black is what we commonly see, and is reputed the best; the white is larger than the black, and one particular kind of it is said to be more esteemed in China. It should be chosen in large pieces, well dried, and care talen that the worm in not in it.“42
Nur wenige Jahre später veröffentlichte John Crawfurd im Rahmen seiner Geschichte des Malaiischen Archipels ebenfalls eine Beschreibung des trepangs, seiner Gewinnung, seines Handels und seiner Nutzung: „The tripang is an unseemly looking substance, of a dirty brown colour, hard, rigid, scarcely possessing any power of locomotion, nor appearance of animation. Some of the fish is occasionally as much as two feet in length, and from seven to eight inches in circumference. The length of a span, and the girth of from two to three inches, however, is the ordinary size. The quality or value of the fish, however, does by no means depend upon its size, but upon properties in them, neither obvious to, nor discernible by, those who have not had a long and intimate experience of the trade. The Chinese merchants are almost the only persons who possess this skill, even the native fishermen themselves being often ignorant on the subject, and always leaving the cargo to be assorted by the Chinese on their return to port. The commercial classification made by the Chinese is curious and particular. In the market of Macassar the greatest staple of this fishery, not less than thirty varieties are distinguished, varying in price from five Spanish dollars per picul to fourteen times that price, each being particularized by well known names. [...] The fish is caught by them on ledges of coral rock, usually at the depth of from three to five fathoms. The larger kinds, when in shallow water, are occasionally speared, but the most common mode of taking them is by diving for them in the manner practised for pearl oysters, and taking them up with the hands. The quantity of tripang sent annually to China from Macassar is about 7000 piculs, or 8333 cwt. The price in the market of China varies from eight Spanish dollars per picul, to 20, to 50, to 75, to 110, and to as high as 115, according to quality.“43
Die von Crawfurd aufgezählten 19 Namen für verschiedene trepang-Sorten finden sich in der Tat nicht in den makassarischen Hafenmeisterlisten. Allerdings wird in diesen der trepang mehrheitlich in zumindest vier Sorten (schwarz, rot, weiß, „steene“) unterteilt. Eine völlige Ahnungslosigkeit hinsichtlich der Unterscheidung von Seegurken konnte bei den einheimischen Fischern also nicht vorgelegen haben. 41 42 43
Zur zoologischen Beschreibung des trepang siehe v.a. KONINGSBERGER, Tripang, passim. MILBURN, Oriental Commerce II, 305. CRAWFURD, History III, 442.
500
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Seegurken kommen im gesamten Malaiischen Archipel vor; ihr Auftreten nimmt von West nach Ost zu. Vor Java und Sumatra selbst wurde kaum trepang-Fischerei betrieben, intensiver jedoch auf den jeweils vorgelagerten Inseln. Hier wie vor den meisten der Kleinen Sunda-Inseln lag sie in den Händen der Bajau und teilweise der Bugis, während vor Sulawesi sowie den Kai-, Aru- und Tanimbar-Inseln die einheimischen Küstenvölker aktiv waren. Im seichten Wasser wurde der trepang in der Regel mit der Hand gefangen. Darüber hinaus kamen Lanzen, meist aus Bambus mit Eisenspitzen, gelegentlich auch Schleppnetze wie vor Bangka zum Einsatz. Für große Tiefen wurden in der Regel Harpunen eingesetzt.44 Der Gebrauch von trepang in China– sei es gebraten, geschmort oder als Suppeneinlage in der Küche, sei es als Aphrodisiakum in der traditionellen Apotheke – ist erst für das frühe 16. Jahrhundert nachweisbar; von einem Import aus Südostasien wird erst ab dem späten 17. Jahrhundert ausgegangen.45 Der Ursprung der makassarischen trepang-Fischerei liegt weitgehend im Dunkeln, doch mutet es unwahrscheinlich an, daß er wesentlich früher anzusetzen ist als der Export des Produktes zu den einzigen Konsumenten. Die wenigen Mutmaßungen, daß die Anfänge der trepangFischerei in die erste Hälfte oder die Mitte des 17. Jahrhunderts zu datieren sind, beruhen auf Rückschlüssen aus ethnologischen Beobachtungen und auf makassarischen Legenden.46 In den Hafenmeisterlisten ist trepang von der frühesten Überlieferung an verzeichnet. Die erste Erwähnung in den VOC-Akten stammt aus dem Juni 1710, als der Bugis Toissa einen Paß für die trepang-Fischerei vor Buton erhielt.47 Korrespondenzen der Kompanie aus Batavia sprechen Mitte des 18. Jahrhunderts von trepang-Fischerei in den Gewässern vor Timor.48 Es kann davon ausgegangen werden, daß Makassar vor seiner Eroberung noch nicht die Rolle des Umschlagplatzes spielte, da sich der Wirtschaftszweig der trepang-Fischerei tatsächlich erst gegen Ende des 17. oder zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu etablieren begann. Ihre Hochzeit erlebte die trepang-Fischerei im Verlauf des 19. Jahrhunderts, als sie sich unter Ausweitung der traditionellen Fanggründe insbesondere um das SuluArchipel und unter Einbeziehung neuer Reviere vor Australien und Neuguinea sowie dank der Finanzierung durch chinesische Großkaufleute zu einer regelrechten trepang-Industrie weiterentwickelte. Zentrum dieser systematischen Fischerei im 44 45 46 47 48
Ebd., 56-62; Dalrymple betont die Vorkommen vor den Küsten Kalimantans, insbesondere in den seichten Gewässern der Flußmündungen (DALRYMPLE, Plan, 73). MACKNIGHT, Voyage, 8/9 und 94. Siehe auch WARREN, Sulu Zone, 29/30. MACKNIGHT, Voyage, 94 und 96. ARA Den Haag, VOC 1794, Macassar, 60. MACKNIGHT, Voyage, 95..
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
501
großen Maßstab war die Hafenstadt Makassar, die Ausgangspunkt für umfangreiche Fischerei-Expeditionen von bis zu 40 Schiffen wurde, die bis zu einem halben Jahr in Australien verblieben.49 Der genaue Beginn des Ausgreifens der makassarischen trepang-Fischerei nach Australien läßt sich nicht eindeutig festlegen; frühestens in den 1780er Jahren dürften die ersten Fahrten dieser Art unternommen worden sein. Immerhin existierte diese Form der frühindustriellen Fischerei ein gutes Jahrhundert lang, ehe sie in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts allmählich verschwand.50
Makassar als Emporium des Trepang-Handels im 18. Jahrhundert Tabelle 6.15: Einfuhr und Ausfuhr von trepang in pikul
Bereits im 18. Jahrhundert, vor der Expansion der Fischerei bis nach Australien, war trepang ein wesentli-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
ches Produkt der Region, und Ma-
1717/18
228
935
1.163
kassar spielte bereits die Rolle eines
1722/23
25
587
612
zentralen Umschlagplatzes. Die Zah-
1727/28
26
1.701
1.727
len aus den Hafenmeisterlisten las-
1730/31
351,75
556
907,75
sen bei allen punktuellen Unregel-
1733/34
456,5
1.095
1.551,5
mäßigkeiten sowohl beim Import
1767/68
1.278
4.900
6.178
als auch bei dessen Export einen
1772/73
1764,5
5.568
8.068,5
deutlich ansteigenden Trend erken-
1777/78
2.240
3.760
6.000
nen. Bewegte sich die Einfuhr in
1781/82
1.837
700
2.951
den ersten Jahrzehnten gelegentlich
1787/88
2.982
6.260
9.242
noch zwischen einer und zwei metrischen Tonnen, näherten sich die
Mengen gegen Ende des 18. Jahrhunderts bereits der Marke von 200 Tonnen beim Import und von 400 Tonnen beim Export. In der Handelssphäre des trepang tritt Makassar als Knotenpunkt in Erscheinung, der die dritte Handelsebene mit der zweiten, insbesondere hinsichtlich des Chinahandels, verbindet. Daneben müssen weitere Knotenpunkte existiert haben, welche die vierte mit der dritten Handelsebene verbanden, den lokal gefischen trepang sammelten und die Versorgung Makassars sicherstellten. Schließlich traten die unmittelbar mit der Fischerei befaßten Gruppen, im Hafen von Makassar kaum in Er49 50
WARREN, Sulu Zone, 30; CRAWFURD, History III, 151; KONINGSBERGER, Tripang, 61. Siehe zur trepang-Fischerei in Australien MACKNIGHT, Voyage, passim; zur Entstehungszeit dieser „Industrie“ ebd., 93-99, zu ihrem Ende ebd., 100-126.
502
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.16: Struktur des trepang-Handels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Herkunftsregionen Sulawesi Kalimantan Sumbawa
scheinung. Vor allem gilt dies für die Bajau, die nach den zeitgenössischen Berichten im 18. Jahrhundert den größten Anteil an der trepang-Fischerei hatten, aber auch für die Makassaren, die zu Beginn des Jahrhunderts als Importeure eine Rolle spielten. Für ein maritimes Produkt erscheint es zunächst selbstverständlich, daß es in großen Mengen über See importiert wurde. In den meisten untersuchten Jahrgängen der Hafenmeisterlisten wurde jedoch weitaus weniger trepang nach Makassar eingeführt als exportiert. Als eine Erklärungsmöglichkeit bietet sich an, die Exis-
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
503
tenz von kleineren Häfen, die nicht unter Kontrolle der VOC standen, in unmittelbarer Nachbarschaft Makassars oder – bei größeren Entfernungen – unter Zwischenschaltung des Landweges anzunehmen. Eine zweite Erklärungsmöglichkeit geht davon aus, daß die trepang-Fischerei vom makassarischen Hafen aus unternommen wurde und dort nicht als Handelsfahrt gewertet wurde. Ein Fischzug in die umliegenden Gewässer wies kein spezifisches Fahrtenziel auf und fiel somit nicht unter den Paßzwang, weswegen sie auch nicht registriert wurde. Eine empirische Erhärtung oder gar Quantifizierung der beiden Alternativen ist auf Grund der Quellenlage kaum möglich, zumal nicht eindeutig geklärt werden kann, ob der Fischereihafen der Stadt Makassar mit dem Handelshafen identisch war und entsprechend unter Kontrolle der VOC stand. Die Tatsache, daß die quellenscheuen Seenomaden der Bajau wesentlich an der trepang-Fischerei beteiligt waren, verleiht der ersten Erklärungsmöglichkeit einige Wahrscheinlichkeit. Die zweite Möglichkeit bezieht ihre Wahrscheinlichkeit aus der kontinuierlichen Beteiligung der Makassaren, welche die Träger der Expansion dieses Fischereizweiges im 19. Jahrhundert waren. Es kann also von einer Kombination beider Zufuhrmöglichkeiten mit dem Import aus anderen Seehäfen ausgegangen werden. Der nach Makassar eingeführte trepang stammte in erster Linie aus dem Nahbereich. In der ersten Überlieferungsperiode dominierte die Insel Buton. In der zweiten Überlieferungsperiode teilten sich zunächst Buton und Bonerate die Vorrangstellung, bis Anfang der 1780er Jahre der Hafen von Sinjai mit den beiden Insel gleichzog. In zweiter Linie wurde trepang aus Nusa Tenggara importiert, wo die größeren Vorkommen zu finden waren. Einen bemerkenswerten Anteil hatten die Sunda-Inseln allerdings nur in der ersten Überlieferungsperiode, als der trepangHandel dieser Region mit Makassar ausschließlich über Mangarai auf Flores abgewickelt wurde. In der zweiten Überlieferungsperiode war diese Funktion auf die Insel Komodo übergegangen; zugleich war der Anteil des trepang-Imports aus Nusa Tenggara in Makassar deutlich zurückgegangen. An seine Stelle trat die Einfuhr von der Insel Sumbawa. Vor allem der Hafen Sumbawa selbst spielte die Rolle eines regionalen Umschlagplatzes auf der dritten Handelsebene, wie ein Bericht des syahbandars aus dem Jahr 1814 bestätigt.51 51
Zitiert bei SUTHERLAND, Trepang, 76. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts wurde dazu übergegangen, daß bereits im Mai eines jeden Jahres, also vor der Rückkehr der Trepang-Flotten, der Preis zwischen dem niederländischen Hafenmeister und dem Kapitän der chinesischen Gemeinde festgelegt wurde. Zur vollen Geltung kam dieser Preis jedoch nur bis zur Abreise der Amoy-Junke; trepang-Händler, die zu spät kamen, mußten ihre Ware auf Umwegen – über Batavia – nach China absetzen und konnten so nur weitaus niedrigere Preise erzielen (siehe ebd., 90).
504
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Da nicht anzunehmen ist, daß die trepang-Fischerei in ganz Nusa Tenggara jeweils nur von einem Ort ausging, sind die zu den Ortsangaben der Hafenmeisterlisten gehörenden Häfen als Knotenpunkte anzusehen, welche die vierte mit der dritten Handelsebene verknüpften. Da auch der Transport von trepang zu diesen Häfen als eine Art Versorgung weitergehender Handelsnetze angesehen werden kann, ist auch eine Zuordnung dieser Häfen gänzlich zur dritten Handelsebene möglich. Hier handelt es sich letztendlich um eine Frage der Sichtweise, welche die Grauzonen bei der Ebenenunterscheidung, die lediglich ein Hilfsmittel anbeiten soll, deutlich macht. Neben den drei wesentlichen Herkunftsregionen von trepang – Sulawesi und vorgelagerte Inseln, Nusa Tenggara und Sumbawa – treten in den Hafenmeisterlisten gelegentlich auch die Molukken als Herkunftsorte in Erscheinung. Hier zeichnet sich ab, daß insbesondere gegen Ende des Beobachtungszeitraumes nicht ausschließlich die Versorgung der Plantagen im makassarischen Molukkenhandel lukrativ gewesen sein kann, auch wenn diese Funktion in stets dominierte. Es darf nicht unterschätzt werden, daß die südlichen Molukken, vor allem Banda, auf dem Weg zu Inselgruppen lagen, zu denen Makassar bereits in voreuropäischen Zeiten rege Handelskontakte unterhielt. Insbesondere der Aru-Archipel war eine wesentliche Herkunftregion für trepang, der zumeinst auf Banda umgeschlagen wurde.52 Da trepang nur von Chinesen in größerem Umfang konsumiert wurde,53 hatte der gesamte Export letztendlich das Reich der Mitte zum Ziel. In der ersten Überlieferungsperiode, als Schiffe aus Amoy noch nicht in Makassar vor Anker gingen, bedeutete dies die Ausfuhr nach Batavia, von wo aus der etablierte Junkenhandel den trepang nach Fukien weiterleitete. Der Zielort Banjarmasin, der 1717/18 Erwähnung findet, weist auf die regen Handelsbeziehungen zwischen China und dem Süden Kalimantans hin. Die Etablierung der Amoy-Junke in der zweiten Überlieferungsperiode ließ die Bedeutung Batavias als Umschlagplatz für makassarischen trepang schwinden. Drei Viertel des trepang-Exportes wurde, wenn möglich, direkt über die chinesische Junke abgewickelt. Je nach den Möglichkeiten, einen unmittelbaren Kontakt nach Fukien nutzen zu können, blieb die Knotenpunktfunktion Makassars auf die dritte Handelsebene beschränkt oder verband diese mit der zweiten. Dies bedeutet nicht, daß China darauf angewiesen war, sich in Makassar mit dem begehrten Meeresprodukt zu versorgen. Chinesische Junken konnten auch auf Ti52 53
mor, in Banjarmasin oder in Kaili an der sulawesischen Küste nördlich von Makassar und außerhalb der VOC-Kontrolle Seegurken erwerben. Diese Vorteile bot insbesondere der Sulu-Archipel, der über große trepang-Vorkommen verfügte und von etlichen Bajau-Gruppen besiedelt wurde. Im 19. Jahrhundert kam auch der trepangUmschlag im neuen Hafen von Singapore hinzu, und sogar in einigen javanischen Häfen konnten lukrative trepang-Geschäfte getätigt werden. Auch makassarische Händler mußten nicht unbedingt ihren Heimathafen nutzen, um den von ihren trepang an chinesische Großhändler zu veräußern. So spielte Kupang auf Timor eine nicht zu unterschätzende Rolle als trepang-Umschlagplatz.54 Trepang war von allen in Makassar tätigen Händlernationen als lukratives Gut erkannt worden. Der gelegentlich übergroße Anteil der Chinesen erklärt sich durch das alleinige Ziel China und den großen Anteil an der Gesamtmenge des Exports, den allein die Amoy-Junke in Jahren ihrer Anwesenheit transportierte. Daneben waren aber auch alle anderen Nationen mehr oder weniger beteiligt. Dies gilt sogar für Europäer, die nach landläufiger Annahme keine Beziehung zu dieser Handelssphäre hatten. Die Zahlen der Hafenmeisterlisten wiederlegen dies ebenso wie die Tatsache, daß der niederländische Privatkaufmann und Sklavenhändler Bikkes Bakker, der Mitte des 18. Jahrhunderts in Makassar tätig war, unter den von ihm gehandelten Gütern an prominenter Stelle auch verschiedene trepang-Sorten verzeichnete.55 Auch Alexander Dalrymple verwies auf trepang als wesentliches Handelsgut, als er in seinem Plan zur Verbesserung des britischen Handels in Südostasien eine Ausdehnung in die Gewässer nördlich von Kalimantan vorschlug.56
Agar-Agar Im engen Zusammenhang mit dem trepang-Handel steht die Handelssphäre des agaragar. Dabei handelt es sich um eine Rotalgensorte, die nicht nur in der asiatischen Küche als Geliermittel Vewendung fand, sondern auch in etlichen Handwerken wie zur Gummierung von Seide und Papier eingesetzt wurde.57 Wie auch trepang verbreiten sich die agar-agar-Vorkommen über das gesamte Malaiische Archipel. Zusammen mit den Seegurken wurden die Algen in den seichten Gewässern vor den Inseln, 54 55 56 57
Ebd., 85. GA Amsterdam, Koopmansboeken, Archief 5060, Nr. 16, Akten des Jakob Bikkes Bakker, Verkaufsübersichten, o.P. DALRYMPLE, Plan, 78. MILBURN, Oriental Commerce II, 304.
506
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
insbesondere auch vor Sulawesi, gesammelt. Eine besondere Rolle kommt abermals den Chinesen zu, die auch in diesem Fall die Hauptkonsumenten waren. Hinsichtlich der Wertigkeit waren die beiden Produkte, die sicherlich zumeist auf den selben Fangfahrten gewonnen wurden, allerdings nicht vergleichbar. Für trepang mußte man das Zwanzig- bis Sechzigfache des Preises für agar-agar anlegen. So gibt John Crawfurd zu Beginn des 19. Jahrhunderts für trepang eine Preisspanne von 20 bis 115 Real pro pikul an, während der Preis für agar-agar zu dieser Zeit lediglich zwischen anderthalb und zwei Real pro pikul lag.58 Auch wenn der Konsum durch die Chinesen diese Handelssphäre bestimmte und der chinesische Anteil beim Export dieser Dominanz entsprach, weisen die Hafenmeisterlisten dennoch einen Unterschied zum trepang-Handel auf. Verlor in letzterem Fall Batavia seine Vormachtstellung als Umschlagplatz in den Jahren, in welchen die Amoy-Junke in Makassar festmachte, blieb beim Handel mit agar-agar die herausgehobene Stellung der javanischen Metropole stets erhalten. In einem Fall nahm die Amoy-Junke überhaupt kein agar-agar mit nach Fukien, in den beiden anderen Fällen nur ein Fünftel bzw. ein Drittel der gesamten Exportmenge. Dieser Befund läßt auch die Rolle Batavias in einem anderen Licht erscheinen, weist sie doch auf eine – zumindest im Vergleich zu trepang – geringere Nachfrage in China selbst hin, die unter Umständen auf weiteren Vorkommen der in Indik und Pazifik weit verbreiteten Rotalgenarten in größerer Nähe zu den chinesischen Häfen beruht haben könnte. Entsprechend kann angenommen werden, daß auch aus Batavia geringere Mengen agar-agar nach China exportiert wurden, so daß dort und insgesamt auf Java ein relativ großer Eigenverbrauch bestanden haben muß. Die für den Bereich des trepang-Handels angestellten Überlegungen hinsichtlich der Versorgung Makassars treffen auch auf den Handel mit agar-agar zu. In diesem Fall übertrifft nicht nur der Export regelmäßig die Mengen des Importes; für die erste Überlieferungsperiode fehlen Importe in den Hafenmeisterlisten sogar völlig. Schwankte der Export zwischen rund 70 und rund 200 metrischen Tonnen, erreichte der Import im Höchstfalle 58 Tonnen. Abermals ist sowohl von Algenfischerei, die ihren Ausgang im Hafen von Makassar nahm, als auch von kleineren, unkontrollierten Häfen im Umland auszugehen. Die „offiziellen“ Importe von agaragar stammten zum Teil aus dem Nahbereich (Bonerate, Sinjai) und zum Teil aus Sumbawa, wobei sich ein Großteil der in Makassar aktiven Handelsnationen an dem Geschäft beteiligten, während der Export vorrangig in chinesischer Hand lag. 58
CRAWFURD, History III, 446.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
507
Schildpatt Da es sich ebenfalls um ein Meeresprodukt handelt, das in den seichten Gewässern des Malaiischen Archipels gewonnen wurde, trat Schildpatt (caret, tortoise shell) häufig zusammen mit trepang und agar-agar in Erscheinung. Die Hornplatten von den Rücken- und Bauchschildern der Echten Karett- oder Pattschildkröte wurde gesammelt, um den Luxusbedarf an Schmuckstücken und kostbar verzierten Gebrauchsgegenständen wie Kämmen der Konsumenten zu befriedigen. Begehrt war das teure Luxusgut, das im Preis alle anderen in Makassar gehandelten Güter übertraf, abermals in China und unter den Chinesen in der Diaspora, doch auch Europäer gehörten zu den interessierten Kunden. Die Nachfrage wurde so groß, daß gegen Ende des 18. Jahrhunderts – im Untersuchungsjahr 1787/88 – gut fünf metrische Tonnen trotz des hohen Preises exportiert wurden. Die besonders hohe Nachfrage nach Schildpatt unter Chinesen und Europäern führte zu einer Konzentration der Exporte auf Java. Dort lebten die meisten Mitglieder beider Gruppen, und dort wurden wesentliche Teile des Warenumschlags in die Heimatländer der Konsumenten abgewickelt. Eine ethnische Spezialisierung unter den Transporteuren ergab sich daraus jedoch nicht. Der Handel mit Schildpatt war lukrativ genug, um alle relevanten Handelsnationen zu interessieren. So fanden sich Bugis, Chinesen, Malaiien und auch Makassaren unter den SchildpattHändlern. Lediglich die Gruppe der Kompanie-Untertanen fehlte, wie auch die Europäer als Händler dieses Produktes nur in Ausnahmefällen in Erscheinung traten. Wie bereits bei den anderen Meeresprodukten liegen die Zahlen des SchildpattImportes unterhalb derjenigen des Exportes – wenn auch nicht so deutlich wie bei agar-agar und trepang. Auf dem Seeweg wurde das Gut vor allem von den verschiedenen Inseln vor Sulawesi und aus den sulawesischen Häfen eingeführt, ohne daß sich eine regionale Schwerpunktbildung feststellen ließe. Für die fehlenden Mengen zur Sicherung der Exportmengen sei noch einmal auf die zum trepang-Import angestellten Überlegungen verwiesen. Da die wichtigsten maritimen Produkte in der Regel in den gleichen Fanggründen auftraten, ist es nur selbstverständlich, für diese auch dieselben Wege in den Umschlagshafen Makassar anzunehmen.
508
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
5. Rattan, Wachs und Gummi - der Handel mit Waldprodukten
Rattan und Rattanprodukte Rattan, so die malaiische Bezeichnung für die Stengel einiger lianenartig kletternder Rotangpalmen, die vor allem für stabile Flechtarbeiten genutzt wurden, war neben Pfeffer das wichtigste Exportgut Kalimantans.59 Von allen Waldprodukten, die auf der weitgehend von Urwald bedeckten Insel gewonnen wurden und die regionale Wirtschaft in hohem Maße bestimmten, war er mit Abstand das bedeutendste. Rattan wurde sowohl exportiert als auch in Indonesien selbst für die unterschiedlichsten Gebrauchswaren sowie im Haus- und Schiffsbau verwendet. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde er vor allem nach China verkauft; verpackt in Bündeln, die jeweils rund 100 Rattans enthielten. In China wurde er hingegen in pikul, die aus jeweils neun bis zwölf Bündeln bestanden, gemessen.60 Vor allem im ersten Drittel des 18.
Tabelle 6.17: Einfuhr und Ausfuhr von Rattan in Bündeln (bossen)
Jahrhunderts stellte Rattan für den Hafen von Makassar ein wichtiges Importgut dar. Danach ging der Zufluß deutlich zurück, ohne gänzlich zu versiegen. Die Verwendungsvielfalt des Rattan führte zu einem hohen Alltagsverbrauch in Makassar und Umland. Offenbar kam es nur sporadisch und erst spät im 18. Jahrhundert zum Export größerer Mengen. Makassar konnte unter diesen Umständen für Rattan keine Empo-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
1717/18
7.390
20
7.410
1722/23
3.067
50
3.117
1727/28
1.950
--
1.950
1730/31
460
--
460
1733/34
830
--
830
1767/68
--
300
300
1772/73
200
--
200
1777/78
--
2.000
2.000
1781/82
288
--
288
1787/88
--
3.400
3.400
riumsfunktion erlangen. Bis auf wenige Ausnahmen stammte auch der in Makassar gehandelte Rattan aus Kalimantan. Dabei wurde er sowohl aus Banjarmasin (1717/18, 1722/23, 1730/31, 1733/34 und 1772/73) als auch aus diversen kleineren Herkunftsorten an der Ostküste Kalimantans, aus Pasir (1717/18, 1722/23 und 1727/28), Pulo Laut (1717/18, 59 60
CRAWFURD, History I, 445/446. MILBURN, Oriental Commerce II, 313.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
509
Tabelle 6.18: Struktur des Rattanhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Herkunftsregionen Kalimantan Sumbawa
100% 98,1% 100% 100% 100% --
--
--
--
--
--
100%
--
--
--
--
--
--
100%
-5,9%
Bestimmungsregionen Java
--
100%
--
--
--
100%
--
--
--
100%
--
--
--
--
--
--
--
--
--
Süd-Molukken
--
--
--
--
--
--
--
--
--
5,9%
China
--
--
--
--
--
--
--
100%
--
88,2%
--
--
--
--
--
Sumbawa
Importeure Makassaren
5,4% 39,1% 25,6%
Bugis
18,8% 29,9% 20,5% 54,3% 75,9%
Bürger
8,8%
Chinesen
18,9% 6,5%
Malaiien
35,5%
Inder
4,1%
VOC-Untertanen
--
---
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
100%
--
--
--
23,1% 45,7% 24,1%
9,8% 30,8% --
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
100%
--
Exporteure Bugis
--
--
--
--
--
--
--
--
Bürger
100% 100% --
--
--
--
--
--
--
--
--
5,9%
Chinesen
--
--
--
--
--
100%
--
100%
--
94,1%
1722/23, 1727/28 und 1733/34) sowie Kutai (1727/28), importiert. Die Einfuhr wurde von Makassaren, Bugis und Malaiien organisiert. Mit dem allgemeinen Rückgang des Kalimantan-Handels, der über den „offiziellen“ Hafen von Makassar abgewickelt wurde, verschwand auch der Rattan aus den Hafenmeisterlisten. Insgesamt handelte es sich vor allem um ein regionales Produkt. Der für das frühe 19. Jahrhundert von Milburn betonte chinesische Markt spielte für den Rattanaustausch zwischen Kalimantan und Makassar zumindest im hier untersuchten Zeitraum kaum eine Rolle. Zwar wurde der sporadische Export von Rattan in der zweiten Überlieferungsperiode fast ausschließlich von Chinesen organisiert, wodurch sich unter Umständen die zukünftige Schwerpunktbildung bereits andeutete, doch war diese im 18. Jahrhundert noch nicht ausgeprägt.
510
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Wachs Bienenwachs wurde in allen Waldgegenden des östlichen Archipels gesammelt. Es war ein begehrtes Handelsprodukt, da es überall in Asien wie auch unter den Europäern ein vielfältig verwendetes Alltagsprodukt darstellte. Im Gegensatz zum Rattan konnte Makassar beim Wachs tatsächlich die Funktion eines Umschlagplatzes einnehmen. Während sich in der ersten Überlieferungsperiode hinsichtlich der Herkunft und der beteiligten Ethnien
Tabelle 6.19: Einfuhr und Ausfuhr von Wachs in pikul
keine Schwerpunkte herausbildeten,
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
zeichnen sich in der zweiten Überlie-
1717/18
56
179,5
235,5
ferungsperiode eindeutigere Struktu-
1722/23
121
251
372
ren ab: das Wachs stammte vornehm-
1727/28
37
96
133
lich aus Sulawesi oder den vorgelager-
1730/31
54
36
90
ten Inseln, und sein Export lag vor-
1733/34
44
19
63
rangig in den Händen der Chinesen.
1767/68
30
69
99
Eine genauere Betrachtung der Her-
1772/73
28,3
11
39,3
kunftsorte relativiert das Bild aller-
1777/78
276
332
608
dings. Hinter dem zusammenfassen-
1781/82
31
19
50
den Bergriff Sulawesi verbergen sich
1787/88
266
419
685
der Hafen Sinjai und die Inseln Buton und Bonerate. Für das Felseneiland Bonerate kann eindeutig ausgeschlossen werden, daß dort Bienenwachs gesammelt wurde. Auch für das Hinterland von Sinjai, also den Bugis-bewohnten Regionen Süd-Sulawesis, ist dies eher unwahrscheinlich. Allenfalls Buton kommt als Produktionsgebiet für Wachs ernsthaft in Frage. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, daß das begehrte Walderzeugnis nach wie vor von allen denkbaren Produktionsstätten im Osten Indonesiens stammte und auf Bonerate und Buton sowie in Sinjai lediglich für den Weitertransport nach Makassar umgeschlagen wurde. Dementsprechend hätte sich zwischen der ersten und zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hinsichtlich der Herkunft von Bienenwachs nichts verändert, wohl aber hinsichtlich der Handelsstrukturen. Ein wesentlich eindeutigeres Bild ergibt sich beim Export von Bienenwachs. Die angesichts der mühsame Gewinnung des Naturproduktes nicht unbeträchtlichen Mengen – 1787/88 verließen immerhin knapp 26 metrische Tonnen den Hafen von Makassar – wurden weitgehend nach Java verschifft. Auf dieser Insel wurde kein
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
511
Tabelle 6.20: Struktur des Wachshandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Herkunftsregionen Sulawesi Kalimantan
Bienenwachs gewonnen, zumindest nicht in Mengen, welche für den Export auch nur annähernd ausgereicht hätten.
Andere Waldprodukte In weitaus geringerem Maße wurden auch andere Produkte aus den Regenwäldern des Malaiischen Archipels in Makassar gehandelt. Die wichtigste Rolle nahm dabei der sogenannte Gummilack (Kautschuk) ein. Im Untersuchungsjahr 1717/18 wur-
512
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
den immerhin 57,5 pikul aus Banjarmasin, Batavia und Semarang nach Makassar eingeführt. Mehrheitlich führten Chinesen und Malaiien diesen Handel durch, der bereits ab 1722/23 einen deutlichen Rückgang verzeichnete. Lediglich Bugis importierten bis 1772/73 sporadisch geringe Mengen aus Kalimantan und Java. Danach versiegte der Import von Gummilack endültig. Ein regelmäßgiger, systematischer Export hatte im 18. Jahrhundert offenbar zu keiner Zeit bestanden. Kautschuk wurde zum lokalen Verbrauch importiert, doch erlahmte die Nachfrage schon seit den 1730er Jahren deutlich. Noch geringeren Umfang hatte der Handel mit diversen Hölzern Indonesiens, obwohl manche von ihnen eine große Nachfrage seitens der Chinesen oder der Europäer erfuhren. So ist Sandelholz in den Hafenmeisterlisten nur in Einzelfällen (1722/23, 1727/28, 1777/78) zu erfassen, die eine eindeutige Herkunft nicht eindeutig ablesen lassen. Da bekanntlich große Umsätze mit dieser Holzsorte erzielt wurden, mußten anderen Häfen eine wesentlich wichtigere Rolle gespielt haben. Offenbar war die Herkunftsinsel Timor nicht über Makassar an Java angebunden, wo die größte Nachfrage dank der Umschlagplätze nach Europa und China herrschte, sondern unmittelbar über die südliche Schiffahrtsroute durch den Archipel. Das zu Färbezwecken benötigte Sappanholz, dessen Hauptvorkommen sich auf die Insel Sumbawa konzentrierten, war gänzlich für den Handel der VOC bestimmt.61 Als Nachfolge Goa-Tallos übernahm die VOC auch die entsprechenden Tributforderungen in Gestalt regelmäßiger Lieferungen von Sappanholz durch die einzelnen Sumbawa-Staaten. Im Sommer 1727 lieferte Bima 2.980 pikul Sappanholz im Wert von 7.450 Gulden. Dompo lieferte 632½ pikul, während Sumbawa zur gleichen Zeit eine Lieferung im geforderten Wert von 500 Reichsthalern schuldig blieb. Nach Erhalt der Lieferungen sandte die VOC-Führung in Makassar das Kompanie-Schiff ‚Noordwaddingsveen‘ abermals nach Bima, um dort so viel Sappanholz wie möglich zu erstehen. Für die Kompanie handelte es sich um ein sehr wertvolles Produkt, das einen wesentlichen Anteil ihres Warenumschlags in Makassar ausmachte, ohne daß es dort gehandelt worden wäre.62 Das Konservierungsmittel Benzoëharz wurde hingegen von privaten Kaufleuten importiert, spielte jedoch nur zu Beginn des Beobachtungszeitraumes eine gewisse Rolle. 1717/18 wurden 7,5 pikul aus Batavia durch Makassaren, Bugis und Europäer 61
62
Daneben wurden Holznägel für den indigenen Schiffbau aus Sappanholz hergestellt (siehe HORRIGDE, Planked Boats, 12; DERS., Lashed-Lug Boat, 9); für diesen Zweck wurde das Holz jedoch unmittelbar zu den sulawesischen Schiffsbauplätzen geliefert, die sämtlich außerhalb der Stadt Makassar lagen. ARA Den Haag, VOC 2072, Macassar, 1. Reg., 109/110 und 126.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
513
eingeführt. Später erscheinen nur noch zwei Fahrten von buginesischen Schiffen im Jahr 1733/34, die sechs pikul Benzoëharz brachten. Das Harz wurde nur für den lokalen Bedarf benötigt. Das Färbemittel Indigo dagegen blieb ein reines Exportgut in der ersten Überlieferungsperiode. In den Untersuchungsjahren 1717/18, 1722/23 und 1730/31 transportierten jeweils drei Fahrten Indigo nach Ambon (12, 23 und 21 pikul). Fünf der sechs Fahrten wurden von chinesische Schaluppen unternommen, nur eine von einer europäischen. Offenbar liegt kein Zusammenhang dieser Fahrten mit dem Indigo-Handel vor, an dem auch die europäischen OstindienKompanien in größerem Umfang beteiligt waren. Neben den sporadischen Exporten von lokal gewonnenen Indigo nach Ambon fanden keineFahrten zu den von Europäern genutzten Warenumschlagplätzen statt.
6. Eisen, Kupfer und Gold - der Metallhandel
Allgemeine Bedeutung des Metallhandels Metalle und Metallwaren spielten unter den regionalen Handelsgütern traditionell eine große Rolle. In Makassar nahmen sie unmittelbar nach den Textilien den zweiten Platz unter den privat gehandelten Warengruppen ein. Sie waren nicht nur von gleicher Bedeutung wie die Textilwaren, sondern zeichneten sich auch durch eine ähnliche Vielfalt der Produktpalette aus. Aus Metallen wurden Alltagsgegenstände aller Art, Zierat und Schmuck, Waffen oder Werkzeuge hergestellt. Metalle wurden auch zu Barren geschmolzen und als Rohstoffe gehandelt. Allein in den zehn ausgewerteten Jahrgängen der Hafenmeisterlisten wurden 44 verschiedene Metallprodukte aufgelistet. Die meisten waren aus Eisen oder Kupfer; eine geringe Rolle spielten daneben Gold und Zinn. Einige Waren lassen keinen Rückschluß mehr darauf zu, aus welchem Material sie gefertigt worden waren. Diese Vielfalt läßt es wenig sinnvoll erscheinen, die verschiedenen Metallprodukte jeweils einzeln zu untersuchen. Da eine Vereinheitlichung nicht möglich ist, bietet sich vielmehr das bereits für Textilien angewandte Verfahren an, die Anteile der Eisen- und Kupfertransporte an allen registrierten Fahrten zu betrachten. Als Rohstoffe wurden in Makassar vor allem Eisen und Kupfer gehandelt. Das auf dem Seeweg angelieferte Roheisen stammte ausschließlich aus Batavia. Eisenerzvorkommen waren auf der Malaiischen Halbinsel und an diversen Orten des
514
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
südostasiatischen Festlandes bekannt. Von dort fand das gewonnene Rohei-
Tabelle 6.21: Anteil der Fahrten mit Kupferwaren in der Ladung
sen seinen Weg zum Umschlagplatz in Batavia. Rohkupfer wurde eben-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
handelte es sich nur um sehr sporadi-
1717/18
1,9%
1,4%
1,6%
1722/23
sche Lieferungen und kleinere Men-
2,6%
0,0%
1,3%
1727/28
gen. Ihr Ursprung ist in Ostasien an-
0,0%
1,2%
0,6%
1730/31
zunehmen; vor allem japanisches
0,0%
0,0%
0,0%
1733/34
Kupfer gelangte auf dem Weg über
0,0%
0,0%
0,0%
1767/68
China oder die Länder des südostasia-
3,0%
12,9%
8,7%
1772/73
tichen Festlandes bis in das Malaiische
1,6%
21,9%
13,4%
1777/78
0,6%
18,9%
9,5%
1781/82
2,6%
4,9%
3,9%
1787/88
2,4%
2,6%
2,5%
falls aus Batavia herangeschafft, doch
Archipel. Für Rohkupfer fehlte in Makassar die Nachfrage; Kupferwaren wurden direkt als Fertigwaren
importiert. Die metallverarbeitenden Gewerbe Sulawesis konzentrierten sich vor allem auf Eisen zur Weiterverarbeitung. Den besten Ruf hatte dabei das sogenannte Luwu-Eisen erlangt. Aus dem Bugis-Königtum nördlich von Goa-Tallo stammten sowohl Eisenwaren wie auch Roheisen, die Makassar auf dem Landwege erreichten. In der Region wurden Messer, Beile, Äxte gehandelt, aber auch Pfannen und andere Gebrauchsgegenstände des täglichen häuslichen Lebens. Gelegentlich, wenn auch nur selten, erscheinen Stahlerzeugnisse wie Pfannen in den Quellen, für die auch eine europäische Herkunft denbar wäre. Aus Kupfer bestanden Kessel und Schüsseln aller Größenordnungen, aber auch Tabakdosen sowie Teelichter oder andere Öllämpchen. Die Variationsbreite der Kupferwaren übertraf diejenigen des Eisens deutlich. Andere Metalle und Metallwaren spielten allenfalls eine untergeordnete Rolle – mit Ausnahme von Edelmetallen als Zahlungsmittel.
Kupfer und Kupfergegenstände Kupfer erlangte erst in den 1760er und 1770er Jahren – vor allem als Importgut – eine signifikante Bedeutung im makassarischen Privathandel. Kupfer und Kupferwaren wurden aus Java, anfangs auch aus Kalimantan importiert. Nur in einem Ausnahmefall stammten sie auch aus Sumatra. Der Import aus Kalimantan in der Frühzeit der Überlieferung verweist dabei eher auf die Chinaverbindung Banjarma-
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
515
Tabelle 6.22: Struktur des Kupferhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
1772/ 73
1777/ 1781/ 1787/ 78 82 88
Herkunftsregionen Kalimantan
3,6% 11,8% 0,0%
0,0%
0,0%
--
Java
3,5%
1,0%
0,0%
0,0%
0,0%
17,5%
4,3%
--
--
--
--
--
--
100%
Sulawesi
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
1,8%
Sumbawa
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
Nusa Tenggara
21,4% 0,0% 15,4% 0,0%
0,0%
10,0% 30,8% 66,7%
Makassaren
3,1%
1,1%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
--
--
Bugis
4,8%
5,2%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
Chinesen
2,4%
4,8%
0,0%
0,0%
0,0%
8,3%
2,6%
1,6%
4,7%
4,0%
Malaiien
0,0%
4,5%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
1,9%
0,0%
--
--
0,0%
0,0%
0,0%
1,0%
2,2%
0,0%
0,0%
1,8%
Makassaren
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
1,2%
33,3%
--
0,0%
Bugis
3,1%
0,0%
2,4%
0,0%
0,0%
4,8%
20,7% 23,1%
6,7%
13,3%
Chinesen
7,5%
0,0%
0,0%
0,0%
0,0%
24,4% 31,3% 18,1%
3,3%
1,0%
Malaiien
0,0%
0,0%
4,3%
0,0%
0,0%
17,6% 31,0% 21,5%
9,4%
12,8%
--
--
0,0%
0,0%
0,0%
9,2%
4,5%
0,0%
China
0,0%
--
--
--
0,0%
9,8%
11,1%
100%
100%
100%
8,1%
7,0%
6,2%
26,8% 28,3% 37,3%
6,2%
1,7%
0,0%
20,0%
Bestimmungsregionen 20,0%
Importeure
VOC-Untertanen
Exporteure
VOC-Untertanen
33,7% 25,7%
sins als auf Kupfer im Dschungel Borneos. Mit dem Erscheinen der Amoy-Junke wurden Kupferwaren vorrangig aus China eingeführt. Basis hierfür war das in China gehandelte und weiterverarbeitete japanische Kupfer. Der Export konzentrierte sich vor allem auf Sumbawa und die übrigen von Makassar aus angesteuerten Kleinen Sunda-Inseln. Hier ist auch die Steigerung der 1760er und 1770er Jahre zu verzeichnen. Der Kupferhandel folgte dem allgemeinen Konzentrationstrend auf Sumbawa. Aus weniger passiver Sicht könnte man auch zutreffender sagen, der Kupferhandel bestimmte diesen Trend entscheidend mit. Beim Import von Kupfererzeugnissen waren die regionalen Ethnien – also die Makassaren und Bugis – nur in den Anfangsjahren der überlieferten Hafenmeisterlisten ernsthaft beteiligt. Später beherrschten chinesische Kaufleute weitgehend diese
516
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Handelssphäre, an der nur gelegentlich auch Malaiien beteiligten. Auch die Gruppe der Kompanie- Untertanen konnten hinsichtlich des Imports kaum Fuß fassen. Anders gestaltete sich das Bild beim Export, dessen Steigerung in der zweiten Überlieferungsperiode in ho-hem Maße von den Kompanie-Untertanen getragen wurde. Hier ist auch eine verstärkte Beteiligung der Makassaren und Bugis zu beobachten, während die den Import bestimmenden Chinesen bei der Ausfuhr nur eine Gruppe unter vielen waren, die zudem gegen Ende des Beobachtungszeitraumes beinahe gänzlich aus dem Kupferexport verschwanden.
Eisen und Eisenwaren Eisen und Eisenprodukte spielten zunächst eine größere Rolle als Kupferwaren. Bis auf das letzte Untersu-
Tabelle 6.23: Anteil der Fahrten mit Eisenwaren in der Ladung
chungsjahr blieb der Anteil von Fahrten mit Eisenwaren jedoch vergleichsweise konstant. Im Gegensatz zum Kupferhandel erlebte der Eisenhandel keine deutliche Belebung. Auch hinsichtlich der geographischen Ausrichtung ist eine große Konstanz zu beobachten. Eisen und Eisenwaren wurden ausschließlich aus Java importiert. Daneben spielte sicherlich auch der Landweg aus dem Landesinneren eine gewisse Rolle, worüber
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
1717/18
3,0%
5,0%
4,0%
1722/23
4,4%
1,8%
3,1%
1727/28
5,0%
6,4%
5,7%
1730/31
2,0%
2,8%
2,4%
1733/34
1,0%
0,9%
1,0%
1767/68
3,8%
3,5%
3,7%
1772/73
3,6%
4,3%
4,0%
1777/78
3,0%
7,5%
5,2%
1781/82
6,1%
6,9%
6,6%
1787/88
7,6%
16,9%
13,1%
jedoch keine Registraturen angelegt wurden. Exportiert wurden Eisenwaren in erster Linie zu den Kleinen Sunda-Inseln, in zweiter Linie nach Sumbawa. Der Nahbereich, die Inseln um Sulawesi und die Häfen an der sulawesischen Küste, gewannen erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine gewisse Bedeutung. Beim Import spielte die Chinesen eine weitgehend konstante Rolle, während die Malaiien vor allem in der zweiten Überlieferungsperiode zur Eiseneinfuhr beitrugen. Auch die europäischen Bürger und die sulawesischen Bugis waren immer wieder am Eisenimport beteiligt, wobei diese Gruppen sich bietende Gelegenheiten nutzten, ohne eine spezifische Konzentration auf die Handelssphäre zu entwickeln.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
517
Tabelle 6.24: Struktur des Eisenhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
Noch weniger spezifisch ist das Bild, das die ethnisch differenzierten Zahlen für den Export entwerfen. Hier waren weitgehend alle Nationen beteiligt, ohne sich völlig auf diese Sphäre festzulegen. Eine ununterbrochene Beteiligung ist bei keiner Gruppe zu beobachten, völlige Abstinenz hingegen auch nicht. Insgesamt waren die Malaiien am stärksten vertreten; die Chinesen – gemessen an ihrer Rolle in anderen Handelssphären und in Anbetracht ihrer insgesamt wachsenden Bedeutung in Makassar – eher marginal. Die Makassaren schließlich traten noch sporadischer als alle anderen Beteiligten in Erscheinung. Die explosionsartige Steigerung im Jahr 1787/88, die vielleicht schon auf eine neue Handelsära in Makassar hindeutet, wurde gleichermaßen von den Malaiien und den Kompanie-Untertanen verursacht. Es ist durchaus denkbar, daß im Eisen-
518
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
warenhandel ein Boomsektor für den einheimischen Handel am Übergang zur bevorstehenden Kolonialzeit zu sehen ist, der sich vielleicht auch genau in dieser Umbruchsituation etablieren konnte.
Golddraht oder die geringe Bedeutung der Edelmetalle Zweifelsohne stellte Gold einen wichtigen, wenn nicht den allerwichtigsten Wertgegenstand dar. Als Rohstoff, in
Tabelle 6.25: Einfuhr und Ausfuhr von Golddraht in Kisten
Form von Barren, wurde er allerdings nur selten gehandelt. Seine wichtigste
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
2
11
Erscheinungsform in den Hafenmeis-
1717/18
9+ 1 pikul
terlisten ist Golddraht. Neben der
1722/23
43
0
43
Inwertsetzung des reinen Eigenwertes
1727/28
6
0
6
konnte dieser auf verschiedenste Wei-
1730/31
31
0
31
se in den Luxusgütergewerben wei-
1733/34
21
0
21
terverarbeitet werden. Damit nahm
1767/68
16
41
57
Gold eine Zwischenstellung zwischen
1772/73
25
41
66
Wertanlage und Mode- oder Prestige-
1777/78
31
26
57
artikel ein.
1781/82
30
55
85
1787/88
132
197 + 0,13 pikul
329
Golddraht wurde in der ersten Überlieferungsperiode ausschließlich importiert. Eine Rolle als Zahlungs-
mittel kann dabei ausgeschlossen werden, da die Bezahlung in Münzgeld üblich war. Die Münzen waren zwar weitgehend ebenfalls aus Gold, wurden als solche in den Hafenmeisterlisten jedoch nicht aufgeführt. Es ist davon auszugehen, daß der importierte Golddraht dem Luxussektor zuzurechnen ist. Immerhin war Makassar trotz der Kolonialisierung durch die VOC eine der reichsten Städte des Archipels und hatte Versorgungsfunktionen für nicht wenige königliche Höfe in Süd-Sulawesi. Im zweiten Beobachtungszeitraum übertraf der Export von Golddraht den ebenfalls leicht steigenden Import bei weitem. Inzwischen hatte ein systematischer Abbau der Goldvorkommen in Sulawesi eingesetzt. Offenbar blieb die Ausbeute nicht allein in den Händen der Kompanie. Diese konnte das gewonnene Gold im innermakassarischen Handel, an dem sie ebenfalls beteiligt war, als Zahlungsmittel eingesetzt oder mit dem Rohmetall selbst Warenhandel betrieben haben.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
519
Tabelle 6.26: Struktur des Golddrahthandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
1772/ 73
1777/ 1781/ 1787/ 78 82 88
Herkunftsregionen Kalimantan
44,4% 41,9% 33,3% 6,5%
--
Java
55,5% 58,1% 66,7% 93,5% 100% --
--
--
--
100%
100%
--
--
--
100%
--
--
--
--
China
--
--
--
--
100% 99,2%
Sulawesi
--
--
--
--
--
--
53,7%
--
--
1,5%
100%
--
--
--
--
--
--
--
--
--
Java
--
--
--
--
--
--
--
23,1%
--
--
Sumbawa
--
--
--
--
--
100%
Bestimmungsregionen Kalimantan
46,3% 76,9% 100% 98,5%
Importeure Makassaren
--
11,6%
--
--
--
--
--
--
--
---
Bugis
33,3% 72,1% 33,3% 6,5%
--
--
--
--
--
Bürger
11,1%
--
--
--
--
--
--
Chinesen
11,1% 11,6% 66,7% 51,6% 100%
100%
100%
100%
--
99,2%
Malaiien Inder
--
--
41,9%
--
4,7%
--
--
--
--
--
--
--
0,8%
44,4%
--
--
--
--
--
--
--
--
--
Exporteure Makassaren
100%
--
--
--
--
--
--
--
--
--
Bugis
--
--
--
--
--
--
4,9%
--
--
--
Chinesen
--
--
--
--
--
Malaiien
--
--
--
--
--
VOC-Untertanen
--
--
--
--
--
78,0% 46,3% 100% 90,9% 76,6% --
--
22,0% 48,8%
--
9,1%
1,0%
--
--
21,3%
Der Import erweist sich in geographischer Hinsicht als klar gegliedert. Golddraht stammte zum einen aus Kalimantan. Die Goldvorkommen auf der Insel selbst wie auch die traditionellen Chinaverbindung Banjarmasins standen hinter dieser Herkunft. Die in Banjarmasin ansässige Chinesen sorgten für dier Weiterverarbeitung des Rohstoffes. Diese Quelle versiegte mit dem Niedergang der Verbindungen Makassars zu Banjarmasin. Zum anderen wurde Gold aus Java importiert, wobei hier die Chinaverbindung Batavias die entscheidende Rolle spielte. Diese Quelle versiegte wiederum in dem Moment, in welchem große Mengen Golddraht aus Amoy und damit unmittelbar aus China importiert wurden.
520
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Bestimmend für den Export waren die Königreiche auf Sumbawa, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts grundsätzlich Makassars wichtigste Handelspartner darstellten. Alle anderen Goldexporte – 1772/73 wurde eine größere Menge nach Buton exportiert, 1777/78 gingen zwei kleinere Transporte nach Semarang auf Java – erscheinen angesichts dieser Konzentration eher zufällig. Der Handel mit Golddraht war eine Handelssphäre der Chinesen, die zugleich Ursprungslieferanten und mutmaßlich auch Weiterverarbeiter waren. Nur der Export in der zweiten Jahrhunderthälfte weist eine Beteiligung der KompanieUntertanen auf, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß bereits einige pernakang-Chinesen den Status eines Untertanen der VOC erlangt hatten.
7. Salz und Zucker, Tee und Opium - der Handel mit Genußmitteln
Der Salzhandel Unter den Massengütern, die im Malaiischen Archipel gehandelt wurde, nahm Salz eine herausgehobene Stellung ein. Es war, unabhängig von Ort und Ethnie, ein unverzichtbares Verbrauchsgut – sowohl als unverzichtbarer Nahrungsbestandteil wie auch als Konservierungsmittel. Produziert wurde Salz für den Eigenbedarf fast überall im Archipel. Häufig geschah dies mit Methoden, deren Resultat nur knapp den Bedarf der Produzenten decken konnte. Meersalz für Exportzwecke wurde im 17. und 18. Jahrhundert lediglich an der Nordküste Javas in Salzpfannen gewonnen – vor allem auf der Insel Madura und an den Küsten um die Städte Demak, Rembang und Surabaya. Das wurde Salz von indigenen Produzenten gewonnen, die ihre Erzeugnisse an den lokalen Fürsten abführen mußten und mit einem Drittel des Erlöses entlohnt wurden. Die Fürsten hielten das Monopol auf Salz, verpachteten dieses jedoch in der Regel an Kaufleute.63 Im 19. Jahrhundert wurden auch im Süden der Inseln Selayar zahlreiche Salzpfannen eingerichtet.64 Die Daten bestätigen jedoch, daß diese Produktion im 18. Jahrhundert noch keine Rolle gespielt hat. Ein Versuch der VOC, den Salzhandel zu monopolisieren, scheiterte in den 1680er Jahren. Die Kompanie kehrte erst 1715 in den Salzhandel zurück. Unter ihrer Protektion rückten die Chinesen, die im 18. Jahrhundert bereits alle javani63 64
schen Pachten innehatten, auch in eine Vormachtstellung im Salzhandel ein.65 Sie belieferten Mitte der 1770er Jahre im wesentlichen über Malakka die Anreiner der gleichnamigen Straße sowie Kalimantan. Rund 22% der Salzlieferungen verblieb innerhalb Javas. Ziele im Osten des Archipels, so die Interpretation auf Java bezogenen Datenmaterials, spielten zu diesem Zeitpunkt für den javanischen Salzexport offenbar keine Rolle.66 Die aus den Quellen der javaniTabelle 6.27: Einfuhr und Ausfuhr von Salz in Lasten
schen VOC-Niederlassungen gewonnenen Rückschlüsse spiegeln sich auch in den Hafenmeisterlisten Ma-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
kassars wieder. In der ersten Überlie-
1717/18
84
47
132
ferungsperiode war Makassar eindeu-
1722/23
42
35
77
tig ein wichtiger Umschlagplatz für
1727/28
52
82
134
Salz. Europäer und in zunehmendem
1730/31
86,7
90
176,7
Maße Chinesen importierten das be-
1733/34
13
26
39
gehrte Gut aus Java. Dabei konkur-
1767/68
0
0
0
rierten Semarang und Batavia um die
1772/73
0
1
1
Rolle des Hauptexporthafens. Sema-
1777/78
11,7
0
11,7
rang lag näher an den Produktions-
1781/82
11,2
0
11,2
stätten und war daher für die Priva-
1787/88
2,3
8,5
10,8
tiers günstiger gelegen. Über Batavia hingegen wickelte die erneut am
Salzhandel beteiligte VOC ihren gesamten Güterverkehr ab. Daher behielt Batavia stets eine wichtige Funktion in dieser Handelssphäre und verhinderte eine alleinige Vorherrschaft Semarangs. Von Makassar aus wurde das Salz vor allem durch Europäer weiter zu den VOC-Besitzungen auf Ambon und Banda gebracht. In der zweiten Überlieferungsperiode nahm der Salzimport nach Makassar deutlich ab, der Export versiegte beinahe gänzlich. Der verbliebene Import aus Java wurde inzwischen über Häfen abgewickelt, die unmittelbar im Produktionsgebiet unter Kontrolle lokaler Fürsten lagen (Surabaya, Gresik). Entsprechend führten nicht Chinesen, sondern vorrangig Malaiien die Transporte durch.67 Die in der ersten 65
66 67
KNAAP/NAGTEGAAL, Forgotten Trade, 131-133, 134-134/135, 138-145. Zur Rolle der VOC an der Nordküste Javas zwischen 1680 und 1743 siehe NAGTEGAAL, Hollandse tijger, passim; speziell zur Rolle der Chinesen in diesem Zusammenhang siehe ebd., 110-132. KNAAP/NAGTEGAAL, Forgotten Trade, 151; KNAAP, Shallow Waters, 122/123. Ebd., 124.
522
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.28: Struktur des Salzhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
1772/ 73
1777/ 1781/ 1787/ 78 82 88
Herkunftsregionen Java
90,5% 85,7% 98,1% 68,9% 100%
--
--
Sumbawa
8,9% 14,3%
--
--
--
8,1%
--
100% 10,3% 100% --
89,3%
--
Bestimmungsregionen Sulawesi
19,1% 8,6%
2,4%
3,3%
3,8%
--
--
--
--
--
Kalimantan
10,6% 8,6%
1,2%
6,7%
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
Java Sumbawa Nusa Tenggara Süd-Molukken Nord-Molukken
--
5,7%
2,1%
--
--
--
--
--
100%
--
--
--
--
5,7%
1,5%
2,2%
--
--
--
--
--
--
68,1% 71,4% 93,9% 87,8%
--
--
--
--
--
--
96,2%
--
--
--
--
100%
--
--
--
--
Importeure Makassaren
7,7% 14,3% 13,5% 2,3%
--
--
--
--
--
--
Bugis
2,4%
--
--
--
--
--
--
Bürger
29,8% 83,3% 76,9% 59,6%
--
--
--
--
--
--
Chinesen
8,3%
2,4%
--
--
--
--
--
Malaiien
19,6%
--
--
--
Makassaren
5,3% 11,4% 2,4%
--
--
--
100%
--
--
--
Bugis
10,6% 11,4% 1,2%
5,6%
3,8%
--
--
--
--
--
Bürger
25,5% 71,4% 90,2% 84,4%
--
--
--
--
9,6% 32,3% 100% --
3,5%
--
100% 89,3%
--
Exporteure
--
--
--
--
--
Chinesen
--
--
3,7%
6,7%
100%
--
--
--
--
--
Malaiien
4,3%
5,7%
1,2%
--
--
--
--
--
--
100%
Überlieferungsperiode bestimmenden Salzhandelssysteme existierten – zumindest hinsichtlich Makassars – in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr. Die eingeführten Mengen reichten nur noch zur Deckung des Eigenbedarfs. Eine Versorgung der Plantagen auf Ambon und Banda lag nicht mehr im Bereich des Möglichen. Überhaupt wurden in dieser Epoche keine Salzlieferungen mehr von Java in Regionen östlich der Inseln Kalimantan und Java durchgeführt. Es war zumindest nicht die VOC, die in die Bresche des zurückgegangenen Salzhandel gesprungen war. Lediglich 1772/73 verkaufte die Kompanie 1.500 Pfund
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
523
(entspricht 0,5 Last) javanisches Salz. Die vereinzelten Fässer, die darüber hinaus den Weg in den Verkauf fanden, stammten ausdrücklich aus den Niederlanden und gehörten ursprünglich zur Verpflegung der Niederlassung.68 Damit steht die Frage nach der offensichtlich notwendigen Versorgung der Molukken in der zweiten Überlieferungsperiode im Raum. In diesem Zusammenhang taucht in den makassarischen Hafenmeisterlisten ein Fingerzeig auf, der – nähere Untersuchungen vorausgesetzt – eine Erklärung anbieten könnte. Neben Java erscheint mehrfach die Insel Sumbawa als Herkunftsort von Salz.69 Im Jahr 1781/82, als die javanischen Exporte auch Sumbawa nicht mehr hätten versorgen können, stammte mit zehn Lasten sogar eine beträchtliche Menge von dieser Insel. Eine Salzproduktion auf Sumbawa blieb bislang in der Literatur weitgehend unberücksichtigt, doch ist sie auf Grund streckenweise ähnlicher Küstenverhältnisse wie auf Java durchaus möglich. Eine Salzversorgung des östlichen Archipels durch Salzpfannen auf Sumbawa wäre in diesem Zusammenhang näher ins Auge zu fassen.
Javas Zuckerplantagen und der Zucker-Import von Makassar Die Gewinnung von Zucker aus Zuckerrohr war in Asien eine gänzlich chinesische Angelegenheit. Die Entwicklung dieser Produktion hatte ihren Ursprung in der chinesischen Provinz Guangdong während der späten Tang-Dynastie. Bis zur Wende zum 17. Jahrhundert hatte sich diese Technik über ganz Südostasien ausgebreitet. Unter der VOC etablierten Exilchinesen auf Java eine umfangreiche Zuckerproduktion, die schnell zur Erfolgsgeschichte wurde. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den 1720er und 1730er Jahren, als über 100 Zuckermühlen jährlich 4.000 Tonnen oder mehr für den Export vor allem nach Japan und Persien produzierten.70 Die javanische Zuckerproduktion lag ausschließlich in der Hand chinesischer Unternehmer und wurde durch die VOC forciert, die den Zuckerhandel nach Europa monopolisierte und somit der wichtigste Abnehmer der chinesischen Produzenten war.71 Durch die Kontrolle der Zuckermühlen erlangten die Chinesen auch eine Monopolstellung in der Produktion des beliebten Branntweines Arak.72 68 69
70 71 72
ARA Den Haag, VOC 3384, Macassar, o.P.; VOC 3524, Macassar, o.P.; VOC 3623, o.P. Die geringe Menge aus Kalimantan (1717/18) steht im Zusammenhang mit der zu dieser Zeit noch gegebenen Emporiumsfunktion Banjarmasins, der Import aus Sumatra (1727/28) mit dem intensiven Beziehungen in diesem Bereich zur Westküste Sumatras (KNAAP/NAGTEGAAL, Forgotten Trade, 133/134). BULBECK/REID/TAN/WU, Exports, 107-109. NAGTEGAAL, Hollandse tijger, 134-137; BLUSSÉ, Batavia, 174-176; COBBAN, Geographic Notes, 131-135. ABEYASEKERE, Jakarta, 25; COBBAN, Geographic Notes, 131.
524
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Der Zuckerhandel in Makassar war in mancherlei Hinsicht eine dem Salzhandel eng verwandte Handels-
Tabelle 6.29: Einfuhr und Ausfuhr von Zucker in pikul
sphäre. Auch in seinem Fall wurde die Versorgung durchgehend aus Java sichergestellt, dem einzigen Produktionsgebiet von Zucker innerhalb des Malaiischen Archipels. Dabei spielten die beide Hafenstädte, in deren Hinterland sich die Zuckerkulturen befanden, recht unterschiedlich gewichtete Rollen. Über Batavia wurde das Gros der Zuckerlieferungen nach Makassar
abgewickelt;
Semarang
konnte nur gelegentlich eine ergän-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
1717/18
171,5
99,5
271
1722/23
59
67,5
126,5
1727/28
112
10
122
1730/31
47
6
53
1733/34
36
27,5
63,5
1767/68
68,5
3
71,5
1772/73
263
0
263
1777/78
25
2
27
1781/82
310
35
345
1787/88
52
37
89
zende Rolle spielen. Am Ende der zweiten Überlieferungsperiode wurden sogar einige Ladungen in Surabaya umgeschlagen, die auf Grund der geographischen Lage aus den Produktionsgebietn im Hinterland Semarangs gekommen sein dürften. In der ersten Überlieferungsperiode diente Makassar als Umschlagplatz für Zucker. In der zweiten Überlieferungsperiode wurde Zucker trotz gestiegener Importmengen nur noch in sehr geringem Maße exportiert. Der steigende Eigenbedarf der gewachsenen Stadt Makassar dürfte dies verhindert haben. Allerdings war der makassarische Zuckerhandel im Vergleich zu den allgemeinen Exportziffern Javas stets nur eine Randerscheinung.73 Korrespondierend zu ihrer Monopolposition auf Java lag der Zuckerimport vorrangig in chinesischen Händen. Der Export hingegen war weitaus breiter gestreut, sowohl in ethnischer wie in geographischer Hinsicht. Hier unterschied sich der Zuckerhandel denn doch von der Handelssphäre Salz. Deutliche Schwerpunkte lassen sich nicht ausmachen. Vielmehr vermitteln die Daten ein sehr uneinheitliches Bild, in dem sich Schwerpunkte oder gar Ausschließlichkeiten von Untersuchungsjahr zu Untersuchungsjahr ändern. Eine kontinuierliche und stabile Exportverbindung für 73
Tabelle 6.30: Struktur des Zuckerhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
1772/ 73
1777/ 1781/ 1787/ 78 82 88
Herkunftsregionen Java
95,9% 100% 100% 100% 100%
100%
100%
100%
100%
Batavia
71,4% 100%
100%
100%
--
67,7% 38,5%
Semarang
24,5%
--
--
34,0%
--
--
--
--
Surabaya
--
--
--
--
--
--
--
100%
16,1%
--
--
2,7%
100%
66,0% 100%
100%
16,1% 61,5%
Bestimmungsregionen Sulawesi
15,1% 1,9%
--
--
--
100%
--
100%
Kalimantan
26,4% 63,3%
--
--
18,2%
--
--
--
--
--
Sumbawa
44,0% 25,6%
--
--
63,6%
--
--
--
100%
--
--
--
--
--
--
--
Süd-Molukken
--
--
100% 100%
Nord-Molukken
7,0%
--
--
--
--
--
--
--
--
97,3%
Sumatra
7,5%
--
--
--
18,2%
--
--
--
--
--
--
--
Importeure Makassaren
0,6%
Bürger
49,6% 91,5% 17,9% 42,6%
8,5%
--
--
Chinesen
41,7%
--
Malaiien
5,2%
--
--
--
--
--
--
--
50,2%
--
12,9% 57,7%
82,1% 57,4% 100% 97,8% 34,6% 100% 71,0% --
--
--
2,2%
3,8%
15,2%
--
--
38,5%
Exporteure Makassaren
40,2% 29,6%
Bugis
22,6% 55,9%
--
--
9,1%
--
--
--
--
--
--
--
54,5%
--
--
--
35,7%
--
--
--
100%
--
--
--
--
--
--
--
Chinesen
9,5%
--
--
--
--
Malaiien
15,1% 8,9%
Bürger
VOC-Untertanen
--
--
100% 18,2%
100% 57,1% 70,3%
--
--
18,2%
--
--
--
--
27,0%
--
--
--
100%
--
--
7,1%
2,7%
Zucker hatte demnach von Makassar aus nicht bestanden. Vielmehr war Zucker ein ergänzendes Gut, das – überall im Archipel absetzbar – mehr oder weniger alle Händlernationen gerne ihrer Ladung hinzufügten, wenn sich auf dem Markt eine entsprechende Gelegenheit ergab.
526
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Kokosnüsse Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte im privaten Bereich der Handel mit Kokosnüssen („oude clappus“). Bis in die Gegenwart sind zahlreiche prahus in den indonesischen Gewässern mit großen Mengen Kokosnüssen beladen, die in vielerlei Hinsicht zu den regionalen Grundnahrungsmitteln zählten und zählen. Die natürliche, klare Kokosmilch im Inneren der Nuß dient als Getränk, die aus Wasser und frischen Fruchtfleisch gewonnene weiße Kokosmilch ist fester Bestandteil der südostasiatischen Küche, und das Fruchtfleisch selbst erlangte in getrockneter Form während der Kolonialzeit sogar einen bescheidenen Status als Exportgut. Besonders die nördliche der Siedlungsgebiete der Mandhar gelegene Landschaft Kaili war für ihre Kokosnußproduktion berühmt.74 Auch andere Regionen auf Sulawesi und vor allem die vorgelagerten Inseln verfügten über Kokosnußplantagen. Es verwundert daher weder, daß häufig die Ausfuhr von Kokosnüssen deren Einfuhr übertraf, noch daß der Nahbereich die wesentlichen Herkunftsorte abdeckte. Andererseits wurden gelegentlich enorme Mengen auf dem Seeweg eingeführt, wie 1727/28, als über 113.000 Stück den Hafen erreichten. Die allgegenwärtige Präsenz dieser Frucht führte dazu, daß die Nüsse gelegentlich aus ganz anderen Gegenden stammten; beispielsweise stammte 1730/31 über die Hälfte des Imports aus Java. Exportiert wurden die begehrten Früchte in beinahe alle Regionen, zu denen Makassar privat organisierte Handelskontakte unterhielt. So lange Kalimantan häufig von Privatiers aus Makassar aufgesucht wurde, fanden auch Kokosnüsse ihren Weg dorthin. Entsprechend ihrer allgemeinen Bedeutung für Makassar waren Java und Sumbawa augenfällig als Ausfuhrziel vertreten. Der deutliche Rückgang sowohl des Imports als auch des Exports von Kokosnüssen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts deutet eindeutig auf eine Verlagerung der Handelswege und Umschlagsplätze hin. Weder die Produktion von Kokosnüssen noch die Nachfrage kann über mehrere Jahrzehnte hinweg eingebrochen sein, zumal es bis heute seine Bedeutung beibehalten konnte. In dieser Phase stammten die wenigen noch importierten Kokosnüsse fast ausschließlich aus dem Nahbereich und dürften aus Versorgungsgründen die Stadt erreicht haben. Größere Umschläge dieses Produktes fanden inzwischen an anderen Orten statt. Waren die Makassaren in vielen Handelssphären deutlich unterrepräsentiert, traten sie im Bereich des Kokoshandels, der einen engeren Zusammenhang mit der 74
Aus Sicht der VOC war der lukrative Kokosölhandel von Kaili nach Pasir von Goa-Tallo monopolisiert worden (Generale Missiven IV, 11.12.1679, 336).
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
527
Subsistenzsicherung aufwies als Textil- oder Metallhandel, weitaus häufiger in Erscheinung. Zusammen mit den Bugis sorgten sie dafür, daß diese Handelssphäre im wesentlichen in der Hand regionaler Händlergruppen blieb. Auch Chinesen, Malaiien oder Inder waren an diesem Handel beteiligt, allerdings in deutlich geringerem Maße. Europäer hingegen hatten mit dem Transport von Kokosnüssen nichts zu tun; ihnen fehlte in jeder Hinsicht der Bezug zu diesem Produkt.
Herkunft und Import von Tee Kein anderes Produkt, das in Makassar umgeschlagen wurde, stand in so engem Zusammenhang mit dem Reich der Mitte als der Tee. Ob er über Batavia transportiert oder direkt aus der Provinz Fukien importiert wurde, stets stammte der in Makassar gehandelte und konsumierte Tee aus chinesischem Anbau.75 Bis ungefähr 1830 waren den Europäern wie den meisten Asiaten die Hintergründe des Teeanbaus und der Teeproduktion weitgehend unbekannt; nur nach Japan, Formosa und Java waren diese Kenntnisse bereits vorgedrungen. Erst in den 1840er Jahren wurden in Europa erste, noch sehr geringe Teemengen versteigert, die nicht mehr aus China importiert worden waren, sondern von Pflanzungen stammten, die sich im Machtbereich der beiden großen Ostindien-Kompanien befanden.76 In Südostasien hatte der Tee im Laufe der frühen Neuzeit eine schleichende Verbreitung gefunden, die im engen Zusammenhang mit chinesischen Seefahrern und Diasporagruppen stand. Nach und nach fanden auch die in Asien tätigen Europäer Geschmack an dem anregenden Getränk. Während die iberischen Nationen dem Tee noch nichts abgewinnen konnten, trat er bei den Niederländern und Engländern einen außerordentlichen Siegeszug an.77 Die Ausbreitung des Tees hatte spätestens bis zum 18. Jahrhundert auch die Stadt Makassar mit ihren kleinen, aber finanzstarken chinesischen und niederländischen Bevölkerungsgruppen erreicht. Dies verraten die Hafenmeisterlisten, die fast ausschließlich Importe des Produktes verzeichnen. Offenbar hatte auch die einheimische Bevölkerung Geschmack am chinesischen Getränk gefunden. Zumindest spricht Nicolas Gervaise davon, daß die Makassaren neben Kaffee und Schokolade 75 76 77
Zum chinesischen Tee-Export nach Südost-Asien im 17. und 18. Jahrhundert siehe PTAK, Teehandel, insbes. 90-92 GUOTU, Tea Trade, passim, und GARDELLA, Tea Trade, passim. HOBHOUSE, Fünf Pflanzen, 130, 144, 165. Grundlegend zum Tee-Import aus Asien durch die VOC siehe GLAMANN, Dutch-Asiatic Trade, 212-243. PTAK, Teehandel, 92/93.
528
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
auch Tee tranken.78 Es bestand also eine breite Nachfrage, die für Einfuhrmengen sorgte, die schon einmal knapp zwei metrische Tonnen (1722/23), gegen Ende des Untersuchungszeitraumes sogar knapp vier Tonnen (1787/88) erreichen konnten. Eingeführt wurde Tee zunächst aus Batavia. Die Teeversorgung über den auf Batavia ausgerichteten Junkenhandel wurde im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts durch die Amoy-Junke abgelöst, die regelmäßig und direkt Makassar anlief. Daß in der Zwischenzeit offenbar eine Versorgungslücke entstanden war,79 hatte seine Ursache in der Krise der niederländischen Beziehungen zu China nach dem Chinesenmassakers in Batavia 1740. Exportiert wurde Tee aus Makassar nur in Ausnahmefällen. Wenn dies der Fall war, handelte es sich entweder um Exporte nach Java oder um die Versorgung der süd-molukkischen Plantageninsel, auf denen ebenfalls eine konsumbedingte Nachfrage nach Tee entstanden war. Die Transporte, die im Jahr 1777/78 nach Java gingen, steuerten zweimal Semarang und einmal Surabaya an. Da dieses Jahr bereits in den Zeitraum fällt, in welchem Makassar durch die Amoy-Junke mit Tee versorgt wurde, können diese Transporte als Fingerzeig darauf gewertet werden, daß der China-Handel Javas nicht mehr ausschließlich über Batavia abgewickelt wurde. Nicht nur hinsichtlich der Produktherkunft, sondern auch der Zusammensetzung der beteiligten Händler war der Teehandel eine chinesische Sphäre. Teilten sie sich in der ersten Überlieferungsperiode noch den Importmarkt mit den europäischen Bürgern, sorgte in den 1770er und 1780er Jahren die Amoy-Junke für eine völlige chinesische Dominanz. Auch die Ausfuhr wurde deutlich von chinesischen Schiffseignern dominiert. Der einzige Auftritt der Bugis beim Import steht im Zusammenhang mit der Anbindung Chinas an Banjarmasin im frühen 18. Jahrhundert, die vor allem durch buginesische Händler nach Makassar fortgesetzt wurde. Im Gegensatz zu diesem Einzelereignis hatten die Europäer einen doch beträchtlichen Anteil am Teehandel, insbesondere vor dem Hintergrund der alles überragenden Rolle der Junke aus Fukien. Da die niederländische Ostindien-Kompanie bereits erfolgreich mit diesem Produkt handelte, war die die Lukrativität dieser Sphäre auch bei den europäischen Privathändlern erkannt worden. Allerdings konnten sie diese Sphäre so lange nicht dominieren, wie China die einzige ernstzunehmende Herkunftsregion darstellte.
78 79
GERVAISE, Kingdom of Macassar, 75. Zumindest verzeichneten die ersten beiden Beispielsjahre der zweiten Überlieferungsperiode (1767/68, 1772/73) keinerlei Teeimport.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
529
Opium Als die Europäer in Asien eintrafen, war Opium ein weiteres, traditionell gehandeltes Genußmittel, wenn auch mit weitaus gravierenderen Folgen für die Gesellschaft als alle bislang angesprochenen. Die Portugiesen berichteten von Handel und Konsum des Rauschmittels bereits in ihren frühesten Zeugnissen aus Asien.80 1681 stellte die VOC in ihren Generalen Missiven fest, daß die Javaner vom Opium „dog niet missen of laten konnen“, und im 18. Jahrhundert bemerkte Alexander Dalrymple, daß „in almost all the eastern ports, ophium is considered as a necessary of life.“ 81 Opium war den Europäern auch vor der Expansion nach Asien durchaus vertraut. In der Erscheinungsform des weißen ‚Cairo brand‘ oder mesri wurde er für europäische Kunden zugänglich in Kairo gehandelt.82 Auf Grundlage des Kairiner Marktes konnten sich die Europäer allerdings kaum ein Bild der Verbreitung des Rauschmittels in Asien machen. Neben dem mesri wurden dort das schwarze ‚Aden opium‘, das am Roten Meer gewonnen wurde, sowie das ‚Cambay opium‘ aus Rajasthan und Opium aus Bengalen, das bei Pires als ‚cous‘ bezeichnet wird, gehandelt.83 Für den Malaiischen Archipel war ausschließlich Opium aus Indien, insbesondere Bengalen, von Bedeutung. Mitte des 18. Jahrhunderts galt das bengalische Opium, von dem jährlich 2.000 chests produziert wurden, als das hochwertigste überhaupt.84 Vor der Entwicklung Chinas zum größten Opium-Markt im 19. Jahrhundert war der Archipel sogar der Hauptabnehmer bengalischen Opiums.85 An einem solch lukrativen Handel konnten die gewinnorientierten Europäer nicht vorbeigehen. Die sehr wechselhafte Beteiligung der Portugiesen an dieser Handelssphäre blieb noch eine vorübergehende Episode des europäischen Asienhandels.86 Anders verhielt es sich bei den Niederländern und vor allem den Briten, die sich im Laufe der Zeit in diesem Bereich etablieren konnten. In Indien waren vor allem EIC-Bedienstete am Opium-Handel beteiligt, den sie im 18. Jahrhundert zu monopolisieren versuchten.87 Was den auf eigene Rechnung arbeitenden Einzel80 81 82 83 84
85 86 87
BOUCHON, Opium Trade, 96-99 und passim. Generale Missiven IV, 29.4.1681, 472; DALRYMPLE, Plan, 6. Die Bezeichnung leitet sich von arab. misri = ‚ägyptisch‘ ab. Die Produktionsstätten dieser OpiumVariante liegen bislang noch im Dunkeln. BOUCHON, Opium Trade, 99. DALRYMPLE, Plan, 6. Der Autor schlägt in diesem Zusammenhang vor, daß sich die EIC mit einer jährlichen Investition von 1.000 chests an diesem lukrativen Handel beteiligen sollte, wovon er sich einen Gewinn von 200.000 Real oder 50.000 Pfund Sterling verspricht. PRAKASH, Opium Monopoly, 74. BOUCHON, Opium Trade, 100-102, 105. PRAKASH, Opium Monopoly, 75.
530
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
personen nicht gelingen konnte, wurde der EIC 1773 zugestanden: ein Monopol auf das Rauschmittel in ihrem Herrschaftsbereich auf dem Subkontinent.88 Jahr für Jahr wurden 900 chests Opium von Bengalen in den Malaiischen Archipel exportiert, davon allein 550 nach Java. Der Preis schwankte zwischen 3.500 und 5.000 Real pro chest. Das große Angebot aus den indischen Anbaugebieten sorgte zunehmend für niedrige Preise, die wiederum die Erschließung weiter Kreise für den Opiumkonsums zur Folge hatten.89 Der niederländische Opium-Handel verblieb stets in Abhängigkeit von der britischen Hegemonie in den Anbaugebieten.90 Zwar war mit der Eroberung Malakkas eine ungestörte Verbindung zwischen Batavia und Bengalen entstanden; zwar erlaubte die englische Kompanie seit 1659 der VOC auch den direkten OpiumEinkauf in Indien, der zwei Jahre später durch einen entsprechenden Vertrag zwischen der Kompanie und dem Mogulen abgesichert wurde; doch schließlich bestand für die Niederländer nie die Möglichkeit eines eigenen Zugriffs auf die Produktion. Der Opiumhandel war für die VOC durchaus profitabel, blieb aber letztendlich lange Zeit von untergeordneter Bedeutung.91 Mit einem Abkommen zwischen der Kompanie und dem Herrscher von Mataram änderte sich dies. Die VOC erhielt im Gegenzug zur Zusage militärischer Unterstützung im Kriegsfalle ein Importmonopol für die Einflußbereiche Matarams und damit – berücksichtigt man die beträchtlichen Gebiete unter direktem VOCEinfluß – für beinahe ganz Java. Der Opium-Import durch die VOC versiebenfachte sich. Auf Auktionen wurde die Importe schiffsladungsweise versteigert, während an Zwischenhändler die Erlaubnis für den Weitertransport in andere javanische Häfen vergeben wurden.92 Das Ergebnis dieser Handelspolitik war nicht nur ein hoher Profit der Kompanie, sondern auch ein beträchtlich steigendes Aufkommen von privaten Händlern, die das Monopol der VOC zu unterlaufen suchten und dementsprechend als Schmuggler eingestuft wurden. Auch entlang der Küsten Kalimantans und der Nordküste Sulawesis blühte dieser „Schmuggelhandel“.93 Um dem Problem Herr zu werden, gründete die Kompanie eine eigenständige Opium-Kompanie zu Batavia, der sie das Zwischenhandelsmonopol übertrug.94 Auch wenn ihr Zeitge88 89 90 91 92 93 94
Ebd., 77; BLAKE, Foreign Devils, 234. CRAWFURD, History III, 520. PRAKASH, Opium Monopoly, 85. LUIJK/OURS, Drug Use, 2/3. Ebd., 3; PRAKASH, Opium Monopoly, 83. Generale Missiven XI, 31.12.1746, 377/378. DALRYMPLE, Plan, 6.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
531
nossen einen Handel mit hohen Gewinnspannen attestierten, blieb das Experiment einer Opium-Handelsgesellschaft letztendlich erfolglos.95 Trotz seiner großen Bedeutung im frühneuzeitlichen Asien spielte das Opium im Handel Makassars nur eine untergeordnete Rolle. Unter den Exportgütern der Stadt fand es sich beinahe nie; es wurde nur importiert und in der Stadt selbst konsumiert. Und auch der Import von Opium trat erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Erscheinung, als Makassar bereits eine weit entwickelte Kolonialstadt war.96 In dieser Periode hatte die chinesische Gemeinde eine Größe erreicht, die eine entsprechende Nachfrage nach Opium tragen konnte. Offenbar handelte es sich bei ihnen um die wesentliche Abnehmergruppe; schließlich gehörte unter Chinesen auch in der Diaspora das Opiumrauchen zur Kultur. Weitaus weniger Anklang, wenn es denn überhaupt eine Rolle spielte, fand diese Art des Drogenkonsums unter den Europäern. Gleiches gilt für die einheimischen Ethnien, die Makassaren und Bugis. Wäre der Opiumkonsum unter ihnen bereits im 18. Jahrhundert zu einem Massenphänomen geworden, wäre die Nachfrage und damit der Import der Droge nach Makassar weitaus höher ausgefallen. Auch in den zeitgenössischen Berichten über Makassar lassen sich keine Andeutungen finden, die für ein Drogenproblem und damit für einen Massenkonsum von Opium in der Stadt sprächen. Auffällig ist, daß trotz der Bemühungen, den Opiumhandel mit Hilfe der Amphioen Sociëteit zu monopolisieren, die europäischen Bürger nur selten im makassarischen Opiumhandel in Erscheinung traten. Unter dieser Bezeichnung hätten jedoch auch die Schiffe der Monopolgesellschaft registriert werden müssen. Das Fehlen solcher Einträge belegt demnach auch das Fehlen von Schiffen der Amphioen Sociëteit im Hafen von Makassar. Vielmehr teilten sich Fahrzeuge im chinesischen und malaiischen Besitz den Transport der Droge nach Süd-Sulawesi. Damit hielten die mutmaßlich wichtigsten Konsumentengruppen auch den Handel mit dem Rauschmittel weitgehend in den Händen. Die niederländische MonopolGesellschaft hatte im Handelsalltag offenbar keine Chance, die ihr von der niederländischen Führung in Batavia zugedachte Aufgabe zu erfüllen. Ihr geplantes Monopol wurde zumindest in einiger Entfernung des Kompaniesitzes Batavia stets von chinesischen und malaiischen Händlern unterlaufen. 95
96
LUIJK/OURS, Drug Use, 3. Zur Amphioen Sociëteit siehe auch PRAKASH, Opium Monopoly, 83/84. Ein geschlossen überliefertes Archiv der Amphioen Sociëteit existiert nicht mehr; die wichtigsten Unterlagen finden sich in diversen Privatarchiven in den Beständen des Allgeimenen Reichsarchivs in Den Haag: ARA Den Haag, Collection Radermacher, Nr. 283, 393 und 436; Collection Hope, Nr. 80; Collection Nederburgh, Nr. 28; Verkaufszahlen finden sich ebd., VOC 4832. Die Einfuhren schwankten zwischen 2,95 pikul und 28,35 pikul pro Jahr.
532
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
8. Nahrung für Gewürzbauern - der Reishandel
Schwankende Reiserträge in Süd-Sulawesi Aus der bisherig Betrachtungen der Nahrungs- und Genußmittel wurde der Reis bewußt ausgenommen. Zwei Gründe heben ihn besonders hervor: zum einen seine traditionelle Bedeutung in Makassar als einziges nennenswertes Exportgut, das in Süd-Sulawesi selbst erzeugt wurde; zum anderen seine allgemein herausragende Bedeutung als wichtigstes Grundnahrungsmittel Südostasiens. In Anbetracht der Spezialisierung vieler Regionen und der verstärkten Konzentration auf ‚cash crops‘ ist es nur selbstverständlich, daß dem Handel mit Grundnahrungsmitteln gerade im 18. Jahrhundert ein zunehmend hoher Stellenwert zukam. Unmittelbar hinter den diffusen Grenzen des makassarischen Stadtbereiches begannen die Reiskulturen. Die bis 1669 zum Kernbereich Goa-Tallos gehörenden Anbaugebiete standen nun unter der Kontrolle der VOC. Gelegentlich, insbesondere für die Endphase der VOC-Herrschaft in Makassar, sind Aufstellungen der Erntezahlen im Anhang an die Rendements der Kompanie-Kaufleute überliefert.97 Makassars Reiskammer schlechthin war der Landstrich Maros im Norden der Stadt, der bereits in der mythischen Frühgeschichte der Expansion Goa-Tallos wegen seines natürlichen Reichtums eine wichtige Rolle spielte. In den 1780er Jahren lieferte Maros gut ein Drittel der gesamten Reisernte im VOC-Gebiet. Jedoch kamen diese Ernten bei weitem nicht an die Mengen heran, welche mit bis zu 1.000 Tonnen Exportreis für das frühe 17. Jahrhundert überliefert worden sind.98 Nun wurden maximal 200 metrische Tonnen erreicht. Für die 1770er Jahre ist sogar eine deutliche Unterproduktion in Maros mit nur rund 60 metrischen Tonnen zu beobachten. Die Diskrepanz zur älteren Überlieferung kann auf einen generellen Ernterückgang zurückgeführt werden oder zumindest auf deutliche Schwankungen, wie sie sich auch in den wenigen Beispieljahren abzeichnen. Es ist aber auch möglich, daß die Bezeichnung ‚Maros‘ in Goa-Tallo nicht der gleichnamigen Verwaltungseinheit der VOC entsprochen hatte, so daß durchaus mehrere der Ende des 18. Jahrhunderts aufgeführten Bezirke ihren Anteil an den genannten 1.000 Tonnen hatten. 97
98
ARA Den Haag, VOC 3384, Makassar, o.P. (1771 und 1772); VOC 3580, Makassar, o.P. (1779); VOC 3598, Makassar, o.P. (1780); VOC 3623, Makassar, o.P. (1781). Die angeführten Jahrgänge wurden in Anlehnung an die generell in dieser Arbeit benutzten Beispieljahrgänge ausgewählt; ein vollständigeres Bild läßt sich leider auf Grund der Überlieferungslage nicht zeichnen. REID, Pluralism, 58.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
533
Insgesamt ergibt sich ein Bild schwankender Ernten, abhängig von den Witterungsbedingungen, dem Zustand der Bewässerungssysteme, aber auch von der Inanspruchnahme der Bevölkerung, beispielsweise für Kriegszwecke. Das Auf und Ab der verfügbaren Reismengen lernte die VOC sehr bald nach ihrer Machtübernahme in Makassar kennen. Die Reisernte von 1679 war in Süd-Sulawesi so ergiebig, daß der zehnte Teil, welcher der VOC zustand, allein zur Ernährung des Personals ausreichte.99 Auch das Jahr 1682 verzeichnete eine gute Ernte, so daß 550 Lasten ausgeführt werden konnten.100 Bereits ein Jahr später lautete die Meldung jedoch, daß auf Grund des starken Regens die gesamte Reisernte in Süd-Sulawesi verloren war.101 1684 konnten hingegen insgesamt sogar 1.600 Lasten Reis ausgeführt werden.102 Auch die Schwankungen, welche die Auflistungen für die 1770er und 1780er Jahre überliefern, ergeben kein Bild des Niederganges. Die Zahlen legen lediglich nahe, daß der Gesamtertrag im Vergleich zum 16. oder frühen 17. Jahrhundert zurückgegangen war. Die Erträge bewegten sich nun zwischen 260 und 560 Tonnen. Der Abstand zu den älteren Zahlen relativiert sich dadurch, daß der Gesamtexport Makassars stets auch Ernteerträge aus Anbaugebieten außerhalb des VOC-Territoriums beinhaltete. Dennoch bleibt insgesamt ein Rückgang festzuhalten. Für exakte Angaben fehlt jedoch in der Quellenüberlieferung die Zahlengrundlage.
Reis und Paddy zwischen Import- und Exportgut Zu den Zeiten, für welche die genannten Zahlen Gültigkeit beanspruchen können, wurde noch einmal die gleiche Größenordnung Reis nach Makassar importiert. Der Netto-Reisexporteur Makassar war in der zweiten Überlieferungsperiode der Hafenmeisterlisten zum Netto-Importeur geworden. Zu Beginn der ersten Überlieferungsperiode wurden noch deutlich über 1.000 Lasten weißer Reis ausgeführt – Mengen, die in den unter VOC-Kontrolle stehenden Anbaugebieten in den 1770er und 1780er Jahren auch nicht annähernd geerntet werden konnten. Es ist anzunehmen, daß auch in den 1710er und 1720er Jahren Reis aus ganz Süd-Sulawesi den Hafen verließ. In der zweiten Überlieferungsperiode betrug die exportierte Reismenge gelegentlich nicht einmal mehr 10% der Importmenge.
99 100 101 102
Generale Missiven IV, 10.10.1679, 313. Ebd., 19.3.1683, 528. Ebd., 19.2.1684, 656. Ebd., 30.11.1684, 716.
534
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.31: Einfuhr und Ausfuhr von Reis und Paddy in Lasten
Einfuhr
Reis Ausfuhr
gesamt
Einfuhr
Paddy Ausfuhr
gesamt
1717/18
275,5
1.232
1.507,5
13,3
29,2
42,5
1722/23
24
1.127,5
1.151,5
66,7
27,3
94
1727/28
6
732
738
4,2
8,3
12,5
1730/31
40,5
850
890,5
39,2
8,3
47,5
1733/34
--
645
645
4,2
75
79,2
1767/68
239
25
264
14,6
--
14,6
1772/73
328,8
40
368,8
36,2
8,3
44,5
1777/78
411,5
1,5
413
4,2
15
19,2
1781/82
521,1
52,5
573,6
29,2
8,8
37,9
1787/88
361,7
25
386,7
--
2,1
2,1
Weniger eindeutig ist der Unterschied zwischen den beiden Perioden beim ebenfalls in den Reishandel einzubeziehenden Paddy.103 Die zehn Beispielsjahre teilen sich gleichmäßig in je fünf Jahre mit einem Import- und einem Exportüberschuß auf, ohne daß ein zeitliches Muster zu erkennen wäre. Da jedoch der Handel mit dem ungeschälten Reis hinsichtlich der Menge weit hinter demjenigen mit weißem Reis zurücklag, gilt für den gesamten Reishandel Makassars die ausgemachte Entwicklung. Die Ursache für die grundlegende Veränderung in der Handelsbilanz ist in einem Zusammenspiel zweier Faktoren zu suchen. Zum einen hatte bereits das 17. Jahrhundert gezeigt, daß die in Sulawesi geernteten Reismengen mittelfristig drastisch zurückgehen konnten, so daß eine Versorgung der Region aus eigener Kraft unmöglich wurde. Zum anderen erlebte Süd-Sulawesi im 18. Jahrhundert eine deutliche Steigerung der Bevölkerungszahlen mit einem Höhepunkt Anfang der 1760er Jahre. Auch wenn diese Einwohnerschaft vorübergehend nicht gehalten werden konnte, hatte sich die von der VOC kontrollierte Region im Süden Sulawesis doch deutlich von den demographischen Folge des Krieges von 1666/69 und den nachfolgenden Auseinandersetzungen erholt.104 103 Nach zeitgenössischen Aufzeichnungen unterschied sich padij vom rijst schlichtweg durch die Tatsache, daß er noch nicht geschält war (CRAWFURD, History I, 358). Dies deckt sich mit der ursprünglichen Bedeutung des malaiischen Wortes padi, welches das noch nicht gespelzte Reiskorn bezeichnet. 104 ARA Den Haag, VOC 1979, Macassar, 98/99 (1722); ebd., VOC 2285, Macassar, 2. Reg., 282 (1733); ebd., VOC 2533, Macassar, 1096 (1740); ebd., VOC 2990, Macassar, 1. Reg., 56 (1760); ebd., VOC 3302, Macassar, 48 (1769).
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
535
Tabelle 6.32: Struktur des Reishandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
Importiert wurde der für die konsolidierte Bevölkerung nötige Reis im wesentlichen aus Java und Sumbawa. Der erstgenannte Befund überrascht nicht, galt der javanische Reis doch als der beste neben dem sulawesischen – von den javanischen Anbaukapazitäten ganz zu schweigen. Der zweite Befund ist hingegen weitaus überraschender, spielt doch die Insel Sumbawa als Reisexporteur bislang in der Literatur keine Rolle. Ganz offenbar hat es jedoch genau diese Exporteurrolle gegeben. Schon
536
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.33: Struktur des Paddyhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
1772/ 73
1777/ 1781/ 1787/ 78 82 88
Herkunftsregionen Sumbawa
100% 87,5% 100% 100% 100%
100%
100%
100%
100%
--
100%
--
100% --
Bestimmungsregionen Sulawesi Sumbawa Süd-Molukken
Buton Bonerate Selayar Cinrana
78,6% 38,2% 50,0% 50,0% 61,1% --
15,3%
--
--
--
--
100%
--
--
--
--
--
28,6%
--
--
--
--
--
--
100%
--
--
--
38,9%
--
--
--
100%
100%
--
--
--
22,2%
--
--
--
--
--
--
50,0%
--
--
--
--
--
--
--
60,6% 100%
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
50,0% 38,2% 50,0% --
--
--
100%
21,4% 46,5% 50,0% 50,0% 38,9%
--
--
--
Importeure Makassaren Bugis
31,3% 62,5% --
18,7%
--
--
--
Chinesen
15,6%
--
--
10,6%
--
--
51,0%
--
--
--
Malaiien
15,6% 6,3%
--
9,6%
--
28,6%
6,9%
100%
--
--
100% 14,9%
--
71,4% 42,1%
--
100%
--
VOC-Untertanen
--
--
Exporteure Makassaren
28,6% 22,9%
--
Bugis
42,8% 30,6% 50,0%
--
16,7%
--
--
--
--
--
--
50,0%
--
--
--
--
100%
--
11,1%
--
--
--
4,8%
--
100% 22,2%
--
100%
100%
--
--
Malaiien
--
--
50,0%
VOC-Untertanen
--
--
--
Molukker
--
30,6%
--
--
--
--
--
--
--
--
Bimesen
--
--
--
--
--
--
--
--
90,5%
--
beim Rückgang der Reisproduktion in Sulawesi während des 17. Jahrhunderts war auf Importe aus Bima zurückgegriffen worden. Der importierte Paddy des 18. Jahrhunderts stammte sogar vollständig aus Sumbawa, wobei zu Beginn auch die Königreiche Bima, Tambora und Dompo eine gewisse Rolle spielten, sich der Export jedoch bald völlig auf das namensgebende Königreich konzentrierte. In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts führte Makassar Reismengen aus, die mit den Exportmengen der wichtigsten Häfen Javas zwischen 1774 und 1777 durchaus mithalten konnten. Batavia exportierte durchschnittlich ca. 839 Lasten, Cirebon ca. 435 Lasten, Gresik ca. 893 Lasten und Surabaya ca. 1.108 Lasten. Die
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
537
einzige Ausnahme stellte Semarang mit ca. 3.790 Lasten jährlich dar. In diesem Zeitraum gingen von den großen Mengen des aus Semarang exportierten Reis‘ lediglich ca. 6,5 Lasten in das östliche Archipel, zu dem auch Makassar zu rechnen ist. Diese Zahl kann jedoch nicht repräsentativ sein, war Semarang noch vor Batavia und Surabaya wichtigster Herkunftshafen für den Reis, welchen Makassar aus Java importierte. Schon 1717/18 machte diese Einfuhr 225 Lasten aus, 1777/78 immerhin 63,6 Lasten und 1781/82 wieder 195 Lasten. Auch die Bedeutung Surabayas für Makassar überrascht nicht, gingen zwischen 1774 und 1777 aus diesem Hafen doch rund 14% der Gesamtmenge (immerhin ca. 160 Lasten) in das östliche Archipel. Im Falle Batavias waren es immerhin noch 6% (ca. 48 Lasten). Die vergleichsweise geringen Mengen, welche diese beiden Städte nach Sulawesi, zu den Molukken und zu den Kleinen Sunda-Inseln verschifften, zeigen jedoch auch deutlich, daß Semarang als Versorgungshafen Süd-Sulawesis unverzichtbar war, trotz der gegenteiligen Zahl für die Momentaufnahme 1774-1777.105 Exportiert wurde Reis aus Makassar vor allem zu den Süd-Molukken. Ihren ursprünglichen Nahrungsmittelbedarf konnten die Gewürzinseln sicherlich durch die traditionellen Nahrungsmittel decken, die vor allem aus Sago, daneben aus Jagdund Fischereiprodukten, aber auch aus Palmfrüchte wie Kokosnüssen bestanden.106 Das Wachstum der Plantagenwirtschaft ließ jedoch zusätzliche Bedürfnisse entstehen. Wurde Reis ursprünglich von der ambonesischen Bevölkerung nur als besonderes Lebensmittel für Fest und Feiern angesehen, sprechen die hohen Exportzahlen von weißem Reis nach Ambon (z.B. 655 Lasten im Jahr 1717/18 oder 565 Lasten im Jahr 1722/23) und Banda (z.B. 482 Lasten im Jahr 1717/18 oder 450 Lasten im Jahr 1722/23) für eine Änderung im 18. Jahrhundert. Daneben läßt sich eine Drehscheibenfunktion Makassars für die nähere Umgebung beobachten. Vor allem Paddy wurde aus Makassar nach Buton, Bonerate, Selayar und nach Cinrana, der Hauptstadt des verbündeten Bugis-Reiches Boné, exportiert. Die VOC selbst verabschiedete sich Mitte der 1760er bis Mitte der 1780er Jahre aus dem Reishandel. Sie konzentrierte sich statt dessen auf den Import anderer Grundnahrungsmittel, insbesondere auf die Einfuhr von Weizen und Roggen, die in der Kapkolonie gepflanzt wurde. Davon wurde 1767/68 ca. 9.967 Pfund Weizen und 767 Pfund Roggen importiert, 1772/73 und 1777/78 jeweils ca. 11.960 Pfund Weizen, im letzteren Jahr zusätzlich ca. 383 Pfund Roggen, und schließlich 1781/82 105 Zahlen zu Java bei KNAAP, Shallow Waters, 110/111. 106 Zur Nahrungsmittelsituation auf Ambon siehe KNAAP, Kruidnagelen, 172-189.
538
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
noch 8.955 Pfund Weizen und 376 Pfund Roggen.107 Diese Steigerungsraten korrespondieren mit der Importnotwendigkeit von Reis. Die ethnische Ausdifferenzierung des Reishandels offenbart einen sehr unterschiedlichen Zugang zu Reis und Paddy, der eventuell auch auf unterschiedliche Traditionen zurückzuführen ist. Der weiße Reis wurde vor allem von Bürgern, welche die Versorgungsfahrten zu den Molukken dominierten, und Chinesen transportiert. Hinzu kamen später die Kompanie-Untertanen. Alle diese Gruppen weisen eine gewisse Nähe zur VOC auf. Im Gegensatz dazu konzentrierte sich der Zugang zum Paddy vor allem auf die Makassaren, die Bugis und ebenfalls die KompanieUntertanen, also vorrangig auf die regionalen ethnischen Gruppen, die sich ja auch teilweise hinter den Untertanen der VOC verbargen. Möglicherweise liegen hier zwei unterschiedliche Reishandelstraditionen vor, deren Hintergrund unterschiedliche Verhaltensweisen im Konsum und damit bei der konkreten Nachfrage bildeten.
9. Gebrauchsgegenstände des Alltags
Gebrauchsgegenstände des Alltags wurden auch in Makassar in kaum überschaubarer Bandbreite gehandelt, so daß eine Systematisierung unmöglich ist. Die berühmte Ausnahme von der Regel stellen Keramikwaren dar, die in den Listen des syahbandar unter der Bezeichnung kommen und pierings für Schüsseln und Schalen geführt werden.108 Sie waren das chinesische Exportgut für den Alltagsgebrauch schlechthin. In der Regel überragte die Einfuhr aus Batavia die Ausfuhr deutlich, auch wenn letztere durchaus gegeben war. Insbesondere in den letzten beiden Beispieljahren überragte der Import den Export deutlich, auch wenn auf Grund der unterschiedlichen Maßeinheiten – Stückzahlen beim Export, Gewichtsangaben beim Import – keine direkte Vergleichbarkeit gegeben ist. Immerhin handelte es sich beim Import von 1781/82 um 2,5 Tonnen Keramik, 1787/88 sogar um ca. 68 Tonnen.109 107 ARA Den Haag, VOC 3243, Macassar, 77; VOC 3384, Macassar, o.P.; VOC 3524, Macassar, o.P.; VOC 3623, Macassar, o.P. 108 Da diese Begriffe teilweise einzeln aufgeführt, teilweise als Sammelbezeichnung genutzt wurden, werden die entsprechenden Waren an dieser Stelle als ‚Kategorie Keramikwaren’ gemeinsam betrachtet. 109 Nimmt man für eine Schüssel, Schale oder einen Teller – zugegebenermaßen willkürlich – ein durchschnittliches Gewicht von 500 Gramm an, könnten es sich 1781/82 um 5.000 Stück und 1787/88 um 136.000 Stück Keramikwaren gehandelt haben.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
539
Drei Phasen lassen sich beim Keramik-Import unterscheiden. Bis zum Ende der 1720er Jahre kam die chinesische Verbindung nach Banjarmasin zum Tragen. Danach war Batavia auf Java der entscheidende Herkunftshafen – auch er bekanntlich eine Verbindung nach China. Diese Phase dauerte von Anfang der 1730er bis Ende der 1760er Jahre, wenn man von einer Kontinuität während der Überlieferungslücke der Hafenmeisterlisten ausgeht. Schließlich wurde diese Verbindung in einer dritten Phase von der direkten Anbindung nach Amoy abgelöst, welche die 1770er und 1780er Jahre bestimmte. Es handelte sich also um eine rein chinesische Handelssphäre. Entsprechend gestaltet sich auch die ethnische Ausdifferenzierung der beteiligten Händler. Waren die Chinesen in den ersten beiden Phasen bereits beteiligt, dominierten sie schließlich in der dritten Phase vollständig. Die festlandchinesischen Lieferungen sättigten den Markt dermaßen, daß für keine anderen Lieferungen Absatzchancen bestanden und in der Folge auch keine aus anderen Regionen mehr eintrafen. Daß in den ersten beiden Phasen auch andere Handelsnationen beteiligt waren, ist auf den Umschlag in einigen der meistbesuchten Häfen sowie auf die Lukrativität der Waren zurückzuführen. Wenn einmal Gebrauchskeramik aus Makassar exportiert wurde, hatte sie vorrangig die Insel Sumbawa und den Nahbereich der Stadt zum Ziel. Beides spricht für eine Versorgung mit Alltagsgegenständen, war Sumbawa doch der zentrale Handelspartner vor allem der zweiten Überlieferungsperiode, der mit den meisten verfügbaren Waren beliefert wurde, und das Hinterland Makassars sowieso auf die Verteiler- und Versorgerfunktion der Stadt angewiesen. Dabei waren mehrheitlich Chinesen, auf Grund des günstigsten Zugangs zu dieser Warengruppe, aber auch Malaiien und Kompanie-Untertanen beteiligt. Leider bieten die Angaben in den Hafenmeisterlisten keine genaueren Angaben, um welche Art von Keramik oder auch Porzellan es sich handelte. Zusätzliche Informationen versprechen hier die Funde der Unterwasserarchäologie, die gerade in den letzten Jahren im Malaiischen Archipel, wenn auch nicht immer aus rein wissenschaftlichem Antrieb, einen regelrechten Boom erlebte. Unmittelbar vor der Küste Süd-Sulawesis sind zur Zeit vier Wracks asiatischer Schiffe bekannt, die auf dem Weg nach Makassar an den zahlreichen Riffen der Region gescheitert waren. Der in Singapore ansässige Schiffsarchäologe Michael Flecker besuchte diese Fundstellen im Jahr 1998.110 Während eines der vier Wracks auf Grund mangelnder Überreste der Ladung nicht eindeutig datiert werden kann, stammen zwei der Schiffe aus 110 FLECKER, Shipwrecks, passim.
540
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das letzte schließlich vom Ende des 18. oder aus den erste Jahren des 19. Jahrhunderts. Das sogenannte Tuara-Wrack war im wesentlichen mit Keramik beladen. In der Mehrheit handelte es sich um blau-weißes Porzellan, dessen Qualität und Designs weit variierten: „The larger pieces consisted of heavily potted dishes and bowls with a wood-block print decoration, often the double-joy motif, in blue or bluish-green. Many so-called kitchen Qing bowls and dishes were decorated with a double row of petal-like panels containing flowering peach and fungus-of-immortality motifs, both on the inside and out, and a tightly wound spiral on the interior centre. [...] Dishes of medium quality are decorated with a wide variety of freely painted scenes, including flowers with rock-work, a crane, a man beneath a tree, and lakes and mountains. [...] Other fine wares included wine cups, tea cups, bowls, spoons, and square, hexaginol, oval and round covered boxes. [...] There are teapots decorated with dragons amidst clouds, a design very similar to that found on brush pots of the Kangxi period. Rice bowles with a decoration of circles and dots around the exterior rim are known to have been made at the Dehua kilns.“111 Neben dieser Vielfalt an blauweißem Porzellan enthielt das Tuara-Wrack rot und grün glasierte Keramik und eine große Menge weißer Schatullen nebst einigen Kleinigkeiten. Der als Pinggang-Wrack bezeichnete Fund ist ebenfalls eine Schatzkammer des blau-weißen chinesischen Porzellans.112 Die gängigsten Stücke entsprachen denen des Tuala-Wracks, hinzu kamen Porzellanwaren mit eigenständiger Dekoration. Darüber hinaus wurden rote, braune und grüne Steingutwaren gefunden. Die Ladung dieses Wracks bestand jedoch nicht nur aus Keramik. Besonders gewichtig dürften die 19 Steinplatten gewesen sein, die mutmaßlich für einen Tempelbau vorgesehen waren. Hinzu kam eine große Zahl bunter Glasperlen und –knöpfe als Schmuckwaren für weniger vermögende Bevölkerungsgruppen. Die Ladung des sogenannten Labor-Wracks enthielt wieder ausschließlich Keramik, doch unterschied sich diese deutlich von den Funden in den ersten beiden Wracks.113 Die Dekoration der ebenfalls mehrheitlich blau-weißen Keramik fiel weitaus spartanischer aus und bestand vor allem aus floralen Mustern und Linien. Solche Dekorationen legen eine Datierung in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts nahe. Besonders wahrscheinlich erscheint die Zuordnung zur Regierungszeit des Mandschu-Kaisers Chia Ch’ing (1796 – 1820). Neben den weiß-blauen Stücken 111 Ebd., 50-52. 112 Ebd., 53-55. 113 Ebd., 56/57.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
541
fanden sich auch gänzlich weiße und solche, deren Inneres Elfenbeinweiß und deren Äußeres Milchkaffeebraun glasiert ist. Angesichts der Vielfalt an Keramikartikeln, die in Fleckers Bestandsaufnahme erscheint, wirken die Angaben in den Hafenmeisterlisten unvollständig. Der Begriff Porzellan taucht nur in wenigen Ausnahmefällen auf, so daß man mit großer Sicherheit die kommen und pierings in großer Zahl dem Porzellan zurechnen muß. Die archäologischen Funde brachten Teller, Schüsseln, Tassen, Schatullen und vieles mehr zutage. Gelegentlich tauchen zwar auch andere Begriffe als kommen und pierings in der Quelle auf, doch abermals handelt es sich um Ausnahmefälle. Die Behörde des syahbandar machte sich nicht die Mühe, Schiffsladungen von Keramikgütern nach einzelnen Funktionen oder Designs auszudifferenzieren. Lediglich Teelichter werden gelegentlich in signifikant großer Zahl aufgeführt. Daneben finden auchWassergefäße häufigere Erwähnungen, ohne daß jedoch klar wäre, aus welchen Material sie gefertigt waren.
10. Sklaven - der Menschenhandel
Im Gegensatz zu dem in der Forschung beschworenen Bild von Makassar als Sklavenhandelszentrum vor 1666/69 ist für das 18. Jahrhundert über lange Strecken keine vergleichbare Funktion festzustellen. Dies gilt in in zweierlei Hinsicht. Zum einen wurde mit wesentlich geringeren Zahlen gehandelt, wenn der Handel nicht gänzlich darniederlag. Zum anderen war der makassarische Sklavenhandel ganz auf Batavia und damit auf die VOC ausgerichtet. Die Eroberung Makassars durch die Kompanie 1669 hatte, so scheint es, den traditionellen Sklavenhandel vorerst unterbunden. Zumindest im Stadtbereich war dies wohl der Fall – allerdings kann mit einiger Sicherheit angenommen werden, daß er tatsächlich nicht verschwunden war, sondern sich verlagert hatte. So wird berichtet, daß in den 1750er Jahren mehrere organisierte Sklavenzüge von Makassaren nach Sumba, Timor und die umliegenden kleineren Inseln durchgeführt wurden.114 Bereits für 1676 ist überliefert, daß Isaac Grain, Freibürger in Makassar, Sklaven von großen Raubzügen auf Timor bezog, an denen Portugiesen waren.115 Zugleich wurden auch Makassaren und Bugis 114 NEEDHAM, Sumba, 20. 115 Ebd., 28.11.1676, 140.
542
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
selbst, zumeist als Opfer größerer Raubzüge, im Herrschaftsbereich der VOC in die Sklaverei verkauft.116 Von einem Schmied im Dienst der VOC, Jan Adolph Kook, ist bekannt, daß er laut Inventar im Jahr seines Todes 1767 13 männliche und zehn weibliche Handelssklaven besaß, die zumeist aus Süd-Sulawesi oder Nusa Tenggara stammten.117 Kook war ein vergleichsweise wohlhabender Mann, der seinen Wohlstand kaum dem VOC-Salär verdankte, sondern eher aus dem privaten Sklavenhandel bezogen hatte. Wo er diesen abwickelte, läßt sich nicht sagen, da er als VOC-Angestellter grundsätzlich nicht in den Hafenmeisterlisten verzeichnet wurde. Diese Informationen stammen sämtlich aus einer Zeit, in der den Hafenmeisterlisten zufolge in Makassar selbst so gut wie kein Sklavenhandel stattgefunden hatte. Offenbar gabe es schon vor dem Ende des 18. Jahrhunderts Ansätze kommerzialisierten Sklavenhandels, der jedoch den Umschlag in Makassar weitgehend unbeeindruckt ließ. Eine
spürbare
Kommerzialisie-
rung Sklavenhandels in der Metropoloe Makassar selbst, die mit weitaus
Tabelle 6.34: Einfuhr und Ausfuhr von Sklaven in Stück
größeren Personenzahlen einherging, trat erst in den 1780er Jahren ein. Die Beobachtung,
daß
die
reichsten
Pflanzer und Freibürger auf Banda regelmäßig Handelsschiffe nach Makassar, Timor und Aru sandten, um Sklaven einzukaufen,118 bezieht sich auch auf diese Zeit; in den älteren Beispielsjahrgängen lassen sich keine Sklavenlieferungen in die Molukken nachweisen. Der Boom eines kommerziellen Sklavenhandels mit Ex-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
1717/18
222
106
328
1722/23
197
152
349
1727/28
206
28
234
1730/31
36
10
46
1733/34
29
--
29
1767/68
--
--
--
1772/73
--
--
--
1777/78
5
--
--
1781/82
--
949
949
1787/88
847
1134
1981
portzahlen von tausend und mehr Personen pro Jahr wurde ebenfalls von der VOC induziert. Abermals war dieser Handel auf Batavia ausgerichtet: 1781/82 wurden 869 von 949 Sklaven nach Batavia verschifft, 1787/88 waren es 1.055 von 1.134. Vor allem in Batavia selbst bestand Bedarf an der menschlichen Ware. Sie wurde für alle Arten von Handarbeit benötigt, darunter zahlreiche spezialisierte Tätigkeiten in 116 Generale Missiven IV, 30.11.1684, 749. 117 SUTHERLAND, Eastern Emporium, 119. 118 WRIGHT, Monopoly, 18.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
543
Tabelle 6.35: Struktur des Sklavenhandels 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 18 23 28 31 34 68
1772/ 73
1777/ 1781/ 1787/ 78 82 88
Herkunftsregionen Sulawesi
6,3%
4,1%
3,9%
--
--
--
--
--
--
Kalimantan
0,9%
--
--
2,8%
--
--
--
--
--
--
25,4%
--
--
--
--
--
100%
--
Java
40,4%
Sumbawa
7,2% 28,4% 17,0% 58,3% 6,9%
--
--
--
--
13,2%
Nusa Tenggara
79,3% 36,0% 79,1% 38,9% 93,1%
--
--
--
--
45,1%
Flores
54,5%
Solor
20,7% 14,7%
Timor
4,1%
Sumba
--
3,0% --
--
11,1% 41,4%
--
--
--
--
100%
2,4%
27,8% 17,2%
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
18,3% 76,7%
---
34,5%
Bestimmungsregionen Java Süd-Molukken
100% 100% 100% 100% --
--
--
--
--
--
--
--
93,3% 97,7%
--
--
--
--
6,7%
1,8%
Importeure Makassaren
25,7% 45,7% 33,0% 8,3% 62,1%
--
--
--
--
--
Bugis
25,7% 27,9% 1,9%
--
--
--
--
--
4,4%
Bürger
0,9%
4,1%
3,9% 27,8%
--
--
--
100%
--
--
Chinesen
5,4%
--
0,5%
--
--
--
--
--
24,1%
Malaiien
34,2% 19,8% 58,3% 50,0% 20,7%
--
--
--
--
43,9%
--
--
--
--
27,6%
VOC-Untertanen
--
--
---
--
5,6%
--
Exporteure Makassaren
13,2% 42,1%
--
--
--
--
--
--
--
--
Bugis
33,0% 11,2%
--
--
--
--
--
--
2,0%
1,6%
Bürger
26,4% 22,4% 60,7% 100%
--
--
--
--
60,5% 73,2%
Chinesen
15,1% 13,8% 39,3%
--
--
--
--
--
30,1% 19,9%
Malaiien
5,7%
--
--
--
--
--
6,1%
6,6%
--
4,3%
Haus und Handwerk. Gleichzeitig wurde der Einsatz javanischer Sklaven zum Erhalt des regionalen Friedens vermieden. Daher war die Metropole der Kompanie auf Importe aus Sulawesi, von den Kleinen Sunda-Inseln und aus Bali angewiesen. Daneben wurden Sklaven aus allen anderen Aktivitätsbereichen der VOC importiert. Auch die chinesische Bevölkerung Batavias hatte zunehmend Bedarf an Skla-
544
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
venarbeit und stellte letztendlich die meisten Sklavenbesitzer.119 Auf den ersten Blick benötigten die Niederländer Sklaven „purely as labour within an encapsulated economy directed towards the world market.“ Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß auch aus anderen, insbesondere aus Statusgründen Sklaven angeschafft wurden.120 Die niederländischen Bürger trugen im wesentlichen den Export. Sie führten zwischen zwei Dritteln und drei Viertel der Ausfuhren durch, während sich alle in Makassar tätigen Handelsnationen am Import beteiligten. Die über Makassar gehandelten Sklaven stammten vor allem aus Sumbawa und Nusa Tenggara.121 In der Aufschwungsphase der 1780er Jahre kamen zunehmend auch Sklaven aus der Umgebung Makassars hinzu. Das Landesinnere der Südhalbinsel spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle. Nur gelegentlich wurde mit TorajaSklaven gehandelt. Vor 1666/69 sind solche Fälle belegt, nach dem Krieg nur noch unregelmäßig im Zusammenhang mit buginesischen Kriegszügen. Wirklich signifikant wurde diese Form des sulawesischen Sklavenhandels erst in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts.122 Der Sulu-Archipel, der sich in dieser Zeit zu einem Zentrum des Sklavenhandels entwickelte, kommt als Lieferant für Makassar nur indirekt in Betracht. Direkte Kontakte zu den Sulu-Inseln lassen sich in den Hafenmeisterlisten nicht nachweisen. Ein Umschlag über einen Zwischenhafen ist durchaus denkbar, zumal an der Ostküste Kalimantans und der Nordküste Sulawesis entsprechende Häfen zur Verfügung gestanden hätten. Da jedoch auch in anderer Hinsicht keine Verbindungen zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts aufblühenden Sultanat Sulu und dem traditionsreichen Emporium Makassar bekannt sind, erscheint die Annahme wahrscheinlicher, daß es sich um zwei eigenständig, parallel existierende Sklavenhandelssphären handelte. Die von Heather Sutherland angeführten 3.000 Sklaven, die jährlich aus Makassar exportiert worden wären und damit die Stadt auf die gleiche Stufe mit den niederländischen Sklavenexport aus Westafrika dieser Zeit oder des Sulu-Archipels auf dem Höhepunkt seiner Macht gestellt hätten, lassen sich mit diesen Zahlen bei weitem nicht bestätigten.123 Nicht einmal als in den 1780er Jahren der Export wieder 119 ABEYASEKERE, Jakarta, 21/22; DIES., Slaves, 286 und 299. Sklaven aus Bali wurden trotz mehrerer Verbote in 1688, 1714, 1715 und 1719 immer wieder eingeführt, bis die VOC 1720 notgedrungen den Status quo akzeptieren mußte (FOX, Reasons, 260). 120 SUTHERLAND, Slavery, 264/265. 121 Bestätigt auch durch die Sklaven gelegentlich von der VOC aufgegriffener, „illegal“ operierender nachodas wie des Butonesen Sobin, dessen beiden Sklvaen 1726 aus Solor stammten (ARA Den Haag, VOC 2029, Macassar, 1. Reg., 392). 122 BIGALKE, Dynamics, 341, 343 und passim. 123 SUTHERLAND, Slavery, 270.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
545
rapide anstieg, kann von 3.000 Sklaven pro Jahr die Rede sein. Bei ihnen kann es sich allenfalls um eine Zahl aus dem frühen 19. Jahrhundert handeln. Trotz dieser Einschränkung: Ende des 18. Jahrhunderts gewann Makassar zweifelsohne seine zentrale Funktion im Sklavenhandel zurück, jedoch nicht mehr durch die traditionelle Nachfrage aus der weiteren Umgebung, sondern durch eine zunehmende Kommerzialisierung des Sklavenhandels durch europäische Handelskompanien, wie sie vielerorts in der frühen Neuzeit zu beobachten ist. Ein Sklavenregister aus Batavia von 1816 zeigt, daß zu dieser Zeit ca. 43% aller Sklaven in der javanischen Metropole aus Sulawesi stammten, insgesamt rund 5.370 Personen. Aus Sumbawa und den übrigen kleinen Sunda-Inseln kamen rund 1.660 Personen (ca. 13,3%).124 Der Großteil dieser Sklaven waren sicherlich über Makassar gehandelt worden. Allerdings bestätigt die Gesamtzahl auch, daß keine übermäßigen Zahlen angesetzt werden dürfen. Zur Subsistenz dieser Zahlen sind keine 3.000 Personen jährlich aus Makassar nötig. Auch wenn von einem umfangreichen Zwischenhandel mit Sklaven in Batavia ausgegangen wird, scheint die Zahl allenfalls eine extreme Obergrenze darzustellen. In letzterem Fall bliebe jedoch die Frage offen, wieso auf der gleichen Handelsebene zwei gleichrangige Emporium floriert haben sollten, wurden doch von Makassar auch die anderen javanischen Häfen angesteuert. Für das Ende des 18. Jahrhunderts in Südostasien berichtet William Milburn in seinem gründlichen Handbuch zum ‚Oriental Commerce‘: „A great number of slaves are annually taken from the island to Batavia by the Dutch; they are not always prisoners taken in war, or criminals, but persons who have been kidnapped for the purpose of being sold, most of the Dutch eastern settlements being supplied from hence. About 100 are annually purchased by the Dutch Company for their own service; the remainder of this inquitous traffic is in the hands of private individuals and free inhabitants of Batavia and Macassar.“125
Aus der wissenschaftlichen Sicht des 20. Jahrhunderts liest sich dieser Zusammenhang für das Ende des 18. Jahrhunderts folgendermaßen: „The impact of the West’s commercial intrusion in China [...] had significant bearing on the growth of the slave trade in Southeast Asia. It led to the crystallization of a permanent slave traffic around organized markets, and depots in the Sulu Archipelago. Jolo Island, as the centre of a redistributive network encompassing the Sulu zone, became the most important slave centre by 1800.“126
Der Aufstieg des Sulu Sultanates basierte in hohem Maße auf Sklaven, dem in seinem weiteren Handelssystem die Rolle zugewiesen wurde „to maintain the material 124 ABEYASEKERE, Slaves, 291. 125 MILBURN, Oriental Commerce II, 410. 126 WARREN, Slave Markets, 162.
546
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
and social conditions for the recruitment and exploitation of slaves.“127 Im Gegenzug zu den Sklaven wurden vor allem Textilien, Opium sowie Waffen und Munition geliefert.128 Sulu war jedoch nicht nur ein Emporium für Sklaven, sondern setzte selbst unfreie Arbeit in der Landwirtschaft wie auch in der trepang-Fischerei ein Makassar verfügte nicht über den Eigenbedarf an Sklaven wie der Sulu-Archipel. Die arbeitsintensive Landwirtschaft im Hinterland, der Reisanbau, wurde nach wie vor weitgehend in Familienarbeit sichergestellt. Auch war hinsichtlich des Sklavenhandels, anders als beim Sulu-Sultanat, kein Bezug nach China gegeben. Die AmoyJunken, die Makassar wieder Richtung Fukien verließen, führten keine Sklaven mit sich. Auch diese Unterschiede legen die Annahme von zwei unabhängigen Sklavenhandelssphären nahe.
11. Bargeld und ansonsten nichts - die Leerfahrten
Für einen Hafen, der Drehscheiben-
Tabelle 6.36: Anteil der Leerfahrten
funktion für sich beanspruchte, wies Makassar einen überraschend hohen Anteil an Leerfahrten auf. Dabei über-
Einfuhr
Ausfuhr
gesamt
traf dieser Anteil bei den auslaufen-
1717/18
19,8%
20,5%
20,1%
1722/23
den Schiffen denjenigen bei den an-
30,7%
35,1%
32,9%
1727/28
kommenden bei weitem. Tatsächlich
34,2%
51,4%
43,2%
1730/31
erscheinen solche Werte für ein ech-
17,5%
56,2%
37,7%
1733/34
tes Emporium mit Stapelfunktion in
23,3%
42,5%
33,5%
1767/68
vielen verschiedenen Handelssphären
29,1%
61,5%
47,5%
1772/73
deutlich zu hoch. Es entsteht eher der
7,2%
52,8%
33,6%
1777/78
6,0%
32,1%
18,7%
1781/82
14,4%
50,8%
35,2%
1787/88
3,8%
38,8%
24,4%
Eindruck eines Einfalltores in eine Region für bestimmte dort benötigte Waren. Dennoch nahm Makassar,
wie dargestellt, in einigen Handelssphären durchaus eine Drehscheibenfunktion ein. In diesen konzentrierte sich der Handel jedoch offenbar auf – verglichen mit dem Gesamtschiffsaufkommen – relativ wenige Fahrzeuge. 127 DERS., Trade, 187. 128 DERS., Slave Markets, 166; DERS., Trade, 188 und 197.
Ein besonders charakteristisches Muster wiesen in dieser Hinsicht die europäischen Bürger auf: Sie reisten weitaus häufiger beladen aus als daß sie mit Waren zurückkehrten. In den ersten Beispieljahren waren mehr als die Hälfte der einlaufenden europäischen Schiffe unbeladen. Der Anteil sank dann auf ein gutes Drittel, und
548
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
erst gegen Ende des Beobachtungszeitraumes pendelte er sich auf ein Viertel und weniger ein. Dieser Wert lag zwar immer noch über dem Durchschnittswert, spricht jedoch für eine intensivere Beteiligung der Europäer am Warenaustausch. Die Zahlen der früheren Jahrgänge beruhen in hohem Maße auf den vor allem von Europäern getragenen Versorgungsfahrten zu den Molukken, von denen keine Handelsgüter zurückgebracht werden konnten. Mit dem Rückgang dieser Versorgungsfahrten änderte sich auch das Muster bei den Bürgern. Darüber hinaus fallen zwei Beobachtungen besonders auf. Zum einen handelt es sich um den Sumbawa-Handel, der auf der Hinfahrt von Makassar mehrheitlich leer stattfand. Da Sumbawa kein „Versorgungsfall“ wie die Gewürzinseln war, basierte dieser Handel entweder auf Bargeld oder auf „unsichtbaren“ Zwischenhäfen, die irgendwo in der Inselwelt zwischen Sulawesi und Sumbawa zu suchen sind und die nachodas wohlweislich bei der Paßbeantragung verschwiegen hatten. Zum anderen waren es ausgerechnet die Makassaren, die ihren Heimathafen zumeist mit leeren Schiffen verließen. Hier liegt die Vermutung nahe, daß nicht deklarierte Häfen auf dem Weg zu den offiziellen Reisezielen eine wichtige Rolle spielten. Da Makassar zumindest in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wieder eine Großstadt mit in Wachstum und Funktion kaum zu kontrollierenden Peripherien war, befanden sich einige dieser „unsichtbaren“ Häfen noch im Stadtbereich, so daß die Makassaren durchaus am Warenexport ihrer Heimat intensiv beteiligt waren. Einen eindeutigen Schluß darauf, ob bestimmte Handelsrouten allein auf Bargeld beruhten, lassen die Hafenmeisterlisten nicht zu. Lange Zeit wurden Geldmengen nur in Ausnahmefällen bei der Auflistung der Fracht eines Schiffes berücksichtigt. 1717/18 findet sich bei 546 Fahrten insgesamt nur eine einzige Bargeldangabe. 1767/68 sind es sechs (1,1%) von 543 Fahrten. In den Beispieljahren dazwischen wurden überhaupt keine Angaben gemacht. Erst seit den 1770er Jahren wurde Bargeld offenbar konsequenter berücksichtigt. Es muß jedoch angenommen werden, daß auch diese Angaben nicht vollständig sind. Vielmehr läßt sich ein deutlicher Trend dahingehend beobachten, daß Bargeldmengen bei Leerfahrten registriert wurden, während bei real vorhandener Warenladung nur in Ausnahmefällen die Barschaft gezählt wurde.129 Zwar kann das Argument angebracht werden, daß bei Frachtfahrten nicht häufiger Bargeld mitgeführt wurde, da ja die Fracht als Wert vorhanden war. Dies bleibt jedoch angesichts der uneinheitlichen und erst späten 129 1772/73 wurden bei 65,2% der Leerfahrten Bargeldangaben gemacht, 1777/78 bei 55,7%, 1781/82 bei 58,5% und 1787/88 sogar bei 79,2%. Hingegen waren es 1772/73 nur 3,0% der Frachtfahrten, 1777/78 2,3%, 1781/82 4,0% und 1787/88 3,6%, die eine solche Angabe beinhalteten.
Der Warenhandel des Hafens von Makassar
549
Registrierung von Bargeld und angesichts der immer noch zahlreichen Leerfahrten ohne Bargeldangabe, die kaum der Sommerfrische gedient haben dürften, rein spekulativ. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die registrierten Fahrten dem Handel dienten und damit irgendeinen Wert mit sich führten.130 War dieser nicht in Waren gebunden, muß es sich um Bargeld gehandelt haben oder unter Umständen auch um Papiere des bargeldlosen Finanztransfers, die jedoch nie in den Hafenmeisterlisten verzeichnet wurden. Diese Quellenproblematik verbietet die schlichte Berechnung, welcher Anteil der in Makassar verkehrende Schiffe in welchen Mengen Bargeld mitführten, wie auch Rückschlüsse auf die Bargeldausstattung privater Händler.
130 Eindeutig der Diplomatie oder Repräsentation dienende Ein- und Ausfahrten wurden in der diesen Auswertungen zurgrundeliegenden Datenaufnahme nicht berücksichtigt.
II. Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
1. „Onder’t Casteel“ - Schiffsbesitz in Makassar
Der Umfang der Registrierung Während ihrer Herrschaft über Makassar legte die VOC Verzeichnisse an, in denen sie die onder’t casteel, also im Zuständigkeitsbereich des syahbandar registrierten privaten Schiffe aufführte.131 Bereits der erste Blick verrät, daß es sich um eine selektive Aufstellung handelte; der Einblick in den privat verfügbaren Schiffsraum bleibt in mehrfacher Hinsicht beschränkt. In geographischer Hinsicht ist festzustellen, daß vor allem Vlaardingen und die Umgebung des Stadtzentrums einbezogen wurden. Hinzu kamen einige Regionen, die man seitens der VOC zu kontrollieren glaubte, da es sich um „unterworfene“ Adelige oder Bundesgenossen handelte. Vlaardingens unmittelbare Umgebung wurde mit Sicherheit einbezogen, da Bugis, Makassaren und Malaiien eine wesentliche Rolle in den Schiffsauflistungen spielen, jedoch nur in marginaler Zahl im europäisch und chinesisch dominierten Zentrum siedelten. Es darf angenommen werden, daß die Registrierung mit der Kontrollreichweite der Kompanie korrespondierte. In ethnischer Hinsicht wurde grundsätzlich keine der bedeutenden Handelsnationen Makassars ausgenommen. Allerdings entsprechen die Verhältnisse der jeweiligen Schiffseigner zueinander nicht den Bevölkerungsverhältnissen. Da es sich bei allen relevanten Nationen um seefahrende Völker handelt, kann sich dieses Mißverhältnis auch nicht aus unterschiedlicher maritimer Aktivität erklären, sondern nur aus einer partiellen Registrierung des Schiffsbesitzes. In schiffstypologischer Hinsicht ist bemerkenswert, daß überhaupt nur drei verschiedene, auswärtige Schiffstypen registriert wurden. Es handelt sich um die europäische Schaluppe, die javanische konting und die malaiische pencalang.132 Der Blick auf die Hafenmeisterlisten verrät, daß auch unter niederländischer Herrschaft einheimischen Schiffstypen die wichtigste Rolle spielten. Auch die Tatsache, daß sich viele 131 Erhalten blieben folgende Aufstellungen: ARA Den Haag, VOC 1881, Macassar, 1. Reg., 2-10 (1715); VOC 1894, Macassar, 1. Reg., 147-153 (1716); VOC 1894, Macassar, 2. Reg., 77-80 (1716); VOC 1960, Macassar, 133-136 (1721); VOC 2533, Macassar, 1406/1407 (1741). 132 Schreibweise in den niederländischen Quellen: chialoup, gonting und pantchiallang
Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
551
dieser Schiffe im Besitz von Einwohnern Makassars befanden, läßt sich durch die Angaben in den Specificatien belegen. Zusammengefaßt wurden sie unter dem Oberbegriff prahu, der allerdings kaum mehr als die deutschen Begriffe ‚Schiff‘ oder ‚Boot‘ beinhaltet. In Makassar allerdings beschränkt sich die Bezeichnung im wesentlichen auf zwei eindeutig zu identifizierende Typen. Diese prahus entzogen sich offenbar einer Registrierung im Rahmen von Besitzfeststellungen des Schiffsbesitzes in Makassar. Die VOC gab sich mit der Vergabe von Pässen an die nachodas dieser Schiffe zufrieden, die ebenfalls eine Registrierung ermöglichten. Tabelle 6.38: Schiffsbesitz und Verteilung des Schiffsraumes in Makassar 1715
Schaluppe
konting pencalang
ØSchiffsGröße raum (Lasten) (Lasten)
Anteil Schiffsraum
Ø-Alter der Schiffe
Europäer/christl. Mardijker
7
4
2
19,4
252
22,3%
5,6
Chinesen
2
25
1
9,9
276
24,4%
6,7
Malaiien
--
27
3
6,2
186
16,4%
4,6
musl. Mardijker
--
9
1
5,5
55
4,9%
6,3
Makassaren
--
12
1
7,2
94
8,3%
8,6
Bugis
--
22
3
5,1
128
11,3%
6,0
Wajos
--
27
--
5,2
140
12,4%
6,9
Die registrierten Schiffstypen Der größte, zugleich seltenste und damit wohl exklusivste Schiffstyp in diesen Aufstellungen war die Schaluppe. Es handelte sich um ein Schiff, das im Malaiischen Archipel vor allem von privaten Kaufleuten mit überdurchschnittlichem Geschäftsumfang eingesetzt wurde. Darunter fanden sich europäische Bürger und Chinesen, aber auch südostasiatische Händler, die Geschäfte in größerem Umfang betrieben. Dies bezieht sich allerdings nicht auf die Seefahrernationen des östlichen Archipels, allen voran die Bugis, Makassaren und Bajau, welche den Typ Schaluppe unabhängig von Größenordnungen und Erfolgen eines Händlers überhaupt nicht nutzten. In den Hafenmeisterlisten Makassars weisen die Schaluppen eine große Konstanz hinsichtlich der Größe auf. Im Durchschnitt waren sie zwischen 30 und 35 Lasten
552
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
groß. Die in den Besitzlisten registrierten Schiffe waren allerdings im Durchschnitt kleiner, und dies mit zunehmender Tendenz.133 Neben den grundsätzlich nicht registrierten Schiffstypen und der Tatsache, daß der Registrierungsumfang bis 1741 deutlich abnahm, deutet sich hier ein weiteres Indiz für Unvollständigkeit der Liste an. Der höhere Durchschnittswert in den Hafenmeisterlisten konnte entweder durch den häufigeren Einsatz der großen registrierten Schaluppen oder auch durch Schiffe, deren Besitzer nicht in Makassar ansässig waren, bedingt worden sein. Dennoch drängt sich der Verdacht auf, daß die Schaluppenbesitzer aus Makassar mehr und größere Schiffe einsetzten, die nicht registriert waren. Dies deckt sich mit dem Vermerk der VOC von 1715, daß Dain Mamontulei, ein in Makassar ansässiger Prinz aus Boné, angeblich auf Java weitere Schiffe besaß oder dort bauen ließ, die vom syahbandar nicht erfaßt werden konnten und daher den Verdacht auf sluijkerhandel aufkommen liessen.134 Es bestand ein Unterschied zwischen Sitz des Eigentümers und Heimathafen der Schiffe, der den Umfang der Registrierung weiter begrenzte. Angesichts der kollektiven Besitzstrukturen im Malaiischen Archipel dürfte diese Beobachtung nicht überraschen. Verzeichnet wurden nur Schiffe, bei denen Heimathafen und Sitz des Eigentümers übereinstimmten. Die Schaluppe stammte ursprünglich aus Europa. Dort war sie hauptsächlich als größtes Beiboot von großen Segelschiffen bekannt. Es existierten jedoch auch selbständige Typen, kurze und breite Schiffe, die vor allem auf der Ostsee als Frachtsegler mit bis zu 50 Tonnen Laderaum eingesetzt wurden. Meistens handelte es sich um Zweimaster mit einem senkrechten oder leicht vorfallenden Vorsteven sowie einem spitzen, gerundetem oder auch abgeplatteten Heck. Solche Schiffe waren die Stammväter der noch im 20. Jahrhundert unter der Bezeichnung ‚Sloop’ eingesetzten Frachtsegler.135 Auch im Malaiischen Archipel wurden sie bald auf den asiatischen Schiffsbauplätzen adaptiert: „The chialoup or shallop was a fore-and-aft rigged ship usually with one mast, to which a mizzenmast was simetimes added, and one deck. Like the brigantijn or brigantine it was built in Asian shipyards, for instance those in Rembang and Juwana. There were chialoupen, however, which were equipped with Indonesian-style lateral rudders on both sides of the ships as well as chialoupen with a ‚European‘-style axial rudder. [...] these ships measured on average between 55 and 75 feet, with a beam almost 20 feet.“136 133 1715: 30,6 Lasten, 1716: 28,8 Lasten, 1717: 29,4 Lasten, 1721: 27,1 Lasten, wobei allerdings zwei Größenangaben fehlen, 1741: 24,4 Lasten. 134 ARA Den Haag, VOC 1882, Macassar, 1. Reg., 9. 135 DUDSZUS/HENRIOT/KÖPCKE/KRUMREY, Schiffstypen, 228/229. 136 KNAAP, Shallow Waters, 34/35.
Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
553
Daß Schaluppen bald auch auf indonesischen Schiffsbauplätzen gebaut wurden, ist naheliegend. Dennoch handelt es sich um einen Typ europäischen Ursprungs, wofür nicht nur der Name, sondern auch das zugrundeliegende Baudesign spricht. Zumindest in Makassar war es zudem mit Abstand das größte Schiff im Privathandel. Schaluppen waren im ersten Beobachtungszeitraum durchschnittlich 33,4 Lasten groß, im zweiten Beobachtungszeitraum 31,2 Lasten. Kontings hingegen maßen 7,7 Lasten bzw. 8,9 Lasten, pencalangs 4,8 Lasten bzw. 16,5 Lasten. Die wichtigsten Schiffe sulawesischen Ursprungs waren im ersten Beobachtungszeitraum durchschnittlich 2,2 Lasten groß (prahu pankor), im zweiten Beobachtungszeitraum 5,2 Lasten (prahu paduwakang). Weder diese Größenverhältnisse noch die Tatsache, daß es vorrangig Bürger waren, die diesen Typ einsetzten, war Zufall. Tabelle 6.39: Durchschnittliche Größen der Schiffstypen in Lasten 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 88 18 23 28 31 34 68 73 78 82 Schaluppe
33,3
35,3
34,0
31,5
32,2
30,9
27,7
33,1
34,1
35,0
konting
6,6
6,5
7,7
12,2
11,5
7,0
9,4
9,2
7,4
30,0
pencalang
4,2
5,1
4,0
7,3
4,9
16,7
17,1
17,1
16,2
13,1
prahu pankor prahu paduwakang
(8,0)*
2,3
2,5
2,0
2,1
--
--
--
5,0
8,3
--
2,5
3,5
--
--
3,8
4,6
5,4
5,2
7,3
* nur für eine Prahu Pankor wird in der Liste die Größe aufgeführt
Die Größenangaben der zwischen 1774 und 1777 in den javanischen Häfen verkehrenden Schiffstypen entsprechen weitgehend den für Makassar gewonnenen Zahlen: Schaluppen waren zwischen 55 und 75 feet lang, hatten eine Traglast von rund 40 Lasten und eine Besatzung von 20 Personen. Bei den kontings waren es 40 bis 60 feet, 12 Lasten und 10 Mann Besatzung. pencalangs hatten eine Länge von 40 bis 50 feet, eine Größe von 6 Lasten und eine Besatzung von 15 Mann.137 Im Gegensatz zur Schalupe ist die konting ein javanisches Boot. Sie hat ihren Ursprung in den klassischen Fischerboot der Nordküste Javas und Maduras, den mayang.138 Während die mayangs sehr klein waren und allenfalls für unbedeutende Küstentransporte dienten, kann die weitaus größere, mit erheblichem Laderaum aus137 KNAAP, Shallow Waters, 36. 138 HORRIDGE, Prahu, 47-50.
554
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
gestattete konting als Weiterentwicklung für den überregionalen Frachtverkehr gesehen werden: „On perahus such as the konteng there is a full stem fitted on the end of a straight keel, but the plank ends are edge-dowelled to the stem as they are to the upturned keel in other designs. In virtually all cases thwarts help tie together the two sides of the vessel in the ends. The stemless upper structures generally include an apron-like piece, but this is not identical to the apron in traditional western boat-building.“139
Blieb die konting vielfach der Gestalt eines Fischerbootes verhaftet, zeichnete sich die pencalang bald nicht nur durch größeren Frachtraum, sondern auch durch ein oder zwei Deckaufbauten als Frachtsegler aus. „The pencalang originated from the Malay areas around the Melaka Straits. It was a planked boat, usually with a single mast carrying a rectangular sail, a deck and permanent hatch covers, which were made of mats, to protect the goods in its hold. It was steered by one lateral rudder. The average size of a pencalang must have been between 40 and 60 feet in the length and almost 10 feet in the beam.“140
Auch dieses Boot wird gelegentlich auf die mayang zurückgeführt, nicht zuletzt wegen ihres häufigen Einsatzes im javanischen Güterverkehr des 19. Jahrhunderts.141 Auch die bautechnischen Analogien sind durchaus berechtigte Hinweise darauf. Auflösen läßt sich dieser Widerspruch vielleicht durch die weite Verbreitung des Fischerbootes mayang und dessen ungeklärte Herkunft. Während der ersten Überlieferungsperiode der makassarischen Hafenmeisterlisten blieb die pencalang hinsichtlich ihrer Größe noch deutlich hinter der konting zurück. Dies änderte sich in der zweiten Periode, als die pencalangs durchschnittlich 16 bis 17 Lasten groß waren. Damit hatten sie der konting als zweitgrößtes Schiff in Makassar klar den Rang abgelaufen, ohne jedoch die Größenordnung der Schaluppen zu erreichen. Eine zusätzliche Besonderheit dieses Schiffstyps ist sein Einsatz durch die VOC. Die krijstochten der Kompanie gegen Piraten, „illegale“ Händler und Gewürzpflanzungen wurden in der Regel mit pencalangs durchgeführt. Sie wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts nicht nur der größte indonesischen Schiffstyp in Makassar, sondern verfügten zudem über Eigenschaften, die sie für militärische Einsätze in den „shallow waters“ des östlichen Archipels besonders empfahlen. Schließlich war es eine grundlegende Entscheidung für europäischer Marineoffiziere, für ihre Kriegszüge auf südostasiatische Schiffe zurückzugreifen, obwohl gewohnte, europäische Schiffe aller Größenordnungen zur Verfügung gestanden hätten. 139 BURNINGHAM, Javanese Perahus, 217. 140 KNAAP, Shallow waters, 34. 141 HORRIDGE, Prahu, 50.
Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
555
Die Verteilung von Schiffsraum Trotz ihrer Einschränkungen erlaubt die Registrierung von Schiffsbesitz onder’t casteel einen ersten Einblick in die Besitzstrukturen der wichtigsten Seehändlergruppen in der VOC-Stadt Makassar. Das Fehlende muß allerdings stets mitgedacht werden; Verallgemeinerungen allein aus diesen Zahlen verbieten sich. Bürger – unter ihnen auch die freigelassenen christlichen Sklaven und andere Christen – und Chinesen verfügten über die Mehrheit des offiziell registrierten Schiffsraums. Zusammen kontrollierten sie nie weniger als die Hälfte der Frachtkapazität, wobei ein leichtes Übergewicht der Bürger gegenüber den Chinesen festzustellen ist. An dritter Stelle standen die Malaiien mit knapp 20%. Diese Zahl steht für die Kontinuität der Malaiien als Handelsnation in Makassar. Außerdem gehörten sie zu den Nationen, die westindonesische Schiffstypen benutzten und damit eigentlich überrepräsentiert waren. Interessanterweise verfügten die Malaiien stets über die jüngsten Schiffe, woraus auf einen schnelleren Wechsel in der Schiffsausstattung geschloßen werden kann. Zwar schafften Bürger und Chinesen größere Schiffe an, doch mußten sie über einen längerer Zeitraum einsatzbereit bleiben, während Malaiien rund zwei Jahre eher ihre Boote austauschten. Eine solche Beobachtung widerspricht der Annahme, daß bei europäischen und chinesischen Händlern umfangreichere Geschäfte und damit größere Liquidität zu suchen wäre. Einigermaßen realistisch repräsentiert dürften darüber hinaus nur noch die muslimischen mardijker gewesen sein, die zehn oder elf kontings und percalangs besaßen und damit über rund 5% des offiziell registrierten Schiffsraumes verfügten. Ein größerer Anteil ist auf Grund des fehlenden Startkapitals als freigelassene Sklaven ohne familiale Beziehungen in Makassar oder eine Integration in die Bürgergemeinschaft, wie sie die christlichen mardijker offenbar genießen konnten, kaum anzunehmen. Mit einem ähnlichen Anteil am registrierten Schiffsraum sind die Makassaren in diesen Listen eindeutig unterrepräsentiert. Ihre bevorzugten Fahrzeuge waren die einheimischen prahus, so daß die Masse des von ihnen kontrollierten Schiffraumes gar nicht in Erschienung tritt. Zudem schränkt die Liste selbst die Registrierung auf die Makassaren ein, die am Fluß Goa lebten. Eine Größenordnung vergleichbar den Bürgern und Chinesen dürfte eher wahrscheinlich sein. Sicherlich glichen die Makassaren die Schiffsgrößen der beiden letztgenannten Gruppen durch die Zahl der eigenen prahus wieder aus. Grundsätzlich gilt ähnliches für die im Seehandel überaus bedeutende BugisGruppe der Wajos. Allerdings sind sie in den offiziellen Aufstellungen häufiger ver-
556
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
treten, da sie auch in großer Zahl auf kontings zurückgriffen. Die Ursache hierfür ist in ihren traditionellen und häufigen Kontakte nach Java zu suchen, wo dieser Schiffstyp in vielerlei Variationen gebaut und exportiert wurde. Da aber aus den Hafenmeisterlisten bekannt ist, daß auch die Wajos in erster Linie pankors und paduwakangs benutzten, stellen die hier verzeichneten Zahlen von 115 bis 140 Lasten Schiffsraum der in Makassar ansässigen Wajos, die einen Anteil von gut 12% ausmachten, nur eine Minimalangabe dar. Gänzlich unterrepräsentiert sind in der Erfassung die übrigen Bugis. Erfaßt ist nicht ihre eigentliche Handelsflotte, sondern nur der Besitz des Prinzen Dain Mamontulei, der über eine kleine Flotte unterdurchschnittlich großer kontings verfügte. Da der kampung der Bugis außerhalb der Reichweite der VOC lag, sind auch ihre im Privathandel eingesetzten prahus nicht verzeichnet. Lediglich der verbündete Prinz war für den syahbandar zugänglich. Dieser wiederum tritt in den Hafenmeisterlisten kaum in Erscheinung. Es ist also zweifelhaft, ob die acht oder neun Schiffe unter seinem Einfluß überhaupt dem Handel dienten. Die übrigen verzeichneten buginesischen konting- und pencalang-Besitzer sind geographisch wahrscheinlich dem Siedlungsbereich der Wajos, mit denen sie auf Grund des gleichen ethnischen Hintergrundes zusammenlebten, zuzurechnen. Der kampung Baru böte sich hierfür an. Betrachtet man die Verteilung der Schiffstypen in der Handelsflotte Makassars unter niederländischer Kontrolle, zeigt sich eine relativ gleichmäßige Nutzung der javanischen konting. Die pencalang trat häufig nur als „Zweitschiff“ in Erscheinung. Außerdem war sie im Zeitraum der Registrierungen, also noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, deutlich kleiner als die konting und damit eine Alternative für kleine Privatiers. Geringe Bedeutung außerhalb der europäischen Kreise hatte die Schaluppe; lediglich die Chinesen übernahmen den europäischen Typ. Dessen indonesische Adaption, die lambok, zeichnete sich noch nicht ab; in den Schiffsregister tritt dieser Typ überhaupt nicht in Erscheinung, während in den Specificatien nur drei Einzelfällen in 1717/18 erwähnt werden. Schließlich ist noch auf eine Auffälligkeit hinzuweisen. Die überlieferten Register weisen keinerlei Konzentrationen von Schiffsbesitz auf Einzelpersonen auf. Zwar lassen sich einige führende Kaufleute auch anhand des Schiffsbesitzes ausmachen, doch unterscheiden sich diese von den anderen nur durch den Besitz von zwei anstatt eines Schiffes. Die einzige Ausnahme stellen Adelige wie Dain Mamontulei dar. Kaufmannsdynastien, die sich durch den Besitz einer regelrechte Flotten auszeichneten, konnten sich in Makassar offenbar nur sehr langsam entwickeln.
Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
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2. Schaluppe, konting, prahu - Schiffseinsatz im Warenhandel
Europäische und einheimische Schiffstypen Nach den Hafenmeisterlisten nahm die Beteiligung von Schaluppen am privaten Warenhandel beständig ab. Waren sie in der ersten Überlieferungsperiode mit knapp 20% aller Fahrten des Jahres 1730/31 noch von einiger Bedeutung, wurden sie in der zweiten Periode zunehmend marginalisiert. Die javanische konting war in der ersten Überlieferungsperiode sogar noch bedeutender als die Schaluppe. In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wurde sie allein der sulawesischen prahu pankor übertroffen und stellte teilweise ein Drittel aller ein- un auslaufenden Schiffe. In den 1730 Jahren ging der Einsatz von kontings bereits zurück, obwohl die durchschnittliche Schiffsgröße dieses Typs gestiegen war. Damit entsprach ihre Nutzung in Makassar für diesen Zeitraum ungefähr jener in den javanischen Häfen zwischen 1774 und 1777.142 In der zweiten Überlieferungsperiode wurde die konting jedoch völlig bedeutungslos. Währenddessen konnte die pencalang ihre Position, mit einigen Schwankungen, einigermaßen halten – auch wenn sie im Gegensatz zu Java in Makassar nur eine untergeordnete Rolle spielte.143 Allerdings handelte es sich in den beiden Überlieferungsperioden um unterschiedliche pencalangs. Waren die Schiffe dieses Typus in der ersten Periode im Jahresdurchschnitt zwischen 4,2 und 7,3 Lasten groß, betrugen die Größen in der zweiten Periode zwischen 13,1 und 17,1 Lasten. Damit hatte sich ein kleiner Schiffstyp, der in Konkurrenz zu den regionaltypischen prahus stand, zum größten indonesischen Schiffstyp im makassarischen Handelsverkehr entwickelt. Verdrängen konnte die pencalang die dominierenden prahus jedoch nicht. Die sulawesischen prahu-Typen verteidigten ihre dominierende Rolle über das ganze 18. Jahrhundert hinweg. War die pankor 1717/18 noch ein Typ unter mehreren, unmittelbar gefolgt von der konting bei großer Beteiligung der Schaluppe, wurde sie im Laufe der ersten Überlieferungsperiode zum vorherrschenden Schiffstyp, der bis zu drei Vierteln der registrierten Fahrten durchführte. Die pankor schloß die Lücke, welche Schaluppen und kontings im Zuge ihres Bedeutungsverlustes hinterließen. 142 KNAAP, Shallow Waters, 194/195. 143 Zwischen 1774 und 1777 waren von den javanischen Häfen außerhalb Batavias nur die unbedeutenderen Banyuwangi (6,7%), Cirebon (4,5%), Tegal (3,5%) und Pekalongan (2,9%) hinsichtlich des pencalangAufkommens mit Makassar vergleichbar; hingegen bestritt dieser Schiffstyp sogar ein Drittel (33,6%) des Schiffsverkehrs in Banten, immerhin noch rund ein Fünftel in Sumenep (21,4%) und Juwana (19,7%); insgesamt betrug der Durchschnitt 15,4% für 14 Häfen (KNAAP, Shallow Waters, 194/195).
558
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.40: Häufigkeit der Schiffstypen in Prozent 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Schaluppe
17,0
12,9
16,9
19,8
8,3
4,4
2,3
3,1
1,5
0,8
konting
38,3
24,2
31,1
9,8
13,3
0,7
1,3
2,8
2,5
0,2
pencalang
3,5
5,5
3,0
0,7
2,7
4,4
2,5
7,6
2,8
1,4
prahu pankor
40,1
55,8
48,0
67,8
74,8
--
--
--
0,2
8,4
--
0,4
0,9
--
0,2
90,1
92,3
85,0
91,4
87,3
prahu paduwakang
In der zweiten Überlieferungsperiode verschwand die pankor zunächst völlig von der Bildfläche. Während der Überlieferungslücke für die Mitte des 18. Jahrhunderts war ein grundlegender Wandel im Schiffseinsatz eingetreten. An die Stelle der pankor war die doppelt bis dreifach so große paduwakang getreten. Diese übernahm nicht nur die dominierende Rolle der pankor, sondern baute diese noch weiter aus, wurden doch zumeist mehr als 90% aller Fahrten mit ihr durchgeführt. Die Marginalisierung der europäischen Schaluppe und der javanischen konting begünstigte vor allem die sulawesische paduwakang. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde durch den Siegeszug der einheimischen Schiffe, die offenbar für den Privathandel der Region besonders geeignet waren, bestimnmt. Genutzt wurden sie nun von allen Beteiligten. Gegen Ende der 1780er Jahre trat die prahu pankor wieder auf den Plan. Tauchte 1781/82 zunächst erst ein einziges Boot dieses Typs in Makassar auf, waren es 1787/88 immerhin schon 43 oder 8,4% des gesamten Schiffsaufkommens. Die pankor war inzwischen ebenfalls an die Erfordernisse der Zeit angepaßt worden, insbesondere an größere Ladekapazitäten. Wahrscheinlich hätte ihr Comeback sonst keine Erfolgsaussichten gehabt. Die einsame pankor von 1781/82 hatte eine Größe von fünf Lasten, der Durchschnitt der 1787/88 registrierten Schiffe dieses Typs betrug 8,3 Lasten. Damit waren die pankors dieser Epoche im Schnitt größer als die paduwakangs. Von einem bedeutenden Aufkommen europäischer Schiffstypen oder auch nur ihrer Adaptionen kann in Makassars nicht die Rede sein. Die Schaluppen verschwanden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zusehens aus dem Hafen. Die indonesische Weiterentwicklung lambok tauchte in den Beispieljahrgängen nur in drei vereinzelten Fällen auf. Darüber hinaus wurde an europäischen Typen nur einge Barken oder Barkentinen zwischen 50 und 110 Lasten Größe verzeichnet, die mehrheitlich in chinesischem Besitz fuhren.
Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
559
Vielfalt der prahu-Typen und prahu-Einsatz in Makassar Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ereignete sich eine signifikante Trendwende im indigenen Schiffseinsatz, die jedoch in den Quellen nicht genau nachvollzogen werden kann, da sie genau in die Überlieferungslücke der Syahbandars Specficatien fällt und einheimische Schiffstypen in den Briefwechseln der VOC kaum eine Rolle spielen. Bei dem Übergang von der prahu pankor zur prahu paduwakang kann es sich nicht um einen reinen Namenswechsel handeln, da die beiden Typen jeweils auch sporadisch in den Listen des von ihnen nicht dominierten Zeitraumes auftauchen. Eine Unterscheidbarkeit war für die europäischen Verfasser der Listen unübersehbar gegeben. Auch handelte es sich nicht um einen belanglosen Wechsel. Nach allen gegenwärtigen Kenntnissen handelte es sich um zwei grundlegend unterschiedliche Typen, von denen die pankor nicht einmal makassarischen oder buginesischen Ursprungs war. Allerdings handelte es sich in beiden Fällen um sulawesische Boote. Sulawesi verfügte über eine alte Bootsbautradition, die für den gesamten Archipel von hoher Bedeutung war. Aus Sulawesi stammten die bekanntesten und am häufigsten eingesetzten prahu-Typen, die im Zuge der Expansion von Bugis und Makassaren zunehmende Verbreitung fanden.144 Der Archetyp dieser Tradition „has curving stem posts on a rather broad hull. The mast consists of a tripod which can be easily lowered by releasing the front leg so that the other two legs can pivot on pins between the bitts which provide the main footing. The sail is rectangular and slung at an angle.“145 Gebaut wurde er ohne Bauplan auf den traditionellen sulawesischen Werften, die in der Regel als reine Familienbetriebe ohne Lohnarbeiter auskamen. Der Vertrag zwischen Schiffsbauer und Schiffseigner enthielt kaum mehr als eine fixe Bausumme und einen Liefertermin. Alles andere beruhte auf Wissen, das von Generation zu Generation mündlich tradiert wurde.146 Im Gegensatz zu vielen anderen Seefahrzeugen Asiens handelte es sich bei den sulawesischen prahus um eigenständige Entwicklungen, die keinem Einfluß aus China unterlagen.147 Viel eher verhielt es sich genau umgekehrt: der Erfolg der sulawesischen Schiffsbautradition führte dazu, daß Einflüsse makassarischer Schiffbauformen weit über die Grenzen des Archipels hinaus verbreitet werden konnten; offenbar gab es solche auf indische und arabische Seefahrzeuge, insbesondere im Persischen Ozean.148 144 145 146 147 148
MACKNIGHT, Study of Praus, 123. Ebd. DICK, Prahu Shipping I, 86. HORRIDGE, Planked Boats, 4. NOOTEBOOM, Galeien, 377.
560
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Auch auf Sulawesi bestand eine große Vielfalt von prahu-Typen, nicht zuletzt durch die verschiedenen am Schiffsbau beteiligten Ethnien. Die meisten von ihnen dienten dem Fischfang, zur Fahrt auf Binnengewässern oder zur Überbrückung geringer Entfernung. Nur die wenigsten fanden ihren Weg in den Überseehandel. Für die prahu pankor, deren Ursprung nördlich von Makassar bei den Mandhar zu suchen ist, existieren keine zeitgenössischen Beschreibungen. Überhaupt handelt es sich um ein in den Quellen und demzufolge in der Forschungsliteratur sehr verstecktes Schiff. Die Hafenmeisterlisten von Makassar dürften eine der wenigen europäischen Quellen sein, in welcher die pankor ausdrücklich eine Rolle spielt. Um eine Vorstellung von diesen Schiffen zu erhalten, ist man auf weitaus spätere Beobachtungen von Völkerkundlern angewiesen. Vom Grundsatz her dürfte es sich noch um das gleiche Schiff gehandelt haben. Aber es ist Vorsicht geboten, haben doch schon die Zahlen in der Specificatie auf Wandlungen bei diesem Schiffstyp hingewiesen. Der britische Ethnologe und Bootsforscher G. Adrian Horridge beschreibt, basierend auf Feldforschungen in den 1970er Jahren, die prahu pankor und ihren mandharischen Zusammenhang: „The Mandar are efficient sailors: their boats are always shipshape and clean; they have colonies in the Makassar Straits and on islands in the Java Sea, and they are keen maritime traders in competition with the Makassarese. A favourite Mandar trading boat is the Madurese lèti lèti modified with Sualwesi-style rudder supports [...] and identified as Mandar by the flat deck-house roof. [...] This [die prahu pankor] is just an enlarged version of the standard Mandar double-outrigger canoe. It is in fact the local modern equivalent of an ‚outrigger trader‘, which the Dutch called ‚Vlerkprau‘. Whereas the Mandar canoe (the sandé) has a modern ‚leg-of-mutton‘ sail raised on a fixed mast by a halyard and pulley, the pankur can have a lèti-lèti rig [...] with up to three triangular sails. The long, thin, torpedo-shaped hull is completely sealed, with hatches that fit perfectly. The huge outriggers are doubly braced, and lines from them support the sails laterally. The result is a relatively fast outrigger which ploughs its way through the waves in any weather [...].“149
Dieser Bericht unterscheidet sich nur wenig von den Beobachtungen, die der Niederländer C. Nooteboom vor dem 2. Weltkrieg zur prahu pankor machte: „Het is een vrij smalle, eenigszins opgebouwde boomstamkano met dubbelde vlerken, waarvan de zware bamboe drijvers met licht haakvormige verbindingstukken aan de uithouders zijn vastgemaakt. Deze scheepjes hebben in het midden van boord tot boord een wat hooger opgebouwde en goed afgesloten ruimte. In die voorzijde van dit gedeelte is een paalmast ingebouwd. Aan dezen mast wordt een sombala tandja gevaren, dat hooger en minder breed is dan het op andere vaartuigen gebruikte. De stevens van deze scheepjes zijn vrij steil omhoog gebogen. Het profiel van de steven149 HORRIDGE, Sailing Craft, 30/31.
Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
561
lijn buigt door tot bijna verticaal, zooals ook de vormen van de prahoe djoekong van Zuidoost Borneo bekend is. Deze scheepjes hebben op het achterschip een eenvoudige roerstelling, waaraan een makassaarsch roer wordt gevaren.“150
Aus dieser anthropologischen Sichtweise darf nicht auf ein winziges Fischerboot geschlossen werden, beruhte doch der Warenverkehr eines bedeutenden Emporiums in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf diesem Typ. Es ist eher davon auszugehen, daß sich der Typ pankor nach seiner Ablösung durch die paduwakang – endgültig wohl erst im 19. Jahrhundert – auf Grund des Nicht-Einsatzes als Handelsschiff rückentwickelt hat und im wesentlichen als kleines Küstenfahrzeug überlebte. Richtig ist allerdings, so die Zahlen der Hafenmeisterlisten, daß die pankor gegenüber der paduwakang vergleichsweise klein war, und ihre Renaissance als größeres Schiff auf eine geringe Fallzahl beschränkt blieb. Die paduwakang war spätestens seit Mitte des 18. Jahrhunderts der gebräuchlichste prahu-Typ Sulawesis.151 Ausführliche zeitgenössische Beschreibungen aus dem 18. Jahrhundert liegen nicht vor. Eine erste umfassende Beschreibung liefert Alfred R. Wallace anlässlich seiner Reisen im östlichen Archipel. In Makassar ging er 1857 an Bord einer prahu paduwakang, die einem dort ansässigen Halb-Javaner gehörte: „It was a vessel of about seventy tons burden, and shaped something like a Chinese junk. The deck sloped considerably downwards to the bows, which are thus the lowest part of the ship. There were two large rudders, but instead of being placed astern they were hung on the quaters from strong cross beams, which projected out two or three feet on each side of the vessel midships. The rudders were not hinged but hung with slings of rattan, the friction of which keeps them in any position in which they are placed, and thus perhaps facilitates steering. The tillers were not on deck, but entered the vessel through two square openings into a lower or half deck about three feet high, in which sit the two steersmen. In the afterpart of the vessel was a low prop, about three and a half feet high, which forms the captain’s cabin, its furniture consisting of boxes, mats, and pillows. In front of the prop and mainmast was a little thatched house on deck, about four feet high to the ridge; and one compartment of this, forming a cabin six and a half feet long by five and a half wide. [...] Our ship had two masts, if masts they can be called, which were great moveable triangles. If in an ordinary ship you replace the shrouds and backstage by strong timbers, and take away the mast altogether, you have the arrangement adopted on board a prau. Above my cabin, and resting on cross-beams attached to the mast, was a wilderness of yards and spars, mostely formed of bamboo. The mainyard, an immense affair nearly a hundred feet lang, was formed of many pieces of wood and bamboo bound together with rattans in an ingenious manner. The sail carried by this was of an oblong shape, and was hung rut of the centre, so that when the short end was hauled down on deck the long end mauted high in the air, making up for the lowness of the mast itself. The foresail was of the same shape, but smaller. Both these ware of matting, and, with two jibs and a fore and aft sail astern of cotton canvas, completed our rig.“152 150 NOOTEBOOM, Vaartuigen, 27. 151 VOSMAER, Schiereiland, 97; DICK, Prahu Shipping I, 72. 152 WALLACE, Malay Archipelago II, 160-163.
562
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Es handelte sich um einen Schiffstyp mit hohem Heck und niedrigem Bug – eine Kombination, die sich in rauhem Wetter nicht gerade günstig auf die Steuerbarkeit auswirkte. In der Regel waren die Schiffe zweimastig; die Masten waren bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit den traditionellen rechteckigen Segeln (sombala tanja) und einer großen Segelfläche ausgestattet. Sie verfügten über ein Hauptsegel, ein „mizzensail“, zwei Topsegeln und bis zu drei Klüvern, die sich jedoch erst im frühen 19. Jahrhundert durchsetzten. Bis zu 150 m³ Segelfläche konnte auf diese Weise zusammenkommen. Ihre Größe betrug zwischen 7,5 und 20 Metern in der Länge und rund drei Metern in der Breite.153 Gesteuert wurden die paduwakangs von zwei seitlichen Rudern. Hinsichtlich der Segeleigenschaften dieses prahu-Typs herrschen unterschiedliche Meinungen vor. Manche – so H. W. Dick – betonen, daß sie besser zu segeln waren als alle anderen prahus ihrer Zeit, andere – so Gerrit J. Knaap – betonen dagegen die schwerfällige Bauweise und die schlechten Segeleigenschaften. Diese könne zumindest nicht so schlecht gewesen sein, um die Dominanz dieses Schiffstyps im östlichen Archipel zu gefährden. Nach Horridge begannen im frühen 19. Jahrhundert die Schiffsbauer mit der Größe der paduwakang zu experimentieren, um für den Warenhandel besser geeignete Schiffe zu erhalten.154 Dies darf jedoch nicht über den vorrangigen Einsatz von paduwakangs in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hinwegtäuschen. A. J. van Schinne, der das Amt des syahbandar im Jahr 1814 bekleidete, berichtet davon, daß paduwakangs zwischen neun und dreißig, in seltenen Fällen auch sechzig oder siebzig koyang groß waren.155 Heute dominiert die prahu pinisi den einheimischen Schiffseinsatz in Indonesien, eine in Sulawesi durchgeführte Weiterentwicklung der paduwakang. Die Schiffe sind inzwischen größer, häufig dreimastig und unterscheiden sich vor allem in der Takelage von ihren frühneuzeitlichen Vorgängern. Es kommen vorrangig Ketch- oder Schoner-Takelagen zum Einsatz. Alle Entwicklungen folgen europäischen Vorbildern, wie auch der gegenwärtige Name pinisi eine Adaption der europäischen Bezeichnung Pinasse ist.156 Die Annahme, daß sich hinter dieser Namensgebung eine Form der Europäisierung im Schiffbau verbirgt, ist allerdings unwahrscheinlich. Zu beobachten ist lediglich die Weiterentwicklung der Takelage unter europäischem Einfluß, die weltweit in der Entwicklung des Schiffbaus üblich war. Die Bezeich153 154 155 156
nung pinisi hat nichts damit zu tun, daß indonesische Werften die europäische Pinasse nachgebaut hätten. Eher handelt es sich um eine Adaption europäischer Bezeichnungen zur Überwindung der sprachlichen Vielfalt des Archipels, wie in der modernen Bahasa Indonesia vielfach zu beobachten. Die Erfolgsstory der paduwakang bis hin zur pinisi stellt die Basis für de gegenwärtigen indigenen Schiffsverkehr in Indonesien dar. Diese Basis wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts gelegt, als die für größeren Frachtverkehr besser geeigneten Schiffe makassarischer und buginesischer Herkunft diejenigen mandharischen Ursprungs überflügeln konnten. Neben den bislang erwähnten sieben Schiffstypen fanden in den Hafenmeisterlisten nur noch wenige vereinzelte Typen Erwähnungen. Insgesamt verteilten sich auf die zehn erhobenen Jahre nur 34 Fahrten anderer Schiffstypen, worunter sich kein einziges Schiff europäischer Bauart befand.157 Eine dritte sulawesische Schiffbautradition neben pankor und paduwakang läßt sich im Handelseinsatz im Hafen von Makassar nicht beobachten. Dies heißt nicht, daß nicht weitere prahu-Typen im Warenhandel genutzt wurden. Vor allem in Makassar war der Typ palari bekannt, der fast ausschließlich auf der Halbinsel Bira nördlich von Selayar gebaut wurde und vorrangig im südlichen und westlichen Sulawesi eingesetzt wurde. Es handelte sich um ein eher kleines Schiff, dessen Schiffsrumpf auf Grundlage der pajala entwickelt worden war. Die prahu pajala war ebenfalls ein kleines Boot aus Sulawesi, das nur über einen einzigen Mast mit einem Dreieckssegel verfügte.158 Zudem existierte unter dem Namen binta auch eine bewaffete Variante der paduwakang.159 Der Einsatz solcher Schiffe in Makassar selbst war, den Hafenmeisterlisten folgend, offenbar selten oder erst eine Erscheinung des folgenden Jahrhunderts. Es ist auch möglich, daß sie nur im lokalen Küstenverkehr Einsatz fanden und so für die Registratur des syahbandar nicht von Interesse waren. Abschließend ist auf einige irreführende Übelieferungen hinzuweisen. Gelegentlich ist in europäischen Berichten auch in Zusammenhang mit Makassaren und Bugis von kora-koras die Rede. Dabei dürfte es sich – ähnlich wie bei dem Begriff Junke – um einen Sammelbegriff aus Unkenntnis handeln. Die kora-koras stammen aus den Molukken, wo sie zumeist als Kriegsschiffe Verwendung fanden, und waren bei den 157 Mit insgesamt 17 Fahrten war die pamayang, neben der konting ein weiterer, allerdings kleinerer Ableger des javanischen Fischerbootes mayang, der wichtigste der marginalen Schiffstypen. Daneben ist noch die sampan (drei Fahrten) erwähnenswert, hinter der sich eventuell ein chinesischer Frachtsegler verbergen konnte, jedoch auf Grund der diffusen Verwendung dieses Begriffs im Archipel auch ein indonesisches Boot (HORRIDGE, Prahu, 83). 158 GIBSON-HILL, Trading Boats, 110-121. 159 HORRIDGE, Boatbuilders, 26.
564
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
sulawesischen Völkern nicht üblich. Kora-koras waren „a plank-built boat 10 – 30 m long, with double outriggers supporting several rows of paddlers sitting on long platforms, another row of men along each side of the hull, and a platform for the fighting men raised over the heads of the crew. There were lateral rudders, a tripod mast, and a tilted rectangular sail.“160 Im Kriegseinsatz, zumindest des 16. Jahrhunderts, fanden sich unter der Bezeichnung prahu (paros) auch geruderte Schiffe, wie in einem Bericht von 1544, in dem von jeweils 70 bis 80 Ruderern die Rede ist.161 Auch Karaeng Matoaya setzte geruderte Schiffe ein, die unter der Bezeichnung ‚Galeeren’ überliefert wurden, wobei dies wohl kaum im europäischen Sinne verstanden werden darf.162 C. Nooteboom sieht hier einen Zusammenhang mit der seit 1528 bestehenden Beziehung zwischen GoaTallo und den Portugiesen, die zur Übernahme des europäischen Typus der Galeere geführt haben soll163 – eine These, die angesichts der großen Kontinuität indonesischer Schiffstypen keines weiteren Kommentars bedarf.
Wandel im Schiffseinsatz Nach der Feststellung, welche Schiffstypen im privaten Warenhandel Makassars eingesetzt wurden und welchem Wandel dieser Einsatz unterlag, stellt sich abschließend die Frage nach der möglichen Korrelation zwischen dem Einsatz bestimmter Schiffstypen und der Ethnizität des Besitzers. In den frühen Jahrgängen des Beobachtungszeitraumes war dies noch vermehrt der Fall. So blieben die Schaluppen ganz auf Europäer und Chinesen beschränkt, während prahu pankors im wesentlichen von Bugis und Makassaren eingesetzt wurden. Kontings und pencalangs waren zu dieser Zeit die etwas größeren Fahrzeuge der etwas bedeutenderen Kaufleute, die zwar keine Schaluppen einsetzen konnten, denen aber die pankors zu klein waren. Unter ihnen finden sich viele Malaiien, aber auch Chinesen und vereinzelte Vertreter der anderen Gruppen. Die Situation änderte sich im zweiten Beobachtungszeitraum. Die Erfolgsgeschichte der paduwakang spiegelt sich nicht nur in ihrer Durchsetzung gegenüber der pankor, sie verdrängte auch die mittleren Schiffstypen konting und pencalang und wurde in zunehmenden Maße von nicht-sulawesischen Schiffseignern eingesetzt. Darunter 160 161 162 163
Tabelle 6.41a: Ethnische Struktur des Schiffseinsatzes (absolute Zahl der Fahrten) 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Bürger Schaluppe
64
47
39
46
16
6
8
2
1
--
konting
9
11
16
16
16
--
--
4
5
--
pencalang
7
7
--
--
5
9
9
7
2
3
prahu pankor
--
1
9
2
2
--
--
--
--
--
prahu paduwakang
--
1
--
--
--
--
9
21
9
18
Chinesen Schaluppe
23
21
17
37
15
15
4
4
3
2
konting
55
20
14
14
18
4
5
2
7
--
pencalang
--
--
--
3
2
14
6
18
8
2
prahu pankor
4
1
3
8
11
--
--
--
--
--
prahu paduwakang
--
--
--
--
--
115
139
108
154
199
Malaiien Schaluppe
--
--
--
--
--
3
2
4
1
2
konting
56
19
6
2
3
--
--
1
2
pencalang
4
4
3
--
1
--
--
--
1
-1
prahu pankor
24
13
35
61
37
--
--
--
--
--
prahu paduwakang
--
--
1
--
--
45
55
31
113
58
fanden sich sogar einigen Europäer. Die in dieser Zeit herausragenden Chinesen nutzten die sulawesische paduwakang sogar genauso intensiv wie die sulawesischen Seefahrer. Die Renaissance der prahu pankor in ihrer größeren Variante gegen Ende der 1780er Jahre beruhte vorrangig auf makassarischen Eignern und nachodas; 41 der 43 Pankors im Jahr 1787/88 gehörten Makassaren. Es gab offenbar kein Schiff, das für die Erfordernisse des regionalen Handels besser geeignet gewesen wäre als die paduwakang. Nur die VOC hielt an anderen Schiffstypen fest. In den Flotten des Forts Rotterdam finden sich zwar durchaus einheimische Typen, vor allem die pencalang, doch nie solche aus sulawesischer Produktion. Daß sich die paduwakang gegen die pankor durchsetzen konnte, spricht nicht zuletzt für ein Anwachsen des makassarischen Privathandels im 18. Jahrhundert, da offenbar größere Schiffe benötigt wurden. Daß sie sich auch gegen ursprünglich von Europäern, Chinesen und auch Malaiien bevorzugte Schiffstypen durchsetzen konnte,
566
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Tabelle 6.41b: Ethnische Struktur des Schiffseinsatzes (absolute Zahl der Fahrten) 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 18 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Makassaren Schaluppe
--
1
--
--
--
--
--
--
--
--
konting
45
22
28
1
2
--
--
--
--
--
pencalang
1
5
1
--
--
--
--
--
--
--
prahu pankor
94
155
51
93
92
--
--
--
--
41
prahu paduwakang
--
--
--
--
--
41
88
4
--
14
Bugis Schaluppe
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
konting
22
39
36
5
16
--
--
--
--
--
pencalang
1
12
4
--
3
--
--
--
--
--
prahu pankor
30
96
35
9
67
--
--
--
--
--
prahu paduwakang
--
1
2
--
--
33
55
32
31
29
Kompanie-Untertanen Schaluppe
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
konting
--
--
--
--
--
--
1
--
--
--
pencalang
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
prahu pankor
--
--
8
93
88
--
--
--
1
2
prahu paduwakang
--
--
--
--
--
245
190
71
161
122
spricht für die Notwendigkeiten, sich im regionalen Handel auch als Fremder an den einheimischen Handelsstrukturen zu orientieren, waren diese doch am ehesten an die Gegebenheiten angepaßt. Die Europäer machten hierbei keine Ausnahme. Sie nutzten auch in transporttechnologischer Hinsicht die vorgefundenen Strukturen einschließlich ihrer Entwicklungen, anstatt diesen ihre eigenen überzustülpen. Einmal mehr bietet sich ein Vergleich mit Java an, der allerdings nur für den Zeitraum zwsichen 1774 und 1777 möglich ist. In den 14 von Gerrit J. Knaap untersuchten javanischen Hafenstädten verkehrten zwischen 1774 und 1777 in 7,6% der Fälle Schaluppen, in 13,1% der Fälle kontings und in nur 1,6% der Fälle paduwakangs. Die Mehrheit lag bei einem Schiffstyp, der nur für Java, nicht aber für Makassar eine Rolle spielten: der mayang (50,8%). Hinzu kam die relativ große Bedeutung der pencalang (15,4%), wie sie so in Makassar nicht erreicht wurde. Allerdings lassen sich im innerregionalen Vergleich auch große Schwankungen feststellen. In dem für
Boote und Schiffe im Hafen von Makassar
567
Makassar wichtigen Hafen Semarang verkehrten immerhin 6,0% paduwakangs, während Schaluppen bis zu 12,1% (Surabaya) oder 11,9% (Gresik) erreichen konnten, in manchen Häfen mit 0,1% (Banten) oder 1,6% (Pasuruan) aber kaum präsent waren. Kontings konnten gelegentlich mehr als ein Viertel der registrierten Fahrten bestreiten (29,3% in Gresik, 26,4% in Surabaya), oder aber bedeutungslos sein (0,7% in Tegal, 1,5% in Pekalongan).164 Die in Makassar für europäischen und chinesischen Großhandel stehenden Typen Schaluppe und konting waren gerade in den größeren Häfen Javas verstärkt vertreten. Wo nur geringe Zahlen auftauchten, handelte es sich zumeist um weitaus weniger zentrale Häfen von lediglich regionaler oder lokaler Bedeutung, in denen auch regionale oder lokale Schiffstypen dominierten. Auffällig ist, daß in den mit Makassar vergleichbaren Häfen wie Semarang, Gresik, Cirebon, Surabaya, Sumenep oder Rembang weitaus höhere Anteile der „überregionalen“ Typen Schaluppe und konting zu konstatieren sind als in Makassar, wo solche Zahlen nur im der ersten Überlieferungsperiode festgestellt werden können. Die sulawesische „Transportrevolution“ in der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte offenbar keine Entsprechung auf Java. Weder konnte sich dort ein einheimischer Schiffstyp in gleicher Weise durchsetzen wie die paduwakang, noch drang letztere in größerem Ausmaße bereits bis nach Java vor. Man kann angesichts des Siegeszuges der aus der paduwakang hervorgegangenen pinisi im 19. und 20. Jahrhundert in ganz Indonesien auch von einem ersten Schritt dieser Entwicklung sprechen, der sich noch auf Sulawesi oder den östlichen Archipel beschränkte, bevor weitere Entwicklungsschritte auch auf Java und den westlichen Archipel ausgriffen. Im westlichen Archipel waren es vor allem die europäischen Schiffstypen – allen voran die Schaluppe, aber auch die Barkentine oder Barke – sowie die auf javanische Ursprünge zurückgehende konting, welche die regionalen Typen zurückdrängten. Die Schaluppe wurde vielerorts der meistgenutzte Schiffstyp. Gerrit J. Knaap stellt die Hypothese auf, daß im 18. Jahrhundert der private Schiffahrtsektors durch europäische Schiffstypen penetriert wurde, und sieht sich darin bestätigt, daß 1775 in Palembang die Schaluppe dominierte und zugleich in Malakka die Brigantine vor der Schaluppe rangierte.165 Die Situation im östlichen Archipel bestätigt diese These jedoch keineswegs. Vielmehr gestaltete sich hier die Situation sogar umgekehrt.
III. Handelswege und Handelsziele Die Gesamtübersicht der in den Hafenmeisterlisten angegebenen Ziel- und Herkunftsorte läßt Schwerpunkte und Konzentrationsprozesse hinsichtlich der geographischen Reichweite des maritimen Privathandels von Makassar erkennen. Tabelle 6.42: Anteil der Einfahrten nach Herkunftsregionen (in Prozent) 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 88 18 23 28 31 34 68 73 78 82 Sulawesi
10,4
5,8
Kalimantan
10,1
12,4
6,3
2,5
5,7
--
0,4
--
--
--
Java
42,2
36,9
34,2
27,0
33,7
17,1
18,3
29,2
22,3
17,1
Sumbawa
17,9
27,7
23,4
40,5
21,8
38,0
45,8
33,9
42,8
41,0
Nusa Tenggara
3,7
3,3
5,1
8,0
5,7
3,8
4,0
1,2
3,9
2,4
Süd-Molukken
13,1
10,2
13,9
13,0
4,7
2,6
2,4
2,4
1,3
2,4
--
0,4
--
--
0,5
--
--
--
--
1,9
Sumatra
1,5
1,8
1,3
--
--
--
--
--
--
--
Malaya
--
--
--
--
--
--
--
--
--
--
China
--
--
--
--
--
--
0,4
0,6
0,4
0,5
Nord-Molukken
13,3
8,5
26,4
38,5
28,3
32,7
29,3
34,8
Während der ersten Überlieferungsperiode war Java die wichtigste Kontaktregion Makassars. Stets war es ein Drittel oder mehr der Ausfahrten, die eine Stadt auf Java zum Ziel hatten. Bei den Einfahrten ging der Anteil nach den 1720er Jahren auf ein Viertel zurück. In der zweiten Überlieferungsperiode ist ein deutlicher Rückgang der Fahrten von und nach Java zu beobachten, der auch für andere Zielregionen zu verzeichnen ist. Kalimantan behauptete in den ersten beiden Beispieljahren immerhin zwischen 27 und 34 Einfahrten und zwischen 34 und 38 Ausfahrten, doch schon während der ersten Überlieferungsperiode gingen die Zahlen zurück. In der zweiten Periode spielte die Insel Kalimantan, immerhin unmittelbarer Nachbar Sulawesis, kaum mehr eine Rolle. Ebenso deutlich fiel der Rückgang hinsichtlich der südlichen Molukken aus. Zwischen 21 und 35 Fahrten führten in der ersten Überlieferungsperiode dorthin, jedoch nur noch vier bis sechs in der zweiten. Nutznießer war vor allem die Insel Sumbawa sowie der Nahbereich Makassars, also die In-
Handelswege und Handelsziele
569
Tabelle 6.43: Anteil der Ausfahrten nach Zielregionen (in Prozent) 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 88 18 23 28 31 34 68 73 78 82 Sulawesi
10,4
6,9
17,3
8,7
28,3
36,2
20,2
23,3
23,3
21,5
Kalimantan
12,2
13,8
5,8
1,4
3,7
1,9
2,0
0,6
0,3
0,3
Java
32,0
31,9
33,5
27,4
25,1
13,3
12,1
34,0
19,0
15,2
Sumbawa
24,1
31,2
22,0
39,3
28,8
42,4
59,1
37,1
52,8
58,6
Nusa Tenggara
5,0
2,5
6,9
9,6
5,5
3,2
3,7
1,9
2,3
1,7
Süd-Molukken
12,6
11,2
12,1
13,2
7,3
1,9
1,7
2,5
2,0
1,0
Nord-Molukken
0,4
--
--
--
0,5
--
0,3
--
--
1,3
Sumatra
2,5
1,1
--
--
0,5
--
--
--
--
--
Malaya
--
0,4
--
--
--
--
--
--
--
--
China
--
--
--
--
--
--
0,3
0,6
0,3
0,3
seln vor der Küste Sulawesis und die Häfen der Südhalbinsel selbst. Sumbawa stellte von Anfang an eine wichtige Kontaktregion dar. In der zweiten Überlieferungsperiode spielte sie schließlich die Rolle der wichtigsten Region für private Handelsschiffe aus Makassar überhaupt: ein Drittel bis zur Hälfte aller einfahrenden Schiffe kam von der Insel, und sogar meist deutlich über der Hälfte der auslaufenden Fahrzeuge hatte sie zum Ziel. Einen gewissen Rückgang verzeichneten im Vergleich der Perioden die übrigen Kleinen Sunda-Inseln, doch hatten diese weder bei den Einnoch bei den Ausfahrten je einen größeren Anteil als 10%. Weitere Entfernungen lassen sich mit Hilfe der Hafenmeisterlisten kaum nachweisen. Sumatra und die Malaiische Halbinsel wurden nur zu Beginn des Beobachtungszeitraumes sporadisch kontaktiert, und China trat ab 1772/73 ausschließlich durch die jährliche AmoyJunke in Erscheinung.
1. Die Handelswege der VOC
Konnte über die Bedeutung der administrativen und militärischen Funktionen Makassars wenigstens noch gestritten werden war die Stellung der Stadt innerhalb des Systems der Handelswege, die von der VOC genutzt wurde, eindeutig marginal.
570
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Zwischen Makassar und Batavia bestand nur ein geringer offizieller Verkehr. Lediglich das notwendige Minimum an Kontakten wurde zwischen den beiden Niederlassungen aufrecht erhalten, wie das Beispiel einer Parallelüberlieferung zum ersten Beispieljahres der Hafenmeisterlisten zeigt. In den Listen über die ein- und auslaufenden Kompanie-Schiffe in Batavia wurden zwischen Oktober 1716 und November 1717 nur drei kleinere VOC-Schiffe aus oder nach Makassar verzeichnet: die Schaluppe ‚Pompelmoes’ kam am 26.10.1716 aus Makassar und fuhr am 29.5.1717 zurück, das Schiff ‚’t Huijs ten Boede’ fuhr am 27.2.1717 nach Makassar und kehrte am 23.5.1717 zurück, und am 8. November 1717 wurde schließlich noch das Eintreffen der pencalang ‚De Beschermer’ aus Sulawesi verzeichnet.166 Im folgenden Jahr kehrte nur die ‚Pampelmoes’ am 11.7.1718 aus Makassar zurück. Während sie in Batavia auf der Reede lag, übernahm sie Aufgaben der dortigen Administration. So brachte sie am 19.8.1718 den neuen Resident von Jepara nach Semarang und kehrt am 21.9.1718 nach Batavia zurück.167 Solche Listen kompanieinterner Fahrten aus Batavia, deren Aussagekraft sich hinsichtlich Makassars im Verlaufe des Jahrhunderts nicht ändert, verzeichnen keine Ladungen. Hierzu bleibt man auf die unregelmäßigen Überlieferungen aus Makassar selbst angewiesen. Das folgende Beispiel entstammt zwar einer weitaus späteren Zeitabschnitt, ist aber dennoch repräsentativ. Am 14.11.1786 traf die pencalang ‚de Jonge Frans’ aus Batavia kommend in Makassar ein. Ihre Fracht bestand im wesentlichen aus alkoholischen Getränken, die vor allem die Beliebtheit des javanischen Zuckerschnapses Arrak bezeugen, aus Grundnahrungsmitteln wie Weizen, Fleisch oder Butter sowie aus Baumaterialien.168 Das nächste Versorgungsschiff traf am 4.2.1787 aus Batavia ein. Es handelte sich um das Vollschiff ‚’t Meeuwtje’, dessen Ladung eine ganz ähnliche Zusammensetzung aufwies, ergänzt um beträchtliche Mengen Kaffee und Tee.169 166 ARA Den Haag, Notitie Boekje van de aangekomen en vertrockene Schepen tot en van Batavia, VOC 1888, 639-675 (Ladungen wurden in dieser Quelle lediglich für die Schiffe der Retourflotten verzeichnet). 167 ebd., Notitie van de aangekomene en vertrockene scheepen tot en van Batavia van en na de quartieren in India, sedert den 19. martij tot den laesten november 1718, VOC 1900, 634-651; Aangekomen en vertrocken schepen tot en van batavia sedert primo october 1717 tot ult. septemb. 1718, VOC 1900, 652v-664. 168 2.700 Kannen Arrak, 360 Kannen französischen Weins, 620 Pfund frische Butter, 270 Kannen Olivenöl, 1.394 Pfund Fleisch, 180 Kannen holländischen Essigs, 150 m. (?) Kohle, 6.500 Pfund Eisen, 2.000 Pfund Nägel, 573 Pfund Blei, 6.133 Pfund suratischen Weizen und 15 Pfund Farben (ARA Den Haag, VOC 3760, Macassar, 2. Reg., 19/20). 169 6.250 Pfund Kaffeebohnen, 716 Pfund Tee, 13.860 Kannen Arrak, 2.000 Flaschen Weißwein, 20 Flaschen Rosenwasser, 16.272 Pfund frische Butter, 291 ½ Kannen Olivenöl, 2.835 Pfund Fleisch, 47 ¼ Kannen Tran, 52.200 Pfund Salz, 49.067 Pfund Weizen aus Surat, 3.535 Pfund Nägel, 14.123 Pfund Eisen, 4.035 Pfund Moepijken (?), 812 Pfund Stahl, 2.120 Pfund Marpuis und 330 mten. (?) Kohlen (ARA Den Haag, VOC 3760, Macassar, 2. Reg., 65-67).
Handelswege und Handelsziele
571
Alle diese Produkte waren für die Garnison bestimmt. Stets bestanden die Ladungen solcher Schiffe aus grundlegenden Lebensmitteln wie Weizen, Fleisch, Butter, Öl, aus flüßigen Genußmitteln wie Arrak oder Wein sowie aus Materialien für Instandhaltung oder Ergänzung der kompanieeigenen Einrichtungen wie Nägel, Eisen, Farbe oder Kohle. Einige dieser Produkte wurden allerdings in so großen Mengen geliefert, daß sie in den Warenverkauf der VOC-Niederlassung gelangten oder, gegen Ende des 18. Jahrhunderts, auch zum Nutzen der Bediensteten vertrieben wurden.170 Die herangezogenen Rendements zeigen, daß neben einer großen Palette indischer Textilien und kleineren Mengen Gewürzen regelmäßig mit Reis, Weizen, Roggen, Salz, Branntweinen, Kaffeebohnen, Zucker, Rosenwasser und verschiedenen Eisenwaren gehandelt wurde. Gelegentlich wurde diese Warenpalette auch um Waffen, Blei, Nägel, Butter, Essig und ähnliche, in den Überseestützpunkten seltene und daher begehrte Lebensmittel europäischer Herkunft ergänzt. Diese Produkte stammte im wesentlichen aus den Niederlanden oder aus Java, bei Getreidelieferungen zusätzlich aus der Kapkolonie. Die meisten dieser Handelswaren sind allerdings als Bestandteil von Überschußverkäufen zu verstehen. Es ist kaum anzunehmen, daß die Kompanie ausgerechnet in Makassar einen gewinnversprechenden Absatzmarkt für mehr oder weniger gängige Alltagswaren und Lebensmittel sah. Die Versorgung mit solch grundlegenden Waren wurde jedoch nicht allein durch die Kompanie sichergestellt. Vor allem europäische Kaufleute, gelegentlich aber auch chinesische, transportierten ähnliche Warenpaletten von Batavia nach Makassar und ergänzten damit die Versorgung der Kolonialstadt. Was in diesen Fällen nicht von der Kompanie aufgekauft wurde, gelangte ebenfalls auf die städtischen Märkte, wo insbesondere die alkoholischen Getränke regen Absatz fanden. Tatsächlich zu den offiziellen Handelsaktivitäten der VOC im Rahmen des ‚country trade’ gehörte der Verkauf von indischen Textilien. Allenfalls Kaffee, Tee und Zucker können daneben noch als Exportgut nach Makassar angesehen werden. Hinsichtlich der anderen Waren, die im Gesamtkalkül der Kompanie eine Rolle spielten, hatte Makassar seine Stellung an den üblichen Handelsstraßen der Kompanie ironischerweise dank der Eroberung durch die VOC verloren. Die Hauptrouten dienten dem Transport der wichtigsten Waren zum Sammelort der Retourflotte, also nach Batavia. Im Falle des östlichen Malaiischen Archipels handelte es sich dabei um die direkt verschifften Gewürze. Schiffe von den südlichen Molukken trafen 170 MILBURN, Oriental Commerce II, 410.
572
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
zwar gelegentlich auch in Makassar ein – schließlich wurden gewisse Mengen der Gewürze in der Stadt verkauft – aber als Gewürzemporium wurde Makassar nicht mehr gebraucht. Andere für die VOC interessante Produkte, deren Herstellung sie nicht kontrollieren konnte, wurden ebenfalls unmittelbar nach Batavia verschifft wie Porzellan und vergleichbare Waren aus China. Auch eine Umschlagsplatzfunktion hatte die Stadt aus Sicht der VOC nicht mehr; sie diente lediglich als Endabsatzmarkt, vor allem für die Textilien des ‚country trades’ der Kompanie. Anders verhielt sich dies im Bereich des privaten Handels – je nachdem, welche Handelssphäre gerade in den Blick genommen wird. Zu diesem Privathandel ist auch der Eigenhandel der VOC-Bediensteten zu zählen. Allerdings ist der private Handel der Kompanie-Mitarbeiter nicht meßbar. Er war ein allgemein grassierendes Phänomen, das mehrfach unter Strafe gestellt wurde.171 Im Laufe der Zeit gab die Führung der VOC jedoch der normativen Kraft des Faktischen nach und erlaubte 1791 – unter der Bedingung der Deklaration und der Abführung festgelegter Abgaben – für die meisten Güter die Rückführung nach Europa auf private Rechnung.172 Um im Nachhinein solche Aktivitäten in den offiziellen Privathandel Makassars einbeziehen zu können, kam dieser Erlaß jedoch zu spät.
2. Die Handelswege der privaten Händler I: Fahrten in den Nahbereich
Ziele auf Sulawesi Der sogenannte Nahbereich, der seinen Namen allein auf Grund des Kriteriums der kurzen Wege verdient, zerfällt prinzipiell in drei verschiedene Bereiche: in die wenigen Ziele, die offiziell von Makassar aus auf der eigenen Küste angesteuert wurden, in die kleineren Eilande, die der großen Insel Sulawesi unmittelbar vorgelagert sind, und in die Insel Kalimantan, zu deren Erreichen nur die schmale Straße von Makassar überquert werden mußte.
171 ARA Den Haag, VOC 4702, passim (Verbotsplakat von 1670 und Reglement von 1676); VOC 4705, passim (Verbotsplakat von 1717); daß die ursprünglich verbreiteten Verbote nicht fruchteten, geht aus einer eindringlichen Bechreibung des Handelsgebahrens der VOC-Bediensteten unter dem Titel „’t Oostindische sacspiegeltje“ aus dem Jahr 1684 hervor: VOC 4704, passim. Wesentlich später finden sich spezifische Verbote: ebd., Collection Hope, Nr. 75, 20 (Verbot von Sklavenhandel, 28.9.1767), 27 (Verbot von Textilienhandel, 23.12.1768), 31 (Verbot von Keramikhandel, 31.1.1769). 172 ebd., VOC 4707, passim.
Handelswege und Handelsziele
573
Nur wenige Häfen auf Sulawesi spielten eine durchgehende Rolle für den privaten Handelsverkehr. Diese wenigen standen zumeist mit den Siedlungsgebieten der Bugis in Zusammenhang, die von Boné aus kontrolliert wurden. Dessen Hauptstadt Cinrana spielte in der ersten Überlieferungsperiode durchaus eine Rolle, wurde jedoch in der zweiten von dem weiter südlich gelegenen, aus Makassar leichter zu erreichenden Sinjai abgelöst. Im Norden Makassars spielte die Landschaft Kaili eine gewisse Rolle, insbesondere auf Grund ihrer berühmten Kokosnüsse. Aus ähnlichen Gründen dürfte der Hafen Barro, ebenfalls nördlich von Mandhar gelegen, besucht worden sein. Fahrten nach Luwu und Bulukumba können auf Grundlage der Zahlen nur als Zufallsereignisse gewertet werden. Dies soll jedoch nicht heißen, daß dorthin kein Schiffsverkehr stattfand. Vielmehr ist von einer kleinräumigen Küstenschiffahrt auszugehen, die keinen Niederschlag in den Listen fand. Die in den Hafenmeisterlisten faßbaren Handelskontakte waren hinsichtlich der nach Makassar verschifften Waren im wesentlichen regionalen Handelssphären zuzuordnen. Aus allen sulawesischen Häfen wurde trepang importiert. Für die verstreuten, teilweise nomadisierenden trepang-Fischer stellten solche Häfen die ersten Anlauf- und Sammelstellen dar. Von dort aus übernahmen Kaufleute den Weitertransport. Aus Kaili kamen Textilien, Baumwolle, Reis, gelegentlich Sklaven, und natürlich Kokosnüsse hinzu. Aus Sinjai stammte neben trepang die weiteren lokalen Meeresprodukte Schildpatt und agar-agar, dazu Wachs und Reis. Als der Sklavenhandel gegen Ende des 18. Jahrhunderts einen erneuten Aufschwung erlebte, wurde Sinjai ein wesentlicher Lieferant der menschlichen Ware. Im letzten Beispieljahr 1787/88 wurden 143 Sklaven nach Makassar verschifft. Exportiert wurde in die Häfen der näheren Umgebung Nahrungs- (Reis, Paddy, Salz) und Genußmittel (javanischer wie chinesischer Tabak) sowie Textilien. Nach Sinjai, das als einziger direkt angelaufener Hafen der Region Versorgungsfunktionen für die buginesischen Siedlungsgebiete übernahm, wurde darüber hinaus auch Baumwolle, Kokosnüsse, Zucker, parang-Messer sowie diverse Keramikwaren exportiert. Nicht ganz unwesentlich ist die Erwähnung, welche Gebiete grundsätzlich nicht angesteuert wurden oder aus denen keine Schiffe nach Makassar kamen. Dabei handelt es sich um die Nordhalbinsel Sulawesis, das Siedlungsgebiet der Minahasa mit ihrem Haupthafen Manado, die in den Handelssphären, die nach Norden, auf das Sulu-Archipel und die südlichen Philippinen ausgerichtet waren, nicht unbedeutend waren. Dazu gehörte ebenso die südöstliche Halbinsel Sulawesis, an der sich sowohl Diasporagemeinden der Bugis angesiedelt hatten als auch verschiedene Bajau-
574
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Gruppen aktiv waren. Dort fanden durchaus für die regionalen Netze wesentliche Handelsaktivitäten statt, ohne daß diese eine direkte oder offizielle Anbindung an Makassar hatten. Schließlich gehörte auch das Siedlungsgebiet der Mandhar nördlich von Makassar dazu. Diese verfügten, da sie weder in Hafen und Stadtbereich von Makassar noch in den auf das Umfeld bezogenen Quellen in Erscheinung treten, offenbar über eine ganz eigene, unabhängige Handelswelt.
Buton, Selayar, Bonerate – Wandel in der Bedeutung der vorgelagerten Inseln Von der Vielzahl der Sulawesi vorgelagerten Inseln treten nur drei in den Hafenmeisterlisten in Erscheinung. Daraus ist nicht unbedingt zu schließen, daß andere, kleinere Inseln nicht auch angelaufen worden wären, doch zeichnen sich hier eindeutige Prioritäten ab. Im 18. Jahrhundert waren von den Nachbarinseln nur Selayar, Buton und Bonerate für die nachodas und Schiffseigner in Makassar von Bedeutung. Dabei läßt sich eine deutliche Entwicklungslinie erkennen. Insgesamt stieg die Bedeutung der vorgelagerten Inseln im Verlaufe des Jahrhunderts an und war so, zusammen mit dem Aufstieg Sumbawas zum wichtigsten Handelspartner, Bestandteil der Verengung, den der offiziell registrierte Operationsbereich privater Schiffe aus Makassar erlebte. Zunächst spielte Selayar die führende Rolle, wurde in den 1730er Jahren jedoch von Buton überholt, das 1733/34 mit 36 Ausfahrten und 41 Einfahrten erstmals die Rolle eines zentralen Handelspartners einnehmen konnte. Erst in der zweiten Überlieferungsperiode kam die Insel Bonerate dazu, die auf halbem Weg nach Flores liegt und von den Niederländern Arung Palakka als Lehen anvertraut worden war.173. 1767/68 war Bonerate sogar weitaus wichtiger als Buton, danach pendelten sich diese beiden Inseln in weitem Abstand vor Selayar sowohl bei den Ausfahrten als auch den Einfahrten ungefähr bei der gleichen Größenordnung ein. Der natürliche Reichtum Selayars und Butons bestand vor allem in Kokospalmen.174 Allerdings fallen beide Inseln in den Hafenmeisterlisten nicht als Großexporteure dieser Frucht auf. Vielmehr wurden aus Makassar gelegentlich KokosnußLadungen nach Selayar und Buton verschifft, die neben die großen und relativ regelmäßigen Reislieferungen traten. Grundnahrungsmittel auf Selayar waren djagong und Hirse, darüber hinaus Reis, der seit altersher aus Makassar, Sumbawa und Boné 173 BLOK, Beknopte geschiedenis, 77. 174 DONSELAAR, Saleijer, 281; LIGTVOET, Boeton, 4.
Handelswege und Handelsziele
575
importiert wurde. Auch Buton benötigte Reisimporte. Roter Reis wurde aus Südost-Sulawesi importiert, das weiße Gegenstück über die im Hauptort ansässigen Händler aus Makassar.175 Erst gegen Ende des Beobachtungszeitraumes wurden auch größere Mengen Kokosnüsse von Selayar nach Makassar transportiert. 1777/78 waren es 1.000 Stück, 1781/82 3.300. Darüber hinaus wurden aus Selayar einheimische Textilwaren und später geringere Mengen trepang importiert.176 Alle Importe blieben allerdings sehr sporadisch. Exporte von Makassar nach Selayar dienten vor allem der Versorgung der Insel und ließen im Lauf der Jahre deutlich nach.177 Die Bevölkerung auf Selayar zählte im Jahre 1760 21.448 Personen, zehn Jahre später nur noch 12.376 Personen.178 Mitte des 19. Jahrhunderts betrug die Einwohnerzahl nach einheimischen Angaben bereits wieder 47.000, nach Donselaars Schätzung sogar mindestens 60.000. Die meisten Bewohner waren Abkömmlinge von Makassaren und Bugis, die aus Boné oder Luwu stammten.179 Mit dem deutlichen Bevölkerungsaufschwung ging ein merkantiler Aufschwung einher. Zeichnete sich zumindest in Bezug auf Makassar für das 18. Jahrhundert ein Fall in die Bedeutungslosigkeit ab, änderte sich dies im folgenden Jahrhundert unter den Bedingungen des Freihandels deutlich. Im 19. Jahrhundert unterhielt Selayar Handelsbeziehungen nach Bima, Sumbawa, Bali, Kalimantan, Java und Singapore. Ausgeführt wurden Kokosnüsse und -öl, Baumwolle und gestreifter oder karierter Kattun; eingeführt wurde vor allem Reis, Tabak, Eisen- und Kupferwaren, europäische Garne und Leinwand.180 Etwas anders gestaltete sich die Situation auf Buton. Die Insel lag einerseits weiter von Makassar entfernt als Selayar und war andererseits mit einem lokalen Herrscher ausgestattet, der ein dauerhafter Verbündeter der VOC war und dessen Häfen häufig als Stützpunkte für militärische Aktionen der Kompanie dienten. Zunächst erweckt auch diese Insel den Anschein geringer ökonomischer Bedeutung. Butons Rolle zu Beginn des 18. Jahrhunderts war weitaus mehr diejenige eines politischen als eines wirtschaftlicher Partners. In den 1730er Jahren zeichnete sich jedoch eine Wende ab. Buton wurde zu einem Zentrum der trepang-Fischerei und ein Umschlagplatz dieser Ware. Bereits 1730/31 waren es 155 ¾ pikul Seegurken, die nach Makas175 DONSELAAR, Saleijer, 281/282; LIGTVOET, Boeton, 4. 176 Textilien: 1717/18: sechs, 1722/23 elf, 1727/28: fünf corgies; trepang: 1767/68: elf, 1772/73: zehn pikul. 177 1717/18: 14,6 Lasten (L.) Paddy, zwei L. Salz, 2,5 pikul Zucker; 1722/23: 10,4 L. Paddy, 500 Stück Kokosnuß; 1727/28: 4,2 L. Paddy; 1733/34: 4,2 L. Paddy; 1767/68: zwei L. Reis; 1781/82 ½ L. Reis 178 ARA Den Haag, VOC 2990, Macassar, 1. Reg, 56 (1769); VOC 3302, Macassar, 48 (1770). 179 DONSELAAR, Saleijer, 282. 180 Ebd., 303/304.
576
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
sar verschifft wurden, 1733/34 schon 276 pikul. In der zweiten Überlieferungsperiode – mit Ausnahme eines Einbruchs zu Beginn des 1780er Jahre – stiegen die Ausfuhrmengen beständig, so daß bis zum Ende des Jahrhunderts 100 metrische Tonnen im Jahr erreicht worden sein dürften.181 Der trepang-Export zog auch steigende Exportzahlen anderer lokaler Waren nach sich. Schildpatt wurde in einer Größenordnung zwischen einem halben pikul (1772/73) und knapp neun pikul (1787/88) das Jahr exportiert, Wachs zwischen rund zehn pikul (1772/73 und 1781/82) und 148 pikul (1787/88). Ebenfalls eine „landestypische Ware“, aber im Verlauf des 18. Jahrhunderts zumeist unbedeutend, waren Sklaven. Erst 1787/88 ist mit 148 Personen wieder ein signifikanter Sklavenexport zu verzeichnen. Der Bedeutungsgewinn als trepang-Umschlagplatz zog eine Veränderung bei den Importen aus Makassar nach sich. Bestanden diese im ersten Überlieferungszeitraum noch im wesentlichen aus Reis, Salz und Zucker,182 verbreiterte sich die Palette in den späteren Untersuchungsjahrgängen deutlich. Nun wurden auch chinesischer und javanischer Tabak, Golddraht, parang-Messer (bis zu 6.400 Stück im Jahr 1787/88) und chinesische Keramikwaren eingeführt. Hinzu kamen Textilien, die sich vorrangig aus regionalen, vor allem buginesischen oder selayarischen Produkten zusammensetzten. Hierin ist ein Hinweis auf eine regionale Nachfrage für diese Textilgruppe zu sehen. Die Webstücke aus der Region stellten wohl nur in Ausnahmefällen ein Exportgut für weite Strecken dar. Makassar war in diesem Falle Umschlagplatz für einen regionalen Handel, der auf der dritten Ebene verblieb. Nachdem Nahrungsmitteln in der zweiten Überlieferungsperiode für lange Zeit aus den Listen des syahbandars verschwunden waren, wurden 1781/82 (20,8 Lasten Reis) und 1787/88 (3,9 Lasten Reis, 2,1 Lasten Paddy, ein pikul Zucker) wieder Versorgungsgüter nach Buton exportiert. Es ist kaum anzunehmen, daß in der Aufschwungzeit des trepang-Handels auf Buton, der – dafür spricht die Import-Palette – für einen steigenden Wohlstand sorgte, die eigene Nahrungsmittelgrundlage verbreitert werden konnte. Vielmehr müssen auch hier andere Handelsnetzwerke gegriffen haben. Eine Ausschließlichkeit Makassars als Versorgungszentrum der Region war zumindest in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht mehr gegeben. Im 19. Jahrhundert beschränkte sich der Handel Butons im Westen auf Singapore; im Osten wurden die meisten Inseln angefahren. Eingeführt wurde Reis, Opi181 1767/68: 601 pikul, 1772/73: 973 pikul, 1777/78: 1.033 pikul, 1781/82: 383 pikul, 1787/88: 1.337 pikul 182 Reis: 1717/18 drei Lasten, 1722/23 fünf Lasten, 1727/28 vier Lasten, 1733/34 15 Lasten; Paddy: 1717/18 8,3 Lasten, 1733/34 12,5 Lasten; Salz: 1717/18 sechs Lasten, 1722/23 drei Lasten, 1727/28 zwei Lasten, 1733/34 eine Last; Zucker: 1717/18 12,5 pikul, 1722/23 1,25 pikul.
Handelswege und Handelsziele
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um, Eisen- und Tonwaren, europäische Garne und Leinwand; die wesentlichen Ausfuhrgüter waren trepang, Schildpatt, Kaffee, Wachs, agar-agar, Haiflossen, Kattun und einige lokale Kleinigkeiten wie die Wurzel des bingkuru-Baumes, der Bast des soga-Baumes, Perlen sowie Büffelhäute und -hörner.183 Hier spiegelt sich eine Weiterentwicklung der aus dem 18. Jahrhundert bekannten Warenpalette. Lediglich Kaffee und Opium wurde in diesem Jahrhundert noch nicht gehandelt. Eine lokale Besonderheit stellten die boetonsche kistjes dar, ein Produkt des butonesischen Kunsthandwerks, das in der ersten Überlieferungsperiode von Buton nach Makassar gebracht und dort vor allem nach Java weiterexportiert wurde. Importiert wurden in Makassar 1717/18 290 Stück, 1722/23 276 Stück, 1727/28 420 Stück und 1733/34 40 Stück. Exportiert wurden aus Makassar 1717/18 574 Stück, 1722/23 1.820 Stück, 1727/28 230 Stück und 1733/34 360 Stück. Davon gingen 1717/18 31,4% nach Banjarmasin, 29,6% nach Semarang und 36,6% nach Batavia, während der geringe Rest für die Insel Blieton bestimmt war. 1722/23 und 1727/28 dominierte Batavia (95,6% und 91,3%), während sich Semarang und Banjarmasin die übrigen teilten. Die Situation drehte sich 1733/34, als die kistjes mehrheitlich nach Semarang (77,8%) verschifft wurden. Beteiligt waren 1717/18 beim Import vorrangig Bugis und Bürger, beim Export dominierten die Malaiien (60%). 1722/23 dominierten beim Import Makassaren (92,8%), beim Export die Chinesen (88,5%). 1727/28 waren die vorrangigen Importeure Bugis und Inder, während beim Export die Bugis dominierten (87%). 1733/34 schließlich waren nur Malaiien am Import beteiligt, während der Export eine breite Streuung aufwies. Ein leichtes Übergewicht hatten die Bugis (47,2%); daneben waren Makassaren, Chinesen, Malaiien, Inder und Kompanie-Untertanen in relativ gleichen Größenordnungen beteiligt. Eine Nachfrage nach den boetonschen kistjes war offenbar vor allem in Java gegeben. Die Beteiligung Kalimantans in der Anfangszeit deutet auf ein spezielles Interesse der Chinesen, die ihre eigenen kunsthandwerklichen Produkte durch einheimische Produkte ergänzten. Im Zusammenhang mit dem Handel ergeben sich keine eindeutigen ethnischen Muster, so daß die kistjes als ein „Mitnahmegut“, mit dem bei Gelegenheit die Warenpalette aufgefüllt wurde, eingestuft werden müssen. Eine besondere Entwicklung erlebte die zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit dem Aufstieg des bislang völlig unbedeutenden Eilandes Bonerate, dessen Charakter kaum hatte vermuten lassen, daß sich hier ein wichtiger Anlaufpunkt für die private Seefahrt Makassars entwickeln könnte: 183 LIGTVOET, Boeton, 9.
578
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
„Beide eilanden [Bonerate und Kalao] zijn met klippen en reven en dus met een voor schepen zeer gevaarlijk vaarwater omgeven, dat nergens goeden ankergrond aanbiedt, en derhalve schepen, die zaken op deze eilanden te verrigten hebben, noodzaakt gedurende dien tijd op en neer te houden.“184
Bonerate selbst war weitgehend unfruchtbar und wurde in hohem Maße durch die Nachbarinsel Kalao versorgt, wo auch ausreichend Bauholz für prahus wuchs.185 Die kampung der Insel, die sich am Strand entlang aufreihten, bildeten eine zusammenhängende Häusermasse, während im Inselinneren verstreut einzelne Häuser lagen.186 Die Bevölkerung bestand Mitte des 19. Jahrhunderts aus Makassaren, Bugis, Selayaren, Butonesen, Endehnesen und Managaraiern aus Flores, Bimanern, Sumbawanen sowie Timoresen und betrug 4.882 Einwohner, die in 30 kampung und 791 Häusern lebten.187 Auf der Nachbarinsel Kalao lebten zeitgleich 828 Menschen in fünf kampung und 109 Häusern.188 Die ethnische Vielfalt, welche die Einwohnerschaft der beiden Inseln im 19. Jahrhundert auszeichnete, stellt ein Hinweis auf die Handelskontakte und die Entstehung der Bevölkerung aus einem Handelsknoten dar. Die Einwohner stammen entweder aus Makassar selbst oder von den Inseln, zu denen Makassar unter der VOC intensive Handelskontakte unterhielt. Diese Beobachtung kann als Beleg dafür gewertet werden, daß es sich bei Bonerate um einen ausgelagerter Handelsplatz makassarichen Ursprungs handelte. Mitte des 19. Jahrhunderts vermerkt John Crawfurd in seinem ‚Descriptive Dictionary of the Indian Islands’: „Bonerati os a settlement or colony of the Bugis, and a considerable native emporium. [...] The majority of the inhabitants are Bajaus or wandering Malay fishermen who collect tortoise-shell, holothurion [d.i. trepang], and bird’s nests: but the carrying trade is conducted wholly by the Bugis, whose praus make yearly voyages to Bali, Batavia, and Singapore to the west, and New Guinea, the Moluccas, and Manila to the east and north.“189
Die makassarischen Hafenmeisterlisten des 18. Jahrhunderts sind das Zeugnis eines zögerlichen Beginns dieser Entwicklung. Aus Bonerate wurde vor allem trepang nach Makassar verschifft.190 Hinzu kam Wachs ungeklärter Herkunft.191 Es bestehen allerdings bereits erste Hinweise auf einen Warenumschlagplatz: umfaßten schon die gelegentlichen Textilladungen keine spezifisch als regional bezeichneten Produkte, stammte die 70 bzw. zehn pikul Rohbaumwolle (1767/68 und 1777/78) mit Sicherheit nicht von der unwirtlichen Insel in der Flores-See. Auch die teilweise großen 184 185 186 187 188 189 190 191
Zahlen an parang-Messern, die von Makassar nach Bonerate verschifft wurden, dienten wahrscheinlich nicht allein dem heimischen Bedarf der boneratischen Bevölkerung, sondern als regional begehrtes Gut zum Weiterhandel.192 Daneben wurden häufig Fahrten mit einer breiten Textilienpalette verzeichnet, die zu großen Teilen dem Weiterhandel gedient haben dürften. Die wirtschaftliche Betätigung der Einwohnerschaft im 19. Jahrhundert bestand vor allem in dem Bau von prahus für den Eigenbedarf, in der Fischerei von trepang und Schildpatt sowie der Weberei von groben Sarongs und weißem Leinen durch die Frauen.193 Darüber hinaus bestanden Handelsaktivitäten, deren Grundlage in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, nicht zuletzt bedingt durch Veränderungen in den makassarischen Handelssphären, gelegt worden waren. Einerseits dienten sie zur Versorgung der Inseln, die schon in den Paddy-Transporten aus Makassar im 18. Jahrhundert ihren Niederschlag gefunden hatten und im 19. Jahrhundert von Mangarai aus fortgesetzt wurde.194 Andererseits waren sie im Sinne eines Warenumschlagplatzes zu verstehen wie im Falle des trepang, der von Bajau nach Bonerate gebracht und vor allem gegen Opium und Textilien getauscht wurde.195 Nach der Zusammenstellung des Augenzeugen J. A. Bakkers waren neben den Kontakten nach Makassar und denjenigen in die nähere Umgebung, bestehend aus den Inseln Sumbawa, Flores, Selayar und den Häfen auf Sulawesi wie Sinjai und Kandari, mit Java, Bali und Lombok auch weiter entfernte Ziele getreten.196 Insbesondere Singapore, das neue Handelszentrum der malaiischen Welt im 19. Jahrhundert, war ein wichtiger Anlaufpunkt des Handels von Bonerate geworden. Deutlich ausgedehnt hatte sich auch die Warenpalette. Die von Bakkers angeführten Importund Exportwaren, die – sieht man von den Meeresprodukten ab – in ihrer großen Mehrheit nicht auf Bonerate gedeihen konnten (Reis, Tabak, Zucker, Kaffee, Opium, Baumwolle, Ebenholz) oder dort produziert wurden (indische Textilien, Feuerwaffen, Kupferwaren, chinesische Ton- und Eisenwaren, Blei, Zinn), verweisen deutlich darauf, daß Bonerate die im 18. Jahrhundert langsam angenommene Position als Warenumschlagplatz wesentlich ausbauen konnte. Als Folge dieser Entwicklung existierte in der Selbstverwaltung Bonerates zumindest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch das Amt des syahbandar, der von Boné aus eingesetzt wurde 192 1767/68: 730 Stück, 1772/73: 20 Stück, 1777/78: 500 Stück, 1781/82: 2.830 Stück, 1787/88: 2.320 Stück. 193 BAKKERS, Bonerate, 246. Zum Einkommen des Herrschers von Bonerate gehörte eine Abgabe auf den trepang-Fang: je nach Größe und Besatzung einen halben, einen oder zwei Gulden pro Fahrt (ebd., 233/234). 194 Über acht Lasten Paddy in 1772/73, 7½ Lasten in 1777/78. Zu Mangarai BAKKERS, Bonerate, 243. 195 Ebd., 244. 196 Ebd., 242/243.
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und auch für Kalao zuständig war.197 Aus Bonerate, das über die Hafenmeisterlisten Makassars seit 1767/68 in das Licht der Wirtschaftsgeschichte tritt, sollte im Laufe der Zeit eine Art Emporium werden, dem allerdings der urbane Charakter fehlte.
Pasir, Pulo Laut, Banjarmasin – die schwindende Bedeutung Kalimantans Kalimantan spielte sowohl als Ziel- wie auch als Herkunftsregion nur in der ersten Überlieferungsperiode eine wesentliche Rolle. Dabei verlor die Stadt Banjarmasin schnell ihre Vorrangsstellung; Pasir und die Insel Pulo Laut zogen bald gleich. Darüber hinaus spielten der Hafen von Sangan und das Reich Kutai, beide am Delta des Mahakam an der Ostüste gelegen, insbesondere als Zielorte eine gewisse Rolle. Ganz offensichtlich hatte Banjarmasin ebenso wie Makassar die Funktion eines Emporiums. In dieser Stadt betrieben sämtliche in der Region um Sulawesi und Kalimantan relevanten Handelsnationen Warenumschlag aller Art. In den ersten beiden Beispieljahren, als noch eine größere Zahl von privaten Schiffen aus Banjarmasin Makassar erreichte, wurden indonesische Stapelgüter (javanischer Tabak, Baumwolle, Textilien, Zucker), chinesische Stapelgüter (chinesischer Tabak, chinesische Keramik, Golddraht) wie auch Exportwaren der Insel selbst (Pfeffer, Rattan, Matten, Gummilack) nach Makassar transportiert. Bald nahm die Bandbreite der beteiligten Nationen ab, bis sich eine deutliche Vorherrschaft der Bugis herauskristallisierte. Auch die Warenpalette wurde schmaler. Sie umfaßte nun vor allem die erwähnten Waren aus China und Kalimantan. Für den allgemeinen Warenumschlag indonesischer Produkte oder für Produkte, welche über indonesische Zentren gehandelt wurden wie aus Indien stammende Textilien, schien Banjarmasin nicht mehr interessant genug gewesen zu sein – zumindest aus der Perspektive Makassars. Zielhafen war Banjarmasin vor allem für Versorgungsgüter wie Reis, Kokosnüsse, Salz und Zucker sowie für Güter, die wie trepang für den chinesischen Markt bestimmt waren. Hinzu kamen größere Partien sulawesischer Textilien, für welche hier ein größerer Markt existierte als für indische Importe. Auch an dieser Handelssphäre waren zunächst alle Nationen beteiligt. Die Beschränkung auf die Bugis, die natürlich auch bei den Fahrten nach Banjarmasin zu beobachten ist, brachte keine einschneidende Veränderung in der Warenpalette des Exportes mit sich. Pasir und Pulo Laut dienten zunächst nur als Exporthäfen für Rattan und Wachs. Im Gegenzug erhielten sie aus Makassar Reis, Salz, Zucker und Textilien aus sula197 Ebd., 225/226, 228.
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wesischer Produktion, zuweilen auch Kokosnüsse. Bei den beteiligten Ethnien ist ein Übergewicht der Makassaren und Bugis zu beobachten, aber auch Malaiien und Inder beteiligten sich immer wieder an den Fahrten an die Ostküste Kalimantans. Zwischen den beiden Häfen bestanden keine sonderlichen Unterschiede. Unbedeutender war in dieser Periode noch das nahe Kutai. Nur im Jahr 1727/28 deutete diese Region und ihr Hafen seine Möglichkeiten an, die außerhalb der Reichweite Makassars sicherlich auch genutzt wurden, als Schildpatt, Rattan, trepang und Wachs nach Makassar exportiert und im Gegenzug Textilien, Reis und Salz bezogen wurden. Dieser Handel lag völlig in der Hand von Malaiien. Anfang der 1730er Jahre wurden die privaten Handelsfahrten nach Kutai und Pasir durch den buginesischen Rebellen Arung Sinkang eklatant behindert, der in Pasir Zuflucht gesucht hatte und mitsamt seinen Getreuen durch Seeräuberei und Sklavenjagd die Gewässer zwischen Sulawesi und Kalimantan unsicher machte. Insbesondere Kaili auf Sulawesi, aber auch Mandhar hatte unter diesen Entwicklungen zu leiden.198 Um dem Rebellen zumindest den legalen Privathandel als ökonomisches Standbein zu nehmen, stellte Gouverneur van Arrewijne in seiner Amtszeit keine Pässe nach Pasir und Kutai aus.199 Diese politisch-militärischen Ereignisse erklären das verschwinden der Häfen Kalimantans aus den Hafenmeisterlisten der 1730er Jahre. Bis zu der zweiten Überlieferungsperiode der Specificatie war das Problem jedoch längst beigelegt. Die langfristige Abwesenheit dieser Häfen in den makassarischen Hafenmeisterlisten kann auch nicht mit einem generellen merkantilen Bedeutungsverlust interpretiert werden. Anfang der 1760er Jahre berichtet der Engländer Alexander Dalrymple, daß es sich bei Pasir aktuell um das bedeutendste Emporium der Bugis handelte, von wo aus diese das ganze Archipel bereisten und auch Ziele darüber hinaus aunsteuerten.200 Zu Beginn des folgenden Jahrhunderts ergänzte William Milburn, daß im Jahr 1772 ein Versuch der EIC gescheitert war, in Pasir eine Niederlassung zu errichten, da die Einheimischen – und wohl auch Bugis – keine Europäer unter sich dulden wollten, so daß neben den Bugis vor allem Chinesen den Handel der Stadt kontrollierten.201 Der Hafen von Sangan fällt etwas aus dem geschilderten Rahmen. Nur in einem der Beispieljahre war er Herkunftsort von mehreren Schiffen. Makassaren und Bu198 199 200 201
gis brachten 1722/23 Paddy und Reis aus Sangan nach Makassar. Wesentlich häufiger war Sangan Zielort von Fahrzeugen, die in Makassar in See stachen. Mit Ausnahme einer Ladung Kokosnüsse 1722/23 wurden jedoch nur Leerfahrten dorthin registriert, die fast ausschließlich von Makassaren und nur ausnahmsweise von einem Bugis (1722/23) durchgeführt wurden. Als Quintessenz drängt sich auf, daß Sangan speziell für Makassaren ein alternativer Warenumschlagplatz war, an dem ihre eigentliche Handelstätigkeit erst ihren Ausgang nahm.
3. Die Handelswege der privaten Händler II: Java
Zu den wichtigsten Regionen Indonesiens, zu welchen der Vertrag von Bongaya private Handelsbeziehungen ausdrücklich gestattete, zählte Java. Während der ersten Überlieferungsperiode waren für Makassar allerdings nur zwei Häfen auf Java von Bedeutung: Batavia und Semarang. Letztgenannter hatte dabei eindeutig eine Vorrangstellung inne. In der zweiten Überlieferungsperiode konnte Batavia seinen Anteil sowohl an Ein- als auch an Ausfahrten halten, gegen Ende sogar steigern. Die Tatsache, daß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch andere javanische Häfen (Gresik, Surabaya, Cirebon, Rembang, Jepara) mit Privathändlern aus Makassar in Kontakt standen, ging ausschließlich zu Lasten Semarangs. Der makassarische Javahandel erlebte in diesem Zeitraum einen Ausdifferenzierungsprozeß in geographischer Hinsicht – allerdings nicht hinsichtlich der gehandelten Güter oder der beteiligten Händlergruppen. Hafen auf Java bedeutete im 18. Jahrhundert in der Regel eine mit Untiefen ausgestattete Flußmündung, die zwei oder drei ausgebauten Landestellen aufwies.202 Überhaupt war die Küste Javas von Sandbänken und Untiefen gekennzeichnet, die größere Schiffe wie chinesische Junken häufig zwangen, weit vor den Hafenstädten zu ankern. Lediglich Batavia verfügte über einen nach europäischen Maßstäben ausgebauten Hafen, auch wenn dieser ebenfalls mit Versandung und ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte. Dennoch konzentrierte sich der makassarische Frachtverkehr bei weitem nicht auf die Metropole der Kompanie, sondern bevorzugte einen näher gelegenen Hafen und im Laufe der Zeit sogar eine Reihe solcher Anlaufpunkte. Neben der kürzeren Reisezeit dürfte ein Grund hierfür in der mächtigen Positi202 KNAAP, Shallow Waters, 19/20.
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on der VOC in Batavia zu suchen sein, ein anderer in den Ortskenntnissen der einheimischen nachodas.
Batavia Als Zentrum einer Ostindien-Kompanie war Batavia naturgemäß einer der bedeutendsten Warenumschlagplätze der Region. Auf den oberen Handelsebenen war die Stadt Ladeplatz der niederländischen Retourflotte und Anlaufpunkt des chinesischen Junken-Handels aus Fukien. Darüber hinaus war Batavia auch ein Emporium, das auf der dritten Ebene angesiedelt war, dort jedoch in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen javanischen Häfen stand.203 Beide Funktionsbereiche waren aus der Sicht Makassars entscheidend. Die Stadt war Herkunftsort der aus Indien oder China importierten wie auch der in Java erzeugten Exportgüter auf den oberen Handelsebenen. Makassar bezog Textilien indischer und chinesischer Herkunft, Gummilack, Golddraht, Tee und – allerdings im Vergleich zu den Direktimporten aus China nur in kleinen Stückzahlen – Keramikwaren. Daneben wurden die javanischen Produkte Zucker, Tabak, Salz und Reis eingeführt. Gelegentlich kamen auch parang-Messer hinzu, die von Handwerkern auf den Inseln zwischen Java und Kalimantan hergestellt wurden. Gegen Ende des Untersuchungszeitraumes trat schließlich auch Opium zu den Gütern, die aus Batavia ihren Weg nach Sulawesi fanden. Zu diesen Handelswaren kamen noch Versorgungsgüter, die auch schon die Ladung der VOC-Schiffe aus Batavia ausgemacht hatte, wobei alkoholische Getränke in der Regel die Mehrheit der Ladung ausmachten. Eingeführt wurden diese von europäischen Bürgern. Im Gegenzug wurden Sklaven von Makassar nach Batavia geliefert – vor allem gegen Ende des Untersuchungszeitraumes – sowie eine Reihe regionaler Exportgüter. Dabei handelte es sich im wesentlichen um Textilien aus buginesischer oder selayarischer Produktion, um trepang und agar-agar, um Schildpatt und Wachs. Gelegentlich gehörten auch Rattan und daraus geflochtene Matten zu den Exportgütern. Eine nicht unwesentliche Rolle spielte schließlich der Reis, da die javanische Produktion offenbar nicht immer die Bedürfnisse der Metropole befriedigen konnte. In der Regel zeichneten sich die Handelsbeziehungen zwischen Makassar und Batavia durch eine überdurchschnittliche Beteiligung von Europäern aus; teilweise 203 Zum Handel Batavias siehe v.a. RANTOANDO, Commerce; BLUSSÉ, Chinese Trade; BLUSSÉ, Junk Trade; KNAAP, Shallow Waters; Junk Trade from Southeast Asia. Ein umfassende Wirtschaftsgeschichte der Stadt zur Kompanie- wie auch zur Kolonialzeit steht nach wie vor aus.
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machten sie sogar den Chinesen die Führungsrolle streitig.204 Jedoch hatten alle Gruppen, die grundsätzlich am makassarischen Privathandel beteiligt waren, Anteil an dieser speziellen Teilstrecke. Batavias Rolle als größter Handelsplatz im Malaiischen Archipel ließ keine Händlergruppe unberührt. Dafür lagen ihre Interessen bei aller Differenziertheit hinsichtlich der Handelssphären und geographischen Ausbreitung denn doch zu nahe beieinander. So konnten sogar die Bugis gelegentlich die Mehrheit der privaten Batavia-Fahrer stellen, wie im Jahr 1722/23, als 37,8% der Fahrten aus und 36,4% der Fahrten nach Batavia von ihnen bestritten wurden, oder im Jahr 1727/28, als diese Zahlen 36% und 44,8% betrugen. Batavia war für den makassarischen Privathandel zwar ein wichtiger Anlaufpunkt, doch betrachtet man die Zahlen insgesamt, war die Stadt allenfalls von mittlerer Bedeutung. Noch deutlicher wird dies aus umgekehrter Sicht. Zwischen 1774 und 1777 gingen nur 8,0% aller privaten Schiffsbewegungen Batavias nach Sulawesi. Zugleich standen lediglich 1,8% aller VOC-Fahrten in Batavia mit Makassar in Zusammenhang.205
Semarang Daß von Makassar aus neben Batavia auch andere javanische Hafenstädte angelaufen wurden, überrascht sicherlich nicht. Eher überraschend ist die Tatsache, daß diesbezüglich keine breite Streuung zu beobachten ist, sondern eine auffällige Konzentration auf Semarang im Osten der Insel. Es ist natürlich möglich, daß die betreffenden nachodas von Semarang aus einen mehr oder weniger ausgedehnten Küstenhandel betrieben, der keinen Niederschlag in den Hafenmeisterlisten Makassars fand, doch ändert diese Option nichts an der Rolle Semarangs als wesentlicher Anlaufpunkt für Handelsschiffe aus Makassar. Immerhin galt Semarang als zweitwichtigste Handelsstadt Javas nach Batavia, wie auch William Milburn zu Beginn des 19. Jahrhunderts betonte. In seiner Beschreibung, die auf älteren Beobachtungen beruht und entsprechend zumindest für die 204 Einfahrten Bürger: 1717/18: 45,5%, 1722/23: 26,7%, 1727/28: 24,0%, 1730/31: 41,2%, 1733/34: 29,6%, 1767/68: 18,2%, 1772/73: 42,9%, 1777/78: 61,1%, 1781/82: 28,6%, 1787/88: 29,2%; Ausfahrten Bürger: 1717/18: 30,4%, 1722/23: 18,2%, 1727/28: 20,7%, 1730/31: 47,4%, 1733/34: 36,8%, 1767/68:20,0% , 1772/73: 22,2%, 1777/78: 45,0%, 1781/82: 47,4%, 1787/88: 26,7%. Einfahrten Chinesen: 1717/18: 31,8%, 1722/23: 11,1%, 1727/28: 32,0%, 1730/31: 47,1%, 1733/34: 48,1%, 1767/68: 45,5%, 1772/73: 33,3%, 1777/78: 22,2%, 1781/82: 28,6%, 1787/88: 50,0%; Ausfahrten Chinesen: 1717/18: 34,8%, 1722/23: 12,1%, 1727/28: 34,5%, 1730/31: 47,4%, 1733/34: 47,4%, 1767/68: 60,0%, 1772/73: 50,0%, 1777/78: 40,0%, 1781/82: 26,3%, 1787/88: 46,7%. 205 KNAAP, Shallow Waters, 49.
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zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts Gültigkeit beanspruchen darf, bietet die Stadt folgendes Bild: „This town, which is the principal on the island next to Batavia, is at the bottom of a bay, [...], and situated on the east side of a river of the same name, which has a bar, having on it, a low water, not more than two feet. It is strongly fortified, and has a small neat church. A guard-house has been recently erected. The Government house is facing the river; the warehouses and workshops stand in a row under one roof to the S.W. of the town by the river’s side; they are about 300 feet long. The Chinese and Javanese towns are on the western side of the river, and that of the Bouginese to the eastward. A bridge is thrown across the river from the fort, leading to the usual residence of the Governor, which is a large and handsome building. The town is surrounded by a wall and ditch; there are likewise a very good hospital, a public school, and a small theatre. This Government is said to be one of the most lucrative in the Dutch Company’s possessions. The shoalness of the coast makes the road of Samarang inconvenient, both on account of the great distance at which large ships are obliged to lie from the shore, and of the landing in the river, which cannot be entered before half-flood. [...] Provisions are cheap here; [...].“206
Auch die niederländische Kompanie hatte die Lukrativität des Ortes entdeckt und war, verglichen mit den meisten anderen Residenzen im Malaiischen Archipel, intensiv vertreten. Daneben wies die Stadt die übliche multiethnische Struktur eines südostasiatischen Emporiums auf. Diese Rolle wurde nicht durch die ungünstigen Hafenverhältnisse geschmälert, wie etwa durch die knapp 75 Meter breite Sandbank, die im 18. Jahrhundert die Flußmündung blockierte, an der Semarang lag.207 Die Zusammensetzung der Importe, die Makassar aus Semarang bezog, ist mit derjenigen aus Batavia vergleichbar. Insbesondere die typischen javanischen Waren wie Zucker oder Stapelwaren wie Textilien kamen aus der Handelsmetropole des östlichen Java. Der Reisimport aus Semarang war sogar weitaus größer als der aus Batavia. Hinzu kamen einheimische Waren, die für Batavia keine Bedeutung hatten: vor allem Matten und regionale Textilien, bei denen es sich wahrscheinlich um Batiken gehandelt hatte, die in der Quelle jedoch stets als javaanse kleeden bezeichnet werden. 1722/23 wurden sogar 50 Sklaven nach Makassar verschickt. Im Laufe des Beobachtungszeitraumes läßt sich eine zunehmende Beschränkung auf javanischen Tabak, Zucker und Reis beobachten. Gleichzeitig trat Makassar mit weiteren Häfen vor allem im östlichen Java in Kontakt. Die Exportpalette nach Semarang war – angesichts der speziellen Rolle Batavias – naturgemäß weniger umfangreich. Sie bestand im wesentlichen aus Wachs, Kokosnüssen und Baumwolle. Trepang wurde wenig nach Semarang verschifft, da er nur für den Bedarf der dort ansässigen Chinesen benötigt wurde. In den 1780er Jahren 206 MILBURN, Oriental Commerce II, 363/364. 207 KNAAP, Shallow Waters, 21.
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wurden schließlich auch Sklaven nach Semarang transportiert. Weitere Stapelwaren traten nicht in Erscheinung, da ihr Weitertransport nach Europa, nach China oder auch nach Indien und in die islamische Welt fast ausschließlich über Batavia abgewickelt wurde. Wesentlichere Unterschiede zu Batavia bestanden in der ethnischen Zusammensetzung des Privathandels. Zum einen ist auf die anfängliche große Bedeutung der Makassaren auf der Route zwischen Makassar und Semarang hinzuweisen,208 zum anderen auf die dominante Rolle der Bugis in den 1720er Jahren.209 Daneben waren überdurchschnittlich viele Malaiien vertreten, die in der ersten Überlieferungsperiode stets zwischen 10% und 20% ausmachten. Schon in den 1730er Jahren pendelten sich die Größenverhältnisse allerdings ein; es kam zu einer gleichmäßigen Verteilung zwischen allen größeren Gruppen. Im zweiten Beobachtungszeitraum hingegen teilten sich Bugis und Chinesen die Vorherrschaft auf dieser Handelsroute. Wie auch im Falle Batavias erscheinen Makassar und das südliche Sulawesi aus der umgekehrten Sicht, aus der Perspektive des javanischen Hafens, eher unbedeutend. Zwischen 1774 und 1777 stellten 2,2% aller in Semarang registrierten privaten Schiffsbewegungen Verbindungen nach Sulawesi her.210 Der javanische Privathandel orientierte sich vorrangig auf Java selbst sowie nach Westen, nach Sumatra und zur Malaiischen Halbinsel, während Sulawesi nur eine untergeordnete Rolle spielte. Dieser Befund gilt für die Mitte der 1770 Jahre. Da jedoch die Zahl der Java-Fahrten von Makassar aus zumindest seit Mitte der1720er Jahre nur unwesentlich schwankte, kann mit einigem Recht angenommen werden, daß die Zahlen aus dem umgekehrten Perspektive ähnlich stabil gewesen sind und so der Befund Gerrit J. Knaaps für weite Strecken des 18. Jahrhunderts Gültigkeit beanspruchen darf.
Die Bedeutung weiterer javanischer Hafenstädte Die Zahl der anderen von Makassar aus angesteuerten Häfen Javas war gering, die Anzahl der Fahrten unbedeutend. Die wirtschaftliche und merkantile Orientierung der meisten javanischen Hafenstädte streifte Makassar und Süd-Sulawesi allenfalls am Rande. Für den Zeitraum zwischen 1774 und 1777 verzeichnen die javanischen Hafenmeisterlisten über Batavia und Semarang hinaus nur noch in Gresik (0,2% 208 Einfahrten: 1717/18: 33,0%, 1722/23: 35,7%, 1727/28: 24,1%; Ausfahrten: 1717/18: 30,3%, 1722/23: 29,1%, 1727/28: 20,7%. 209 Einfahrten: 1722/23: 35,7%, 1727/28: 44,8%; Ausfahrten: 1722/23: 43,6%, 1727/28: 37,9%. 210 KNAAP, Shallow Waters, 49.
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aller privaten Fahrten) und Surabaya (1,2% aller privaten Fahrten) Schiffsbewegungen von oder nach Sulawesi.211 Dies entspricht den Beobachtungen der makassarischen Hafenmeisterlisten, die für die zweite Überlieferungsperiode wenige, aber regelmäßige Fahrten von und nach Gresik und Surabaya verzeichneten. Daß in denselben Listen auch Cirebon, Rembang und Jepara in Erscheinung treten, widerspricht den Zahlen für Java zwischen 1774 und 1777 in keiner Weise, sind diese Fahrten doch sehr sporadisch. Es handelte sich um teilweise sehr große Städte, die alle mit einer holländischen Niederlassung und einem Fort ausgestattet waren, deren Häfen jedoch sämtlich unter den landestypischen Schwierigkeiten zu leiden hatten. An verschiedenen Flußmündungen gelegen, wurde die Zufahrt häufig von Untiefen und Sandbänken behindert. Der Hafen von Jepara, der für seine Anlegestellen berühmt war, versandete im 18. Jahrhundert zusehend; außerdem behinderten Korallenriffe die Zufahrt. Ähnliches gilt für Rembang. Auch die Häfen rund um die Straße von Madura hatten mit Versandung zu kämpfen. Überall war das Einlaufen großer Schiffe schwierig bis unmöglich. Für die Schiffahrt in solchen Gewässern war gute Ortskenntnis Voraussetzung. Für Surabaya benötigten die eintreffenden nachodas sogar Lotsen. Zugleich war jedoch der Brantas, an dessen Mündung Surabaya liegt, für Schiffe bis zu 100 Tonnen Gesamtgewicht befahrbar, so daß die Stadt zugleich Ausgangspunkt eines lebhaften Binnenhandels war. Wichtiges Exportgut war Bauholz, das aus dem Landesinneren über die Flüsse herbeigeschafft wurde. Bei Jepara bestand sogar eine Sägemühle, welche die Werften in Batavia versorgte. Die allgemeinen Ausfuhrwaren der Häfen, die William Milburn am Beispiel des besonders bedeutenden Exporthafens Cirebons aufzählt, waren darüber hinaus Kaffee, Baumwolle, Indigo, Zucker und in großen Mengen Pfeffer. Neben der indigener Einwohnerschaft und der Präsenz der Kompanie lebten mit Ausnahme von Jepara überall Chinesen, in Surabaya auch Malaiien. Es handelte sich um typische Emporien des Malaiische Archipels im 18. Jahrhundert.212 Aus Gresik wurde vor allem Reis nach Makassar importiert, daneben Matten und gelegentlich javanischer Tabak. Im Gegenzug hatte Sulawesi der von Milburn als „small town“ bezeichneten Hafenstadt auf Java wenig zu bieten. Die Fahrten nach Gresik waren zumeist Leerfahrten; allenfalls befand sich eine Ladung parang-Messer an Bord der Schiffe. Aus ethnischer Perspektive ergeben sich für Gresik keine kla211 Ebd. 212 MILBURN, Oriental Commerce II, 363-365; zur Problematik der Schiffbarkeit der Häfen: KNAAP, Shallow Waters, 21
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ren Strukturen. Die Importe aus Surabaya gestalteten sich vielfältig und unregelmäßig. Neben größeren Mengen Reis, die jedoch auch nicht regelmäßig eintrafen, wurde Opium, javanischer Tabak, Sklaven, Zucker und Salz eingeführt. Die Ausfahrten nach Surabaya führten gelegentlich chinesische Exportwaren wie Keramiken oder Tee mit, waren aber ansonsten zumeist Leerfahrten. Die ethnische Zusammensetzung des Handels entsprach der javanischer Gesamtsituation: Alle Nationen waren ohne eine klare Schwerpunktbildung mehr oder weniger beteiligt.
4. Die Handelswege der privaten Händler III: Nusa Tenggara
Die Insel Sumbawa Nicht das von der VOC diplomatisch bevorzugte Reich Bima, dessen Hauptstadt die einzige Residenz der Kompanie auf der Insel beherbergte, war die wesentliche Anlaufstelle des makassarischen Privathandels nach Sumbawa, sondern das den westlichen Teil der Insel beherrschende Königtum gleichen Namens. Von den übrigen Königreichen spielten nur Tambora und Dompo in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine untergeordnete Rolle, deren merkantile und ihre politische Bedeutung sich ungefähr entsprochen haben dürfte. Eher umgekehrt proportional verhielt sich dies im Falle der Königreiche Bima und Sumbawa. Bima war nach der Wertung in den niederländischen Quellen der weitaus mächtigere Staat mit expansiven Bestrebungen. Sumbawa hingegen bot offenbar die besseren Bedingungen für Privathändler. Dazu beigetragen haben dürfte die Präsenz der VOC in Bima, der etwas kürzere Weg zwischen Makassar und der Stadt Sumbawa sowie – doch hier ist man schließlich auf Mutmaßungen angewiesen – eventuell günstigere Bedingungen durch den Herrscher und dessen größere Mißachtung der Vertragsbestimmungen von 1674 und 1765. Im ursprünglichen Vertrag zwischen der VOC und dem Königreich Sumbawa war jeglicher privater Schiffsverkehr zwischen Makassar und der Insel verboten worden.213 Diese Regelung blieb offenbar völlig bedeutungslos; durch die offizielle Paßvergabe für Fahrten nach Sumbawa durch den syahbandar von Makassar – nur auf diese Weise konnte dieser Zielort Eingang in die entsprechenden Hafenmeisterlisten finden – wurde sie endgültig nichtig. 213 NOORDUYN, Bima en Sumbawa, 10.
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Die Insel Sumbawa hatte große Bestände Sappanholz anzubieten. Darüber hinaus wurde vor allem in Bima auch Cassia Lingua, Wachs und Schildpatt gehandelt. Allerdings waren auf der Insel selbst nur geringe Mengen dieser Waren vorhanden. Cassia Lingua wurde vorrangig aus Mangarai an der Nordküste von Flores sowie von der nahegelegenen Insel Sumba geholt. Schildpatt stammte ebenfalls zumeist aus Mangarai.214 Ein merkantil interessantes Produkt, das auf der Sumbawa selbst wuchs, war der „rond gecarrelt boom“, aus dem an den Küsten Indiens Paternoster hergestellt wurden.215 Eine weitere Besonderheit hatte das kleine Königreich Dompo zu bieten. Vor seiner Küste lag eine Perlenbank, auf die bereits Speelman hingewiesen hatte, und deren fortwährende Ausbeutung Gouverneur Josua van Arrewijne bei seinem Abschied 1733 noch einmal ausdrücklich bestätigte.216 Solche allgemeinen Informationen über die Handelsmöglichkeiten der Insel spiegeln sich durchaus nicht immer in den Hafenmeisterlisten wieder, obwohl sie im Laufe des Beobachtungszeitraumes zur wichtigsten der hier angesprochenen Regionen wurde. Das wertvollste Angebot Sumbawas, das Sappanholz, taucht im Privathandel Makassars kaum auf. Es wurde von der VOC, welche sich die Tribute der Königreiche auf Sumbawa in dieser „Währung“ auszahlen ließ, erfolgreich monopolisiert. Von Perlen ist in den Aufzeichnungen des syahbandar ebenso selten die Rede, von Edelhölzern zur Paternosterherstellung überhaupt nicht. Sumbawa wurde erst gegen Ende des Untersuchungszeitraumes das Ziel lukrativer Textilientransporte, die bis in die 1770er Jahre unbedeutend geblieben waren. Eher der Rede wert waren die Einfuhren von Textilien aus Sumbawa. Zumindest ein Drittel der aus Sumbawa eintreffenden Schiffe hatten Textilien in der Ladung. Allerdings handelte es sich dabei nicht um regionale Produkte. Auf der Insel bestand keine exportorientierte Weberei, vielmehr wurde dort Baumwolle als Rohstoff angebaut. Sumbawa war auch nie ein Herkunftsort von Metallen oder Metallwaren. In der zweiten Überlieferungsperiode wurde die Insel aber sehr wohl zum Zielort dieser Warengruppe, wobei mehr Kupfer als Eisen nachgefragt wurde. Weitere Handelssphären, an denen Sumbawa und Bima als Exporteure regelmäßig beteiligt waren, gruppierten sich um trepang, agar-agar, Salz und – wenn auch eher am Rande – um Wachs. Agar-agar trat erst in der zweiten Überlieferungsperiode auf, wurde dann jedoch häufig ausschließlich von Sumbawa nach Makassar geliefert. Salz hingegen wurde nicht regelmäßig geliefert und stellte ab und an auch ein Im214 ARA Den Haag, Notitie des Cornelis Speelman, Aanwinsten 1524: 1926 I 10-11, 540/541. 215 Ebd., 542. 216 ARA Den Haag, Memorie van Overgave, J. van Arrewijne, 21.5.1733, VOC 2285, Macassar, 1. Reg., 134.
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portgut für Sumbawa dar. Besonders erwähnenswert ist der Export von Reis und Paddy. Schon beim Reis nahm Sumbawa gelegentlich eine dominierende Rolle auf dem Markt in Makassar ein, beim Paddy war die Insel zumeist alleiniger Lieferant. Hinzu kam der Export von Sklaven, dies jedoch nur in der ersten Überlieferungsperiode. An der Kommerzialisierung des Sklavenhandels in Makassar gegen Ende des 18. Jahrhunderts war Sumbawa nicht beteiligt. In einer Reihe weiterer Handelssphären waren Sumbawa und Bima regelmäßig als Importeure von Bedeutung. Für den aus China stammenden Golddrahtes stellte die Insel die wesentliche Abnahmeregion dar. Auch Zucker wurde häufig, wenn auch nicht ganz so regelmäßig, aus Makassar angeliefert. Daneben gehörten Keramikwaren, deren wesentliches Ziel in der zweiten Überlieferungsperiode Sumbawa war, und bis in die 1760er Jahre Kokosnüße zu den Importgütern. Besonders auffällig ist der hohe Anteil von Leerfahrten aus Makassar nach Sumbawa. In der ersten Überlieferungsperiode war ihre Zahl sogar noch höher als in der zweiten; in beiden Perioden überragten sie eindeutig die verschiedenen Sphären der Frachtfahrten – lediglich übertroffen von den regelmäßig leeren Rückfahrten von den Süd-Molukken. Die Waren und ihre Mengen, die Sumbawa anbieten konnte, waren offenbar für die Handelsfahrten weitaus häufiger ausschlaggebend als die Möglichkeiten des Absatzmarktes Sumbawa. Aber auch bei den Rückfahrten aus Sumbawa nach Makassar war der Anteil der Leerfahrten nicht unbeträchtlich und erst in der zweiten Überlieferungsperiode deutlich rückläufig. Also hatten die Reisen nach Sumbawa nicht nur Gründe, die in Makassar und seinen Märkten selbst zu suchen waren. Vielmehr spielten Faktoren eine Rolle, die in Makassar gerade nicht mehr zu finden, da sie längst ausgelagert worden waren. Sumbawa ist eine der Möglichkeit, wohin Teile der Funktionen Makassars als Emporium, die unter der VOC nicht mehr ausgeübt werden konnten, abgewandert sein konnten. Einige der gelegentlich auftauchenden Exportwaren deuten darauf hin, daß in ihren Fällen Sumbawa dem Warenumschlag diente. Zu erwähnen sind Rattan oder Opium, beides mit Sicherheit keine einheimischen Güter. Im Vertrag von 1765 verpflichteten sich Sumbawa und Bima in § 3, „fremde Händler“ – und hierunter waren in erster Linie Europäer zu verstehen – von der Insel fernzuhalten oder deren Aktivitäten unverzüglich dem Gouverneur in Makassar zu melden. Asiatischen Nationen wurde hingegen zumindest teilweise der Handel erlaubt; namentlich genannt wurden „Mooren, Javaanen, Malijers, of Atchinders, Siam-
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mers etc.“ (§ 5).217 Im folgenden Paragraphen wurden genaue Regelungen getroffen, welche Einschränkungen private Händler auf Sumbawa zu beachten hatten: „Insgelijk sullen geene andere van alle voorsz. soo Europeaanse als Indiaanse natien, uyt het gebied en jurisdictie van hooggem. kooningen mogen vervoeren de allerminste koopmanschappen, ’t zij dat dezelve aldaar in ’t land vallen of van buyten toegestaan werden te moogen aanbrengen, ’t zij door de onderdaanen van hooggem. koningen of andere nabij woonende vreemdelingen, alzoo datzelve de Compe alleen is toegestaan, en in specie het sappanhout, schildpadshoorn en wax, ’t welk de Comp. aldaar ’s jaarlijx tegens de gestelde prijs ofte wel na hunne waarde sal laaten afhaalen en betalen, ten waare dat zij koningen hun apparte vaartuygen met een voorraad van schildpadshoorn en wax geneegen waren na Macasser te zenden, om er so veel vroeger of tusschentijdige betaling daarvoor te hebben, ’t welk haarl. bij sulken geval meede g’accordeerd en toegestaan wird, mits dat zij dan ook heyliglijk gehouden zullen zijn hunne waaren bij de Comp. en niemand anders ter marckt te brengen, en daarvoor soo wel om hun land als hier tot Maccasser moeten ontfangen soo eenige koopmanschappen of Neederlandse silver specien, die thans alhier en aldaar in haar land gangbaar zijn of namaals gangbaar mogte gemaakt worden, na goedvinden van de Compagnie.“218
Sieht man von kleineren Mengen Wachs einmal ab, konnte die VOC die Waren, auf welche sie ihre Hand hielt, auf Sumbawa tatsächlich weitgehend monopolisieren. Dies gilt allerdings nur auf den offiziellen Handelswegen, für den sie selbst die Zulassung in Form von Pässen erteilte. Auch hinsichtlich der zugelassenen Nationalitäten differierten Vertrag und Hafenmeisterliste kaum. Allerdings wirkte der Ausschluß europäischer Händler weiter als ursprünglich beabsichtigt, denn auch die niederländischen ‚Bürger’, die von der VOC in der Regel von keinen geographischen Handelsbeschränkungen belegt wurden, traten auf Sumbawa nicht in Erscheinung. Nach der Durchsetzung der auf Warengruppen bezogenen Handelsverbote, die durchaus auch für die Bürger Gültigkeit hatten, schien für diese die Inselwelt Sumbawas nichts Interessantes mehr bieten zu können. Im Zusammenhang mit der Rolle der Insel als Warenumschlagplatz ist die Präsenz der Makassaren in den Häfen von Sumbawa219 und Bima220 interessant. Zunächst war Sumbawa die wichtigste Zielregion der Makassaren überhaupt. Dabei spielte der Hafen Sumbawa eine weitaus bedeutendere Rolle als die Reede von Bima. In Sumbawa konnten die Makassaren während der ersten Überlieferungsperio217 NOORDUYN, Bima en Sumbawa, 126. 218 Ebd., 126/127. 219 Einfahrten: 1717/18: 61,9%, 1722/23: 76,9%, 1727/28: 40,0%, 1730/31: 51,0%, 1733/34: 31,0%, 1767/68: 4,7%, 1772/73: 1,0%, 1777/78: 0%, 1781/82: 0%, 1787/88: 0%; Ausfahrten: 1717/18: 59,3%, 1722/23: 57,6%, 1727/28: 40,0%, 1730/31: 57,4%, 1733/34: 53,3%, 1767/68: 23,7%, 1772/73: 39,0%, 1777/78: 1,8%, 1781/82: 0%, 1787/88: 29,4%. 220 Einfahrten: 1717/18: 30,8%, 1722/23: 47,4%, 1727/28: 31,3%, 1730/31: 15,8%, 1733/34: 15,4%, 1767/68: 0%, 1772/73: 7,7%, 1777/78: 0%, 1781/82: 0%, 1787/88: 0%; Ausfahrten: 1717/18: 36,8%, 1722/23: 51,1%, 1727/28: 30,0%, 1730/31: 11,1%, 1733/34: 23,5%, 1767/68: 23,1%, 1772/73: 12,5%, 1777/78: 0%, 1781/82: 0%, 1787/88: 16,7%.
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de die Ein- und Ausfahrten dominieren. Danach war die Präsenz der Makassaren auf Sumbawa eine Geschichte des stetigen Rückganges, allerdings mit einer Besonderheit. Während ihre Ankünfte aus Sumbawa in der zweiten Überlieferungsperiode drastisch zurückgingen, hielten die Ausfahrten zunächst noch ein gewisses Niveau. Unter Rückbesinnung auf die große Zahl von Leerfahrten in diesem Zusammenhang kann folgender Ablauf angenommen werden: Häufig liefen makassarische nachodas ohne Fracht nach Sumbawa aus, um dort landestypische Waren oder auch Stapelwaren einzukaufen. Mit dieser Fracht steuerten sie ein heute unbekanntes Ziel an, das aus den Hafenmeisterlisten unmittelbar nicht zu rekonstruieren ist. In den 1770er und frühen 1780er Jahren verschwinden die Makassaren dann ganz, um Ende der 1780er wieder als Ausfahrende, nicht jedoch als Zurückkehrende in Erschienung zu treten. In die Lücken, die von den Makassaren in der Statistik hinterlassen wurden, füllten zunächst die Malaiien und später – bis zum Ende des Beobachtungszeitraumes – die Kompanie-Untertanen aus. Die wichtigste Handelsnation der zweiten Überlieferungsperiode, die Chinesen, traten erstmals 1727/28 in Zusammenhang mit Bima auf, 1730/31 dann in Sumbawa. In beiden Fällen handelte es sich jedoch nur um vereinzelte Schiffe. Signifikante Zahlen an Chinesen sind im Hafen Sumbawa erst mit Einsetzen der zweiten Überlieferungsperiode zu konstatieren. In dieser kamen sie regelmäßig auf Anteile von über 30%. In Bima hingegen tauchten sie zwar in den 1770er Jahren wieder auf, blieben aber eine nur sporadische Erscheinung. Sumbawa war eine Domäne für sulawesische Händler – auch die Bugis spielten, wenn auch in der zweiten Reihe, eine Rolle –, die lediglich offiziell aus den Listen der Kompanie verschwanden. In der Realität dürfte Sumbawa jedoch kaum aus dem Denken und Handeln makassarischer oder buginesischer nachodas, die nun anderen Handelsrouten und teilweise „illegalen“ Strukturen folgten, verschwunden sein. Insofern hat das zunehmende Auftreten der Chinesen im Hafen Sumbawa wenig mit einer Verdrängung der Makassaren zu tun, sondern mit ihrer allgemeinen Bedeutungszunahme im makassarischen Privathandel, die sich auf beinahe alle Sektoren bezog. Sie traten jedoch nur dort in Erscheinung, wo dies am lukrativsten erschien – in dem lebhaften Hafen der Stadt Sumbawa. Für europäische Händler blieb diese Region stets außerhalb des Interesses. Darin mag auch ein Grund zu suchen sein, warum die Insel Sumbawa in der historischen Forschung zu Indonesien bis-
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lang allenfalls ein Schattendasein führte.221 Bedenkt man den Bedeutungszugewinn als Warenumschlagplatz im Verlauf des 18. Jahrhunderts, der sich hier abzeichnet, oder auch die bislang ignorierte Tatsache, daß die Insel Herkunftsort von größeren Mengen begehrter Massenwaren wie Reis oder Baumwolle war, erscheint diese Behandlung auch wirtschaftshistorisch völlig unberechtigt.
Östliches Nusa Tenggara Letztendlich waren die übrigen Kleinen Sunda-Inseln für Makassar von nachrangiger Bedeutung. Nur Flores stand konstant in Kontakt mit Makassar. In der ersten Überlieferungsperiode wurde vor allem die westlich auf der Insel gelegene Landschaft Mangarai angelaufen, ohne daß ein näher zu spezifizierender Hafenort angegeben wäre; in der zweiten Periode handelte es sich um die Inselmetropole Endeh, die allerdings eine halbe Inselumrundung notwendig machte. Ansonsten spielte in der ersten Periode Solor eine sehr eingeschränkte eine Rolle. In der zweiten Überlieferungsperiode trat überraschenderweise die Insel Komodo, die ansonsten nur auf Grund der hier lebenden Riesenwarane von sich reden macht, im Privathandel Makassars in Erscheinung. Mangarai war zunächst ein Herkunftsort von Sklaven. In den 1730er Jahren wurde auch trepang nach Makassar verschifft, mit dem die Kompanie-Untertanen im Mangarai-Handel auftraten. Ansonsten handelte es sich vorrangig um Makassaren sowie um Bugis und Malaiien, die diese Verbindung aufrecht erhielten. Die meisten Fahrten nach Mangarai wurden ohne Ladung durchgeführt; gelegentlich wurden Textilien, Reis oder parang-Messer mitgeführt. Bei diesem Handel ging es vor allem um die Beschaffung von Sklaven und trepang. Weitere Handelsgüter hatte Flores nicht anzubieten. Die Verlagerung der Fahrten nach Endeh in der zweiten Überlieferungsperiode bedeutete keine Fortführung des bisherigen Handels. Endeh diente vor allem als Herkunftsort von Kokosöl. Daneben wurden dort sporadisch Kokosnüsse oder Baumwolle eingekauft. Erst 1787/88 vervollständigten Sklaven die Warenpalette. Durchgeführt wurden die Transporte von Einheimischen, vor allem aber von Malaiien und Kompanie-Untertanen. Transporte nach Endeh bestanden aus Textilien, großen Zahlen parang-Messer und Keramik. Gelegentlich kamen auf dieser Strecke 221 Die einzig fundierten Ausführungen stammen von den im 19. Jahrhundert auf Sumbawa tätigen Kolonialbeamten und Landeskundlern A. Ligtvoet und G. P. Rouffaer, die Jacobus Noorduyn 1987 für die moderne Geschichtsforschung aufbereitete: NOORDUYN, Bima en Sumbawa, passim.
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auch Leerfahrten vor. Unter den Schiffsbesitzern tauchten hierbei auch Chinesen und Makassaren auf, eventuell bedingt durch die Auswahl der Beispieljahre. Ebenfalls Herkunftsort von Sklaven war die Insel Solor. Daneben stammten von dort Baumwolle, Schildpatt, Wachs, Textilien aus lokaler Produktion und ab den 1730er Jahren auch trepang. Nach Solor wurden vor allem Textilien, Reis und parangMesser, vereinzelt auch Ladungen von Pfeffer und Salz verschifft. Während Solor in der zweiten Überlieferungsperiode aus den Hafenmeisterlisten verschwindet, tritt erstmals Komodo auf den Plan. Die kleine Insel zwischen Sumbawa und Flores war Herkunftsort von trepang und agar-agar. Auffällig ist die große Zahl der Leerfahrten nach Komodo. Lediglich einige wenige Textilien und relativ häufig parang-Messer wurden von Makassar zu dieser Insel ausgeführt. Auch auf dem Rückweg von Komodo weisen die Hafenmeisterlisten leere Schiffe aus. Komodo kann also nicht ausschließlich als trepang- und agar-agar-Sammelplatz angelaufen worden sein. Auch hier kann mit aller Vorsicht eine von Makassar aus nicht erfaßbare Warendrehscheibe vermutet werden, die vor allem von Kompanie-Untertanen angelaufen wurde. Mehrere Punkte sind an der südöstlichen Inselwelt als Handelspartner Makassars auffällig. Vor allem für Makassaren, Bugis, Malaiien und Kompanie-Untertanen war diese Region interessant. Europäer traten nur selten in Erscheinung, Chinesen fast gar nicht. In der zweiten Überlieferungsperiode ist dies zunächst eine überraschende Ausnahme. Während es christlichen Bürgern von Makassar ausdrücklich freigestellt war, nach Timor und Solor zu fahren, solange sie sich nichts zu schulde kommen ließen, unterlagen Chinesen deutlichen Restriktionen, welche die meisten Inseln des östlichen Nusa Tenggaras formal aus ihrer Reichweite rückten.222 In Anbetracht der regelmäßig festzustellenden Diskrepanz zwischen offiziellen Bestimmungen und tatsächlich – auch mit aktiver Duldung der VOC – durchgeführten Handelsaktivitäten muß jedoch davon ausgegangen werden, daß weitere Gründe neben dem Verbot der Kompanie für das Verhalten der Chinesen ausschlaggebend gewesen sein. In Nusa Tenggara bestanden offenbar Handelskontakte zu Gemeinschaften, die in merkantiler Hinsicht weniger entwickelt waren. Bezogen wurden neben Sklaven vor allem Naturprodukte, die auf den Insel wuchsen oder aus dem Meer stammten und dort gesammelt wurden. Im Gegenzug wurden Grundnahrungsmittel, gelegentlich Textilien und eine überraschend große Zahl an parang-Messern, die durchaus als Waffen dienen konnten, verkauft. Solche Handelssphären blieben regionalen und 222 Generale Missiven VIII, 31.3.1727, 111.
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schon langfristig hier tätigen Händlergruppen vorbehalten. Europäern und Chinesen fehlte sowohl das Interesse an diesen Sphären als auch der Zugang zu ihnen.223 Von dieser These ausgehend spricht die hohe Zahl der Kompanie-Untertanen für einen großen makassarischen und auch buginesischen Einfluß in dieser Gruppe.
5. Die Handelswege der privaten Händler IV: die Molukken
Nicht nur geographisch teilen sich die Gewürzinseln in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Auch aus der merkantilen Sicht Makassars sind in den Molukken zwei Bereiche zu unterscheiden. Beide wurden durch die erfolgreiche Präsenz der VOC bestimmt. Der nördliche der beiden Teile war für private Händler kaum mehr erreichbar, der südliche nur für eine ganz spezifische Handelssphäre. Zum Schutz ihrer Besitzungen hatte die VOC versucht, den privaten Handelsverkehr zu den Molukken streng zu reglementieren. Seit 1688 war die Fahrt von Schiffen unter 30 Last Gesamtgewicht von Makassar nach Ambon verboten; die Erlaubnis erhielten darüber hinaus nur Christen und nicht einmal die allgegenwärtigen Chinesen.224 1693 wurden ernsthafte Intentionen, die Fahrten von Makassar nach Ambon, Banda und Ternate gänzlich zu verbieten, lediglich auf Grund der benötigten Reislieferung abglehnt, die Java alleine nicht in jedem Jahr sicherstellen konnte.225
Versorgungsfahrten nach Ambon und Banda Es ist kein Zufall, daß beinahe alle Fahrten aus Ambon und Banda mit leeren Laderäumen Makassar erreichten. Das einzige Gut, das von diesen Inseln herbeizuschaffen gelohnt hätte, wären Nelken und Muskatprodukte gewesen. Beide waren jedoch im Verlaufe des vorangegangenen Jahrhunderts erfolgreich von der VOC monopolisiert worden – zumindest auf diesen Inseln und für den offiziellen oder legalen Privathandel. Lediglich die VOC selbst brachte kleinere Mengen dieser Produkte in 223 Die VOC beendete bereits 1688/89 ihren eigenen Handel in Mangarai nicht zuletzt „wegens de ongezondheid van die streek“ (Generale Missiven V, 27.2.1689, 262). 224 Generale Missiven V, 13.3.1688, 162; ebd. VIII, 31.3.1727, 111; ARA Den Haag, Memorie van Overgave des Joan Frederik Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 94. 225 Generale Missiven V, 9.2.1693, 570-574.
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Makassar auf den Markt. Für die Privaten blieb in dieser Richtung der MolukkenVerbindung keine lukrative Nische zu besetzen. Das einzige lohnende Geschäft innerhalb des Molukkenhandels neuerer Prägung war der Transport von Nahrungsmitteln zu den nicht mehr zur Selbstversorgung fähigen Plantageninseln. Hierfür war Makassar ein idealer Ausgangspunkt. Die Stadt war seit altersher Exporthafen für das Grundnahrungsmittel Reis und daneben Umschlagplatz für andere Güter, von denen Salz für die südlichen Molukken besonders interessant war. Entsprechend gestalteten sich die Exporte nach Ambon und Banda. Im ersten Überlieferungszeitraum wurden nach Ambon zwischen 300 und 650 Lasten Reis und zwischen fünf und 65 Lasten Salz jährlich verschifft.226 Die Zahlen für Banda standen den Transporten nach Ambon kaum nach; der Export von Reis lag zwischen 200 und 480 Lasten, derjenige von Salz zwischen 12 und 65 Lasten jährlich.227 Nach Ambon wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur noch wenige Fahrten unternommen. Bei den Versorgungsgütern machte sich diese Entwicklung drastisch bemerkbar. Die Reisexporte nach Ambon und Banda waren auf einen Bruchteil ihres Umfangs im frühen 18. Jahrhundert zurückgegangen; Salzexporte entfielen in dieser Periode gänzlich. Es muß davon ausgegangen werden, daß andere Versorgungswege für die südlichen Molukken erschlossen worden waren. Als Ersatz für Sulawesi kam in erster Linie Java als größter Reisexporteur des Malaiischen Archipels in Frage. Die wichtigsten reisexportierenden Häfen Javas – Batavia, Semarang, Surabaya, Gresik und Cirebon – verschifften allerdings auf privater Basis zwischen 1774 und 1777 nur sehr kleine Anteile ihres Gesamtexportes in den Osten Indonesien.228 Insgesamt wurden von den fünf Städten zu dieser Zeit im Jahresdurchschnitt 253 Lasten privat dorthin transportiert. Dabei ist zu beachten, daß zu dieser Großregion neben den Molukken auch Sulawesi und Nusa Tenggara zählt. Der javanische Privathandel konnte die Transporte aus Makassar nicht ersetzen. Im gleichen Zeitraum verschiffte allerdings die VOC jährlich 1.797 Lasten Reis zu ihren molukkischen Besitzungen.229 Die Annahme, daß die Gewürzinseln zunehmend auf eine kompanieinterne Versorgung zurückgriffen, ist daher sehr wahrscheinlich. Die Kompanie konnte die privaten Händler von diesen Märkten weitge226 Reis: 1717/18: 655 Lasten (L.), 1722/23: 565 L., 1727/28: 436 L., 1730/31: 485 L., 1733/34: 295 L., 1767/68: 20 L., 1772/73: 30 L., 1777/78: 1,5 L., 1781/82: 6 L., 1787/88: 1,7 L. Salz: 1717/18: 20 L., 1722/23: 5 L., 1727/28: 64 L., 1730/31: 14 L. 227 Reis: 1717/18: 482 L., 1722/23: 450 L., 1727/28: 193 L., 1730/31: 356 L., 1733/34: 270 L., 1772/73: 10 L. Salz: 1717/18: 12 L., 1722/23: 20 L., 1727/28: 13 L., 1730/31: 65 L. 228 Batavia 5,7%, Semarang 0,2%, Surabaya 14,5%, Gresik 2,9%, Cirebon 2,7% (KNAAP, Shallow Waters, 110) 229 Ebd., 112.
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hend erfolgreich verdrängen. Diese wichen im Falle Ambons statt dessen auf andere Versorgungsgüter aus. Der Jahrgang 1767/68 fällt vor allem durch 228 corgies sulawesischer Textilien auf. 1772/73 wurden immerhin noch 73 corgies nach Ambon exportiert, 1777/78 noch 53 corgies, 1781/82 waren es 56 corgies und 1787/88 wieder 149 corgies. Daneben fanden sich gegen Ende des Beobachtungszeitraumes auch Sklaven unter der Ladung: 1781/82 waren es 70 Sklaven, 1787/88 immerhin noch 20. Aus Banda hingegen verschwanden die privaten Händler beinahe vollständig. Für die dortigen Märkte konnten sie keine alternativen Exportgüter finden. Den Privathandel mit den südlichen Molukken teilten sich Europäer und Chinesen, sieht man einmal von der geringen Beteiligung von mardijkern und Mestizen zu Beginn des Beobachtungszeitraumes ab. Der Unterschied lag in der Relation der beiden Nationen zueinander. Bei den Fahrten nach Ambon wechselten sie sich in der Vorherrschaft ab; für beide Seiten war dieses Zeil gleichermaßen interessant. Die Fahrten nach Banda dominierten die Europäer völlig; Chinesen traten nur in sehr geringer Zahl auf. Offenbar waren europäische Händler schneller in der Lage gewesen, feste Handelsbeziehungen zu diesem Markt zu etablieren, und hatten von Anfang an die chinesische Konkurrenz verdrängen können. Das offizielle Verbot für Chinesen, die Molukken anzusteuern, kann nicht als Argument angeführt werden. Der Fall Ambon zeigt abermals nur allzu deutlich, daß im Alltagsleben der Kompanie-Administration der Pragmatismus der lokalen Handelsförderung die strikte Prinzipientreue zumeist in den Hintergrund drängte. In der spezifischen Situation ist unter Umständen auch der Grund für das weitgehende Verschwinden des Privathandels aus Banda zu suchen. Eine zu hohe Spezialisierung der europäischen Banda-Fahrer konnte den Umstieg auf alternative Waren verhindert und die Verdrängung der Chinesen die Banda-Inseln längst aus dem Interesse konkurrierender Handelsnationen verbannt haben.
Die Unerreichbarkeit der Nord-Molukken Waren die südlichen Molukken wenigsten noch für grundlegende Versorgungsgüter ein Markt für private Händler, verschwanden die nördlichen Molukken bis kurz vor Ende des Beobachtungszeitraumes fast völlig aus den Hafenmeisterlisten. Fahrten nach oder von Tidore wurden überhaupt nicht verzeichnet, geschweige denn nach Halmahera oder zu den kleineren Inseln der Region. Lediglich Ternate fand mehr oder weniger zufällig in einigen verstreuten Fällen Eingang in die ausgewähl-
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ten Jahrgänge der Listen. 1717/18 verließ ein chinesisches Schiff Makassar in Richtung Ternate, das Zucker und regionale Textilien geladen hatte. Im nächsten Beispieljahr, 1722/23, wurde das leere Schiff eines Mestizen registriert, das aus Ternate nach Makassar kam. 1733/34 wurden jeweils eine Hin- und eine Rückfahrt von Chinesen registriert. Aus Ternate kam ein leeres Schiff, nach Ternate wurde immerhin die lukrative Fracht von 25 Lasten Salz verschifft. Wieder eine Leerfahrt war die im Jahr 1772/73 verzeichnete Ausfahrt nach Ternate. Erst 1787/88 scheint sich der Schiffsverkehr von und nach Ternate etwas belebt zu haben. Jeweils vier Fahrten pro Richtung finden sich in den Hafenmeisterlisten. Die aus Ternate eintreffenden Schiffe bieten ein bunt zusammengewürfeltes Bild, welches darauf schließen läßt, daß nach Ternate auch noch andere, in den Pässen nicht verzeichnete Inseln angelaufen worden waren. Die Fahrten nach Ternate sprechen hingegen eher dafür, daß in einer Zeit der nachlassenden niederländischen Macht auch Ternate wieder für private Versorgungsfahrten aus Makassar interessant wurde. Neben Textilien aus sulawesischer Produktion wurden von diesen Schiffen insgesamt 13,4 Lasten Reis, 8,5 Lasten Salz, 36 pikul Zucker und sechs Sklaven zur Hauptinsel der nördlichen Molukken gebracht.
6. Der Rückgang des überregionalen Handels
Die einstmals für den makassarischen Handel so wichtigen Regionen im Westen des Malaiischen Archipels, Sumatra und die Malaiische Halbinsel mit den Handelsmetropolen Malakka und Johor, hatten im 18. Jahrhundert – den Hafenmeisterlisten zufolge – für Makassar kaum mehr Bedeutung als die nördlichen Molukken. Am häufigsten findet noch die vor Südost-Sumatra gelegenen Insel Bangka Erwähnung. 1717/18 wurden zwei Fahrten zu dieser Insel durchgeführt, vier Schiffe trafen von dort kommend in Makassar ein. Dieses Niveau wurde auch 1722/23 noch gehalten, als abermals vier Schiffe aus Bangka eintrafen und drei dorthin ausliefen. 1727/28 wurden noch zwei Ankünfte aus Bangka verzeichnet. Danach verschwindet die Insel aus den Beispieljahrgängen. Ähnliches gilt für die Nachbarinsel Belitung. Sie wurde 1733/34 zuletzt mit einem eintreffenden Schiff erwähnt. Zuvor findet sie sich 1717/18 mit zwei eintreffenden Schiffen und 1722/23 mit einem eintreffenden Schiff in den Listen. Gar keine Rolle mehr spielten für Direktfahrten aus Makassar
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die einstigen Handelsmetropolen, die unter niederländischer Vorherrschaft für den Privathandel an Attraktivität eingebüßt hatten. Malakka wird kein einziges Mal erwähnt. Nach Aceh an der Nordwest-Spitze Sumatras gingen 1717/18 immerhin noch drei Fahrten, die jedoch alle keine Ladung mit sich führten. Johor an der Südspitze der Malaiischen Halbinsel wurde 1722/23 ein einziges Mal von einem Malaiien mit sulawesischen Textilien angesteuert. Die Importwaren, die Makassar aus den westlichsten Bereichen des Malaiischen Archipels erhielt, wiesen eine äußerst uneinheitliche Palette auf. Regelmäßig vertreten waren lediglich in durchaus erheblichen Mengen Matten, die wohl auf der Insel selbst hergestellt worden waren.230 Daneben wurden aus Bangka Sklaven, trepang, chinesischer oder javanischer Tabak, der hier nur zwischengehandelt wurde, Pfeffer, Rattan, Wachs, Salz oder parang-Messer importiert – von letzteren im Jahr 1717/18 immerhin die auffallend hohe Stückzahl von mehr als 25.000. Bei den Exporten war stets Reis vertreten, der auf den Sumatra vorgelagerten Inseln nicht angebaut wurde. Bangka erhielt 1717/18 zehn Lasten Reis aus Makassar und 1722/23 sieben Lasten, Belitung 1717/18 und 1722/23 je sieben und 1733/34 sechs Lasten. Ansonsten waren auch die Exporte bunt gemischt und umfaßten Zucker, Tabak, Kokosnüsse und Textilien. Keinerlei Einheitlichkeit wies die ethnische Verteilung auf. Sowohl die malaiischen Handelsnationen, die hier zu Hause waren, wie die sulawesischen Gruppen und auch die auswärtigen Nationen beteiligten sich gelegentlich an den Fahrten. Die Uneinheitlichkeit der verstreuten Angaben macht deutlich, daß Makassar nur einige sporadische, zufällige Ausläufer des Handels rund um Sumatra und in der Straße von Malakka, der auch im 18. Jahrhundert durchaus lebhaft war, erlebte.231
7. China und der ‚Junkenhandel‘
Gemessen an der Zahl der Schiffsbewegungen scheint der Chinahandel, abgewickelt über die Hafenstadt Amoy in der Provinz Fukien, mit nur einer Junke jährlich von äußerst geringer Bedeutung gewesen zu sein. Bezieht man jedoch Art und vor allem Umfang der Fracht dieser Schiffe in die Betrachtung ein, erweist sich schnell, daß er 230 1717/18: 165,25 corgies, 1722/23: 30 corgies, 1727/28: 18 corgies. 231 Siehe hierzu u.a. KATHIRITHAMBY-WELLS, Eighteenth Century, passim; LEWIS, Country Trade, passim; DIES., Jan Compagnie, 44-123; WATSON ANDAYA, Cloth Trade, passim; DIES., Live as Brothers, 145-242.
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einen wesentlichen Bestandteil des Handels in Makassar ausmachten. Die jährliche Junke aus Amoy war der Höhepunkt des Handelsjahres. Sie blieb über mehrere Monate, so daß nicht nur Kaufleute, die sich oft speziell zu diesem Anlaß zusammenschloßen, sondern auch Handwerker und Dienstleister von ihrer Anwesenheit profitierten konnten. Nach ihrer Abreise wurde es ruhig im Hafen, da die einheimischen Händler nun begannen, die eingekauften chinesischen Waren in anderen Häfen weiterzuhandeln.232 Nach der Einschätzung Heather Sutherlands wies der Handel in Makassar im Verlauf des 18. Jahrhunderts eine zunehmende ChinaOrientierung auf.233 Unter Bezug auf einen Bericht des syahbandar van Schinne vom Beginn des 19. Jahrhunderts beschreibt sie die Rolle der Junke (wangkang): „So, Van Schinne felt that the essential character of Makassar’s trade lay in the combination of indigenous maritime expertise, exemplified in the economical paduakang, with Chinese commercial skills. What is striking in his account is the centrality of the junk and the diversity of its functions. The wangkang did not merely provide a market for the products collected in Makassar, thereby generating a demand with spin-off throughout the eastern islands, but it was also the hub of a complex of financial and commercial relationships.“234
Der chinesische Historiker Ng Chin Keong, der als beste Kenner der Wirtschaftsgeschichte des Fukiens gelten darf, geht einen Schritt weiter, indem er den Blick auf eine höhere Handelsebene lenkt und die herausragende Rolle der chinesischen Handelsjunken in Südostasien mit der Präsenz der Europäer in Verbindung bringt: „The development of Chinese maritime trade with Southeast Asia since the late sixteenth century coincided with Western colonial expansion in the region. The latter had stimulated the growth of trade between China and Southeast Asia. Chinese goods such as silk, porcelain and tea were in great demand in European markets. For this reason, the Western colonizers welcomed the arrival of Chinese junks that brought along commodities sought by them and, at the same time, supplied their daily necessities. In their return trips the Chinese junks brought back mostly the native produce of the region. Instead of depending on the European colonizers for such products, they were quick to build up their own trading networks throughout Southeast Asia.“235
In den VOC-Akten Makassars ist erstmals für das Jahr 1736 eine Junke aus Amoy belegt.236 Der Gouverneur erkannte das Potential des neuen Handelspartners, dessen Ladung er auf Grund des fehlenden Passes nach den Vorschriften eigentlich hät232 233 234 235 236
SUTHERLAND, Eastern Emporium, 106. Siehe auch DIES., Trepang, 77. Ebd., 78/79. Ebd., 77. NG, Chinese Trade, 105. ARA Den Haag, VOC 2674, Macassar, 30, 108.
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te konfiszieren müssen, und meldete nach Batavia, daß er in diesem Falle eine Ausnahme gemacht habe. Die Leitung der Kompanie akzeptierte diese pragmatische Vorgehensweise zunächst. Der wiederbelebte Handelskontakt zwischen dem Reich der Mitte und Makassar blieb jedoch nicht völlig ungestört. Zwischen 1746 und 1752 sowie noch einmal zwischen 1762 und 1768 blieb der Hafen Makassars auf höchste Weisung hin für Chinesen gesperrt.237 In die Zeit zwischen diesen beiden Hafenschließungen fällt die erste Überlieferung einer Ladeliste,238 so daß erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts ein genaueres Bild dessen möglich ist, was Sutherland als zunehmende China-Ausrichtung des makassarischen Privathandels begreift. Tabelle 6.44: Die Waren der auslaufenden Amoy-Junken
trepang
1755
1773
1777
1787
720,5 pikul
4.000 pikul
3.000 pikul
5.000 pikul
agar-agar
10.005,5 pikul
--
500 pikul
1.000 pikul
Rattan
100 bossen
--
2.000 bossen
3.000 bossen
Wachs
10,3 pikul
--
200 pikul
--
Salz
19,83 pikul
--
--
--
Schildpatt
--
--
--
50 pikul
Haifischprod.
--
--
100 pikul
100 pikul
Vogelnester
--
--
--
10 pikul
Trockenfleisch
--
--
--
100 pikul
Nach China wurden Produkte exportiert, die ihre Märkte im wesentlichen in der chinesischen Kultur fanden. An der Spitze stand der trepang, der als einziges Gut in allen verfügbaren Frachtlisten der Beispieljahre vertreten ist und 1773 sogar – abgesehen von einigen Kleinigkeiten – die gesamte Ladung der zurückkehrenden Junke ausmachte. Zu diese Gruppe gehörte auch agar-agar sowie die in der Luxusküche wie in der chinesischen Heilkunde benötigten Vogelnester und Haifischprodukte (Flossen, Zähne, Hoden). Eine China-Orientierung bei diesen Waren mag nicht wirklich überraschen, konnten sie doch ansonsten nur noch bei den in der Diaspora lebenden Chinesen abgesetzt werden. Betrachtet man den makassarischen Gesamthandel 237 SUTHERLAND, Trepang, 78. Aus diesem Grund tritt in den hier vorgestellten Beispieljahrgängen die Amoy-Junke auch erst ab 1772/73 in Erscheinung. 238 ARA Den Haag, VOC 2859, Macassar, 190-192.
602
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
mit diesen Produkten in den entsprechenden Jahren, blieben zwar nur zwischen 20% und 30% des trepang im Malaiischen Archipel, aber immerhin zwischen 60% und 80% des agar-agar, die vollständig nach Batavia verschifft wurden. Auch das Luxusgut Schildpatt und die Gebrauchswaren Wachs und Rattan zählten zu den Produkten, die regelmäßig, wenn auch nicht ausschließlich, von Chinesen nachgefragt wurden. Lediglich mit den knapp 20 pikul Salz im Jahr 1755 erscheint in den Beispieljahren ein vielseitig gehandeltes Massengut unter den nach Amoy versandten Waren. Insgesamt blieben Stapelgüter indonesischer Produktion wie Salz, Zucker, Tabak oder Reis, an denen man eine Umorientierung des makassarischen Handels nach China hätte ausmachen können, weitgehend außen vor. Tabelle 6.45.: Die Waren der einlaufenden Amoy-Junken
Importiert wurden aus China eine Reihe von Produkten, die ausschließlich durch die Amoy-Junke die Märkte von Makassar erreichten. Die in großen Stückzahlen eingeführten Teller und Schalen (kommen en pierings) gehörten hierzu ebenso wie der kostbare Golddraht oder so seltene Produkte wie Papier. Auch Seide und Seiden-
Handelswege und Handelsziele
603
waren stammten vorrangig aus dem Reich der Mitte. Zwar machten chinesische Produkte einen wesentlichen Anteil am gesamten Textilhandel in Makassar aus, doch blieben sie insgesamt stets auf dem zweiten Platz hinter den konkurrierenden Baumwollprodukten aus Indien. Zudem konnten in einigen Jahren sogar die regionalen Produkt die Menge der chinesischen Textilien einholen. Differenziert betrachtet schälen sich Handelssphären heraus, die tatsächlich im wesentlichen auf der Handelsbeziehung Makassars mit dem wichtigsten Exporthafen des Chinesischen Reichs beruhten. Insbesondere der Handel mit Keramikwaren und Seide einerseits und mit Meeresprodukten wie trepang und agar-agar andererseits sind hierbei zu erwähnen. Waren diese Sphären mit recht bunten ethnischen Konnotationen versehen, wies ihre geographische Ausrichtung eindeutig nach China. Daneben waren im Hafen von Makassar andere Handelssphären lebendig, die gänzlich andere Ausrichtungen aufwiesen. Reis, Salz oder Zucker wären hier zu nennen, und als prominentestes Beispiel die indischen Textilien, die zumindest auf den hier erfaßten Junken nicht den Weg nach China fanden. Eine Beschreibung dieser Junken, die sowohl auf der Route nach Makassar als auch auf der nach Batavia fuhren, stammt aus der Feder von John Splinter Stavorinus, der in den 1780er Jahren Makassar besuchte: „This vessel carried three masts, of which the largest and middlemost was nearly of the same thickness as the mainmast of my ship the ‚Ouwerkerk’ and it was made of one entire piece of timber. The length of the junk, from the exterior of the stern to the extreme point of the bow, was, according to my computation, one hundred and forty feet. The hull was separated into as many divisions as there was merchants aboard, each having a distinct place to stow his commodities. The water was likewise distributed into several reservoirs, and being stored in bulk, was drawn up by buckets through hatches which opened in the deck. The furnance for cooking was near the stearboard side of the mainmast upon the deck – for these vessels have but one deck – and we saw the victuals dressed there, in a much cleaner and neater maner than is practised on board European ships. At the stern were several tiers of little cabins, or huts, made of bamboos, for the officers of the vessel as well as for the merchants. Exactly in the middle of these, was the steerage, and in the center of it, was a sort of chapel, in which their joss, or idol, was placed. The rudder is not attached to the vessel by pintles and googings, but it hung in ropes made of cane, and is very different in shape from those we use. Their anchors are crooked pieces of timber, to which heavy stones are tied in order to make them sink. The whole of their tacklea, both cordage and sails, is made of cane.“239
Die Ladung eines chinesischen Schiffes setzte sich in der Regel aus den Waren verschiedener Kaufleute oder Handelshäuser zusammen. Der Eigner oder Kommandant eines Schiffes bot vor der Abreise den verbliebenen Schiffsraum feil und übernahm auch Aufträge, bestimmte Waren am Zielort zu erstehen und mitzubringen. 239 STAVORINUS, Voyages II, 221-223.
604
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Der Kapitän einer Amoy-Junke agierte also auch als Agent verschiedener Investoren.240 Neben den Kaufleuten und ihren Bediensteten war häufig eine zweite Gruppe Passagiere auf den Junken vertreten. Es handelte sich um Arbeitskräfte, die im Malaiischen Archipel ein neuen Glück suchten oder bereits in ihrer Heimat als Kontraktarbeiter angeworben worden waren.241 Allerdings dürfte die Zahl dieser Passagiere auf den Fahrten nach Batavia weitaus größer gewesen sein als auf denen nach Makassar. Im Hinterland der Stadt und in ihr selbst bestand bei weitem keine so große Nachfrage nach zusätzlicher Arbeitskraft, wie dies auf Java der Fall war. Alle in den Hafenmeisterlisten aufgeführten China-Fahrten kamen aus oder gingen zu der Hafenstadt Amoy in Fukien, dem heutigen Xiamen. Nur wenige andere Häfen waren im China des 18. Jahrhunderts für den Überseehandel geöffnet. Die besondere Stellung Amoys war auch den wesentlichen Handbüchern des beginnenden 19. Jahrhunderts bekannt, welche den kaufmännischen Wissensstand Europas über Südostasien vom Ende des vorangegangenen Jahrhunderts wiederspiegelten: „Almost all the foreign trade of China is conducted from two maritime provinces of Quan-tong and Fokien. It is from the latter that the greater portion of the Chinese trade with the Indian islands is carried on. The most numerous, the largest, and the richest junks, sail from this province, which, although one of the smallest of the empire, is remarkable for the enterprise of its inhabitants, the excellence of its sea-ports, as well as the production of almost all the black tea which is exported to foreign countries. The principal port of exportation is Hiamen, which we name Amoy.“242
Diese chinesische Selbstbeschränkung in Verbindung mit den Versuchen der VOC, die innerasiatische Handelsschiffahrt zu reglementieren, führte zu den besonderen Situation in Makassar, von der auch William Milburn zu berichten wußte: „The Dutch allow a junk to come direct from China every year, for which she pays 3000 Spanish dollars in duties. The articles imported by her are China-ware, Canton cloth, fireworks, gongs, iron in bars, iron pans, nankeens, silk piece-goods, sugar, sugar-candy, sweetmeat, teas, and a number of articles for wearing appeal, and other uses.“243
Ergänzend dazu merkte John Crawfurd an: „The only portion of the island of Celebes carrying on a direct trade with China is Macassar, to which there sail annually from Em-ui two small junks, of 500 tons each, or one large of 1000.“244
Crawfurds Beobachtungen beziehen sich auf des Ende des 18. oder auch das beginnende 19. Jahrhundert, als sich der China-Verkehr in Makassar offenbar noch verstärkt hatte. Im hier vorgestellten Beobachtungszeitraum besuchte jeweils nur eine 240 241 242 243 244
NG, Chinese Trade, 98. BLUSSÉ, Junk Trade, 110. CRAWFURD, History III, 172. MILBURN, Oriental Commerce II, 410. CRAWFURD, History III, 184.
Handelswege und Handelsziele
605
Junke der kleineren Größenordnung pro Jahr den Hafen von Makassar. Die Größe der Schiffe lag zwischen 170 Lasten (1777/78) und 400 Lasten (1787/88). Wie eine chinesische Quelle von 1618 berichtet, befuhren solche Schiffe schon im frühen 17. Jahrhundert zwei wesentliche Routen nach Südostasien. Die westliche Route führte von China aus in Südrichtung die Küsten entlang nach Indochina, zur Malaiischen Halbinsel und von dort nach Siam oder nach Sumatra, Java, Bali, Timor und schließlich nach Südwest-Kalimantan. Die östliche Route führte von Südost-China nach Taiwan und Luzon und von dort weiter in die Sulu-See, nach Sulawesi und zu den Molukken.245 War Makassar und damit die Südhalbinsel Sulawesis zum Zeitpunkt dieses Berichtes noch an die östliche Route angebunden, hatte die Eroberung der Stadt durch die VOC für eine lange Unterbrechung der Kontakte gesorgt. Erst 1736 wurde wieder eine Junke aus China in Makassar gemeldet; und erst seit den 1770er Jahren sind Amoy-Junke regelmäßig in den Hafenmeisterlisten zu beobachten – bedingt durch Überlieferungslücken und die uneinheitliche Politik der VOC solchen Kontakten gegenüber. Die Wiederetablierung eines regelmäßigen Handelskontaktes fiel in die Zeit, als der chinesische Überseehandel von Amoy aus eine deutliche Expansion vor allem in Südostasien erlebte.246 Nicht nur das Zugeständnis der VOC, wieder chinesische Schiffe außerhalb Batavias zuzulassen, hatte die Besonderheit des makassarischen Handelsjahres bewirkt, sondern auch die Entwicklung in China selbst. Die Länge der Reiseroute und die Bedingungen des Monsun ließen selten den Besuch von mehr als einem Hafen pro Reise zu.247 Dies bestätigt auch die Hafenmeisterliste von Makassar. Die verzeichneten chinesischen Junken kamen unmittelbar aus Amoy und reisen auch ohne Umwege oder angemeldete Zwischenstops wieder zurück. Für die Reise bemühten sich die chinesischen Kapitäne, möglichst die Küsten zur Navigation zu nutzen. Im Sulu-Archipel bewegten sie sich von Insel zu Insel,248 wobei die schwere Bewaffnung der Junken zeigt, daß man sich der erhöhten Piratengefahr in diesen Gewässern wohl bewußt war. Allerdings waren beschränkte seefahrerische Fähigkeiten der chinesischen Kapitäne und mangelnde Seetüchtigkeit ihrer Schiffe ein beliebter Topos zeitgenössischer Beobachter, der von der modernen Forschung bei weitem nicht mehr uneingeschränkt geteilt wird.249 Bei den Chi245 246 247 248 249
nesen aus Amoy, von deren Präsenz im Sulu-Archipel Alexander Dalrymple anläßlich seiner eigenen Reise dorthin berichtete – „When I was at Sooloo, in August 1761, the Chinese from Amoy offered to contact to deliver there, three junks cargoes of tea, by the middle of April following, and ten or more in September.“250 – konnte es sich nicht um die gleichen Fahrzeuge handeln, die auch Makassar besuchten. Für ausgiebige Handelsaktivitäten im Sulu-Archipel hätten diese angesichts der langen Liegezeiten in Makassar keine Zeit gehabt. Vielmehr zeigt die Aussage Dalrymples, daß die Fahrten nach Süd-Sulawesi nur ein Teil der vielfältigen Handelsbeziehungen Amoys in das maritime SüdostAsien während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren. „Whatever the foreign trade conducted by subjects of China, the invariable practice of the government is to place it in the hands of a few individuals, who become answerable that it shall be conducted under all the restrictions required by law. One or all of these security merchants, as they have been called, must be amenable for every ship that arrives at, or sails from China, both in as far as regards the regulations of trade as the conduct of the crew. These persons pay a premium to the government for the privilege they enjoy, and reimburse themselves by laying the trade open, and exacting from the adventurers a certain per centage on the investments. At the port of Amoy, or Em-ui, in the province of Fo-kien, the principal seat of this commerce, the security merchants are three in number, and exact from the adventurers a duty of six per cent on exports, and five on imports.“251
John Crawfurd beschreibt hier aus der Sicht des frühen 19. Jahrhunderts das Ende einer über mehrere Jahrhunderte reichenden Entwicklung. Seit in Fukien Handel zur See betrieben wurde, befand sich dieser im wesentlichen in den Händen adeliger Familien, die ihr Geld in die Unternehmungen investierten und ihre jüngeren oder niedrigeren Klan-Mitglieder oder auch Bedienstete nach Übersee schickten. In der Übergangsphase von der Ming- zur Ch’ing-Dynastie übernahm die Familie Cheng die Führungsrolle unter diesen südchinesischen Handelshäusern. Ihre Vorherrschaft endete, als die Mandschu im frühen 18. Jahrhundert das System der Hang-Kaufleute einführten. Es handelte sich um ein System von kaiserlich privilegierten Überseekaufleute, die auch in anderen Bereichen – wie der ländlichen Steuer – Privilegien erhalten konnten.252 Innerhalb dieses zentral bestimmten, aber dezentral agierenden System war der Außenhandel in Amoy auf eine eng begrenzte Zahl privilegierter Kaufleute beschränkt, den sogenannten ‚Ozean-Firmen’ (yang-hang). Diese spezialisierte sich auf den Überseehandel und gehörten ohne Ausnahme wohlhabenden und einflußreichen Kaufmannsfamilien an.253 250 251 252 253
DALRYMPLE, Plan for Extending the Commerce, 16. CRAWFURD, History III, 170. NG, Chinese Trade, 97-99; zu den Hang-Kaufleuten siehe v.a. DERS., Trade and Society, 167-177. NG, Chinese Trade, 99.
Handelswege und Handelsziele
607
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts berichtet der syahbandar A. J. van Schinne, daß die Amoy-Junke jährlich Waren im Wert von 600.000 Reichsthalern importierte und im gleichen Wert exportierte.254 Diese Zahlen überstiegen die Warenwerte, die für die Ladungen in den Beispieljahrgängen angenommen werden können, noch einmal deutlich. Es verwundert daher nicht, daß van Schinne die Zentralität der Junke für den gesamten makassarischen Seehandel betonte.255 Die enorme Bedeutung Chinas für Makassar war jedoch nicht von allzu langer Dauer. Seit den 1820er Jahren ging sie drastisch zurück und erreichte überrachend schnell den Nullpunkt. Der wesentliche Grund lag in der Öffnung anderer indonesische Häfen, vor allem Kota Ambon, Surabaya und Semarang, nach Ende der VOC für die Junken aus Amoy.256 Makassar hatte eine weitere Umschlagplatzfunktionen verloren.
8. Makassars Rolle als Knotenpunkt
Die Verfolgbarkeit von Handelsrouten Trotz aller aufschlußreichen und detaillierten Einblicke in die privaten Handelsaktivitäten Makassars können die Hafenmeisterlisten nur eine eingeschränkte Sichtweise anbieten. Verzeichnet wurden nach den Angaben des Passes, der die Fahrt des jeweiligen nachodas legitimierte, der Herkunfts- oder Zielort eines Schiffes. Darüber hinaus finden sich Angaben über eventuelle Zwischenstationen. Ob diese Angaben grundsätzlich gemacht wurden, läßt sich nicht mehr abschließend beurteilen. Sicher ist nur, daß lediglich Zwischenstationen aufgeführt wurden, welche die VOC auch offiziell zugestand. Alle Ankerplätze außerhalb des VOC-Systems bleiben im Dunkeln. Ebenfalls keine Informationen sind über eine eventuelle Fortsetzung der Reise nach dem Erreichen des angegebene Hafens aufgeführt. Es besteht lediglich die Option, in einem nominativen Abgleich mehrfach in einer Liste erwähnte nachodas zu identifizieren und ihre Herkunfts- oder Zielorte zu vergleichen. Um Angesichts der Problematik, welche die Aufzeichnung asiatischer Namen durch europäische Schreiber mit sich bringt, nicht zu einer Vielzahl nur vager Identifizierungen verführt zu werden, werden in die folgende Betrachtung nur Fälle einbezogen, bei de254 SUTHERLAND, Trepang, 74/75. 255 Ebd., 77. 256 Ebd., 79/80.
608
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
nen nicht nur die Namen unzweifelhaft übereinstimmten, sondern auch Schiffstyp und -größe, und bei denen die Daten der Ein- und Ausreise im Zusammenhang mit den Reisezielen eine realistische Fahrtzeit ergeben. Die Mehrheit der auf diese Weise gefundenen Fälle belegen die Annahme, daß viele nachodas auf bestimmte Strecken festgelegt waren.257 Immerhin ergeben sich darüber hinaus einige Fingerzeige, die vorsichtige Aussagen zu bestimmten Routen erlauben. Die ersten Beobachtungen dieser Art zeigen, daß die erwähnte dauerhafte Beschränkung der nachodas auf festliegende Routen nicht auf alle Fälle zutraf. Es kam durchaus vor, daß ein und derselbe nachoda in aufeinanderfolgenden Reisen völlig unterschiedliche Regionen ansteuerte. So fuhr der Makassare Care Mabela zunächst nach Kalimantan, um danach Sumbawa und schließlich Java aufzusuchen. Im selben Beispieljahr war der Malaiie Raba zunächst in der Inselwelt vor Sulawesi, dann an der Küste Javas und schließlich an der Ostküste Kalimantans unterwegs. Care Mabela (Makassare)
kommt
15.8.1717
aus
fährt
28.8.1717
nach
fährt
Raba (Malaiie)
am
Banjarmasin Tambora
Rückkehr unklar 25.9.1717
nach
Sumbawa
kommt
9.11.1717
aus
Sumbawa
fährt
16.3.1718
nach
Semarang
kommt
22.4.1717
aus
fährt
14.5.1717
nach
Semarang
17.8.1717
aus
Semarang
26.10.1717
nach
Pulo Laut
1.3.1718
aus
Pulo Laut
kommt fährt kommt
am
Buton
Andere Beobachtungen veranschaulichen, daß die Sulawesi vorgelagerten Inseln in das Handelssystem nach Sumbawa einbezogen wurden. Im ersten Fall kehrte ein Sumbawa-Fahrer von der Insel Selayar zurück, im zweiten Fall fuhr ein Bugis zunächst nach Buton, um aber dennoch aus Sumbawa zurückzukehren. Das auf Sumbawa bezogenen Handelssystem, welches im Verlauf des Beobachtungszeitraumes von zunehmender Bedeutung für Makassar war, zeichnete sich durch häufige Leer257 So für den Fall Java vertreten von KNAAP, Shallow Waters, 63.
Handelswege und Handelsziele
609
fahrten aus. Die Einbeziehung von Inseln, die auf dem Weg zwischen Sulawesi und Sumbawa liegen, könnte eine Erklärung dafür sein, wo und auf welche Art aus solchen Leerfahrten Handelsreisen werden konnten. Care Mangwai (Makassare)
fährt kommt fährt
22.5.1717 am
kommt
Toamma (Bugis)
fährt kommt
am
nach
Tambora
3.6.1717
aus
28.7.1717
nach
Sumbawa
Selayar
5.9.1717
aus
Sumbawa
3.4.1777
nach
9.6.1777
aus
Buton Sumbawa
Weitere Beispiele verdeutlichen, daß die Fahrt entlang der Küste von Inseln, auf denen sich der im Paß genannte Zielhafen befand, durchaus üblich war. So suchte der buginesische nachoda Toadda, der seinen offiziellen Papieren zufolge Pulo Laut vor der Ostküste Kalimantans anlief, mit Banjarmasin stets auch das wichtigste Emporium der Insel auf. Toadda (Bugis)
fährt
6.1.1734
nach
Pulo Laut
Rückkehr unklar fährt
19.6.1734
nach
1.8.1734
aus
Pulo Laut
fährt
31.8.1734
nach
Pulo Laut
kommt
27.9.1734
aus
kommt
am
Banjarmasin
Banjarmasin
Die folgenden vier Fällen zeigen das gleiche Verhalten in Bezug auf die Küste Javas. Zielhafen dieser nachodas war stets Semarang, ihre Reisen wurde jedoch zumindest nach Gresik, Surabaya oder Batavia fortgesetzt. Da nur die unmittelbaren Herkunftshäfen in Makassar verzeichnet wurden, sind noch eine Reihe weiterer Zwischenhalte an der Küste Javas denkbar. Unu (Kompanie-Untertan)
fährt kommt
am
17.10.1777
nach
2.12.1777
aus
Semarang Gresik
610
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
Asara (Chinese)
fährt
Ong Nyeko (Chinese)
kommt
kommt
fährt
am
am
kommt
Souwtjenko (Chinese)
fährt kommt
am
17.7.1782
nach
Semarang
16.9.1782
aus
Surabaya
Batavia
1.10.1781
aus
29.10.1781
nach
Semarang
15.1.1782
aus
Surabaya
17.10.1781
nach
Semarang
11.1.1782
aus
Gresik
In den Gruppen, welche als Privathändler die Versorgung der südmolukkischen Plantageninseln sicherstellten, finden sich mehrere Personen, die von Java kamen und Makassar als Zwischenhalt einplanten. Häufig verkauften sie hier alkoholische Getränke sowie Nahrungs- und Genußmittel niederländischer Herkunft, um für die Weiterfahrt nach Ambon oder Banda Reis und Salz zu laden. Auf der Rückfahrt liefen sie leer in Makassar ein und verließen die Stadt zumeist auch so. Mehrheitlich handelte es sich um Bürger oder mardijker, gelegentlich auch um Chinesen. Joao de Madeira (mardijker)
kommt fährt kommt
Samuel Gilbersz. (Bürger)
am
25.5.1717
aus
Ambon
10.6.1717
nach
Semarang Semarang
25.10.1717
aus
fährt
27.11.1717
nach
kommt
12.5.1717
aus
fährt
28.5.1717
nach
Semarang
29.8.1717
aus
Semarang
2.10.1717
nach
Semarang
kommt
26.1.1718
aus
Semarang
fährt
17.2.1718
nach
kommt fährt
am
Ambon
Banda
Banda
Handelswege und Handelsziele
Thomas Jacobsz. Carper kommt (Bürger) fährt kommt fährt
Zoon Tasinko (Chinese)
am
611
30.5.1727
aus
Ambon
21.6.1727
nach
Ambon
2.9.1727
aus
Ambon
27.9.1727
nach
Batavia
kommt
22.1.1728
aus
Batavia
fährt
5.2.1728
nach
Ambon
fährt
3.10.1730
nach
Semarang
kommt fährt
am
kommt
20.11.1730
aus
16.2.1731
nach
Banda
Semarang
21.5.1731
aus
Banda
Andere Beobachtungen weisen darauf hin, daß die schon vor der europäischen Präsenz bestehende südliche Route durch die Java-See, die an Bali, Sumbawa und den übrigen Kleinen Sunda-Inseln entlang bis zu den Molukken lief, auch im 18. Jahrhundert für Privathändler von Bedeutung war. Zumindest der Abschnitt zwischen den Inseln Java und Sumbawa deutet sich in den folgenden Fällen an. Care Leewa (Makassare)
fährt
Care Muntuli (Makassare)
fährt
kommt
am
kommt fährt
am
13.3.1723
nach
Tambora
3.9.1723
aus
Semarang
5.7.1723
nach
Dompo
21.7.1723
aus
Dompo
24.7.1723
nach
Batavia
kommt
1.9.1723
aus
Dompo
fährt
13.9.1723
nach
Bima
Schließlich zeigt sich in manchen Beispielen neben der Andeutung von Routenverläufen auch die hohe Frequenz, mit welcher mancher nachoda seine bevorzugte Handelsroute bediente. Neben einigen oben schon angeführten Fällen sind die BimaFahrten des Malaiien Bappa Jamila zu Beginn der 1730er Jahre ein auffälliges Bei-
612
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
spiel hierfür, das nebenbei auch zeigt, daß auf solchen Fahrten über vergleichsweise geringe Distanzen wenig Rücksicht auf die Monsun-Saison genommen wurde. Bappa Jamila (Malaiie)
kommt
3.12.1730
aus
Bima
fährt
13.12.1730
nach
Bima
10.4.1731
aus
Bima
kommt fährt
am
2.5.1731
nach
Bima
kommt
31.8.1731
aus
Bima
fährt
19.9.1731
nach
Bima
Handelsverlagerung aus dem offiziellen Hafen Bezüglich der trepang-Importeure, die im 19. und 20. Jahrhundert von Makassar bis nach Australien reisten, rekonstruierte Campbell C. Macknight auf Grund älterer Berichte und neuerer Aussagen von Gewährsleuten mehrere mögliche Routen und dabei einbezogene zusätzliche Häfen: „Thus, seaman from the small islands east of Madura can leave home at the beginning of the year to carry salt from Surabaya to Lombok. Further east, in Savu, they then take on palm-sugar before sailing south to reefs between Timor and the Kimberley coast of Australia. After some months collecting turban shells, clam meat, trepang and other marine products, they sail north to the small trading island of Barrang Lompo, just off Macassar, where they sell their produce and take on a cargo of coconuts and copra for Surabaya. [...] Another variation is to sail in opposite directions in each monsoon from a central home port. This pattern has been recorded for the fleet based at Bira, on the extreme southeastern tip of South Celebes. A complete record of the movements of one prau for the year 1935 shows it collecting tanning bark around New Guinea in April and May, while later in the year it is mainly carrying rice on relatively short voyages between Java an Sumbawa. [...] I have collected an oral account of off-season voyages by the Macassans from Macassar to Sumbawa, then eastwards to Flores or Timor, and back to Macassar. Whereas the main Australian voyage, undertaken in May and June immediately after the return from Australia and at the height of the south-east monsoon, was more straightforward trading. Indeed, the main trade may have been from Sumabawa eastwards, rather than with Macassar. A sailor undertaking both voyages would still have been at home between July and November.“258
Solche Rekonstruktionen für das 18. Jahrhundert grundsätzlich nicht möglich, geschweige denn allein aus den Überlieferungen Makassars. Nicht nur, daß keine zu258 MACKNIGHT, Early Maritime Trade, 201.
Handelswege und Handelsziele
613
verlässigen mündlichen Zeugnisse zu erwarten sind, auch die Überlieferung der VOC enthält nicht in ausreichendem Maße Hinweise, die sich mit vertretbaren Aufwand zu einem Netzwerk verknüpfen ließen. Aber zumindest veranschaulicht das von Macknight entworfene Bild, in welche Richtung sich die Handelsaktivität der am trepang-Geschäft beteiligten Makassaren entwickelte. Für das 18. Jahrhundert und für den Kristallisationspunkt Makassar geben die Hafenmeisterlisten zwei Anhaltspunkte, die auf Verlagerungen von Routen hin zu „inoffiziellen“ Häfen schließen lassen. Zum einen handelt es sich um die Zahl der Leerfahrten und ihre geographische Verteilung. Waren die Leerfahrten von den südlichen Molukken nach Makassar durch die Besonderheiten der entsprechenden Handelssphären bedingt, kann bei den konstatierten Häufungen von Leerfahrten nach Sumbawa und bei makassarischen Schiffseignern davon ausgegangen werden, daß diese Fahrten weitere, nicht offiziell angegebene Orte einbezogen, deren Warenumtausch erst dazu führte, daß die angesprochenen Fahrten tatsächlich zu Handelsfahrten wurden. Zum anderen kann das Ungleichgewicht zwischen Ein- und Ausfahrten bezogen auf bestimmte Ziele angeführt werden. So gingen 1767/68 131 Fahrten nach Sumbawa (Sumbawa, Bima, Tambora, Dompo), es kehrten jedoch nur 89 Fahrten zurück. Im Jahr 1772/73 waren es sogar 205 Fahrten, die diese Insel ansteuerten, während sie bei lediglich 115 Fahrten als Herkunft verzeichnet wurde. 1781/82 führten 161 Fahrten nach und nur 98 von Sumbawa zurück. Im Beispieljahr 1787/88 schließlich belief sich das Verhältnis auf 177 zu 86 Fahrten. Dabei blieben die entsprechenden nachodas nicht aus dem Hafen von Makassar verschwunden. Die nach den oben beschriebenen Kriterien verknüpften Fälle von Ein- und Ausfahrten liefern Beispiele von Schiffsführern, deren Ausfahrt nach Sumbawa mehrfach pro Beispieljahr verzeichnet wurde, ohne daß ihre Rückkehr von dort – oder auch von einem anderen Ort – Eingang in die Listen gefunden hätte. Bapa Mangara (Makassare)
fährt
26.4.1787
nach
Sumbawa
Rückkehr unklar fährt fährt
am
6.8.1787
nach
Sumbawa
Rückkehr unklar 25.3.1788
nach
Rückkehr unklar
Sumbawa
614
Intjana Ama (Malaiie)
Makassars maritimer Handel nach 1666/69
fährt
17.4.1787
nach
Sumbawa
Rückkehr unklar fährt fährt
am
24.7.1787
nach
Sumbawa
Rückkehr unklar 22.3.1788
nach
Sumbawa
Rückkehr unklar
Bei allen anderen Regionen und Beispieljahren sind die Zahlenunterschiede zwischen Aus- und Einfahrt zu klein, um eine sinnvolle und fundierte Aussage wagen zu können. Zumeist sind diese Unterschiede sogar völlig unerheblich. Im Falle Sumbawas in der zweiten Überlieferungsperiode läßt sich die Diskrepanz jedoch nicht nur durch den Zeitausschnitt, die Jahreszeit oder ähnliches erklären. Im Handelssystem nach Sumbawa müssen in der Periode, als der Verkehr dorthin die bedeutendste Größe im Hafen Makassars war, neben der Einbeziehung der Sulawesi vorgelagerten Inseln oder auch Javas weitere Ausweichpunkte eine Rolle gespielt haben. Offenbar kehrte eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Schiffen, die auf dem Hinweg ganz offiziell die Häfen auf Sumbawa ansteuerten, nicht unmittelbar nach Makassar zurück – zumindest nicht in den Bereich der makassarischen Anlegestellen, welchen die VOC kontrollieren konnte. Da sie nirgendwo als einlaufende Schiffe registriert wurden, andererseits jedoch wieder vor der nächsten Ausfahrt im VOC-kontrollierten Hafen von Makassar in Erscheinung traten, mußten die Stätten ihrer Rückkehr nahe genug an den Anlegestellen unter VOC-Kontrolle gelegen haben, um eine Fahrt ohne Paß in den offiziellen Hafen von Makassar zu ermöglichen, und zugleich fern genug, um dem Auge des syahbandar zu entgehen. Unnötig waren Pässe jedoch nur innerhalb des Territoriums, das die Kompanie als eigenen Besitz beanspruchte. Die im vorangegangenen Kapitel angeführten Hinweise auf unkontrollierte oder unkontrollierbare Anlegestellen in Makassar selbst oder der unmittelbaren Umgebung wird durch diesen Befund unterstützt.
IV. Handel und Ethnizität
1. Europäer und Untertanen
Die Präsenz der Bürger Den europäischen Bürgern, die sich vorrangig aus gebürtigen Niederländern zusammensetzten, gelang es zu keinem Zeitpunkt des Beobachtungszeitraumes, eine dominante Stellung im Seehandel Makassars einzunehmen. Andererseits waren sie auch keine marginale Gruppe unter den Handelsnationen, auch wenn insgesamt eine abnehmende Tendenz zu beobachten ist und ihre Bedeutung in der zweiten Überlieferungsperiode deutlich hinter der Stellung in den ersten drei Jahrzehnten zurückblieb. Bewegten sie sich insgesamt in der ersten Periode zwischen 10% und 20%, belief sich ihr Anteil in der zweiten nur noch auf 3% bis 10%. Im Vergleich zu Java stehen diese Zahlen jedoch noch immer für eine beachtenswerte Position. In den 14 javanischen Häfen außerhalb Batavias, in denen im 18. Jahrundert Hafenmeisterlisten geführt wurden, machten europäische nachodas zwischen 1774 und 1777 durchschnittlich 2,9% im Jahr aus.259 Berücksichtigt man, daß in der vorliegenden Studie die Schiffseigner und nicht allein die Kapitäne betrachtet werden, mögen die Werte für Java vielleicht ein oder zwei Prozentpunkte höher gelegen haben, aber auf jeden Fall unter den Werten von Makassar, wo sie 1777/78 wieder 10,8% erreichten. Diese Beteiligung beschränkte sich jedoch auf relativ wenige Handelssphären und damit auch auf wenige Zielorte. Herausragend waren die Fahrten von und zu den südlichen Molukken und Batavia.260 In Batavia waren die Zahlen selbstverständlich etwas geringer, da diese Stadt von Seefahrern aller Nationen angelaufen wurde. Selbst auf den Molukken zeichnete sich – von Makassar aus gesehen – eine schwindende Präsenz der Europäer ab. 1781/82 fuhr kein einziger Bürger mehr von SüdSulawesi nach Ambon oder Banda. Dennoch bleibt festzuhalten, daß die Gruppe 259 KNAAP, Shallow Waters, 208/209: Banyuwangi 4,2%, Pasuruan 5,8%, Sumenep 4,6%, Bangkalan 1,6%, Surabaya 6,1%, Gresik 3,7%, Rembang 2,0%, Juwana 2,1%, Jepara 12,2%, Semarang 2,7%, Pekalongan 0,9%, Tegal 3,2%, Cirebon 1,0%, Banten 0,7%. 260 Süd-Molukken: 1717/18: 62,9%, 1722/23: 62,7%, 1727/28: 74,4%, 1730/31: 54,5%, 1733/34: 52,0%, 1767/68: 25,0%, 1772/73: 83,3%, 1777/78: 12,5%, 1787/88: 25,0%. Batavia: 1717/18: 37,8%, 1722/23: 23,1%, 1727/28: 22,2%, 1730/31: 44,4%, 1733/34: 32,6%, 1767/68: 19,1%, 1772/73: 33,3%, 1777/78: 52,6%, 1781/82: 37,5%, 1787/88: 27,8%.
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der Bürger vor allem dann eine überdurchschnittliche Beteiligung an allen Fahrten aufwies, wenn diese in Gebiete führten, die von der VOC tatsächlich kolonisiert worden waren. Bei Fahrten in andere Gebiete fehlten Europäer hingegen beinahe gänzlich. Insbesondere galt dies für die insgesamt so wirchtigen Handelsbeziehungen nach Sumbawa und für die zu Beginn des 18. Jahrthunderts noch bedeutungsvolle Verbindung nach Kalimantan. Auch die übrigen Inseln Nusa Tenggaras suchten Bürgern nur sehr sporadisch auf. Die europäischen Privathändler folgten vorzugsweise Handelsverbindungen, die auch von der VOC benutzt wurden oder von dieser überhaupt erst vorbereitet worden waren. Dabei dominierten sie nur in einer einzigen der wesentlichen Handelssphären, die in Makassar zur Zeit der VOC einen zentralen Hafen hatten, nämlich am Handel mit Salz.261 Dies bedeutete noch kein Monopol – weder ein formales, das im Einflußbereich der VOC sowieso keinem Privatier zugestanden hätte, noch ein Marktmonopol –, doch kann angesichts einer Konkurrenz, die insgesamt nicht mehr als ein Viertel der Umschlagsmenge unter sich aufteilen mußte, von einem europäisch bestimmten Handel gesprochen werden. Überdurchschnittlich beteiligt waren europäische Bürger am Handel mit Tee, Reis, und Sklaven.262 Daneben fallen noch die Zucker-Importe aus Java sowie in einigen wenigen Jahren der Handel mit Wachs, Opium und Keramik in diese Kategorie. Ihrem Gesamtdurchschnitt entsprechend beteiligten sich die Europäer am Import von Eisen und Eisenwaren sowie in einigen Jahren auch am Handel mit trepang und agar-agar. Immerhin erscheint die Behauptung, daß der Handel mit solchen für den chinesischen Markt bestimmten Meeresprodukten keine interessante Tätigkeit für europäische Kaufleute darstellte, nicht uneingeschränkt gültig zu sein.263 Unter ihrem Durchschnitt hingegen waren Bürger am Handel mit Textilien beteiligt, obwohl dies ein wesentlicher Tätigkeitsbereich der VOC war. Ähnliches gilt für den javanischen Tabak, der mehrheitlich von Chinesen gehandelt wurde, für den Exporte von Eisen und Eisenwaren sowie in einigen Jahren für den Umschlag von Keramik. In den zahlreichen anderen Handelssphären traten Europäer überhaupt nicht auf. 261 Von ‚Dominanz’ in Bezug auf Handelssphären wird im Folgenden nur dann gesprochen, wenn ein Anteil von 75% oder mehr vorliegt. 262 Die Rede ist hier stets von den in dieser Studie als wesentlichen für Makassar angesehen Handelssphären, die im ersten Teil dieses Kapitels auch im einzelnen diskutiert wurden. 263 GA Amsterdam, Koopmansboeken, Archief 5060, Nr. 16, Akten des Jakob Bikkes Bakker, Verkaufsübersichten, o.P.
Mestizen Als eigenständige Gruppe traten Mestizen, die Nachkommen europäischer Väter und asiatischer Frauen, nur zu Beginn des Beobachtungszeitraumes in Erscheinung. 1717/18 waren es je zwei Ein- und Ausfahrten, die ihnen hinsichtlich des Schiffsbesitzes zugerechnet werden können. 1722/23 waren es noch eine Einfahrt und vier Ausfahrten. 1733/34 schließlich wurde noch einmal eine Ausfahrt verzeichnet. Danach dürfte diese Händlergruppe, die sicherlich nicht aus dem merkantilen Leben Makassars verschwunden war, sondern angesichts der demographischen Entwicklung der Kolonialstadt eher gewachsen sein dürfte, teilweise unter die KompanieUntertanen subsummiert worden sein, während sie mehrheitlich als Bürger die Familien ihrer einstmals „rein“ niederländischen Vorfahren weiterführten. Die Erwähnung von Mestizen in den Hafenmeisterlisten ist also sicherlich nicht vollständig. Unter Umständen bezieht sie sich auf eine bestimmte Gruppe unter ihnen, wobei die Kriterien für eine solche Spezifikation nicht bekannt sind. In den wenigen Fällen, in denen sie als Mestizen gekennzeichnet wurden, läßt sich keine besondere Spezialisierung der Gruppe beobachten, sondern nur die verstreute Beteiligung an einer ganzen Reihe der wesentlichen Handelssphären. Nur am Reishandel waren sie in allen drei angeführten Jahrgängen beteiligt. Entsprechend waren sie, wenn auch eher marginal, ein Teil der Handelsverbindung zu den
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Süd-Molukken, die vor allem von den Bürgern, in zweiter Linie von den Chinesen getragen wurde. Ansonsten läßt sich eine mehrfache Beteiligung am Textil- wie auch am trepang-Handel beobachten. Daneben bestehen einzelne Nachweise für Sklaven, Salz, Buntmetalle, agar-agar und Schildpatt. Allerdings ist bekannt, daß im Süden der Philippinen in der Mitte des 18. Jahrhunderts neben einigen Chinesen vor allem Mestizen einen ‚peddling trade’ von Hafen zu Hafen betrieben.264 Bedenkt man die traditionellen Handelsverbindungen zwischen Makassar und dieser Region, könnte hier unter Umständen eine von Mestizen getragene Handelsverbindung bestanden haben. Die Annahme liegt nahe, daß es sich bei Mestizen um eine natürliche Gruppe von Mittelsleuten zwischen asiatischen und europäischen Sektoren handelte. Zwar konzentrierten sich einige Mestizo- oder Bürger-Familien auf die Position des tolk innerhalb der VOC-Verwaltung,265 wodurch vor allem hinsichtlich der VOC und auf Grund der sprachlichen Kompetenz eine Vermittlerrolle ausgeübt wurde. Hinsichtlich der ökonomischen Situation ist jedoch keine Mittelsmännerrolle nachweisbar. Vielmehr läßt sich mit der zunehmenden Verfestigung der ethnischen Grenzen im Verlaufe des 19. Jahrhunderts, die erst zu einer „Ethnie“ der Mestizen führte, zugleich die sinkende ökonomische Bedeutung dieser Gruppe bis hin zur Marginalisierung feststellen.266
Mardijker Wie die Mestizen treten auch die freigelassenen Sklaven unter der Bezeichnung mardijker in den Hafenmeisterlisten nur sporadisch in den ersten Beispieljahren in Erscheinung. 1717/18 gehörten vier der einlaufenden und sechs der auslaufenden Seefahrzeuge mardijkern, 1730/31 waren es sechs der einlaufenden und vier der auslaufenden. 1733/34 kam noch einmal eine Einfahrt hinzu. Auf Grund ihrer Herkunft kann davon ausgegangen werden, daß die mardijker in den folgenden Jahren unter den Kompanie-Untertanen zu suchen sind. Diese Herkunft legt auch eine Nähe zu den Handelsaktivitäten der Bürger nahe, deren Bedienstete sie einst waren und bei denen sie das Geschäft des Warenhandels gelernt haben dürften. Die Listen weisen jedoch eine noch breitere Streuung über die wesentlichen Handelssphären auf als 264 DALRYMPLE, Plan, 86. 265 SUTHERLAND, Mestizos, 270. Der tolk ist der offiziell bestallte Übersetzer in der VOC-Administration und nimmt innerhalb dieser eine relativ hohe Stellung ein. 266 Ebd., 271 und passim.
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bei den Mestizen. Sieht man von häufigen Leerfahrten ab, tauchen sie in keiner Handelssphäre regelmäßig auf. Beteiligt waren sie am Handel mit Textilien, Sklaven, Baumwolle, Reis, Salz, Wachs, chinesischem und javanischen Tabak, Eisen, Kokosnüssen und Paddy. Dabei ergab sich ein gewisser Schwerpunkt bei den JavaFahrten, aber auch eine Einbeziehung der Molukken und Nusa Tenggaras.
Das Problem der Kompanie-Untertanen’ Der Kolonialhistoriker Richard Z. Leirissa beschreibt die Zusammensetzung der Bevölkerung in den indonesischen Kolonialstädten des 19. Jahrhunderts mit folgenden Kategorien: „These town dwellers were also denoted as burgers, a category differentiated into Europeesche burgers (including mestizos), Chinese burgers, and Moorsche burgers. The latter category encompassed the Muslims, including those of the Bugis-Makassarese, Malay, and Javanese descent, as well as the Arabs at a later date.“267
Im 18. Jahrhundert, unter der Herrschaft der VOC, hatte diese Einteilung eindeutig noch keine Gültigkeit in den Quellen. Der Begriff des ‚Bürgers’ war lange nicht so weit gefaßt und bezeichnete lediglich Personen europäischer Herkunft und gegebenenfalls deren Mestizo-Nachkommen, wenn sie die Familien weiterführten. Chinesen traten nur gesondert als eigene Kategorie auf. In der Regel galt dies auch für die einheimischen Ethnien. Eine Restkategorie der moorschen burgers, also der islamischen Bürger, war noch undenkbar. Während in der Kolonialzeit nach 1815 alle Einwohner der territorial abgesteckten Kolonie als Bürger eingestuft wurden, unterschied die Kompanie noch weitaus diffiziler zwischen Personen, die unter ihrem Schutz standen, und solchen, die sich außerhalb dieses Schutzbereiches befanden. Allerdings gab es auch zur Zeit der Kompanie eine „Restkategorie“, die sogenannten ‚Kompanie-Untertanen’. Zu dieser Kategorie zählten alle, die dem Schutzbereich der Kompanie angehörten oder zu ihrem Herrschaftsbereich gezählt wurden, jedoch keine Bürger waren. Auf Grund der nicht eindeutig definierten Zuordnungen und der unterschiedlichen Anwendung des Begriffs handelt es sich bei ihnen im vorliegenden Zusammenhang um eine problematische Gruppe. In den seriellen Quellen Makassars wurden Kompanie-Untertanen explizit nur in den Hafenmeisterlisten geführt, während sie als einzige Gruppe in den Aufstellungen zur städtischen Bevölkerung fehlen. Ausgehend von der Bedeutung des Begriffs sollten unter diese Kategorie grundsätz267 LEIRISSA, Bugis-Makassarese, 242.
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lich alle Einwohner fallen, welche die Kernbereiche der frühen Kolonialstädte und die wenigen tatsächlich territorial kontrollierten Gegenden bewohnten. Bezogen auf den Fall Makassar und Süd-Sulawesi gehörten hierzu Chinesen, Malaiien, Makassaren, Bugis wie auch mardijker und Mestizen. In der Realität der Quellen wurden die Chinesen jedoch schon alleine auf Grund ihrer autonomen Struktur gesondert aufgeführt. Gleiches gilt für die wesentlich kleinere Gruppe der Malaiien. Dies bedeutet, daß die traditionellen Diasporagruppen unter den Handelsnationen, die über eine autonome Selbstverwaltung verfügten, auch eigenständig behandelt wurden und nicht unter die Kompanie-Untertanen gefaßt wurden. Daß die immer wieder als kriegerisch, unberechenbar bis feindlich eingestuften Makassaren und Bugis als Kompanie-Untertanen geführt wurden, erscheint ebenfalls unwahrscheinlich zu sein. Im Falle einer Ansiedlung im Kernbereich der VOC-Kontrolle konnte es in Einzelfällen dennoch zutreffen. Darüber hinaus bleiben als Personenkreise, die mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit hinter dem Begriff der Kompanie-Untertanen zu suchen waren, die nicht unter die Bürger gefaßten Mestizen, die meisten mardijker sowie ehemalige Bedienstete der VOC ohne Rücksicht auf ihre regionale oder ethnische Herkunft. Eine genauere Ausdifferenzierung ist nicht möglich, worin insofern ein Problem zu sehen ist, daß die Beteiligung der Kompanie-Untertanen am Handel in Makassar in der zweiten Überlieferungsperiode in einem Maße an Bedeutung gewann, wie es ansonsten nur noch bei den Chinesen zu beobachten ist. Für ein gutes Drittel der Ein- und Ausfahrten wird dadurch eine ethnische Spezifizierung der privaten Handelsfahrten unmöglich. Ihre spezielle Stellung zur VOC und innerhalb der frühkolonialen Gesellschaft erlaubt jedoch an dieser Stelle eine Einbeziehung als eigenständige Gruppe, als eine Art „künstliche Ethnie“. Trotz ihres enormen Bedeutungsgewinns konnten sie in keiner der wesentlichen Handelssphären eine dominierende Rolle erobern. Immerhin überdurchschnittlich waren sie am Handel mit Textilien und Paddy, am Import von Baumwolle und agaragar und gelegentlich am Handel mit Kokosnüssen beteiligt. Durchschnittlich blieb ihre Präsenz im Handel mit Reis, beim Export von Keramik und beim trepangImport, bei dem sie eine deutlich fallende Tendenz aufwiesen. In allen anderen Handelssphären, die für den Hafen von Makassar von größerer Bedeutung waren, hatten sie nur unterdurchschnittlichen oder gar keinen Anteil. Die große Bedeutung, welche die Kompanie-Untertanen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Privathandel von Makassar erlangen konnte, beruhte auf
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einer vergleichsweise geringen Zahl von Handelssphären. War die ethnische Zusammensetzung wahrscheinlich außerordentlich heterogen, wiesen sie doch durch ihre Spezialisierung auf eine überschaubare Palette von Waren, die zumeist regionalen Ursprungs waren, und Handelsrichtungen einen erkennbaren Gruppencharakter auf. Die Art ihrer Spezialisierung spricht dafür, daß sich die Zusammensetzung der Gruppe auf Sulawesi und den engeren Einflußbereich der Insel konzentrierte.
2. Die auswärtigen Handelsnationen
Aufkommende Dominanz: die Chinesen Bereits in vorkolonialer Zeit waren Chinesen in der Stadt Makassar ansässig, wenn auch in vergleichsweise geringer Zahl. Der Eroberungskrieg der VOC zwischen 1666 und 1669 mag die chinesische Präsenz für kurze Zeit gestört haben, doch blieben sie der Stadt letztendlich erhalten und wuchsen, nach anfänglichen Zögern, zu einer der wichtigsten Bevölkerungsgruppen heran. Ihren Ursprung hatten die Mitglieder dieser Gruppe in nur wenigen südchinesischen Provinzen. Bis in das 19. Jahrhundert hinein stammten alle Chinesen, die sich im Malaiischen Archipel niederließen oder auch nur Handel trieben, aus Kanton oder Fukien.268 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren die Diaspora-Chinesen von Makassar bereits eine feste Größe im Privathandel zur See. Ihr Anteil an den Handelsfahrten betrug allerdings nur zwischen 10% und 15%. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entwickelten sie sich zu der wohl wichtigsten Einzelgruppe. Doch auch in dieser Zeit kam ihr Anteil an den Handelsfahrten nie wesentlich über 40% hinaus. Immerhin wurden sie damit in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von keiner anderen Nation in Makassars übertroffen, wenn auch die Kompanie-Untertanen ungefähr die gleiche Größenordnung erreichten. Über die gesamte zweite Überlieferungsperiode gesehen unterscheidet sich die Beteiligung der Chinesen am Privathandel von Makassar kaum von ihrem Anteil am javanischen Privathandel.269 In den erwähnten 14 javanischen Häfen machten 268 CRAWFURD, History I, 137. 269 KNAAP, Shallow Waters, 208/209: Banyuwangi 26,6%, Pasuruan 12,9%, Sumenep 37,9%, Bangkalan 18,4%, Surabaya 20,6%, Gresik 20,3%, Rembang 40,8%, Juwana 41,1%, Jepara 24,0%, Semarang 25,9%, Pekalongan 40,5%, Tegal 29,7%, Cirebon 54,2%, Banten 14,9%.
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chinesische nachodas zwischen 1774 und 1777 durchschnittlich 30,1% im Jahr aus. Damit entsprachen die Chinesen in Makassar dem Wert einer stark chinesisch geprägten Region, von einer „Sinisierung“ des Privathandels kann jedoch im Falle Makassars kaum die Rede sein. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Beteiligung chinesischer Händler und Handelshäuser noch ausgeprägter, so daß für Teile der Kolonialzeit von einer chinesischen Dominanz die Rede sein kann. Die Grundlagen hierfür wurden in der Zeit der VOC gelegt; zur vollen Ausprägung konnte sie jedoch nicht gelangen. Dafür war trotz VOC-Herrschaft der freie Konkurrenzkampf im Hafen von Makassar zu umfangreich. Zwischen den in großen VOC-Städten ansässigen chinesischen Gemeinden bestanden durchaus Unterschiede. Die in Batavia ansässigen Chinesen waren auf den Langstreckenhandel, beispielsweise nach Malakka und Makassar, spezialisiert.270 Auch die Chinesen in Makassar waren bevorzugt in solchen Bereichen zu finden. Einmal abgesehen von der Amoy-Junke, die natürlich chinesisch war, erlangte der Handel mit Batavia und mit den Molukken große Bedeutung. Insgesamt jedoch waren sie auf einem Großteil der Strecken anzutreffen, die von Makassar aus befahren wurden. Lediglich Kalimantan, wo Banjarmasin eine Domäne des chinesischen Privathandels war, verloren sie im Laufe des Beobachtungszeitraumes aus den Augen. Java stellte zunächst die eindeutige Mehrheit unter den Zielen ihrer Reisen, wobei sie sich nicht allein auf Batavia konzentrierten, sondern auch die anderen Häfen, vor allem Semarang, anliefen. Im zweiten Überlieferungszeitraum verstärkte sich vor allem ihre Beteiligung am Sumbawa-Handel und an den Fahrten in den Nahbereich. Zu den übrigen Kleinen Sunda-Insel hingegen segelten sie nur in wenigen Ausnahmefällen. Die Beteiligung an den wesentlichen geographischen Bereichen der makassarischen Handelswelt nahm im Laufe des 18. Jahrhunderts stetig zu. Es kam zu einer allmählichen Durchdringung des makassarischen Privathandels durch die chinesische Kaufmannsgemeinschaft. Ihren Konkurrenzdruck, dem ursprünglich vor allem die europäischen Bürger ausgesetzt waren, bekamen nun mehr und mehr die sulawesischen oder malaiischen Kaufleute zu spüren. Entsprechend ihrer umfangreiche Beteiligung an den verschiedenen Handelsrouten waren sie in einer großen Anzahl von Handelssphären zu finden. Sie waren die einzige Handelsnation in Makassar, der es im 18. Jahrhundert gelang, gleich mehrere Sphären tatsächlich zu dominieren. Dies gilt für den chinesischer Tabak, für agaragar, Golddraht und für Keramikwaren sowie für den Export von trepang. Am Han270 Ebd., 65.
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del mit javanischem Tabak, Schildpatt, Wachs, Zucker, Tee, Opium und Reis waren sie immer noch überdurchschnittlich beteiligt. Immerhin ihrem Gesamtdurchschnitt entsprechend nahmen sie am Handel mit Baumwolle, Rattan und Sklaven teil. Hinzu kommt der Umschlag von Textilien, eine Handelssphäre, in der sie sich mit steigender Tendenz engagierten. Natürlich hatten Chinesen an einigen Bereichen auch nur unwesentlich Anteil. Beispielsweise lag der Import von trepang ganz in einheimischen Händen, während China Hauptabnehmer war und so den Export dominierte. Darüber hinaus war der Export von Paddy die einzige der größeren makassarischen Handelssphären, an der Chinesen gar keinen Anteil hatten, da sich nur sulawesische um dieses Handelsgut bemühten. Alle anderen Handelsnationen griffen auf den höherwertigen weißen Reis zurück. Die schiere Zahl ihrer Handelsfahrten von und nach Makassar, die Vielfalt ihrer Betätigungen in den dortigen Handelssphären sowie die Tatsache, daß sie sich unbeschwert in altangestammten wie eigentlich indigenen Sphären bewegten, mag den Begriff einer chinesischen Dominanz im makassarischen Privathandel gerechtfertigt erscheinen lassen. Keine der anderen hier tätigen Handelsnationen konnte ähnliches aufweisen. Aber genausowenig, wie Makassar eine „chinesische Kolonialstadt“ war, war der Handel des Emporiums zur Zeit der VOC ein von Chinesen nach Belieben bestimmter Wirtschaftsbereich.
Persistenz und Renaissance: die Malaiien Als erstaunlich zählebig erwiesen sich die malaiischen Diasporagruppen. In Makassar hielt sich ihr Anteil an den Ein- und Ausfahrten der ersten Überlieferungsperiode zumeist über beträchtlichen 10%. Und auch nach der Überlieferungslücke in der Mitte des 18. Jahrhunderts fielen sie nur unwesentlich hinter diesen Wert zurück. Stattdessen erlebten sie zu Beginn der 1780er Jahre noch einmal eine regelrechte Renaissance, als sie 1781/82 sogar knapp 22% aller Handelsfahrten durchführten. Damit waren sie in Süd-Sulawesi wahrscheinlich sogar stärker vertreten als in den javanischen Häfen. Dort machten malaiische nachodas zwischen 1774 und 1777 durchschnittlich 8,6% im Jahr aus.271 In absoluten Zahlen übertrafen die Fahrten von und zu javanischen Häfen diejenigen in Makassar natürlich bei weitem. Die Nähe zur „alten Heimat“ ließ Java auch im 18. Jahrhundert ein herausgehobener 271 Ebd., 208/209: Banyuwangi 6,4%, Pasuruan 5,2%, Sumenep 3,5%, Bangkalan 3,0%, Surabaya 20,3%, Gresik 14,0%, Rembang 3,0%, Juwana 6,2%, Jepara 7.1%, Semarang 12,2%, Pekalongan 1,2%, Tegal 5,4%, Cirebon 4,8%, Banten 11,2%.
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Ansiedlungsort für Diaspora-Malaiien sein. Dennoch hatte das traditionsreiche Emporium Makassar trotz seines Herrscherwechsels und der daraus resultierenden, teilweise tiefgehenden Wandlungen im Handel nichts an seiner Attraktivität für malaiische Kaufleute verloren. Sie konnten zwar keine der relevanten Handelssphären dominieren, waren jedoch in einer Vielzahl von ihnen vertreten. Überdurchschnittlich beteiligt waren sie am Handel mit Textilien, Baumwolle, agar-agar, Opium, am Sklavenimport sowie in manchen Jahren am Handel mit Kokosnüssen. Ihrem Durchschnitt entsprechend beteiligten sie sich am Umschlag von Wachs, Kupfer und Kupferwaren sowie am Import von trepang. Zumindest beteiligt, wenn auch unterdurchschnittlich, waren sie am Handel mit javanischem und chinesischem Tabak, mit Schildpatt, mit Eisen und Eisenwaren, mit Salz, Zucker, Reis, Paddy, Keramik, an der Sklavenausfuhr sowie am Export von trepang nach Batavia, da die Chinesen ihre eigene Versorgung in der Diaspora im Gegensatz zur heimatlichen durch die Amoy-Junke nicht vollständig monopolisieren konnten. Die Malaiien stachen im Wirtschaftsleben Makassars nirgendwo besonders hervor; dafür waren sie eine zu kleine Gruppe. Dennoch waren sie sehr weitgehend in die Handelswelten der Hafenstadt Makassar integriert.
Kontinuität am Rande: die Inder Zumeist am Rande positioniert, aber stets präsent waren auch Kaufleute indischer Herkunft und muslimischen Glaubens, die in den niederländischen Quellen als ‚mooren’ bezeichnet wurden. Angesichts der Anwesenheit starker Handelsnationen wie den Chinesen und merkantil äußerst aktiver indigener Ethnien ist eine allzu starke indische Vertretung nicht zu erwarten. Das eigentlich Erwähnenswerte ist die Tatsache, daß die Inder nicht unter der Herrschaft der VOC und der stärker werdenden Rolle der begünstigten Gruppen wie Chinesen oder Kompanie-Untertanen verdrängt wurden, sondern kontinuierlich verteten blieben und gelegentlich auch sichtbare Aufschwünge bezüglich des Anteils an Handelsfahrten erlebten. Immerhin konnten sie die Quote von 3,1% an allen Handelsfahrten, die sie im ersten Beispielsjahr hielten und danach schrittweise verloren, im Jahr 1777/78 doch noch einmal erreichen. Damit lagen sie auch deutlich über dem Wert in den javanischen
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Häfen, wo indische nachodas zwischen 1774 und 1777 durchschnittlich 0,7% aller Fahrten im Jahr ausmachten.272 Eine randständige Handelsnation wie die Inder konnte erwartungsgemäß keine Handelssphäre dominieren. Zwar mangelte es in Gestalt von baumwollenen Textilien nicht an indischen Waren, doch handelte es sich bei diesen um eines der wichtigsten Stapelgüter im Malaiischen Archipel überhaupt, so daß sich alle Kaufleute bemühten, einen Anteil am Handel damit zu erlangen. Somit war keine Monopolisierung durch Kaufleute aus dem Herkunftsland möglich. Immerhin waren die Inder am Handel mit diesen Gütern – gemessen an ihrem allgemeinen Anteil in Makassar – überdurchschnittlich beteiligt, wie auch am Handel mit javanischem Tabak, Kokosnüsse und Rattan. Eine unterdurchschnittliche Beteiligung wiesen sie bei Wachs, Kupfer und Kupferwaren auf. In allen anderen Handelssphären nahmen sie in der Regel nicht teil, weder an regionalen noch an überregionalen Stapelgütern, und auch nicht an Spezialwaren wie chinesischem Tabak, Opium oder Golddraht. Bei den indischen Kaufleuten, die in Makassar aktiv waren, entwickelte sich auf Grund eingeschränkter Ressourcen eine relative Spezialisierung vor allem auf die Produkt aus dem eigenen Heimatland, daneben aber auch auf andere Exportgütersphären (Tabak, Kupferwaren) sowie auf regional begrenzten Handelssphären (Kokosnüsse, Rattan, Wachs). Insgesamt ist bei dieser Diasporagruppe eher eine Integration in den „pedlar“-Alltag, in dem gekauft und weitergehandelt wurde, was der aktuelle Markt gerade hergab, als eine tatsächliche Integration in eine regionale Handelssphäre zu beobachten.
3. Die sulawesischen Handelsnationen
Frühe Vorherrschaft der Einheimischen Die Eroberung eines freien Emporiums mit vielfältiger Handelsbeteiligung, die anschließende Entstehung einer Kolonialstadt und die Schließung der Handelsmetropole für einen Teil der bislang Beteiligten – solche grundlegenden Umgestaltungen, wie sie Makassar Ende der 1660er Jahren erlebte, konnten für die indigenen Wirtschaftssubjekte vielfältige Folgen zwischen zwei Extremen zeitigen. Bedeuteten sie – 272 Ebd.: Pasuruan 0,6%, Sumenep 0,3%, Bangkalan 0,9%, Surabaya 0,4%, Gresik 0,1%, Rembang 0,6%, Juwana 0,6%, Semarang 1,8%, Pekalongan 0,9%, Tegal 0,9%, Cirebon 0,1%, Banten 0,5%.
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so das eine Extrem – die völlige Verdrängung einheimischer Kaufleute von den Märkten, eine Kolonialisierung im Sinne von Unterdrückung, Ausbeutung, Übervorteilung, gar Versklavung? Oder bedeutete sie – so das andere Extrem – nach der Verdrängung wesentlicher Marktbeteiligter aus der Freihandelszeit einen Rückfall des gesamten Emporiums auf den Handel der einheimischen und benachbarten Ethnien? Beide Alternativen konnten das Ergebnis der Umwandlung eines Emporiums zu einer handelsorientierten Kolonialstadt sein. Welche Richtung letztendlich eingeschlagen wurde, hing ganz von der Schwerpunktsetzung des neuen, kolonialen Machthabers ab – vorausgesetzt, dieser verfügte über ein entsprechendes Unterdrückungspotential und den Willen, dieses auch einzusetzen. In Makassar waren die Freiräume größer, als solche theoretische Überlegungen zunächst nahelegen. Dies führte hinsichtlich der einheimischen Ethnien – also der Makassaren und Bugis einschließlich ihrer diversen Untergruppen – zu einer zweistufigen Entwicklung. Eine völlige Rückbesinnung auf die einheimischen Kaufleute im Zuge einer merkantilen Marginalisierung des einstigen Emporiums konnte nicht entstehen, da eine Reihe der vor der Eroberung am Handel beteiligten Gruppen weiterhin und mit Duldung der VOC in Makassar aktiv war oder ihre Aktivitäten langsam wieder ausbauten. Zudem kamen aus dem kolonialen Zusammenhang neue Gruppen hinzu, die sich am Wirtschaftsleben beteiligten. Doch versanken weder die Bugis noch die Makassaren in der Bedeutungslosigkeit. Zwischen einem Viertel und einem Drittel aller Fahrten im Hafen von Makassar wurden in der ersten Überlieferungsperiode von makassarischen Fahrzeugen durchgeführt. Hinzu kamen die buginesischen Schiffe, die ebenfalls häufig zwischen einem Fünftel und einem Viertel aller Fahrten ausmachten, gelegentlich jedoch auch unter 10% fielen. Die Bugis wiesen also eine weitaus uneinheitlichere Beteiligung auf als die in der Stadt selbst ansässige Ethnie. Insgesamt spielten in diesem Zeitraum die einheimischen Handelsnationen alles andere als eine untergeordnete Rolle. 1722/23 machten sie zusammen ganze 61% des privaten Frachtverkehrs in Makassar aus. Dabei konnte keine der beiden Gruppen eine Handelssphäre ernsthaft dominieren. Hierfür war die ethnische Situation im regionalen Handel zu fragmentiert. Es gab schlichtweg keine „typisch“ makassarischen oder buginesischen Güter, deren Handel gewissermaßen „naturgemäß“ in ihren Händen lag. Ansonsten waren die beiden Ethnien vielfältig am Handel beteiligt. Die Makassaren hatten überdurchschnittlichen Anteil am Handel mit Baumwolle und Kokosnüssen, am Sklavenhandel – wenn auch mit deutlich fallender Tendenz, das heißt ohne intensivere Beteili-
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gung an der späten Kommerzialisierung des Sklavenhandels – und schließlich, wenn auch nur in einigen Jahren, am Handel mit Rattan und Paddy sowie dem Export von Schildpatt. Eine durchschnittliche Rolle spielten sie in den Bereichen des Textilhandels, des Handels mit Golddraht sowie mit javanischem Tabak, trepang und Salz in den hier angesprochenen frühen Jahren. Eine zumindest unterdurchschnittliche Beteiligung wiesen makassarische Handelsfahrten noch bei Reis, Wachs, Eisen und Eisenwaren auf. Zu einigen Warengruppen (chinesischer Tabak, Tee, Zucker, Opium, Keramik), die dem Langstreckenhandel zwischen verschiedenen asiatischen Großregionen und auch nach Europa angehörten, hatten Makassaren keinen Zugang. Auffälliger ist jedoch, daß auch einige lokal geprägte Handelssphären von ihnen im Spiegel der Hafenmeisterlisten nicht bedient wurden, obwohl sie eigentlich die naheliegendsten Betätigungsfelder der Makassaren darstellen müßten. Zu nennen sind vor allem agar-agar, Rattan und der Import von Schildpatt. Ein Teil der Erklärung ist in der noch weitaus breiteren Handelsbeteiligung der konkurrierenden Bugis zu sehen. Diese waren überdurchschnittlich am Handel mit Textilien, javanischem Tabak, Schildpatt, Wachs, am Import von trepang und mit fallender Tendenz am Handel mit Sklaven und Rattan sowie am Import von Golddraht und Keramik beteiligt. Teilweise, das heißt also in einigen der insgesamt zehn Beispieljahren, gehörten hierzu auch der Umschlag von Baumwolle, Kokosnüssen und Paddy sowie der Export von Zucker. Einigermaßen auffällig war außerdem ihre Beteiligung am Export von trepang, soweit dieser nach Java verschifft wurde, am Import von Opium und am Handel mit Kupfer und Kupferwaren. Auch in ihrem Fall ergab sich kein Zugang zu einigen Stapelgüter auf Langstrecken, die in enger Verbindung mit Chinesen standen, sowie zu der vermeintlich lokalen Warengruppe des agar-agar. Entsprechend der vielfältige Beteiligung beider Ethnien an den unterschiedlichsten Handelssphären ist keine durch geographische oder ethnische Besonderheiten determinierte Spezialisierung zu beobachten. Allerdings standen Makassaren und Bugis stets im Konkurrenzkampf gegen alte Mitbewerber, die schon in der vorkolonialen Zeit in Makassar etabliert waren (Malaiien, Inder), gegen eine aufstrebenden Vormacht (Chinesen) und gegen neue, durch die Kolonialstadtwerdung etablierten Gruppen (Bürger, mardijker, Mestizen, in Teilen Kompanie-Untertanen). Wenn unter diesen Umständen die beiden süd-sulawesischen Ethnien zusammen 50% aller Fahrten oder mehr stellen konnten, kann durchaus von einer einheimischen Vormachstellung trotz internationaler Konkurrenz gesprochen werden.
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Makassaren, Glissonder und andere Auch die Zusammensetzung beider Ethnien in den Hafenmeisterlisten weist eine gewisse Vielfalt auf. So waren die Makassaren nicht nur Bewohner der gleichnamigen Stadt, sondern eine Ethnie, die weite Teile der Westküste Süd-Sulawesis und ihres Hinterlandes besiedelte. Daher lebten nicht nur seefahrende Makassaren auf der Halbinsel, sondern zu großen Teilen auch landwirtschaftliche, auf Reisanbau konzentrierte Bevölkerungsteile. Doch auch die seefahrenden Makassaren zerfielen zur Zeit der VOC offenbar in verschiedene Gruppen. Neben den unmittelbar als Makassaren bezeichneten nachodas und Schiffseignern, die auf Grund dieser Bezeichnung mit dem eigentlichen Stadtgebiet in Verbindung gebracht werden dürfen, sind die Glissonder die auffälligste Gruppe in den Hafenmeisterlisten. Bis heute besteht im Süden des städtischen Siedlungsgebietes eine Gegend, welche die Bezeichnung Glisson trägt. Nach der Memorie van Ovegave des Gourverneurs Willem de Roo lebten die Glissonder rund fünf Meilen von der Festung Rotterdam entfernt „am Strand“ und galten als Kompanie-Untertanen.273 Im privaten Seehandel spielten sie, als eigenständige Gruppe registriert, stets eine signifikante, zeitweilig eine herausragende Rolle.274 Hatten sie in der ersten Überlieferungsperiode mit Ausnahme des Beispieljahres 1730/31 mit 70% stets einen Anteil von unter 10% aller registrierten makassarischen Schiffseigner, stellten sie mit über 90% in der zweiten Überlieferungsperiode die überwältigende Mehrheit aller Makassaren, wenn überhaupt eine relevante Anzahl von diesen registriert worden war. Daneben traten auch Schiffsbesitzer aus der Landschaft Kaili, die als makassarisch besiedelt galt, und dem zugehörigen Hafen Barro in den Hafenmeisterlisten in Erscheinung, dies allerdings nur im ersten Überlieferungszeitraum und auch nur vereinzelt. Lediglich der Beispieljahrgang 1727/28 stellte eine gewisse Ausnahme dar, als immerhin 25 Fahrten von Kailiern registriert wurden, was 31,3% aller Makassaren ausmachte. Während die allgemeine ethnische Spezifikation durch die Beamten der VOC als gesichert gelten darf, sind doch einige Zweifel hinsichtlich der inneren Differenzierung einer Ethnie angebracht. Zum einen ist nicht auszuschließen, daß Makassaren untereinander eine noch weitaus vielfältigere Ausdifferenzierung kannten, diese den VOC-Bediensteten jedoch nicht bewußt wurde. Eine solche Binnendifferenzierung 273 ARA Den Haag, Memorie van Overgave des Willem de Roo , 1706, VOC 1711, 135. 274 Glissonder in den Hafenmeisterlisten: 1717/18: 7 Fahrten (5,0% aller Makassaren); 1722/23: 8 Fahrten (4,4%); 1722/23: 7 Fahrten (8,8%); 1730/31: 66 Fahrten (70,2%); 1733/34: 6 Fahrten (6,4%); 1767/68: 37 Fahrten (90,2%); 1772/73: 82 Fahrten (93,2%); 1777/78: 1 Fahrt (25,0%); 1787/88: 54 Fahrten (98,2%).
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würde im vorliegenden Fall jedoch sicherlich keine ernsthafte Rolle spielen. Es kann hingegen davon ausgegangen werden, daß im Laufe der Zeit die Gruppe der Glissonder ein auch für die VOC erkennbares Eigenleben führte, sonst wäre sie nie mit über 90% von ihr registriert worden. Diese Zahlen dürfen also als sicher gelten, doch muß gleichzeitig und folgerichtig vermutet werden, daß in der ersten Überlieferungsperiode nicht alle Makassaren auch gleichzeitig als Angehörige der glissondischen Untergruppe registriert worden waren, zumal die Verzeichnung als Makassaren grundsätzlich zutreffend war. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren es nach den offiziellen Zahlen vor allem die Glissonder, die im VOC-kontrollierten Hafen den Privathandel der Makassaren aufrecht erhielten. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts waren sie zumindest schon signifikant daran beteiligt, wahrscheinlich bereits in größerem Umfang, als aus den offiziellen Listen hervorgeht.
Bugis, Wajos und andere Eine ganz ähnliche Situation ergibt sich bei den Bugis, die schon allein auf Grund ihrer zahlreichen Königtümer in Süd-Sulawesi in ebenso zahlreiche Untergruppen zerfielen. Zwar konnte unter den Bugis keine einzelne Gruppe eine dermaßen dominante Rolle erreichen wie die Glissonder in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter den Makassaren, dennoch gab es mit den Wajos, den Bewohnern der gleichnamige Region im Norden Makassars und im Nordwesten Bonés, eine in merkantiler Hinsicht herausgehobene Gruppe.275 Die politisch so bedeutenden Bewohner des Königreiches Boné von Arung Palakka und seinen Nachfolgern konnten in kaufmännischen Dingen den Wajos nicht das Wasser reichen. In den Hafenmeisterlisten wurden sie überhaupt nur in zwei Jahrgängen mit deutlich unter 5% aller Bugis aufgeführt.276 Weitere Bugis-Gruppen, obwohl der VOC durchaus bekannt, sind unter den Schiffseignern in den Hafenmeisterlisten nicht zu identifizieren. Lediglich als abhängige, von buginesischen Eignern beschäftigte nachodas finden sich auch Personen aus Soppeng, die ethnisch zu den Bugis zählen, sowie von Selayar und Buton, die wahrscheinlich auch als Bugis gelten konnten, allerdings wohl einer Mischbevölkerung mit makassarischen Anteilen entstammten. 275 Wajos in den Hafenmeisterlsiten: 1717/18: 22 Fahrten (41,5% aller Bugis); 1722/23: 72 Fahrten (46,7%); 1722/23: 59 Fahrten (76,6%); 1730/31: 9 Fahrten (64,3%); 1733/34: 67 Fahrten (77,9%); 1767/68: 2 Fahrten (6,1%); 1772/73: 5 Fahrten (8,8%); 1777/78: 4 Fahrten (12,5%); 1781/82: 13 Fahrten (41,9%); 1787/88: 6 Fahrten (20,0%). 276 Bonesen in den Hafenmeisterlisten: 1722/23: 7 Fahrten (4,6% aller Bugis); 1722/23: 3 Fahrten (3,9%).
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Bereits vor dem Krieg von 1666/69 war eine große Zahl Wajos in Makassar ansässig, die eine autonome Kaufmannsgemeinden bildeten. Viele der wajoresischen Kaufleute mit ursprünglich festem Wohnsitz in Makasssar hatten sich nach dem Frieden von Bongaya außer Landes eine neue Existenz aufgebaut.277 Doch blieb ein offenbar nicht unbeträchtlicher Teil von ihnen letztendlich doch in der Stadt oder kehrte dorthin zurück. Ein besonders beredtes Beispiel für diese Kontinuität war Ammana Gappa, der zwischen 1697 und 1723 das Amt des matoa der Wajos von Makassar bekleidete. Aus seiner Amtszeit wird berichtet, daß Bugis aus Wajo, Boné und Soppeng in Makassar Handel trieben, wobei nur derjenige der Wajos profitabel war.278 Unter den Wajos herrschte eine strenge ethnische Organisation des Handels. Nicht nur das Seerecht wurde während der Regierungszeit des Ammana Gappa kodifiziert, auch andere Regelungen wurden von ihm erlassen, welche den Zusammenhalt der Händlergemeinschaft der Wajos in einer fremd beherrschten Hafenstadt sichern sollte: „If Wajorese people buy and sell merchandise quickly, before the matoa has seen it, they must inform the matoa and share the profit equally with him. [...] It was also put into writing that traders, shopowners, and pedlars could not violate one another’s commercial boundaries; wholesale dealers could not trade in retail and retail traders coult not act as pedlars; shopowners had to buy from wholesale dealers and pedlars from shopowners; only the wholesale dealers could by from the Chinese and Dutch.“279
Zudem betrieb Ammana Gappa eine intelligente Handelspolitik, die dem gleichen Ziel diente. Im Februar 1698 schloß er für die Wajos mit den Oberhäuptern der Chinesen und Malaiien in Makassar Verträge, in denen die Beilegung von handelsbezogenen Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Gruppen geregelt wurde.280 Der Ruf der Wajos, große Räuber zu sein, war weit verbreitet, doch widersprachen diesem insbesondere die Makassaren selbst gegenüber europäischen Zeitzeugen. Cornelis Speelman zufolge galten die Wajos auf der Insel vor allem als besonders gewinnorientiert und damit als tüchtige Kaufleute. Sie unternahmen große Fernhandelsreisen bis nach Aceh oder Manila „haer daer in meest hebbende gemengt onder de mooren, maleijers en bandaneesen“. Dabei waren sie sowohl als abhängige Seefahrer und Besatzungsmitglieder (bootsgesell) zu finden als auch in der Rolle der eigenständige Händler. Die Wajos, die nicht die See zu ihrem Tätigkeitsbereich erchoren hatten, 277 278 279 280
ARA Den Haag, Notitie des Cornelis Speelman, Aanwinsten 1524: 1926 I 10-11, 586/587. NOORDUYN, Merchants‘ Community, 101. Ebd., 102. Ebd., 103.
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hielten auf Sulawesi einen intensiven Binnenhandel aufrecht, insbesondere zwischen ihrer Heimat und Makassar. Auf diesem Weg und in allen angrenzenden Landschaften verstanden sie es, ihre Waren gewinnbringend umzusetzen, und hatten sich so den Ruf des wohlhabensten Volkes nach den Makassaren erworben.281
‚Verschwinden’ der Makassaren und Verlagerung von Schwerpunkten Das Bild der herausragenden Beteiligung einheimischer Kaufleute am makassarischen Privathandel wandelte sich in der zweiten Überlieferungsperiode grundlegend. Blieben die Bugis zumindest noch mit einem Anteil von 5% bis 10% aller Fahrten kontinuierlich beteiligt, waren es ausgerechnet die Makassaren, deren Anteil am registrierten Privathandel so weit zurückging, daß sie Ende der 1770er und Anfang der 1780er offenbar völlig aus dem Hafen verschwunden waren. Im Beispieljahr 1777/78 stellten makassarische Schiffsbesitzer nur noch 1,2% aller Handelsfahrten, im folgenden Beispieljahr 1781/82 ist kein einziger Makassare mehr unter den Ein- und Ausfahrten zu finden. Zieht man darüber hinaus in Betracht, daß in der zweiten Überlieferungperiode die Glissonder zumeist 90% oder mehr der registrierten Makassaren ausmachten, zeigt sich, daß sich die Makassaren im engeren Sinne fast vollständig aus ihrem eigenen Hafen zurückgezogen hatten. Damit hatten die einheimischen Ethnien in Makassar gelegentlich kaum mehr Anteil am Handel als in den Häfen Javas, in welchen sulawesische nachodas (Makassaren, Bugis, Mandhar) zwischen 1774 und 1777 durchschnittlich 3,7% der jährlichen Fahrten durchführten.282 Es ist nicht anzunehmen, daß die Makassaren einfach ihre Handelsaktivitäten einstellten, zumal Ende der 1780er Jahre die Zahlen offenbar wieder anstiegen. Gleiches gilt für die Bugis. Ihre Verstreuung über das gesamte Archipel lag bereits lange zurück und datierte in die 1660er und 1670er Jahre. Flucht und Vertreibung eines Teiles dieser Ethnie in die Diaspora kann also mit einem drastischen Rückgang während der Mitte des 18. Jahrhunderts nichts zu tun haben. Es sind zudem keine außerordentlichen Entwicklungen bekannt, die ausgerechnet für diese Zeit eine grundlegende Veränderung begründen könnten. Ein Rückzug aus dem Handelsleben ausgerechnet der im Seehandel aktivsten indonesischen Ethnien ist ebenfalls unrealistisch. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß Eigner und nachodas beider Gruppen ihre Tätigkeiten in neue Häfen oder Anlegestellen verlagert hat281 ARA Den Haag, Notitie des Cornelis Speelman, Aanwinsten 1524: 1926 I 10-11, 585. 282 KNAAP, Shallow Waters, 208/209: Sumenep 0,3%, Bangkalan 0,3%, Surabaya 0,6%, Gresik 0,6%, Rembang 0,1%, Jepara 0,4%, Semarang 9,2%, Pekalongan 0,2%, Tegal 05%, Cirebon 0,3%, Banten 18,9%.
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ten. Es handelte sich nicht um ein Verschwinden des indigenen Handels aus dem zur Kolonialstadt gewordenen Emporium, hervorgerufen durch koloniale Unterdrückung der Stadt, sondern um eine allmähliche Umorientierung der indigenen Kaufleute aus der eigenen Stadt heraus, hin zu günstigeren Handelsplätzen. Diese Handelsplätze mußten die Bedingung erfüllen, daß eine Kontrolle durch die VOC weitgehend ausgeschlossen war. Jedoch ist allein dadurch ein vollständig unbeschränkter Handel noch lange nicht gegeben, da auch die Ausweichplätze der Souveränität indigener Herrscher unterstanden, von deren Politik die Rahmenbedingungen dieser Orte abhingen. Ein Streben der Makassaren und Bugis nach möglichst uneingeschränktem Freihandel versteht sich von selbst. Siedelten sie einen Teil ihrer Aktivitäten in neue Häfen um, ist anzunehmen, daß sie dort günstigere Bedingungen als in Makassar unter der VOC hatten aushandeln können. Einige Hinweise für ein solches Verhalten wurden bereits angesprochen. Verwiesen sei auf die „illegale“ Anlegestellen, die im Stadtbereich Makassars selbst oder in unmittelbarer Umgebung vermutet wurden. Verwiesen sei des weiteren auf die Rolle der Insel Bonerate. Und schließlich sei noch auf das Ungleichgewicht bei den Einund Ausfahrten und den Leerfahrten des Sumbawa-Handels hingewiesen. Weitere Indizien werden weiter unten noch angesprochen werden. Es zeichnet sich jedoch bereits ab, daß die neuen Knotenpunkte in nicht allzuweiter Entfernung Makassars zu suchen waren und nur selten urbanen Charakter aufwiesen.
4. Nachodas unter fremden Herren
Bislang war in der ethnische Perspektive von Schiffseigentümern die Rede, ausgehend von der Annahme, daß bei ihnen letztendlich die Entscheidungen zu vermuten waren, welche die Ladungszusammensetzung und Routenwahl bestimmten. Dies soll jedoch keinesfalls die Rolle des nachodas, des Schiffsführers, in den Hintergrund drängen, zumal dieser in der Mehrheit der Fälle in Personalunion auch Eigner seines Schiffes war. Wahrscheinlich handelte es sich bei ihm um den wichtigsten Mann einer indonesischen Handelsfahrt. „He [d.i. der nachoda] is typically a man without formal education, having gone to sea when he was very young and acquired through experience and from word of mouth the prahu lore of winds, tides, currents, reefs, islands and stars. Often he has also spent a period ashore working with a forwarding agent to gain a knowledge of tradee
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and to build personal contacts with Chinese traders whose custom he may later wish to seek. Experienced captains receive higher bonuses from the owner, in recognition of their greater contribution to earnings. Usually captains have specialised in acquiring knowledge of just one or two routes and tend not to venture beyond them.“283
Bestand einmal keine Personalunion von Schiffseigner und Kapitän, wie dies vor allem bei größeren Handelshäusern mit einem Eigentum von mehreren Schiffen der Fall war, mußte für eine Handelsfahrt ein abhängig beschäftigter nachoda mit den notwendigen Fachkenntnissen gefunden werden. Solche Fälle sind in den Hafenmeisterlisten von Makassar zu identifizieren. Grundsätzlich läßt sich dabei feststellen, daß im ersten Überlieferungszeitraum weitaus mehr abhängige nachodas als im zweiten registriert wurden. Die Hafenmeisterlisten wurden jedoch in den beiden Überlieferungsperioden auf die gleiche Weise aufgenommen. Eine gewisse Verzerrung durch unvollständige Registrierung mag als unsystematischer Quellenfehler konzidiert werden, dennoch muß davon ausgegangen werden, daß die Quelle einen deutlichen Rückkang abhängig beschäftigter Schiffsführer wiederspiegelt. Tabelle 6.46: Anteil der abhängigen nachodas nach Nationalität der Schiffsbesitzer in Prozent 1717/ 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 88 18 23 28 31 34 68 73 78 82 Makassaren
18,6
6,0
5,0
0,0
Bugis
26,4
15,1
28,6
35,7
8,1
6,1
0,0
Bürger
47,5
42,6
60,9
65,6
53,8
26,7
30,8
Chinesen
69,5
64,3
41,2
52,3
45,7
10,7
5,0
11,2
3,4
0,0
Malaiien
41,9
43,2
4,4
0,0
0,0
0,0
5,3
21,6
1,7
1,6
--
--
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
VOC-Untertanen
0,0
0,0
1,1
0,0
--
0,0
0,0
0,0
3,3
14,7
10,5
0,0
Besonders auffällig ist dieser Befund bei den chinesischen Schiffseignern, die in den ersten beiden Beispieljahren sogar noch bei zwei Dritteln aller Fahrten nicht selbst auf die Reise gingen, sondern einem abhängig beschäftigten nachoda die Durchführung der Handelsreise anvertrauten. In der ersten Überlieferungsperiode blieb dieser Anteil weiterhin sehr hoch, wenn auch nur noch bei knapp der Hälfte aller Fälle. Einen deutlichen Rückgang dieses Anteiles erlebte die zweiten Überlieferungsperiode, als er nur noch grob zwischen 5% und 10% schwankte. Es muß dabei be283 DICK, Prahu Shipping I, 102.
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rücksichtigt werden, daß in der zweiten Periode die Zahl der chinesischen Handelsfahrten deutlich anstieg. Da gleichzeitig der Anteil der abhängigen nachodas rückläufig war, ist daraus zu schließen, daß vor allem kleinere chinesische Händler, die ihr Schiff selber befehligten, den Anstieg chinesischer Fahrten im Hafen von Makassar bewirkten. Dies korrespondiert mit der Beobachtung, daß unter den Chinesen der Gebrauch sulawesischer Fahrzeuge deutlich zunahm, während die ursprünglich genutzten Typen wie Schaluppe und konting an Bedeutung verloren. Ganz ähnliche Strukturen lassen sich bei den europäischen Schiffseignern ablesen. Im ersten Überlieferungszeitraum beschäftigten sie in zwei Fünfteln bis zwei Dritteln aller Fahrten einen Schiffsführer. Dabei erreichte die Quote gegen Ende der 1720er Jahre ihren Höhepunkt. Wie im Falle der Chinesen war auch bei ihnen der Einsatz abhängiger nachodas in der zweiten Überlieferungsperiode rückläufig, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß. Deutlicher fällt der Rückgang bei den absoluten Zahlen auf, nahmen doch die Fahrten der Bürger in dieser Periode insgesamt ab. In diesen Zusammenhang gehört auch der Befund, daß vermehrt europäische Schiffseigner und –führer auf Schiffstypen einheimischer Bauart umstiegen – eine Anpassung der im makassarischen Privathandel verbleibenden Europäern an lokale Verhältnisse, vor allem auch an die kleineren Maßstäbe des lokalen Privathandels. Bei den anderen Handelsnationen waren abhängig beschäftigte nachodas von weitaus geringerer Bedeutung. Im Falle der Malaiien wurden nur in den ersten beiden Beispieljahren über 40% der Fahrten von ihnen durchgeführt. Danach verschwanden sie teilweise gänzlich aus dem Bereich malaiischer Schiffseigner. Die Bugis hatten schon immer in nur geringem Maße fremde Schiffsführer eingesetzt. Lagen die Anteile in den 1710er und 1720er Jahren noch zwischen einem Viertel und einem Drittel, rutschten sie daraufhin auf unter 10%.Beinahe keine Rolle spielten abhängig beschäftigte nachodas bei den Makassaren. Bei den Kompanie-Untertanen schließlich lassen sich überhaupt keine angestellten Spezialisten dieser Art nachweisen. Waren Schiffseigner und nachoda ein und dieselbe Person, bedeutet dies nicht, daß kein zusätzliches Kapital zum Einsatz kam. Vielmehr folgten die einheimischen Handelsnationen mehrheitlich den traditionellen Organisationsformen, in welchen die Anteile mehrerer Kaufleute zusammen die Handelsfahrt finanzierten, von denen der nachoda einer, häufig auch der wichtigste, kaum aber je der einzige war. Auch bei den Kompanie-Untertanen kann von einer solchen Vorgehensweise ausgegangen werden. Zwar ist nicht einwandfrei zu klären, welche einzelnen Gruppierungen sich in Makassar unter dieser Kategorie sammelten, doch kann getrost angenommen
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werden, daß die kapitalstärksten, welche sich die Finanzierung einer Reise aus einer Hand leisten konnten, eher bei den Bürgern und Chinesen zu finden waren. Die Tatsache, daß die Chinesen verhältnismäßig immer weniger abhängige nachodas einsetzten, dürfte auch in ihrem Fall für den Übergang zur Organisationsform einer Handelsfahrt als Kummulation von Kapital verschiedener Anleger sprechen. Die Zahl der Chinesen nahm beständig zu. Unter den Neulingen war mit Sicherheit große Zahlen von Kaufmannsfamilien geringerer wirtschaftlicher Potenz zu finden. Die großen chinesischen Handelshäuser, die mehrere Schiffe besaßen und auf diesen fremde nachodas einsetzten, blieben weiter bestehen, allerdings wuchs ihre Zahl nicht, so daß die Quote dieser Organisationsform sank. Im Fall der Europäer sah die Situation anders aus. Ihre Zahl stieg bei weitem nicht so rasant wie bei den Chinesen. Ihre Kaufmannschaft dürfte sogar über weite Strecken stagniert, wenn nicht sogar abgenommen haben, wofür die rückläufigen privaten Handelsfahrten sprechen. Daß auch sie immer weniger abhängige nachodas einsetzten, ist unter diesen Voraussetzungen ein Zeichen der Verkleinerung des Geschäftes. Ein Kaufmann schickte nicht mehr von seiner städtischen Zentrale aus ein oder mehrere Schiffe auf die Reise, sondern unternahm selbst als „pedlar“ die Handelsfahrten. Von einer Verarmung der europäischen Kaufmannskreise in Makassar zu sprechen, wäre sicherlich übertrieben, zumindest aber ist eine rückläufige Bedeutung festzustellen. Makassar war für den europäischen Privathandel großen Stils nicht mehr interessant genug, wobei einige Anteile am Handel dieser Größenordnung in die Hände der chinesischen Konkurrenz übergegangen sein dürfte. Hinsichtlich der Nationalität der eingesetzten nachodas lassen sich Konzentrationsprozesse beobachten. Man sollte annehmen, daß gerade die Makassaren und Bugis von den ortsfremden Handelsnationen auf Grund ihrer seefahrerischen Qualifikation und ihrer Ortskenntnis bevorzugt als Schiffsführer beschäftigt wurden. In der Realität spielten sie jedoch in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Die beiden Nationen mit dem höchsten Anteilen abhängiger nachodas an ihren Fahrten beschäftigten nur in den ersten Beispielsjahren makassarische Kapitäne. Bei den Chinesen kamen auch einige Bugis-Kapitäne hinzu, während europäische Schiffseigner ausgerechnet die Ethnie mieden, die neben den nur nebulös wahrgenommenen Bajau über die größte nautische Kompetenz verfügten. Trotz des Bündnissen mit einigen Bugis-Staaten wie Boné und des engen Zusammenlebens in SüdSulawesi scheint das Grundmißtrauen der Europäer dieser Nation gegenüber außerordentlich stark geblieben zu sein. Kaum anders dürfte dies im Falle der Makas-
saren gewesen sein. Auch die Chinesen hatten offenbar gute Gründe, auf die Spezialkenntnisse dieser Nationen bald zu verzichten. Schon in der ersten Überlieferungsperiode setzten sie neben Landsleuten nur noch nachodas europäischer Herkunft ein. Bei dieser Gruppe abhängig beschäftigter Schiffskapitäne dürfte die Situa-
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tion vergleichbar zu derjenigen in Java gewesen sein. Europäische nachodas in fremden Diensten waren häufig ehemalige VOC-Angestellte aus den unteren Rängen; Bedienstete der höheren Ränge zogen es vor, Karriere innerhalb der Kompanie zu machen. Von den 51 europäischen nachodas, die Gerrit J. Knaap in seiner Analyse der javanischen Hafenmeisterlisten identifizieren konnte, hatten 22 eine KompanieVergangenheit als einfache Seeleute oder Quartiermeister, 14 kamen vom Militär und acht stammten aus der Administration der VOC.284 Auch bei den europäischen Eignern kam es zur Konzentration. Im wesentlichen wurden nur andere Europäer als Kapitäne beschäftigt, darüber hinaus am ehesten noch Chinesen. Anfangs waren unter den nachodas auch zahlreiche mardijker, die jedoch in der Registrierung bald unter den Kompanie-Untertanen verschwanden, die interessanterweise von niemandem beschäftigt wurden. Kompanie-Untertanen blieben als Seefahrer offenbar lieber klein, aber selbständig. Für Makassaren und Bugis, wenn sie denn einmal fremde nachodas einsetzten, blieb die eigene Nation stets vorrangig. Die wenigen Ausnahmen von dieser Regel lassen keine ethnischen Präferenzen erkennen und waren offenbar von anderen Kriterien als Ortkenntnis und regionaler Nähe bestimmt. Gleiches gilt für die malaiischen Schiffseigner. Auf Java war es die Regel, daß Eigner, die ihr Schiff nicht selbst führten, bevorzugten Landsleute als nachodas beschäftigten. Ausnahmen bildeten die Javaner, die häufig Malaiien beschäftigten, und die Bürger, welche einheimische, javanische Kapitäne bevorzugten.285 Die grundlegende Tendenz bestätigt sich auch in Makassar, allerdings waren es dort die erwähnten Ausnahmen nicht zu finden. Die Europäer vertrauten den einheimischen sulawesischen Nationen nicht im gleichen Maße wie den javanischen, die bekanntlich auch im militärischen Bereich eine wichtige Rolle spielten. Und die einheimischen Nationen hatten auf Grund ihres eigenen Hintergrundes wahrscheinlich keinen besonderen Bedarf an nachodas fremder Nationen, zumal die von den Javanern bevorzugten Malaiien in weitaus geringerer Zahl vor Ort waren und eine relativ geschlossene Gemeinschaft bildeten.
284 KNAAP, Shallow Waters, 62. 285 Ebd., 76.
V. Makassar - Emporium beschränkter Reichweite Zur Einordnung der Hafenstadt Makassar in die indonesische Handelswelt des 18. Jahrhunderts stehen synchrone Vergleichsmöglichkeiten auf Grund der Forschungslage und des Standes der Quellenerschließung nur in sehr eingeschränktem Umfang zur Verfügung. Der Versuch der Gegenüberstellung eines konkurrierenden, jedoch frei gebliebenen Emporiums soll im nachfolgenden Kapitel skizziert werden. Auch dies ist jedoch nicht auf gleicher Ebene möglich. Längsschnittuntersuchungen auf ähnlicher Quellengrundlage wie die vorliegende Studie liegen bislang nicht vor. Über die Einbeziehung Banjarmasins auf Kalimantan hinaus erlauben die jüngst von Gerrit J. Knaap aufgenommenen javanischen Hafenmeisterlisten eine gewisse Vergleichsmöglichkeit, die im vorangegangenen bereits genutzt wurde und hier auf allgemeiner Ebene abgerundet werden soll. Die Zahl der Schiffsbewegungen in Makassar schwankte zwischen knapp über 300 (1727/28: 331, 1777/78: 327), rund 400 (1730/31: 419, 1733/34: 412) und über 500 (1717/18: 546, 1722/23: 550, 1767/68: 543, 1772/73: 598, 1781/82: 534, 1787/88: 512). Insgesamt kann von einer gewissen Konstanz gesprochen werden, zumal letztendlich weder ein Aufwärtstrend noch ein Verfall zu beobachten ist. Der Gesamtdurchschnitt der Beispielsjahre beträgt 477,2 Schiffsbewegungen, der ausgewählten Jahrgänge des zweiten Überlieferungszeitraumes 502,8 Schiffsbewegungen. Letzterer kann beim Vergleich mit Java zugrundegelegt werden. Nach den Angaben aus Java für die Zeit von 1774 bis 1777 können dort grob vier Gruppen gebildet werden: Städte mit deutlich unter 500 Schiffsbewegungen pro Jahr, Städte mit mehr als 500, aber weniger als 700 Schiffsbewegungen pro Jahr, Städte mit knapp 800 bis 1.000 Schiffsbewegungen, sowie Städte mit deutlich über 1.000 Schiffsbewegungen.286 Allein hinsichtlich der privaten Schiffsbewegungen wäre Makassar mit der zweiten Gruppe, mit Städten wie Bangkalan, Pekalongan oder Cirebon, vergleichbar. An früherer Stelle wurde Makassar jedoch mit der vorletzten Gruppe gleichgesetzt, die zwischen 800 und 1.000 Fahrten im Jahr aufwies. Dies entspricht zwar nicht dem Schiffsverkehr in den 1770er Jahren, erscheint jedoch auf Grund vergleichbarer Zentralität im indonesischen Städtegefüge zur Zeit der VOC 286 Erste Gruppe: Banyuwangi: 163; Pasuaran: 144; Jepara: 139; Tegal: 343. Zweite Gruppe: Bangkalan: 529; Pekalongan: 595; Cirebon: 671. Dritte Gruppe: Sumenep: 790; Juwana: 859; Banten: 825; Surabaya: 941; Gresik: 959; Rembang: 985. Vierte Gruppe: Semarang: 1.681; Batavia: >1.487 (alle Daten aus KNAAP, Shallow Waters, 45).
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gerechtfertigt. Die Frage nach der Zentralität erlaubt sicherlich auch einen gleichrangigen Vergleich mit Semarang, auch wenn diese Stadt der alten Handelsmetropole Makassar in merkantiler Hinsicht den Rang deutlich abgelaufen hatte. In wesentlichen Gütergruppen konnte die sulawesische Metropole nicht mehr an die Mengen und an die Streuung des Absatzes an ihre javanischen Konkurrenten heranreichen. Dabei handelte es sich teils um Sphären, in denen Makassar zumindest theoretisch konkurrenzfähig hätte sein können, wie Reis, Salz oder Textilien, teils um solche, in denen die javanischen Städte als Exporthäfen von Plantagenprodukten aus dem eigenen Hinterland wie Tabak oder Zucker Standortvorteile hatten.287 Makassar konnte in dieser Hinsicht nur auf Reis setzen. Hinsichtlich komparativer Betrachtungen scheint sich ein weiterer synchroner Vergleich anzubieten: der Vergleich des privaten mit dem „offiziellen“ Sektor, das heißt mit dem Sektor der VOC. Dieser wurde, wo er tatsächlich auf der Hand liegt, im Vorangegangenen bereits angestellt. Insbesondere gilt dies für den Bereich des Textilhandels. Darüber hinaus bleibt dieser Vergleich jedoch zumeist unergiebig, da der Privathandel und der Warenumschlag der Kompanie sehr unterschiedlich strukturiert waren. Selbst im Textilhandel hat sich gezeigt, daß nur bei wenigen spezifischen Tuchsorten eine tatsächliche Konkurrenzsituation zwischen Kompanie und Privatiers bestand. Neben dem unterschiedlichen Zugang zu Handelssphären ist die Hauptursache für diesen Befund in der Rolle zu suchen, die Makassars für die VOC spielte. Schon die Besetzung der Stadt diente nicht vorrangig der Eroberung eines Anteils am Gesamthandel des Hafens. Und auch die Funktion, welche Makassar im Gesamtgefüge des VOC-Systems zugewiesen wurde, war eine gänzlich andere als die eines Emporiums. Lohnender erscheint der diachrone Vergleich mit den Verhältnissen in Makassar vor der Eroberung, vor allem in drei Themenbereichen: (1) die geographische Reichweite des makassarischen Privathandels, (2) die Handelssphären, aus denen sich dieser Handel zusammensetzte, und (3) die daran beteiligten Gruppen. (1) Der private Handel Makassars erlebte im Verlauf des 18. Jahrhunderts eine fortwährende Einschränkung seiner Reichweite. In den ersten Beispieljahren scheinen noch Kontake auf, die bis nach Sumatra und in die Straße von Malakka reichten – Kontakte, die wie selbstverständlich zur Reichweite des Emporiums vor 1666 gehörten. Die damals noch üblichen, wenn auch auf Grund der Entfernung eher seltenen Kontakte zum südostasiatischen Festland sind für das 18. 287 Siehe ebd., 109ff. (Reis), 121ff. (Salz), 125ff. (Zucker), 129ff. (Tabak), 132ff. (Textilien) sowie Appendix 13.
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Jahrhundert schon nicht mehr nachweisbar und können allenfalls als indirekte Verbindungen vermutet werden. Ebenfalls aus der Reichweite direkter Kontakte verschwunden waren die Philippinen und die vorgelagerte Inselwelt Sulus. Über weite Strecken hatten die Verbote der VOC, die im Vertrag von Bongaya wurzelten, langfristige Wirkung, obwohl sich auch immer wieder zeigt, daß die Großzügigkeit in der Auslegung der Schaffung von Tatsachen durch Privathändler folgte. Die Entwicklung setzte sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts sogar noch fort. Zwar gingen keine weiteren Zielregionen für Makassar verloren, es kamen sogar einzelne bislang nicht angelaufene Inseln wie Komodo hinzu, aber eine Konzentration des offiziell registrierten Privathandels auf einen engeren Raum in größerer Nähe zu Makassar, insbesondere auf Sumbawa, ist nicht zu verkennen. Einzige Ausnahme stellte die wiederbelebte Verbindung nach China dar, die für Makassar eine besonders wichtige Rolle spielte. (2) Es ist müßig darauf hinzuweisen, daß die Handelssphären der Gewürze, welche Makassar erst für Europäer interessant machten, in der Zeit nach der Eroberung für die Stadt verloren waren. Wichtig ist, daß die meisten anderen Handelssphären weiterhin Bestand hatten. Dies gilt auch und insbesondere für den zweiten großen Bereich des überregionalen Handels, den Handel mit Textilien. Da es an verläßlichen Daten für das 17. Jahrhundert mangelt, können die Größenordnungen in dieser Sphäre nicht verglichen werden. Die absoluten Zahlen aus den Hafenmeisterlisten lassen vermuten, daß die Mengen insgesamt zurückgegangen waren. Dennoch blieb der Textilhandel stets ein wichtiges Tätigkeitsfeld sowohl für Privatiers als auch für die Kompanie. Andere bedeutende Sphären – zu denken ist hier vor allem an den Reishandel – blieben bestehen, änderten jedoch im Verlauf des 18. Jahrhunderts ihr Gesicht. Weitere wichtige Bereiche – hier ist vor allem vom Sklavenhandel die Rede – erlebten in diesem Jahrhundert sowohl einen Niedergang als auch am Ende eine Renaissance. Neben diesen vielfältigen Kontinuitäten ist schließlich noch darauf hinzuweisen, daß auch völlig neue Handelssphären in Makassar in Erscheinung traten, auch solche, die gerade dieser Kolonialstadt wichtige Funktionen eines Umschlagplatzes verliehen. Das herausragende Beispiel hierfür ist der Handel mit trepang. (3) Jeder Stadt, die von einer europäischen Ostindien-Kompanie unter ihre Kontrolle gebracht wurde, erlebte zunächst eine Sperrung für sämtliche europäischen Konkurrenten. Makassar bildete hierbei keine Ausnahme. Im Verlauf der Zeit lockerten sich solche Sperren häufig. So waren im Hafen von Batavia
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durchaus englische oder französische Schiffe zu finden. In Makassar blieben die europäischen Konkurrenten der Niederländer jedoch auf Dauer verschwunden. Für die übrigen Ostindien-Kompanien hatte die Stadt nach den Veränderungen im Molukkenhandel nichts Interessantes mehr zu bieten. Und das Verbot für die Portugiesen, ihren einst so zentralen Stützpunkt wieder aufzusuchen, wurde eisern aufrecht erhalten. Dafür hielten Gruppen in die Stadt und ihre Handelswelt Einzug, die in den Kontext der kolonialen Eroberung fielen. Die Niederlande waren nicht mehr nur durch ihre Kompanie vertreten, sondern auch durch eine Gruppe von Bürgern, deren Größe allerdings deutlich hinter derjenigen in anderen VOC-Städten zurückblieb. In diesen Zusammenhang gehörten auch die Mestizen als Nachkommen der niederländischen Bürger sowie die freigelassenen Sklaven, die sogenannten mardijker. Über diese Neuankömmlinge hinaus wies die ethnische Struktur des makassarischen Privathandels eine bemerkenswerte Kontinuität auf. Trotz aller Flucht- und Vertreibungsbewegungen blieben die sulawesischen Ethnien weiterhin präsent. Daß sie sich im Laufe des 18. Jahrhunderts mehr und mehr aus dem Hafen zurückzogen, hatte längst nichts mehr mit Vertreibungen zu tun. Die vor der Eroberung bestehenden Diasporagemeinden samt ihrer Selbstverwaltung blieben auch in der Kolonialstadt weitgehend bestehen. Die buginesischen Wajos hatten ihr eigenens Oberhaupt wie auch die Malaiien und natürlich die Chinesen, die größten Profiteure im Privathandel während der Kolonialzeit. Selbst die marginale Gruppe der islamischen indischen Kaufleute behauptete ihren kleinen Anteil am Handel. Auf der anderen Seite blieben diejenigen der Stadt fern, die auch vor der Eroberung in Makassar nicht vertreten waren. Insbesondere gilt dies für die im Malaiischen Archipel vielfältig aktiven Javanern. Und auch die benachbarten Mandhar waren nach wie vor nicht an einem Emporium Makassar interessiert. Die erhobenen Daten dienen nicht nur dem synchronen wie diachronen Vergleich, sondern zeigen bei aller Unvollständigkeit und Uneinheitlichkeit und trotz des Verfahrens, nur Beispieljahrgänge zu benutzen, Entwicklungen innerhalb des makassarischen Privathandels im Verlauf des 18. Jahrhunderts auf. Die Veränderungen in einzelnen Handelssphären wie dem Wandel vom Reisexporteur Makassar zum Reisimporteur oder der späten Teilhabe an einem durchkommerzialisierten Sklavenhandel, nachdem zu Beginn des Jahrhunderts noch traditionelle Sklaverei vorherrschte, müssen hier nicht mehr detailliert beschrieben werden. Wesentlich sind einige Haupttendenzen. Hierzu zählt die erwähnte zunehmende Verengung der –
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offiziell registrierten – geographischen Reichweite des Privathandel. Hier ist auf die zunehmende Bedeutung der chinesischen Händler hinzuweisen, ohne jedoch mißachten zu wollen, daß diese Gruppe im 18. Jahrhundert nie den Hafen von Makassar dominieren konnten. Hier ist der allmähliche Rückzug der einheimischen Ethnien, der Bugis und ganz besonders der Makassaren, aus ihrem „eigenen“ Hafen zu ergänzen. Und hier ist auf die Durchsetzung einheimischer Schiffstypen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hinzuweisen, die einherging mit dem Rückgang abhängig beschäftigter nachodas insbesondere bei chinesischen und europäischen Schiffseignern, die traditionell am häufigsten auf solche Spezialisten zurückgriffen. Eine zunehmende Europäisierung des Privathandels, eine Übertragung der politischen Machtsituation auf die ökonomische, läßt sich für Makassars nicht feststellen. Die Zahl der als Bürger verzeichneten Schiffseigner und Kapitäne ging sogar in der zweiten Jahrhunderthälfte zurück. Der Teil ihrer Nachkommen, der gegebenenfalls unter die Gruppe der Kompanie-Untertanen subsumiert worden war, schloß sich offenbar eher regionaltypischen Handelsstrukturen an. Insgesamt ist festzustellen, daß sich Bürger nicht grundsätzlich von einheimischen Händlern abhoben. Hinsichtlich des Schiffseinsatzes galt ihre größte Präferenz zwar nach wie vor den Schaluppen – trotz des erwähnten Übergangs zu ostindonesischen Schiffstypen auch bei Eurpäern –, doch handelt es sich dabei um kein besonders großes Fahrzeug. Hinsichtlich der Kleinheit und Wendigkeit befanden sich die Bürger also auch in nautischer Hinsicht viel näher am indigenen Handel als an europäischen Strukturen. Auch gehörten die verzeichneten Europäer nicht den merkantilen Eliten ihrer Heimat an. Reedereien oder große Handelshäuser aus Europa ließen sich hier nicht nieder, auch nicht mit Dependencen. Die im Warenhandel tätigen Bürger kamen nicht aus dem Bereich des großen niederländischen Kaufmannskapitals, sondern zumeist aus der VOC. Die Handelsstrukturen, die von Makassar ausgingen, wurden also nicht in dem Sinne europäisiert, daß sich aus Europa bekannte Strukturen nach Südostasien ausdehnten, um dort am lukrativen Handel Anteil zu haben. Zu Beobachten ist zumindest im vorliegenden Fall nur eine Beteiligung am bestehenden regionalen Handel von Europäern, die sich sowieso schon, auch aus anderen Gründen, in Asien aufhielten. Makassar war auch im 18. Jahrhundert, auch unter der Kontrolle der VOC, ein Knotenpunkt des Handels geblieben. Nicht nur der Warenumschlag der Kompanie fand in ihrem Hafen statt, sondern auch ein reger Privathandel. Dieser hatte seine ethnische Vielfalt zumindest in Hinsicht auf asiatische Handelsnationen weitaus
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beibehalten, und die Zusammensetzung der Handelssphären behielt ihre beachtliche Vielfalt, auch wenn wesentliche Bereiche des Emporiumhandels aus der Zeit vor der Eroberung verloren gegangen waren. Nicht zuletzt dank der Chinesen und der Verbindung nach Fukien verband Makassar nach wie vor in einigen dieser Sphären den Warenaustausch auf der dritten, der regionalen Handelsebene mit dem überregionalen Handel. Insofern war der Stadt auch im 18. Jahrhundert die Funktion eines Emporiums geblieben. Allerdings handelte es sich, im wesentlichen durch den aggressiven Einfluß der niederländischen Kompanie, um ein Emporium beschränkter Reichweite und – im Vergleich mit dem Gesamtarchipel – von zweitrangiger Bedeutung.
Siebtes Kapitel
Banjarmasin und die Europäer
„Oud-Banjermassing – Het ligt op Zuider breedte 3° 20’, omstreeks 115 mijlen van Batavia, in Martapoera, werwaarts de koning naderhand door het ruineren van Oud-Banjermassing gevlugt was 18 mijlen opwaarts van daar. De rivier daar voorbij in zee vloeijende is 20 mijlen lang, vrij voor de stad kunnen zeilen, doch een bank voor de rivier, met gewoon tij, twee vadem water.“ (Johann von HOHENDORFF, 1757) „Om datze in dit rijk dat men wel gerustelijk de hoofdzetel noemen mag van alle de oostensche morshandelaars, bestaande uijt Baliers, Blitonders, boutonders, Cerammers, Macassaren etc. veel tijds voor geringe prijsen konden bekomen groede parthijen van nagulen, notenmuschaten, foelie, tin, wilde, canneel, en slaven tot groot nadeel vand E. Comp.“ (Reinier de KLERK, 1757)
I. Banjarmasin bis zum 17. Jahrhundert Erstmals hörten die Niederländer 1596 in Banten von der Existenz einer Hafenstadt namens ‚Bandermachin’. In dieser Stadt sollte Schiffbau betrieben werden und einfache Produkte wie getrockneter Fisch, Reis, Honig oder Kampfer verkauft werden. Nur wenig spätervermeldete ein Bericht über Borneo zwei Handelsstädte – „Banjarasin en Lave“ –, in welchen die in Makassar ansässigen Malaiien Handel trieben. Die Rede ist von Reisimporten und dem Export von Sklaven, Rattan und Rattanmatten; der Kontakt nach China wird ebenso angesprochen wie der regelmäßgige Handel der Portugiesen mit Kampfer, Diamanten und Bezoarsteinen.288 Allein der Handel mit Pfeffer wird in diesen frühesten europäischen Zeugnissen nicht erwähnt. Offenbar war gegen Ende des 16. Jahrhunderts den Europäern noch nichts vom Pfefferreichtum dieser Region bekannt; und offenbar spielte Banjarmasin noch keine prominente Rolle als Emporium. Dies sollte sich jedoch schon in den folgenden Jahrzehnten ändern. Banjarmasin wurde eine Handelsmetropole, die zwar nicht an Batavia, Malakka, Banten oder Makassar heranreichen konnte, jedoch als Warenumschlagplatz in diversen Handelssphären und als bedeutender Exporthafen für Pfeffer eine wichtige Rolle im Archipel und auch darüber hinaus spielen konnte.
1. Die Entwicklung des Sultanats
Vorgeschichte und ethnischer Rahmen Banjarmasin geht wahrscheinlich auf eine Ansiedlung zurück, die im 14. Jahrhundert im Zuge der Indisierung des Malaiischen Archipels gegründet wurde.289 Wie auch Brunei oder Kutai hatte die Kultur Banjarmasins hindu-buddhistische Wurzeln. Diese beruhten allerdings nicht auf unmittelbaren Kontakten zum indischen Subkontinent, sondern waren über die ältesten indisierten Staaten des Malaiischen Archipels transportiert worden.290 Im 14. Jahrhundert stand der Südosten Kalimantans unter der Vorherrschaft Majapahits, folgt man der Aufzählung der tributpflich288 CENSE, Kroniek, 92. 289 VEN, Rijk Bandjermasin, 93. 290 KING, Peoples, 104, 109; KNAPEN, Forrests, 64.
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tigen Länder im Nagarakrtagama, dem Hofepos von Majapahit. Zuvor hatte die Region unter der Kontrolle des bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts mächtigen Sultanates Brunei gestanden. Eine eigenständige politische Bedeutung hatte sie zu dieser Zeit vermutlich noch nicht. Erste regionale Staatsgründungen, so die eigene banjaresische Chronistik, die als einzige Quelle hierfür zur Verfügung steht, in den Verlauf des 14. Jahrhunderts.291 Der Staat Negara Dipa wurde an einem ebenso fruchtbaren wie klimatisch günstigen Ort gegründet. Auch eine wirtschaftliche Grundlage für den jungen Staat war gegeben, da bereits auswärtige Händler dort verkehrten. Zudem lag der Ort in sicherer Entfernung von den gefürchteten, kopfjagenden Dayak-in den Wäldern. Diese Keimzelle des späteren Banjarmasin, die weiterhin in tributärer Abhängigkeit zum hinduistischen Großreich Majapahit stand, war eine auswärtige Gründung und keine Manifestation der austronesischen Dayak-Kultur. Es wird davon ausgegangen, daß hier bereits im 14. Jahrhundert Malaiien aus Sumatra und von der Malaiischen Halbinsel wie auch Inder aus Koromandel verkehrten.292 Auch im Südosten Kalimantans dienten Handelsverbindungen als Kulturvermittler und wirkten sogar kulturbildend. Zu den Indern und Malaiien traten in den folgenden Jahrhunderten noch diverse indonesische Nationen, allen voran die Bugis, aber auch Makassaren oder Javaner, die sich hier vielfach auch ansiedelten. Aus ihnen entwickelte sich eine Mischkultur, die je nach Region unter Bezeichnungen wie Brunei-Malaiien oder Banjar-Malaiien für die Küsten und küstennahen Flußläufe Kalimantans charakteristisch ist. Der Begriff Banjar-Malaiien für die Region Banjarmasins steht ohne weitergehende ethnische Spezifizierung für vorwiegend muslimische Zuwanderer aus Indonesien oder Malaysia, die sich in ihrer Mehrheit vom Handel geringer Reichweite, vom Fischfang und vom Reisanbau ernährten.293 In zunehmenden Maße stellten sie die wirtschaftliche Elite der Region und kontrollierten bald den Pfefferanbau im Landesinneren, der erst durch sie zu einem exportorientierten Wirtschaftszweig weiterentwickelt wurde. Die Dayak-Gruppen, auf welche sie bei ihrer Expansion trafen, wichen nur partiell vor ihnen zurück. Teilweise kam es zur friedlichen Koexsistenz, teilweise auch zu Vermischungen. Viele Dayak siedelten sich an den Küsten an, wo sie den muslimischen Glauben und die malaiische Lebensweise übernahmen. Solche Dayak machten einen Großteil der Banjaresen aus.294 Eine kla291 292 293 294
re Grenzziehung zwischen diesen malaiisierten Dayak und den ursprünglich zugewanderten Banjar-Malaiien erscheint kaum möglich und wurde auch in den europäischen Zeugnissen des 17. und 18. Jahrhunderts nicht unternommen. Eine Stadt Banjarmasin existierte in dieser frühen Zeit der politischen Entwicklung noch nicht. Diese entstand erst in der Folge langanhaltender Thronstreitigkeiten in Negara Dipa. Eine dieser Auseinandersetzungen führte Ende des 15. Jahrhunderts zur Neustrukturierung des Staats. Die siegreiche Partei etablierte eine Dualität aus der neuen Hauptstadt Negara Daha und einer Handelsmetropole in Marabahan, die einen aufsteigenden Außenhandel und die Ansiedlung einer Vielzahl am Kommerz beteiligten Ethnien erlebte. Erneut aufflackernde Thronstreitigkeiten zu Beginn des 16. Jahrhunderts führten zu einer Gegengründung durch den pangeran Samudra, die sich als wirtschaftlich noch erfolgreicher Erwies: Banjarmasin. Mit Hilfe des javanischen Sultanates Demak konnte Samudra die Auseinandersetzungen für sich entscheiden und den Thron nach Banjarmasin transferrieren.295
Banjarmasin und der Islam Nach den einheimischen Quellen läßt sich die Islamisierung Banjarmasins nur ungenau datieren. In der banjaresischen Chronik Hikayat Banjar, die naturgemäß als erste Quelle für eine solche Frage herangezogen wird, findet Suriansjah als erster islamischer Herrscher Erwähnung. Die Islamisierung Banjarmasins muß demnach in der Zeit seiner beiden unmittelbaren Vorgänger stattgefunden haben. Über diese Herrscher ist jedoch nichts bekannt, das als historisch gesichert gelten könnte. Abraham Cense schließt aus den Darstellungen des Hikayat Banjar auf eine Islamisierung der Region in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.296 Die neuere Forschung bringt die Islamisierung Banjarmasins unmittelbar mit dem ersten historisch gesicherten muslimischen Herrscher in Verbindung.297 Damit steht sie im Zusammenhang mit der eigentlichen Gründung Banjarmasins als neuem Herrschaftssitz und Handelszentrum. Pangeran Samudra suchte in den kriegerischen Auseinandersetzungen, die seiner Stadtgründung folgten, auswärtige Hilfe. Er fand sie in dem muslimischen Sultanat Demak auf Java, dessen Soldaten ihn bei der Abwehr konkurrierender pangerans und bei der Besteigung des Throns erfolgreich unterstützten. In diesem Zusammenhang, so die gängige Schlußfolgerung, adaptierte 295 Ebd., 65-67. 296 CENSE, Kroniek, 107. 297 Siehe v.a. KING, Peoples, 124; KNAPEN, Forrests, 66/67.
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der neue Sultan und seine Eliten den Glauben des Verbündeten. Aus dem Herrscher Samudra wurde Sultan Surian Allah oder Suriansjah. Die darauf folgende Islamisierung weiterer Bevölkerungskreise fand nach dieser Auffassung um 1530, spätestens jedoch bis Ende der 1590er Jahre statt. Eine andere Sichtweise setzt eine tiefgreifende Islamisierung des neuen Sultanates erst für den Beginn des 17. Jahrhunderts an, als unter Suria Angsa ein neues prosperierendes Zeitalter anbrach. In seiner Regierungszeit setzte sich nicht nur der Islam als vorherrschende Religion durch; es blühte auch der Handel mit Europäern, Javanern, Chinesen, Malaiien, Bugis und Arabern. Banjarmasin wurde endgültig zu einer Handelsmetropole, in der sich Diasporagruppen etablierten, während der Regierungssitz nach Martapura verlegt wurde.298
Ein instabiles Sultanat? Die inneren Unruhen im Sultanat fanden mit der Gründung Banjarmasins kein Ende. Abraham Cense sah sich bei seiner Beschäftigung mit dem Hikayat Banjar zu dem Stoßseufzer veranlaßt: „De dynastieke twisten schenen in Bandjarmasin chronisch te zijn.“299 Die VOC beobachtete solche Vorkommnisse im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr genau, um nicht von Entwicklungen überrascht zu werden, die sich für ihre Position negativ auswirken konnte. Die Grundzüge banjaresischer Innenpolitik fanden auf diese Weise ihren Weg bis in die Generalen Missiven, als 1664 der Putsch gegen Pangeran Ratu, der von 1642 oder 1643 bis zu seiner Absetzung 1663 in Banjarmasin regierte, nach Europa germeldet wurde.300 Sein Thronverlust zeigte nicht nur die keineswegs unangefochtene Position der banjaresischen Sultane, sondern vor allem, daß die Dualität aus Sultan und Reichsverweser (panambahan) zusätzlich eine stabilitätsgefährdende Konkurrenzsituation darstellte. Sultan Ratu folgte Suria Nata, der seine Residenz wieder von Martapura nach Banjarmasin verlegte. Auf der Ebene unterhalb des neuen Sultans gingen die Auseinandersetzungen gleichwohl weiter.301 Die VOC setzte ihre Hoffnungen schließlich auf einen jüngeren opponierenden Bruder des Regenten, Marta Nagara, da sie eine ruhige und stabile Situation brauchte, um sich erfolgversprechend im banjaresischen Pfefferhandel etablieren zu können. Diese Hoffnungen wurden jedoch vorerst enttäuscht, wie die nächsten niederländischen Erkundungen vor Ort zeigen sollten. In seinem Reisebericht von 298 299 300 301
VEN, Rijk Bandjermasin, 95. CENSE, Kroniek, 100. Generale Missiven III, 4.8.1664, 466. Ebd., 25.1.1667, 535.
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1691 entwarf Jacob Jansz. de Roij ein Bild des Niedergangs und der Verwahrlosung in Banjarmasin.302 Ein solches Urteil war allerdings eine Frage der Perspektive. Für die niederländischen Beobachter wirkte die aus leichten Hütten bestehende Stadt, die sich ohne Befestigungsanlagen am Ufer des Flusses und am Rande des Urwaldes entlangzog, stets heruntergekommen und arm. Diese Einschätzung rührte von Maßstäben, die entweder auf europäischen Erfahrungen oder auf der Kenntnis gut befestigter Küstenstädte wie Batavia, Malakka, Makassar, Banten oder Aceh beruhten. Weder der prosperierende Handel noch die Attraktivität für andere Asiaten entsprachen dem Urteil der Europäer. So siedelte sich im frühen 17. Jahrhundert eine nicht unbedeutende Gruppe Javaner aus den Städten der Nordküste in und um Banjarmasin an, als ihnen die Übergriffe Matarams unerträglich wurden.303 Spätestens im Jahr 1643 muß auf dieser Grundlage eine javanische Gemeinde in Banjarmasin bestanden haben, schickte diese doch in Anerkennung der neuen Machtverhältnisse auf Java einen Abgesandten nach Mataram, um dem dortigen Herrscher zu huldigen.304
Banjarmasin als Fluchtziel Gerne wird in der westlichen Literatur betont, daß der Aufstieg einer asiatischen Stadt erst durch den von den Europäern hervorgerufenen Rollenwechsels einer anderen Stadt möglich wurde. Es scheint beinahe so etwas wie eine sekundäre Form des Eurozentrismus zu geben: Auch wenn die Perspektive bewußt weg von den europäischen Aktivitäten hin zu den asiatischen Entwicklungen verlagert wird, muß doch geradezu zwanghaft die Ursache für tiefgreifende Veränderungen wiederum in den Tätigkeiten der Europäer gesucht werden. Daß die Ursache für den exportorientierten Gewürzanbau ausschließlich in der Nachfrage der neu erschienen Europäer gesehen wird, ist eines des besonders auffälligen Beispiele; das Schicksal des Emporiums Malakka auf der Malaiischen Halbinsel als Erklärung für die Entwicklung anderer indonesischer Städte ein anderes. Auch die Entwicklung in Südost-Kalimantan wird auf diese Weise in Zusammenhang mit der Eroberung Malakkas durch Albuquerque im Jahr 1511 gebracht.305 Solche versteckt eurozentrischen Interpretationen sehen den Aufstieg 302 303 304 305
ROIJ, Hachelijkee reistogt, passim. DAS GUPTA, Maritime Trade, 263. CRAWFURD, History II, 523. KING, Peoples,125, 136; MEILINK-ROELOFSZ, Asian Trade, 101.
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Banjarmasins ursächlich in der Verlagerung der chinesischen Interessen aus Malakka hierhin begründet, welche durch die portugiesische Eroberung erzwungen wurde, und betonen den allgemeinen Zusammenhang der positiven Konjunktur im banjaresischen Handel mit den Flucht- und Auswanderungsbewegungen aus Malakka. Parallel hierzu werden auch die vermeintlichen Vertreibungen nach dem niederländischen Sieg über Goa-Tallo und der Eroberung Makassars in Bezug auf Banjarmasin interpretiert. Der Flucht von Bugis nach Banjarmasin folgt dann logisch auch die Verlagerung der merkantilen Funktionen Makassars dorthin.306 Chinesen und Malaiien flohen nach der Eroberung Malakkas 1511 nach Banjarmasin, Portugiesen nach Makassar; nach dem Fall Makassars 1669 flohen Bugis und Makassaren ebenfalls nach Banjarmasin. Doch alle diese Nationen trieben längst einen intensiven Handel in diesen Städten. In der Regel bestanden entsprechende Handelsdiasporas in den Hafenstädten, die eine wesentliche Säule des Handels der jeweiligen Nation bildeten. Auch andere Diasporagruppen siedelten dort. Andererseits lassen sich Zahlen von Flüchtlingen, die solche Strukturen außerordentlich verstärkt haben sollen, nicht genau feststellen, angeführte Zahlen nicht verifizieren. Gerade für Banjarmasin ist dies angesichts der vorliegenden Quellen besonders schwierig. Es bleibt also die Frage, ob sich wirklich ökonomisch relevante Flüchtlingsscharen neu ansiedelten, oder eher von sowieso schon bestehenden Ansiedlungen die Rede ist. Sicherlich läßt sich auch für Banjarmasin ein funktionaler Wandel im Zuge der europäischen Eroberungen feststellen, und sicherlich ist ein solcher Funktionswandel ernster zu nehmen als die immer wieder angeführten Behauptungen, daß ganze Bevölkerungsgruppen in eine neue Stadt zogen.
2. Die wirtschaftliche Entwicklung
Wirtschaftliche Grundlagen Banjarmasin profitierte in erster Linie von den eigenen günstigen Rahmenbedingungen – zumindest mehr als von der Aktivitätsverlagerung fremder Nationen, die ohne sie der entscheidenden Grundlage entbehrt hätten. Der erste Faktor der positiven Rahmenbedingungen war der natürliche Reichtum der Region. Im Hinterland 306 HALL, Textile Industry, 126/127.
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der Hafenstädte gedieh in großen Mengen der sowohl in China wie in Europa heiß begehrte Pfeffer. Die verfügbaren Mengen reichten aus, um weite Bereiche Kalimantans zu interessanten Alternativen für die ursprünglich von den Europäern angelaufenen Anbaugebiete werden zu lassen. Daneben konnte die Region reiche Bodenschätze wie Gold, Eisen, Diamanten und Steinkohle bieten.307 Eine industrielle Ausbeutung solcher Vorkommen war im Zeitalter der Handelskompanien noch nicht möglich, doch machte dies die auf traditionelle Weise gewonnenen geringen Mengen auf dem Markt noch lukrativer und – zum Vorteil des Handelsplatzes – noch teurer. Neben solchen Produkten, die vor allem für Langstreckenhändler interessant waren, herrschte ein Überfluß an Waldprodukten, die im regionalen Handel eine wichtige Rolle spielten. An deren Spitze standen Rattan, Wachs und Edelhölzer. Als Alexander Dalrymple im 18. Jahrhundert die Region bereiste, schilderte er diesen Reichtum am Beispiel des Keeney-Balloo-Sees, bei dem es sich wahrscheinlich um den See Riamkanan im Südosten Banjarmasins handelt, der durch den Fluß Banjarmasin mit der Stadt verbunden ist. Als Produkte des Distrikts führt er Sago, Reis, Betelnüsse, Kokosöl, Wachs, Kampher, Pfeffer und Zimt an. Am Ufer eines der Flüsse des Distrikts, des Tampassoole, befand sich zudem eine Goldmine. In der Umgebung dieses Flusses wurde mit großen Überschüssen Paddy produziert.308 Die geographischen Begebenheiten machten den zweiten Faktor der günstigen Rahmenbedingungen aus. „Oud-Banjermassing – Het ligt op Zuider breedte 3° 20’, omstreeks 115 mijlen van Batavia, in Martapoera, werwaarts de koning naderhand door het ruineren van Oud-Banjermassing gevlugt was 18 mijlen opwaarts van daar. De rivier daar voorbij in zee vloeijende is 20 mijlen lang, vrij voor de stad kunnen zeilen, doch een bank voor de rivier, met gewoon tij, twee vadem water.“309
Zum einen lag Banjarmasin in Zentrum des Malaiischen Archipels und war von allen großen Handelszentren wie auch von den wichtigsten ‚cash-crop’ produzierenden Regionen gleichermaßen günstig zu erreichen. Auch für Schiffe aus China war Banjarmasin ein günstigerer Anlaufpunkt als entfernt gelegene Inselgruppen des Archipels, wenn auch nicht der allergünstigsten. Zum anderen stellte die von den Europäern, deren große Schiffe die seichten Binnengewässer der Insel nicht befahren konnten, gerne als ungünstig dargestellte Lage am Fluß eigentlich einen Vorteil dar. Südost-Kalimantan verfügte über ein ausgezeichnetes Binnentransportnetz, das auf seinen zahlreichen Flußläufen basierte. Diese boten eine größere Kapazität und 307 VEN, Rijk Bandjermasin, 110. 308 DALRYMPLE, Plan, 50. 309 HOHENDORFF, Beschrijving, 160.
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Schnelligkeit an als die Möglichkeiten des Binnentransportes auf der Südhalbinsel Sulawesis, der im wesentlichen auf den Landweg zurückgreifen mußte. Die niederländische Expedition nach Banjarmasin von 1711 beschrieb den Zugang zum Emporium als schlecht, da die Stadt mehrere Meilen flußaufwärts läge, während bereits die Flußmündung von Sandbänken durchzogen würde.310 Aus Sicht der Niederländer eine verständliche Einschätzung, lief sie doch gleich zweimal auf den Sandbänken auf, bevor sie sich den Fluß entlang zum Hafen vortasten konnte. Für indonesische nachodas in ihren verschiedenen prahu-Typen handelte es sich jedoch nur um eine zusätzliche Wasserstraße zu einem relativ sicher im Landesinneren gelegenen Hafen. Als weiterer Faktor der Rahmenbedingugnen ist schließlich die eigene handwerkliche Produktion nicht zu verachten. Seit der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts waren metallurgische Produktionsverfahren in der Region bekannt.311 Wichtiger noch waren der handwerkliche Umgang mit dem Rattan, wovon für den Export vor allem Matten geflochten wurden, und die Weberei. Der arbeitsteilige Herstellungsprozeß hochwertiger Baumwollstoffe war in Banjarmasin traditionell bekannt.312 Die Produkte standen auch dem Export zur Verfügung, spielten für ihn jedoch nur eine marginale Rolle. Vor allem Frauen befaßten sich mit der Weberei. Hier kam eine geschlechterspezifische Arbeitsteilung zum Tragen, die im Hikayat Banjar dadurch symbolisiert wird, daß die Männer für den Sultan einen Palast bauten, während ihre Frauen spannen, webtern oder färbten. Die einheimischen Textilien hatten allerdings keinen leichten Stand auf dem Markt von Banjarmasin. Indische, teilweise auch indonesische oder sogar europäische Textilien, die in großen Menge importiert wurden, übten einen starken Einfluß aus. Das Hikayat Banjar weiß aus dem 17. Jahrhundert zu berichten, daß Jung und Alt aufgehört hatten, sich in traditioneller Weise zu kleiden. Statt dessen bevorzugten sie die neuesten importierten Moden. Dies veranlaßte den Herrscher zu dem Erlaß, daß es niemanden mehr erlaubt wäre, durch die Kleidung die Malaiien oder Holländer, die Chinesen oder Siamesen, die Acenesen, Makassaren oder Bugis zu kopieren. Vielmehr sollte man sich wie Javaner kleiden, schließlich hätte man in der Tradition Majapahits ein eigenen Staatswesen gegründet.313
Außenhandel Ein besonderes Augenmerk verdient der Wissensstand der Niederländer über Südost-Kalimantan im 17. Jahrhundert, schließlich wurden auf dieser Grundlage in den ersten Jahrzehnten des folgenden Jahrhunderts neue Versuche initiiert, Handelskontakte nach Banjarmasin aufzubauen. Das zentrale Exportgut Banjarmasins war im allgemeinen und mehr noch aus europäischer Sicht der Pfeffer. Nach Kenntnis der Niederländer ging der aus Banjarmasin verschiffte Pfeffer in den ersten Jahrzehnten zumeist nach Cochin-China oder über Makassar zu den Philippinen.314 1656 ging der aus Banjarmasin verschiffte Pfeffer vorrangig via Makassar nach Macau;315 1660 war das Ziel zumeist Makassar.316 Jacob Jansz. de Roij berichtet 1691 von der Ausfuhr mehrerer tausend pikul durch englische, portugiesische, holländische und spanische Schiffe, chinesische Junken und einheimische Fahrzeuge, die gegen Leinwand, Salz, Reis und vor allem gegen spanische Real getauscht wurden.317 Nicht nur durch eine erste eigene Faktoreigründung, die Anfang des 17. Jahrhunderts kurzlebig und erfolglos blieb, verfügten die Niederländer über Grundkenntnisse des banjaresischen Marktes; auch in der Zeit danach blieben sie zumindest ansatzweise informiert. So war über das ‚was’ und ‚wer’ des Handels hinaus bekannt, daß der Handel im Hafen Banjarmasins nicht gänzlich unreglementiert war, daß vielmehr sogar ganze Gruppen davon ausgeschlossen werden konnten.318 Auch die wichtige Rolle des Hofes von Banjarmasin innerhalb des konkreten Handelsablaufes war nicht unbekannt: „[In Banjarmasin] schijnt hat afcomen van den peper ok seer verhindert te worden, doordien de Pangeran cael ende behoeftig sijnde, die door sijn volck, dat tot dien eynde afgesonden wordt, in ‘t gebergte laet opcopen ende de arme luyden tot een seer lagen prijs afnemen om die dan met sooveel advance aen de Comp.e te leveren, hetwelk oorsaek is, dat de luyden haer peper achterhouden ende niet te voorschijn brengen, een lelijke schrobberij van die Vorst sijnde, doch hetselve en is de Comp.e evenwel soo nadeeligh niet, dan dat de peper nae andere plaetsen soude worden vervoert.“ 319
Irgendwo im Bereich zwischen Wissen, Vermutung und Vorurteil bewegten sich die Informationen, die in VOC-Kreisen bezüglich des molukkischer Gewürzhandels in Banjarmasin kursierten. Vor der Eroberung Makassars ging die Kompanieführung in Batavia davon aus, daß Fahrten „zonder passen“ von Banjarmasin nach Makas314 315 316 317 318 319
HOHENDORFF, Beschrijving, 161. Generale Missiven III, 16.12.1656, 284. Ebd., 16.12.1660, 323. ROIJ, Hachelijkee reistogt, passim. Generale Missiven III, 22.4.1662, 398. Ebd., 21.12.1663, 455.
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sar führten, um von dort unter anderem nach Buru, Seram, Manipa, Kelang, SeramLaut, Tidor oder Halmahera fortgesetzt zu werden. Ziel dieser Reisen war es, an den molukkischen Gewürzhandel Anschluß zu finden.320 Weitergehend verweist Baron von Hohendorff darauf, daß im 17. Jahrhundert die Handelsbeziehungen der Banjaresen selbst in den östliche Archipel für die VOC durchaus nichts Unbekanntes waren.321 Andere überlieferte Einschätzungen bestätigen zwar den Handel banjaresischer Kaufleute und Seefahrer, sehen in ihnen jedoch keine der großen und damit für die VOC unter Umständen gefährlichen Handelsnationen des Archipels: „De coopluyden in Bandjermassingh sijn meest van seer geringh vermogen ende die wat capitael hebben, en durven hetselve niet bekent staen ofte laeten blijcken uyt vreese, dat de grooten haer sullen lastigh vallen kleeden off andere coopmanschappen gefiëert te hebben, als wanneer sij dan het naelopen souden hebben ende dickmael noyt betalinge krijgen, door welcke oorsaeck sij beswaerlijck sullen connen worden gedisponieert om haeren peper met eygen vaertuygen nae Bat.a te brengen.“ 322
Umgekehrt verkehrten viele asiatische Händler anderer Ethnizität, die von der VOC als „Schmuggler“ gebrandmarkt wurden, mit den Produkten des molukkischen Gewürzhandels in Banjarmasin: „Om datze in dit rijk dat men wel gerustelijk de hoofdzetel noemen mag van alle de oostensche morshandelaars, bestaande uijt Baliers, Blitonders, boutonders, Cerammers, Macassaren etc. veel tijds voor geringe prijsen konden bekomen groede parthijen van nagulen, notenmuschaten, foelie, tin, wilde, canneel, en slaven tot groot nadeel vand E. Comp. [...].“323
Neben den Banjaresen selbst, die nicht einmal eine besonders zentrale Rolle einnehmen konnten, war also beinahe die gesamte Bandbreite asiatischer Handelsnationen in Banjarmasin vertreten. Aufzeichnugnen der Kompanie führen Malaiien auf, unter welche wahrscheinlich auch Ethnien aus Sumatra und den vorgelagerten Inseln vertreten waren, daneben Nationen von den Sunda-Inseln (Javaner, Balinesen), aus Sulawesi (Makassaren, Bugis, Butonesen) und den Molukken. Sogar die erst während der VOC-Präsenz allmählich in Erscheinung tretenden Seramesen wurden von der Kompanie in Banjarmasin gemeldet. Darüber hinaus waren natürlich die Aktivitäten der Chinesen ebenso bekannt wie die Anwesenheit von Engländern, Franzosen und Portugiesen, die angeblich alle die Verbindung nach Macau, nach China und zu den entfernteren südlichen Inseln aufrecht erhielten.324
320 321 322 323
HOHENDORFF, Beschrijving, 162. Ebd., 210. Generale Missiven III, 26.12.1662, 422. ARA Den Haag, Collection Radermacher, Nr. 538, Korte Aanmerkingen van den ondergetekende Raad Extraordinair Reinier de Klerk met Relatie tot het koningrijk Banjer, 1. 324 HOHENDORFF, Beschrijving, 198.
II. Die Europäer in Banjarmasin
1. Sporadische portugiesische Präsenz
Die Portugiesen waren die ersten Europäer, die im Malaiischen Archipel auch mit der Insel Kalimantan Kontakt aufnahmen. Der Schwerpunkt dieser Kontakte lag allerdings an der Westküste, die von der portugiesischen Hauptniederlassung in Malakka günstig zu erreichen war. Eingekauft wurden vor allem Kampfer, Diamanten und Bezoarsteine. Wie auch später für die Engländer war für die Portugiesen die Stadt Sukadana wesentlich wichtiger als Banjarmasin.325 Handel an der südöstlichen Küste der Insel wurde im 16. Jahrhundert offenbar noch nicht als lukrativ angesehen. Die eingangs erwähnte niederländische Nachricht stellt die früheste europäische Kenntnisnahme von Banjarmasin dar; weder portugiesische Schriftzeugnisse noch ihre Karten verzeichneten eine Stadt dieses Namens.326 Von den Pfefferreichtümern der Region hatte man im Estado da India offenbar noch keine Kenntnis. Auch wenn der Estado da India selbst keine Kontakte aufbaute, heißt dies noch nicht, daß Banjarmasin völlig von portugiesischen Kaufleuten unberührt blieb. In dem langen Zeitraum bis zur Etablierung einer niederländischen Vormachtsstellung im Hafen der Stadt – ein Zeitraum von annähernd anderthalb Jahrhunderten – beteiligten sich sporadisch auch portugiesische Kaufleute am hiesigen Handel. Für die 1630er Jahre vermeldet Baron von Hohendorff neben Makassaren, Javanern und anderen Asiaten auch die Handelsaktivitäten von Portugiesen und Spaniern auf dem Fluß von Banjarmasin.327 Parallel zum niederländischen Versuch von 1678, sich im Pfefferhandel der Region zu etablieren, wurde von einem portugiesischen Schiff berichtet, das aus Macau nach Banjarmasin gekommen war, um Pfeffer zu einem Preis von elf Gulden das pikul einzukaufen.328 Und auch noch für 1684 besagen Meldungen aus Batavia, daß Portugiesen von Macau aus nicht nur nach Batavia, Manila, Siam, Goa in Indien, Patani und Timor reisten, sondern auch Banjarmasin anfuhren.329 In seiner herausragenden Studie zur Umweltgeschichte der Region 325 326 327 328 329
SUNTHARALINGAM, Banjarmasin, 52/53. KNAPEN, Forests, 67. HOHENDORFF, Beschrijving, 162. Generale Missiven IV, 21.12.1678, 247. Ebd., 31.5.1684, 691.
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Banjarmasin und die Europäer
stellte Han Knapen jüngst Art und Zeitpunkt europäischer Handelskontakte mit Banjarmasin seit 1603 zusammen.330 Nach seinen Recherchen hielten sich Portugiesen ab 1659 so-wie zwischen 1679 und 1690 jeweils ohne eigene Niederlassung in Banjarmasin auf. Für den Zeitraum zwischen 1691 und 1694 geht er sogar von einer Faktorei aus. Faktoreien, wie sie die Geschichte der Handelskompanien prägten, sind aus der portugiesischen Expansion nicht bekannt. Durchaus zu vermuten ist jedoch die Entstehung einer portugiesischen Diasporagruppe in dieser Zeit. Eine lange Dauer war ihr jedoch nicht beschieden. Die für die portugiesische Expansion typische Verknüpfung von Handelskontakten und Mission wurde ihr zum Verhängnis. Anders als in Makassar, wo christliche Missionare teilweise bereits vor ihren muslimischen Konkurrenten aktiv wurden, war der islamische Glaube unter den Banjaresen schon relativ fest verwurzelt. Versuche christlicher Mission erschienen als Affront. So führten die ersten Christianisierungsversuche sehr bald zur endgültigen Vertreibung aller Portugiesen, die sich in Banjarmasin niedergelassen hatten.331
2. Der gescheiterte Versuch der EIC
Vor- und Frühgeschichte der englischen Faktorei Gleich den Portugiesen konzentrierte sich die englische East India Company zunächst auf die Westküste Kalimantans, wo Sukadana für sie zunächst die wichtigste Hafenstadt war. Bereits 1612 wurde dort eine englische Faktorei gegründet, die in Konkurrenz zu der seit 1608 bestehenden VOC-Niederlassung trat.332 Kontakte zum Südosten der Insel, dessen kommerzielle Vorteile zu dieser Zeit gut bekannt gewesen sein mußten, ließen allerdings nicht lange auf sich warten. Angeblich war es 1615, als erstmals eine englische Faktorei in Banjarmasin eingerichtet wurde. Bekannt ist über die Niederlassung eigentlich nur, daß sie von Regierungsvertretern in London als „needless factory“ bezeichnet wurde und wahrscheinlich schon 1618 im Zuge des Englisch-Niederländischen Krieges wieder aufgegeben wurde.333
Die EIC behielt das Emporium aus Gründen des Pfefferhandels weiterhin im Blick. Jedoch erst 1636 entsandte sie erneut ein Schiff nach Banjarmasin, um die Zugangsmöglichkeiten zum Markt zu testen. Die Expedition kehrte immerhin mit 150.000 Pfund Pfeffer nach Banten zurück.334 In der Folge dieser Reise wurde offenbar erneut eine Niederlassung in Banjarmasin installiert, die auf Drängen des ‚Court of Committees’ aus wirtschaftlichen Gründen spätestens 1651 wieder aufgegeben wurde.335 Ganz sicher sind solche Datierungen bezüglich kleiner Außenposten allerdings nicht. Noch 1655 wird in einer Kapitalübersicht der EIC, die John Bruce 1810 in seinen Annalen zitiert, Banjarmasin zusammen mit Makassar, Banten, Jambi und Jepara als Sitz eines ‚house‘ erwähnt. Der Gesamtwert der fünf Niederlassungen im Archipel wird in diesem Zusammenhang mit £ 3.600 beziffert.336 Informationen zu dieser Faktorei bleiben spärlich. Auf jeden Fall war ihr kein großer Erfolg beschieden, und wahrscheinlich verfügte sie nur über eine geringe Besatzung, die möglicherweise nicht einmal regelmäßig anwesend war.
Die englische Fakorei zwischen 1700 und 1707337 Zur erneuten Gründung einer Niederlassung in Banjarmasin kam es im April 1700, als Henry Watson und Kapitän Cotesworth dort vor Anker gingen und Verhandlungen mit dem Sultan aufnahmen. In deren Verlauf wurde eine feste Hafengebühr für englische Schiffe festgelegt, die Erlaubnis zur Niederlassung in der Stadt erreicht und die Überlassung eines entsprechenden Grundstückes geregelt. Die Gründer der neuen Faktorei machten ihrem Arbeitgeber Hoffnung, recht bald auch ein Monopol für den Pfefferhandel in Banjarmasin erreichen zu können. Den Worten folgten jedoch keine sichtbaren Erfolge. Im August 1701 übernahm Sylvanus Landen die Leitung der Faktorei. Auch unter ihm wurde zunächst keine Entspannung der Verhältnisse erreicht. Weder war die einheimische Bevölkerung den Europäern wohlgesonnen, noch trauten diese den Banjaresen. Ihre Faktorei ließen sie von einer Truppe makassarischer Söldner bewachen, was den energischen Widerspruch der banjaresischen Regierung hervorrief. Bevor die Spannungen eskalieren konnten, gerieten die Engländer in landesinterne Auseinandersetzungen. Ende 1701 vertrieb ein Aufstand, dessen nähere Ursachen der Forschung kaum bekannt sind, vorübergehend 334 335 336 337
BRUCE, Annales I, 343. SUNTHARALINGAM, Banjarmasin, 55/56. BRUCE, Annales I, 507. Grundlegend für die Ereignisgeschichte dieser englischen Faktorei: SUNTHARALINGAM, Banjarmasin, 58-65.
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den Hof des Sultans und brannte große Teile der Stadt nieder. Auch die britische Niederlassung wurde in Mitleidenschaft gezogen. Dem politisch geschwächten Sultan konnten nach seiner Rückkehr neue Vertragsbedingungen diktiert und eine Entschädigung für den entstandenen Schaden abverlangt werden. Dennoch kamen die Aktivitäten der Faktorei zunächst zum erliegen, ihr Personal wurde sogar zeitweilig evakuiert. Sylvanus Landen bestand jedoch auf seiner Rückkehr nach Banjarmasin. Seinem geschickten diplomatischen Verhalten verdankte die britische Faktorei daraufhin einige wenige ruhige Jahre, in denen das Verhältnis zu Sultan und panambahan einigermaßen entspannt war. Dem friedlichen Wirken Landens folgte nach seiner Ablösung ein Zwischenspiel von Januar bis August 1705, das durch das provokative Auftreten des Nachfolgers Thomas Joyner geprägt war und beinahe zu bewaffneten Auseinandersetzungen geführt hätte. Nur die Ablösung Joyners durch Henry Barre konnte dies noch verhindern. Barre gelang es zwar, die Lage etwas beruhigen, jedoch sah er sich veranlaßt – nicht zuletzt aus der Überzeugung, daß eine Position der Stärke die sicherste Vorgehensweise darstellte – auf schon länger bestehende Pläne zurückzugreifen und die kleine Faktorei zu einem Fort auszubauen. Die Baupläne hierfür waren schnell fertiggestellt, die Durchführung stieß jedoch, vor allem aus Mangel an Baumaterial und zuverlässigen Handwerkern, auf enorme Schwierigkeiten und verzögerte sich.
Englischer Handel in Banjarmasin In seiner kenntnisreichen Schilderung des Sultanates und der Stadt Banjarmasin von den Anfängen der europäischen Kontakte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bringt Baron von Hohendorff die Stellung der dritten englischen Faktorei auf den Punkt: „Doch echter alweder stuitte voornamelijk sedert het jaar 1698, wanneer de Engelschen aldaar sterk begonnen te nestelen, en zich door een exclusijf contract met den Koning van alle peper tegen 3 Spaansche realen het picol verzekerden, met intentie om zich, niettegenstaande het ongezonde klimaat en sterfte oder de hunnen, zoodanig te versterken, dat de Banjarezen en den ganschen handel meester werden. Zij waren daaromtrent in 1707 ook reeds verre gevodert, door een welgepalisadeerden pagger, met paken woonhuizen voorzien, en het trekken der vaart en handel der Chinezen aldaar en andere inlanders van Java, Macassar, Timor, Sumbawa, Lombok, Bali, ect., dat men daaruit en het zwerven van een menigte van hunne vaartuigen langs Java en verder om de Oost, niet onduidelijk kon aanmerken, hunnen toeleg te zijn, om aldaer een Hoofdkantoor van hunnen handel in Indiën te maken, de Comp. in deze pretieusen specerijhandel te onderkruipen en die der kleedenen amphioen daar en omstreeks, geheel na zich te trekken.“338
338 HOHENDORFF, Beschrijving, 170/171.
Die Europäer in Banjarmasin
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Der Hauptgrund für die EIC, abermals eine Niederlassung zu wagen, bestand in den regen Verbindungen nach China, die in Banjarmasin unterhalten wurden.339 Man handelte in der Absicht, alle wertvollen Produkte chinesischer Herkunft – Seide, Porzellan, Tee, daneben Metalle und Edelmetalle – zu erstehen; man handelte in der Annahme oder auch auf Grund des Wissens, daß diese Waren in Banjarmasin als Zwischenstation der Junken aus Südchina erhältlich wären; und man handelte in der Hoffnung, daß die in Südost-Kalimantan zu erwerbenden Güter im Gegenzug eingesetzt werden konnten, um den Silberabfluß bei der Bezahlung chinesischer Luxuswaren ein wenig eindämmen zu können. Bei der EIC herrschte die Hoffnung, daß Banjarmasin auf Grund seiner wirtschaftsgeographischen Lage und seines eigenen Warenangebotes zu einem der bedeutendsten Handelsplätze des Malaiischen Archipels aufsteigen würde. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Entscheidung noch in der Zeit steigender europäischer Pfeffernachfrage gefällt wurde. Durch diese Umstände wurde Banjarmasin eine besondere Bedeutung verliehen. Probleme ergaben sich für die Kompanie hinsichtlich des eigenen Warenabsatz. Wie viele Jahrzehnte zuvor in Makassar erhielten die Faktoren auch in Banjarmasin freie Hand, den Markt nach dem Prinzip des ‚try and error’ zu erkunden. Europäische Importe bestanden aus Fertigprodukten, die jedoch keinen Anklang fanden; aus Europa konnten nur Blei, Eisen und Waffen abgesetzt werden. Mehr noch als in der Metropole Süd-Sulawesis erwies sich der Verkauf von indischen Textilien, ansonsten eine recht sichere Investition der EIC, als schwierig. Erst allmählich und unter Anpassung der eigenen Angebote an die lokale Nachfrage konnten die Geschäfte in diesem Bereich verbessert werden. Im Jahr 1706 wurden indische Textilien im Wert von immerhin 15.000 Reichsthalern verkauft. Steigende Erfolge konnten die Faktoren der EIC hingegen erzielen, als sie mit dem Absatz von Opium experimentierten, das sich einer wachsenden Nachfrage in ganz Südostasien, vor allem unter den dortigen Chinesen erfreute.340 Nach den niederländischen Einschätzungen nutzte die EIC ihre Faktorei in Banjarmasin nicht nur zum Pfeffereinkauf, sondern auch zur Umgehung des Gewürzmonopols der VOC im Osten des Archipels sowie zur Etablierung eines Handels mit Textilien und Opium.341 Von einem englischen Gewürzhandel in Banjarmasin ist der Forschung bislang nichts bekannt. Da jedoch molukkische Gewürze dort auf den Markt kamen, ist er nicht auszuschließen. Der Handel mit Textilien und Opi339 SUNTHARALINGAM, Banjarmasin, 48, 56/57. 340 Ebd., 57, 68/69. 341 HOHENDORFF, Beschrijving, 198.
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um wurde tatsächlich allmählich in Banjarmasin etabliert, doch stand dies alles unter dem Leitstern des Pfefferhandels. Der Absatz in diesen beiden Handelssphären diente in erster Linie der Finanzierung des Pfeffereinkaufes. Für eine Umorientierung ihrer Aktivitäten in Banjarmasin im Zeichen einer veränderten Gewürznachfrage in Europa existierte die Faktorei nicht lange genug. Und selbst für die weitaus später etablierte VOC spielte immer noch der Pfeffer die alles dominierende Rolle. Für dessen Einkauf war die EIC zu hohen Investitionen bereit. Im ursprünglichen Vertrag mit dem Sultan wurden als Hafengebühr 350 Reichsthaler pro Kompanieschiff festgelegt. Nach den Ereignissen von 1701 und 1702 forderte der Sultan zunächst 1.000 Reichsthaler, bevor er sich auf einen Kompromiß von 500 einließ.342 Auch der Kompromiß war noch extrem hoch und nicht vergleichbar mit Gebühren, wie sie beispielsweise Privatiers in Makassar abverlangt wurden. Die Erwartungen der EIC an den banjaresischen Pfefferhandel mußten enorm gewesen sein. Schließlich ging es auch darum, wieder einen Fuß in die Handelswelt des Malaiischen Archipels zu bekommen. Ursprünglich unternahmen die Engländer den Versuch, das etablierte einheimische Handelssystem für Pfeffer in Banjarmasin zu umgehen und ein eigenes zu etablieren. Dies sollte vor allem der Reduzierung der Kosten dienen, die einheimische Mittelsmänner und Transporteure oder auch Verzögerungen durch Abhängigkeiten von diesen ausmachten. Solche Bemühungen blieben erfolglos, so daß im August 1701 von offizieller Seite aus die bestehenden Methoden akzeptiert wurden. Seither war auch den Engländern der Pfeffereinkauf möglich.343 Zufrieden über dessen Ablauf waren sie deswegen noch lange nicht. Henry Barre entwickelte Pläne, „to attract all Banjarese middlemen to bring pepper to the Company’s warehouse at Tomborneo where a fixed price was to be paid. When buying was completed, the Chinese junks were to receive a share.“344 Es blieb bei der Absicht. Weder die einheimischen Händler, noch der Sultan oder der panambahan, und schon gar nicht die chinesischen Kaufleute waren bereit, sich auf solche Marktstrukuren einzulassen. Im Dezember 1702 verließ die englische ‚Macclesfield Frigate’ mit 280 Tonnen Pfeffer Banjarmasin.345 Dies war der erste bedeutende Pfeffereinkauf nach der unsteten Etablierungsphase der Faktorei. Insgesamt exportierte die EIC zwischen 1701 und 1707 3.421 Tonnen Pfeffer. Nach ihren eigenen Schätzungen führten im glei342 343 344 345
SUNTHARALINGAM, British in Banjarmasin, 58, 60. Ebd., 66. Ebd., 67. Ebd., 60.
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chen Zeitraum Chinesen 2.590 Tonnen und andere Händler 400 Tonnen aus.346 Solche Schätzungen setzen allerdings umfassende Marktkenntnisse voraus, von denen nicht klar ist, wie sie angesichts der isolierten Lage der Faktorei und den häufig sehr angespannten Beziehungen zu ihrem Umfeld erworben worden sein sollen. Daß die EIC in der kurzen und konfliktreichen Zeit ihrer Präsenz mehr als 50% der banjaresischen Pfefferexporte kontrolliert haben soll, erscheint unwahrscheinlich. Vor allem Exporte durch indonesische prahus, die weit außerhalb der Sichtweise von Landen oder Barre irgendwo auf dem Banjarmasin-Fluß abgewickelt wurden, dürften in dieser Rechnung fehlen. Andere Produkte als Pfeffer wurden von der EIC nur nebenbei, nur wenn die Preise günstig waren, und nur für den asiatischen Markt eingekauft. Eine Ausnahme stellten die von Anfang an ins Auge gefaßten chinesischen Produkte dar, die auf Grund der regelmäßigen Junken aus Südchina in großen Mengen auf dem banjaresischen Markt zur Verfügung standen und entsprechend aufgekauft wurden.347
Der Untergang der englischen Faktorei Der überraschende Tod Henry Barres im März 1707 und die Tatsache, daß Thomas Joyner abermals die Leitung der Faktorei übernahm, wendete endgültig das Schicksal der Engländer in Banjarmasin.348 Sowohl Zeitgenossen wie William Griffith, der unter Barre und Joyner in Banjarmasin Dienst tat, als auch moderne Historiker wie R. Suntharalingam sehen in der Verhaltensweise Joyners den eigentlichen Auslöser für das Ende der Faktorei. Dieses war einerseits von Mißtrauen, teilweise auch offener Feindseligkeit den Banjaresen gegenüber geprägt, andererseits von Übergriffen auf private Kaufleute. So stoppte er chinesische Junken und zwang sie zu Abgaben. Aufgelaufene banjaresische prahus wurden auf seinen Befehl hin geplündert. Auch seine Ablösung Anfang Juni 1707 durch einen wenig durchsetzungsfähigen Mann namens Cunningham konnte an der verfahrenen Situation nichts mehr ändern. Am 27. Juni 1707 wurde die Faktorei von Banjaresen überfallen, zerstört und die Besatzung zur Flucht nach Batavia gezwungen. Darüber, ob und wieviele Todesopfer die 346 BASTIN, Balance, 42; SUNTHARALINGAM, Banjarmasin, 67. 347 Ebd., 67/68. 348 Zur Ereignisgeschichte des Untergangs der englischen Faktorei siehe ebd., 69-72; VEN, Rijk Bandjermasin, 96/97. Zeitgenössische Schilderungen des Untergangs und seiner Ursachen bei: ARA Den Haag, Collection Radermacher, Nr. 538, Korte Aanmerkingen van den ondergetekende Raad Extraordinair Reinier de Klerk met Relatie tot het koningrijk Banjer, passim; CRAWFURD, History III, 223-228; MILBURN, Oriental Commerce II, 414.
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EIC zu verzeichnen hatte, kursieren unterschiedliche Angaben. Die gerade von Zeitgenossen gerne verbreitete, aber stets aus zweiter oder dritter Hand stammende Nachricht, alle Engländer in Banjarmasin wären ermordet worden, trifft allerdings nicht zu. Schließlich konnte Cunningham nach der Katastrophe brieflich sein Verhalten gegenüber der Kompanie rechtfertigen. Der geflohene Direktor der Faktorei sah den Hauptgrund für den Überfall in der vermeintlichen Tatsache, daß die Banjaresen „naturally treacherous and averse to Europeans“ wären und die Befestigung der Faktorei sie „jealous of their liberty“ gemacht hätte.349 Solche Sichtweisen herrschten auch schon bei früheren Zusammenstößen der Engländer mit Banjaresen vor, und sie wurden auch als Begründung weiter tradiert, wie die Annalen des John Bruce von 1810 zeigen.350 Am 24.7.1707 wurde an Javas Ostküste das Gerücht vernommen, „dat de Engelse met die van Banjar in publijque rupture geraekt en na ’t massacreren van een partij van haar volk en ’t verbranden haerer factorie en begonne fortificatie door den Coning van Banjer geheel verjaagd en na ’t verbranden eenige haerer scheepjes en vaartuygen met de rest door de vlugt op hun overige bodems gesalveert en soodanig van daar geretireert en vertrocken waeren, ’twelck door gem. m.r Cunningham met de zijne nader wierd bevestigt, wanneer se den 29e dier maand met twee reddelose jagten sonder strengen en heel gedevaliseert nevens nog een inlants vaartuyg als een patsiallang ter deser rheede ankerden.“351
Die in der niederländischen Kompanie verbreitete Version des Untergangs schildert der Baron von Hohendorff: „Doch te midden van deze wijdgapende projecten, en vóór hunne vastigheid, tot beteugeling der Banjarezen, tot volkomenheid was gebragtm moesten zij mede derzelver trouwloosheid en moorddadigheid ondervinden; nadien de Banjarezen te onvreden over het despotiek gedrag der Engelschen, die den ganschen peperhandel alleen aan zich trokken, en misnoegd door in hun eigen land genoegzaam ingesloten te worden, daar de Engelschen de geheele rivier zoodanig ingesloten hielden, dat geen vaartuigen in- of uit konden varen, zonder eene naauwkeurige visitatie te moeten ondergaen, dezelve eindelijk door behulp van eenige in hunne diensten zijnde Boeginezen, in de maand Julij van genoemd jaar in hunne logie, op een schip en twee chaloupen overvielen, de meesten ombragten, de logie en schepen verbrandden en de rest ten buit maakten, zijnde eenige weinige het met twee schepen, die wat lager in de rivier lagen, ontkomen.“352
Die EIC fand sich nicht sofort mit ihrer Niederlage in Banjarmasin ab. 1708 passierten drei englische Schiffe Semarang auf dem Weg nach Banjarmasin, um dort die Niederlassung mit Gewalt neu zu errichten.353 Zwei Jahre später erfuhr die VOC von dem portugiesischen Kapitän Josephus Rodrigo, daß abermals Engländer versucht hatten, in Banjarmasin Pfeffer einzukaufen, und nach dem Scheitern des Vor-
349 350 351 352 353
Zitiert nach SUNTHARALINGAM, Banjarmasin, 71, aus einem Brief Cunninghams vom 26.7.1707. BRUCE, Annales I, 190 (auf Grundlage eines Briefes aus Banten an den Hof vom 19.1.1618). Generale Missiven VI, 9.11.1707, 474. HOHENDORFF, Beschrijving, 171/172. Generale Missiven VI, 25.11.1708, 570.
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habens drei einheimische Schiffe versenkt hatten. Die daran geknüpften Drohungen blieben allerdings folgenlos.354 Ende 1711 erfuhren die Niederländer bei ihrem eigenen Besuch in Banjarmasin, daß der dortige Herrscher nach wie vor nicht bereit war, Engländer in seiner Stadt zu dulden.355 Zwar gibt es Hinweise, daß englische Schiffe immer wieder den Fluß von Banjarmasin aufsuchten, um Pfeffer zu erstehen,356 doch unternahm die EIC selbst keine Versuche mehr, sich in der Stadt noch einmal zu etablieren.
3. Die frühen Handelskontakte der VOC Baron Johan Andries van Hohendorff, der 1757 dem Rat von Indien einen ausführlichen Bericht über Banjarmasin vorlegte, berichtet von der ersten ihm bekannten Kalimantan-Fahrt, eine Reise nach Martapura im Jahr 1626. In diesem Zusammenhang wagte ein Oberkaufmann namens Paulus Croocq einen Abstecher flußaufwärts, um weitere Möglichkeiten des Pfefferhandels zu erkunden. Es kann davon ausgegangen werden, daß ihn diese Flußfahrt nach Banjarmasin führte.357 Wenig später spricht Hohendorff von der ersten holländischen Niederlassung dort, die im Jahr 1628 gegründet worden sein soll.358 Auch A. van der Ven folgt nur Informationen aus zweiter Hand, wenn er vermutet, daß schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Niederlassung der VOC bestanden hatte, die spätestens 1669 wieder aufgegeben wurde.359 Allerdings war bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, als van der Ven seine Darstellung niederlegte, die Quellenlage offenbar nicht mehr vollständig und eindeutig. Heute gilt als sicher, daß die Beziehungen zwischen Banjarmasin und der niederländischen Kompanie älter sind. Nach Reinier de Klerk, Rat von Indien in den 1750er Jahren, fand die erste Fahrt der VOC nach Banjarmasin und Martapura bereits 1606/7 statt.360 1606 wurde eine kleine Niederlassung eingerichtet; 1607
354 Ebd., 29.11.1710, 710. 355 Ebd., 15.1.1712, 811. 356 Han Knapen vermerkt in seiner Aufstellung Handelsbesuche von Briten für die Jahre1713 bis 1725, 1733, 1738 bis 1749 und 1766 (KNAPEN, Forrests, 69). 357 HOHENDORFF, Beschrijving, 161. 358 Ebd., 195. 359 VEN, Rijk Bandjermasin, 96. 360 ARA Den Haag, Collection Radermacher, Nr. 538, Korte Aanmerkingen van den ondergetekende Raad Extraordinair Reinier de Klerk met Relatie tot het koningrijk Banjer, 1.
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der dortige Resident ermordet, was zugleich das Ende der Faktorei bedeutete.361 Einzelheiten dieses Unternehmens sind unbekannt; für den Aufbau intensiver Beziehungen war die Zeit allerdings zu kurz. Die VOC war sich der Bedeutung Banjarmasins früh bewußt. Sie verfügte über Informationen hinsichtlich des Marktes in Südost-Kalimantan, die es ihr interessamt genug erscheinen ließen, dort Fuß zu fassen. Allerdings wollte ihr dieses Vorhaben in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts nicht gelingen. 1634 setzte die Kompanie gewaltsam durch, daß Banjarmasin sie als Partner im Pfefferhandel akzeptierte, indem sie in drei Etappen die vor Banjarmasin liegenden Schiffe verbrannten. Im Folgejahr konnte die VOC tatsächlich eine größere Menge Pfeffer zu Preisen erstehen, die sogar nach ihren Vorstellung akzeptabel erschienen.362 Es entstand zudem eine Niederlassung, doch wurde diese im Februar 1638, angeblich von einem marodierendem Mob, jedoch mit allerhöchster Zustimmung, abermals niedergebrannt. Dabei wurden 64 Niederländer, 21 Javaner und etliche Einheimische ermordet.363 Nach diesem erneuten Scheitern entstand eine Pause in den Beziehungen zwischen der VOC und dem Sultanat. Erst in den 1660er Jahren erlebte der niederländische Banjarmasin-Handel eine erste Hochphase. Dierck van Lier wurde im Februar 1660 nach Banjarmasin geschickt, von wo er im Juni des gleichen Jahres ohne großen Erfolg zurückkehrte, da der panambahan inzwischen verstorben war. Van Lier brachte lediglich 66 pikul schlechten Pfeffers mit, die den bescheidenen Gewinn von 1.751:6:- Gulden einbrachten.364 Aber es war ein neuer Anfang gemacht, der offenbar vielversprechend genug war, um in den folgenden Jahren regelmäßig eine Expedition nach Banjarmasin auszurüsten. Die positiven Erwartungen wurden durchaus erfüllt. 1661 wurde aus der Reise nach Banjarmasin ein Gewinn von 15.553:11:9 Gulden gezogen, 1662 waren es 15.955:4:3 Gulden, 1664 immerhin noch 10.711:9:3 Gulden, bevor er 1665 auf 4.628:16:15 Gulden fiel, um 1666 wieder auf 12.072:13:15 Gulden zu steigen.365 Gewinne wurden also durchaus gemacht, doch entsprachen sie wohl nicht ganz den Vorstellungen, welche die VOC von den Verdienstmöglichkeiten im Pfeffer361 CHIN, VOC Relations, 78; DIJK, Betrekkingen, 1. Nach anderen Darstellungen fand die Gründung der ersten Faktorei bereits 1603 statt, der daraus entstandene Konflikt endete danach 1612 mit einer niederländischen Attacke, die zur Flucht des Sultans in Landesinnere führte (KING, Peoples, 137; das Gründungsjahr 1603 erwähnt auch KNAPEN, Forrests, 69). 362 HOHENDORFF, Beschrijving, 163. 363 Ebd., 165; Generale Missiven III, 16.12.1656, S. 284. 364 Ebd., 16.12.1660, S. 323; ebd., 16.1.1661, S. 370. 365 Ebd., 22.12.1661, 381 und 30.1.1662, 391 (für 1661); ebd., 26.12.1662, 450 (für 1662); ebd., 23.12.1664, 472 (für 1664); ebd., 30.1.1666, 523 (für 1665); ebd., 25.1.1667, 579 (für 1666).
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handel hatte. Zudem war auf diese Weise kein Monopol vor Ort zu erlangen. Der Pfefferhandel der Kompanie in Banjarmasin wurde 1666 erneut aufgegeben und erst 1678 wieder aufgenommen.366 1678/79 brachte eine neue Reise einen Gewinn von 3.785:1:- Gulden.367 Auch dieses Ergebnis vermochte nicht zu überzeugen. Daher findet sich in den Generalen Missiven von 1679 der Vorschlag, den Handel nach Banjarmasin vollständig den Bürgern zu überlassen, die dort von der VOC bezogene Textilien verkaufen könnten; den Pfeffertransport nach Batavia könnte man zugleich den Banjaresen selbst überlassen.368 Auch 1681 zeigt sich die Hohe Regierung nicht geneigt, den eigenen Banjarmasin-Handel wieder aufzunehmen.369 Vielmehr schien sich der Vorschlag von 1679 durchzusetzen. In Zeiten, in welchen die Kompanie keinen eigenen Pfefferhandel in Banjarmasin betrieb, verließ sie sich nicht selten auf den Pfefferzufuhr durch private Händler.370 William Milburn irrt, wenn er davon ausgeht, daß seit der Vertreibung der EIC 1706 oder 1707 eine ständige Niederlassung der VOC in Banjarmasin existiert hätte, die über ein schwer bewaffnetes Fort verfügte.371 Vielmehr ruhte der durch die Kompanie organisierte Pfefferhandel mit Kalimantan nicht nur für den Rest des 17. Jahrhunderts. Auch die Einrichtung einer neuen britischen Niederlassung ging beinahe völlig unkommentiert an ihr vorüber; von dem Desaster der EIC und der Zerstörung ihrer Faktorei erfuhr die VOC nur aus zweiter Hand. Erst 1711 knüpfte die VOC neue Beziehungen an und schickte einen Gesandten namens Nicholas van der Bosch, der vorsichtig die Bedingungen erkunden sollte.372 Sein Schiff ‚Peter en Paul’ kam 1711 mit 726 pikul Pfeffer, eingekauft für 4 Real pro pikul, aus Banjarmasin zurück nach Batavia.373 Am 4. November reiste das Schiff wieder nach Banjarmasin.374 Eine langfristige Beziehung entwickelte sich jedoch auch hieraus nicht. Das Unternehmen litt vor allem darunter, daß van den Bosch in einen Krieg zwischen dem Sultan von Banjarmasin und aufständigen Bergbewohnern vom Volk der Biajus geriet, der erst 1717 beendet werden konnte.375 Entspre366 367 368 369 370 371 372
Generale Missiven IV, 21.12.1678, 246; so auch HOHENDORFF, Beschrijving, 170. Generale Missiven IV, 13.3.1680, 402. Ebd., 11.12.1679, 343. Ebd., 28.12.1681, 487. HOHENDORFF, Beschrijving, 199. MILBURN, Oriental Commerce II, 414. ARA Den Haag, Bericht des Nicolas van den Bosch, 1711, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 1-31.Siehe auch VEN, Rijk Bandjermasin, 97 und HOHENDORFF, Beschrijving, 172. 373 Generale Missiven VI, 30.11.1711, 809. 374 Ebd., 15.1.1712, 810. 375 ARA Den Haag, Bericht des Nicolas van den Bosch, 1711, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 23; ebd., Brief des Herrschers von Banjarmasin, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 31-34; CHIN, VOC Relations, 80/81.
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chend sah der Sultan in den Niederländern zuallererst einen möglichen Verbündeten und bat um Waffenhilfe, die van der Bosch nicht im erwünschten Umfang gewähren konnte. Es blieb bei den beiden Reisen des niederländischen Fähndrichs. Zur Informationsbeschaffung griff die VOC weiterhin gerne auf Privatiers zurück. So stattete Rutger Erkelens dem Gouverneur in Makassar, Johann Philipp Sipman, auf dessen Order hin Bericht über seine Reise nach Banjarmasin ab, die er im Juni 1721 mit dem Schiff des Bürgers Joost Abrahamszoon nach Banjarmasin unternommen hatte. Erkelens wußte von fünf Schiffen zu berichten, deren Ankunft er während seines Aufenthaltes in Erfahrung bringen konnte: (1) im Januar ein englisches Schiff, das mit einer halben Ladung Pfeffer den Hafen verließ, eingetauscht je zur Hälfte gegen Reis und Spanische Real; (2) im Februar eine chinesische Junke, die chinesische Seide, Porzellan und weitere Kleinigkeiten brachte und bei der Heimkehr des Berichterstatters noch immer vor Anker lag; (3) ebenfalls im Februar die „chialoup gonting“ eines Chinesen aus Malakka, der chinesisches Linnen und indische Tuche wie Gerassen und Chintz einführte; (4) noch immer im Februar die Schaluppe des Kapitäns der Chinesen in Malakka, die Opium und verschiedene Sorten Tuche brachte; (5) im April ein Schiff aus Macau namens ‚Maria’, dessen Ladung aus Seide, Porzellan, chinesischen Tabak, eisernen Pfannen und Keramik aus Macau bestand und das zusätzlich in Bali, Sumenep und Babean balinesische Kleider, Kattunstoffe und Strohmatten geladen hatte.376 Insgesamt gelang es der Kompanie nicht, im 17. Jahrhundert und dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts kontinuierliche Beziehungen zu Banjarmasin aufzubauen, obwohl die Bedeutung des Hafens sowohl als Pfefferexporteur als auch als allgemeines Handelsemporium durchaus nicht unterschätzt wurde.
4. Die Mission von Jan Landheer und Jan Matthijs de Broun
Nach dem vorläufigen Ende der Kontakte im Jahr 1713 entstand eine längere Pause. Diese endete, als 1727 unter der Leitung von Jan Landheer und Jan Mathijs de Broun wieder eine Expedition nach Banjarmasin entsandt wurde. Diese Unternehmung steht hier im Mittelpunkt der Betrachtungen. Dabei wird nicht einfach willkürlich ein weiterer Versuch herausgegriffen. Die Bemühungen Landheers und de 376 ARA Den Haag, VOC 1960, Macassar, 130/131.
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Brouns unterscheiden sich durchaus von den vorangegangenen Expeditionen der Kompanie. Zunächst ist von ihrer Reise die bis dahin ausführlichsten Überlieferung zu Banjarmasin in den Akten der VOC zu finden. Ihre Berichte und Briefe erlauben einige Aussagen über die Struktur der für Niederländer stets etwas geheimnisvollen oder undurchsichtigen Handelswelt Banjarmasins. Zudem kommt hier erstmals Makassar ins Spiel, von wo aus die Expedition nicht nur startete, sondern auch die Initiative für sie ausging. Die traditionsreichen Verbindungen zwischen Makassar und Banjarmasin begannen für die Kompanie interessant zu werden. Schließlich bildeten Landheer und de Broun, trotz der Pausen, die auch nach ihren Reisen folgten, den Ausgangspunkt intensiverer, dauerhafterer und letztendlich auch vertragsgestützter Handelsbeziehungen der Kompanie zu Banjarmasin.
Rahmenbedingungen Nach 1713 herrschte zunächst Ruhe in der sowieso nur sporadischen Verbindung zwischen der VOC und Südost-Kalimantan. Die politisch-diplomatischen Verbindungen brachen zwar nie ganz ab, wie eine Delegation aus Banjarmasin zeigt, die am 26.11.1719 in Makassar empfangen wurde.377 Aber von beiden Seiten wurden keine ernsthaften Anstrengungen unternommen, diese losen Kontakte wieder zu einer Handelsbeziehung auszubauen. Überhaupt war Banjarmasin aus dem Fokus europäischer Handelsnationen in Südostasien verschwunden. Nach einer Lageeinschätzung in den Generalen Missiven von 1726 beruhte die friedliche Lage in Banjarmasin vor allem auf der Abwesenheit von Europäern. Zugleich aber gediehen die Pfefferkulturen. Daher wurde die Entsendung von zumindest zwei kleinerer Schiffe empfohlen.378 Auch nach der Memorie van Overgave des Joan Frederik Gobius aus dem Jahr 1727 waren zu dieser Zeit aus Banjarmasin keine erwähnenswerten europäischen Aktivitäten zu berichten. Von Makassar aus wurde die Stadt von Makassaren, Wajos, anderen Bugis und auch Mandhar angesteuert.379 Als in der Vorweihnachtszeit 1726 in Makassar der Entschluß reifte, abermals eine kleine Expedition nach Banjarmasin auszurüsten, bestimmten drei Charakteristika die Lage. Zum einen waren die Monopolisierungsbestrebungen der VOC im Pfefferhandel Banjarmasins deutlich abgekühlt, zum anderen waren die Kenntnisse 377 Generale Missiven VII, 30.11.1720, 490. 378 Generale Missiven VIII, 5.12.1726, 76. 379 ARA Den Haag, Memorie van Overgave des Joan F. Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 73.
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der banjaresischen Verhältnisse unter den Verantwortlichen sehr gering und allenfalls auf die politische Lage bezogen, kaum jedoch auf die aktuelle Marktsituation, und schließlich handelte es sich bei Banjarmasin in erster Linie um einen Hafen mit Emporiumsfunktion für rein asiatische Handelssphären. Unter diesen Rahmenbedingungen wurden Landheer und de Broun mit einem Neubeginn beauftragt.
Die erste Reise I: Kontaktaufnahme Die erste Reise der beiden VOC-Kaufleute nahm am 23. Dezember 1726 im Hafen von Makassar ihren Ausgang.380 Sie befanden sich an Bord der Jacht ‚De Arent’, die unter Begleitung der Schaluppe ‘De Valke’ in See stach. Die Expedition erreichte die Mündung des Flusses Banjarmasin am 5. Januar 1727. Bei ihrer Ankunft fand sie das englische Schiff ‚Carnarvon’ unter dem Kommando des Kapitäns Josua Twaites vor. Die Briten trieben gerade in der benachbarten Siedlung Handel und standen offiziell mit dem Hof von Banjarmasin in Kontakt. An diesen Kontakten war auch den Holländern gelegen. Allerdings konnten sie wegen des flachen Fahrwassers nicht in den Fluß einlaufen. Also fuhr die Schaluppe ‚De Valk’ die Küste entlang bis zu einer weiteren Ansiedlung, die im Bericht den Namen Fatas Blateu trägt, um dort offizielle Vertreter Banjarmasins von ihrem Eintreffen zu unterrichten. Bei diesen handelte es sich wahrscheinlich um die Kontaktpersonen der Engländer. Tatsächlich erschienen bald drei offizielle Vertreter Banjarmasins, um die niederländische Expedition zu begrüßen. Zwei von ihnen waren nicht näher bestimmte Gesandte des Sultans, der dritte ein syahbandar der Stadt. Diese geleiten die Holländer landeinwärts nach Cajo Tanga, einem viel frequentierten Hafenplatz am Flußufer, wo Landheer und de Broun am 13. Januar 1727 eine Wohnung bezogen. Von Cajo Tanga ging die Reise weiter zum panambahan, der sie mit einem Teil seines Hofstaates freundlich empfing, den offiziellen Brief der VOC entgegennahm und die Zusage machte, „spoedigst“ die Zusammenstellung einer Ladung Pfeffer für die Niederländer zu veranlassen.381 Anlässlich dieser ersten Kontaktaufnahme nannte der panambahan bereits einen Preis für Pfeffer, der bei fünf Real liegen sollte. Allerdings, so erfuhren die beiden Niederländer, war der Pfeffer gerade in Banjarmasin ausverkauft. Die Gesandten 380 Über die Ereignisse und Resultate ihrer Mission legen die beiden Abgesandten in einem Brief vom 17.4.1727, einem ausführlicherem Bericht vom 3.6.1727 und einer Rechnungslegung vom 12.5.1727 Rechenschaft ab: ARA Den Haag, VOC 2072, Macassar, 1. Reg., 4/5, 8-18 und 23-25. 381 Ebd., 9.
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mußten sich auf eine längere Wartezeit einrichten. Bis zum 15. Februar 1727 konnte überhaupt kein Pfeffer erstanden werden, in den beiden folgenden Monaten erhielten sie 2.600 pikul Pfeffer aus den negerijen Cajo Tanga, Tatas und Banjarmasin. Als Erklärung für diese Verzögerung ist überliefert, daß die Untertanen offenbar ohne Zustimmung ihres Herrschers große Mengen Pfeffer verkauft hatten. Allerdings hatte ihnen der Sultan inzwischen vergeben, so daß Landheer und van Broun guter Hoffnung waren, Anfang Mai 1727 mit der gewünschten Pfefferladung wieder auslaufen zu können.382 Als die versprochenen Pfefferlieferungen endlich bei der VOC-Abordnung eintrafen, ließ der panambahan nachfragen, welchen Preis die VOC gemeinhin akzeptierte. Er erhielt die Antwort, daß vier Real pro pikul in der Regel der Preis für Pfeffer aus Palembang, Jambi und Banten war. Die Niederländer wollten jedoch keinen Streit provozieren und signalisierten zugleich ihre Bereitschaft, den angebotenen Preis von fünf Real anzunehmen, den sie letztendlich auch bezahlten. Die Regierung von Banjarmassin befürchtete Schaden für ihren eigenen Handel, wenn sie auf die vier Real der VOC eingehen würde, da andere Handelspartner darauf reagieren könnten und sie selbst als Zwischenhändler gegebenenfalls nicht einmal den Einkaufspreis erzielen könnte.383 Dieses Mal müßten sich die Niederländer mit einem Preis von fünf Real pro pikul zufrieden geben; für die Zukunft wurde ihnen jedoch ein Preis von vier Real pro pikul in Aussicht gestellt – einen kontinuierlichen jährlichen Handel vorausgesetzt.384 Das Argument, das der panambahan den Vertretern der VOC gegenüber anbrachte, war eine weltweit verbreitete Klage und ist daher weder sonderlich ernst zu nehmen noch von weitergehendem Interesse. Bedeutsamer scheint zu sein, daß der Herrscher von Banjarmasin als Zwischenhändler im Pfefferhandel auftrat und – wie die Episode des unerlaubten Pfefferverkaufs andeutet – unmittelbaren Zugriff auf die Pfefferernte hatte.
Die erste Reise II: Pfefferhandel Nachdem Landheer und de Broun die Preisvorstellung des panambahan vorläufig akzeptiert hatten, stand einem erfolgreichen Pfeffereinkauf nichts mehr in Wege. Bis zum 13.5.1727 konnten sie 3.962 pikul Pfeffer für einen Gesamtpreis von 19.810:12 382 Ebd., 4/5 und 10. 383 Ebd., 10. 384 Ebd., 11.
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Reichsthalern erwerben. Der Löwenanteil davon wurde mit 3.185 pikul und 55 katti auf die Jacht ‚De Arent’ verladen, auf der begleitenden Schaluppe ‚De Valke’ fanden 776 pikul und 44 katti Platz.385 Während der Verladearbeiten erfuhrend die Niederländer, daß im Frühjahr des Jahres bereits zwei Kunden Pfeffer im großen Stil erworben hatten. Bei dem einen handelte es sich um den Engländer, auf den die VOCExpedition bei ihrer Ankunft gestoßen war, bei dem anderen um den Kapitän einer chinesischen Junke, die 8.000 pikul Pfeffer geladen hatte. Daneben hatten einige andere Privathändler Banjarmasin ohne Pfeffer wieder verlassen müssen. Auf Grundlage der bislang realisierten Verkäufe ging der panambahan davon aus, daß er bis zum Eintreten des Ostmonsuns noch einmal 4.000 pikul Pfeffer für die Niederländer beschaffen könnte. Diese konnten nach Makassar melden, daß weitere zwei bis drei Schiffsladungen noch im laufenden Jahr in Banjarmasin zu realisieren wären.386 Es blieb zunächst bei einer Hoffnung. In einem Brief vom 15.11.1727 betonten die wieder in Banjarmasin eingetroffenen VOC-Vertreter ihre Zuversicht, den angestrebten Preis von vier Real pro pikul zuzüglich eines Viertel Real Zoll erreichen zu können – von einem Einkauf größerer Pfeffermengen konnten sie nicht berichten. Gleichzeitig hieß es aus Batavia, daß noch nicht viel Pfeffer aus Banjarmasin eingetroffen war.387 Die Mengen, welche die VOC im ersten Jahr der neuerlichen Kontaktaufnahme in Banjarmasin tatsächlich realisieren konnten, entsprachen bei weitem noch nicht den Erwartungen. Baron Hohendorff, dessen Einschätzung sich auf das Jahr 1730 bezieht, jedoch von Informationen aus der Zeit vor der Reise Landheers und de Brouns ausgeht, spricht davon, daß das Sultanat in guten Jahren 25.000 bis 30.000 pikul Pfeffer liefern könnte, in schlechten immerhin noch 15.000 bis 20.000 pikul.388 Seine Zahlen stellen sicherlich eine durchaus realistische Schätzung dar. Das Problem der ersten Handelsgesandtschaft bestand weniger in zu hohen Erwartungen, sondern in der Tatsache, daß sie zunächst als ein Konkurrent unter vielen auftreten mußte. Diese Situation wollte die Kompanie natürlich baldmöglichst beenden. Von Anfang an strebte sie eine Monopolzusage des panambahan an. Und auch dieser verhielt sich entgegenkommend. Während sich die beiden Gesandten noch dort aufhielten, erreichten am gleichen Tag – den 6.6. 1727 – zwei malaiische Briefe aus Banjarmasin den Generalgouverneur in Batavia. Der erste enthielt neben den üblichen Freund385 386 387 388
schaftsbekundungen und dem Wunsch nach der Rückkehr von Landheer und de Broun, die ausdrücklich namentlich genannt werden, vor allem die Zusage für einen zukünfigen Pfefferhandel, in welchem der Kompanie „gute Ladungen“ zu einem Preis von fünf Real pro pikul zuzüglich Zoll zustehen sollten. Der zweite Brief, der zwei Tage später verfaßt worden war, unterschied sich vom ersten nur in einem einzigen Punkt: der Pfefferpreis wurde nun mir vier Real pro pikul angekündigt.389 Die Verhandlungsbemühungen der Herren Landheer und de Broun waren offenbar so intensiv, daß sie innerhalb von zwei Tagen ein offiziell zum Ausdruck gebrachtes Entgegenkommen erreichen konnten. Wenig später erklärte der Reichsverweser Kassuma Dilaga, abermals in einem Brief nach Batavia, sogar seine Bereitschaft, sich selbst im Pfefferhandel zu Gunsten der VOC zu engagieren.390 Er richtete die dringende Bitte an den Generalgouverneur, trotz der verzögerten Pfefferlieferungen den entsprechenden Handel der VOC in Banjarmasin aufrecht zu erhalten. Er bat darum, ihm Vertrauen zu schenken und 10.000 bis 20.000 Reichsthaler zu überlassen, um damit ein Schiff mit Pfeffer für die Fahrt nach Batavia auszurüsten. Außerdem bat er den Generalgouverneur um den Bau einer pencalang „na de Javaanse wijse“, da die holländische Bauart ihm doch allzu fremd wäre. Offenbar hatte Kassuma Dilaga eine pencalang von der VOC als Geschenk erhalten, die er nun gerne gegen eine ihm gewohnte umgetauscht hätte. Der Brief bringt das dringende Interesse des Reichsverwesers an Handelsbeziehungen zur VOC zum Ausdruck. Unzweifelhaft war eine solche für Banjarmasin günstig, konnte doch mit größerer Sicherheit von festen Absatzmengen ausgegangen werden, als dies bei unregelmäßig erscheinenden Privatiers möglich war. Inwieweit die Zuwendungen, die der panambahan als Gegenleistung von Batavia erwartete, tatsächlich Investitionen in den Pfefferhandel darstellten, muß dahingestellt bleiben, darf aber ohne den Vorwurf der Realitätsferne bezweifelt werden.
Weitere Reisen und Verfestigung der Kontakte Die beiden Gesandten kehrten noch im selben Jahr nach Banjarmasin zurück. Am 8. September 1727 reisten sie aus Semarang ab und erreichten Banjarmasin am 9. Oktober 1727. Dort statteten sie zuallererst dem Sultan ihren Besuch ab und übergaben ihm die mitgeführten Geschenke. Der Sultan sicherte ihnen dieses Mal einen 389 ARA Den Haag, VOC 2072, Macassar, 1. Reg., 20-22 und 22/23. 390 ARA Den Haag, VOC 2072, Banjarmasin, 1-3.
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Preis von vier Real pro pikul Pfeffer zuzüglich eines Viertel Real Abgaben zu und versprach, dies auch bei seinen „rijxgrooten“ durchzusetzen, was möglich sein sollte, „solang ‘en geen engelse scheepen, of chineese jonken quamen om dat graen optecoopen“.391 Unmittelbar nach diesem Besuch konnte eine der Schaluppen mit 750 pikul Pfeffer zum Gesamteinkaufspreis inklusive aller Abgaben und Kosten von 3.195½ Real beladen werden. Es handelte sich nur um eine kleine Ladung, die den Versprechungen von Sultan und panambahan kaum entsprechen konnte. Den Niederländern wurde beschieden, daß im Landesinneren weitaus größere Pfeffermengen bereit lägen. Wahrscheinlich würde die Schaluppe ‚Zuiderbeek’, so die Mitteilung Landheers und de Brouns nach Makasasr, im November beladen und nach Batavia geschickt werden.392 Trotz dieser Aussichten blieb auch diese Reise noch hinter den Erwartungen der Kompanie zurück. Erfolgreicher gestaltete sich die Reise des darauf folgenden Jahres, an der Jan Landheer letztmals persönlich teilnahm. Am 28.5.1728 und am 16.6.1728 wurden die Schiffe ‚Doornik’, ‚Zuiderbeek’, die Schaluppe ‚Olijftak’ und das Lotsenboot ‚Bergwerker’ mit insgesamt 52.000 mexikanischen Realen, vier Kisten Opium und einigen Textilien nach Banjarmasin geschickt.393 Bis zu ihrer Rückkehr im Oktober 1728 hatten die Besatzungen der vier Schiffe 15.785 pikul schwarzen Pfeffer zusammengetragen.394 Erstmals entsprach die eingehandelte Menge den Zielvorstellungen, so daß im nächsten Jahr erneut eine Expedition ausgerüstet wurde. Von dieser kehrten die ‚Zuiderbeek’ am 15.8.1729 zurück. Ihr Kapitän hatte zu berichten, daß nur 4.226 pikul Pfeffer in Banjarmasin zu bekommen waren; das Angebot war mit Sand vermischt und unreif, schmutzig und staubig.395 Auch eine länger gebliebene Schaluppe konnte die Ausbeute nur um 344 pikul ergänzen. Zusammen mit den 4.000 pikul, die das erste Schiff der Expedition nach Batavia transportieren konnte, war die Ausbeute auf 8.570 pikul zurückgegangen.396 Der Absatz von Opium und Textilien verlief in diesem Jahr sehr schleppend. Als Grund gaben die verantwortlichen Offiziere an, daß die Einheimischen bevorzugt javanische und makassarische Textilien kauften, die nicht zum Angebot der Kompanie gehörten. Von chinesischer oder europäischer Konkurrenz im Pfefferhandel hatten sie hingegen nichts zu berichten.397 391 392 393 394 395 396 397
ARA Den Haag, VOC 2072, Macassar, 2. Reg., 19-21. Ebd., 21/22. Generale Missiven VIII, 31.10.1728, 182. ARA Den Haag, VOC 2100, Macassar, 2. Reg., 184/185. Generale Missiven IX, 30.9.1729, 9. ARA Den Haag, VOC 2133, Macassar, 1. Reg., 334-341. Generale Missiven IX, 30.11.1729, 30.
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Trotz schlechter Pfeffereinkäufe beschloß die Kompanie zunächst, ihren Banjarmasinhandel fortzusetzen.398 Ein Grund lag sicherlich darin, daß der panambahan und seine Räte stets signalisierten, mit der VOC über einen exklusiven Handelsvertrag für Pfeffer „met uijtsluijtinge van andere natien“ zu verhandeln und ihnen eine Niederlassung anzubieten.399 Die Realisierung der Ankündigung, welche für die Kompanie erst den eigentlichen Grundstein für ein dauerhaftes Engagement in Banjarmasin bedeutet hätte, verzögerte sich jedoch immer wieder. Mehrfach führte Kassuma Dilaga aus der aktuellen Marktsituation begründete Ausflüchte an, wenn die niederländischen Gesandten einen Vertragsabschluß einforderten. Auch ein Besuch des Sultans Akamadia in Batavia brachte keine Fortschritte. Etwas erfreulicher verlief die Grundsteinlegung für eine Faktorei in Banjarmasin, doch erwies sich der Platz, welcher der Kompanie angeboten worden war, als ungünstig, da er bei jedem Hochwasser des Flusses überflutet wurde.400 Erst nach längeren Auseinandersetzungen wurde der VOC ein geeigneteres Stück Land zugebilligt.401 Die Verhandlungen um einen Exklusivvertrag für den Pfefferhandel versandeten hingegen mit dem Tod des Reichsverwesers zu Beginn der 1730er Jahre. Anfang 1732 fuhr die ‚Langerak’ mit der Order nach Banjarmasin, den noch dort residenten VOC-Bediensteten die möglichst schnelle Rückkehr zu befehlen, auch wenn dies die Zurücklassung noch nicht bezahlter Waren bedeutete.402 In der Folge kehrten am 26.6.1732 die Residenten Pieter van der Snippe und Carel Braine via Semarang aus Banjarmasin nach Batavia zurück. Die VOC sah zu diesem Zeitpunkt keine Hoffnung auf Besserung im Banjarmasin-Handel, so lange „de regering in den tegenwoordigen toestand en den vorst onmagtig blijft“ und die vermeintliche Vorrangstellung der Chinesen beim Pfeffereinkauf nichz beseitigt würde.403 Auf der anderen Seite versuchte das Sultanat Banjarmasin den Kontakt zunächst aufrecht zu erhalten. Es wurde eine Gesandtschaft nach Makassar geschickt. Bei dieser versuchte die VOC zu erreichen, daß keine buginesischen oder wajoresischen Schiffe mehr ohne Kompanie-Paß im Hafen von Banjarmasin geduldet wurden.404 Offenbar genügten diese Ansätze, um die VOC zu einem erneuten Versuch zu veranlassen. Am 8.3.1733 fuhren Christoffel de Marre und David Brouwer mit der 398 399 400 401 402 403 404
Ebd., 31.1.1730, 74. ARA Den Haag, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 176. Generale Missiven IX, 30.11.1729, 30; ARA Den Haag, VOC 2133, Macassar, 1. Reg., 318. ARA Den Haag, VOC 2133, Macassar, 1. Reg., 320/321. Generale Missiven IX, 14.2.1732, 296. Ebd., 25.10.1732, 348. Ebd., 8.12.1732, 369/370.
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‚Westerbeek’ wieder nach Banjarmasin, und wieder ist in den Generalen Missiven von der Errichtung einer befestigten Residenz die Rede.405 1734 wurde schließlich der seit Jahren angestrebte Vertrag zwischen der VOC und dem Herrscher von Banjarmasin abgeschlossen. Der Kontrakt legte den Preisspielraum bei Pfeffer fest, den die VOC inzwischen auf Grund deutlich gestiegener Marktpreise bei sechs bis sieben Real pro pikul akzeptieren mußte, regelte im Gegenzug die Unterstützung des Sultanates durch die VOC zu Lande und zu Wasser und garantierte, daß sich die VOC nicht in die Regierungsgeschäfte Banjarmasins einmischen würde. Zudem wurde ein Ankerverbot für alle europäischen Nationen vereinbart. Die VOC erhielt ein Visitationsrecht für alle aus- und einlaufenden Fahrzeugen, während die Kaufleute Banjarmasins freien Zugang zu allen javanischen Häfen außer Surabayas erhielten.406 Die einzige chinesische Junke, die nach dem ursprünglichen Vertragstext pro Jahr zugelassen war, sollte ihren Pfeffer zu einem Preis von acht Real für jedes pikul, also zwei Real über dem Marktpreis, ausschließlich von der VOC beziehen. Insgesamt wurde eine Höchstmenge von 4.000 pikul festgelegt. Die Realität erwies bald die Undurchführbarkeit dieser Vorstellung und brachte die VOC dazu, diese insofern anzuerkennen, daß sie nun drei Junken aus China zuzulassen bereit war.407 Letztendlich scheiterten auch weitergehende Versuche, die chinesische Handelsaktivitäten in Banjarmasin zu beschränken.408 Wie weit sich die Restriktion für andere Handelsnationen als realistisch erwiesen, ist nicht konkret überliefert. Immerhin fällt auf, daß Ethnien wie die Bugis im Vertrag gar nicht erwähnt wurden. Es ist durchaus möglich, daß sich die Führung Banjarmasins auf eine Exklusion ihrer alten Handelspartner nicht einlassen wollte. Einen tatsächlichen Ausschluß konnte die VOC nur für europäische Konkurrenten erreichen. Die Kompanie hatte zwar keinen Monopolvertrag, immerhin aber ein Vorkaufsrecht zu garantierten Preisen erhalten. In der Realität bestand jedoch noch immer umfangreiche Konkurrenz im Hafen von Banjarmasin. Da der Pfefferhandel nie von einer europäischen Nation zu monopolisieren war,409 stellte dieser Vertrag offenbar dennoch eine ausreichende Grundlage für eine weitergehende Präsenz der VOC in Banjarmasin dar. 405 Ebd., 31.3.1733, 470. Der offizielle Bericht des Generalgouverneurs aus dem folgenden Jahr enthält eine ausführliche Begründung für die Notwendigkeiten einer erfolgreichen Etablierung der VOC in Banjarmasin unter Konkurrenzbedingungen vor allem den Chinesen gegenüber (ebd., 31.3.1734, 572/573). 406 HOHENDORFF, Beschrijving, 176/177. 407 Ebd., 200, 205. 408 Ebd., 206. 409 SCHMITT, Pfefferhandel, 23.
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1734 konnte die VOC noch auf Grundlage der abgeschlossenen Verträge verhindern, daß drei chinesische Schiffe in großen Mengen Pfeffer aufkauften. Allerdings war die Ernte des Jahres außergewöhnlich schlecht.410 Bereits ein Jahr später verlief der Pfefferhandel nach Ankunft der chinesischen Junken für die Kompanie nur noch zäh.411 Nicht nur chinesische Pfefferhändler machten ihr zu schaffen, sondern auch die Vielzahl der kleinen einheimischen Kaufleute, die häufig gar nicht die Stadt Banjarmasin selbst aufsuchten, sondern ihre Geschäfte am Ufer des Flusses irgendwo im Urwald abwickelten. 1746 betonte der Generalgouverneur in seinem jährlichen Bericht, daß die Kompanie sich zur gezielten Bekämpfung des „Schmuggels“ zwischen Banjarmasin und Makassar genötigt sah.412 Zwischen den beiden Hafenstädten bestand ganz offenbar weiterhin eine Handelsverbindung, die auf beiden Seiten nicht mehr kontrollierbar war. Erst 1748 konnte die VOC eine Niederlassung in Banjarmasin etablieren, die weit über eine schlichte Faktorei mit zwei Repräsentanten hinaus ging. Die neue, befestigte Niederlassung war mit einem Residenten, zwei Assistenten, einem Chirurgen, zwei Sergeanten, drei Korporalen, einem Tambour, 30 Soldaten, einem Zimmermann, ein Schiffskorporal, einem Quartiermeister und sechs Matrosen besetzt.413 Insgesamt verfügte sie über eine Besatzung von 49 Mann und war somit gut ein Drittel größer als die Außenposten Makassars in Bima, Selayar oder Bantaeng. Bereits ein Jahr nach ihrer Gründung vermeldet die Kompanie, daß der Pfefferanbau im Binnenland zunahm, neue Pfefferplantagen angelegt wurden und die VOC relativ konkurrenzlos in Banjarmasin die Ernte aufkaufen konnte.414 Rund zwei Jahrzehnte nach der Erneuerung der Handelskontakte durch Landheer und de Broun begann Banjarmasin ein lukrativer Markt für die VOC zu werden.
410 411 412 413
Generale Missiven IX, 30.11.1734, 600. Ebd., 16.12.1735, 678. Generale Missiven XI, 15.3.1746, 342. HOHENDORFF, Beschrijving, 178. Die entsprechende Passage in den Generalen Missiven zeigt, daß die Errichtung dieser kleinen Festung auch auf dem stets präsenten Mißtrauen der Niederländer den Einheimischen gegenüber beruhte, indem festgestellt wird, daß es in Banjarmasin nötig ist, „zig daar niet vast te maken nog op te trouwe der Banjareesen te verlaten, maar integendeel de scheepen als haare packhuysen en de kleyne vaartuygen als haare woonhuysen of ten minsten hare grootste defensie te rekenen, dewijl wij geen etablissement aan land van eenige omslag begeeren tot voorkoming van sorgloosheid en ongelucken.“ (Generale Missiven XI, 31.12.1748, 651). 414 Generale Missiven XI, 31.12.1749, 778.
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5. Banjarmasin gegen Ende des 18. Jahrhunderts415
Chin Yoon Fongs Einschätzung, daß der Vertrag von 1747 mit dem Verlust der Souveränität Banjarmasin gleichbedeutend sei,416 ist zumindest eine Überinterpretation. Allerdings veränderte er die Handelsbedingungen im Hafen von Banjarmasin. Die VOC war nun in einer ausreichend mächtigen Position vertreten, um mehr und mehr die Kontrolle über den Privathandel an sich zu bringen. Der Kontinentalhandel nach China ging für lange Zeit zurück, verschwand allerdings nicht vollständig, sondern erlebte gegen Ende des 18. Jahrhunderts sogar eine leichte Wiederbelebung. Der weiterhin rege asiatische Warenhandel befand sich zwar unter Kontrolle, rigide Eingriffe unternahm die VOC jedoch nur zur Sicherung des Pfefferhandels. Wie weit der ihr Einfluß auf den Privathandel in Banjarmasin ging, ist noch weitgehend unbekannt. Der Hafen blieb sicherlich weiterhin ein Emporium, wenn auch der Grad seiner Zentralität und seine Reichweite vorerst unklar bleiben muß. Wenn William Milburn in seiner Beschreibung des orientalischen Kommerz bei Banjarmasin anlangt, bietet er seinen Lesern für die Endphase der VOC-Präsenz das folgende Bild, einschließlich einiger Ratschlägen an seine handelstreibenden Landsleute zum korrekten Auftreten in der niederländisch dominierten Stadt: „The Dutch Chief occasionally trades with ships visiting the place, but it is in rather a clandestine manner. Should circumstances admit of touching here, you must send a boat well manned and armed up the river to the Dutch factory, and say you want wood, water, and provicion; if possible, hire a small proa, find a man to go with you as linguist; but you must be very much upon your guard how you trust him. You will get a man of this description to got with you for a few dollars, provided he behaves well. Invite the Dutch Chief on board; in all probability he will send down a boat, and request your company on shore, in which case take nothing of value with you except your side-arms. Enquire if the Commandant of the troops and the Chief are on good terms; if they are not, you must be cautious how you talk about trade.“417
Mit der VOC hatte sich eine neue Handelsmacht etabliert, die bestimmte Handelssphären erfolgreich zu dominieren suchte und dadurch tiefgreifenden Einfluß ausübte. Die Stellung der Kompanie in den vier Jahrzehnten nach dem ersten Vertragsabschluß ist nur schwer mit anderen ihrer Niederlassungen im Malaiischen Archipel zu dieser Zeit vergleichbar. Entweder hatten sie an ihrem Standort weitaus größere ökonomische Bedeutung wie auf Ternate oder Tidore, oder sie hatten auch die politische Macht übernommen wie in Makassar oder Semarang. Allenfalls der Ver415 Für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts noch immer grundlegend, wenn auch rein ereignis- und diplomatiegeschichtlich ausgerichtet: NOORLANDER, Bandjarmasin. 416 CHIN, VOC Relations, 84. 417 MILBURN, Oriental Commerce II, 414.
Die Europäer in Banjarmasin
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gleich mit kleineren Residenzen wie auf Bima oder Selayar scheint sich anzubieten, doch befanden diese sich nicht an Orten mit vergleichbarer wirtschaftlicher Zentralität und waren deutlich kleiner. Viel eher kann davon gesprochen werden, daß in Banjarmasin in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein älterer Präsenztyp vorlag, wie er vor allem zu Beginn des 17. Jahrhunderts bei den Ostindien-Kompanien auftrat. In politischer Hinsicht bedeutete dies nicht mehr als die Stellung einer einflußreichen Handelsdiaspora. In wirtschaftlicher Hinsicht entsprach dieser Präsenztyp den ersten drei Stufen der Entwicklung von Faktoreien nach Rothermund, allerdings mit der Einschränkung, daß die „monopsonistische Kontrolle“ des Käufermarktes nur beim Pfeffer erreicht wurde.418 Machtpolitisch blieb die Unabhängigkeit des Sultanats weitgehend unangetastet. Allerdings ließ sich die VOC zunehmend in regionale Auseinandersetzungen hineinziehen.419 War sie bei ihrer Ankunft ein willkommener Bündnispartner gegen äußere Feinde, bot sie sich nun auch als Partner bei inneren Auseinandersetzungen an. Letztendlich waren es interne Streitigkeiten, die Banjarmasin vollständig unter niederländische Herrschaft brachten, und nicht die Durchsetzung eines Handelsvertrages, so günstig er für die Kompanie ausgefallen sein mochte. 1785 erlebte das Sultanat abermals dynastische Streitigkeiten. Zwischen den drei Söhnen des Sultans Mohammad, der offenbar vergiftet worden war, brach ein Thronfolgekrieg aus. Einer der Söhne, der pangeran Nata, wandte sich hilfesuchend an die VOC, die ihn schon in vorangegangenen Auseinandersetzungen unterstützt hatte. Die Kompanie engagierte sich erfolgreich mit einer Flotte und einem Expeditionschor und kam auf diese Weise 1787 „in Besitz“ des Reiches von Banjarmasin. Ihr Protegé Nata wurde panambahan unter dem nur formell regierenden Sultan Tahmid Illah. Nata ging als Reformer und Begründer eines Steuersystems in die Geschichte Kalimantans ein, aber er war und blieb ein Herrscher von Gnaden der VOC. Diese erzwang den Abschluß eines umfassenden Vertrages, der in Banjarmasin eine Kolonialherrschaft nach dem System des ‚indirect rule’ etablierte.420 418 ROTHERMUND, Europa und Asien, 94. Die insgesamt fünf Entwicklungsstufen sind: „1. Die Faktorei übernimmt Ankauf und Verkauf und sieht ihre Hauptaufgabe darin, regelmäßig Schiffsladungen bereitzuhalten. 2. Die Faktorei spezifiziert die Bestellung für den Export, sie verteilt Muster und bestellt vor. 3. Die Faktorei finanziert einen großen Teil der Bestellungen durch Vorschüsse und ist damit auch in der Lage, eine Standardisierung durchzusetzen und Qualitätskontrollen auszuüben. 4. Die Faktorei greift in den Produktionsprozeß ein, setzt Vorschüsse gezielt ein, stimuliert eine Produktionserhöhung für den wachsenden Export. 5. Die Faktorei übernimmt die Produktionsorganisation im Sinne eines Verlagssystems (putting out system) und durch Weiterverarbeitung in eigenen Werkstätten.“ 419 KING, Peoples, 138. 420 VEN, Rijk Bandjermasin, 97/98; NOORLANDER, Bandjarmasin, 66-101, 168-181 (Edition des Vertrages).
III. Handel in Banjarmasin
1. Handel und Händler
Die Beteiligung Einheimischer Nur selten hatten die Niederländer mit der einheimischen Bevölkerung unmittelbar zu tun. Dies heißt jedoch nicht, daß diese keine Verbindung mit dem Handel in Banjarmasin hatten. Alexander Dalrymple erwähnt den Bericht eines englischen Reisenden, der Kalimantan im Jahr 1714 besuchte und dort einen regen Handel der „Idaan“, die von den Banjaresen als „Biajoos“ bezeichnet wurden, auf den Binnenwasserstraßen beobachtete.421 Die Bezeichnung ‚Iban’ war wahrscheinlich ein unreflektierter Sammelbegriff, der aus ethnologischer Sicht ungefähr den Dayak entsprochen haben dürfte. Bei den Biaju – nicht zu verwechseln mit den Seenomaden der Bajau – handelt es sich um die Dayak-sprechende Bevölkerung am Barito-Fluß und anderen südwärts fließenden Gewässern, die eine Untergruppe der Ngajus darstellte.422 Im Hinterland des Flusses, der die Lebensader Südost-Kalimantans darstellte, lagen die Anbaugebiete des Pfeffers. Dessen Kultivierung lag seit dem 17. Jahrhundert zunehmend in den Händen einer malaiisch-indonesischen Mischbevölkerung, die an der Küste auf der Grundlage verschiedener Diasporagruppen enstanden war und sich langsam in das Hinterland ausdehnte.423 Die ursprüngliche Bevölkerung, die Biaju, stellte nunmehr den Pfeffertransport nach Banjarmasin sicher. Sie waren ein in der Flußschiffahrt versiertes Volk; Pfefferanbau betrieben sie kaum. Die Macht des Sultans von Banjarmasin reichte nicht weit in dieses Hinterland. Die verschiedenen Dayak-Gruppen dort waren sehr auf ihre Unabhängigkeit bedacht. Ihr halbseßhafter Lebensstil in den Regenwäldern verhinderte zudem die Kontrolle durch eine Zentralmacht. Die Herrscher von Banjarmasin konnten zwar im eigenen Machtbereich den Handel kontrollieren, waren im Hinterland jedoch von der aktuellen Lage bei den Biaju oder bei den dort angesiedelten malaiischen Gruppen abhängig. Häufig waren sie daher in kriegerische Auseinandersetzung mit den von ihnen so genannten Bergvölkern verwickelt, bei denen es um Hoheitsan421 DALRYMPLE, Plan, 40. 422 KING, Peoples, 53. 423 Ebd., 121, 125.
Handel in Banjarmasin
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sprüche, aber auch um die Sicherstellung der wirtschaftlichen Grundlage Banjarmasins ging. Insofern war ein Bündnis mit der VOC eine willkommene Stärkung für die banjaresischen Machthaber. Anders stand es um die Beteiligung der Banjaresen am Außenhandel. Eine solche hatte es offenbar einmal gegeben, auch mit Kenntnis der Kompanie. Im 18. Jahrhundert war sie jedoch längst aufgegeben worden. Auf der Reise des Jahres 1711 erkundigte sich der holländische Gesandte, warum die Banjaresen nicht mehr wie früher Pfeffer mit ihren eigenen Fahrzeugen nach Batavia brachten. Mehrfach erhielt er die Antwort, daß sie durch den Aufstand der Bergvölker kaum noch an Pfeffer kommen könnten und befürchten, in Batavia schlecht behandelt zu werden.424 Ein Jahr später wurde ihm erzählt, die Seeleute der Banjaresen wären längst ausgestorben.425 Der Pfefferexport Südost-Kalimantans blieb langfristig in den Händen auswärtiger Kaufleute. Lediglich im Binnenstransport spielte die einheimische Bevölkerung eine Rolle. Eine wohlhabende einheimische Bevölkerung scheint aus einer solche Beteiligung am Handel nicht hervorgegangen zu sein. Als die niederländischen Gesandten erstmals die Bevölkerung außerhalb der städtischen Siedlungen zu Gesicht bekamen, erschien sie ihnen arm und unvermögend. Der „gemeine Mann“ bestritt seinen Lebensunterhalt mit dem Anbau von cadjang, der Produktion von Matten und ein wenig Fischfang. Wer etwas Vermögen hatte, versuchte Gold und Pfeffer aufzukaufen, um diese Waren an Chinesen und andere Händler für einen geringen Gewinn weiterzuverkaufen. Über Bargeld verfügten sie nur sehr selten.426
Chinesen in Banjarmasin Lange bevor europäische Schiffe erstmals den Banjarmasin-Fluß befuhren, waren chinesische Kaufleute in Kontakt zu den Banjaresen getreten. Die von offiziellen Tributgesandtschaften getragene maritime Expansion Chinas im 14. und 15. Jahrhundert kam nicht weit genug nach Osten, um Kalimantan berührt zu haben. Insofern liegt die gängige Sichtweise, daß es sich um einen Transfer chinesischer Interessen aus Malakka im Zusammenhang mit der portugiesischen Eroberung handelte,427 durchaus nahe. Chinesische Kontakte zu Kalimantan und speziell zu Banjarmasin 424 425 426 427
konnten jedoch auch über die traditionelle Seeroute, die über den Sulu-Archipel in die Straße von Makassar führte, hergestellt werden. Diese Option erscheint grundsätzlich kaum weniger wahrscheinlich als die erstgenannte. Ein historisch eindeutiger Beleg für den eigentlichen Ursprung chinesischer Präsenz in Südost-Kalimantan liegt bislang nicht vor. Als sich die Europäer verstärkt für Banjarmasin zu interessieren begannen, waren Chinesen längst in der Stadt etabliert. Sie war nicht nur das Ziel regelmäßig verkehrender Junken aus Fukien, die den Pfeffernachschub für China sicherstellten, sondern auch der Lebensmittelpunkt einer Reihe ausgewanderter chinesischer Familien. Aus den Schilderungen des Barons von Hohendorff läßt sich herauslesen, daß in Banjarmasin eine autonome Gemeinde unter einem eigenen Oberhaupt bestanden hatte.428 Die Chinesen waren – wahrscheinlich als einzige auswärtige Händlergruppe – in der Lage, Gesandte in die Siedlungen der Pfefferanbaugebiete zu entsenden und so ihre Einkäufe „an der Quelle“ zu tätigen.429 Durch ihre längere Präsenz und ihre bessere Einfügung in die lokalen Verhältnisse hatten sie sich einen Vorteil erarbeitet, an der auch die ersten europäischen Niederlassungen nichts ändern konnten. Nach der Vertreibung der Engländer im Jahr 1707 waren zunächst die Chinesen wieder zur dominierenden Handelsmacht in Banjarmasin aufgestiegen. Informationen der VOC zufolge sollen 1710 zehn bis zwölf Junken den Hafen angelaufen haben, deren Kapitäne bereit waren, auch völlig überzogene Preise zu bezahlen.430 Die Rede war von sieben bis acht Real pro pikul, während der normale Marktpreis in den vorangegangenen Jahrzehnten zwischen fünf und sechs Real geschwankt hatte und die EIC sogar einen vertraglich festgelegten Preis von drei Real pro pikul hatte aushandeln können. Die Bereitschaft, auf fast alle augenblicklichen geforderten Preise einzugehen und gegebenenfalls auch überhöhte Preise auf dem städtischen Markt durch Kontakte in das Landesinnere zu umgehen, erweiterte den Vorteil ihrer Position. Dies änderte sich kaum, als die Gesandtschaft von Landheer und de Broun den niederländischen Handel in Banjarmasin wiederzubeleben versuchte. 1727 bezahlten die Chinesen, die jährlich in Banjarmasin erschienen, sechs bis 6¼ Real pro pikul Pfeffer,431 während die VOC-Gesandten noch damit befaßt waren, einen Garantiepreis von vier Real auszuhandeln, um nicht die von ihnen geforderten fünf Real bezahlen zu müssen. 428 429 430 431
HOHENDORFF, Beschrijving, 208. CHIN, VOC Relations, 80. HOHENDORFF, Beschrijving, 172. ARA Den Haag, VOC 2072, Macassar, 1. Reg., 11.
Handel in Banjarmasin
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Außer über die Kontakte zu einigen konkreten Bezugspersonen, die als Mittelsmänner zwischen dem panambahan und den Niederländern dienten, konnten Landheer und de Broun nur wenig über die chinesischen Gemeinde berichten. Nach dem Abzug der Briten zwanzig Jahre zuvor siedelte die Diasporagemeinde mehrheitlich in einer vorgelagerten Siedlung namens Cajatangi, wo sie mit 1.500 bis 2.000 Personen über die Hälfte der Bevölkerung ausmachten. Offenbar war im Zuge der gewalttätigen Unruhen von 1707 ein eigenes Chinesenviertel entstanden. Über den Handel der Gemeinde war den Gesandten nur wenig bekannt. Dem Hörensagen zufolge war auch diese Nation eher arm. Selbst ihr Oberhaupt Limkienko, der wohlhabenste unter ihnen, machte nur in kleinem Umfang Geschäfte. Die Gesandten konnten auch nicht feststellen, daß Chinese Leki-etko, der ursprünglich aus Semarang stammte und ein hohes Amt in Banjarmasin bekleidete, aus seiner Stellung großen wirtschaftlichen Nutzen zog. Vielmehr schätzten Landheer und de Broun auch ihn als einen armen Mann ein, der sogar beim Kapitän der Chinesen Schulden hatte. Die Ladung der jährlich aus China eintreffenden Junken bestand allerdings aus der vollständigen Palette hochwertiger chinesischer Waren, die mit Sicherheit zu Teilen unter den Landsleuten in der Stadt abgesetzt wurden, so daß zumindest im Kontrast zu den Banjaresen von einem gewissen Wohlstand ausgegangen werden kann. Zu den reichsten chinesischen Gemeinden im Malaiischen Archipel gehörten die Diaspora-Chinesen von Banjarmasin jedoch sicherlich nicht.432 Die Anwesenheit der Niederländer und die zaghafte Verfestigung ihrer Kontakte änderte zunächst nichts an der regelmäßigen Verbindung zwischen Banjarmasin und Amoy in China. 1727 wie 1728 ist in den Gesandtschaftsberichten von regelmäßigen chinesischen Junken die Rede, zwei bis drei an der Zahl, welche die Niederländer aber nicht zu Gesicht bekamen.433 1733 konnten drei chinesische wangkang rund 128.600 pikul Pfeffer aufkaufen und damit die im März eingetroffenen Niederländer deutlich abhängen, da sie abermals höhere Preise bezahlten.434 Mit diesem Einkauf übertrafen sie bei weitem das, was die VOC bis dahin hatte erreichen können. Nach Erfolgen im Konkurrenzkampf gegen die Kompanie in den 1730er Jahren waren die Chinesen Ende der 1740er aus Banjarmasin weitgehend verdrängt worden. Kein einziges chinesisches Schiff erreichte 1749 den Hafen.435 Durch ihre massive Präsenz hatten die Niederländer die Chinesen, die aus dem Mutterland den 432 433 434 435
ARA Den Haag, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 14-16. Ebd., 16; VOC 2100, Macassar, 2. Reg., 173. Generale Missiven IX, 31.10.1733, 475. Ebd. XI, 31.12.1749, 778.
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Banjarmasin und die Europäer
Handel mit Kalimantan aufrecht erhielten, zurückdrängen können. Sie waren für den panambahan der verlässlichere Partner, da sie durch ihre Faktorei stets vor Ort präsent waren. Dies bedeutet noch nicht das endgültige Verschwinden der Junken aus Amoy, auch nicht eine Monopolisierung des Pfefferhandels zugunsten der VOC oder das Verschwinden der chinesischen Diasporagemeinde, die nach wie vor ihren Geschäften, auch mit Pfeffer und Gewürzen, nachging. Gegen Ende der VOC-Ära belebte sich auch der China-Handel zusehens. Crawfurd berichtet, daß eine Junke von rund 600 Tonnen Laderaum jährlich aus China nach Banjarmasin reiste.436 Zumindest für die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts dürfte dieser Bericht aus dem frühen 19. Jahrhundert zugetroffen haben, wenn nicht sogar für die letzten beiden Jahrzehnte, die im östlichen Archipel bereits einen sichtbaren Rückgang der VOC-Aktivitäten erlebten. Über Banjarmasin hinaus erwähnt Crawfurd regelmäßigen Fahrten zu verschiedenen Zielen auf Kalimantan. Der Kalimantan-Handel Chinas etabierte sich erneut, und die Diaspora in Banjarmasin behielt weiterhin eine wesentliche Stellung.437
Bugis in Banjarmasin Ebenfalls traditionsreiche Handelsverbindungen nach Kalimantan und insbesondere nach Banjarmasin unterhielten die Bugis. In den Hafenmeisterlisten Makassars lassen sie sich für die ersten Beispieljahrgänge noch erkennen. Daß die Überlieferung erst 1717 einsetzt, verhindert einen genaueren Blick auf die buginesischen Kontakte zwischen Makassar und Banjarmasin. Im Laufe des 18. Jahrhunderts dürften diese Kontakte kaum zurückgegangen sein; zumindest deuten die Quellen mit Bezug auf Banjarmasin nichts dergleichen an. Allerdings verschwinden sie aus den makassarischen Hafenmeisterlisten. Es ist demnach eher von eine Verlagerung solcher Verbindungen auszugehen als von einem Schrumpfungsprozeß. Die niederländischen Expeditionen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts trafen immer wieder auf Bugis oder hörten zumindest von ihnen. Nach den Informationen, die sie sammeln konnten, mußten die Gesandten von regelmäßigen Verkäufen der Banjaresen – sei es Pfeffer, Gold oder Waldprodukte – an buginesische nachodas ausgehen, auch an solche, die nach Makassar fuhren.438 Landheer und de Broun berichten konkret von einem Bugis, der zur Zeit ihrer Anwesenheit im Gewürz436 CRAWFURD, History III, 183. 437 MILBURN, Oriental Commerce II, 414. 438 ARA Den Haag, VOC 2100, Macassar, 2. Reg., 128/129, 173.
Handel in Banjarmasin
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handel eine herausragende Rolle spielte; allerdings hatten die beiden ihn nie kennengelernt.439 Wie weit sich hinter ihrer mühsamen Namenstransskription eine reale Persönlichkeit verbirgt, bleibt unklar, doch ist diese Notiz ein starkes Indiz für die Existenz eines „illegalen“ Gewürzhandels und die Beteiligung der Bugis an ihm. Der Pfefferhandel führte dazu, daß sich viele Bugis samt ihren Familien zumindest für einige Jahre an den Ufern der schiffbaren Flüsse niederließen.440 In dieser noch unsteten Ansiedlungsform steckte bereits die Keimzelle einer Handelsdiaspora. Einige von ihnen verlegten bald ihren Wohnsitz für immer an die südöstlichen Küsten Kalimantans. Allerdings blieben sie nur selten unter sich und waren häufig nicht mehr als Bugis zu identifizieren. Vielmehr trugen sie zur Bildung einer neuen ethnischen Gruppe, den Banjar Malay, in der Region bei – eine Entwicklung, die typisch für die Küstenregionen ganz Kalimantans war. Bei ihnen konnte sich neben den Bugis auch um muslimische Einwanderer aus Java, Sumatra, der Malaiischen Halbinsel, aber auch um Mitglieder anderer Völker aus Sulawesi handeln.441 Seit dem 17. Jahrhundert wird ein Rückzug der Dayak-Kultur im Hinterland der Hafenstädte zu Gunsten der sich ausbreitenden muslimischen Banjar-Malay-Kultur, die zunehmend zur exportortientierten Pfefferkultivierung überging, angenommen.442
Zugangsmöglichkeiten der Europäer Europäische Privathändler treten in den Quellen meist bloß nebelhaft in Erscheinung. Nur zufällig trafen Landheer und de Broun bei ihrer ersten Ankunft auf einen englischen Privatier, der am Unterlauf des Flusses mit dem Einkauf von Pfeffer beschäftigt war. Ansonsten vernahmen die Niederländer immer wieder vom Hörensagen von europäischen, vor allem englischen Schiffen, auch wenn sie keinen begegneten.443 Daneben traten offenbar vor allem portugiesische Privatiers in Banjarmasin in Erschienung. Insgesamt hielt sich die europäische Konkurrenz der Kompanie jedoch in Grenzen. Die eigentliche auswärtige Konkurrenz, die auch auf den höheren Handelsebenen aktiv war, waren die Chinesen. Grundsätzlich agierten die Europäer auf zwei verschiedenen Ebenen. Die VOC suchte ausschließlich den offiziellen Kontakt zum Sultanat Banjarmasin, bedingt 439 440 441 442 443
durch ihr mittelfristiges Ziel, das im Abschluß eines Exklusivvertrages für den Pfefferhandel bestand. Europäische Privatiers umgingen offenbar zumeist den Staat und kauften den Pfeffer entweder bei nichtstaatlichen Mittelsmännern oder gar bei den Biaju selbst. In dieser Hinsicht können auch die Biaju als Mittelsmänner angesehen werden, da es den englischen, portugiesischen oder niederländischen Privatiers nicht vergönnt war, unmittelbaren Kontakt zu den Pfefferproduzenten herzustellen. Wo auch immer die Europäer versuchten, ihren Handel in Banjarmasin anzusetzten, kamen sie kaum ohne Mittelmänner aus. An deren Spitze stand der Reichsverweser persönlich. Er repräsentierte den offiziellen Zugriff des Reiches auf die jähliche Pfefferernte und war somit der natürliche Ansprechpartner für ein sicheres Pfefferangebot. Unter dieser offiziellen Ebene bestanden jedoch weitere Zugangsmöglichkeiten zum Pfeffermarkt, die beweisen, daß der panambahan nicht tatsächlich die Pfefferernten monopolisieren konnte. Ermöglicht wurde dieser Zugang zumeist von chinesischen Vermittlern. Bei erst einmal etablierten Verbindungen konnten diese Vermittler auch überflüssig und durch direkte Kontakte zu den Lieferanten der Biaju oder Banjar Malay ersetzt werden. Möglicherweise griff Kapitän Twaites 1727 an der Mündung des Banjarmasin-Flusses auf solche Verbindungen zurück. Die fehlende Ortskenntnis der Niederländer, die keinen unmittelbarer Kontakt zu den Anbaugebieten im Hinterland erlaubte, hielt die VOC zusätzlich davon ab, das Sultanat Banjarmasin zu umgehen. Der dichte Regenwald, der sich beiderseits des befahrbaren Flußlaufes ausbreitete, dürfte die Niederländer von Versuchen abgehalten haben, die sie andernorts durchaus unternahmen. Zudem bestand auf Grund fehlender Kenntnis der indigenen Einwohnerschaft auch kein unmittelbarer Kontakt zu den Biaju. Der Reichsverweser war nicht nur deshalb Ansprechpartner, weil er als Vertreter der staatlichen Macht als einziger den erwünschten Exklusivvertrag in die Wege leiten konnte, er wurde auch auf Grund seiner Marktkenntnisse benötigt – unabhängig davon, wie weit er den Markt tatsächlich kontrollierte. Hinzu kam das geringe Vertrauen, das die Niederländer der Bevölkerung Banjarmasins und der Umgebung entgegenbrachten. Landheer und de Broun schrieben an Ihre Auftraggeber, daß den Aussagen der Einheimischen grundsätzlich wenig Glauben zu schenken sei, und daß daher auch nicht viel von der Behauptung zu halten sei, 200.000 pikul Pfeffer pro Jahr wären lieferbar.444 Nur sechs Jahre später bewiesen chinesische Junken mit dem Einkauf von 128.000 pikul das Gegenteil.
444 Ebd., VOC 2072, Macassar, 2. Reg., 22.
Handel in Banjarmasin
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2. Europäisch-asiatische Interaktion
Pfeffer und Gold – der Export Banjarmasins Banjarmasin war der Exporthafen eines reichen Hinterlandes, das eine große Produktpalette für den Export bereitstellen konnte. Pfeffer, Gold und Diamanten waren nur die wertvollsten Waren auf dem Markt. Daneben konnte der Wald, der sich schier endlos in das Landesinnere ausdehnte, eine breite Vielfalt an Gebrauchs- und Luxusprodukten anbieten. Deutlich erweitert wurde das Warenangebot durch die Funktion Banjarmasins als Emporium. Vor allem zwei Bereiche kamen hierbei zum Tragen: zum einen die regelmäßige Verbindung zum Reich der Mitte, die alle chinesischen Exportwaren auf den Markt brachte, zum anderen der außerhalb niederländischer Kontrollen ablaufende Gewürzhandel, der auch die molukkischen Gewürze Muskatnuß, Macis und Gewürznelken zu Exportwaren Banjarmasins machte. Entsprechend beobachteten Landheer und de Broun während ihres ersten Aufenthaltes einen farbenfrohen Privathandel. Ihr Bericht spricht von großen Mengen chinesischer Waren wie Seide und andere Textilien, wie Tabak, Porzellan oder Golddraht, die von Privatiers exportiert wurden; er spricht von Kupfergefäßen, Eisenpfannen, verschiedenen Arten von Matten aus einheimischer Produktion, von einheimischem Kunsthandwerk in Form von Dosen, einheimischen Naturprodukte wie Benzoin, Alaun, Gummilack, Rattan, Wachs und Vogelnestern sowie von maritimen Produkten, vor allem trepang und Trockenfisch.445 Der eigentliche Auftrag der erneuten Kontaktaufnahme mit Banjarmasin bestand darin, den dortigen Pfefferhandel für die VOC wiederzubeleben. Entsprechen konzentrierten sich die beiden Gesandten des Jahres 1727 auch ausschließlich auf den Einkauf dieses Gewürzes.446 Ähnlich verhielt es sich auf den unmittelbar nachfolgenden Reisen. Erst nach und nach, mit der zunehmenden Etablierung der Kompanie in der Stadt und der Errichtung einer beständigen Faktorei, weitete sich der Blick der Niederländer auf den örtlichen Warenmarkt aus. So konnte Baron von Hohendorff schließlich berichten, daß die Kompanie in Banjarmasin die gesamte einheimische Warenpalette einkaufte. Namentlich spricht er von Reis und Paddy, von Pfeffer, Gold, Diamanten, Besoarsteinen, Schildpatt, Drachenblut, Kampfer, Bernstein, Perlen, Wachs, Rattan, Beilen und parang-Messern.447 Reinier de Klerk 445 Ebd., VOC 2072, Macassar, 1. Reg., 15. 446 Ebd., 23-25. 447 HOHENDORFF, Beschrijving, 184.
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fügte dieser Liste noch Zinn und Vogelnester hinzu.448 Manche dieser Waren hatten die Gesandtschaften der 1720er und 1730er Jahre bereits im Blick. 1727 wurde ihnen Gold von 19 Karat für den Preis von 16 bis 17 Reichsthalern pro taël angeboten. Für Bezoarsteine wollten einheimische Händler von der Kompanie 9 bis 10 Real das Stück haben. Im Gegensatz zu späteren Jahren wurden jedoch beide Angebote von den Niederländern nicht wahrgenommen.449
Textilien und Silber – das Angebot der Europäer Der Warenabsatz der niederländischen Kompanie in Banjarmasin bietet ein Paradebeispiel für die Situation der Europäer in den meisten Handelssphären Asiens. Zugleich erinnert die Situation an Makassar vor 1666, als europäische Kompanien Textilien nur sporadisch, andere Waren zumeist gar nicht absetzen konnten. Nach dem ersten Brief von 1727, den die Gesandten aus Banjarmasin schickten, konnten lediglich vier Stück bengalischen Chinz’ für 33:40 Gulden und zwei Packen Opium für 1.876 Gulden verkauft werden; beides offenbar nur an den Reichsverweser oder auch über seine Vermittlung.450 Die endgültige Abrechnung der ersten Reise von Landheer und de Broun zeigt, daß sich in Banjarmasin lediglich Opium erfolgversprechen absetzen ließ. 290 Pfund der Droge hatten sie mitgebracht und offenbar vollständig verkauft. Ansonsten konnte nur Silber zum Einkauf von Pfeffer verwendet werden. Die Expedition kam mit 24.000 mexikanischen „Real van agten“ in Banjarmasin an und verließ die Stadt mit 4.730. Darüber hinaus hatten die niederländischen Schiffe eine große Palette vor allem indischer Textilien geladen, die zum größten Teil unverkäuflich waren und wieder mit zurückgenommen werden mußten. Lediglich die Seidenstoffe aus Surat konnten abgesetzt werden.451 Hinsichtlich des Warenabsatzes verlief die Reise von 1728 etwas erfolgreicher. Zumindest konnten 16 corgies Bastas verkauft werden, daneben 30 Lasten Reis.452 Während der Reise von 1729, die Matthijs de Broun zusammen mit Arent van Broijel, dem Nachfolger Jan Landheers, unternahm, konnten nur drei corgies schwarze Bastas mit immerhin 73% Gewinn verkauft werden. Ansonsten boten sich den Gesandten keine Absatzmöglichkeiten. Als Hauptgrund für diese Situation führten sie 448 ARA Den Haag, Collection Radermacher, Nr. 538, Korte Aanmerkingen van den ondergetekende Raad Extraordinair Reinier de Klerk met Relatie tot het koningrijk Banjer, 1. 449 Ebd., VOC 2072, Macassar, 1. Reg., 12. 450 Ebd., 13. 451 Ebd, 23-25. 452 ARA Den Haag, VOC 2100, Macassar, 2. Reg., 172.
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die Fahrten der Chinesen nach Batavia an und vermuteten, daß auch bei „sodanige verandering“ – also der gewaltsamen Unterbindung der chinesischen Route zwischen Banjarmassin und Batavia – lediglich ein jährlichen Absatz von zwölf bis 15 Kisten Opium und fünf bis sechs Packen Bastas zu erwarten wäre. Auf dem banjaresischen Textilmarkt herrschten zu dieser Zeit Stoffe und Kleidungsstücke aus Makassar und Java vor.453 Baron von Hohendorff vermerkt grundsätzlich über die schwierige Situation der Kompanie bei der Einfuhr von Textilien nach Banjarmasin: „De lijwaathandel was in de eerste tijden nog al van aanmerking, wordende niet alleen in redelijke quantiteit aldaar gedebiteerd, maar ook op dezelve een kapitaal en meer geadvanceert en welke volgens order anders weder terug gebragt moesten worden. Buitendien hing genoegzaam de peper inzaam daarvan af, en door derzelver toezending kon men de Engelschen en andere wel verkloeken, voornamelijk, indien de lijwaten bestonden in gewilde soorten, als Salampoeris, Sarasse gobar, zwarte kannakijns, zwarte breede Souratse Baffas, Souratse en Kust Chindos en andere. Waarvan de H Ed. meer als eens aandrongen om die plaatsen haar debiet met goede avancen, te niet geloopen, zoodat ook thans maar eenige weinige soorten, en zulks nog in geringe quantiteit derwaarts gezonden worden.“454
Optimistischer wirkt die die Aufzählung Reinier de Klerks, nach dessen Memorandum über die Handelsmöglichkeiten in Banjarmasin folgende Importwaren im Südosten Kalimantans ihren Absatz fanden: Spanische Real, Opium, Textilien aus Koromandel, Bengalen und Surat, chinesische Stoffe und Porzellan sowie Salz, Reis, Zucker und Tamarinde aus Java.455 All diese Produkte gehörten zu der Warenpalette des niederländischen ‚country trade’ im Archipel. Die verstärkte Präsenz der VOC in Banjarmasin verbesserte auch ihre Absatzchancen auf dem städtischen Markt. Besonders vorteilhaft wirkte sich die permanente Präsenz in den hart umkämpften Handelssphären der indische Textilien und chinesische Waren aus. Darüber hinaus paßte sich die Kompanie allmählich an die lokale Nachfrage an und verzichtete gleichzeitig auf das Angebot europäischer Produkte. Sowohl der Verkauf von Reis als auch der Absatz niederländischer Waren hatte sich als unrentabel erwiesen. Gleiches galt Mitte des 18. Jahrhunderts für Versuch, einen winkel mit einem Angebot aus Textilien, Metallen, Werkzeugen und anderen Kleinigkeiten in Banjarmasin zu errichten.456 Die Absatzchancen für Opium und Reis werden in den Quellen recht unterschiedlich bewertet. Reisverkäufe waren wahrscheinlich von Konjunkturen des einheimischen Nahrungsmittelangebotes abhängig, Opiumverkäufe von den Konjunkturen des privaten Handels. 453 Ebd., VOC 2133, Macassar, 1. Reg., 291/292. 454 HOHENDORFF, Beschrijving, 181/182. 455 ARA Den Haag, Collection Radermacher, Nr. 538, Korte Aanmerkingen van den ondergetekende Raad Extraordinair Reinier de Klerk met Relatie tot het koningrijk Banjer, 1. 456 HOHENDORFF, Beschrijving, 182/183.
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Entscheidend blieb das Bargeld. Zur Bezahlung kleinerer Pfeffermengen wurden pitjes verwendet, die zu 4.000 Stück gegen ein Real gerechnet wurden.457 Auch hier zeigt sich im Tauschalltag eine Anpassung an die regionalen Bedingungen. Aus der globalen Perspektive betrachtet, war der Banjarmasin-Handel der VOC letztendlich ein weiterer Fall des Silberabflußes von Europa nach Asien.
Gewürze und Seide – die Waren asiatischer Händler Die wichtigsten asiatischen Gruppen im Hafen Banjarmasins waren die Chinesen und die Bugis. Beide waren auch in unterschiedlicher Weise mit Diasporagruppen vertreten und verfügten daher über vorteilhafte Handelsbedingungen. Die Chinesen, die aus Fukien nach Kalimantan reisten, boten eine sehr spezifische Warenpalette an, wie sie auch aus Makassar bekannt ist. Die Junken, von denen zwei bis drei pro Jahr Banjarmasin anliefen, brachten Kupfer, Porzellan, Seidenstoffe und einige geringwertige chinesische Waren – zumeist Massenprodukte – und nahmen Pfeffer, Gold, Diamanten, Wachs und Vogelnester mit zurück in ihre Heimat.458 Die Bugis sind eher als typische Vertreter des privaten indonesischen Handels zu sehen. Über sie wurde Banjarmasin an den Osten des Archipels angebunden. Von Sulawesi und den weiter östlich gelegenen Inseln wurde, William Milburn zufolge, Gewürznelken, Macis, Muskatnüsse, Sklaven, Vogelnester, trepang, Paradiesvögel, Sago, Schildpatt und Wachs nach Banjarmasin gebracht.459 In dieser Darstellung konzentriert sich der Import auf Gewürze, Luxusartikel und Sklaven. Zumindest für das 18. Jahrhundert muß die Palette jedoch ergänzt werden. Hinzu kamen auf jeden Fall weitere Nahrungsmittel, neben Sago vor allem Reis, der mehrheitlich aus Java kam, sowie Zucker und Kokosnüsse, die häufig aus Makassar stammten. Besonders zu betonen sind die regionalen Textilien aus Selayar und den Siedlungsgebieten der Bugis in Süd-Sulawesi, aber auch aus Java. Große Teile der regionalen Textilien, die zwischen den 1710er und 1730er Jahren den Hafen von Makassar verließen, gingen nach Kalimantan und dort im Schwerpunkt nach Banjarmasin. In Makassar handelte es sich dabei um eine Handelssphäre, die von den Bugis dominiert wurde.
457 Ebd., 181. 458 ARA Den Haag, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 16. 459 MILBURN, Oriental Commerce II, 414.
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Konkurrenzlagen in Banjarmasin Anfangs konzentrierte sich die VOC in Banjarmasin gänzlich auf den Erwerb von Pfeffer. Daher trat sie nur mit dem panambahan, der den staatlichen Sektor des banjaresischen Pfefferhandels repräsentierte, und seinen chinesischen Mittelsleuten in Interaktion. Auf diese Weise konnte sie sich einen Zugang zu den Möglichkeiten des Pfeffereinkaufs erarbeiten, erlangten aber wenig andere Möglichkeiten auf dem lokalen Markt. Zu groß war auch ihre Beschränkung auf einige wenige Warengruppen, vor allem auf indische Textilien. Bereits 1711 hatte eine Gesandtschaft vergeblich versucht, überhaupt eigene Waren abzusetzen. Die einheimischen Händler ließen die Niederländer wissen, daß sie nicht wüßten, wie sie diese Waren weiterverkaufen sollten, zumal in Banjarmasin jede Menge Importgüter zu haben seien, die von Javanern, Chinesen und anderen Handelsnationen angeliefert wurden.460 Die Situation änderte sich kaum bis zu den Reisen der 1720er und 1730er Jahre. Der Absatz von Textilien war weiterhin unerheblich. Auf diesem Feld konnte die VOC die Konkurrenz zu asiatischen Händlern nicht bestehen. Ein geringer Erfolg war lediglich beim Opium zu verzeichnen. Hierbei handelte es sich allerdings um einen eingeschränkten Absatzmarkt, der im wesentlichen aus der chinesichen Gemeinde in Banjarmasin bestand. Auch die Preiskonkurrenz um den Pfeffer konnte oder vielmehr wollte die VOC anfangs nicht bestehen. Sie etablierte sich auf dem Pfeffermarkt Banjarmasins nicht, weil sie bereit war, stets die höheren Preise zu bezahlen – dies taten vielmehr die Chinesen –, sondern weil sie grundsätzlich den Weg über die Machthaber suchten. Verglichen mit der Vorgehensweise ein Jahrhundert zuvor in Makassar hatte sich die diesbezügliche Politik der VOC grundlegend gewandelt. Die Hochpreispolitik war eine Vorgehensweise zur Marktkontrolle für einen wirtschaftlich potenten Akteur unter freien Konkurrenzbedingungen. Die starke machtpolitische Stellung, die sich die VOC im Malaiischen Archipel inzwischen erobert hatte, veränderte auch ihre Vorgehensweise. Im Verlauf des späteren 18. Jahrhunderts beteiligte sich die VOC zunehmend an anderen Handelssphären in Banjarmasin. Dies geschah wieder in einer freien Konkurrenzsituation. Die Stadt erlebte ein Stück niederländischen ‚country trade’, das jedoch teilweise regionalen Einschränkungen wie der geringen Reichweite mancher indigener Produkte unterlag.
460 ARA Den Haag, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 20.
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3. Organisationsformen des Handels
Die Rolle von Mittelsmännern Für die VOC war Banjarmasin ein typischer Handelsplatz, der den Kontakt zu Mittelsmännern erforderte. Eine herausragende Stellung als Bindeglied zwischen dem Staat und größeren Handelsmächten wie den Kompanien nahmen Chinesen ein. Bereits im politische Bereich, in den militärischen und diplomatischen Nachwirkungen der Zerstörung der VOC-Niederlassung 1638 wurden seitens der Kompanie Chinesen als Mittelsleute eingesetzt.461 Die verschiedenen Versuche des 18. Jahrhunderts, abermals Handelsbeziehungen aufzunehmen, hatten zumindest halbstaatlichen Charakter und erforderten einen halbdiplomatischen Status, insbesondere aus der Sicht des Sultanates von Banjarmasin. Entsprechend wurde ein nicht geringer Aufwand betrieben. 1711 knüpften Nicolas van den Bosch und sein Assistent Isbrand Indius zunächst mit zwei lokalen Größen Kontakte, die zu den ersten Besuchern an Bord ihres Schiffes zählten. Über diese Männer unterrichteten sie den panambahan von ihrer Ankunft und ihren Absichten, Handel zu treiben und Geschenke zu übergeben. Nach zwei Tagen waren die beiden Banjaresen zurück und kündigten eine ansehnliche Empfangsdelegation an. Diese erschien auf einer königlichen prahu unter Leitung des Adligen Kiaij Demang, der von zwei oder drei Höflingen, dem syabandhar von Banjarmasin sowie von zwei Chinesen begleitet wurde. Bei den Chinesen handelte es sich um Limkienko, dem Oberhaupt der Diasporagemeinde, und um Liki-etko, der ein hohes Amt am banjaresischen Hof bekleidete. Die königliche prahu war prächtig geschmückt und wurde von einer ganzen Reihe anderer Fahrzeuge begleited. Insgesamt wurde aus der Entgegennahme des niederländischen Briefes und der Geschenke ein allgemein auffälliges Ereignis. Die Abgesandten wurden auf dem VOC-Schiff empfangen, wo sie bis nach Sonnenuntergang blieben. Bis zwei Uhr nachts verweilte man dann an Land; schließlich schifften sich die niederländische und die banjaresische Gesandtschaften auf einheimischen Booten ein, um den Herrscher zu besuchen.462 Als Jan Landheer und Jan Mathijs de Broun 1727 Banjarmasin erreichten, war der Empfang etwas weniger aufwendig. Immerhin war es ein syahbandar, der die erste Begrüßung übernahm, bevor die Gesandten bei Hofe vom panambahan empfangen 461 HOHENDORFF, Beschrijving, 167. 462 ARA Den Haag, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 3-5.
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wurden. Chinesische Mittelsmänner traten dieses Mal erst in Erscheinung, als der Kontakt konkret merkantilen Charakter erhielt. Der Chinese Limkienko übernahm die Rolle des Mittelsmanns für den Pfefferaufkauf der VOC. Für diese Tätigkeit forderte er 1.300 Reichsthaler im voraus; ohne eine solche Vorschußzahlung würde die VOC kaum an ausreichende Mengen Pfeffer kommen können.463 Der selbe Limkienko trat auch als Mittelsmann zwischen den VOC-Gesandten und dem panambahar bei den Vorverhandlungen zu einem Pfefferkontrakt in Erscheinung.464 Auf der Reise von 1729 konnte der offizielle Pfeffereinkauf der Kompanie erst nach zweimaligen Besuch des chinesischen Abgesandten Kassuma Dilagas – dieses Mal handelte es sich um den Kaufmann Louw Kinkong – eröffnet werden. Am Tag nach dem Begrüßungsbankett bei panambahan Kassuma Dilaga wurden so die Geschenke eingefordert, erst eine Woche später eröffnete der zweite Besuch die eigentlichen Geschäfte.465 Auch bei der schwierigen Suche nach einem Platz für die zukünftige VOC-Niederlassung wurde Louw Kinkong zwischengeschaltet.466 Schließlich war es abermals dieser chinesische Mittelsmann, der bei der Abwicklung einer zweifelhaften Pfefferlieferung von der VOC hinzugezogen wurde: Freitag, 12.8.1729: „heeden quamen ‘er twee inlanders gebruijkende des panambahans naam, verzzoekend dat zijn hoogheijts peper mogt werden gewoogen, en bragten ten dien dijnde 2 zacken met peper tot een monster, ‘t geen ons wat vreemt voorquam aangesien ‘er geen oude leeverbare peper eenige tijt herwaarts meer is te bekomen geweest. lieten dierhalven den chinees louw kinkong roepen en vroegen denselve of sodanige peper leverbaar was, dog wild daer niet op antwoorden oversulx wij zeijde de 2 monster zacken te sullen ontfangen mits dat die verzeegelt wierden, dog zijlieden bemerkend, dat men die 2 zacken aan haar hoog Eds. soude vertouwen zeijden deselve sonder voorkennis van den panambahan niet konden overgeeven, vertrocken dierhalven daer mede en zijn niet nader te voorschijn gekomen.“467
Einerseits waren es in Banjarmasin ansässige Chinesen, die von offizieller Seite als Mittelsmänner bestallt wurden. Der VOC gegenüber handelte es sich stets um hochrangige Persönlichkeiten. Zumeist handelte es sich um das Oberhaupt der Gemeinde oder zumindest um einen hohen chinesischen Würdenträger am Hof des panambahan. Solcher Aufwand und solche Prominenz dürften nicht immer nötig gewesen sein, sondern sich auf Handelskontakte mit diplomatischen Charakter beschränkt haben. Andererseits verfügten die lokalen Chinesen über weitreichende Kontakte bis hin zu den unmittelbaren Anbaugebieten des Pfeffers. Daher spielten sie auch wichtige Mittlerrolle im Privathandel, vor allem gegenüber europäischen 463 464 465 466 467
Privatiers, aber sicherlich auch bei vielen Bugis oder Malaiien. Vielen kleineren und den meisten regelmäßig erscheinenden Privatiers genügte wahrscheinlich der Kontakt zu den Transporteuren des Pfeffers, seien es Biajui oder Banjar Malay, ohne daß zusätzliche Mittelsmänner von Nöten gewesen wären. Diese Transporteure spielten selbst die Rolle von Mittelsmännern im Sinne von Zwischenhändler.
Die Rolle der Herrschenden Von Anfang an genoß die Gesandtschaft der Herren Landheer und de Broun einen freundlichen Empfang durch den panambahan, der als Reichsverweser den Sultan, den eigentlichen Herrscher von Banjarmasin, völlig in den Hintergrund drängte. Die niederländische Gesandtschaft strebte während ihres Aufenthaltes offensiv einen Monopolvertrag für Pfeffer an. Bedenkt man die Verhaltensweise anderer Herrscher des Archipels solchen Forderungen der Kompanie gegenüber, erscheint es ein wenig überraschend, daß der Reichsverweser auf diesen Wunsch ohne großes Zögern einging – dies umso mehr, als es genug Hinweise in den Quellen gibt, daß außerhalb seiner Kontrolle eine nicht unbeträchtliche Menge der regionalen Pfefferernte gehandelt wurde. Auf den Vorteil eines dauerhaften, verläßlichen Handelspartners, den die VOC hätte darstellen können, ist bereits hingewiesen worden. Vollständig kann das Verhalten des panambahan jedoch nur vor dem innenpolitischen Hintergrund verstanden werden. Ein Brief des panambahan, der über Landheer und de Broun an den Generalgouverneur Mattheus de Haan gesandt wurde und Batavia am 6.6.1727 erreichte, enthält ausführliche Freundschaftsbeteuerungen, den Wunsch nach Fortsetzung der gerade wieder aufgenommenen Beziehungen, die Bitte um die Entsendung einer neuen Gesandtschaft zur Festigung der Beziehungen und das Angebot eines Warensortimentes, das u.a. aus Diamanten, Bezoarsteien, Wachs, Rattan, Vogelnestern und einem Orang Utan bestand.468 In der niederländischen Übersetzung ist von „offereeren“ die Rede, worunter wohl zu verstehen ist, daß die Waren als Geschenk aufzufassen waren; zumindest die Menge der Güter und auch der Orang Utan lassen auf Geschenke schließen. Die Großzügigkeit des Sultanats und das auffällig große Interesse an einer Wiederkehr der VOC sowie an guten Handelskontakten erklärt sich aus einem parallel eingetroffenen Brief.469 Offenbar befand sich der Reichsver468 ARA Den Haag, VOC 2072, Macassar, 1. Reg, 18/19. 469 Ebd., 19/20.
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weser in einer schwierigen Lage. Ob die Gründe politischer oder wirtschaftlicher Natur waren, wird aus dem Schreiben nicht endgültig klar; auf jeden Fall brauchte er sehr rasch mehr Geld, als ihm die Kontrolle über den Handel und die Produktion in seinem Land einbringen konnte. In dem Brief bittet er in einer höchst ehrerbietigen Sprache als „Sohn“ den „geliebten Vater“, den Generalgouverneur in Batavia, um ein Darlehen von 20.000 Real für drei Jahre. Im November 1728 erhielt die VOC-Führung noch einmal die Versicherung aus Banjarmasin, den Exklusivvertrag für Pfeffer tatsächlich anzustreben, und das Versprechen, die ebenso gängige wie ärgerliche Streckung des Pfeffers durch Sand, Erde oder ähnliches („stoft“) in Zukunft energisch zu bekämpfen, wofür ein eigener banjaresischer Beamter eingesetzt werden sollte. Auch eine ständige Niederlassung wurde der Kompanie noch einmal ausdrücklich zugesagt. Als Gegenleistung erwartete Kassuma Dilaga: „[...] en zoude ik in zodanig geval in cas van eenige swarigheijt ter zee ofte te land mijmen hoop kunnen stellen op mijnen broeder den generaal.“470 Wenige Tage später erreichte abermals die dringliche Bitte die Kompanie, doch sehr bald ein Schiff nach Banjarmasin zu schicken und möglichst schnell mit der Errichtung einer festen Niederlassung zu beginnen. Der panambahan erwähnte in seinem neuerlichen Schreiben „gelegentliche Schwierigkeiten“ in der Stadt Banjarmasin und bestellte beim Generalgouverneur zwei Paar Kupferkanonen von je einem Faden Länge und einige Vorderladergewehre (snaphaanen) einschließlich Pulver und Kugeln, die mit dem erwünschten Schiff geliefert werden sollten.471 Offenbar gab es innerstädtische Unruhen, auf Grund derer sich Kassuma Dilaga seiner und des Sultans Macht nicht mehr sicher sein konnte. Er benötigte die VOC als Schutzmacht, woraus sich wohl auch seine schnelle Bereitschaft erklärt, den bisherigen Freihafen Banjarmasin mit einem Pfeffermonopol der VOC zu konterkarieren. Bereits einen Monat später beschwor Kassuma Dilaga den Generalgouverneur noch einmal in brieflicher Form, eine Beistandszusage abzugeben. Er berichtete, daß die Pfeffersammlung bereits im vollen Gang wäre, auch wenn die Menge wegen der schlechten Ernte des Jahres noch nicht sehr groß wäre. Das Ausbleiben eines VOC-Schiffes in naher Zukunft würde die „geringen Untertanen“ in Banjarmasin – so der panambahan – in arge Verlegenheit geraten lassen. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich die Sorge, selbst in die angesprochene Verlegenheit zu geraten, da er die Pfefferbauern nicht mehr lange davon abhalten konnte, die Chance zu ergreifen, 470 ARA Den Haag, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 180-182, Zitat: 182. 471 Ebd., 438/439.
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auf Grund der geringen Ernte deutlich bessere Preise für den Pfeffer zu erzielen. Mit anderen Worten: in der gegebenen Situation war ein Ankaufmonopol für die VOC nur durchsetzbar, wenn es für die Banjaresen eine feste Absatzgarantie bedeutete. Und genau hierfür brauchte der panambahan einen sichtbaren Beweis, nämlich ein Schiff der Kompanie. Zusätzlich erneuerte er in seinem Brief den bereits zuvor geäußerten Waffenwunsch. Als Geschenk für die nächste niederländische Gesandtschaft, die seine und des Sultans Wünsche erfüllen sollte, bot er 100 pikul schwarzen Pfeffer und vier wertvolle Edelsteine an.472 Die unerfreuliche Lage, in der sich die Führung Banjarmasin wiederfand, zeichnete sich schon Jahre zuvor ab, wie der Bericht des Nicolas van den Bosch aus dem Jahr 1711 verdeutlicht. Dem prunkvollen Empfang folgte am nächsten Tag eine weitere Einladung zum Festessen, doch bei all diesen Gelegenheiten wurde dem Hauptanliegen der Niederländer, dem Ersuchen um ein Aufleben der Handelsbeziehungen, nur am Rande Beachtung geschenkt. Auch die Situation in Banjarmasin kam erst zur Sprache, nachdem die Gesandtschaft in einem malaiischen Haus untergebracht worden war und zahlreiche Besuche bei lokalen Adeligen hinter sich gebracht hatte. Erst dann gab der Reichsverweser erstmals, dafür aber umso deutlicher, sein Anliegen und damit den Grund für den großzügigen Empfang preis. Er fragte offiziell bei der VOC an, ob sie bereit wäre, ihn gegen die aufrührigen Bergvölker zu unterstützen.473 Der Grund für den Aufstand der Bevölkerung im Landesinneren war der jährlich erhobene Tribut von 40 taël Gold. Die Steuereintreiber hatten es sich offenbar zur Gewohnheit gemacht, statt 40 taël 60 zu verlangen und die Differenz in die eigene Tasche zu stecken.474 Der panambahan gab Nicolas van den Bosch einen Brief an die VOC-Führung mit, in welchem er schon damals der Kompanie regelmäßige Pfefferlieferungen zusagte, aber auch erklärte, daß auf Grund der inneren Unruhen augenblicklich nur sehr wenig davon erhältlich war. Daher seine dringende Bitte um militärische Unterstützung als Gegenleistung, wobei er Banjarmasin als einen kraftlosen Platz, als ein kleines und mickriges Dorf beschrieb. Er bestätigte dem Empfänger des Briefes, daß van den Bosch ihm bereits 15 snaphanen und vier „Donnerbüchsen“ geliehen hatte. Diese waren noch im Einsatz, da der Feldherr Natta Dilaga noch nicht von seinem Kriegszug aus den Bergen zurückgekehrt war.475 472 473 474 475
Ebd., 441-447. ARA Den Haag, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 6-8. Ebd., 23; siehe auch CHIN, VOC Relations, 80/81. ARA Den Haag, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 31-34.
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Im Konkreten gelang es dem Reichsverweser immer wieder, den letzten Schritt zum VOC-Monopol hinauszuzögern. 1728 macht er einen Rückzieher mit der Begründung, daß der Pfeffer bereits unter diverse Händler, die ihn nach alter Gewohnheit eingekauft hatten, verteilt und die Reinigung des Pfeffers bereits angewiesen worden war. Zugleich zog er sich darauf zurück, daß noch nichts vertraglich vereinbart worden war.476. Solche Verzögerungen mußte die Kompanie bis zum Tode Kassuma Dilagas immer wieder hinnehmen. Das später abgeschlossene Abkommen stellte dann doch einen gewissen Erfolg für die VOC dar, entsprach aber sicherlich nicht einem Monopolvertrag. Eine andere Begebenheit, die sich während der Kontaktaufnahmen der späten 1720er Jahre abspielte, illustriert ebenfalls die Diskrepanz zwischen Zusagen und Alltagsverhalten. Der als Mittelsmann auftretende Chinese Louw Kinkong, immerhin ein lokal etablierter Kaufmann, wollte auf eigene Rechnung Handel mit Batavia betreiben. Die VOC-Gesandten, die mit den nötigen Vollmachten ausgestattet waren, verweigerten ihm trotz seines Vermittlerstatus den nötigen Paß. Kassuma Dilaga versprach den Niederländern, Louw Kinkong nicht auslaufen zu lassen, hielt sich jedoch nicht an seine Zusage. Die Boten, die der panambahan dem chinesischen Schiff nach der offiziellen Beschwerde der Gesandten hinterherschickte, blieben natürlich ohne Erfolg. Kassuma Dilaga löste das vermeintliche Problem auf seine Art: er stellte Liouw Kinkong im Nachhinein einen Paß für die Bataviafahrt aus und betrachtete die Angelegenheit als beendet. Diese Vorgehensweise verleitete van Broijel und de Broun zu der Einschätzung, daß auch mit „den Großen“ Banjarmasins kein Staat zu machen wäre.477 Der panambahan betrieb der VOC gegenüber eine Schönwetterpolitik, da er die Unterstützung der niederländischen Militärmacht gegen unruhige Bevölkerungsgruppen in seinem Herrschaftsgebiet benötigte oder zumindest als hilfreich ansah, dachte aber nicht wirklich daran, sich zum Erfüllungsgehilfen der niederländischen Monopolvorstellungen zu machen.
Bereitstellung von Waren Chinesen und der panambahan stellten bei Bedarf die Kontakte zu den Pfefferlieferanten her, waren jedoch nur selten am Warenaustausch unmittelbar beteiligt. Weder erlebten dies die untersuchten VOC-Gesandtschaften, noch finden sich entspre476 Ebd., VOC 2133, Macassar, 1. Reg., 304/305. 477 Ebd., 308/309.
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chende Hinweise in anderen europäischen Quellen. Pfeffer wurde auf Binnenwasserwegen zu seinem eigentlichen Markt transportiert. Dieser Markt befand sich, zumindest solange es um auswärtige Händler ging, in der negerij Tattas. Sowohl Nicolas van den Bosch und Isbrand Indius 1711 wie auch Jan Landheer und Jan Matthijs de Broun 1727 liefen die Siedlung dieses Namens an. Dort befand sich wohl auch die spätere Faktorei der VOC. Der eigentliche Hof des Sultans von Banjarmasin und der Sitz des panambahan lagen eine halbe Tagesreise von Tattas im Landesinneren.478 Die Beschreibungen Banjarmasins sind zu karg, um endgültig festzulegen, ob es sich bei Tattas um ein kampung der typisch indonesischen Stadt Banjarmasin oder um ein Synonym für diese Stadt selbst oder gar um eine eigenständige Siedlung handelte. Die örtlichen Bedingungen, geprägt von Dschungel und Wasserstraßen, lassen vermuten, daß Banjarmasin noch verstreuter wirkte als eine Stadt wie Makassar und daß die Grenzen entsprechend fließend waren. Für den Handel jedoch war der Fluß von weitaus größerer Bedeutung als die Siedlung selbst, befand sich doch der Markt selbst ebenfalls auf dem Wasser.479 Auf dem Fluß kam es zur eigentlichen Warenübernahme. Einheimische, zumeist Biaju aus den angrenzenden Wäldern, lieferten aus ihre Fahrzeugen heraus den Pfeffer an die auswärtigen Kaufleute; dies galt gleichermaßen für die berichtenden Niederländer wie auch für die Bugis. Der Ort der Warenübernahme beschränkte schon aus technischen Gründen den Zugang. In Banjarmasin waren Schiffe notwendig, „niet dieper dan 10 voet tredende, egter welbezeild om tegens de wint en stroom op te kunnen halen, mitsgaders groot genoeg van holl om 125.000 lb. peper te kunnen laden, ten afbreng van Tatas na de scheepen.“480 Die meisten prahus konnten den Banjarmasin-Fluß relativ problemlos befahren; für die größeren Schiffstypen europäischer Bauart galt dies nicht. Europäer waren auf den Einsatz kleiner Fahrzeuge wie Schaluppen oder auf die Verwendung einheimischer Schiffstypen angewiesen. Die Siedlungen, welche den Pfeffer bereitstellten, lagen mindestens sieben Tagesreisen vom Verladehafen Tattas entfernt im Hinterland Banjarmasins.481 Mittelsmänner wurden sinnvollerweise eingeschaltet, um in diesen entfernten Produktionsgegenden das Auftreten einer besonders großen Pfeffernachfrage bekannt zu machen und deren Befriedigung zu organisieren. Auch gut eingespielte Handelskontakte, wie sie die Bugis besessen haben dürften, benötigten eine solche Informati478 Nicolas van den Bosch gibt den Namen dieses Ortes mit ‚Cajatangie’ wieder: ARA Den Haag, VOC 1808, Macassar, 2. Reg., 2, 5. 479 HOHENDORFF, Beschrijving, 192; ARA Den Haag, VOC 2100, 2. Reg., 127/128. 480 Generale Missiven XI, 31.12.1748, 651. 481 ARA Den Haag, VOC 1826, Macassar, 2. Reg., 4-41.
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onsübermittlung. Ohne sie war auf dem Banjarmasin-Fluß nur eine kleine, zufällig gerade bereitstehende Pfeffermenge zu erwarten. Staatliche Regelungen, welche diese Vorgehensweise eingeschränkt und bestimmte Teilbereiche der Abläufe für das Sultanat monopolisiert hätten, sind im allgemeinen nicht bekannt. Die VOC stellte diesbezüglich auf Grund ihres Anspruchs und auf Grund der Erwartungshaltung des panambahan einen Sonderfall dar. Gegenüber Neuankömmlingen und auswärtigen Handelsmächten war der Reichsverweser zudem als Schlichter oder Regulator wichtig. Die regionalen Handelsverhältnisse waren inbesondere hinsichtlich der Tausch- und Rechnungseinheiten noch unvollständig an die sonst recht einheitlichen Bedingungen der maritimen malaiischen Welt angepaßt. Es mußte bei Ankunft der niederländischen Gesandtschaften sichergestellt werden, daß der Pfeffer auch in den gewünschten Gewichtseinheiten bereitsgestellt wurde und über die Rechnungsart des pikul auf allen beteiligten Seiten Einigkeit herrschte. Auf ihrer zweiten Reise im Herbst 1727 mußten Landheer und de Broun erst am Hofe aushandeln, daß die vom Herrscher zugesagten Preise auf das von der VOC gebrauchte pikul zu 124 Pfund angewandt wurden.482 Das daghregister der Reise von Arent van Broijel und Matthijs de Broun zwischen 18.3.1729 und 1.10.1729 bietet ein Bild des konkreten Ablaufes beim Pfeffereinkauf der VOC.483 Die Flotte der beiden Gesandten bestand aus den Vollschiffen ‚Wolphaarsdijk’ und ‚Zuijderbeek’, der Schaluppe ‚d’Valk’ und dem Lotsenboot ‚Bergwerker’. Die beiden großen Schiffe konnten nicht in den Fluß einfahren und mußten im Mündungsdelta warten. Daher kam den kleineren Fahrzeugen, dem Lotsenboot und der Schaluppe, die Rolle der Pfeffertransporteure zu. Sie füllten diese Rolle zumeist im Wechsel aus; befand sich das eine Boot mit Pfeffer beladen auf dem Weg zu den Schiffen im Flußdelta, kam das andere gerade leer zurück. Diese Reise dauert unter idealen Bedingungen nur einen Tag, unter anderen Umständen auch durchaus bis zu vier Tagen. Die Abwesenheit konnte jedoch insgesamt mehrere Wochen betragen. Am 15.6.1729 reist die ‚Wolphaarsdijk’ voll beladen aus dem Flußdelta ab. Der Pfeffereinkauf für die ‚Zuijderbeek’ begann sechs Tage später. Am 15.8.1729 reiste schließlich auch sie nach Batavia ab. Um die erwünschte Pfeffermenge für beide Schiffe zu beschaffen, war ein aufwendiger Pendelverkehr von Nöten. Um einen gewöhnlichen Indienfahrer in Banjarmasin zufriedenstellend mit Pfeffer zu beladen, brauchte man rund zwei Monate. 482 Ebd., VOC 2072, Macassar, 2. Reg., 21. 483 Ebd., VOC 2133, Macassar, 1. Reg., 301-333.
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Banjarmasin als Emporium Die Gesandtschaften waren sich sehr wohl bewußt, ein Emporium aufgesucht zu haben, doch erlebten sie etliche Faktoren, die ein solches ausmachten, nicht persönlich. Vieles mußten sie ihren Vorgesetzten vom Hörensagen berichten. So trafen de Broun und van Broijel während ihres Aufenthaltes im Jahr 1729 weder auf fremde Händler noch auf chinesische Junken. Allerdings vernahmen sie Berichte, daß in der Umgebung der Stadt „morshandel“ mit Gewürzen betrieben wurde.484 Auch William Milburn weist für eine Zeit, in welcher die VOC bereits eine beherrschende Größe in Banjarmasin darstellte, auf die Möglichkeit hin: „Should there be any vessel from the eastward, you should visit them; they may probably have spices, which they will dispose of for opium and Spanish dollars.“485 1727 beobachteten die Gesandten Landheer und de Broun Buch private Handelsreisen von Banjarmasin vor allem nach Makassar, was zu dieser Zeit gerade noch den dortigen Hafenmeisterlisten entsprach, nach Java und zu den wichtigsten Zielen auf Kalimantan wie Kutai und Pulo Laut. Daneben bestanden auch Beziehungen zu Mandhar auf Sulawesi und sogar bis nach Kambodscha. Allerdings dürfte in diesem Fall die Ladung, die aus Kokosnüssen bestand, unterwegs aufgenommen worden sein. Auf Java spielte die kleine Hafenstadt Juwana in der Bucht von Rembang eine besondere Rolle für Banjarmasin. Unter den importierten Waren hatten Textilien buginesischer Herkunft und Reis, zumindest in diesem kurzen Zeitabschnitt, die größte Bedeutung.486 Nicht zu mißachten ist weiterhin neben den Produkten aus Kalimantan selbst der trepang. Ein kurzer Blick zurück auf die Hafenmeisterlisten Makassars zeigt, daß sich dort für einige Jahre auch eine Umschlagsfunktion von Banjarmasin für trepang andeutet. Ähnliches gilt noch für den Golddraht, für den allerdings wesentlich mehr Transporte von Banjarmasin nach Makassar als umgekehrt verzeichnet wurden. Hier besteht erneut ein enger Zusammenhang mit dem chinesischem Handel in Banjarmasin. Gerade China nutzte Banjarmasin als Warendrehscheibe, betrachtet man die Waren, welche nach Landheer und de Broun aus der Stadt exportiert wurden. Aus China waren dies im wesentlichen Seide, Tabak, Porzellan, Teekessel und Golddraht. Aus Kalimantan kamen Matten, andere Produkte des Kunsthandwerks, Benzoin, Alaun, Gummilack, Rattan, Wachs und Vogelnester hinzu.487 484 485 486 487
Ebd., 292. MILBURN, Oriental Commerce II, 414. ARA Den Haag, VOC 2072, Macassar, 1. Reg,. 14/15. Ebd., 15.
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Insgesamt sollten, so die Informationen der ersten Gesandtschaft von 1727, jedes Jahr rund 300 Handelsfahrzeuge Banjarmasin anlaufen.488 Für die Vertreter der VOC waren diejenigen am interessantesten, die sich dem „morshandel“ mit Gewürzen widmeten. Dieser wurde auch im Umfeld der Stadt Banjarmasin betrieben. Herausgehoben werden von den niederländischen Berichterstattern neben „anderen zeeswerders“ insbesondere der Bugis Tositi Tobniang und chinesische Kaufleute.489 Die Versuche, genaueres über diesen Gewürzhandel, die an ihm Beteiligten und die genauen Handelsplätze herauszufinden, endeten jedoch lediglich in der vagen Auskunft, daß die Gewürze für 100, 110 oder 130 Real das pikul an Bord der chinesischen Junken gegangen wären. Die Gesandten besprachen dieses Problem mit dem panambahan, der jedoch zunächst einmal nichts von einem Verbot wissen wollte, bevor er sich bereiterklärte, gegen die Schmuggler und Piraten vorzugehen.490 Es stellt sich die Frage, aus welchem Interesse heraus der Reichsverweser hierzu bereit war. Unternahm er tatsächlich etwas im Sinne der VOC? Oder bezog sich seine Zusicherung in der Realität nur auf die Piraten, die seine eigenen Gewässer unsicher machen? Oder vertröstete er die Niederländer einfach höflich? Aus den Berichten geht hervor, daß Kassuma Dilaga in seinem Machtbereich mit etlichen Auswüchsen einheimischer Piraterie zu kämpfen hatte. Der Bugis Toassa hatte sich mit seinen Getreuen auf die Insel Sampit zurückgezogen, auf der 120 Untertanen Banjarmasins lebten.491 Ein gewisser Zoan Tjong wurde auf seiner Rückreise von der Siedlung Mandoka von sieben tidorischen Fahrzeugen angegriffen, denen er jedoch Richtung der Insel Salangar entkommen konnte.492 Als der banjaresische Adlige Depatti aus dem Sukadana-Fluß aussegeln wollte, traf er auf zwei einheimische, jeweils mit 16 Bugis bemannte pencalangs, die gerade Wachs geladen hatten. Mehr als auf den Wachshandel waren diese jedoch auf Rauben und Stehlen aus und attackierten den pangerang, der sich aber erfolgreich wehren konnte. In der Folge dieses Ereignisses kam es zu einem Kriegszug Banjarmasins, bei dem 13 bewaffnete Fahrzeuge eingesetzt wurden.493 Die Aufzählung von Einzelfällen in den niederländischen Berichten mit den entsprechenden Reaktionen aus Banjarmasin läßt darauf schließen, daß hinsichtlich der Frage nach den Intentionen des panambahan die Vermutung naheliegt, daß es tatsächlich um die Piraten in den eigenen Gewässern ging. 488 489 490 491 492 493
IV. Banjarmasin - ein erfolgreicher Konkurrent Makassars? Will man die Rolle Banjarmasins im Handelssystem des Malaiischen Archipels während des 17. und 18. Jahrhundert beurteilen, stellt sich zunächst die Frage, ob bei dieser Stadt überhaupt von einem Emporium die Rede sein kann. Banjarmasin war in der Tat ein Platz, an welchem mehr oder weniger kontinuierlich eine größere Bandbreite an Waren einer pluralen Händlergemeinschaft zur Verfügung stand. Diese reichte vom einheimischen Pfeffer über die molukkischen Gewürze, chinesischen Luxuswaren und indischen Textilien bis hin zu den Produkten des eigenen Waldes, den Früchten des nahen Meeres und den Sklaven von den Inseln im Osten und Süden. Die Pluralität der Händlergemeinschaft spiegelt sich in der ethnischen Vielfalt der anwesenden Kaufleute, die den Bugis, Makassaren, Chinesen oder Malaiien angehörten sowie aus verschiedenen europäischen Staaten stammten. Die zusätzlich erforderlichen Freiheiten von Reglementierungen und zum ungehinderten Warenaustausch bestanden zumindest weitgehend in der Alltagspraxis. Zwar erhob der panambahan Anspruch auf die Pfefferernte und reglementierte den Zugang zum Hafen, doch wurde realiter niemand wirklich von der eigenen Beteiligung am banjaresischen Warenhandel ausgeschlossen – mit ziemlicher Sicherheit nicht einmal, als die VOC sich auf der Grundlage des Vertrages von 1747 in Banjarmasin etabliert hatten. War der Zugang zu den gewünschten Waren in Stadt und Hafen selbst zu ungünstig, gar eingeschränkt, bestanden genügend Ausweichmöglichkeiten auf dem Banjarmasin-Fluß. Von diesen kleineren Abstrichen kann also abgesehen werden, wenn Banjarmasin als eines der Emporien seiner Zeit eingestuft wird. Die unerläßlichen Voraussetzungen für die Entwicklung eines Emporiums waren in Banjarmasin durchaus gegeben. Der Standort war sowohl innerhalb des Malaiischen Archipels als auch in Bezug auf die Außenanbindungen nach China oder Indien günstig genug, die Kaufleute erhielten im Hafen ausreichend Schutz für Leben und Eigentum, und auch der Freihandel war weitgehend garantiert – wenn auch vielleicht manchmal mehr auf Grund der Schwäche des Machthabers als auf Grund seines ausgesprochenen Willens. Von den beiden Voraussetzungen, welche die Entwicklung eines Emporiums deutlich unterstützten, wenn sie auch nicht unerläßlich waren, war zumindest eines erfüllt: die Existenz eines eigenen Exportgutes, in diesem Falle des Pfeffers. Der andere Faktor – die eigene Beteiligung am Überseehandel – konnte wohl nur im 17. Jahrhundert ansatzweise erfüllt werden, doch war die Attraktivität des Exportgutes Pfeffer hoch genug, um auswärtige Händler in großer
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Zahl nach Banjarmasin zu locken, wodurch ein eigener banjaresischer Exporthandel überflüssig wurde. Will man Banjarmasin mit Makassar in Beziehung setzen, ist zunächst nach der Entwicklung der Funktion im regionalen System zu fragen. Bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts spielte Banjarmasin keine Rolle, die bedeutend genug gewesen wäre, um von den Europäern wahrgenommen zu werden. Sicherlich fand bereits ein Außenhandel statt, und sicherlich wurden die Pfefferbestände bereits exportiert, doch befanden sich diese Wirtschaftszweige offenbar noch auf geringem Niveau. Einen Bedeutungsgewinn konnte Banjarmasin durch die steigende Pfeffernachfrage verzeichnen, die vor allem durch die Europäer hervorgerufen wurde. Die chinesische Nachfrage war schon früher vor Ort präsent. Zunächst handelte es sich also um einen Bedeutungszuwachs auf der Grundlage schlichten Wachstums der nachgefragten Mengen des Hauptexportgutes. Verstärkt wurde dieser Bedeutungszuwachses durch die zunehmende Kontrolle europäischer Handelskompanien über andere pfefferexportierenden Häfen. Banjarmasin war bald eine der wenigen Hafenstädte im Archipel, in denen Pfeffer in größerem Umfang auf einem freien Markt ohne mengen- oder preisregulierende Eingriffe der europäischen Kompanien erstanden werden konnte. Einen weiteren Schritt des Bedeutungszuwachses stellte Verlagerung andernorts unterbundener Emporiumsfunktionen nach Banjarmasin dar. Das wichtigste Beispiel in diesem Zusammenhang waren die molukkische Gewürze. Der von den Niederländern formal monopolisierte Gewürzhandel benötigte für seinen informellen Fortbestand freie Umschlagsplätze. Er fand sie vielerorts, unter anderem in Banjarmasin, das dadurch sogar zu einem Nachfolger Makassars. Schließlich bleibt die Frage, in welcher Weise Banjarmasin seinem Nachbarn Makassar Konkurrenz machen konnte. Dies war zum einen als Konkurrenzkampf zwischen zwei freien Emporien vor 1666/69 möglich. Insbesondere die Handelssphären des molukkischen Gewürzhandels kamen hierfür in Frage. Soweit dies zu beurteilen ist, blieb Banjarmasin in diesem Bereich weit hinter Makassar zurück. Sicherlich gab es auch in Banjarmasin einen gewissen Gewürzhandel, doch war der Markt von Makassar in dieser Hinsicht weitaus interessanter. Nur deshalb konnte er der Monopolpolitik der VOC echte Schwierigkeiten bereiten. Nur deshalb konnte die Kompanie zu dem Entschluß kommen, dem makassarischen Markt gewaltsam ein Ende zu machen. Pläne, auch Banjarmasin zu erobern, hat es nie gegeben. Diese Stadt konzentrierte sich lieber auf ihr eigenes lukratives Exportgut für
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die oberen Handelsebenen. Um dieses im gewünschten Maße zu erlangen, schien der VOC ein entsprechender Vertragsabschluß ausreichend gewesen zu sein. Nach der Eroberung Makassars durch die VOC konnte Banjarmasin zumindest in den vom Privathandel dominierten Handelssphären in Konkurrenz treten. Es scheint immerhin der Fall gewesen zu sein, daß sich einige Aktivitäten, vor allem der Bugis, von Makassar nach Banjarmasin verlagerten. Insgesamt waren beide Hafenstädte Schauplätze regen privaten Güterverkehrs, wobei sich die bedienten Handelssphären sehr weit ähnelten. Im Bereich der chinesischen Produkte mußte Makassar dem Konkurrenten ein wenig nachstehen, erreichten doch mehr als die eine in Süd-Sulawesi übliche Junke aus Amoy jährlich den Hafen von Banjarmasin. Auf der anderen Seite konnte die Gesamtzahl der privaten Schiffsbewegung dort offenbar nur selten an Makassar heranreichen. Im Gewürzhandel konnte Banjarmasin auch hinsichtlich der Tätigkeiten der VOC als Konkurrent auftreten. Dabei bestand die Konkurrenzsituation allerdings mehr zwischen Kompanie und Banjarmasin, während bezüglich Makassars von einer Form der Nachfolge die Rede sein kann. Immerhin betonen die Generalen Missiven von 1744 ausgerechnet im Abschnitt zu Makassar, daß vor allem Banjarmasin dem Opium- und Gewürzhandel der Kompanie großen Abbruch täte.494 Da Banjarmasin bis 1787 ein weitgehend freies Emporium blieb, konnte die Stadt dem Bereich des Gewürzhandels, der noch nicht unter den Monopolanspruch der VOC gefallen war, eine Heimstatt bieten. Dies geschah nicht selten, allerdings häufig recht versteckt, außerhalb des eigenen Hafens. In Anbetracht der Situation im Malaiischen Archipel, die sich im 18. Jahrhundert dadurch auszeichnete, daß die VOC zwar keine territoriale Kolonialmacht darstellte, aber die meisten wirtschaftsgeographischen Schlüsselstellen kontrollierte, hätte eigentlich ein steilerer Anstieg des freien Banjarmasins erwartet werden können. Die vergleichsweise überschaubare Präsenz der VOC in Südost-Kalimantan reicht zur Beantwortung der Frage, warum dieser ausblieb, sicherlich nicht aus. Diese war erst nach 1787 stark genug für eine durchgreifende Kontrolle. Vielmehr ist davon auszugehen, daß Banjarmasins Stellung im regionalen System weiterhin starker Konkurrenz ausgesetzt war, trotz der Kontrolle der VOC über die große Mehrheit der traditionellen Hafenstädte. Das regionale System differenzierte sich unter dem fortschreitenden Einfluß der Niederländer aus, und Banjarmasin war nur ein Element in der sich neu gestaltenden Landschaft.
494 Generale Missiven XI, 26.10.1744, 118.
Achtes Kapitel
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
„Besides the Chinese, non of the orientals equal to the Bugguese for extensive commerce. They have penetrated to NewHolland on the south, and to Papua on the east; they also voyage to Bencoolen, Quedah, Manila, and to all the intermediate countries. Passir, on the east side of Borneo, is at present, in great measure, their emporium; an though in itself an inconsiderable place, yielding few commodities, yet, by the many Bugguese who resort thithe, it is become a place of much commerce; for, on that account, several vessels from Batavia, and other parts of Java, (though non of the Dutch’s Company’s are admitted) bring piece-goods, which are from thence distributed over all the Oriental Polynesia, even so far as Papua and NewHolland; and the returning commodities carried from Passir to Batavia, Manila, &c.“ (Alexander DALRYMPLE, 1769)
I. Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC Angesichts des bislang Behandelten liegt es nahe, die Rolle der Handelsdiaspora am Beispiel der Bugis zu skizzieren.495 Auch im Reich der VOC konnten Diasporagruppen und ihre Handelssysteme große wirtschaftliche Bedeutung erlangen. In der Geschichtsschreibung fallen sie stets dann auf, wenn sie den Europäern ernsthaft Konkurrenz machen konnten, wenn sie also in deren Handelssphären eindringen oder vielleicht auch auf deren Ebenen erfolgreich konkurrieren konnten. Deutlich wird dies am Beispiel der buginesischen Handelsmacht auf den Riau-Inseln. Aber auch außerhalb oder nur am Rand der Sichtweite europäischer Beobachter unterhielten Diasporagruppen erfolgreiche Handelsstützpunkte und -netze. Auf Grund ihrer geringen Präsenz in europäischen Berichten sind diese nur schwer zu gewichten, aber in ihrer Ferne zum europäisch beherrschten Handel und ihrer Beständigkeit waren sie langfristig vielleicht von größerer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung als die aufsehenerregenden, aber kurzlebigen Handelsreiche wie im Riau-Archipel.
1. Die Bugis – eine Kultur von Seefahrern
Landmächte – Seemacht: die Bugis in Süd-Sulawesi Ihren Ruhm verdankte die Nation der Βugis vor allem ihrer maritimen Kompetenz. Dabei handelte es sich eigentlich um ein Volk, das vorrangig an Land lebete und sich mit der Landwirtschaft mindestens ebenso sehr befaßte wie mit Handel und Seefahrt. In ihrer Heimat Süd-Sulawesis brachten sie zahlreiche Staaten hervor, die häufig die regionalen Vormachtstellung einnahmen; Boné stellte nur den Endpunkt einer Entwicklung dar. Der Staat Arung Palakkas übernahm die Rolle, die im 15. und 16. Jahrhundert die Bugis-Staaten Soppeng und Luwu eingenommen hatten. Lediglich Goa-Tallo bildete eine Ausnahme, als es vor 1666/69 für gut ein halbes Jahrhundert die Nation der Makassaren in die führende regionale Rolle brachte. Die Bugis-Gesellschaft war auf der Vorstellung von einem individuellen Status aufgebaut. Dieser Status war vom ererbten Status mütterlicherseits abhängig und 495 Zunächst schlicht verstanden als „trade settlements in alien towns“; zur ‚trade diaspora’ in diesem Sinne siehe CURTIN, Cross-Cultural Trade, 1-14.
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beruhte auf der Grundlage von agrarischer Potenz. Nur Personen, die den höchsten individuell zugeschriebenen Status aufwiesen und somit die Nobilität bildeten, konnten Herrschaft in den angesprochenen Staaten erlangen.496 Ein solcher Rang war nicht vorherbestimmt, sondern für jeden einzelnen durchaus erreichbar. Die Gesellschaft der Bugis wurde weniger durch verwandtschaftliche Clans geprägt, sondern durch vielfältige Patron-Klient-Beziehungen und durch einen für diese Weltgegend eher untypischen Individualismus. Positive Eigenschaftenwie Tapferkeit, Reichtum, Weisheit oder Frömmigkeit, die zur Steigerung des Status beitragen konnten, waren für jeden einzelnen erreichbar.497 Durch ihre innere Flexibilität wie auch durch ihre maritime Tradition bewahrte sich die Gesellschaft der Bugis stets eine relativ große Offenheit.498 Der französische Ethnologe Christian Pelras geht sogar noch einen Schritt weiter und charakterisiert sie als eine Gesellschaft, die über eine ‚Tradition der Modernität’ verfügt. Er macht dies fest an der frühen Schriftlichkeit des Volkes, an der Innovationsfreude insbesondere seiner Nobilität, an seiner austauschorientierten Wirtschaft, an der Offenheit fremden Welten gegenüber, bedingt durch den maritimen Handel, und an dem Individualismus, der wichtiger ist als verwandtschaftliche Beziehungen.499 Diese Offenheit kommt auch in der Religion zum Ausdruck. Vordergründig sind die Bugis seit dem 17. Jahrhundert ausschließlich Muslime. Tatsächlich kann man in ihnen jedoch ein Paradebeispiel des in Indonesien weit verbreiteten Synkretismus sehen. Ihre Islamisierung geschah im Zuge der geschilderten Entwicklungen im Süden Sulawesis, an deren Ende der makassarische Staat Goa-Tallo zur regionalen Vormacht aufgestiegen war. Sie entsprang also einer Verflechtung von Machtpolitik und gewaltsamer Bekehrung, der erst später eine tiefenwirksame Mission durch islamische Gelehrte folgte. All dies änderte jedoch nichts an der Beibehaltung zahlreicher Elemente der alten, animistischen Religion. Viele Heiligtümer in Form von Gräbern, Bäumen, Grotten, Berggipfeln, Weihern, Stromschnellen oder Hügeln blieben langfristig bestehen.500 Die ökonomische Grundlage der Bugis-Gesellschaft bildete eindeutig die Landwirtschaft.501 Angebaut wurde vor allem Reis, darüber hinaus alle Erd- und Palmfrüchte, die in der Region gediehen. Außer der Tatsache, daß sulawesischer Reis in 496 497 498 499 500 501
CALDWELL, Power, 405/406; nach wie vor grundlegend: FRIEDERICY, Standen. PELRAS, Bugis Culture, 25/26. NOOTEBOOM, Aantekeningen, 244/245. PELRAS, Bugis Culture, insbes. 22-26; zur Schriftlichkeit weiterführend DERS., L’oral et l’écrit, passim. NOOTEBOOM, Aantekeningen, 251. LINETON, Indonesian Society, 10/11.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
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zunehmenden Maß zum Exportgut wurde, hatten die Bugis bis Ende des 18. Jahrhunderts keinen Kontakt zu einer exportorientierten Landwirtschaft. Sie betrieben vorwiegend eine Subsistenzwirtschaft und nutzten nur eine einfache Technologie. Allerdings lebten sie nicht, wie dies in vielen anderen subsistenzorientierten Gesellschaften der Fall war, in geographisch wie gesellschaftlich oder politisch statischen Kommunen. Ihre Mobilität bezeugt dies hinreichend. Eine ähnliche Bedeutung wie die Landwirtschaft hatte nur noch die Fischerei. In den seichten Gewässern in Küstennähe arbeiteten die Bugis mit Fischfallen oder Reusen. Sie betrieben aber auch Fischerei auf hoher See einschließlich des Thunfischfangs und der Jagd nach fliegenden Fischen.502 Landwirtschaft und Fischerei blieben auch in Zeiten größten Erfolges als maritime Kaufleute die Lebensgrundlage der Mehrheit, ohne daß der enorme Einfluß der Kaufleute im politischen und gesellschaftlichen Bereich zu leugnen wäre.503 Trotz ihrer ursprünglichen Landorientierung waren die Bugis schon seit ihrer Frühzeit mit der Nutzung von Wasserwegen vertraut. Die Südhalbinsel Sulawesis bot die Möglichkeit der Nutzung von Binnenwasserwegen. Der Fluß Cinrana stellte die Verbindung zwischen dem Golf von Boné und dem Tempe-See her. War dieser große See das Herz des buginesischen Siedlungsbereichs, stellte der Fluß die Hauptverkehrsader im Kernland der Bugis dar. Weiter südlich war auch der Fluß Walanae schiffbar; und sogar die Durchquerung der Halbinsel von Ost nach West über den See Tempe nach Parepare war mit Booten möglich.504 Aus diesen scheinbar marginalen Anfängen ging eine Seemacht hervor, die in allen Häfen des Malaiischen Archipels vertreten war und eigenständige Handelsnetze aufbauen konnte.
Maritime Tradition Die maritimen Ursprünge der Bugis liegen nach wie vor weitgehend im Dunkeln der Geschichte. Die austronesische Herkunft dieses Volkes und ihre Zuwanderung über See legen seefahrerische Tradition nahe, zu belegen ist sie jedoch nicht. In der Forschung wird in der Regel auf die kargen Quellenzeugnisse und Inschriften des westlichen Malaiischen Archipels zurückgegriffen. Dort finden Bugis oder überhaupt Seefahrer aus Sulawesi nur geringe Erwähnung. Christian Pelras gibt die allgemeine Forschungsansicht wieder: 502 Grundlegend zu den verschiedenen Fischerei-Methoden der Bugis siehe PELRAS, Bugis, 235-241. 503 LINETON, Indonesian Society, 20; CALDWELL, Power, 409-411. 504 PELRAS, Bugis, 6.
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„Although the coastal peoples of South Sulawesi had already made considerable progress in nautical matters by the sixteenth century, at that time most of their exports still seem to have been carried on Malay and Javanese ships. Bugis and Makassar navigation was still not significant enough in the eyes of external observers to deserve more than cursory mention.“505
Eine Grundlage für diese Sichtweise ist der I La Galigo-Mythos, die außer einigen langen Reisen in mythische Lande keinen Seeverkehr über längere Strecken erwähnt. Akzeptiert man die Ursprungsmythologie der Bugis als einschlägige Quelle, dürfte das beste Argument für eine geringe Seefahrertätigkeit der Bugis die geringe Kenntnis des westlichen Archipels sein, das nur in skizzenhaften oder mit phantastischen Vorstellungen beschrieben wird. Schiffe spielen dennoch eine Rolle im I La Galigo-Zyklus. Wenn sie auch keine realen Ziele in der Ferne ansteuern, dienen sie doch den mythologischen Heldengestalten der Bugis als oft genutztes Verkehrsmittel. In ihrer Gestalt sind sie vergleichbar mit den Schiffen, welche die Reliefs der buddhistischen Tempelanlage von Borobodur zieren und somit für Java oder Srivijaya im 9. Jahrhundert repräsentativ sind. Beschrieben werden große Boote mit doppeltem Ausleger aus Bambus, deren Masten gekrümmte Enden hatten und dreieckige Segel führten. Auf dem weiten Deck aus Bambusplanken waren mehrere Aufbauten errichtet. Der Kiel bestand aus einem mächtigen Baumstamm, nach Einbaumart ausgehöhlt, und wurde an den Seiten aufgeplankt.506 Da solche Schiffe javanischen Reliefdarstellungen gleichen, könnte die Vermutung gestützt werden, daß es sich um Importe aus Java und um keine eigenen maritimen Traditionen handelte. Allerdings besteht durchaus auch eine Ähnlichkeit mit den später von den Bugis selbst genutzten Booten. Die Frage sei zumindest erlaubt, warum die wichtigsten mythologischen Gestalten der Bugis ausgerechnet solche Schiffe nutzen sollten, wenn die auf diesen Mythen aufbauende Gesellschaft gar keine maritime Tradition gehabt hätte. Wie die Antwort darauf auch ausfallen mag, all dies bleibt letztendlich im Bereich der Spekulation. Allerdings ist zu betonen, daß sich auch die gängige Forschungsmeinung kaum auf einem gesicherterem Boden bewegt. Hinzu kommt, daß sie der häufig zu beobachtenden Tendenz folgt, die Ankunft der Europäer im indonesischen Gewürzhandel als entscheidenden Antrieb für sozioökonomische Veränderungen bei den Einheimischen überzubewerten. Wie bereits beim Handels ist auch hinsichtlich des Baues und der Nutzung von Schiffen zu beobachten, so auch bei dem bedeutenden Schiffsethnologe Adrian Horridge: 505 PELRAS, Bugis, 120. 506 Ebd., 69-75.
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„It is my opinion that the rapid expansion of the Bugis and the Kingdom of Goa in the seventeenth and eighteenth centuries was made possible by the arrival of this new western technique at the Konjo boatbuilding yards. Technology is always a likely driving force in history. At that time the Bugis captured most of the trade that was not in the hands of the Europeans, expanded to the mainland of Malaysia and became the rulers of Johore.“507
Immerhin kann einer Gesellschaft, in der die Fischerei seit jeher neben der Landwirtschaft die ökonomische Basis bildete, nicht völlig der maritime Hintergrund abgesprochen werden. Die Ausführungen zu den vorkolonialen Handelskontakten Makassars haben Hinweise darauf geliefert, daß die Einbeziehung des Handels in die maritimen Aktivitäten doch früher anzusetzen ist als zumeist vermutet. Auf jeden Fall gehörten die Bugis spätestens im frühen 17. Jahrhundert zu den aktiven Händlern im östlichen Teil des Archipels. Dies entspricht der gängigen Vorstellung, daß vor allem die Ausdehnung nach Westen eine sehr späte Entwicklung der buginesischen Seefahrt ist.508 Ihre ursprüngliche Seehoheit bezog sich offenbar auf die Herkunftsgebiete der Gewürze. Mit Makassar stand ein Umschlagplatz nach Westen zur Verfügung, der unter Umständen eine eigene Ausweitungen in diese Richtung verzögerte. Allerdings darf vermutet werden, daß Kalimantan, unmittelbar im Westen von Sulawesi, eine Ausnahme bildete, da die Insel eine wichtige Herkunftsregion von Pfeffer war und intensive buginesische Kontakte mit offenbar alten Wurzeln dorthin zu beobachten sind.
Schiffbau und Seefahrt Ein spezifisch buginesischer Schiffbau ist nur am Rande zu beobachten. Der Bootsund Schiffbau in Süd-Sulawesi lag im wesentlichen in den Händen der makassarischen Konjo, die in der Region Ara im Süden der Halbinsel siedelten. Dort existiert eine lange Tradition, die sogar mit dem Schiffbau im I La Galigo-Zyklus in Verbindung gebracht wird. Die Fachkenntnis der Konjo war so beachtenswert, daß sie auch als Arbeiter auf Bootsbauplätzen der Bugis Anstellung fanden.509 Der Bau der Fahrzeuge folgte der Tradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Die tradierten Abmessungen wurden aus dem Kopf des erfahrenen Meisters auf den Neubau übertragen. In Auftrag wurden nur ein bestimmter Schiffstyp gegeben, die konkrete Ausführung oblag dem Bootsbauer. Langjährige Geschäftsbe507 HORRIDGE, Boatbuilders, 51. 508 PELRAS, Bugis, 120. 509 Ebd., 261/262; grundlegend zum Konjo-Bootsbau siehe HORRIDGE, Boatbuilders.
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ziehungen, häufig generationenübergreifend, sorgten dafür, daß der Auftraggeber dennoch genau absehen konnte, wie sein zukünftiges Schiff beschaffen sein würde. Diese Vorgehensweise auf den Werften galt nicht nur für die Konjo, sondern war und ist an den meisten Küsten des Malaiischen Archipels anzutreffen. Entsprechend bezogen die Bugis ihre Seefahrzeuge nicht allein aus der sulawesischen Region Ara. Vielmehr wird davon ausgegangen, daß im 17. und 18. Jahrhundert die Mehrheit ihrer Schiffe auf Werften an der Küste Kalimantans in Auftrag gegeben wurden.510 Während der Bootsbau lange Zeit keine Domäne der Bugis war, entwickelten sie im nautischen Bereich eine beachtliche Kompetenz. Ihre Navigation folgte dem Stand der Sonne und der Gestirne. Bugis und Makassaren identifizierten am Himmel eigene Sternbilder und hatten darüber hinaus Kenntnis von astronomischen Fixpunkten. So lassen sich unter den buginesischen Bezeichnungen für bestimmte Himmelsphänomene beispielsweise die Venus oder das Sonnensystem Alpha Centauri oder sogar die Magellansche Wolke identifizieren. Wichtiger noch als solche Kenntnisse war für die Steuerung eines Schiffes die Erfahrung des nachodas. Navigiert wurde nach der Beschaffenheit des Wassers und der Wellen, nach dem Verhalten der Fische und Vögel, nach dem Treibgut, dem Wind, und natürlich auch nach leicht zu identifizierenden Landmarken.511 Dieser umfassenden Kenntnis des Meer, seiner Küsten und des Himmel darüber entspricht die Tradition der Bugis in der Herstellung und Nutzung von Seekarten. Drei solcher Karten, die in Jakarta, Utrecht und Madrid überliefert sind, entstanden im frühen 19. Jahrhundert und gehen wahrscheinlich auf den Wissensstand des 18. Jahrhunderts zurück. Je nach Karte unterschiedlich, bilden sie den südostasiatischen Raum von den Nikobaren oder von Sumatra im Westen bis nach Seram oder Irian im Osten und im Norden einschließlich der Philippinen, im Süden bis zur Südküste Timors oder bis zur Nordküste Australiens ab. Dabei zeichnet sie eine hohe Detailkenntnis aus. Verzeichnet sind zahlreiche Kleinstinseln, Riffe, Sandbänke, Untiefen und Ankerplätze sowie ein Vielzahl an Flußmündungen, denen sich gelegentlich auch ein gutes Stück des Flußlaufes in das Landesinnere anschließt. Die Darstellung der Küsten ist mit vielen Tiefenangaben versehen. Für die Detailkenntnis, die zur Entstehungszeit unter den buginesischen Seeleuten und Kartenmachern geherrscht haben muß, spricht auch die Einheitlichkeit der drei Karten.512 Thomas Forrest be510 PELRAS, Bugis, 262. 511 Ebd., 264/265; grundlegend für diesen Themenzusammenhang die leider unveröffentlichte Dissertation AMMARELL, Bugis Navigation. 512 ROUX, Zeekarten, insbes. 690/691 (zum Kartenbild) und 692-695 (zur Datierung).
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stätigte auf seinen Reisen durch den Malaiischen Archipel mehrfach die Existenz solcher buginesischen Seekarten für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts.513 Die geographischen Kenntnisse der Bugis reichten im 18. Jahrhundert deutlich über Indonesien hinaus und umfaßten auch Kambodscha, Cochinchina, Sulu, Neuguinea und Nord-Australien.514 Innerhalb dieses Bereichs verfügten sie über detaillierte Kenntnisse der Wasserstraßen. Dies machte sie eigentlich zu den idealen nachodas für solche Schiffsbesitzer, die nicht selbst auf die Reisen gingen. Die Hafenmeisterlisten Makassars haben jedoch für das 18. Jahrhundert ein anderes Bild gezeichnet. Zwar gab es abhängige buginesische nachodas, doch dienten diese in der großen Mehrheit ihren eigenen Landsleuten. Eine Nutzbarmachung der maritimen Kompetenz der Bugis durch die Europäer oder die nicht-indonesischen Diasporagruppen fand im Zeitalter der privilegierten Handelskompanien offenbar noch nicht statt.
Die Bugis-Diaspora Die Ausbreitung der Bugis über den gesamten Malaiische Archipel wird gerne als Folge des Makassarischen Krieges angesehen. Sicherlich kam es zu vereinzelten Vertreibungen; sicherlich entschieden sich viele Bugis, vor allem Wajos, ihre Heimat zu verlassen, die unter die Kontrolle der VOC und Bonés gekommen war. Viele kehrten allerdings nach kurzer Zeit wieder zurück, sei es im Rahmen mißglückter Umsturzversuche, sei es unauffällig als schlichte Heimkehrer. Zudem waren viele Entscheidungen zur Auswanderung keine unmittelbaren Folgen des Kriegsausganges. Die Emigration nach 1669 war mehr den teilweise chaotischen Zuständen im Landesinneren in den Nachkriegsjahrzehnten geschuldet als einer wie auch immer gearteten Vertreibung im unmittelbaren Zusammenhang mit den Kampfhandlungen.515 Auswanderung war schon immer eine gängige Verhaltensweise unter den Bugis, sei es, um persönlichen Problemen zu entfliehen, sei es, um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen, oder zur Verbesserung der eigenen sozialen Lage. In der Folge waren die Bugis eine traditionell mobile Gesellschaft.516 Individuelle Auswanderung, aus welchen Gründen auch immer, kann jedoch nicht erklären, warum ausgerecht513 Ebd., 698/699. Unter Berufung auf Forrest, einige ältere europäische Quellenzeugnisse und spezifisch buginesische Kenntnisse, die Eingang in das Kartenbild gefunden haben, weist C. C. F. M. le Roux überzeugend nach, daß solche Karten eigenständige Erzeugnisse der Bugis und keine Adaptionen europäischer Kartenwerke sind (ebd. 698-704). 514 Siehe auch PELRAS, Bugis, 263. 515 LINETON, Indonesian Society, 14-17. 516 PELRAS, Bugis, 320/321; LINETON, Indonesian Society, 11.
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net die Bugis, neben den Chinesen, geradezu zum asiatischen Prototyp eines in der Diaspora lebenden Volkes wurden. Noch heute lebt ein Viertel des Volkes außerhalb Süd-Sulawesis. Auf der Grundlage der Tradition individueller Auswanderung stellte die vermeintliche Zäsur von 1666/69 in der Sichtweise Philip D. Curtins einen qualitativen wie quantitativen Unterschied dar, weil nun größere Verbände von der Großfamilie aufwärts das Land verließen, die auch in der Lage waren, militärische Stärke zu entwickeln.517 Läßt man sich jedoch von dem herausragenden Ereignis des Makassarischen Krieges nicht blenden, sondern konzentriert sich auf die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Strukturen, kommt den 1660er Jahren wahrscheinlich nur noch eine marginale Bedeutung zu. Zu betonen ist vielmehr die in der buginesischen Gesellschaft angelegte Bereitschaft zur Migration. Die Ethnologin Jacqueline A. Lineton sieht in der Mobilität der Bugis nicht nur simple Pull-Faktoren wie ökonomische Vorteile und Push-Faktoren wie Krieg oder Armut am Werk. Sie betont die Rolle der Handelsaktivitäten und der ‚chain migration’, besonders aber die Bedeutung des individuellen gesellschaftlichen Rangs.518 „There are clearly latent factors at work in Bugis society which allow the existence of objective advantages to be gained from leaving the homeland to be recognised, and this recognition transmitted into decision and action. [...] Rank and kinship ties seem to me to be the particular features of Bugis society which play a crucial role in the process of emigration. In the early stages of migration, motivation had to be at its highest to overcome natural fears of the dangers to be faced: at this time, I see the ascribed inferiority in their home society of ambitious men as the force which propelled them out into the world. Once these primary migrants, the pioneers, had paved the way, it was a comparatively simple matter for others to follow. Kinship ties were particularly important in promoting secondary migration, but ties of common local origin also played a part. And a general feeling of the solidarity and superiority of Wajo’ Bugis, or Boné Bugis, or indeed of all Bugis compared to other peoples, inspired a feeling of confidence in those moving into new areas of Bugis settlement.“519
Christian Pelras unterscheidet drei verschiedene Migrationstypen unter den Bugis. Der erste steht im Zusammenhang mit dem Handel und dürfte die älteste Form darstellen. Sie ist spätestens seit dem frühen 18. Jahrhundert anzunehmen, durchaus aber auch früher möglich. Der zweite Typ steht im Zusammenhang mit ‚cash-crop’Landwirtschaft und ist eine Erscheinungsform des 19. Jahrhunderts. Bei dem dritten Typ schließlich handelt es sich um die Ansiedlung im Hochland Zentral-Sulawesis, 517 CURTIN, Cross-Cultural Trade, 163. Die von Curtin in diesem Zusammenhang vorgenommene Rückbeziehung der Mobilität der Bugis auf die maritime Kultur der Bajau bleibt weitgehend unverständlich. 518 LINETON, Indonesian Society, 31-38. 519 Ebd., 32 und 37.
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die der Umgehung der unsicheren Zuständen in der Heimat diente und erst in der zweiten Hälfte 20. Jahrhundert zu beobachten ist. An anderer Stelle führt Pelras unter Erwähnung des Beispiels Arung Singkangs auch die Migration aus politischdynastischen Gründen an, die bereits für das 18. Jahrhundert zu beobachten ist. Nach dieser Ausdifferenzierung kann also insgesamt von vier Erscheinungsformen ausgegangen werden.520 Eine umfassende Vertreibung der Bugis in die Diaspora nach 1669 als eigenständige Erscheinungsform bleibt Legende. Das Verbreitungsgebiet der buginesischen Diasporagruppen korrespondiert mit der Weite ihrer geographischen Kenntnisse. Im Norden reichte es bis zu den Philippinen, im Süden bis zur Nordküste Australiens; im Osten wurde Irian, die Insel der Papuas, einbezogen, im Westen fanden sich Diasporagruppen sogar in Burma. Die Schwerpunkte ihrer Ansiedlung waren auf den Inseln im Süden der Java-See, an der Ostküste Kalimantans sowie an den Küsten der Malaiischen Halbinsel und Sumatras zu finden. Wichtig für die Niederlassungen waren Lebensverhältnisse, die wenigstens annähernd dem Gewohnten entsprachen: „The rantau (lands abroad) in which Bugis settled all had certain common features: they were coastal areas, with easy access by boat; they were fertile and well-watered, eminently suited to the cultivation of coconuts, which became the chief Bugis cashcrop [...]; they were sparsley settled or underpopulated and thus quickly assumed the aspect of purely Bugis districts, in which many of the features of Bugis society in Sulawesi could be recreated.“521
Daneben spielten wirtschaftliche Gesichtspunkte für die Ansiedlung eine wichtige Rolle. Viele neue Bugissiedlungen enstanden an den verschiedenen Flußmündungen der Malaiischen Halbinsel. Dies hatte seinen Hintergrund in den Zinnvorkommen am Oberlauf der Flüsse, deren Ausbeutung gerade im 18. Jahrhundert systematisch in Angriff genommen wurde. Die dort siedelnden Bugis konnten als Zinnexporteure vielfach zu ernsthaften Konkurrenten der VOC aufsteigen.522 Hinzu kamen Ansiedlung in bestehenden Emporien oder an handelsstrategisch interessanten Orten wie dem kleinen Archipel Riau im Herrschaftsbereich des Sultanates Johor. Doch nicht alle migrationswilligen Bugis mußten so weit reisen. Häufig genügte ihnen auch der Wechsel auf die nächstgelegene Halbinsel Sulawesis.523 Nicht überall stellte der Handel die Existenzgrundlage der Migranten dar. Bugis in der Diaspora wurden sowohl erfolgreiche Händler als auch erfolgreiche Söldner. 520 521 522 523
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Darüber hinaus kehrten viele in der Fremde wieder zur Fischerei oder Landwirtschaft zurück. So wurde der Handel mit der Diasporagemeinde in Ternate ausschließlich von Bugis betrieben, die noch auf Sulawesi siedelten.524 Auch auf Java lag eine differenzierte Situation vor. William Milburn berichtet in seinem Handbuch, das wohl für das Ende des 18. Jahrhunderts Gültigkeit beanspruchen kann, von einem Stadtteil der Bugis in Semarang.525 In dieser Stadt besaßen Bugis zwischen 1774 und 1777 immerhin 12% aller dort verkehrenden Schiffe.526 Milburn erwähnt allerdings bei keiner anderen javanischen Stadt, die er beschreibt, eine solche Gemeinde – außer in Batavia. Die Ansiedlungen nach dem Makassarischen Krieg, die in Banten und Sumenep bekannt sind, könnten, so eine mögliche Interpretation, keine große Bedeutung mehr im Handel gehabt haben, denn um die möglichst exakte Beschreibung des Handels ging es Milburn schließlich.
Bugis und Piraterie Bugis sahen sich häufig pauschal dem Piraterievorwurf ausgesetzt. Ihr geringe Faßbarkeit durch die VOC und ihr bandenartiges Auftreten in kleineren Archipelen leistete solchen Einschätzungen Vorschub. Häufig werden die Bugis, die Riau unter ihre Kontrolle bringen konnten, als Räuber, Piraten oder marodierende Banden angesehen.527 Insgesamt jedoch ist in den Quellen nur wenig spezifisch buginesische Piraterie nachweisbar.528 Auf See traten die Bugis fast ausschließlich als Kaufleute oder als spezialisierte Schiffsbesatzungen in Erscheinung. Allerdings ist eine spezifische Erscheinungsform erwähnenswert, die aus makassarischer Sicht die VOC insbesondere in den 1730er Jahren beschäftigte. Der wajoresische Prinz Arung Singkang verließ als erklärter Gegner der VOC und Bonés zu Beginn des 18. Jahrhunderts Sulawesi. Er siedelte sich mit zahlreichen Gefolgsleuten in Pasir an, wo bereits eine kleine Wajo-Gemeinde existierte. In der neuen Heimat sicherte er sich durch eine geschickte Heiratspolitik mit den lokalen Herrscherfamilien ab und wurde so schließlich selbst Sultan von Pasir. Es gelang ihm, die verstreuten Wajo-Siedlungen an der Ostküste Kalimantans unter seiner Hoheit zu organisieren. Schließlich erteilte ihm der Sultan von Kutai die Erlaubnis, 524 525 526 527 528
LEIRISSA, Bugis-Makassarese, 245. MILBURN, Oriental Commerce II, 364. KNAAP, Shallow Waters, 76. LINETON, Indonesian Society, 16. Eine der wenigen Nachweise für das nähere Umfeld Makassars sind Berichte von Aktivitäten um Kaili, Pasir und Kutai sowie vor den Küsten Sumbawas von 1730: ARA Den Haag, VOC 2163, 45-48.
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eine Bugis-Siedlung in Samarinda an strategisch wichtiger Position zu errichten, und überließ ihm das Exportmonopol für die Produkte des Hinterlandes. Erst 1737 kehrte er nach Wajo zurück, wo er zum neuen Herrscher gewählt worden war, und zettelte erneut einen – erfolglosen – Krieg gegen Boné an.529 Arung Singkang war in Ost-Kalimantan sowohl im Handel etabliert wie auch in die Piraterie involviert, die seine Machtposition einerseits absicherte, andererseit seine machtpolitischen Ziele stützte. In den 1730er Jahren machten er und sein Admiral („capitain laoet“) Toassa die Gewässer vor Banjarmasin und die Straße von Makassar unsicher.530 Nicht zuletzt die Pfefferfahrten nach Banjarmasin konnten durch seine Aktivitäten schnell zum Mißerfolg werden. Vor allem Toassa war vor Banjarmasin aktiv und leistete sich sogar Übergriffe auf die Stadt selbst. In Kaili, aber auch andernorts, betrieben seine Piraten Menschenraub. Die Sklaven verkauften sie in Cinrana, der Hauptstadt Bonés, oder in Mandhar, das bei der VOC im Verdacht stand, die Seeräuber zu unterstützen. Viele Menschen flohen vor ihm unter den Schutz der Kompanietruppen in Fort Rotterdam. Dieser Fall weist auf einen Zusammenhang der Piraterie und des buginesischen Hochadels in Süd-Sulawesi hin. Piraterie konnte als Fortsetzung von Politik und Krieg mit anderen Mitteln dienen. Möglicherweise wurden die von der VOC als „klassische“ Piratenakte verstandenen Aktionen von den Durchführenden als Guerilla-Unternehmungen gesehen. Daneben dienten solche Raubzüge der materiellen Absicherung von Oppositionsbestrebungen aus dem Exil, die häufig eine lange Zeit in Anspruch nahmen. Über diese spezielle Spielart hinaus wurden Bugis vor allem im Zusammenhang mit Sklavenjagden als Piraten erwähnt. Dies hat jedoch nur eine beschränkte Aussagekraft, da Sklavenhandel und Piraterie stets in enger Symbiose gesehen wurde. Zumeist werden die Bugis in der Überlieferung eher als Opfer von Piraterie genannt. Mehrfach findet sich in den Beschreibungen des 19. Jahrhunderts die Betonung, daß es gerade nicht die Bugis waren, die als Piraten die Gewässer des Malaiischen Archipels unsicher machen. Allerdings wird auch von Ausnahmen berichtet, beispielsweise von einem Überfall auf die Insel Bawean unter zwei Bugis-Führern im Jahr 1850 oder die buginesische Abstammung mehrerer Herrscher in Kaili und Pegatan (Ost-Kalimantan), die in Piraterie verwickelt waren.531 529 NOORDUYN, Arung Singkang. Es existieren Berichte seitens der VOC, daß Arung Singkang den Zugang zu Pasir und Kutai mit Waffengewalt erzwungen hat (ARA Den Haag, VOC 2100, Macassar, 2. Reg., 176). 530 ARA Den Haag, Memorie van Overgave des Josua van Arrewijne, 21.5.1733, VOC 2285, Macassar, 1. Reg., 136-139; Generale Missiven IX, 12.10.1735, 653. 531 PELRAS, Bugis 309-311.
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
2. Bugis-Netzwerke im westlichen Archipel
Riau und die Machtposition der Bugis in der Straße von Malakka Der Riau-Archipel vor der Südspitze der Malaiischen Halbinsel stach nicht nur unter Zeitgenossen auf Grund seiner Bedeutung als Umschlagplatz in günstiger Lage hervor, sondern nimmt auch in der modernen Forschungsliteratur eine herausgehobene Position ein. Im Gegensatz zu anderen, mehr oder weniger verborgenen Aktivitäten fand die Etablierung der Bugis-Diaspora in Riau im Licht der europäischen Quellen statt. Bis zur Gründung Singapores blieb die Inselgruppe, die zum Sultanat von Johor gehörte, wirtschaftlich weitgehend unterentwickelt. So bot sie eine ausgezeichnete Gelegenheit für eine handelsorientierte Migrantengruppe, sich eine neue Heimat aufzubauen. Insbesondere die geographische Lage versprach lukrative Vorteile. Malakka, das alte Handelszentrum in der Region, wurde von der VOC kontrolliert und war für den indigenen Handel in vielerlei Hinsicht uninteressant geworden. Die Etablierung eines größeren Ausweichplatzes an den vielbefahrenen Wasserstraßen zwischen Malaiischer Halbinsel, Sumatra und Kalimantan bot sich an. Die verschiedenen Bugis-Gruppen blieben dort ohne politische Kontrolle aus ihrer Heimat und operierten als „semi-indepenent bands“. Relativ ungestört konnten sie auf den schwach besiedelten Inseln eigene Zentren errichten. Dort, wo einige kleinere malaiischen Sultanate innerhalb der Inselwelten Riaus und Linggas sowie an der Küste des Malaiischen Archipels bereits existierten, waren die Bugis stark genug, um diese kontrollieren zu können.532 Sie begannen sich in dynastische Auseinandersetzungen unter den malaiischen Herrschern einzumischen und wurden so durch eine Kombination aus bewaffneten Aktionen und strategischen Eheschließungen zu einer der bedeutendsten politischen Kräfte in der Straße von Malakka.533 Die Beziehungen zur regionalen Vormacht Johor wurden im Laufe der Zeit zusehens angespannter und mündeten schließlich in den 1710er Jahren in offenen kriegerischen Auseinandersetzungen, in denen die Bugis zumeist die Oberhand behielten. In der Folge entwickelte sich ein Machtgleichgewicht zwischen den Bugis von Riau und der VOC. Durch immer neue Bündnisse mit lokalen Herrschern wurde dieses fragile Gleichgewicht lange gehalten. Nach einem vorübergehenden 532 CURTIN, Cross-Cultural Trade, 164. 533 PELRAS, Bugis, 145.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
719
Übergewicht der Kompanie kam es Mitte des 18. Jahrhunderts zur Gegenoffensive der Bugis, die in der knapp gescheiterten Belagerung Malakkas 1756 ihren Höhepunkt fand. Danach zogen es die Bugis vor, sich auf ihr eigenes Emporium in Riau zu konzentrieren. Für beinahe drei Jahrzehnte wurden keine weiteren Versuche unternommen, fremde Emporien unter eigene Kontrolle zu bekommen.534 Die Expansion der Bugis von Riau konnte nur durch niederländische Hilfe eingedämmt werden; der Ruf einheimischer Fürsten nach muslimischer Unterstützung verhallte meist ungehört. Die erste Belagerung von Malakka durch Bugis konnte erst durch eine Flotte aus Batavia beendet werden. Als es 1784/85 zu einem erneuten Belagerungsversuch durch Raja Haji kam, der auf Riau als „lebender Heiliger“ verehrt wurde, war es abermals eine niederländische Flotte, die zu Gunsten Malakkas eingriff. Diese Flotte beließ es jedoch nicht bei einer Entsetzung der belagerten Stadt. Sie beendete zugleich auch die Vormachtstellung der Bugis auf Riau. Allerdings konnte sie die Existenz der buginesischen „Pfefferkönige“, die sich in Riau etabliert hatten, nicht völlig beseitigen.535 Die Bugis von Riau wurden bald nach ihrer Ansiedlung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein politischer Faktor in der Region. Ihre Suprematie über einige kleinere Herrscher, die Destabilisierung des Sultanates Johore, das mit der VOC seit der Eroberung Malakkas 1641 verbündet war, und gelegentliche Übergriffe auf die unmittelbare Einflußsphäre der Niederländer wie im Falle Malakkas konnten auch die Interessen der VOC berühren und diese gelegentlich zum Handeln zwingen. Aber all dies war nicht das vorrangige Problem für die Kompanie. Vielmehr erwuchs ihr in Riau ein konkurrierendes wirtschaftliches Zentrum, das die angestrebte Vormacht der VOC empfindlich störte.
Die wirtschaftliche Position der Bugis von Riau Zwischen den beiden Epochen vorherrschender Handelsstädte, die der Westen des Malaiischen Archipels mit Malakka im 15. und 16. Jahrhundert und Singapore im 19. und 20. Jahrhundert gesehen hatte, bestand eine Zwischenphase, die durch ein nicht-urbanes Zentrum geprägt wurde. Das merkantile Zentrum der Region war in die Inselwelt von Riau gewandert, in der sich zahlreiche Bugis, die in der Folge des 534 Zu den Einzelheiten der buginesischen Politik im westlichen Malaiischen Archipel, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, siehe u.a. LEWIS, Jan Compagnie, 44-98. 535 WATSON ANDAYA, Political Development, 450/451; DIES, Religious Developments, 560; KATHIRITHAMBY-WELLS, Age of Transition, 604.
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Makassarischen Krieges und der sich anschließenden Entwicklungen emigriert waren, niedergelassen hatten. Riau bildete die Grundlage für eine buginesische Handelsmacht im westlichen Teil Indonesiens, die im Verlauf des 18. Jahrhunderts die traditionelle Stärke der Bugis im Osten sogar übertrumpfen konnte, da die VOC den Privathandel östlich von Sulaweis zumindest teilweise erfolgreich einschränkte. Die entscheidende Grundlagen bestanden in der geographische Lage und dem Fehlen eines überragenden Warenumschlagplatzes in dieser Lage. Hinzu kam das merkantile Selbstverständnis der Bugis. Sie öffneten den Riau-Archipel für alle Handelstreibenden, wodurch dort neben ihnen selbst Chinesen, Engländer, Makassaren, Thai und Javaner tätig wurden. Riau wurde für alle interessierten Privatiers zum Hauptknotenpunkt zwischen südchinesischem Meer und Java-See einerseits und dem Indischen Ozean andererseits.536 Es entstand ein Handelszentrum, dessen Funktionen vielfach dem Bild entsprachen, das sich bereits von Makassar zeichnen ließ. Riau sammelte und exportierte regionale, zumeist maritime Produkte, diente als Umschlagplatz für auswärtige Waren wie Textilien aus Indien und China und spielte auch eine Rolle im Sklavenhandel. Daneben existierten Elemente, die über diese Entsprechungen hinausgingen. Riau verband die Emporiumsfunktionen Makassars, welche die sulawesische Stadt auch unter der VOC-Herrschaft behalten hatte, mit anderen Funktionen, die auf Sulawesi vor den Monopolvorstellungen der Kompanie ausweichen mußten. So wurde in Riau Opium gehandelt, ein Geschäft, das eigentlich einer privilegierten europäischen Kompanie in Batavia vorbehalten war. Vor allem aber war Riau ein Handelsplatz für die molukkischen Gewürze, die den Weg vorbei an den niederländischen Kontrollen gefunden hatten. Sie wurden hier sicherlich nicht der ersten Handelsebene zur Verfügung gestellt, die von den europäischen Kompanien dominiert wurden. Aber für die zweite Ebene war Riau von enormer Bedeutung. Weder Makassar noch Batavia konnten auf Grund ihrer Einbindung in das System der VOC die Gewürznachfrage des bedeutenden chinesischen Marktes befriedigen; und auch Banjarmasin war dazu sicherlich nur teilweise in der Lage. In diese Lücke stieß Riau, dessen vielleicht wichtigste überregionale Funktion im 18. Jahrhundert in der Versorgung asiatischer Märkte mit molukkischen Gewürzen bestand. Die gängige Meinung in der Forschung besagt, daß die Bugis durch ihr niedrigeres Preisniveau stets die VOC ausstechen konnten.537 Diese Sichtweise ist allerdings 536 KATHIRITHAMBY-WELLS, Age of Transition, 602; CURTIN, Cross-Cultural Trade, 164/165. 537 Ebd., 164.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
721
relativ. So verweist eine malaiische Quelle, das Tuhfat al Nafis, auf die besonders hohen Preise für Textilien in Riau, die dort das wichtigste Handelsgut auf dem Markt waren.538 Die Basis für die wirtschaftliche Bedeutung ausgerechnet dieses Archipels – auch andere Plätze hätten rein geographisch gesehen eine günstige Lage zwischen China und Indien geboten – ist wohl eher in der fehlenden VOC-Kontrolle als in der Preisbildung zu suchen. Entsprechend war es das Hauptziel der VOC, den in Riau wie an keinem anderen indonesischen Platz heimischen Austausch von Gewürzen gegen Textilien zu unterbinden.539 Die Situation glich derjenigen in Makassar Mitte des 17. Jahrhunderts, obwohl der Gewürzhandel für die VOC bei weitem nicht mehr so zentral war. Hier offenbart sich eine bemerkenswerte Konstanz in der VOC-Politik, die ihre einmal aufgestellten Forderungen auch unabhängig von ihrer aktuellen Priorität durchzusetzen trachtete. Auch eine Beziehung zwischen Makassar und Riau ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Im Jahr 1715 traf ein VOC-Bediensteter einen Makassaren auf Riau an, der neben Sklaven auch Muskatnüsse und Gewürznelken geladen hatte.540 Bestätigt werden solche Verbindungen von den Generalen Missiven, die für das gleiche Jahr zwei buginesische Schiffe meldeten, die von Makassar nach Riau aufgebrochen waren.541 Man kann davon ausgehen, daß solche Fahrten auch in Makassar verzeichnet worden sein müßten, wenn sie auch den Verfassern der Generalen Missiven zur Kenntnis gekommen waren. Die angesprochenen Fahrten fanden kurz vor dem Einsetzen der Hafenmeisterlisten in der Überlieferung Makassars statt. Offenbar bestand zu dieser Zeit noch Verbindung zur Region um Sumatra und die Malaiische Halbinsel. Dies korrespondiert damit, daß in den Listen zu Beginn noch einige wenige Fahrten dorthin verzeichnet sind, die gegen Ende der 1720er Jahre endgültig verschwinden. Sicherlich war Riau auf Grund der dort angesiedelten Diasporagruppen ein „natürliches“ Anlaufgebiet für Seefahrer aus Makassar. Daß die Fahrten nach Riau aufhörten, spricht dafür, daß sich der dortige Handel von seinem „Mutterhafen“ Makassar loslöste und Riau selbst Zentralität durch Bugis und Makassaren gewann. Eine Zulieferfunktion Makassars war nicht mehr nötig; Riau stand nun selbst in Kontakt zu den wichtigsten Teilregionen Indonesiens. Nach dem Verlust ihres Handelsreiches Riau wurden die Bugis zum wichtigsten Zulieferer Singapores hinsichtlich regionaler Waren und Lebensmittel. Die engli538 539 540 541
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
schen Neugründung bot für Privathändler so günstige Bedingungen an, daß sie für viele Bugis zum „Ersatz“ für Riau wurde.542 Von den verschiedensten lokalen Handelsplätzen bis hin nach Neuguinea wurden einheimische Waren nach Singapore gebracht. Im Gegenzug wurde der Malaiische Archipel mit chinesischen und europäischen Gütern versorgt, als diese im Zuge industrieller Massenproduktion auf dem südostasiatischen Markt konkurrenzfähig wurden. Auch Makassar wurde wieder in die buginesischen Handelsfahrten aus dem Westen des Archipels einbezogen.543 Mitte des 19. Jahrhunderts siedelten 2.000 bis 3.000 Bugis in Singapore. Es gibt keine Anhaltspunkte für die Größe der entsprechenden Diaspora in Riau ein Jahrhundert zuvor. Sie kann jedoch kaum kleiner gewesen sein, da viele Bugis auch im 19. Jahrhundert weiterhin in Riau siedelten.
3. Der Handel der Bugis im Reich der VOC
Sichtbare und unsichtbare Netzwerke Neue Bugis-Zentren entstanden nicht nur im Umfeld des Riau-Archipels. Alexander Dalrymple unterbreitete 1769 der EIC einen Plan zur Verbesserung ihres Kommerzes, der sich vor allem auf den Malaiischen Archipel und die Inselwelt im Norden Kalimantans bezog. Kern seines Plans, den er auf der Grundlage seiner eigenen Erfahrungen in dieser Region entwickelte, war das Vorhaben, die kleine Insel Balambangan an der Nordspitze Kalimantans als Emporium der EIC auszubauen. Bei seinen Reisen war er in besonderem Maße mit buginesischen Seefahrern und Kaufleuten in Kontakt gekommen, weswegen er ein Kronzeuge ihrer besonderen Bedeutung für den maritimen Handel des 18. Jahrhunderts im gesamten Archipel ist. „Yet the county trade can only take place universally by the Bugguese, &c. finding as great a variety of assortments of goods at Balambangan as at Batavia.“544
Für die VOC war es ein schwer greifbarer Handel; dennoch war es ein Diasporahandel, der unter den Bedingungen stattfinden mußte, die ein regionaler Machthaber diktierte. Daher schätzte Dalrymple die bestehenden Zentren der Bugis-Diaspora als ökonomisch ungünstig ein. Auf ihren Märkten mußten durch Abgaben 542 DALTON, Makassar, 73/74. 543 CURTIN, Cross-Cultural Trade, 164-166; PELRAS, Bugis, 305-308, 311-315; LINETON, Indonesian Society, 17/18. 544 DALRYMPLE, Plan, 18.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
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und Protektionskosten zu hohe Warenpreise erzielt werden, worin Dalrymple die Chance zur Etablierung einer britischen Niederlassung als Freihafen sah. „A great part of the Bugguese traffick is, in the eyes of the Dutch, clandestine, and carried on to countries where they are very jealous of intruders, there is an evident necessity for some neutral port. Passir serves for this purpose, but it is obvious that from hence must arise an insuperable inconvenience, as the Passir prices must be higher than those of Batavia; and therefore, as the Bugguese have no jurisdiction at Passir, where they are as much aliens as they would be amongst us.“545
Die Tatsache, daß die Bugis außerhalb von Riau keine Emporien tatsächlich kontrollierten, hatte sie jedoch nicht gehindert, ein weitreichendes System von Handelsnetzwerken aufzubauen: „Besides the Chinese, non of the orientals equal to the Bugguese for extensive commerce. They have penetrated to New-Holland on the south, and to Papua on the east; they also voyage to Bencoolen, Quedah, Manila, and to all the intermediate countries. Passir, on the east side of Borneo, is at present, in great measure, their emporium; an though in itself an inconsiderable place, yielding few commodities, yet, by the many Bugguese who resort thithe, it is become a place of much commerce; for, on that account, several vessels from Batavia, and other parts of Java, (though non of the Dutch’s Company’s are admitted) bring piece-goods, which are from thence distributed over all the Oriental Polynesia, even so far as Papua and New-Holland; and the returning commodities carried from Passir to Batavia, Manila, &c.“546
Dalrymple erwähnt Anknüpfungspunkte an die beiden oberen Handelsebenen außerhalb des VOC-Imperiums wie Bengkulu, den britischen Vorposten im Malaiischen Archipel, oder die spanische Kolonialstadt Manila in den Philippinen. Insgesamt beschreibt er einen Einzugsbereich der Bugis, der das gesamte Malaiische Archipel umfaßte einschließlich der äußersten, oft gar nicht als Bestandteil wahrgenommenen Peripherie Irian. Darüber hinaus reichte er im Zusammenhang mit dem trepang-Handel bis nach Neu-Holland, der Nordküste Australiens.547 Weitere Kontakte zu außerindonesischen Regionen waren Dalrymple nicht bekannt. Eine besondere Bedeutung für die Bugis hatte die Ostküste der Insel Kalimantan, und dort vor allem die Hafenstadt Pasir. Diese wurde 1772 von Thomas Forrest besucht. Er berichtet von rund 300 Häusern, die mehrheitlich von Bugis bewohnt wurden, sowie von einer Residenz des einheimischen Fürsten und von einem bewaffneten Pallisaden-Fort.548 Ende des 18. Jahrhundert wechselten einige der dort ansässigen Bugis nach Pulo Laut und begründeten dort ein weiteres Handelszentrum.549 Zwei traditionelle Fahrtziele des Privathandel von Makassar wurden durch 545 546 547 548 549
Ebd., 84. Ebd., 83/84. Zu den Kontakten der Bugis zur Nordküste Australiens siehe ausführlich CENSE, Prauwvaart, passim. FORREST, Voyage from Calcutta, 83. WARREN, Sulu Zone 1768 – 1898, 10.
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
die Bugis-Diaspora zu eigenständigen Handelszentren, während sie gleichzeitig aus den Hafenmeisterlisten der sulawesischen Metropole verschwanden. Darüber hinaus entstand durch exilierte Wajos ein weiteres Emporium in Samarinda. Die Forschungen von James F. Warren verdeutlichen Handelsnetzwerke der Bugis im Sulu-Archipel.550 Vor 1760 erreichten jährlich 14 oder 15 ihrer prahu paduwakang die Inselgruppe zwischen Kalimantan und Mindanao. Mehrheitlich stammten sie aus den Bugis-Emporien im Osten der Straße von Makassar. Die Zahl stieg, als nach 1768 mit der Gründung des Sultanats Sulu regelmäßige Verbindungen zwischen dem Sulu-Archipel und Bengalen etabliert wurden. In Sulu selbst entstanden kleinere Bugis-Enklaven wie Berau und Bulungan, welche von einem Teil der von Süden kommenden Bugis angesteuert wurden. Ein anderer Teil bevorzugte den direkten Kontakt mit den Taosug, der dominierenden Ethnie Sulus, an deren traditionellen Handelsplätzen: vor allem in Sarangani im Süden Mindanaos und in Tambesan vor der Nordostküste Kalimantans. In diesem Zusammenhang läßt sich auf Grundlage der Korrespondenz des Alexander Dalrymple ein regelmäßiger Gewürzhandel rekonstruieren, der über Sulu abgewickelt wurde: „The Bugis of Pasir remained in Jolo from six to eight months, leaving for the Moluccas in January and February to collect cloves, nutmeg, and black pepper. This gave them sufficient time to return to Jolo with another cargo before the monsoon changed. [...] Buginese nakodahs from Pasir gave Dalrymple an account of the spices they brought to Sulu every year: 400 piculs of cloves, 50 piculs of nutmeg, and 200 piculs of black pepper.“551
Neben Gewürzhandel spielte der Handel mit Sklaven eine besonderer Rolle in den Bugis-Handelsnetzen, die über Sulu liefen. Sklavenjagd und –handel waren eine der wesentlichen ökonomischen Grundlagen des jungen Sultanates. Die Sklaven wurden einerseits im Sulu-Archipel eingekauft, andererseits kamen auch TaosugHändler mit eigenen Schiffen zu den Bugis-Zentren wie Pasir, um dort Sklaven anzubieten. Nach der Auswertung spanischer Quellen durch James Warrens wurden bereits in den 1770er Jahren jährlich mehrere hundert zumeist philippinische Sklaven aus dem Sulu-Archipel von buginesischen nachodas zu den Sklavenmärkten in Batavia, Malakka, Banten, Chirebon, Banjarmasin und Palembang gebracht. In den Hafenmeisterlisten Makassars ist ein deutlicher Anstieg erst in den 1780er Jahren festzustellen. Zu beobachten ist in der sulawesischen Metropole eine Nachvollziehung der Kommerzialisierung des Sklavenhandels im Malaiischen Archipel. 550 Ebd., 10-16. 551 Ebd., 11/12.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
725
Die Forschungen von Richard Z. Leirissa zu den Molukken zeigen Verflechtungen der Bugis wie auch der Makassaren in den östlichen Teilen des Malaiischen Archipels, die sich auf ökonomischer, politischer wie auch familiärer Ebene bewegten. Ein markantes Beispiel hierfür bietet die Rekonstruktion der Karriere eines in den nördlichen Molukken ansässigen Makassaren: „An interesting example is the case of Haji Umar (1717 – 1808). Although originally residing in kampung Makassar in Ternate, he later moved to the foreign ward in Tidore known as kampung Java. His father, who was married to an indigenous woman from Tidore, was Makassarese, and probably also from kampung Makassar itself. Haji Umar maintained relationships not only with traders from South Sulawesi – he was himself married to a woman from Mandhar – who visited the Moluccas clandestinely, but also with such Magindanao pirate colonies as that at Tolitoli [...]. This colony was headed at the time by a certain Syarif Mohammad Taha, whose son, Syafir Jafar, accompanied Haji Umar on a number of trading expeditions in the Northern Moluccas. Haji Umar’s fortunes increased with the rise of Prince Nuku as the sultan of Tidore during the last quarter of the eighteenth century and first years of the nineteenth century. He became one of the most trusted men in the circle of the prince, who was considered a rebel by the Dutch. Haji Umar was apprehended by the Dutch in 1805 after the death of Prince Nuku, and was himself sentenced to death.“552
Nicht allein in den Metropolen in Ternate und Tidore betätigten sich Bugis und Makassaren. Auch in den südlichen Molukken waren sie durchaus aktiv; der Privathandel dort blieb bei weitem nicht den dort ansässigen Seramesen überlassen. „Before being conquered by the VOC, these islands [die sog. schakeleilanden, die Inseln zwischen Seram und den Nord-Molukken] had been part of the kingdom of Tidore. Until 1768 the VOC controlled these islands indirectly throught the sultan, who was regarded as a vassal of the VOC. As in the northern Moluccas, the inhabitants of these islands were strongly prohibited not only from trading in clove and nutmeg, but also from cultivating these crops. Gradually, the leading groups on the islands, who were often connected by marriage with the inhabitants of the spice-producing Muslim villages in Ambon and Haruku, came to be known as the most important smugglers of cloves and nutmegs. Of course, the Bugis and Makassarese also participated actively in this proscribed trade.“553
Anders als im Westen Indonesien konnten die Bugis im Osten keine dominante Stellung erreichen. Sie beherrschten keine ganze Inselgruppe wie in Riau, und sie konnten keine Bevölkerungsmehrheit in einer wichtigen Hafenstadt wie Pasir stellen. Nötig war zur Sicherung nicht zuletzt des ökonomischen Erfolges eine verstärkte Integration in die bestehenden Strukturen. Dies geschah vorzugsweise durch Heirat oder durch Allianzen mit politisch einflußreichen Persönlichkeiten. 552 LEIRISSA, Bugis-Makassarese, 245. 553 Ebd., 253.
726
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Bugis in Batavia Aus verschiedenen Gründen wurden Bugis von Batavia angezogen. Auch dort entstand wie in den meisten der großen Städte des Archipels eine eigenständige BugisDiaspora. Anders als in anderen Städten war diese von der Erlaubnis der Kompanie abhängig, die der Ansiedlung letztendlich aber keine Schwierigkeiten bereitete. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts kann von einer zahlenmäßig signifikanten Ansiedlung ausgegangen werden. 1663 erhielten die Bugis ihren eigenen kampung, dessen Eigenständigkeit für das ausgehende 18. Jahrhundert ebenso bestätigt wird wie die eines makassarischen Viertels.554 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Bugis eine von rund einem Dutzend Bevölkerungsgruppen in Batavia. Auch hier, unter der vielleicht unmittelbarsten Kontrolle der VOC, entstanden keine nach ethnischen Kriterien hermetisch abgeschlossene Siedlungseinheiten. So lebten im Kampung der Bugis auch Makassaren.555 Gerade in Batavia läßt sich die Bugis-Diaspora nicht allein mit den Folgen des Makassarischen Krieges erklären. Eine ansehnliche Zahl von Bugis und Makassaren kamen als VOC-Soldaten nach Batavia.556 Viele von ihnen blieben nach Ende ihrer Dienstzeit dort und wurden in der Regel Kaufleute oder Schiffsführer. Darauf beruhte der hohe Anteil von Sulawesiern unter den nachodas, die zwischen 1774 und 1777 in den javanischen Häfen registriert wurden.557 Ein weiterer Aspekt der Zuwanderung war die hohe Mobilität unter Seeleuten. Gerrit J. Knaap rekonstruierte den beispielhaften Lebenslauf eines Bugis, der aktenkundig wurde, weil er 1772 bei Balambangan von der VOC arrestiert wurde: „In his childhood Swaju had become an inhabitant of Semarang. More recently he had been living in Bangkalan; however, during the last puasa, the Muslim fastingmonth, he had been engaged by a Surabaya Chinese to sail on a trip to Buleleng in Bali. In Buleleng he changed employment and sailed with a Balinese skipper, who tried to run weapons and gunpowder into Balambangan to sell it to the anti-VOC forces there. It was during this attempt that Swaju was arrested.“558
Durch Wechsel ihrer Mannschaftszugehörigkeit konnten Seeleute über Jahre ihren Heimatort nicht wiedersehen. Häufig kam es zu einer völlig neuen Ansiedlung an einem Ort nach Maßgabe ihres Lebenswandels. Es ist daher naheliegend, daß gerade in den zentralen Häfen solche Mobilität zur verstärkten Ansiedlung führte. Erfah554 555 556 557 558
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
727
rene Seeleute wurden im Laufe ihrer Karriere häufig nachodas. Sie wurden entweder auf eigenen Rechnung kommerziell tätig oder ließen sich in einem nächsten Schritt ihrer erfolgreichen Laufbahn als reine Kaufleute nieder. Beide Entscheidungen führten zu einem Bedeutungszuwachs der jeweiligen Diasporagruppe. Auf Grund der Bedeutung seines Hafens etablierte sich in Batavia auf diese Weise eine besondere Vielfalt handelstreibender Ethnien,559 die allerdings auf Grund der herausgehobenen Position der Stadt eine Ausnahme darstellt. Darüber hinaus kamen Bugis auch als Sklaven nach Batavia. Ein Sklavenregister von 1816 verzeichnet 322 Bugis unter insgesamt 1.248 Sklaven. Dies entsprach 25,8% aller registrierten Leibeigenen, von denen Sklaven aus Sulawesi mit 43,0% beinahe die Hälfte ausmachten.560 Nach einem Bericht von Stamford Raffles lebten 1817 1.863 freie Bugis (5,6% aller freien Einwohner) und 2.029 freie Makassaren (6,2% aller freien Einwohner) in Batavia.561 Die Sklaven aus Sulawesi waren jedoch vor allem Eigentum von europäischen Bürgern.562 Da die Freilassung von Haussklaven – allein die bedeutende Rolle von mardijkern bestätigt dies – die Regel war, ist auch hier eine Quelle für das Anwachsen der Bugis-Diaspora zu vermuten. Die wegweisende Studie Gerrit J. Knaaps zum privaten Seehandel in Java zwischen 1774 und 1777 faßt leider alle nachodas aus Sulawesi, darunter Makassaren und Bugis, in einer Kategorie zusammen.563 Sie trägt damit teilweise den zeitgenössischen und damit quellenimanenten Schwierigkeiten Rechnung, solche Völker trennscharf voneinander zu unterscheiden. Daß für den VOC-Bediensteten in SüdSulawesi Makassaren dank des alltäglichen Kontakts von Bugis oder Mandhar zu unterscheiden waren und die Quelleninformationen in der vorliegenden Studie entsprechend verstanden werden, heißt noch lange nicht, daß in entfernteren Häfen gleiches möglich war. Weitere Forschungen sind nötig, zumal Knaap auf eine ethnische Differenzierung des Privathandels, die er für alle anderen untersuchten Häfen Javas anbietet, ausgerechnet für Batavia verzichtet. An dieser Stelle läßt sich nur ein äußerst vorläufiger Blick auf die Verbindung Batavia-Makassar werfen. 559 François Valentijn zählt neben den Bugis Chinesen, Armenier, Perser, Gujaratis („Mooren of Mogolders“), Bengalen, Timoresen, Tonkinesen, Thais, Arrakander, Javaner, Makassare, Ambonesen, Bandanesen, Ternater, Malaiien, Balinesen, Sumatraner und Einwohner Kalimantans sowie Niederländer, Engländer, Portugiesen, Mestizen und mardijker auf (VALENTIJN, Oost-Indiën III, 527). 560 ABEYASEKERE, Slaves, 291. 561 RAFFLES, History of Java II, 246. Raffles geht von einer Gesamtbevölkerung von 47.217 Personen aus, unter ihnen 14.239 Sklaven. 562 ABEYASEKERE, Slaves, 304. 563 „In the ethnic label ‚Sulawesian’ are included all people with a Buginese-Makassarese background, also including the occasional Butonese, Mandarese or Wajorese.“ (KNAAP, Shallow Waters, 209).
728
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Tabelle 8.1: Einfahrten buginesischer Schiffseigner nach Herkunftsregionen 1717/18
1722/23
1727/28
1730/31
1733/34
Sulawesi
4
19,0%
7
9,1%
3
8,3%
3
30,0%
10
28,6%
Kalimantan
5
23,8%
17
22,1%
7
19,4%
2
20,0%
9
25,7%
Java
10
47,6%
37
48,1%
22
61,1%
2
20,0%
14
40,0%
Batavia
2
9,5%
17
22,1%
9
25,0%
1
10,0%
6
17,1%
Sumbawa
1
4,8%
10
13,0%
3
8,3%
3
30,0%
1
2,9%
Sunda-Inseln
1
4,8%
3
3,9%
--
--
--
--
1
2,9%
Sumatra
--
--
2
2,6%
1
2,8%
--
--
--
--
insgesamt
21
100%
77
100%
36
100%
10
100%
35
100%
1767/68
1772/73
1777/78
1781/82
1787/88
Sulawesi
6
50,0%
13
46,4%
11
57,9%
8
50,0%
7
46,7%
Java
2
16,7%
10
35,7%
6
31,6%
5
31,3%
4
26,7%
Batavia
2
16,7%
2
7,1%
0
0,0%
2
12,5%
1
6,7%
Sumbawa
4
33,3%
5
17,9%
2
10,5%
3
18,8%
4
26,7%
insgesamt
12
100%
28
100%
19
100%
16
100%
15
100%
Tabelle 8.2: Ausfahrten buginesischer Schiffseigner nach Zielregionen 1717/18
1722/23
1727/28
1730/31
1733/34
Sulawesi
10
31,3%
6
8,0%
6
14,6%
1
25,0%
20
39,2%
Kalimantan
6
18,8%
16
21,3%
6
14,6%
1
25,0%
8
15,7%
Java
23,5%
6
18,8%
36
48,0%
24
58,5%
--
--
12
Batavia
3
9,4%
12
16,0%
13
31,7%
0
0,0%
3
5,9%
Sumbawa
8
25,0%
15
20,0%
4
9,8%
2
50,0%
10
19,6%
Sunda-Inseln
1
3,1%
1
1,3%
1
2,4%
--
--
1
2,0%
insgesamt
32
100%
75
100%
41
100%
4
100%
51
100%
1767/68
1772/73
1777/78
1781/82
1787/88
Sulawesi
12
57,1%
12
41,4%
7
53,8%
7
46,7%
9
60,0%
Kalimantan
--
--
1
3,45
--
--
--
--
--
--
Java Batavia
3 1
14,3% 4,8%
9 3
31,0% 10,3%
4 0
30,8% 0,0%
6 1
40,0% 6,7%
5 1
33,3% 6,7%
Sumbawa
6
28,6%
7
24,1%
2
15,4%
2
13,3%
1
6,7%
insgesamt
21
100%
29
100%
13
100%
15
100%
15
100
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
729
Aus Java kommende Bugis-Schiffe machten unter den in Makassar einlaufenden Fahrzeugen zwischen 40% und 60% in der ersten und zumeist ein Drittel in der zweiten Überlieferungsperiode aus. Ähnlich verhielt es sich bei den auslaufenden Schiffen. Betrachtet man den Einzelfall Batavia, dann blieben die Ein- wie die Ausfahrten deutlich unter der Hälfte aller Java-Fahrten – mit abnehmender Tendenz vor allem bei den Ausfahrten. Batavia war nicht das alleinige Zentrum für den Bugis-Handel in Java, auch wenn dort langfristig eine größere Diasporagemeinde ansässig war. In der ersten Überlieferungsperiode wie insgesamt war auch bei den Bugis die Stadt Semarang, für die ebenfalls von einer Diasporagemeinde auszugehen ist, wichtiger als die Metropole. In der zweiten Überlieferungsperiode waren auch die Bugis Träger der Ausdifferenzierung javanischer Handelsziele. Freilich ermöglichen die für Makassar erfaßten Zahlen zum privaten buginesischen Handelsverkehr zwischen Makassar und Batavia kaum eine unmittelbare Aussage über die Aktivitäten der Diaspora in Batavia. Sie konnten allerdings auf dieser Strecke nicht größer sein als die Gesamtzahl der in Makassar registrierten Schiffsbewegungen. Also bestätigt sich auch hier eine relativ geringe Aktivität gemessen an Handelsfahrten. In keinem der zehn erhobenen Beispieljahrgänge ist von einem nachoda oder einem Schiffsbesitzer mit der Herkunft Batavia die Rede. Lediglich 1722/23 ist ein in Semarang ansässiger Besitzer verzeichnet. Vor dem Hintergrund der Beobachtung, daß auch die Diasporagemeinde in Ternate kaum Eigenhandel trieb, sondern nur mit zureisenden Händlern in Verbindung stand, und der allgemeinen Annahme, daß mit Makassar als zentralem Hafen des Heimatlandes eine engere Verbindung bestanden haben müßte, kann eine geringe Eigenaktivität hinsichtlich des Handels der Bugis von Batavia vermutet werden, zumindest hinsichtlich der Verbindung Java-Sulawesi.
Bugis in Makassar Eine große Gruppe Bugis fand sich allein auf Grund der räumlichen Nähe in Makassar. Zwar verfügten die buginesischen Staaten auch über Hafenorte am Golf von Boné wie Sinjai oder auch Cinrana, das über den gleichnamigen schiffbaren Fluß erreichbar war, doch wiesen diese eine weitaus geringere Zentralität als die Metropole Makassar auf. Neben Makassaren und Chinesen stellten die Bugis eine der drei bedeutenden handelstreibenden Ethnien im Hafen von Makassar noch vor den Malaiien, Indern oder Niederländern. Sie führten in der Regel zwischen einem Viertel und einem Fünftel der privaten Handelsfahrten durch.
730
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Ziele buginesischer Schiffe, die von Makassar aus in See stachen, lagen auf Sulawesi, Java und Sumbawa sowie zusätzlich in der ersten Überlieferungsperiode auf Kalimantan. In letzterem Fall waren die Bugis sogar die Hauptträger des Handels. Das Verschwinden des Kalimantan-Verkehrs in der zweiten Überlieferungsperiode auch bei der Ethnie, die diese Verbindung bislang mehrheitlich getragen hatte, hing unmittelbar mit der Entstehung neuer buginesischer Zentren an der Ostküste der Insel zusammen. Insgesamt steuerten die Bugis die Regionen, mit denen sie in Handelskontakt standen, in der ersten Überlieferungsperiode weitgehend gleichmäßig an; ein leichtes Übergewicht ist nur hinsichtlich Javas festzustellen. In der zweiten Überlieferungsperiode kristallisierte sich ein deutlicher Schwerpunkt bei den sulawesischen Häfen heraus. Es ist also offenbar ein Abzug des Fernverkehrs durch andere zentrale Plätze des buginesischen Handels zu beobachten. Insbesondere zeigt sich, ganz gegen den allgemeinen Trend im Hafen von Makassar, eine abnehmende Tendenz bei Zielen auf Sumbawa. Die Bugis koppelten sich in zunehmenden Maße durch Entwicklungen im eigenen Handelsreich von den Entwicklungen ihres ursprünglichen Heimathafens ab. Aus- wie Einfahrten spiegeln ähnliche Trends, nur im Falle Sumbawas kommt zusätzlich die Dreiecksfahrt mit leeren Ausfahrten zu „illegalen“ Warenumschlagplätzen und von dort nach Sumbawa zum Tragen. Während ihr Handel zu entfernteren indonesischen Inseln in der offiziellen Registratur zu Gunsten einer Konzentration auf regionale Verbindungen rückläufig war, wurden die Siedlungsplätze der makassarischen Bugis wichtige Warenumschlagplätze außerhalb der Kontrolle der VOC. Schenkt man den Vorwürfen der Kompanie Glauben, wich nicht nur ein Teil des buginesischen Fernhandels in diese Stadtbereiche aus; dort wurden auch die Geschäfte abgewickelt, welche für die Bugis beispielsweise im Sulu-Archipel so lukrativ waren.
Handelsgüter Nach den Informationen aus dem 16. Jahrhunderts wiesen bereits die ursprünglichen Handelsgüter der Bugis eine bunte Vielfalt auf. Neben Reis und Kokosnüssen wurden Früchte wie Bananen und Mangos, Gemüse, Haustiere wie Büffel, Schweine, Ziegen, Hühner und Enten ebenso gehandelt wie Pferde, die häufig als Geschenke dienten, oder Gejagtes wie Rot- und Schwarzwild, Rebhühner, Fasane, Reiher, Wildenten und Tauben. Hinzu kamen wertvollere Güter wie Sandelholz aus Kaili, Palu und gelegentlich aus Bima, Sappanholz aus Sumba, Aguilaholz, Har-
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
731
ze, Perlmutt und Schildpatt. Auch gewerbliche Produkte, vor allem regionale Textilien, wurden getauscht. Daneben wahrscheinlich erst seit dem 16. Jahrhundert Sklaven, Gold, Eisen aus Luwu und Banggai, Kupfer und Blei.564 Die Vielfalt der Warenpalette blieb typisch für die buginesischen Händler. Für die Zeit der VOC konnte festgestellt werden, daß die Bugis zwar keine Handelssphäre dominierten und es keine „typisch buginesischen“ Handelsgüter gab, aber eine vielfältige Beteiligung am gesamten Handel Makassars zu konstatieren ist. Besondere Bedeutung hatte der Handel mit Textilien, javanischem Tabak, Schildpatt, Wachs, trepang und – bei fallender Tendenz – mit Sklaven, Rattan, Golddraht und Keramik. Der Textilhandel der Bugis war zunehmend ein Exporthandel. Der Anteil der Import-Fahrten, welche Textilien in ihrer Warenpalette hatten, sanken von 33,3% im Jahr 1717/18 auf 6,7% im Jahr 1787/88, während der Anteil bei den Ausfahrten bei 56,3% (1717/18) seinen Ausgang nahm und sich in den 1770er und 1780er Jahren auf rund 46% stabilisierte. Dabei spielten einerseits indische Produkte eine Rolle, andererseits die einheimischen Textilien, deren Import sogar weitgehend von den Bugis dominiert wurden. Die Zahlen aus Makassar sprechen zunächst für eine Konzentration der Bugis auf Waren regionaler Herkunft. Die einzige bedeutende Ausnahme waren Textilien. Der Handel mit den begehrten chinesischen Waren oder auch mit den neuen Plantagengütern wie Kaffee oder Tee war unter ihnen hingegen nicht verbreitet. Ganz anders gestaltet sich das Bild, wenn man den Blick vom offiziellen Hafen Makassars abwendet. Die Importe der Bugis nach Sulu bestanden in den 1770er Jahren aus Gewürzen, Vogelnestern, Zucker, Reis, Schießpulver, sulawesische Textilien und lontara-Blättern, die als Schreibmaterialien dienten; exportiert wurden aus Sulu im gleichen Zeitraum Sklaven, Opium und bengalische Textilien.565 Aus dem Sulu-Archipel brachten Bugis Sklaven, Gewürze, Wachs, Baumwolle und Kaffee zu den europäischen Märkten in Batavia, Malakka und Penang und kauften dort Eisenbarren, Salpeter, Musketen und Pulver.566 Selbst auf diesen Märkten konnte die VOC ihren Willen nicht uneingeschränkt durchsetzen. Der Waffenhandel wurde allerdings erst im 19. Jahrhundert, vor allem durch die Gründung des freien Hafens Singapore, eine wirklich bedeutende Handelssphäre der Bugis. Der Handel mit lokalen Gütern stellte die Grundlage buginesischen Kommerzes dar. Allerdings ist der Lebensmittelhandel in einem Emporium wie Makassar für 564 PELRAS, Bugis, 118-120; DERS., Célèbes-Sud, 156-163. 565 WARREN, Sulu Zone 1768 – 1898, 12/13. 566 Ebd., 12.
732
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
das 18. Jahrhundert nicht mehr nachweisbar. Er wurde sicherlich weiterhin durchgeführt, allerdings kaum mehr als auf der vierten Ebene und ohne entscheidende Bedeutung mehr für den Kommerz der Bugis. In größerem Stil wurde nur der Handel mit Waren regionaler Herkunft beibehalten, die einen gewissen Wert für die oberen Handelsebenen hatten. Zusätzlich beteiligten sich buginesische Händler an etlichen lukrativen Handelssphären großer Reichweite mit Bedeutung für den innerasiatischen und den transkontinentalen Handel. Zu nennen wären hierbei Gewürze, Sklaven, Waffen oder Plantagenprodukte wie Kaffee. Dies geschah allerdings im wesentlichen auf Handelsrouten, die der VOC zumindest teilweise verborgen blieben, und über Emporien außerhalb der Reichweite der Kompanie.567
Schiffe und Transport Die Bugis verfügten über zwei sehr unterschiedliche, grundlegende Typen von Seefahrzeugen. Auf der einen Seite waren noch lange Zeit Kanus auf der Grundlage ausgehöhlter Baumstämme (lepa-lepa) in Gebrauch, die ihre Stabilität von Auslegern erhielten. Auf der anderen Seite verfügten sie schon früh über auslegerlose Plankenboote (lopi), welche die Grundlage ihres großen maritimen Erfolges bildeten.568 Bei näherem Hinsehen läßt sich der ursprüngliche Bootsbestand dieses Volkes weiter ausdifferenzieren. Für das 16. Jahrhundert sind in Süd-Sulawesi zumindest vier Schiffstypen bezeugt. Die Tradition des vorgeschichtlichen Kanus setzte die pelang fort. Sie war bereits größer als ein einfacher Baumstamm und verfügte über ein Deck und doppelte Ausleger. Die Aushöhlung des Stammes wurde durch eine seitliche Aufplankung ergänzt. Die Bezeichnung lopi stand in dieser Zeit in der Bugis-Sprache allgemein für ‚Boot’, wurde jedoch von den ersten europäischen Zeitzeugen auf die kleineren, mit einem Rumpf aus Planken versehenen Handelsschiffe angewandt. Vergleichbare Boote wurden nicht nur für den Warentransport über geringere Distanzen eingesetzt, sondern auch für den Fischfang. Die jojoga wurde bereits im I La Galigo-Zyklus erwähnt und bezeichnete Handelsschiffe, die größer als die lopi waren. Pangjavas schließlich waren leichte, lange und schmale Schiffe, die noch im 19. Jahrhundert bei den Piraten des Sulu-Archipels in Gebrauch waren.569 567 Thomas Forrest berichet, bei einem Aufenthalt in Bengkulu um 1760 15 buginesische Schiffe „with a mixt cargo of spices, wax, cassia, sandle wood, dollars, and the cloths of Celebes called cambays“ beobachtet zu haben (FORREST, Voyage from Calcutta, 79). 568 PELRAS, Bugis, 254/255. 569 Ebd., 120-122.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
733
Tabelle 8.3: Schiffstypen der Bugis 1717/18
1722/23
1727/28
1730/31
1733/34
prahu paduwakang
--
--
--
--
2
2,6%
--
prahu pankor
30
56,6%
96
63,2%
35
45,5%
konting
22
41,5%
39
25,7%
36
46,8%
pencalang
1
1,9%
12
7,9%
4
5,2%
prahu paduwakang
33
100%
55
96,5%
32
100%
31
100%
29
96,7%
sonstige Schiffe
--
--
2
3,5%
--
--
--
--
1
3,3%
1767/68
1772/73
1777/78
--
--
--
--
--
67
77,9%
5
35,7%
16
18,6%
9
64,3%
3
3,5%
1781/82
1787/88
Diese gebrauchsorientierte Ausdifferenzierung der einheimischen Bootstypen findet sich in den Hafenmeisterlisten Makassars nicht wieder. Dort erweist sich vielmehr einerseits, daß die Bugis für ihre Handelsaktivitäten im Verlauf der Entwicklung auch außersulawesische Schiffstypen übernahmen, und daß sie die wesentlichen Träger des Siegeszuges der prahu paduwakang in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren. Nach Aussage der Hafenmeisterlisten aus der Zeit nach 1767 nutzten buginesische Schiffseigner fast ausschließlich diesen Schiffstyp. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die paduwakang noch ein Schattendasein führte, herrschte bei weitem keine so große Einheitlichkeit in der Schiffsnutzung der Bugis. Während die malaiische pencalang nur gelegentlich zum Einsatz kam, hielten sich die javanische konting und die mandharische prahu pankor einigermaßen die Waage, mit einem leichten Trend zum sulawesischen Schiffstyp. Grundsätzlich nicht zum Einsatz kamen europäische Schiffstypen; die Bugis bevorzugten kleinere und wendigere Schiffe. Entsprechend sehen die Zahlen für die durchschnittliche Schiffsgröße aus. Sie steigerten sich bei den Bugis nur sehr leicht, im wesentlichen bedingt durch den Wechsel von der prahu pankor auf die prahu paduwakang. Man setzte zwar im Schnitt etwas größere Schiffe ein als die Makassaren und teilweise auch als die Malaiien, konnte jedoch an Frachtraum pro Fahrt nicht mit den Händlergruppen mithalten, die großräumigere Schiffe wie Schaluppen einsetzten. Selbst bei den jeweils vorherrschenden sulawesischen prahu-Typen nahmen die Bugis nur eine Mittelstellung ein. Ihre prahus waren an Laderaum denjenigen der Makassaren, Malaiien und KompanieUntertanen zumeist überlegen, doch Bürger und Chinesen setzten auch bei regionalen Schiffstypen auf größere Bauarten. Diese Zahlen spiegeln nicht nur die Ausrichtung der verwendeten Schiffe auf die naturräumlichen Gegebenheiten, in denen sich
734
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Tabelle 8.4: Durchschn. Schiffsgrößen nach Nationalität der Eigner (in Lasten) 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Bugis
3,4
4,2
3,7
2,8
4,0
5,2
5,2
5,2
6,6
Makassaren
2,7
3,9
2,1
2,1
3,0
3,6
5,8
--
7,7
Bürger
27,1
24,6
26,8
19,9
22,5
18,1
11,4
12,4
9,0
Chinesen
23,9
21,4
21,3
18,4
8,7
9,2
10,5
10,1
12,3
Malaiien
4,1
2,8
2,2
2,1
6,0
5,8
8,0
5,1
7,3
--
2,3
2,0
2,0
3,4
4,1
4,7
4,2
6,5
VOC-Untertanen
Tabelle 8.5: Durchschn. Größen der prahu pankor (bis 1733/34)/ prahu paduawkang (ab 1767/68) nach Nationalität der Eigner 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Bugis
2,7
2,6
1,9
2,1
4,0
5,4
5,2
Makassaren
2,1
2,4
2,0
2,0
3,0
3,6
Bürger
2,0
4,0
2,0
2,0
--
8,8
Chinesen
3,0
2,7
2,6
4,5
4,8
Malaiien
2,0
2,3
2,1
2,0
4,4
--
2,3
2,0
2,0
3,4
VOC-Untertanen
5,2
6,7
5,8
--
5,7
7,2
8,3
8,3
4,9
5,7
6,4
8,0
4,9
4,9
4,7
6,8
4,1
4,7
4,2
6,6
Tabelle 8.6: Durchschn. Schiffsgrößen der konting nach Nationalität der Eigner 1722/ 1727/ 1730/ 1733/ 1767/ 1772/ 1777/ 1781/ 1787/ 23 28 31 34 68 73 78 82 88 Bugis
5,1
5,9
7,0
6,1
--
--
--
--
--
Makassaren
4,3
6,4
10,0
6,5
--
--
--
--
--
Bürger
10,6
11,3
14,3
9,8
--
--
6,5
8,0
--
Chinesen
11,1
12,3
13,4
19,7
7,0
12,0
9,0
7,2
--
Malaiien
5,9
5,3
4,0
3,7
--
--
25,0
7,0
--
--
--
--
--
--
5,0
--
--
--
VOC-Untertanen
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
735
die buginesischen Händler bewegten, sondern auch ihre bevorzugte Organisationsform der kleinen Unternehmungen, bei welchen Schiffseigner und nachoda zumeist identisch waren und die Ladung vorrangig durch überschaubare Familien- oder andere lokale Netzwerke finanziert wurde.
4. Weitere Diasporagruppen im Malaiischen Archipel
Die traditionellen Diasporagruppen Schon lange vor der Ankunft der Europäer in Südostasien bestanden zahlreiche Diasporagruppen in den verschiedenen Handelszentren. Gruppen aus Indien, der arabischen Welt, aus den Siedlungsgebieten der Malaiien und vor allem aus dem Chinesischen Kaiserreich legten wesentliche Grundsteine für die Wirtschaftskraft solcher Zentren, welche die Europäer erst anlockten. Die traditionell wichtigste Gruppe unter den Handelsdiasporas waren sicherlich die Chinesen,570 die sich seit dem 14. Jahrhundert über die maritime Welt Südostasiens verbreiteten. „Wir haben es [...] mit zwei Arten maritimer Handelsaktivitäten zu tun: mit einem staatlichen Sektor und einem privaten. Beide blühen zu unterschiedlichen Zeiten auf und gehen zu unterschiedlichen Zeiten nieder. Der private chinesische Handel steht dabei in einem höchst ambivalenten Verhältnis zum chinesischen Staat selbst. Mal wird er unterdrückt, mal geduldet – je nachdem, ob die Zentrale oder die Provinzbeamtenschaft das Sagen hat. [...] Im Falle Chinas wird die Situation dadurch verkompliziert, daß viele der Privaten nach Südostasien auswandern. Im Grunde ist der Privatsektor damit zu unterteilen in einen überseeischen Bereich und einen festlandchinesischen, die Hand in Hand arbeiten.“571
Trotz des Verbots, mit dem die Ming-Dynastie den Privathandel belegt hatte, und obwohl der chinesische Staat nach der Verlagerung der Hauptstadt von Nanjing nach Beijing das Interesse an den maritimen Aktivitäten im Süden zunehmend verlor, wuchs im 15. Jahrhundert der Seehandel zwischen China und Südostasien. Im Zuge diese Entwicklung, die stets unter dem politischen Druck des Handelsverbotes stand, zogen es immer mehr an diesem Handel beteiligte Familien vor, sich direkt in den freien Zielhäfen ihrer Aktivitäten anzusiedeln. Als die Europäer eintrafen, fanden sie in beinahe allen angesteuerten Hafenstädten Südostasiens chinesische 570 Grundlegend, aber nicht mehr in allen Teilen aktuell: PURCELL, Chinese; siehe für eine neuere Forschungslage vor allem GUNGWU, Community, REID, Sojourners, sowie CHIROT/REID, Essential Outsiders. 571 PTAK, Expansion, 31.
736
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Gemeinden vor. Auch im Malaiischen Archipel waren sie bereits vor der Gründung Batavias in allen wesentlichen Emporien vertreten, besonders zahlreich in Aceh und Banten.572 Die Mitglieder der chinesische Diaspora assimilierten sich häufig an ihre Umgebung durch Heirat mit einheimischen Frauen und durch die Übernahme des Islam. Dies ging jedoch nie soweit, daß ihre ethnische Eigenständigkeit und ihre Familienstrukturen unkenntlich geworden wären. Vielmehr eroberten sie ganz bewußt als Angehörige der chinesischen Gemeinde führende Positionen in ihrer neuen Heimat. Besonders in den Hafenstädten, die ausschließlich vom Handel lebten, und den zugehörigen Staaten boten sich große Aufstiegsmöglichkeiten für Chinesen bis in die höchsten Staatsämter.573 Profitieren konnten aus dieser Situation beide Seiten. Die maritimen Stadtstaaten erlebten durch den chinesischen Handel einen ökonomischen Aufschwung, dafür erlaubten sie einen politisch-gesellschaftlichen Aufstieg der Chinesen, die sich dort etablieren wollten. Zur eigentlichen Metropole der Diaspora-Chinesen in der Epoche der VOC wurde Batavia. Ihr wirtschaftlicher, politischer, gesellschaftlicher und kultureller Ein-fluß wurde dort so groß, daß sich Leonard Blussé zu der Bezeichnung Batavias als „chinesischen Kolonialstadt“ veranlaßt sah. Auch wenn diese Charakterisierung den faktischen kolonialen Machthaber außer Acht läßt und somit letztendlich unzutreffend ist, bietet sie sich angesichts der Alltagssituation in Batavia vor 1740 doch an. 1674 lebten bereits 2.747 Chinesen in der Stadt, 1739, unmittelbar vor dem verheerenden Massaker, waren es 4.389. Im Umland, das sich geographisch nicht exakt festlegen läßt, waren es 1719 7.550 Chinesen und 1739 schon 10.574.574 Sie verfügten über eine autonome Selbstverwaltung, an deren Spitze ein Kapitän und eine zunehmende Zahl an Leutnants stand. Diese Führung verfügte über einen gut ausgebauten Verwaltungsapparat und ließ sich mit dem Pomp eines Staatsoberhauptes in ihre Ämter einführen. In Batavia wurden chinesische Tempel und ein Theater unterhalten.575 Auseinandersetzungen zwischen Chinesen und Niederländern wurden in einem paritätisch besetzten Vermittlungsausschuß geregelt.576 Vor 1740 lebten die 572 REID, Expansion and Crisis, 15, 38/39, 92/93; grundlegend für die maritime Expansion Chinas PTAK, Expansion, passim, BLUSSÉ, Junk Trade, 97-114; grundlegend für die Entwicklung des chinesischen Handels mit dem VOC-kontrollierten Indonesien ebd., 114-155. 573 REID, Expansion and Crisis, 204-207. 574 ABEYASEKERE, Jakarta, 26. 575 Ebd., 17. 576 BLUSSÉ, Batavia, 167-169; ABEYASEKERE, Jakarta 25; zu Würden- und Amtsträgern in der chinesischen Gemeinde siehe auch ausführlich VIENNE, Part des Chinois, und HOETING, Chineesche officieren.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
737
Chinesen über das ganze Stadtgebiet Batavias verstreut, ohne einen chinesischen kampung zu bilden.577 Nach dem Pogrom mag das Vertrauen zwischen Kolonialherrn und der größten Diasporagruppe geschwunden sein, jedoch existierte weiterhin eine große chinesische Gemeinde in Batavia, wenn auch inzwischen in einem eigenen Viertel.578 Strukturell unterschied sich die Situation der Chinesen in Makassar nur unwesentlich von Batavia. Auch hier verwaltete die Gemeinde sich selbst, verfügte über ihre eigenen Einrichtungen aus ihrer ursprünglichen Kultur und übten einen nicht zu unterschätzenden Einfluß aus, allerdings vor allem im wirtschaftlichen Bereich. Insgesamt konnten die Chinesen in Makassar nicht ganz die Stellung ihrer Landsleute in Batavia erreichen. Ihr Bevölkerungsanteil war weitaus geringer und konnte den Anteil der indigenen Bewohner auch nicht annähernd überflügeln. Zudem konzentrierten sie sich ganz auf den kolonialstädtischen Kern Vlaardingen. Bei einem Besuch des frühneuzeitlichen Makassars wäre wahrscheinlich niemand auf den Gedanken gekommen, sich in einer „chinesischen Kolonialstadt“ zu befinden. Makassar blieb auch unter der VOC eine sulawesische Stadt. Dennoch kann die Bedeutung der Chinesen in Süd-Sulawesi nicht unterschätzt werden. In den 1770er Jahren kontrollierten sie 25% bis 40% des privaten Güterverkehrs – gemessen an den Einund Ausfahrten –, wodurch sie sich als stärkste Handelsmacht etabliert hatten. Darüber hinaus bestand eine regelmäßige Verbindung nach Amoy in Fukien. Der chinesische Privathandel von Makassar spielte sich auf mehreren Ebenen ab. Einerseits hielt er die Verbindung zur Heimat aufrecht und sorgte für den Austausch hochwertiger chinesischer Waren wie auch chinesischer Massenprodukte gegen die in China begehrten indonesischen Naturprodukte, andererseits war er ein Motor des inner-indonesischen Handels mit Textilien, Massengütern oder Metallwaren. Es blieb nicht allein beim Handel; bereits zur Zeit der VOC ging die Festsetzung der Chinesen allgemein in Südostasien und speziell in Indonesien weiter. Sie etablierten sich in zahlreichen landwirtschaftlich oder gewerblichen Bereichen, wodurch wiederum ihr Handel durch eigene Produkte gestützt wurde. Zunächst geschah dies vor allem im Hinterland Batavias und Bantens, von wo aus sie bald die Zuckerwirtschaft samt der Arakproduktion kontrollierten. Daneben beteiligten sie sich am Anbau von Reis und anderen Lebensmitteln sowie am Betrieb von Mühlen.579 Auf dieser Grundlage wurde eine neue Zuwanderungswelle aus dem Reich der 577 ABEYASEKERE, Jakarta, 24; COBBAN, Geographic Notes, 122/123. 578 Ebd., 124. 579 Ebd., 128; BLUSSÉ, Batavia, 169/170, 174-176.
738
Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Mitte evoziert, die nicht mehr auf Handelsrestriktionen in China selbst beruhte, sondern auf dem Arbeitskräftebedarf chinesischer Unternehmer in der Diaspora, dem ein Arbeitskräfteüberschuß im chinesischen Mutterland gegenüberstand. François Valentijns Aufzählung der in Batavia lebenden Volksgruppen enthält neben den Europäern und ihren eurasischen Nachkommen und neben den Chinesen aus dem Malaiischen Archipel Malaiien, Javaner, Sumatraner, Balinesen, Bugis, Makassaren, Molukker und Einwohner Kalimantans, aus Indien Gujaratis und Bengalen, aus Festland-Südostasien Vietnamesen, Thais und Birmanen sowie weiter aus dem Westen Armenier und Perser.580 Auf Grund der hervorgehobenen Stellung Batavias in ganz Südostasien war diese Vielfalt an Ethnien eine Ausnahmesituation. Weder Perser noch die Kaufleute vom Festland Südostasiens drangen weiter nach Osten vor als bis nach Batavia und dürften auch im Westen des Malaiischen Archipels neben der VOC-Metropole die wenigsten Häfen besucht haben. Allerdings ergibt sich zumindest ein Eindruck davon, daß das Phänomen der Handelsdiasporas nicht auf einige wenige spezialisierte Völker beschränkt blieb. Die nach den Chinesen seit altersher wichtigste Gruppe dieser Art im Archipel waren die Malaiien. Zumeist wird ihre Verbreitung über die Großregion im Zusammenhang mit den Eroberungen Malakkas durch die Portugiesen und Niederländer gesehen. Da sie jedoch ebenfalls eine etablierte Händlernation darstellten, dürfte das Schicksal der Stadt, die zwar zentral war, aber bei weitem nicht ihren gesamten Lebensraum ausmachte, eher zweitrangig gewesen sein. Im Laufe der Zeit erstreckte sich die malaiische Diaspora über den gesamten Archipel. Nach den ersten europäischen Beobachtungen waren sie zunächst in Pahang, Patani, Johor und Aceh stark vertreten; dann erfolgte mit dem Aufstieg weiterer Entrepôts eine Verbreitung nach Banten, Makassar, Ayutthaya und Kambodscha.581 Wie alle anderen Gruppen waren sie vor allem in den wichtigen Hafenstädten vertreten. Auch unter der Dominanz der VOC verblieben sie als starke Handelsnation in den Emporien und Kolonialstädten. In Batavia stellten sie eine große Gemeinde, die ihr eigenes Viertel bewohnte und ihre eigene Moschee betrieb.582 Im Privathandel der wichtigsten javanischen Häfen außerhalb Batavias spielten sie in den 1770er Jahren eine nicht unbeträchtliche Rolle: in Surabaya kontrollierten sie 20,3% des privaten Schiffsverkehrs, in Gresik 14,0%, in Semarang 12,2% und in Banten immerhin noch 11,2%.583 580 581 582 583
VALENTIJN, Oost-Indiën III, 527. REID, Expansion and Crisis, 126/128. COBBAN, Geograpic Notes, 125. KNAAP, Shallow Waters, 208/209.
Zur Rolle der Handelsdiaspora im Einflußbereich der VOC
739
Die nach den Chinesen wichtigste nicht-indonesische Gruppe, die im Malaiischen Archipel dauerhafte Diasporagemeinden etabalierte, waren die muslimischen Inder. Sie stammten zumeist aus Gujarat, gelegentlich auch aus Bengalen. Da sie in den niederländischen Quellen in der Regel unter dem Begriff ‚mooren’ zusammengefaßt werden, ist eine weitergehende Differenzierung kaum möglich. Für die VOC stellten sie eine nicht unbedeutende Konkurrenz dar, insbesondere im Textilhandels, der die ureigenste Sphäre indischer Überseekaufleute darstellte, jedoch in Indonesien den Monopolisierungsbestrebungen der VOC unterlag. Aus diesem Grunde enthalten viele Verträge, welche die Kompanie im Archipel abgeschlossen hatte, Bestimmungen, welche die ‚mooren’ vom jeweiligen Handel aussschließen sollten. Dennoch blieben diese, wenn auch nicht in dem Ausmaße wie ihre malaiischen oder gar chinesischen Konkurrenten, weiterhin präsent.
Die neuen Diasporagruppen Verglichen mit Chinesen, Malaiien oder Indern bildeten die Bugis eine vergleichsweise junge Handelsdiaspora. Wenn die Expansion der VOC wahrscheinlich auch nicht die primäre Ursache ihrer Entstehung war, ist doch eine zeitliche Übereinstimmung zu konstatieren und die Bugis-Diaspora als eine neuere Erscheinung in der malaiischen Handelswelt anzusehen. Dabei ist die mangelnde Trennschärfe außerhalb Sulawesis zu berücksichtigen. Immer wieder tauchten Makassaren unter den Bugis in der Diaspora auf. Es ist eher unwahrscheinlich, daß die beiden Ethnien von Europäern im Westen des Archipels fehlerfrei zu unterscheiden waren. In der Literatur werden daher häufig zu Recht Bugis und Makassaren oder gleich alle Einwohner Sulawesis in der Diaspora zusammengefaßt. Dies bedeutet, daß nicht nur von einer Bugis-Diaspora ausgegangen werden kann, sondern in ihrem Zusammenhang alle Seefahrer Süd-Sulawesis mit in Betracht gezogen werden müssen. Das Vorgehen der VOC beeinträchtigte die Handelsaktivitäten vieler indonesischer Ethnien. Manche mußten ihre Handel gänzlich aufgeben, manche wichen auf unkontrollierte Routen und Knotenpunkte aus. Die ethnische Bevölkerungstruktur Batavias nach François Valentijns legt die Diaspora zahlreicher Gruppen nahe. Zumindest für Batavia ist von verschiedenen Molukker-Gruppen – Ambonesen, Bandanesen, Ternater – auszugehen, daneben von Timoresen und Menschen aus dem Westen des Archipels, aus Java und Sumatra, worunter mit gewisser Wahrscheinlichkeit Minangkabau zu verstehen sind. Es kann jedoch nicht angenommen wer-
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den, daß jede der als Anwohner aufgeführte Gruppe tatsächlich aus Handelsgründen dort lebten. Gerade bei den Molukkern ist dies äußerst unwahrscheinlich. Die Grundlage ihres Handels, die auf den eigenen Inseln kultivierten Gewürze, stand mittlerweile unter der Kontrolle der VOC. Eine „illegal“ damit handelnde Diaspora ausgerechnet in Batavia hätte die Kompanie niemals geduldet. Zudem waren die Molukker auch in Zeiten des freien Gewürzhandels nicht die führenden Kaufleute in diesem Bereich. Insofern ist eher an eine Verpflichtung als Soldaten zu denken, wenn nach dem Grund für eine Ansiedlung in Batavia gefragt wird. Andere maritime Gruppen wie die Seramesen oder Mandhar könnten potentiell im 17. oder 18. Jahrhundert an verschiedenen Plätzen des Malaiischen Archipels Siedlungen gegründet oder handelstreibende Familienzweige in Hafenstädten angesiedelt haben. Solches ist jedoch nicht nachweisbar. Einigermaßen sicher ist nur, daß an VOC-kontrollierten Plätzen offenbar keine Mitglieder dieser Ethnien dauerhaft siedelten. Ansonsten liegen denkbare Entwicklungen dieser Art im Bereich der Spekulation. Das völlige Schweigen der überlieferten Quellen läßt eher auf eine geringe Wahrscheinlichkeit solcher Diasporas oder zumindest auf einen äußerst geringen Siedlungserfolg schließen. Sieht man davon ab, daß Ereignisse wie die Eroberung Malakkas 1641 die bestehenden malaiischen Diasporagemeinden gestärkt haben, ist anzunehmen, daß die VOC im Malaiischen Archipel über den Sonderfall Süd-Sulawesi hinaus wenig Diasporagründungen erzwungen hat.
Portugiesen zwischen Europa und Asien Eine Sonderrolle, die hier nicht übersehen werden darf, spielten die Portugiesen. Ihre staatliche Präsenz in Gestalt des Estado da India war nach der endgültigen Etablierung der VOC weitgehend zurückgedrängt. Lediglich im südchinesischen Macau und im indischen Goa bestanden noch Kolonialbesitzungen. Dennoch war die Präsenz portugiesischer Kaufleute in Indonesien noch nicht beendet. Viele Portugiesen waren außerhalb des Estado da India tätig und ansässig. In verschiedenen Hafenstädten bildeten sich Diasporagemeinden portugiesischer Natur und gemischter ethnischer Abstammung – sogenannte „schwarze Portugiesen“ – heraus. So existierten in Gresik und in Ost-Timor luso-asiatische Gemeinschaften. Solche Gemeinden unterhielten mannigfaltige Handelsbeziehungen, die häufig in Gemeinschaftunternehmungen mit einheimischen Kaufleuten organisiert waren.584 584 CURTIN, Cross-Cultural Trade, 172/173.
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Diese blieben in der Regel klein und fanden sich nicht in den zentralen Metropolen des Archipels. Ihre Händler suchten von Ort zu Ort ihre Märkte. Trotz ihrer europäischen Wurzeln näherten sie sich ihrer eigenen Asiatisierung an. In Ermangelung eines eigenen Dominanzbereiches paßten sie sich den Organisationsformen des indigenen Handels an und wurden nicht selten genau das, was Job van Leur als den typisch asiatischen ‚pedlar trader’ bezeichnete. Durch vielfältige geschäftliche wie private Kontakte mit Einheimischen assimilierten sie sich zudem an die asiatischen Gesellschaften, in denen sie lebten.585 Die letzte große portugiesische Diasporagemeinde in Indonesien außerhalb einer Kolonialstadt des Estado da India existierte bis 1667 in Makassar. Hier zeigte sich erneut, vor allem am Beispiel Francisco Viera de Figueiredo, daß unter solchen Bedingungen Portugiesen wie Chinesen wichtige Rollen in einem Emporium spielen konnten.586 Nach der Eroberung der Stadt im Makassarischen Krieg endete auch die Geschichte dieser Diaspora. Danach kam Macau die entscheidende Rolle für die portugiesischen Aktivitäten im Malaiischen Archipel zu.587 Neben den unabhängigen ‚country traders’ der „schwarzen Portugiesen“ waren es Kaufleute aus Macau, welche die Beziehungen hierher aufrecht erhielten. Zumindest ein Schiff pro Jahr fuhr nach Batavia (1750er Jahre), zumeist waren es zwei oder drei, in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts sogar bis zu 13 Schiffe (1722).588 Trotz der restriktiven Politik der VOC den Portugiesen gegenüber waren diese in Batavia durchaus präsent; insgesamt liefen zwischen zwei und 15 portugiesische Schiffe im 18. Jahrhundert den Hafen von Batavia an.589 Wie Batavia wurden auch die meisten anderen Häfen nur zu Handelszwecken besucht, ohne daß sich dort Diasporagemeinde gebildet hätten. Dies trifft auf Banjarmasin zu, und dies trifft genauso auf einen so entlegenen Hafen wie Manakiba in Kambodscha zu. Für Manakioba wurde dies 1728 von Schiffbrüchigen bestätigt, die in Makassar verhört wurden.590 Die portugiesische Präsenz war also zweigeteilt. Der Handel im größeren Maßstab wurde von den noch bestehenden portugiesischen Besitzungen aus abgewickelt und war ein Bestandteil der zweiten Handelsebene. Darunter bewegten sich in schwer zu schätzender Zahl unabhängige portugiesische Privatiers, die in kleinen Diasporagruppen an weniger zentralen Orten lebten und sich dort zunehmend an 585 586 587 588 589 590
Zu den portugiesischen Privatiers im 17. und 18. Jahrhundert siehe SOUZA, Survival, 46-86 und 124-168. BOXER, Francisco Viera, passim. Grundlegend zu Macau PTAK, Portugal in China; DERS., Macau und Japan; SOUZA, Survival, 169-193. Ebd., 138/139. Ebd., 137. ARA Den Haag, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 141.
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die einheimische Gesellschaft assimilierten. Diese maritimen Händler bewegten sich in der Regel auf der dritten Handelsebene und traten in unmittelbare Konkurrenz zu den einheimischen Kaufleuten.
5. Diaspora und Handelsnetzwerke
Nicht alle in der Diaspora lebenden Gruppen waren in den Handel involviert. Vor allem die Umwälzungen, die durch die Präsenz der VOC hervorgerufen wurden, entwurzelten Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen. Die daraus hervorgegangenen Verhältnisse passen zwar in das bunte Bild des Malaiischen Archipels, in dem hohe Mobilität schon immer eine beachtliche Rolle gespielt hat, sagt aber noch nichts über Handelsnetzwerke aus. Bei den Gruppen, die tatsächlich intensiv mit dem Handel beschäftigt waren, liegt die Annahme nahe, daß die Diasporagemeinden die Verbindung in ihr Heimatland sicherten. Auf den ersten Blick läßt sich dies bei den Chinesen beobachten. Traditionell bestanden enge Verbindung zwischen den Kaufmannsfamilien in SüdChina und den Diasporagemeinden in Südostasien. Zur Zeit der VOC verkehrten regelmäßig die Amoy-Junken zwischen Fukien und Batavia oder Makassar. Und auch Banjarmasin verfügte über eine solche Verbindung. Es bleibt jedoch fraglich, ob die Existenz einer Diasporagemeinde in diesen Städten für die Amoy-Junke funktional notwendig war. Schon bei den Chinesen zeigen sich auch andere Strukturen. Nach Makassar reiste nur eine einzige Amoy-Junke pro Jahr, während die Hafenmeisterlisten eine Vielzahl an Fahrten chinesischer Handelsschiffe verzeichneten, die an diversen Handelssphären beteiligt waren. Sicherlich dienten einige dieser Sphären der Versorgung der Amoy-Junke. Allerdings waren gerade Sphären wie der Import von trepang oder agar-agar, die in diesem Zusammenhang besonders wichtig waren, nicht mehrheitlich in chinesischer Hand, sondern wiesen nur chinesische Beteiligungen zwischen einem Viertel und der Hälfte auf, zugleich mit einer bedeutsamen Beteiligung einheimischer Ethnien und einer insgesamt breiten ethnischen Streuung. Andererseits waren in Makassar nur wenige Handelssphären ganz ohne chinesische Beteiligung lebendig. Diaspora-Chinesen waren also auch mit Handelssphären beschäftigt, die nichts mit der Anbindung an das Herkunftsland zu tun hatten.
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Deutlicher wird dies bei den Malaiien, deren Handelsbeteiligung in Makassar kaum etwas mit der Anbindung an die Malaiische Halbinsel oder vielleicht auch Sumatra zu tun hatte. Und noch mehr ist hier auf die Bugis zu verweisen. Die meisten Regionen oder Orte, an denen bedeutende Diasporagemeinden ihres Volkes entstanden, verschwinden aus den Hafenmeisterlisten oder treten überhaupt nie in ihnen auf.591 Handelsreisen von oder nach Riau lassen sich in den Quellen Makassars nicht nachweisen, obwohl dort die merkantil bedeutendste Bugis-Diaspora entstanden war. Und die Ostküste Kalimantans, an welcher mehrere wichtige BugisNiederlassungen entstanden, spielt nur in den ersten Jahrzehnten der Überlieferung eine Rolle, bevor sie sie aus den Hafenmeisterlisten verschwindet – parallel zum Aufstieg der dortigen Diasporagruppen. Die Bugis in der Diaspora bauten offenbar an ihren neuen Siedlungsorten ein regionales System auf, das den alten Zentralort ihrer merkantilen Aktivitäten in zunehmenden Maße außer Acht lassen konnte. Zwar hatten all diese Handelsdiasporagruppen eine über See erreichbare Heimat, doch darf die Rückanbindung an diese ganz offensichtlich nicht überschätzt werden. Ihre Netzwerke und Handelssysteme bauten sie mit großen Reichweiten auf, welche zumeist den gesamten Malaiischen Archipel abdeckten und nicht selten auch darüber hinaus reichten. Häufig wurden solche Netze außerhalb der etablierten Kontrollmechanismen der VOC entwickelt. Gerade Diasporaguppen wie die Bugis ermöglichten mit ihren neuen Netzwerken den reibungslosen Verkehr auch solcher Güter, die dem Anspruch der Kompanien nach einem europäischen Monopol unterlagen. Dies geschah mehrheitlich ohne Rückkopplung an die Herkunftsregion. Die eigene Heimat war, wenn überhaupt, nur ein Absatzmarkt unter vielen. Diasporagruppen wurden auf diese Weise ein wichtiger Bestandteil der malaiischen Handelswelt, konnten aber keine dominierende Handelsmacht werden. Sie bildeten einen wichtigen Faktor für die Kontinuität indigenen Handels auf der dritten Ebene, wobei ihnen vor allem eine interkulturelle Brückenfunktion zukam.
591 Eine Beobachtung, die zweierlei bedeuten kann: entweder ist Makassar bereits vor 1717 von solchen Orten aus nicht mehr angesteuert worden, oder es bestanden überhaupt niemals Verbindungen zwischen ihnen und Makassar. Die Überlieferungslage der Listen läßt leider keine genauere Klärung zu.
II. Die Rolle des Nomadismus im Einflußbereich der VOC Häufig mit den Bugis verwechselt oder nur unscharf von ihnen getrennt bewegte sich eine weitere maritime Bevölkerungsgruppe in den Gewässern des Malaiischen Archipels – eine Gruppe, auf welche die Bezeichnung „maritim“ zutrifft wie auf keine andere, handelt es sich doch um Seenomaden. Die Frage, ob Menschen, die ihr ganzes Leben auf den hier behandelten Gewässern verbrachten, auch eine Rolle im regionalen Handels spielten, liegt nahe, zumal eine ethnische Gruppe unter diesen Nomaden, die Bajau, nicht nur im Einzugsbereich Makassars lebten, sondern immer wieder mit der Geschichte Goa-Tallos in engen Zusammenhang gebracht werden. Eine Suche nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung führt tief in weitgehend verborgene Welten jenseits der Aktivitäten der VOC; sie führt auf die unteren Handelsebenen, an die Basis des Güterverkehrs. Aber gerade auf Grund solcher Basisfunktionen ist die Welt der Bajau aus ökonomischer Sicht nicht zu unterschätzen.
1. Die Bajau – eine Kultur von Seenomaden
Die unsichtbare Größe „The Badjoo people, called Oran Badjoo, are kind of itinerant fishermen, said to come originally from Johore [...]. They live chiefly in small covered boats, on the coasts of Borneo and Celebes, and adjacent islands. Others dwell close to the sea, on those islands, their houses being raised on posts, a little distance into the sea, always at the mouths of rivers. They are Mahometans.“592 Als der britische Asienreisende Thomas Forrest um 1780 an den Küsten Kalimantans und Sulawesis auf die Bajau traf, war den Europäern seit gut zweieinhalb Jahrhunderten ihre Existenz bekannt. Dennoch reichte ihre Kenntnis über diese Menschen kaum über die knappe lexikalische Charakterisierung hinaus, die Forrest der vierseitigen Beschreibung dieses Volkes in seinem Reisebericht voranstellt. Zum Zeitpunkt des europäischen Eintreffens waren nomadisierende Völker, welche das Meer zu ihrer Heimat gewählt hatten, weit über den Malaiischen Archipel verbreitet und bildeten, auch wenn sie von den Neuankömmlingen nur am Rande wahrgenommen wurden, einen integralen Bestandteil der kulturellen Diversität der Region.593 592 FORREST, Voyage to New Guinea, 372. 593 SATHER, Bajau Laut, 331.
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Die erste mutmaßliche Erwähnung von Seenomanden aus europäischer Feder, die sich in Pigafettas Beschreibung der Seereise Magellans findet,594 ist noch von sehr zweifelhafter Natur. Sie erwähnt nichts anderes als Menschen, die ihr Leben auf Booten verbringen. Eine solche vage Beschreibung kann in einer maritimen Region auf die meisten Bewohner zutreffen, wenn die Beobachtung nur im Vorüberfahren gemacht wurde. Auch Tomé Pires berichtet bereits von Seenomaden, die er als Celates bezeichnet. Bei ihnen handelt es sich um Gruppen, die ihren Lebensraum rund um Malakka, an der Ostküste Sumatras und im Riau-Lingga-Archipel hatten und in der heute gültigen ethnographischen Einteilung den malaiischen Namen Orang Laut tragen. Diese Seenomaden, deren Lebensraum sich mit einem der wesentlichen Aktivitätsgebiete des Estado da India überschnitt, finden sich auch in anderen portugiesischen Berichten des 16. Jahrhunderts.595 Pires erwähnt zudem in seiner Beschreibung von Celebes das Volk der „Bajuus“.596 Nach eingehendem Quellenvergleich kann allerdings als gesichert gelten, daß es sich bei den meisten Angaben Pires’ um Informationen zu den Bugis handelt.597 Hier zeigt sich gleich bei der wohl ersten schriftlichen Erwähnung aus europäischer Feder eine grundlegende Verwechslungsgefahr, insbesondere bei Informationen aus zweiter Hand, auf die auch Pires vertraute. Nur allzu oft werden die Bugis als ein Volk von hoher nautischer Kompetenz als „Seenomaden“ oder „Seezigeuner“ bezeichnet, obwohl sie ethnisch und kulturell mit den von Pires oder Forrest charakterisierten Gruppen nichts zu tun haben und auch über keine nomadische Tradition verfügen.598 Aus der Art der nur wenige konkreten Erwähnung bei François Valentijn schließ David E. Sopher, daß die Bajau den Europäern im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts nach wie vor kaum bekannt waren.599 Die beiden von Valentijn angeführten Quellen – der niederländische Geistliche Montanus, über den nichts persönliches bekannt ist, und der Gouverneur von Ternate, Robert Padtbrugge – stellen wohl die beiden einzigen zugänglichen Informationen dieser Zeit dar. Während die frühen europäischen Reisenden im Malaiischen Archipel Seenomanden zumindest aus dem Augenwinkel wahrnahmen, blieben sie den Chinesen bei deren maritimer Ex594 SOPHER, Sea Nomads, 307. 595 Zu den portugiesischen Quellen aus dem 16. Jahrhundert siehe ebd., 314-332. 596 PIRES, Suma Oriental, 226/227; auch bei seiner Beschreibung der auf See nomadisierende ‚celates’, der Orang Laut, benutzt Pires die Bezeichnung ‚Bugis’: ebd., 233. 597 SOPHER, Sea Nomads, 322-324; PELRAS, Populations aquatiques, 156. 598 Verwiesen sei nur auf völkerkundliche Ansätze am Ende des 19. Jahrhunderts, welche die Bajau in ihrer Abstammung auf die Bugis zurückzuführen wollten (LAPIAN, Orang Laut, 217/218); zu dieser Zeit auch eine unter niederländischen Kolonialbeamten verbreitete Ansicht (VERSCHUER, Badjo’s, 6). 599 SOPHER, Sea Nomads, 300.
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pansion offenbar weitgehend verborgen. Soweit ihre Beschreibungen geographisch identifizierbar sind, berichten die chinesischen Texte des 14. und 15. Jahrhunderts zwar mehrfach von Piraterie in der Straße von Malakka, doch bestehen keinerlei Anhaltspunkte, daß es sich dabei tatsächlich um Seenomaden handelte. Gleiches gilt für die wenigen arabischen Erwähnung aus der Zeit vor 1500.600 Insbesondere in der Region von Nord-Kalimantan und dem Sulu-Archipel, wo große Teile der Seenomaden lebten, herrscht eine weitgehende begriffliche Unordnung. Zum einen dient der Name ‚Bajau’ als Bezeichnung für die auf Schiffen lebende Bevölkerung. Zum anderen werden aber auch seßhafte Gruppen, die sich selbst Orang Sama nennen und wohl nomadischen Ursprungs sind, als ‚Bajau’ bezeichnet. Aber auch eine Unterscheidung in seßhafte Sama und nomadisierende Bajau ist irreführend; eher sind die Bajau eine Gruppe unter den Sama-sprechenden Einwohner Sulus, die sich diesen Lebensraum wiederum mit den Taosug teilen.601 Einem solchen erst in der ethnologischen Feldforschung erfahrbaren ausdifferenzierten Selbst- und Fremdverständnis steht in den westlichen Beschreibung die Vorstellung von „den Seenomaden“ als geschlossener Gruppe gegenüber. Noch in der ‚Encyclopaedie van Nederlandsch-Indië’, die den anthropologischen Kenntnisstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts repräsentiert, werden alle Seenomaden als eine ethnische Einheit betrachtet.602 Heute ist zumindest Einigkeit darüber hergestellt, daß nicht alle Seenomaden der gleichen ethnolinguistischen Bevölkerung angehören: „Recent research, however, particularly by linguists, indicates [...] that the sea nomads consist of at least three major ethnolinguistic groups, each culturally and linguistically distinct. These three groups are: (a) the Moken and related Moklen of the Mergui Archipelago of Burma, with extensions soutward into the islands of southwestern Thailand; (b) the Orang Laut, literally the ‚sea people’, a diverse congeries of variously named groups inhabiting, or once inhabiting, the Riau-Lingga Archipelago, Batam, and the coastal waters of eastern Sumatra and southern Johore; and (c) the Bajau Laut, the largest and most widely dispersed of these groups, living in the Sulu Archipelago of the Philippines, eastern Borneo, Sulawesi, and the islands of eastern Indonesia.“603 600 Ebd., 339-341 (chinesische Quellen) und 342-344 (arabische Quellen). 601 Ebd., 129/130; NIMMO, Bajau History, 33-35; WARREN, Administration, xiii/xiv. 602 Encyclopaedie I, 100/101. Dort wird allerdings die in der Kolonialzeit verbreitete Ansicht, daß es sich bei den Bajau um ein Mischvolk aus Javanern, Chinesen und Makassaren handelt, bereits verworfen. 603 SATHER, Bajau Laut, 320/321. H. Arlo Nimmo präzisiert diese Einteilung in Hinsicht auf die dritte Gruppe, indem er unter den Bajau den bootsbewohnenden Teil der Sama-sprechenden Bevölkerung versteht (NIMMO, Sea People, 11). Die Einteilung A. B. Lapians hingegen beruht offensichtlich nur auf der geographischen Verbreitung und kann nicht als ethnische Zuordnung verstanden werden: „Ces populations que nous dénommons Orang Laut ne se rencontrent pas seulement dans la région de la côte depuis la côte ouest de la Thaïlande (Laut Kapir) jusqu’à la côte est de Kalimantan et de Sabah (Bajau ou Sama),
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Herkunft So, wie das Volk der Bajau nur langsam und schemenhaft in das Bewußtsein der Europäer drang, so verschleiert ist die Kenntnis ihrer Herkunft. Bis heute steht zur Klärung dieser Frage kaum mehr als die Herkunftslegenden der Bajau selbst zur Verfügung. Bereits Thomas Forrest lernte einen solchen Mythos kennen: „In their original country, Johore, where it would seem an old method to live in boats, it is said, that on a certain festival, they crouded in numbers, and made fast their boats, astern of the vessels, in which was their prince; it being their custom at certain seasons to do so: but, a storm arising from the land, they were driven across the southern part of the China sea, to the coast of Borneo; and of this they celebrate the anniversary, by bathing in the sea on an annual day.“604
Ein altes, leider undatiertes spanisches Dokument berichtet von der ursprünglichen Besiedlung der verschiedenen Teile des Sulu-Archipels und erwähnt die Bajau als eine aus Johor eintreffende Gruppe, von der ein Teil im Sulu-Archipel blieb, andere Teile weiter nach Mindanao und Brunei zogen.605 Demgegenüber stellt der Niederländer Montanus, auf den sich François Valentijn stützt, im 17. Jahrhundert die Behauptung auf, daß die Bajau ursprünglich aus China und Japan stammten. Dort hätte ihr Leben auf Booten Ausdruck der niedrigen gesellschaftlichen Stellung der Fischerklasse dargestellt, und von dort wären sie wegen schlechter Behandlung ausgewandert.606 Montanus selbst hatte aller Wahrscheinlichkeit nach keinen persönlichen Kontakt zu den Bajaus, weswegen sein Bericht teilweise die „popular beliefs“ über die Bajau wiederspiegeln dürfte. Robert Padtbrugge, Gouverneur von Ternate und Valentijns zweiter Gewährsmann, lernte hingegen die Bajaus persönlich in Tabungku und Menado kennen. Entsprechend widerspricht er gelegentlich, wie auch im Falle der Herkunftslegenden, gezielt Montanus, dessen Text ihm vorlag.607 Jüngeren Datums sind, zumindest in der europäischen Überlieferung, Legenden, die sich auf die Tochter des Häuptlings der Bajau beziehen, die damals als friedliche Fischer vor den Küsten der Malaiischen Halbinsel lebten. Dieses Mädchen wurde der Legende nach von Landbewohnern geraubt, konnte jedoch entkommen und kehrte zurück. Nach ihrer Rückkehr beschlossen die Bajau, vor einer möglichen Rache zu fliehen und erreichten so – je nachdem, welche Gruppe die Legende über-
604 605 606 607
l’île Laut (Johor), Sulawesi (Bajau), le sud des Philippines (Bajau, Samal ou Sama), les Moluques et les îles de la Sonde (Bajau ou Sama).“ (LAPIAN, Orang Laut, 217). FORREST, Voyage to New Guinea, 372; entsprechend die Ursprungslegende bei den Bajau von TawiTawi im Sulu Archipel, siehe NIMMO, Bajau History, 39. Das Dokument ist zitiert bei SALEEBY, History of Sulu, 153. SOPHER, Sea Nomads, 304. Ebd., 304/305.
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liefert – die Sulu-See oder den Golf von Boné.608 Eine mögliche Datierung der Bajau-Wanderung von Johor nach Sulu, Kalimantan oder Sulawesi könnte das frühe 14. Jahrhundert darstellen.609 Der Ethnologie H. Arlo Nimmo berichtet von einem Bajau-Ältesten, der seine Genealogie sieben Generationen zurückverfolgen konnte bis in die Zeit, in welcher die Bajau noch in Johor lebten. Dies würde jedoch eine Auswanderung zu Beginn des 18. Jahrunderts bedeuten, was allen früheren europäischen Quellen widerspricht.610 Möglicherweise kamen die Bajau auch gar nicht als Seenomaden in die Gewässer ihres neuen Lebensraumes, sondern wurden dort erst zu Bootsbewohnern. Dies würde eine Form der praktischen Anpassung ihrer Wohnverhältnisse an ihr auf die Nutzung von Riffen und die Fischerei ausgerichtetes Leben bedeuten – eine zumindest nicht unwahrscheinliche Möglichkeit. Die Legende von den Ursprüngen in Johor wäre dann eine nachgeordnete Anpassung der eigenen Mythenbildung in einem kulturellen Umfeld, in der Geschichten schon immer eine wichtige Rolle spielten. Unter Umständen verbreitete sich nicht ein nomadisches Volk, sondern eine nomadische Lebensweise über die malaiische Welt.611 1996 sammelte der Ethnologie Horst H. Liebner in der Inselwelt südlich Sulawesis Ursprungslegenden der Bajau, die dort mündlich überliefert werden.612 Diese Geschichten haben sich weit von den Ursprungsgeschichten, welche die Herkunft aus der Gegend von Johor unterstreichen, entfernt und beziehen sich auf die buginesischen und makassarischen Reiche Süd-Sulawesis, obwohl die hiesigen Bajau nach Clifford Sather der selben ethnolinguistischen Gruppe angehören wie diejenigen im Sulu-Archipel. Eine Reihe gemeinsamer Motive finden sich in allen Ursprungslegenden östlich einer Linie Sarawak-Java: das erzwungene Verlassen eines Siedlungsgebietes auf dem Land, die Rolle eines adeligen Mädchen, das entweder durch einen Sturm verloren ging oder entführt wurde, und der Verzicht der ganzen Gemeinschaft auf eine Rückkehr, nachdem das Mädchen gerettet oder in Sicherheit gebracht worden war.613 Auch die weitaus später entstandenen Legenden der Bajau 608 FOLLETT, Sulu Sea, 129/130; VERSCHUER, Badjo’s, 4; PELRAS, Populations aquatiques, 157/158; WARREN, Administration, 17/18. Eine erweiterte Version findet sich in einer britischen Landesbeschreibung von 1922, welche die Geschichte als Drama eines unglücklich verliebten Prinzen aus Brunei, der die angebetete Prinzessin von Johor entfährt, ausschmückt (RUTTER, North Borneo, 73). 609 SALEEBY, Moro History, 23/24; DERS., History of Sulu, 156/157. 610 NIMMO, Bajau History, 40. 611 Ebd., 40/41, 50. Diese Möglichkeit, hervorgerufen durch politischen und sozialen Druck im Zuge der unruhigen Verhältnisse nach dem Untergang der großen Hindu-Reiche, betont besonders WARREN, Administration, 22. 612 LIEBNER, Oral Versions, 114-121. 613 Ebd., 121.
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von Selayar und Umgebung verarbeiten diese Motive. Allerdings spielt Johor keine Rolle mehr, sondern zumeist das makassarische Goa-Tallo oder das buginesische Luwu. Die Ursprungslegenden haben mit dieser Veränderung eine völlig neue Funktion entwickelt, die darin besteht, die Bajau fest in der von Bugis und Makassaren dominierten Region zu verankern. „By connecting their history to the two best-known kingdoms of South Sulawesi, Luwu’ and Gowa, this claim to social position is extended onto an inter-ethnic level. A people who presumably migrated into Sulawesi ‚out of nothing’ after the main ethnic groups of the peninsula had been well established, thus connect themselves into the pre-existing political structure where power and status were regarded as manifesting lines of noble descent originating in the mystical figures of the Tomanurung, ‚those who descended from the heavens’. With these stories, the Bajo not only claim a close relationship to the kingdom of Gowa, but moreover relate themselves to Sawerigading, the most famous figure of the I La Galigo epic [...].“614
Die Ursprungslegenden aus Kalimantan und Sulu, die sich auf eine Herkunft aus Johor beziehen, und diejenigen aus Sulawesi, die vor allem Goa als Bezugspunkt haben, bestehen seit langem nebeneinander.615 Sie weisen unverkennbare Gemeinsamkeiten bei gleichzeitiger Anpassung an das spezifische kulturelle Umfeld auf. Bei den Bajaus handelt es sich um ein zugewandertes Volk, das sich in ein bestehendes regionales Gefüge einpassen und sich dort eine ökonomische Lebensgrundlage schaffen mußte. Hierfür brachte es mit dem Leben auf See eine besondere Spezialisierung mit oder entwickelte sie in Auseinandersetzung mit den vorgefundenen Verhältnissen.
Lebensraum und Lebensgrundlagen Die ethnolinguistische Typologie der südostasiatischen Seenomaden verweist bereits auf die Grundstruktur ihrer Verbreitung. Neben den Moken vor der burmesischen Küste und den Orang Laut zwischen Sumatra und der Malaiischen Halbinsel fallen die Bajau durch ihren vergleichsweise umfassenden Lebensraum auf. Sie bevölkerten nicht nur den Sulu-Archipel, sondern auch die Küsten Kalimantans im Norden und Osten, die gegenüber liegende Westküste der Insel Sulawesis wie auch deren SüdostHalbinsel und die vorgelagerten Eilande. Der bei Valentijn zitierte Geistliche Montanus berichtet als erster von der Verbreitung der Bajau nach ihrer – von ihm 614 Ebd., 128/129; zur Adaption sulawesischer Elemente wie die tomanurung in die Bajau-Mythologie siehe auch PELRAS, Populations aquatiques, 158/159. 615 Siehe auch VERSCHUER, Badjo’s, 2.
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fälschlich angenommenen – Abwanderung aus China und Japan. Er führt ein Siedlungsgebiet an, das Menado, die Philippinen, Tabungku, Kalimantan und Makassar umfaßt.616 Thomas Forrest, der zu Beginn der 1770er Jahre von Sumatra aus zu den Molukken und nach Neuguinea reiste, begegnete unterwegs mehrfach den Bajau. Er traf sie im Mündungsgebiet des Pasir in Südost-Kalimantan, in großer Zahl an den Flußmündungen Nordost-Kalimantans sowie rund um Makassar und auf den Paternosterinseln in der Straße von Makassar.617 Alexander Dalrymple, ein Landsmann und Zeitgenosse Forrests, der nur wenige Jahre vor ihm die Region besuchte, berichtet von der Insel Banguay im Norden Kalimantans, auf der neben 200 IdaanFamilien auch 70 Familien der Bajau lebten und gute Fisch- und trepang-Gründe sowie agar-agar-Vorkommen fanden.618 Bereits aus dem 19. Jahrhundert stammt die Erwähnung von Bajau-Siedlungen an den Mündungen de Flüse Kutai und Pasir in Ost-Kalimantan.619 Schließlich bestätigen auch die Beobachtungen J. N. Vosmaers aus den 1830er Jahren das Bild, das sich aus den verstreuten Hinweisen ergibt: „Laatstgenoemde [die Bajau] zijn een volk, dat zijn geheel bestaan op zee vindt, Hetzelve is over vele deelen van dezen wijduitgestrekten Archipel verspreid. Op de noordwestkust van Borneo en in de westelijker gelegene eilanden, zoo als die van Lingan en meer andere, treft men een zoodanig volk onder de benaming van Orang Raija aan; op het eiland Billiton houdt zich een stam op, onder de benaming van Orang Seka; het eiland Poeloe Laout, op Borneo’s zuidoostkust, wordt dikwijls bezocht door een soortgelijk volk, bekend onder den naamvan Orang Djohor: het zijn echter degenen, welke op vele plaatsen van Borneo’s oostkust, op de kusten en eilanden van Celebes, op de Sumanapsche eilanden, op de kusten van Sumbawa en nabij liggende eilanden, en op de eilanden van Bonerate en Saleijer zich ophouden, die door de Boeginezen met de benaming van Orang Badjos [...], door de Makassaren Tau-ri-djene (waterlieden), door de Maleijers en Javanen Orang kambang (drijvende lieden) bestempeld worden; [...].“620
In der Überlieferung des im Sulu-Archipel siedelnden Volkes der Taosug gehörten die Bajau dem Sultan von Sulu.621 Hinter dieser Vorstellung steht neben der Selbsteinschätzung der Taosug als führender Ethnie Sulus wahrscheinlich die tatsächliche Position der Bajau im Sultanat als unterdrückte, teilweise versklavte Untertanen.622 In der Mythenbildung der Taosug haben die beiden Völker sogar die gleichen Wurzeln. Demnach wurden sie getrennt, als angesichts eines herannahenden Sturmes ein Teil der Bevölkerung Zuflucht in den Bergen, ein andere auf Booten suchte. Aus 616 617 618 619 620 621 622
SOPHER, Sea Nomads, 304. FORREST, Voyage to New Guinea, 372/373; DERS., Voyage from Calcutta, 71. DALRYMPLE, Plan for Extending the Commerce, 65/66. VERSCHUER, Badjo’s, 5. VOSMAER, Schiereiland, 113/114. KIEFER, Institutionalized Friendship, 225. So wird von einer amerikanischen Expedition in diese Region 1844 berichtet, zitiert bei SOPHER, Sea Nomads, 131.
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der ersten Gruppe gingen die Taosug hervor, aus der zweiten die Bajau.623 Trotz der Vorstellung eines gemeinsamen Ursprungs kann jedoch nicht von einer wirkliche Akzeptanz der Bajau durch die übrige Bevölkerung des Sulu-Archipels und NordKalimantans gesprochen werden.624 Die rund um das südliche Sulawesi lebenden Bajau verstanden sich zumeist als Untertanen von Boné.625 Lediglich diejenigen, die in den Gewässern unmittelbar vor Makassar ihren Lebensmittelpunkt hatten, auch wenn sie ihren konkreten Aufenthaltsort vom Monsun abhängig machten, betrachteten Makassar auch in herrschaftlicher Hinsicht als ihre Heimat. Demgegenüber verstanden sich viele Bajau im Sulu-Archipel als Untertanen Makassars, wie eine amerikanische Expedition von 1844 zu berichten wußte.626 Dies mag im ersten Augenblick überraschen, wird jedoch auf Grund ihrer unvorteilhaften Stellung im Machtbereich des Sultans von Sulu verständlich. Außerdem verweist eine solche Selbstverortung, daß ihnen die Metropole Makassar – immerhin rund 1.000 Kilometer südlich des Sulu-Archipels gelegen –durchaus bekannt war und in Reichweite ihrer Aktivitäten lag. Unabhängig von ihrem Selbstverständnis als Untertanen des einen oder anderen Königs waren die Bajau für Makassar von großer Bedeutung. Nach dem Bericht von Cornelis Speelman siedelten Bajau vor dem Makassarischen Krieg in großer Zahl in den Gewässern vor der Stadt. Er berichtet, daß sie dem Herrscher von Goa zu einem Tribut aus Schildpatt und zur ständigen Bereitschaft, Botenfahrten für den König zu übernehmen, verpflichtet waren. Auf Grund ihrer Verpflichtungen wurden die Bajau in dieser Region als Sklaven des Königs angesehen.627 Auch hier kommt wieder eine niedrige Stellung im sozio-ethnischen Gefüge der Region zum Ausdruck, weniger eine tatsächliche Leibeigenschaft. Auf Grundlage der Berichte von Tomé Pires und den malaiischen Annalen von Malakka weist ihnen Anthony Reid sogar eine besonders große Rolle für Makassar zu. Er macht sie nicht nur für die ersten Erkundungen der maritimen Welt verantwortlich, sondern auch für die Verbreitung des Wissens um Makassar inbesondere zur Malaiischen Halbinsel.628 Eine solche Interpretation beruht allerdings auf der Prämisse, daß Bugis und Makassaren erst spät zur Seefahrt gefunden haben, woran bekanntlich Zweifel angebracht sein dürfen. 623 624 625 626 627 628
NIMMO, Bajau History, 41. WARREN, Chartered Company’s Administration, 20/21. SOPHER, Sea Nomads, 144. Ebd., 146. ARA Den Haag, Notitie des Cornelis Speelman, Aanwinsten 1524: 1926 I 10-11, 43. REID, Rise of Makassar, 125-129.
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Der Makassarische Krieg hatte auf die Anwesenheit von Bajau-Gruppen vor der Südhalbinsel Sulawesis keinen Einfluß. Sie lebten im Einflußbereich der VOC weiter, ohne von dieser näher belangt oder als Kompanie-Untertanen angesehen zu werden. Es bestehen keine Hinweise darauf, daß zu den Emigranten der unmittelbaren Nachkriegszeit auch Seenomaden zählten. Der zwischen 1728 und 1733 in Makassar tätige Gouverneur Josua van Arrewijne bestätigt ausdrücklich die fortdauernde Aktivität der ansonsten in den Quellen wenig präsenten Bajau, die von den Einheimischen Torajenne genannt wurden, unter den Augen der Kompanie: „De Badjo Laut, off Toradjenne, dat is watermannen, door het oorlogen geheel van hier verstrooijt geraakt, hebben haar na de overwinning van Maccassar eerst onder dit Casteel bij d’ E. Comp. onthouden, sonder dat mij elders blijkt, hoe groot in getal van vaartuijgen off huijs gesinnen, ook niet in wat tijd de selve haar weder ont trocken hebben, maar datse thans, ten deele van Goa dependeeren, is per sé, behalven nog een secker aantal die met koning of vorst angeerne te doen hebben en haar op de mangeraij en elders daar omtrent onthouden; zij hebben de naam van carett off schildpadsoekers en tripangs vissers te wesen, waarvan se jaarlijx aan beijde voorsten hoven een zeekere quota ten tribuit opbrengen of ander van al’t geen sij geduurende haar afwesen op zee en elders hebben opgetaan ‘t zij wax, parlemoer vogelnessjes, amber, en wat sij den eene tijd min, en de andere meer, konnen magtig werden, gemerckt haar uijt en thuijs reijse onbepaald sijn, in tijd en plaatse. [...] Een of wel dese periode der Toradjenne tot den algemeenen vaart en handel sijn betrecking heeft, heb ik dat volk egter niet onaangeroerd mogen laten, ten aansien den Goas koning sig kragtig van deselve bedient, an sijl. dus almede gereekent moeten werden als spieren en zeenuwen, waarmede dat sinistre hoff allenekens haat staat en belangen komt te vergrooten.“629
Vor wie nach der Eroberung durch die VOC stellten die Bajau einen Wirtschaftsfaktor in der Region dar. Dies galt weniger für die Kompanie selbst, die sie nicht besteuerte, da sie nicht im Stadtgebiet lebten, und auch keine Hafenabgaben von ihnen erhob – zumindest kennen die Hafenmeisterlisten keine Seenomaden. Eine wichtige Einnahmequelle stellten die Bajau hingegen weiterhin für den Herrscher von Goa dar, der Tribute auf die von ihnen gesammelten Luxusgüter erhob. Das Beispiel Makassar verweist bereits auf die Lebensgrundlagen der Bajau. Einerseits war der Fischfang die existentielle Lebensgrundlage, andererseits stellte das Sammeln von natürlichen Luxusgütern ein wesentliches zweites Standbein dar. Bei letzteren handelte es sich vorrangig um Produkte aus dem Meer wie Schildpatt, agaragar, trepang oder auch Perlen, aber auch um solche aus Wald- und Gebirgsregionen wie Wachs und Vogelnester. Alexander Dalrymple bestätigt diese Dualität für das Sulu-Archipel, über deren Insel Palawan er zu berichten weiß, daß „there are also 150 Bajoo vessels; the Bajoo are fishermen commonly belonging to the sultan and the chief Sooloos, and are employed in the various kinds of fisheries, as in that for pearls, for sea-slugs, couries, &c.“630 Bei den 629 ARA Den Haag, Memorie van Overgave, J. van Arrewijne, 21.5.1733, VOC 2285, Macassar, 1. Reg., 117, 119. 630 DALRYMPLE, Plan for Extending the Commerce, 68.
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Bajau des östlichen Malaiischen Archipels dominierten in den späteren Beobachtungen vor allem zwei Produkte das wirtschaftliche Leben, deren Vorkommen die Ausbreitung der ganzen Ethnie bestimmten: trepang und Schildpatt.631 Diese Einschränkung auf zwei Meeresprodukte neben dem alltäglichen Fisch kann mit dem Aufstrieg der trepang-Fischerei zusammenhängen, der erst im 19. Jahrhundert umfassend zum Tragen kam. Die Folge kann ein Bedeutungsverlust von auf dem Land gewonnenen Gütern gewesen sein, für die auf jeden Fall Handelsbeziehungen bestanden haben müssen, da sie zu weit von den Lebensräumen der Seenomaden entfernt gewonnen wurden. J. N. Vosmaer geht hinsichtlich der Dualität der Lebensgrundlagen noch weiter und unterteilt die Bajau in einen Seenomaden-Stamm, der neben dem Fischfang auch Schildpatt, trepang und andere Meeresprodukte sammelte und dessen Führungspersönlichkeiten aus verschiedenen Stämmen zusammengestellt zu sein scheinen, sowie in einen zweiten Stamm, der sich ganz auf den Fischfang konzentriert.632 Bei den erstgenannten Bajau handelt es sich um eine Gruppen, die ein kommerzielles Wirtschaftsleben pflegte, während sich die zweitgenannte auf eine Form der maritimen Subsistenzwirtschaft beschränkte. Die kommerzielle Ausrichtung einiger Bajau bestätigt und ergänzt Vosmaers Landsmann und Zeitgenosse W. M. Donselaar, der von zwei Fahrten der Bajau im Jahr (Januar und Juni) nach Tanimbar, Bonerate und Buton, zur Nordküste Australiens und zu den Paternoster-Inseln berichtet, von denen sie eine reichhaltige Beute an trepang mitbringen.633 Ob es sich dabei jedoch tatsächlich um eine ethnische Unterscheidung handelt, hat außerhalb des Beitrages von Vosmaer keine weitere Untrerstützung erfahren und darf wohl mit Fug und Recht bezweifelt werden. Die älteren, zuvor angeführten Quellentexte weisen trotz ihrer Kargheit eher darauf hin, daß alle Bajau über ein komplexeres Wirtschaftsleben verfügten, als es die auf Fischerei basierende Subsistenzwirtschaft allein hätte sein können.
Gesellschaft und Religion Das gesellschaftliche Leben der Bajau war stets den Bedingungen des Nomadismus geschuldet. Solange sie tatsächlich einem Nomadenleben nachgingen, war ihr eigentlicher Wohnraum das Boot. Pfahlbauten, vor allem in seichten Gewässern von Ko631 SOPHER, Sea Nomads., 144. 632 VOSMAER, Schiereiland, 114. 633 DONSELAAR, Saleijer, 302/303.
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rallenriffen und vulkanischen Inselgruppen,634 bestanden schon in der frühen Neuzeit, doch waren sie nie ihr eigentlicher Lebensmittelpunkt. Nur selten verfügten sie über feste Dörfer am Strand. Ihr Lebensraum umfaßte die Mangrovenwälder an den Küsten der größeren Inseln, überhaupt die Uferzonen, die Korallenriffe und die halboffene See zwischen den einzelnen Inseln der kleineren Archipele. Die Bajau waren die „marine-exploiting inhabitants“ eines „distinct eco-system of innumerable sandy islands, shoals and coral reefs, headlands and points“.635 Im Mittelpunkt ihres gesellschaftlichen Lebens stand die unabhängige Kernfamilie, deren Größe von den Grenzen des Hausbootes bestimmt wurde. Die Kernfamilie war zumeist eigenverantwortlich zur Sicherstellung ihrer Subsistenz unterwegs.636 Ein Grundtatbestand charakterisierte den nomadisierenden Bajau-Haushalt: er bestand idealerweise aus einer einzigen Kernfamilie. Alle anderen Formen der Haushaltszusammensetzung fanden sich allenfalls vorübergehend oder wurden durch unvollständige Kernfamilien bedingt. Jede unvollständige Kernfamilie ergänzt sich mit anderen Personen wieder zu einer Einheit, um eine funktionstüchtige Subsistenzgruppe sicherzustellen.637 Jede dieser Familien oder familienähnlichen Einheiten besaß ein eigenes Boot,638 wodurch ihre Unabhängigkeit sichergestellt wurde. Aus den Berichten des 19. Jahrhunderts läßt sich zusammenfassen, daß die Bajau strikt monogam lebten, sich an Hochzeitsvereinbarung aus frühester Jugend hielten, die auch die Heirat enger Verwandter erlaubte, und sich einer strengen Kontrolle der Heiratsverbindungen unterwarfen.639 Ihre nomadische Lebensweise rief sogenannte „ambilocal residence pattern“ (Nimmo) hervor, deren Pole die Herkunftsdörfer der haushaltskonstituierenden Eheleuten bildeten. Dies führte sowohl zu zeitlichen Beschränkungen von Allianzen und ähnlichen außerfamiliären Verbindungen zwischen Individuen wie auch zu einem geringen Verständnis von Gemeinschaft oder gar Gesellschaft. Das Dorf diente zwar als Anlaufstelle mit verwandtschaftlicher Verwurzelung, spielte jedoch als politische und soziale Einheit eine zu geringe Rolle im Leben von Seenomaden, 634 Ausführlich beschrieben bei SATHER, Baja Laut, 134-213, beruhend auf einem Feldforschungsaufenthalt in dem Pfahlbauten-Dorf Bangau-Bangau in der Provinz Semporna an der Nordost-Küste Kalimantans. 635 WARREN, Administration, 10. 636 NIMMO, Social Organization, 437; die von Nimmo zusammengefaßten Grundtatbestände der nomadischen Bajau-Gesellschaft beziehen sich auf Tawi-Tawi im Sulu-Archipel, können jedoch auf alle BajauGruppen an den Küsten Sulus, Kalimantans und Sulawesis übertragen werden. 637 DERS., Sea People, 17. 638 Findet sich in den meisten Beschreibungen, so bereits bei Valentijn: SOPHER, Sea Nomads, 301. 639 Ebd., 135; auch die ethnologischen Studien des 20. Jahrhunderts bestätigen weiterhin die Monogamie unter den Bajau (NIMMO, Social Organization, 437).
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um intensive gemeinschaftsbildende Funktionen zu entwickeln. Entsprechend bildete sich nur ein loses politisches Führertum heraus.640 Montanus stellte im 17. Jahrhundert die Behauptung auf, daß die Bajau einen König hätten, den sie nach den Kriterien der Befähigung in Fischfang und Seefahrt aus ihrer Mitte wählten.641 Dies widerspricht jedoch allen anderen Beobachtungen zum soziopolitischen Zusammenhalt des Volkes. Wahrscheinlich bezieht sich Montanus unbewußt auf kurzfristige Führungsrollen bei kollektiven Aktionen wie großen Fischzügen oder auch gemeinsamer Verteidigung. Für eine solche Interpretation spräche auch die Auswahl des jeweils Fähigsten. Mit einem echten Königtum hatte dies allerdings nicht das geringste zu tun. Die Bezeichnung dürfte auf einem falschen, auf seiner europäischen Vorstellung von Herrschaft beruhenden Verständnis von Montanus beruhen. Zumindest die Bajau der Philippinen und des Sulu-Archipels hielten sich Sklaven, zumeist Einheimische, als Ergänzung der familialen Hausbootbesatzung. Dies berichtet der Portugiese Francisco Combés.642 Bestätigung findet diese Mitteilung für das 19. Jahrhundert durch den Niederländer Verschuer, der einen Mann aus Pontianak in West-Kalimantan kennenlernte, der lange Jahre Sklave eines Bajaus gewesen war.643 Durch die Beschränkung, welche das Hausboot dem Alltagsleben auferlegte, mußte es sich allerdings um eine sehr spezifische Form der Sklaverei gehandelt haben. Nicht nur, daß aus Platzgründen kaum mehr als ein Sklave an Bord möglich gewesen sein kann. In der Enge des Hausbootes war der Sklave darüber hinaus unvermeidlich ein Familienmitglied. Damit praktizierten die Bajau eine Art der Sklavenhaltung, die beinahe der idealtypische Ausdruck traditioneller südostasiatischer Sklaverei war und noch am weitesten von kommerzieller Sklaverei entfernt anzusiedeln ist. Insgesamt gilt die Gesellschaftsform der Bajau als sehr stabil und über Jahrhunderte hinweg von nur wenigen Veränderungen gekennzeichnet.644 Dies zeigt sich auch im religiösen Leben. Allgemein werden die Bajau als Muslime eingestuft; bereits Thomas Forrest bezeichnet sie als solche. Die Gewährsleute von François Valentijn hingegen beschreiben die Bajau als ein Volk ohne sonderliche Beziehung zur Religion (Montanus) oder als Anhänger einer Religion, die nur einige chinesische und muslimische Elemente aufwies (Padtbrugge).645 Die chinesischen Elemente 640 641 642 643 644 645
Ebd., 437. Nach der Synopse bei SOPHER, Sea Nomads, 304. Ebd., 309. VERSCHUER, Badjo’s, 5. NIMMO, Social Organization, 438. Nach der Synopse bei SOPHER, Sea Nomads, 301.
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bringt David Sopher mit animistischen Praktiken in Verbindung, woraus er schließt, daß Padtbrugge die Bajau als islamisierte Animisten kennengelernt hatte, die keinesfalls der islamischen Orthodoxie angehört hätten.646 Dies entspräche nicht zuletzt dem bei Valentijn erwähnten Alkoholkonsum, der allerdings in den Berichten des 19. Jahrhunderts keine Bestätigung findet.647 Insgesamt kann davon ausgegangen werden, daß zu Beginn des 19. Jahrhunderts die ursprüngliche, animistische Religion der Bajau unter ihnen noch sehr weit verbreitet war. Einige bekannten sich zwar bereits zum Islam, doch hinterließen die islamischen Sitten keinen tiefgreifenden Einfluß auf die althergebrachten Bräuche und Kulte. Nur sehr wenige muslimische Priester, die in der Regel selbst keine Bajau waren, lebten und missionierten unter ihnen.648 Die Berichte aus dem 19. Jahrhundert zeichnen das Bild einer von animistischen Konzepten bestimmten Religion, in welcher machtvolle Naturgeister, die Opfer einforderten, und kollektive Rituale für Schutz und Glück sowie Exorzismus bei Krankheit entscheidende Rollen spielten.649 Ein besonders langlebiger Schamanen-Kult wird von den Bajau-Gruppen im Süden des Sulu-Archipels berichtet.650 Auch Carl Taylor wurde im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts noch Zeuge eines schamanischen Heilungs-Rituals.651 Die ENI spricht lediglich von erkennbaren, aber offenbar lange zurückliegenden Einfluß des Islams und betont den lebendigen Geisterglauben unter den Bajau.652 Demgegenüber berichtet Carl Taylor von der Anwesenheit einer großen Zahl muslimischer Missionare unter den Seenomaden selbst und in deren Umfeld.653 Solchen Berichten zufolge, die immerhin bereits aus dem 20. Jahrhunderts stammen, scheint sich der Islam mancherorts überhaupt erst in der späten Kolonialzeit durchgesetzt zu haben.
Beziehungen zum Festland Montanus, der erste der beiden Gewährsleute Valentijns, berichtet, daß die Bajau ein schlechtes Verhältnis zum Leben auf dem Land haben und glauben, daß man dort früh sterbe. Der zweite Gewährsmann, Robert Padtbrugge, setzt sich von 646 647 648 649 650 651 652 653
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Montanus bewußt ab, indem er ausdrücklich eine dörfliche Siedlung der Bajau erwähnt. Er geht davon aus, daß es mehrere davon geben müsse, woraus er schließt, daß die Bajau sowohl auf See als auch auf dem Land leben könnten.654 Thomas Forrest unterscheidet ein Jahrhundert später bewußt zwischen seßhaften, landbewohnenden Bajau und solchen, die als Seenomaden stets auf ihren Schiffen leben.655 Auch unter den Bajau selbst gilt eine Unterscheidung in Seßhafte, die bei den Makassaren Sama oder Torijene genannt werden, und maritime Nomaden, die bei den Makassaren Lolo Bajo heißen.656 Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist eine Bajau-Siedlung auf der Insel Katelang zwischen Bimba und Tanahjampea bekannt, die sogar über eine eigene feste Moschee verfügte.657 Aus dem 19. Jahrhundert sind wiederum Berichte überliefert, daß unter den Bajau im Sulu-Archipel die Vorstellung verbreitet sei, an Land krank zu werden.658 Bei intensiverer Suche ließe sich die Reihe diesbezüglich widersprüchlicher Zeugnisse sicherlich noch fortsetzen. Eine Unterscheidung in seßhafte und nomadisierende Bajau war für den jeweiligen Beobachtungszeitpunkt sicherlich zutreffend, stellt jedoch keine historisch gültige Typologie der Ethnie dar. Vielmehr zeigt sich hier eine schon immer bestehende Dualität. Das bevorzugte Leben der Bajau fand auf See statt, doch enthielt es stets feste Elemente wie die häufig bezeugten Pfahlbautensiedlungen. Diese erleichterten letztendlich die Entwicklung, welche die Bajau zu einem zunehmend seßhaften Volk machte. Erste Tendenzen dieser Entwicklung wurde schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei einzelnen Gruppen beobachtet.659 F. H. van Verschuer bestätigt, daß die Bajau Nord-Kalimantans, die er zwischen 1879 und 1881 besuchte, ihr Nomadenleben im wesentlichen aufgegeben hatten.660 In der Gegenwart gibt es zwar noch einzelne Gruppen, die auf Booten leben, aber die Mehrheit der Bajau ist inzwischen seßhaft geworden und besiedelt Dörfer an der Küste. Von einer Meidung des Festlandes, sei es aus Aberglauben, sei es wegen der Verfolgung durch die dortigen Bewohner, kann keine Rede sein. Auf Sulawesi finden sich Bugis- und Bajau-Siedlungen in unmittelbarer Nachbarschaft; häufig läßt sich 654 655 656 657 658
Nach der Synopse bei SOPHER, Sea Nomads, 302/303. FORREST, Voyage to New Guinea, 372/373. VERSCHUER, Badjo’s, 6; LIEBNER, Oral Versions, 114. LIEBNER, Oral Versions, 112. SOPHER, Sea Nomads, 131. Passend hierzu die Bemerkung bei Carl Taylor, der die Bajau 1930 persönlich kennenlernte: „They live their entire lives upon the water, so seldom stepping ashore that the old people say walking on solid ground makes them dizzy.“ (TAYLOR, Sea Gypsies, 477). 659 VOSMAER, Schiereiland, 115, der die Orang Badjo in niedergelassene und nomadisierende einteilt. 660 VERSCHUER, Badjo’s, 3.
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sogar die Verschmelzung der Siedlungsbereiche in einem gemeinsamen kampung beobachten.661 Auf dieser Grundlage ist es nicht auszuschließen, daß im kampung der Bugis in Makassar seßhaft gewordene Bajau zu finden waren. In diesem merkantil so lebendigen Stadtviertel hätten Anknüpfungsmöglichkeiten eines mutmaßlichen Bajau-Handels an Märkte des Emporiums bestehen können.
2. Nomadismus und Handel
Seefahrt und Reichweite des Nomadismus Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, daß eine auf See nomadisierende Gesellschaft ausgezeichnete Kenntnisse über Boote und ihre Herstellung besitzt. Die historische Überlieferung hierzu ist jedoch nicht nur spärlich, sondern auch widersprüchlich. Der Bericht Vosmaers aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts legt nahe, daß die Bajau keinen Eigenbau von Schiffen betrieben, sondern ihre Fahrzeuge an den etablierten Schiffsbauplätzen der Region kauften. In diesem Zusammenhang erwähnt er, daß auf der Insel Manui Schiffe gebaut wurden, die von den Einwohnern des benachbarten Staates Tabungku auf Sulawesi sowie von den Orang Badjos gekauft wurden.662 Dies würde bedeuten, daß die Bajau Handel getrieben haben mußten, um an die Zahlungsmittel für die unentbehrlichen Wasserfahrzeuge zu gelangen. Andererseits bezeichnet Carl Taylor die Bajau als ausgezeichnete Schiffsbauer. Immerhin kann Taylor die Anzahl der zum Bootsbau benötigten Männer und einige weitere Details aus dem Fertigungsprozeß nennen, so daß davon ausgegangen werden kann, daß zumindest zu Beginn des 20. Jahrhunderts und zumindest in der Sulu-See inzwischen eigener Bootsbau üblich geworden war.663 Die seefahrerischen Fähigkeiten der Bajau sind hingegen weitgehend unumstritten. Die notwendige Anspassung an ihren Lebensraum charakterisierte auch diesen Teil ihrer Kultur. Sie benutzten sehr flache Boote, die perfekt für Fahrten in seichten Küstengewässern und zwischen Riffen geeignet waren und von Frauen und Männern gleichermaßen navigiert wurden.664 Zumindest in Südost-Sulawesi besaßen die Bajau prahus paduwakang einer Größe von zehn bis 15 koyang , um die herum sich 661 662 663 664
SOPHER, Sea Nomads, 144/145 und 146. VOSMAER, Schiereiland, 109. TAYLOR, Sea Gypsies, 483, 535. Robert Padtbrugge nach der Synopse bei SOPHER, Sea Nomads, 302.
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jeweils eine große Anzahl leicht zu manövrierender kleinerer Boote scharten. Bei den bereits seßhaften Bajau handelte es sich um Kanus, bei den Nomaden um kleinere prahus von sieben oder acht koyang.665 Thomas Forrest, der 1773 die PaternosterInseln in der Straße von Makassar besuchte, fand dort kleinere Bootstypen von fünf oder sechs Tonnen Größe vor.666 Im Zeitraum zwischen den ersten europäischen Berichten und dem allmählichen Verschwinden des maritimen Nomadismus im 20. Jahrhundert läßt sich eine Evolution und Ausdifferenzierung der von den Bajau benutzten Bootstypen beobachten. Im Sulu-Archipel verfügten die Bajau ursprünglich über einen eigenen Bootstyp namens djenging, der über beidseitige Ausleger verfügte und einen Tiefgang aufwies, der für die Riffgewässer eigentlich zu groß war. Aus diesem Grund wurde dieses Boot durch den flacheren, auslegerlosen Typ lipa aus Kalimantan verdrängt.667 Im südlichen Sulawesi hatte sich mit ihrem Siegeszug in der Mitte des 18. Jahrhunderts die prahu paduwakang auch bei den Seenomaden durchgesetzt. Doch auch ihre Vorherrschaft währte nicht viel mehr als ein Jahrhundert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden drei Bootstypen von den Bajau der Region genutzt: die schnell segelnde, mit Auslegern ausgestattete und schmal gebaute vinta, das größere, langsamere und auslegerlose Fischerboot lipa, und das mit größeren Aufbauten versehene HausKanu, das sich allerdings bei weitem nicht jede Bajau-Familie leisten konnte; vielmehr lebten viele von ihnen auf den lipas.668 Bei Carl Taylor findet sich die auf den ersten Blick merkwürdig anmutende Beobachtung, daß bei den Bajau eine Furcht vor der offenen See zu finden sei, ihre seefahrerische Reichweite daher relativ klein bliebe und sie sich nie mehr als 150 Meilen von ihrem zentralen Sammelplätzen entfernten.669 Taylor bleibt damit nicht alleine. Zuvor hatte bereits F. H. van Verschuer die Boote der Bajau als „weinig zeewaardige vaartuigen“ bezeichnet.670 Bei näherer Betrachtung des bruchstückhaften Bildes in den Quellen finden sich in der Tat keine Hinweise auf tatsächliche Fernwanderungen über offene See. Dies bezieht sich auf die Bewegung des gesamten Haushaltes, also auf den eigentlichen Nomadismus. Darüber hinaus sind weiter, über offene See reichende Handelsverbindungen oder gar –netzwerke, die nicht mit den 665 VOSMAER, Schiereiland, 115/116; Encyclopaedie I, 100/101. 666 FORREST, Voyage to New Guinea, 373. 667 NIMMO, Bajau History, 37, 51. Die Nutzung eines den regionalen Verhältnissen nicht angepaßten Bootes kann als Hinweis auf die Zuwanderung aus anderen maritimen Regionen gewertet werden. 668 TAYLOR, Sea Gypsies, 483. 669 Ebd., 477. 670 VERSCHUER, Badjo’s, 4.
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Hausbooten, sondern mit leichteren und schnelleren Bootstypen aufrecht erhalten wurden, nicht auszuschließen. Fragt man nach der Reichweite des maritimen Nomadismus im Malaiischen Archipel, so ist auf zwei gegenläufige Entwicklungen hinzuweisen. Auf der einen Seite machte die Siedlungsverbreitung die Reichweite des Nomadismus aus. Die Beschreibungen des 19. Jahrhunderts lassen für die Hochphase ihrer Verbreitung auf Lebensräume schließen, welche in der Sulu-See vor allem die südlichen Inseln umfaßten, daneben die Inseln in der Straße von Makassar, die südliche und die südöstliche Halbinsel Sulawesis mit besonderen Schwerpunkten um Selayar und die Bucht von Boné und schließlich die Küstengebiete Ost- und Nord-Kalimantans.671 Je weiter man nach Osten im Malaiischen Archipel kam, desto mehr dünnte sich die Verbreitung der Seenomaden aus. Es gibt einige Berichte von Bajau in den NordMolukken, insbesondere auf Bacian, oder auf Flores. Allerdings konnte Verschuer, der diesen Berichten im 19. Jahrhundert nachging, keine Seenomaden in diesen Regionen finden. Auch bei seinem Besuch in Bima hört er von zahlreichen Ansiedlungen auf Sumbawa, doch auch hier blieb es beim Hörensagen.672 Die Verbreitungszonen der Bajau hatten Zentren, die Taylor als ihre Sammelplätze bezeichnet, von denen aus sie einen Reichweitenradius von 150 Seemeilen erreichen konnten. Mit zunehmender Seßhaftigkeit schrumpfte diese Form der nomadischen Reichweite. Auf der anderen Seite entwickelten oder adaptierten sie während der Seßhaftwerdung einen neuen, schnellen Bootstyp, der parallel zu den Hausbooten verwendet wurde. Hierfür muß es eine Ursache gegeben haben. Die vinta sorgte dank ihrer Schnelligkeit für größere Reichweiten. Solche können durch Handelsbeziehungen evoziert worden sein. Da die vinta eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts ist, kann eine nachträgliche Anpassung der genutzten Bootstypen an eine vorhergegangene Strukturänderung vermutet werden. Die Lebensumstände änderten sich so, daß die Reichweite der nomadischen Lebensweise schrumpfte – beispielsweise durch die Konzentration auf trepang-Fanggebiete –, die Änderung jedoch gleichzeitig eine schnellere Überbrückung größerer Entfernungen nötig machte, möglicherweise zur Vermarktung ihrer Produkte.
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Indizien für Handelsnetzwerke der Bajau Die Fischerei bildete die Lebensgrundlage der Bajau. Zunächst diente sie der eigenen Subsistenzsicherung und gehörte insofern zum Alltagsleben der autonomen familialen Bootshaushalte. Darüber hinaus bestanden kollektive Organisationsformen des Fischfangs. In seichten Gewässern wurden Fische und andere Meerestiere in gemeinschaftlich aufgespannte Großnetze getrieben. Solche Treibjagden brachten Fischvorräte für eine ganze Sippe, einen ganzen Clan oder eine Dorfgemeinschaft ein. Darüber hinaus dienten sie der Gewinnung von Waren für den Tauschhandel. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Bajau blieb nicht auf den Fischfang beschränkt. Thomas Forrest weiß aus dem 18. Jahrhundert von weiteren Wirtschaftsaktivitäten zu berichten. Die Bajau am Pasir-Fluß betrieben nicht nur Fisch- und Schrimpsfang, sondern verarbeiten ihren Fang zu einer Paste „with a strong smell, called blatchong, much in request all over India.“673 An gleicher Stelle erwähnt Thomas Forrest, daß sie auch eine Salzgewinnung betrieben. In beiden Fällen handelte es sich um Exportgüter, die eines Handels bedurften. Forrest bezeichnet die Gruppen, die solchen Tätigkeiten nachgingen, als „fixt or stationary“. Zudem bermerkte er über Nordwest-Kalimantan, daß dort siedelnde Bajau Küstenhandel in kleinen Booten betrieben, wobei sie neben Fisch auch Salz, Reis, Früchte und andere Lebensmittel im Angebot hatten.674 Zumindest in Ansätze betrieben die Bajau also auch einige Gewerbe. Dabei kam durchaus auch eine Exportorientierung zum Ausdruck. Die Möglichkeiten, die ihnen ihr Lebensraum bot, wurden konsequent ausgenutzt, auch über das rein maritime Leben hinaus. Allerdings verstärkte dies offenbar deutlich die Tendenz zur Seßhaftwerdung. Mit der steigenden Nachfrage vor allem durch Chinesen im Laufe des 18. Jahrhundert trat mehr und mehr die trepang-Fischerei in den Mittelpunkt des Wirtschaftlebens der Bajau. Noch in den Berichten aus dem späten 17. Jahrhundert, auf die sich François Valentijn stützt, findet sich kein Hinweis auf einen trepang-Fang, der von Seenomaden durchgeführt worden wäre. Während des folgenden Jahrhunderts entwickelte sich dieser Fischereizweig jedoch zum wesentlichen Wirtschaftssektor etlicher Bajau-Gruppen. Wenn diese Entwicklung nicht sogar den Prozeß der Seßhaftwerdung beschleunigte, dann führte sie zumindest zur Einschränkung der nomadischen Reichweite, da sich das Leben der beteiligten Bajau zunehmend auf besonders ertragreiche trepang-Gründe konzentrierte. Gleichzeitig ist eine gewisse Aus673 FORREST, Voyage to New Guinea, 372. 674 Ebd., 373 und 374.
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richtung auf den trepang-Umschlagplatz Makassar und die dort mit trepang handelnden Nationen zu beobachten. So betrieben an der Bungku-Küste und zwischen den Banggai-Inseln Bajau, Bugis und Makassaren nebeneinander kommerziellen Fischfang, wobei die Bajau vor allem mit der trepang-Fischerei beschäftigt waren.675 Auch in der ENI werden die trepang-Handelsaktivitäten der Bajau im Südosten von Sulawesi betont: „In Z.O. richting verder gaande naar den Banggai-archipel vinden we wederom Badjo’s, tripang en schildpat vangende die zij aan Boegineezen en Chineezen, welke daartoe van Makassar komen, inruilen. Vroeger bedroeg het aantal Badjoreezen prauwen, die jaarlijks op Banggai aankwamen 100 tot 150, met ongeveer 600 pikol tripang an 12 pikol schildpat; later is dat aanzienlijk vermindered.“676
Es bestand eine weitgehende Beteiligung der Bajau am Handel mit den von ihnen eingebrachten Seegurkenfängen. Nicht nur die Versorgung der makassarischen oder buginesischen Ankäufer ihrer wichtigsten Ware wurde sichergestellt, sondern auch ein direkter Handel mit Chinesen gepflegt, der sich vor allem um trepang drehte. Dabei wurden insbesondere die besten bekannten Sorten ohne Zwischenhändler nach China verkauft.677 Es bestand ein kommerzieller Kontakt zu den Endverbrauchern und damit eine Verbindung bis hinauf auf die zweite Handelsebene. Dies allein würde die Bajau nur am Rande mit den Handelssphären des Malaiischen Archipels in Verbindung bringen, handelte es sich doch lediglich um den Weiterverkauf ihrer eigenen Fischereiprodukte, allerdings hochspezialisiert und weitreichend. Wenn auch die Quellenlage mehr als spärlich ist, gibt es doch den einen oder anderen Hinweis, daß die Bajau auch weitergehende Austauschbeziehungen pflegten. Nicht nur, daß ihre umfassenden kommunikativen Netzwerke sie zu den bestinformiertesten und „schlauesten“ Einwohnern der Region machten, wie der Spanier Francisco Combés, Kleriker in Zamboanga auf den Philippinen, in seiner ausführliche Beschreibung der Philippinen und Sulus von 1667 betont.678 Auch konkrete Handelsbeteiligungen in Bereichen, die eigentlich die VOC zu kontrollieren suchte, deuten sich an. In einem Brief vom 11.9.1732 aus Ternate wird der Herrscher von Patani beschuldigt, mit den Seramern, den Makassaren und den Bajau Handel zu treiben. Die Rede ist von einer großen Zahl von prahus mit rund 300 Mann Besatzung.679 Und unmittelbar aus der Sicht von Fort Rotterdam in Makassar schrieb Gouverneur Josua van Arrewijne ein Jahr später: 675 676 677 678 679
SOPHER, Sea Nomads, 149. Encyclopaedie I, 100/101. VOSMAER, Schiereiland, 116. SOPHER, Sea Nomads, 309. Generale Missiven IX, 8.12.1732, 425.
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„Dese seververs sijn het die de Moluccos besoeken, en met haat kleene vartuijgen somtijd tot 70 en meer in’t getal ontdeckt werden in Tominies binnen boesem, en omtrent de Manado, ook op de papoese eijlanden, en het land der pattamiers, soo als deselve jaarlijx onder den naam van Macassaren, boegineesen en Mandareesen, door gouverneur en raad uijt Ternaten betzl. weden aan dese regering, en gantsch niet oneijge gesuspecteerd voor morshandelaars in E. Comp. dierbare specereijen, om het welke tegen te gaan, ingevolge de respective orders van haar ho. Edelhedens menigmaal in conferentie met de koningen en grooten deser Celebes, soo ernstig en ampel is ge abboucheert, als de secreteriale papieren staande mijn regering op diverse datums konnen bewaarheden, edog van gem vrugt anders dan dat haarl. rondborstige verklaring van dat volk niet te kennen, en haar onderhoorige het swerven sonder passe na dien oort verboden te hebben, te meer d’ E. Comp. regt en magt heeft, om dat pernitieux geboefte allerwegen te vuur en te swaardt te vervolgen, buijten alle bedugting, alsoo den weg om spel daar over te krijgen, met de koningen en grooten van beijde voorn. haven daardoor is afgesneden, en dieselve te meermalen gewenscht hebben, dat schelms geboeste mogt werden agterhaalt en gestraft, ten Exempel van andere, sulx het van d’ E. Comp. alleen afhangt, deselve al verder van dien ort te gedogen of met goed overleg te dempen en uijt roeijen.“680
Als ein Volk, das zumindest für die Europäer weitgehend unsichtbar war, eigneten sich die Bajau besonders gut für den Handel in Sphären, für welche die VOC ein Monopol beanspruchte. Ein Bericht, der auf den Transfer von elf Vorderladergewehren (snaphanen) einschließlich Munition von Goa nach Mangarai berichtet und eine Gruppe Bajau nebst einem Bugis als Verantwortliche bezeichnet, macht sogar ihre Beteiligung am Waffenhandel deutlich.681 Dabei waren sie selten selbst in den europäisch kontrollierten Häfen präsent. Vielmehr pflegten sie häufig vorgelagerte Kontakte mit den seefahrenden Nationen, deren Anwesenheit in diesen Häfen eine Selbstverständlichkeit war. So stellten die Bajau in der Kendari-Bay den Kontakt zu den Makassaren und Bugis her, die vor der Bucht darauf warteten, die regionalen Produkte zum Weiterhandel ankaufen zu können.682 Ganz generell verkauften die Bajau ihre Waren vorzugsweise an Makassaren, die für die Verbreitung über den gesamten westlichen Teil des Malaiischen Archipels sorgten.683 Einige andere Hinweise beziehen sich abermals auf das 19. Jahrhundert, doch sind ältere Wurzeln nicht auszuschließen. So besuchte 1840 eine britische Expedition Sulawesi, die von einem Aufenthalt in dem kleinen, angeblich nur 45 Häuser großen Hafenort Mangara Bombang berichtet. Dort verkehrten neben der seßhaften Bevölkerung auch zahlreiche Bajau, die verschiedene Sorten Schildpatt brachten und ihre Mengen stets der Nachfrage anpaßten.684 Auch hier handelt es sich wahrscheinlich um einen Handelskontakt im Vorfeld der großen Warenumschlagplätze, der die Aktivität der 680 681 682 683 684
ARA Den Haag, Memorie van Overgave, J. van Arrewijne, 21.5.1733, VOC 2285, Macassar, 1. Reg., 118/119. Ebd., VOC 2029, Macassar, 1. Reg., 394. SOPHER, Sea Nomads, 148. VOSMAER, Schiereiland, 126. Journal des James Brooke, zitiert bei SOPHER, Sea Nomads, 147.
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Bajau selbst in Kolonialstädten überflüssig machte. Gleichzeitig handelt es sich um einen Hinweis auf einen nicht-städtischen und nicht-kolonialen Umschlagplatz. Hätte es sich nur um Gelegenheitstausch gehandelt, wäre gerade dieser spezifische Handel der Expedition kaum als berichtenswert aufgefallen. Die Anpassung des Angebots an Schildpatt an die aktuelle Nachfrage spricht dafür, daß es sich um einen bereits etablierten Austausch handelte, der eine Nachfrage weit über die Grenzen des Dorfes hinaus befriedigte. Im 19. Jahrhundert schließlich waren die Bajau auch am „Schmuggel“ von Opium und chinesischen Arbeitskräften von Kalimantan auf die Philippinen beteiligt.685 Auch hierbei wurden ihre spezifischen Kompetenzen und Ortskenntnisse für einen Handel eingesetzt, der über die lokalen Vernetzungen auf der vierten Handelsebene hinaus gingen.
Die Bajau und die dritte Ebene des Handels In seiner umfassenden Darstellung sämtlicher Seenomaden der südostasiatischen Gewässer kommt David Sopher hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung im westlichen Indonesien zu folgendem abschließendes Urteil: „All of this implies a seafaring activity that is much wider in range and more clearly commercial in nature than that of the sea folk in the western archipelago. In many cases, however, the people involved are far from being simple sea nomads.“686
In dieser Allgemeinheit trifft das Urteil sicherlich ebenso auf die Bajau zu. Sie bildeten in erster Linie grundlegende, kleine Netzwerke auf der vierten Handelsebene. Insbesondere die Fischerei von Meeresprodukten, die wichtige kommerzielle Rollen spielten, machte ihre ökonomische Position aus. Dies gilt auch und gerade hinsichtlich Makassars. Besonders hervorzuheben sind dabei trepang und Schildpatt – Luxusgüter, die einen Wert erreichten und, für bestimmte Beteiligte, eine Bedeutung erlangten, die es nicht mehr erlauben, sie als Marginalien des maritimen Handels im Malaiischen Archipels zu betrachten. Insofern ist die Rolle der Bajau ebenfalls nicht unerheblich – weder für die regionale Wirtschaft im allgemeinen noch für den Exporthandel im besonderen. Die Bajau traten durchaus auch als Händler auf. Sie bewegten sich dabei zwischen der dritten und der vierten Ebene. Auf der vierten Ebene blieben sie verhaftet, wenn Kaufleute die Produkte unmittelbar bei ihnen erstanden. Sie ergriffen jedoch selbst die Initiative, beispielsweise als Zulieferer der Makassaren. Je nachdem, wie 685 SOPHER, Sea Nomads, 133. 686 Ebd., 156.
Zur Rolle des Nomadismus im Einflußbereich der VOC
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weit sie ihren Abnehmern entgegenkamen – ob sie nur vor der Bucht wartende Schiffe kontaktierten oder allgemein bekannte Warenumschlagplätze anliefen – bewegten sie sich im indifferenten Übergangsbereich zur dritten Ebene oder auf der dritten Ebene selbst. Gelegentlich reichten, wie beim Handel mit Kaufleuten aus dem chinesischen Kaiserreich, die Kontakte in der konstruierten Systematik der Ebenen sogar weiter, doch unterschied sich der Charakter ihres kaufmännischen Verhaltens dadurch nicht. Daneben darf die Bedeutung ihrer Kommunikationsnetzwerke nicht unterschätzt werden. In den Quellen werden diese als solche zwar kaum erwähnt, doch ergibt sich ihre Existenz allein aus der Kombination der Reichweite ihres Nomadimus mit ihren vielfältigen Kontakten in den einzelnen von ihnen angelaufenen Inselgruppen, vor allem außerhalb der-zentralen Plätze des Archipels. Diese Netzwerke versinnbildlichten nicht nur die üblichen Fahrtrouten der Hausboote, sondern stellten zugleich die Ausbreitungswege von Informationen dar, die für den Handel von großer Bedeutung sein konnten. Insbesondere dann waren Informationen, welche über die europäisch unkontrollierten Wege der Bajau weitergegeben wurden, bedeutsam, wenn „illegaler“, also Handel außerhalb der Kontrolle der Kompanie durchgeführt werden sollte. Solche Netzwerke wurden auch für den eigenen Handel mit den verschiedensten Waren bis hin zu molukkischen Gewürzen genutzt, die bei weitem nicht alle aus eigener Produktion stammten. Lange nach Ende des VOC-Epoche im Archipel führte dies sogar zu einer Spezialisierung der genutzten Bootstypen, als schnellere, für die Überbrückung größerer Handelsstrecken besser geeignete Fahrzeuge neben die traditionellen Hausboote traten. Das langfristig wichtigste Produkt trepang stammte allerdings aus der ureigensten Tätigkeit der Bajau als Fischer. Dem Handel mit diesem Meeres- und Luxusprodukt kam eine besondere Bedeutung für die Einbindung der Seenomaden in Handelssphären zu, die ihr Zentrum in Makassar hatten. Trepang bildete eine wesentliche Grundlage dafür, daß Makassar auch unter der Herrschaft der VOC wenigstens in eingeschränkten Maßen die Rolle eines Emporium beibehalten konnte. Und die Seenomaden spielten dabei als tragende Säule am Ausgangspunkt der entsprechenden Handelssphäre eine entscheidende Rolle, ohne in der Stadt selbst in Erscheinung treten zu müssen.687 Um diese Rolle einnehmen 687 Zur Bedeutung der Seenomaden für die Entwicklung maritimer Handelsstaaten, also allgemein zu dem Prozeß, der im speziellen an Makassar zu beobachten ist, bemerkt Clifford Sather: „While the origin of the sea nomads remains uncertain, their contribution to the subsequent development of maritime trading states and to the networks of communication and long-distance commerce in which these states were ba-
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
zu können, kam ihnen ihre nomadische Lebensweise auf See zunächst zugute. Allerdings trug die Weiterentwicklung dieser Handelssphäre gleichzeitig zur Verdrängung des Nomadentums und zur Seßhaftwerdung der Bajau bei. Darüber hinaus ergibt sich eine weitere Rückschlußmöglichkeit. Interessanterweise tauchten die Bajau im 18. Jahrhundert häufig dort sehr aktiv auf, wo der Handel Makassars unsichtbar zu werden drohte. Dies ist der Fall bei der maritimen Verbindung zwischen Sulawesi und Kalimantan mit seinen Handelsplätzen in Pasir und Pulo Laut, die in der zweiten Jahrhunderthälfte beinahe völlig aus den Hafenmeisterlisten verschwindet. Und dies ist auch der Fall bei der kleinen, vermeintlich unscheinbaren Insel Bonerate, deren eigentliche Rolle in den regionalen Handelsnetzen aus eben diesen Listen nur indirekt zu erschließen ist, die jedoch ein wichtiges Operationsgebiet der Bajau gewesen zu sein scheint. All dies deutet auf die Einbeziehung der Bajau in makassarische Handelssphären hin, auch wenn sie nicht in den offiziellen Akten der Niederlassung von Fort Rotterdam in Erscheinung treten. Von welcher Funktion und welchem Einflußgrad dabei auszugehen ist, läßt sich nicht immer mit Sicherheit bestimmen, aber eine Rolle der Seenomaden auf der dritten Handelsebene, die nicht unterschätzt werden sollte, liegt hier nahe. Die Behandlung der Bajau an dieser Stelle trotz der geringen Quellenaussagen ist insofern mehr als eine deskriptive Banalität, als daß sie einen wirtschaftlichen Bereich repräsentieren, der wesentliche Handelsgüter lieferte, ohne im Einzugsbereich der VOC zu stehen. Selbstverständlich lieferten auch andere Gruppen, die leicht unter Kompanie-Kontrolle zu bringen waren, solche Güter – verwiesen sei nur auf die Reisbauern in Süd-Sulawesi. Aber es sind eben auch andere Lebensweisen zu berücksichtigen, die für die VOC nicht greifbar wurden, deren Strukturen sich weitab von einer Durchdringung durch die Europäer existierten und dennoch wirtschaftlich bedeutend waren. Und die Zuordnung der Bajau zu Handlungsebenen ist insofern mehr als konzeptionelle Haarspalterei, als daß sie über die Produzentenrolle hinaus auf Grund ihres spezifischen Lebensweges Netzwerke ausbildeten, welche dem von Europa unbeeinflußten Warenhandel zugute kommen konnten, sei es durch die Nutzung ihrer Informationspotentiale oder unmittelbar als Warenweg.
sed is now reasonably well documented. [...] In the process, boat-dwelling mariners not only generated trading wealth and secured and defended the sea lanes essential to this development; the also acted as ‚integrating information-carriers’, linking together subsidiary chiefs and a developing peasantry [...].“ (SATHER, Bajau Laut, 332).
III. Vorherrschaft der VOC und Eigenständigkeit der einheimischen Händler
1. Der heimliche Aufstieg Serams
Die Stellung Serams im traditionellen Molukkenhandel Die Geschichte Serams, der größten der südlichen Molukkeninsel, birgt in der frühen Neuzeit eine Merkwürdigkeit. Es ist unbestreitbar, daß sie in den Bemühungen der Europäer, ihre Hand auf die molukkische Gewürzproduktion zu legen, allenfalls eine nachrangige Rolle spielte. Portugiesen wie Niederländer oder auch Briten unternahmen keine Versuche, eine ihrer befestigten Niederlassungen auf Seram zu etablieren, sondern konzentrierten sich ganz auf die kleineren Insel, seien es die fruchtbaren Vulkaninseln der Nord-Molukken oder die kleinen Archipele Ambon und Banda im Süden der molukkischen Inselwelt. Auch nach der Konsolidierung ihrer Vorherrschaft beschränkten sich die Niederländer darauf, Seram durch eine Reihe von Verträgen mit lokalen Herrschern zu kontrollieren.688 Gleichzeitig ist sich die Forschung jedoch einig, daß spätestens seit Beginn des 17. Jahrhunderts Seram neben Ambon das größte Nelkenanbau und -exportgebiet war, während die Erträge Ternates oder Tidores deutlich zurückgingen.689 Die Frage, warum sich die Europäer um ein solch bedeutendes Anbaugebiet kaum scherten, kann mit besseren Anlegemöglichkeiten oder größerer machtpolitischer Übersichtlichkeit auf den kleineren Inseln nur spekulativ beantwortet werden. Ob die exportorientierte Kultivierung von Gewürznelken zu dieser Zeit von der modernen Wissenschaft überschätzt oder von den zeitgenössischen Vertretern der europäischen Handelsmächte unterschätzt wurde, muß vorerst offen bleiben. Es fällt allerdings auf, daß die Entwicklung Serams hinsichtlich des Gewürzanbaus drei Phasen aufweist. Zur Zeit von Tomé Pires war die Gewürznelkenproduktion von Seram, gleich der von Ambon, „still of little consequence.“690 Als die Portugiesen im frühen 16. Jahrhundert in den Osten des Malaiischen Archipels vordrangen, steuerten sie die 688 Die lokalen Regenten West-Serams standen unter der Oberherrschaft des Sultanates Ternate, das nach Westen ausgerichtet war, während im Osten die Vorherrschaft durch das nach Osten ausgerichtete Sultanat Tidore ausgeübt wurde (ANDAYA, World of Maluku, 84). 689 REID, Expansion and Crisis, 4, 32; MEILINK-ROELOFSZ, Asian Trade, 157, 159. 690 Ebd., 93.
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
beiden Vulkaninseln Ternate und Tidore an, spielten diese doch nicht nur die größte politische Rolle in der Region, sondern mußten nach außen als die exklusiven Anbaugebiete der Gewürznelken erscheinen, die hier zuerst gezielt für den Export kultiviert worden waren. Erst im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts breitete sich deren Kultivierung weiter nach Süden, nach Ambon und Seram aus.691 Schon zuvor war die Insel in die wesentlichen Schiffahrtsrouten des östlichen Malaiischen Archipels integriert. Seram war Bestandteil der Nord-Süd-Route, die Ternate und Tidore mit Banda, Aru und Kei verband, sowie der Ost-West-Route, welche von Neuguinea über Sulawesi und Bali bis nach Java führte. Daneben betand ein kleineres Handelsnetzwerk im Osten Serams, das die Hauptinsel mit Keffing, Seramlaut und Gorong verknüpfte. Eine weitere traditionelle Handelsverbindung führte von Ost-Seram nach Banda und diente vor allem der Versorgung der Muskatinseln. Zudem werden gelegentlich Mutmaßungen geäußert, daß nach der Eroberung Bandas durch die Niederländer Seram dessen Stapelplatzfunktion für den östliche Archipel übernahm.692 Die offenbar hohen Erträge ihrer Nelkenkulturen und die günstige Lage an mehreren wichtigen Handelsrouten brachten zahlreiche Schiffe asiatischer Händler nach Seram. Vor allem waren es Malaiien, Javaner, Bugis und Makassaren, welche die kleinen Siedlungen an der Küste anliefen. Chinesische und europäische Kaufleute fanden sich hingegen kaum ein. Verstärkt wurde diese Entwicklung dadurch, daß die lokalen Herrscher Hilferufe nach Makassar sendeten, als die ersten niederländischen Unternehmungen gegen die seramesischen Nelkenkulturen durchgeführt wurden, und für geleistete Hilfe Handelsfreiheit offerierten.693 Vor allem Javaner und Makassaren folgten diesem Ruf. Der Eindruck drängt sich auf, daß die Niederländer trotz anderslautender Informationen Seram als Exportregion von Gewürznelken erst sehr spät ernst nahmen. Es dauerte bis 1647, daß der zuständige Gouverneur in einem offiziellen Schriftstück Seram neben Hittu auf Ambon als reichsten Platz des Nelkenanbaus bezeichnete.694 Und erst als Ambon in der Lage war, die Nachfrage Europas und Asiens zu befriedigen, begann die VOC systematisch mit Maßnahmen, die Nelkenproduktion auf Seram zu unterbinden, wobei ihr allerdings kaum Erfolg beschieden war.695 691 Auf Seram wurden Gewürznelken vor allem im westlichen Teil kultiviert, während im Osten der Insel Nelken in für den Export kaum interessanten Maßen gediehen (WRIGHT, Monopoly, 9). 692 KNAAP, Kruidnagelen, 53/54. 693 MEILINK-ROELOFSZ, Asian Trade, 212. 694 Memories, Nr. XV, ‚Memorie‘ des Gerard Demmer, 3.9.1647, 180. 695 MEILINK-ROELOFSZ, Asian Trade, 220.
Vorherrschaft der VOC und Eigenständigkeit der einheimischen Händler
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Indizien für den Aufstieg seramesischer Handelsnetzwerke Das 18. Jahrhundert erlebte in dopppelter Hinsicht einen Aufstieg der Gewürzinsel Seram. Einerseits ist eine zunehmende Bedeutung seramesischer Händler zu verzeichnen, die vor allem als „Schmuggler“ in den niederländischen Quellen wiederzufinden sind. Zum anderen entwickelte sich die Insel von einem unkontrollierten Anbaugebiet zu einer regelrechten Drehscheibe des maritimen Warenverkehrs. „The inhabitants are in general hospitable to Europeans, who touch here for refreshments, or to trade. The natives of the neighbouring islands bring beech de mer, bird’s nests, long nutmegs, birds of Paradise, and sago; sometimes spices are smuggled from Banda and Amboyna, and to be procured at reasonable rates; in return for which, they takle coarse blue, white, and red piece-goods, iron, coarse cutlery, looking-glasses &c.“696
Die größte Insel der südlichen Molukken hatte sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, der Zeit der Beschreibung Milburns, regelrecht zu einem regionalen Warenumschlagplatz entwickelt, auch wenn kein zentraler urbaner Handelsplatz bekannt war. Der Warenhandel wurde eher breit gestreut über die Anlegestellen einzelner Dörfer abgewickelt. Dabei kamen nicht nur die eher zufällig und entsprechend selten erhältlichen Gewürze aus Ambon und Banda in den Handel, sondern auch und vor allem die Erträge der eigenen Kulturen. Der „Schmuggel“ der Seefahrer aus OstSeram mit diesen Produkten hatte sich zur Hauptbedrohung der holländischen Niederlassung in Ambon entwickelt. Wann immer die Seramesen in der Lage waren, sich Gewürze zu beschaffen, brachten sie diese zusammen mit anderen Waren wie trepang, Schildpatt, Massoi-Rinde, Papua-Sklaven, bunten exotischen Vögeln, Bernstein oder Perlen nach Bali, Pasir und anderen Handelsplätzen im Westen des Archipels. Auch das östliche Java wurde angelaufen; hier kauften sie im Gegenzug Reis, Feuerwaffen und Textilien, Keramik, Kupferwaren und Seide ein.697 Diese Situation stellte den Endpunkt einer Entwicklung dar, die sich offenbar über die gesamten zwei Jahrhunderte der VOC-Präsenz hinzog. Bereits 1627 erhielt die VOC-Leitung die Meldung, daß Makassaren an der Küste Serams für 120 Real pro bahar Nelken einkauften, bevor 1647 Gouverneur Gerard Demmer die große Bedeutung Serams für den Nelkenanbau in seiner Memorie van Overgave betonte.698 Die Bedeutung diese Bestände wurde so groß, daß in der Generalen Missive vom 25.2.1703 die Forderung erhoben wurde, militärische Einsätze gegen die Gewürzkulturen und Handelsplätz der Nordküste Serams durchzuführen.699 696 MILBURN, Oriental Commerce II, 402. 697 WRIGHT, Monopoly, 6. 698 Bouwstoffen II, Nr. XXIV, Brief des Jan van Gorcum, Gouverneur von Ambon, an den Generalgouverneur, 6.8.1627, 113; Memories, Nr. XV, ‚Memorie‘ des Gerard Demmer, 3.9.1647, 180. 699 Generale Missiven VI, 25.2.1703, 219.
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Seram war nun endgültig in das Blickfeld der VOC geraten und nicht nur ein Dorn im Auge des regionalen Gouverneurs. Man erkannte, daß die Insel neue Anlaufpunkt für die europäische Konkurrenz, die man längst ausgeschaltet zu haben geglaubt hatte, bieten konnte. Parallel dazu mußte Batavia zur Kenntnis nehmen, daß die Seramesen den Vertrieb ihres Reichtums in die eigenen Hände nahmen und spätestens im 18. Jahrhundert Gewürznelken als seefahrende Kaufleute vertrieben. 1715 suchten VOC-Schiffe an Butons Küsten nicht nur vergeblich nach Nelkenbäumen, sondern auch nach Seramesen.700 Weniger wichtig als deren augenblickliche Abwesenheit ist an dieser Quelleninformation, daß man seitens der VOC solche Seeleute dort sicherlich nicht ohne Grund vermutet hatte. Die Suche nach ihnen blieb nicht immer vergebens. Im August 1715 wurde eine prahu pankor und eine kora-kora mit insgesamt 20 Seramesen Besatzung aufgebracht, die 88 Pfund Muskatnüsse, 48 Pfund Gewürznelken und 6 Pfund Macis geladen hatten.701 Angeblich waren diese Waren auf Neuguinea gegen Textilien, Beile und Messer eingetauscht worden. Nur ein Jahr später wird aus Makassar von Kriegszügen gegen Seramesen berichtet, die in den Tukangbesis und in West-Sumbawa mit Muskat und Nelken handelten.702 Unter dem Kommando der Untersteuerleute Godfried Janszoon und Pieter Schilperoord wurde nur ein Jahr später, 1716, eine Expedition gegen seramesische „ongepermitteerde handelaers“ durchgeführt.703 1728 wurden in der Nähe von Makassar zwei in Seram ausgerüstete Schiffe aufgebracht, die neben lontara-Blättern vor allem Nelken und Muskatnüsse geladen hatten und nach Bali unterwegs waren.704 In ihrem „Fahrwasser“ befanden sich auch einige Tamboresen, die ebenfalls aus Sicht der Kompanie illegalen Geschäften nachgingen. Von Seeleuten, die entweder als Schiffsbrüchige aufgenommen oder als Beteiligte von Schmuggelfahrten festgesetzt worden waren, erfuhren die zuständigen VOC-Bediensteten in Makassar ebenfalls von den Aktivitäten der Konkurrenz aus Seram – so zum Beispiel 1726: „Baja Soera, oud 30 jaeren, Loegie, oud 14 jaeren, Watta, oud 22 jaeren alle van Wantje confesseeren als vooren, behalven van den nooten, of Cerams vaerders niet te weeten, buijten dat Watta segtm den 16 a 17 nooten, die den nachoda Tobidia eerst nadatse op E. Comp. pantchiallangs gebragt waren gesien heeft, en ook wel weet dat anno passo., een Cerams vaartuijg met wilde canneel, en masooij op’t eijland Wandje geweest was, sonder tekomen seggen, dat daer mede eenie specerijen aengebragt sijn.“705
700 701 702 703 704 705
Generale Missiven VII, 19.2.1716, 216. ARA Den Haag, Radicaale Beschryving van Macassar, VOC 4852, 19. Ebd., 19/20. Ebd., VOC 1882, Macassar, 69/70. Ebd., Radicaale Beschryving van Macassar, VOC 4852, 20. Ebd., VOC 2029, Macassar, 1. Reg., 393.
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Im November 1727 wurden zwei Personen, die von tamboresischen Gesandten gefangen worden waren, in Fort Rotterdam verhört.706 Kobba und Mojotta waren einfache Männer aus Gorong, die dort mit Tagelöhnerarbeit den Lebensunterhalt ihrer Familien verdienten. Um ihr Einkommen auszubessern, hatten beide auf zwei seramesischen Schiffen mit jeweils 20 bis 25 Mann Besatzung angeheuert. Die beiden Fahrzeuge waren mit Drehbassen und Musketen bewaffnet und befanden sich ezumindest nominell auf der Fahrt nach Bali. Die beiden Männer taten Dienst als einfache Besatzungsmitglieder und erhielten im Gegenzug neben der Heuer das Versprechen, eigene Waren aus ihrer Arbeit verkaufen zu können. Der Kompanie gegenüber versicherten die beiden, von der eigentlichen Ladung der Schiffe, nämlich Gewürznelken und Muskatnüssen, nichts gewußt zu haben. Sie könnten weder Angaben zur Herkunft noch zum Verbleib machen. Der VOC waren von den Tamboranern nur noch geringe beschlagnahmte Mengen übergeben worden; die Gewürze mußten also inzwischen irgendwo gehandelt worden sein. Dies geschah ohne einen entsprechenden Paß der Kompanie für die übrige Ladung der Schiffes. Die beiden Aufgegriffenen konnten nur sagen, daß angeblich die Pässe verweigert worden waren. Offenbar hatten sich die seramesischen Eigner der beiden Schiffe jedoch nicht einmal die Mühe gemacht, der VOC gegenüber als „legaler“ Privatier in Erschienung zu treten. Vor dem Hintergrund solcher Geschehnisse betonte die VOCFührung in Batavia bereits in den 1740er Jahren, daß es vor allem die Seramesen wären, die sich des Schmuggels schuldig machten.707 Für die VOC war der Handel von Seramesen offiziell über Verträge geregelt, die sie mit einer ganzen Reihe regionaler Herrscher an der Küste unterhielt.708 Auch hier war ein Paßsystem festgelegt worden, das den von Seram ausgehenden Handel ab 1717 ganz auf Versorgungsfahrten nach Ambon und Banda beschränkte.709 Die Aktionsschwerpunkte der von Makassar ausgehenden krijstochten sprechen jedoch dafür, daß solche Regelungen nur wenig Durchschlagskraft entfalten konnten. In Makassar mußte man zusehen, daß Gewürzlieferungen aus Seram zu einer regelmäßigen festen Größe wurden und dabei unmittelbar unter den Augen der Kompanie neue, nicht ihrer Kontrolle unterworfene Warenumschlagplätze, insbesondere Bonerate, einbezog.710 706 707 708 709 710
Ebd., VOC 2100, Macassar, 1. Reg, 131-136. Generale Missiven XI, 31.12.1743, 41. ARA Den Haag, Bericht des Gouverneurs von Ambon, 5.8.1771, Collection Hope, Nr. 118, o.P. [3]. Generale Missiven VII, 15.1.1718, 325; WRIGHT, Monopoly, 7. Generale Missiven XI, 31.12.1746, 376.
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Auch der Anbau von Gewürznelken auf Seram war im 18. Jahrhundert alles andere als rückläufig. An der gesamten Südküste der Hauptinsel existieren Nelkenund Muskatpflanzungen, weswegen die Bekriegung der gesamten Region durch die östlichen Gouvernements der VOC als dringend erforderlich angesehen wurde.711 Die in Frage kommenden Küstenstriche von Seram zeichneten sich sowohl durch zahlreiche indigene Siedlungen (negerijen), die als „Schmuggelnester“ diffamiert wurden, als auch durch Riffe und Untiefen vor ihrer Küste aus.712 Die seramesischen Privathändler konnten also in vergleichsweise geschützter Umgebung ihren Geschäften nachgehen. Zugleich provozierten sie dadurch immer wieder größere Militäreinsätze der Kompanie. Ein Bericht des Gouverneurs von Ambon vom 5.8.1771 mag exemplarisch für solche Expeditionen stehen.713 Daß es sich um keinen Einzelfall handelt, betont der Gouverneur gleich zu Beginn mit dem Hinweis, daß bereits 1763 und 1770 vergleichbare Unternehmungen gegen die Seramesen ausgerüstet worden waren. Er muß zugleich eingestehen, daß diese langfristig wenig hatten ausrichten können. Ziele der Aktion von 1771 waren die größeren Siedlungen an der Ambon zugewandten Küste Serams; den Anlaß lieferte eine Ansammlung von zwanzig Junken in einer Bucht dieser Küste, die angeblich den Zweck verfolgte, nach Haruku – der östlichen Nachbarinsel von Ambon – überzusetzen.714 Nachdem die Flotte, die aus vier pencalang, zwischen zwölf und 16 kora-koras sowie 24 bewaffneten Ruderbooten bestand und 50 Soldaten samt Artillerie transportierte, aufgebrochen war, konzentrierte sie ihren Kriegszug im wesentlichen auf das östliche Ende Serams und darüber hinaus auf Keffing, Geser, Seramlaut und schließlich Gorong. In dieser kleinteiligen Inselwelt vermutete die VOC – wohl nicht zu unrecht – die aktivsten und zugleich am wenigsten zugänglichen Zentren seramesischer Handelsnetzwerke. Zwar richtete die Expedition einige Zerstörung an, doch konnte sie letztendlich keine zählbaren Erfolge vorweisen. Auch nach ihrer Rückkehr von den kleinen Inseln östlich Serams, als sie sich von Siedlung zu Siedlung die Küste der Hauptinsel entlangarbeitete, wurde sie kaum erfolgreicher. Die vermeintlichen Schmuggler verstanden es in den meisten Fällen, sich selbst, ihre Schiffe und ihre Waren rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Lediglich einige Nelken- oder Muskatplantagen konnten auf solchen 711 712 713 714
ARA Den Haag, Radicaale Beschryving van Macassar, VOC 4852, 20. Ebd., Bericht des Gouverneurs von Ambon, 5.8.1771, Collection Hope, Nr. 118, o.P. [5]. Ebd., o.P. [1-17]. Der Begriff ‚Junke’ dürfte hier allgemein für Wasserfahrzeuge verwandt worden sein; auf Seram waren wie in den gesamten Molukken keine Schiffe, die chinesischen Einfluß aufwiesen, gebräuchlich.
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Fahrten zerstört werden, doch bestanden vor allem im Landesinneren zahlreiche weitere Pflanzungen, so daß solche Zerstörungen nicht die Kulturen auf Seram insgesamt in Frage stellen konnten. Daß seramesische Händler in den aufgesuchten Orten ansässig und aktiv waren, beweist schon die bloße Existenz solcher Kriegszüge und der Aufwand, zu dem sich die VOC immer wieder veranlaßt sah. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhunderts hatte sich Seram als Handelsplatz für molukkische Gewürze etabliert. Die zeitgenössischen Handbüchern zum asiatischen Handel, zu deren umfassendsten Vertretern der ‚Oriental Commerce’ von William Milburns zählte, beschränkten sich nicht mehr auf die niederländischen Kontore, sondern gaben detaillierte Informationen zum Handel aus Seram selbst an den interessierten Leser weiter. So war zu erfahren, daß in Seram zu dieser Zeit Gewürznelken für 45 bis 60 Reichstaler das pikul, Macis und Muskatnüsse für einen Taler pro katti oder 100 Taler pro pikul gehandelt wurden, und daß die sogenannten „long nutmegs“ als minderwertigere Ausweichsware zwischen zwölf und 15 Reichstalern kosteten.715 Ihre Handelskontakte verbanden die Seramesen inzwischen vor allem mit den Bugis, die ihre Spitzenposition im einheimischen Handel zur See hatten konsolidieren können, aber auch mit anderen Seefahrern aus dem Westen des Archipels. Die Mehrheit der von ihnen verkauften Gewürze gelangte nach China und Indien.716 Mit den Bugis und ihren seramesischen Handelspartnern hatten einheimische Konkurrenten die Niederländer aus dem für sie einstmals so lukrativen ‚country trade’ verdrängt.
2. Ein Monopol wird unterlaufen
Um und in Makassar Es ist nicht nötig, in weiter Entfernung von Makassar zu suchen, um auf Plätze zu stoßen, an denen einheimische Händler die Kontrollbestimmungen der VOC unterliefen. Sie schreckten nicht davor zurück, auch in unmittelbarer Nähe oder gar im Stadtgebiet selbst neue Handelsplätze entstehen zu lassen, die zumindest eine teilweise Aufrechterhaltung alter Handelsverbindungen ermöglichten. Unter dem Druck der Kompanie kam es vielfach nur zu geographischen Verschiebungen der 715 MILBURN, Oriental Commerce II, 402. 716 WRIGHT, Monopoly, 6/7.
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Diaspora, Nomadismus und die Verschiebung der Netze
Knotenpunkte im Netzwerk, wodurch die Funktionsfäigkeit des Netzes selbst noch nicht beeinträchtigt worden sein muß. Und auch die geographische Veränderung scheint teilweise eher gering gewesen zu sein. Die indigenen Kaufleute wußten um das eingeschränkte Potential der VOC, die von ihr beanspruchte Kontrolle überall und stets durchzusetzen. Andererseits blieben ihre Ausweichplätze der Kompanie gegenüber nicht geheim. Ein kenntnisreicher Gouverneur wie Josua van Arrewijne hatte von so manchem schuijlnest Kenntnis, ohne wirklich etwas dagegen unternehmen zu können. Sein ÜbergabeMemorandum aus dem Jahr 1733 enthält manchen Hinweis in diese Richtung: „[...] en dat Soreang of Padang Padang een van de eerste en schadelijkste schuijlnesten is, daar de boijers een eijge thol heck of sabandareij haar aan matigen, is reets ten deele hier voorwaards aangewesen, en allenthalven genoeg bekent, door dien er somtijds dertig en meer bequaame inlandsche handel vaartuijgen ter rheede leggen.“717
Neben kleineren Hafenorten wie das von ihm mehrfach erfolglos bekämpfte Padang Padang machten vor allem die zahlreichen Inseln vor der Küste Süd-Sulawesis Josua van Arrewijne Kopfzerbrechen: „De Eijlanden hier om her bewoond en onbewoond zijn, almede schuijl plaatsen voor rovers. en licentientje swervers, waarom deselve ook nu en dan dienen besogt, insonderheijt Saboeton daar eenige maleijers en Toradjenners woonen onder pretext van zee groente of agar agar te vissen en verkoopen want dit Eijland mat de daarom her gelege kleender dito tegens over sagerie en siang os bequaam, en heeft ook menig maal gedient, om vaartuijgen met off sonder pasa van Batavia, banjer, Passir, en Coete of de Mandaar aankomende met verbode wharen te lossen, en die goederen met haar kleene visch prauwtjes over te brengen in den Campong Boegis, off binnen de rivieren van Goa en Tello en soo vervolgens de geheele noorder provintien langs, van waarse dan in retour weder rijst, en andere sunijstereij tot mond kost, en ook wel andere goederen aanbrengen, om die swervers op nieuw mede uijt te nutsen, en veroorsaken datse macassar en dies sabandareij niet eens benodigen,[...].“718
Die Eigentumsverhältnisse der vorgelagerten Inseln waren umstritten. Der König von Goa beanspruchte sie für sich, doch die VOC pochte auf gültige Verträge und bestand darauf, daß sie zu ihrem unmittelbaren Herrschaftsgebiet in Süd-Sulawesis zählten.719 Im einzelnen ist die Zuordnung der kleinen Eilande heute kaum noch möglich. Namentlich spricht van Arrewijne lediglich eine Insel namens Sabuton an, da es sich wohl um die wichtigste ihm erwähnte handelte. Aus anderen Zusammenhängen ist bekannt, daß zumindest im 19. Jahrhundert die kleine Insel Barrang Lompo unmittelbar vor Makassar die Rolle eines Warenumschlagplatzes spielte.720 717 718 719 720
ARA Den Haag, Memorie van Overgave, J. van Arrewijne, 21.5.1733, VOC 2285, Macassar, 1. Reg, 151/152. Ebd., 153/154. Ebd., 154. MACKNIGHT, Early Maritime Trade, 201/202.
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Mit Sicherheit war aber auch eine ganze Reihe anderer Inseln in unmittelbarer Sichtweite von Makassar zu Warenumschlagplätzen geworden. Zumeist handelte es sich um kleinere Inseln mit geringerer Bedeutung im Warenhandel und mit geringer Reichweite. Josua van Arrewijne spricht jedoch auch von Verbindungen zu Regionen auf Sulawesi (Mandhar) und auf Kalimantan (Pasir, Kutai), die in den offiziellen Hafenmeisterlisten zu seiner Zeit kaum mehr eine Rolle spielten, sowie von Kontakten nach Batavia. Zudem hielte sich in den Buchten von Tomini und Kaili im Norden Malaiien, Bugis und Seefahrer aus Kalimantan ohne Pässe auf.721 Solche Inseln und Buchten wurden auch von jenen Gruppen genutzt, die im Hafen von Makassar nicht offiziell in Erscheinung traten. Neben Malaiien erwähnt van Arrewijne auf Sabuton die „Torajenne“, also die Bajau. Außerdem legt die Verbindung nach Mandhar Aktivitäten der dortigen Seefahrer nahe. Auch die Verbindung des inoffiziellen Handels nach Makassar selbst war den Vertretern der VOC bekannt. Josua van Arrewijne erwähnt neben den für europäische Schiffe kaum befahrbaren Flüssen Goa und Tallo an erster Stelle den kampung der Bugis, welcher der VOC-Administration besondere Schwierigkeiten bereitete. In keinem der zentraleren Stadtquartiere war ihre Machtausübung weniger ausgeprägt, in keinem wurde sie weniger anerkannt, teilweise sogar verlacht. Und in keinem anderen herrschte eine wirtschaftliche Aktivität von solcher Bedeutung, die jedoch völlig gegen die Zulassungspolitik der Kompanie gerichtet war. Welche Waren hier umgeschlagen wurden, ist teilweise bruchstückhaft, teilweise nur gerüchteweise überliefert. Die VOC wußte von Gewürz- und Opiumhandel in diesem wie auch in anderen entlegeneren Vierteln, ohne daß der Umfang des Warenumschlages bekannt wäre. Im allgemeinen kann davon ausgegangen werden, daß vor dem Hintergrund der völligen Missachtung niederländischer Autorität auch keine Einschränkungen der gesamten Warenpalette auf dem Markt des kampung vorgenommen wurden. Neben den erwähnten faktisch monopolisierten Produkten dürften alle Arten von Textilien, Nahrungs- und Genußmitteln sowie Gebrauchsgegenständen umgeschlagen worden sein. Nicht nur der kampung der Bugis im Norden der Stadt spielte eine solche Rolle. In der Memorie van Overgave des Cornelis Sinkelaer findet sich ein weiterer in Makassar gelegener Handelsplatz, der sich im Süden des Forts Rotterdam befand: „Het geene aanleijding gegeven heeft tot deese voorslag is geweest de gestaadige moeijlijkheeden die men hat, met de sluijkerijen de gepleegd wierden op Sampong, Java, een stuks lands, leggende bezuijden dit Casteel 721 ARA Den Haag, Memorie van Overgave, Joan F. Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 112.
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aan de boord van Goa’s Rivier, behoorende in Eijgendom aan de Comp., dog op versoek ter leen aan de Macassaareen vergund, alwaar van tijd tot tijd allerhanden soorten van slegt volkje sig hadde versameld, en een meenigte Saguweer, kroegen en Amphoien kitten opgeregt habbe, en dewijl daar ook een passen was, so trok dit daagelijk veel soldaten derwaards die zig dan te buijten gingen inden daark, alle soorten van moed wil bedreeven en niet selden dat vermaak met de dood meesten boeten; buijten dit was het en zeer bequaame sluijknest principaal voor de mandhareesen, die daar in het voor bij vaaren gewend waeren aan te gieren en haare vaarthuijgen te ontlossen, waar van men somtijds woel een de weet kreeg,[...]“722
Um diesen Platz entbrannte ein langandauernder Streit, bei dem die VOC abermals auf ihre Eigentumsrechte pochte, während die Makassaren darum kämpften, ihn für ihre Zwecke weiter nutzen zu dürfen. Sinkelaer kam ihnen schließlich insofern entgegen, daß er ihnen den Platz unter der Bedingung überließ, dort nur noch Paddy anzupflanzen. Er berichtete seinem Nachfolger, er hätte Sorge dafür getragen, daß es auch dabei bliebe und dort niemals mehr Häuser entstanden.723 Offenbar dauerte es beinahe ein Jahrhundert – Sinkelaer schrieb sein Memorandum genau hundert Jahre nach dem Vertrag von Bongaya – bis die VOC diesen einen „illegalen“ Warenumschlagplatz von vielen in der Stadt unter Kontrolle bringen konnte.
Mandhar Von den seefahrenden Nationen Sulawesis und der umliegenden Inseln und Gewässer wurden in den Hafenmeisterlisten Makassars, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, nur Bugis, einschließlich der Wajos, und Makassaren, einschließlich der Glissonder, verzeichnet. Nicht einmal die nahe siedelnden Mandhar, deren Schiffstypen wie die prahu pankor in Makassar teilweise adaptiert wurden, oder die in allen umliegenden Gewässern beheimateten Bajau treten in Erscheinung, von Völkern wie den Minahasa aus Nord-Sulawesi ganz zu schweigen. Doch Berichte von VOCBeamten zeigen gelegentlich, daß sie sich deswegen noch nicht völlig von der Stadt und ihrem Umland ferngehalten haben müssen. Cornelis Sinkelaer erwähnt in seiner Memorie van Overgave einen südlich von Fort Rotterdam gelegenen Ankerplatz, der besonders „bequaam“ von den Mandhar frequentiert wurde.724 Und François Valentijn beschreibt eine für die Seefahrt außerordentlich günstige Bucht zwischen Makassar und dem Einflußgebiet Mandhars, welche er mit dem Namen „Badjoekike“ belegt.725 Die Nähe dieses Namens zu den Bajau ist sicherlich kein Zufall, sondern 722 723 724 725
Ebd., Memorie van Overgave, Cornelis Sinkelaer, 6.4.1767, VOC 11254, 18/19. Ebd., 19/20. Ebd., 18. VALENTIJN, Oost-Indiën III, 110/111.
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weist auf die ursprünglichen Nutzer dieser Bucht hin. Da Valentijn diesen Ort im Zusammenhang mit Handelsfahrzeugen anführt, ist durchaus naheliegend, daß auch die Bajau am Warenhandel beteiligt waren. Insgesamt war der kommerzielle Seeverkehr in und um Makassar in ethnischer Hinsicht eindeutig bunter, als es die Hafenmeisterlisten nahelegen. Ein weiteres Beispiel wirft ein Schlaglicht auf die regionale Bedeutung der Mandhar im maritimen Handelsverkehr. Kokosnüsse stellten auch in Makassar ein nicht zu vernachlässigendes Handelsprodukt dar. Zwar unterhielt Makassars im privaten Handel Kontakte nach Kaili, einem der wichtigsten Herkunftsgebiete im näheren Umkreis, jedoch ergibt sich in dessen Rekonstruktion auf Grundlage der Paßvergabe keine sichtliche Verbindung zu den am Kokoshandel wesentlich beteiligten Mandhar. Daß dies in der Realität außerhalb der Hafenmeisterlisten anders aussah, war beispielsweise Josua van Arrewijne wohlbekannt.726 Der mandharesische Kokosnußhandel stellte vor allem eine Verbindung zwischen sulawesischen Regionen, die nicht unter Herrschaft der VOC standen, und Java her. Dort verknüpfte sich der vordergründig wenig bedeutende Handel mit Kokosnüssen und Kopra mit anderen Handelssphären wie Opium, Textilien, Eisenwaren, Blei, Porzellan und Sklaven. Die Mandhar beschränkten sich also bei weitem nicht auf den Austausch einheimischer Nahrungsmittel, an denen die Kompanie begreiflicherweise kein sonderliches Interesse hatte. Sie blieben dabei wenig kontrollierbar und achteten stets, trotz formeller Oberherrschaft Bonés, auf ihre Autonomie. Weder Visitationen durch pencalangs der VOC noch die Aktivitäten der berüchtigten Seeräuber Arung Sinkang und Toassa in der Straße von Makassar konnten sie davon abhalten. Die Berichte von Cornelis Sinkelaer gehen noch weiter und beklagen generell die Beteiligung der Mandhar an den Handelssphären, welche die VOC für sich allein beanspruchte, sowie insbesondere am Opiumhandel. Sie schreiben ihnen eine tragende Rolle im – je nach Sichtweise – Schmuggelhandel, informellen Sektor oder unkontrollierten Privathandel zu.727 Weder die VOC noch das Königreich Boné konnten die Mandhar auf Dauer zurückdrängen. Boné sah sich sogar genötigt, bei der Kompanie um Unterstützung nachzusuchen. Für diese waren die Mandhar inzwischen zu einem vor nichts zurückschreckenden Gegner herangereift, hatten sie doch sogar 1763 einen zu Ternate gehörenden niederländischen Stützpunkt erobert. Alles in allem zeichnet sich eher eine Ausdehnung als eine erfolgreiche Bekämpfung 726 ARA Den Haag, Memorie van Overgave, J. van Arrewijne, 21.5.1733, VOC 2285, Macassar, 1. Reg, 154-157. 727 Ebd., Memorie van Overgave, Cornelis Sinkelaer, 6.4.1767, VOC 11254, 23/24.
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der Mandhar ab, die sich nicht auf den Transport größerer Schiffsladungen von Kokosnüssen beschränken ließen, sondern beständig und nicht ohne Erfolg versuchten, einen Anteil am lukrativen Handel mit Pfeffer, den molukkischen Gewürzen und Opium zu erobern.
Buton und die Tukangbesis Buton war nicht nur ein enger und vergleichsweise verläßlicher Bündnispartner der VOC, sondern hatte auch wirtschaftliche Bedeutung. Dies bezieht sich sowohl auf agrarische und gewerbliche Produktionsstätten im weitesten Sinne als auch auf Handels- oder Transportwege im unmittelbaren Einflußbereich des Herrschers. Das produziernde Gewerbe des Inselreiches stellte eine Reihe an Waren bereit, die im einheimischen Privathandel beständig zu finden waren. Buton war zum einen der Herkunftsort von Textilien; neben zaleijerschen und bugineesen machten auch butonsche kleeden einen wichtigen Bestandteil der regional produzierten Tuche aus. Zum anderen wurden kunstgewerblicher Gegenstände wie butonschen kistjes gefertigt, die in Makassar begehrte Handelsobjekte waren. Beide Sphären zählten in Makassar zu dem „legalen“ Handelsbereich. Betrachtet man den agrarischen Bereich, steht die Feststellung im Vordergrund, daß Buton zu den weniger begünstigten Inseln der Region gehörte.728 Reisanbau war nicht möglich; statt dessen wurde Sago für den Eigenbedarf angebaut. Allerdings waren die Verhältnisse gut genug, um die Errichtung eigener Gewürzkulturen zu wagen. Buton war immer wieder Ziel von Expeditionen, die der Vernichtung von Nelken- und Muskatbäumen dienten. Nicht selten beteiligte sich der Herrscher von Buton mit eigenen Kräften.729 Die Erfolge blieben allerdings gering, die Zahl der zerstörten Bäume niedrig und die Häufigkeit der Meldungen, daß keine fruchttragenden Bäume gefunden werden konnten, hoch. Neben Ost-Java, Bali, Sumbawa und der südöstlichen Ecke Süd-Sulawesis gehörte Buton zudem zu den Baumwollanbaugebieten des Malaiischen Archipels, die in der Lage waren, einen Teil ihrer Erträge zu exportieren.730 Die Möglichkeit Baumwolle anzubauen bildete die Grundlage für eine eigene, auch exportorientierte Textilproduktion. Hinsichtlich des Handels und des Verkehrs ist vor allem auf die Straße von Buton zu blicken. 1686 brachte ein Bürger Nelken nach Ambon; zwei weitere Fahr728 REID, Land below the Winds, 19. 729 LOTEN, Memorie, 25. 730 REID, Land below the Winds, 91.
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zeuge kamen mit Textilien aus Johor, um Sklaven zu erstehen.731 Berichte aus Makassar vom April 1689 und von 1690 sprechen von Schiffen mit Gewürznelken in der Meerenge zwischen Buton und der südöstlichen Halbinsel Sulawesis.732 Auch Cornelis Sinkelaer wies seinen Nachfolger in seinem Übergabe-Memorandum darauf hin, daß die Straße von Buton häufig von „illegalen“ Händlern benutzt wurde. Allerdings betonte er auch, daß es zur Zeit nicht ratsam wäre, Schaluppen dorthin zu schicken, da der Friedensschluß gerade erst erneuert worden war.733 Zuvor hatte bereits die Radicaale Beschryvinge Beispeile aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts überliefert, die ebenfalls die Straße von Buton als Seeweg von Schiffen ohne Pässe der VOC beschreiben und auch den Hafen von Buton in diese Verbindung einbeziehen.734 Dabei spielt dieser Seeweg ausdrücklich für die Fahrt von Timor nach Makassar und Süd-Sulawesi eine wichtige Rolle. Noch bedeutender war diese Seestraße für die Verbindung zwischen SüdSulawesi und der Inselwelt des Tukanbesi-Archipels, insbesondere für den privaten Handel im späten 17. und im 18. Jahrhundert, der den Kontrollen der VOC entgehen wollte. Nicht aus Zufall führten zahlreiche Kontroll- und Kriegsfahrten von Makassar zu den Tukangbesis.735 Einerseits war der kleine Korallenarchipel unmittelbar östlich von Buton Schauplatz des Handels mit diversen Produkten, den die Kompanie zumindest duldete. So wurden 1676 zwei Schiffe, bemannt mit Butonesen und Bugis, in den Tukanbesis aufgebracht, die mit Paddy, Textilien und cramerijen beladen waren und die an der Ostspitze Serams gelegene Insel Keffing als Ziel hatte.736 Wäre es bei derartigen Handelssphären geblieben, wäre den Tukangbesis kaum eine größere Bedeutung zuzugestehen als den meisten anderen Inseln im weiten Malaiischen Archipel. Aber sie spielten offenbar auch im privaten Gewürzhandel eine nicht zu unterschätzenden Rolle, begünstigt durch ihre geographische Lage und ihre Beschaffenheit als von Riffen und Untiefen bestimmtes Archipel, das Fremden nur schwer zugänglich war. Diese Bedeutung war groß genug, daß auch führenden Kräften der VOC entsprechende Vorfälle zur Kenntnis kamen. Auf höchster Ebene, in den Generalen Missiven, wurde 1688 berichtet: 731 732 733 734 735
Generale Missiven V, 13.12.1686, 36. Ebd., 9.2.1693, 575. ARA Den Haag, Memorie van Overgave, Cornelis Sinkelaer, 6.4.1767, VOC 11254, 25/26. Ebd., Radicaale Beschryving van Macassar, VOC 4852, 20/21. So 1675 unter Korporal Nicolas Martijn (ARA Den Haag, VOC 1312, Macassar, 2164-2190), 1691 unter Korporal Jacob Seleni (ebd., VOC 1497, Macassar, 652v-655v) oder 1707, 1708 und 1709 unter Sergeant Jan Swanevelt (ebd., VOC 1759, Macassar, 147-169, VOC 1775, Macassar, 1. Reg., 252-283, 2. Reg., 84114), um nur die umfassend überlieferten Aktionen zu nennen. 736 Generale Missiven IV, 28.11.1676, 127.
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„Het verongelukken van het vaartuig van den Christen-Chinees Paul Hoenko aen de Toukabessies, dewelke gesuspecteert is, dat hij de gesloken specerijen wel mogte verkogt en moedwillens zijn vaartuyg verzeylt hebben om zig des te beter te konnen verschonen, dog bij enqueste isser bevonden, dat lang na’t blijven van desselfs vaartuyg aldaer nagelen op de merkt verkogt zijn, des haer ed. hem dienaangaende voor onschuldig hielden.“737
Das Vorgehen der Kompanie gegen den privaten Gewürzhandel führte ihre kleinen Kriegsboote immer wieder in das Tukangbesi-Archipel. Im Zusammenhang mit einem intensiven Gewürzhandel von Seramesen wird 1716 neben Alas an der Nordwest-Küste Sumbawas vor allem Kaledupa im Tukangbesi-Archipel erwähnt.738 Hier wird der Stellenwert dieser Insel als Handelszentrum im Herzen der Tukangbesis deutlich. Bereits 1692 ist dem Reisebericht eines Korporals, der sich durch den Archipel quälte, zu entnehmen, daß sich auf Kaledupa mehrere nachodas von Selayar trafen, die allerdings über gültige Pässe verfügten.739 Ein von der VOC aufgebrachter und verhörter buginesischer nachoda einer prahu biru und ein Kapitän aus Kaidupa selbst berichteten 1726 von ihren regelmäßigen Fahrten nach Kaidupa zum Einkauf von Kokosnüssen, die sie in verschiedenen Häfen Sumbawas gegen Paddy und Reis eintauschte, um diesen wiederum nach Kaidupa zu bringen.740 Diese Fahrten verstießen zwar nicht hinsichtlich der beförderten Waren gegen die Regelungen der VOC, doch wurden sie ohne einen entsprechende Paß durchgeführt. Dies zeigt die Vielfältigkeit des Handels, der sich innerhalb der Tukangbesis auf die Insel Kaledupa konzentrierte, und rechtfertigt deren Einschätzung als regionales Handelszentrum. Nicht gerechtfertigt werden konnte auf diese Weise das militärische Eingreifen der VOC. Die Kompanie wurde erst durch den Umstand, daß sie dort ein wesentliches Tätigkeitsgebiet von „Gewürzschmugglern“ vermuteten, in die unübersichtliche Welt der Korallenriffe gelockt. Daß ihre entsprechenden Expeditionen häufig ohne greifbare Erfolge blieben, hat sicherlich weniger damit zu tun, daß die Einschätzung der VOC falsch war – sonst hätte sie spätestens nach dem einen oder anderen Jahrzehnt diese Bemühungen wieder eingestellt – sondern daß die sluijkerhandelaers über eindeutig bessere Ortkenntnisse verfügten, die sie in die Lage versetzten, die ausgezeichneten Versteckmöglichkeiten des Archipels zu nutzen.
737 Generale Missiven V, 27.12.1688, 199. 738 ARA Den Haag, Radicaale Beschryving van Macassar, VOC 4852, 19/20. 739 Ebd., Bericht des Corporal Joost Ebbenigh über seine Reise nach Buton und zu den Tukanbesi-Inseln, VOC 1535, Macassar, 534/534v. 740 Ebd., VOC 2029, Macassar, 1. Reg., 393/394 und 396. Im gleichen Befragungsprotokoll bestätigt ein Bugis den regelmäßigen Kokosnusshandel der Tukangbesis allgemein mit Sumbawa (ebd., 392/393).
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In weiterer Ferne Die Untersuchung der Situation von der Eroberung Makassars hat gezeigt, daß bereits während die VOC ihr faktisches Marktmonopol in den Molukken erst aufbaute und konsolidierte Gewürznelken und Muskatnüsse auch an anderen Orten des östlichen Indonesiens gediehen und erhältlich waren. Kleinere Inselgruppen wie Kai, Aru oder Leti im Südosten oder Süden der Molukken traten hierbei in Erscheinung. Grundlegendes scheint sich daran auch nach der Kontrolle über Makassar und der Festigung ihrer Stellung in den Molukken durch die VOC nicht geändert zu haben. 1701 drangen Nachrichten nach Batavia vor, daß in Europa Gewürze aus unbekannten Teilen der Gewürzinseln von Ausländern verkauft wurden.741 Spezereien aus Anbaugebieten, die nicht der Kompanie unterstanden oder dieser gar nicht bekannt waren, wurden nicht nur von privaten asiatischen Händlern aufgekauft und der innerasiatischen Nachfrage zugeführt, sondern fanden tatsächlich ihren Weg bis nach Europa. Neu ins Blickfeld geriet dabei die bis dahin wenig beachtete Insel Neuguinea (Irian). Die VOC mutmaßte, daß insbesondere in ihrem Distrikt Onin von Papuas Gewürze angebaut wurden. Sie unternahm allerdings keine größeren Maßnahmen dagegen, sondern insistierte nur gelegentlich beim König von Tidore, daß er nach Vertragslage zur Exstirpation von Gewürzpflanzen auf Irian verpflichtet war.742 Die niederländischen Vermutungen wurden von britischer Seite bestätigt und sogar noch erweitert. Alexander Dalrymple berichtet von einem Augenzeugen, dem er auf seiner Reise durch das Sulu-Archipel begegnete: „A very sensible old men, whom I met at Sooloo in 1762, informed me that he had, many years ago, made seven voyages to Papua for sea-slugs, or becha-de-mar, which they do not purchase, but gather themselves. The people of Sallywatty [d.i. Salawati], on the south side of the Pitt’s strait, have many small cloves, which are the best, and nutmegs also: the natives are not to be trusted: some are Mohametans, and undestand the Malayo language; others are savage; but both treacherous: these islands are very populous; and in his opinion a ship might get a lading in three or four months: the free-burghers of Ternaté trade thither. At Wygeeüe [d.i. Waigeo] there is a fine harbour; the water within looks white, but is of good depth, from fifteen to five fathoms: there is much sea-slug, birds-nest, tortoise-shell, and teepye; but the natives are not divers. He had been informed there are also cloves at Wygeeüe, but never was ashore there.“743
Der alte Gewährsmann Dalrymples bestätigte nicht nur, daß über die Hauptinsel Irian hinaus auch die vorgelagerten Eilande der Gewürzproduktion dienten, sondern auch, daß von diesen Inseln weitreichende Handelsverbindungen – bis hin zum Sulu-Archipel zwischen Indonesien und den Philippinen – ausgingen. Vor die741 Generale Missiven VI, 31.1.1702, 177. 742 WRIGHT, Monopoly, 20. 743 DALRYMPLE, Plan, 91.
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sem Hintergrund wurde auch in englischen Kreisen darüber nachgedacht, das Gewürzmonopol der VOC bereits an der Wurzel zu brechen, wie es einige Regionen bereits mit einem gewissen Erfolg taten, ohne daß allerdings ein europäischer Konkurrent der Niederländer davon profitieren konnte. So schlug Alexander Dalrymple in seiner Denkschrift auch vor, auf der von ihm favourisierten Insel Balambangan im Norden Kalimantans in eigener Regie Gewürze anzubauen.744 Es bestand die Möglichkeit, daß die Grenzen der Handelssphären diffus wurden, woraus die privaten Händler Nutzen ziehen konnte, wenn sich nicht nur dem geduldeten Warenhandel nachgehen wollten. Vor allem der Aufstieg des trepangHandels sorgte für intensiven Schiffsverkehr genau dort, wo nach den Indizien aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhudnerts die unkontrollierten Gewürzvorkommen zu vermuten waren. In der Inselwelt südlich der Molukken waren immer wieder Makassaren, Bugis und „andere waaghalsen“ anzutreffen, die vorgaben – so die Sicht der wahrscheinlich zu Recht mißtrauischen VOC – sich im Auftrag ihrer Fürsten auf trepang-Fischerei zu befinden.745 Ein konkretes Beispiel stammt aus der Inselgruppe Leti. Der dortige Resident beobachtete 1726 zahlreiche vorbeifahrende makassarische Schiffe, die mit Pässen des Gouverneurs ausgestattet waren. Zum Riff Luang kamen 60 Fahrzeuge, um der trepang-Fischerei nachzugehen; vor die Küste der Hauptinsel Moa immerhin noch 30.746 Andere Berichte stammen aus dem Jahr 1731, in welchem bei Workai im Süden des Aru-Archipels rund 100 makassarische Schiffe auf trepang-Fahrt beobachtet wurden. Der Herrscher von Wokam, der nördlichsten der drei großen Hauptinseln Arus, erklärte sich nicht bereit, die VOC durch die Festsetzung dieser Makassaren zu unterstützen. Andere kompanieinterne Berichte sprechen von 150 bis 160 makassarischen Fahrzeugen, die sich in dieser Region auf trepang-Fahrt befanden, und davon, daß Makassaren nach wie vor im Aru-Archipel Handel trieben.747 Weiterhin lebhaft befahren wurde die Route entlang der Inseln Nusa Tenggaras. Sie diente allen möglichen Spielarten des Warenaustausches – dem alltäglichen, von der VOC zugelassenen wie auch dem strikt verbotenen mit Gewürzen. 1692 traf Johannes Junius, der sich zu einer diplomatischen Mission auf Buton aufhielt, einen chinesischen Händler, der mit Waren aus Batavia nach Mangarai reisen wollte.748 744 745 746 747 748
Ebd., 87-89. Generale Missiven VIII, 31.10.1728, 181. Ebd., 5.12.1726, 70. Generale Missiven IX, 28.12.1731, 258. ARA Den Haag, Bericht des Unterkaufmanns Johannes Junius über seine Reise nach Sumbawa, VOC 1535, Macassar, 527-532.
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Dabei handelte es sich offenbar um die offiziell durch seinen Paß zugelassene Route. In der Realität jedoch, so erfuhr Junius unmittelbar vor seiner Abreise aus Buton, steuerte der Chinese gänzlich andere Plätzen in Nusa Tenggara an, wo er diese Waren gegen Sklaven eintauschte. Der niederländische Paß war kein Garant dafür, daß Privatiers stets nur die von der Kompanie zugelassenen Routen befuhren. Vielmehr diente er ihnen zur Legitimation im Heimathafen oder in allgemein VOCkontrollierten Häfen, während sie unterwegs eigenen Prioritäten folgten. Dabei nutzten sie Häfen, Anlegestellen oder Warenumschlagplätze, die nicht im Besitz der Kompanie waren, deren Erwähnungen in den Quellen jedoch auf eine größere, institutionalisierte Rolle schließen lassen. Der Ort Alas im Westen Sumbawas wird sowohl im Zusammenhang mit der Bekämpfung seramesischer Gewürzhändler im Jahr 1716 erwähnt wie auch in anderen Berichten von VOC-Fahrten nach Sumbawa.749 Offenbar wurde hier einem sehr regen Gewürzhandel nachgegangen. Alas war in seiner Funktion mit der Insel Kaledupa in den Tukangbesis vergleichbar. Insgesamt erwies sich die Insel Sumbawa häufig als Drehpunkt für Weiterfahrten nach Ost oder West, z.B. nach Mangarai auf Flores.750 Ähnliches galt für Bonerate in der Flores-See: „Sobin van bouton, woonagtig op de negorije Loebun, geleegde in de boegis, out na gissing 40 jaren, dat hij over 7 maenden van de voorm. negorij, met prauw paduwakang, bemt. met 11 koppen, sonder pas is gezeijlt, na boneratte, en van daer na Solor, ten handel met Loeboneese parrings, rijs, en 6 stux cassa, mitsgaders dat hij aldaer zijn voorm. goederen teegens slaven, en gebl. salempoeris, omgeset hebbende, met haer lessen, teweeten, hij confessant nevens zijnzoontje Libautan, den vrijen Wadjorees Tomangie, en Tatanjan, slaef van den wadjorees Poana-Adjing, en twee slavinnen gent. Eda, en Doeli, beijde van Solor, door de stuurl. van E. Comps. cruijspantchiallang, uijt haer vaertuijg geligt, en herwaerds gebragt sijn.“751
Die Verbindungen setzten sich weiter im Osten fort. Makassarische und „moorsche“ Fahrzeuge verkehrten am Südwestkap von Wetar und vor der gegenüber liegenden Insel Liran.752 Für 1717 läßt sich die ohne Paß angetretene Reise zweier buginesischer Fahrzeuge von Larantuka an der Ostspitze von Flores über Lamakera auf Solor bis hin zu der portugiesischen Niederlassung Liffau verfolgen.753 Bei militärischen Fahrten zu den südwestlichen und südöstlichen Inseln, unter denen mutmaßlich die Kleinen Sunda-Inseln zu verstehen waren, wurden 1726 zwar keine 749 Ebd., Radicaale Beschryving van Macassar, VOC 4852, 19/20; Bericht des Joannes Junius, VOC 1535, 527-532; Bericht des Unterkaufmanns Adriaan Thoofft, VOC 1595, 121-130; Bericht von Jacob Steenbergen und Isaac Marmer, VOC 1647, 280/281; Bericht der Steuerleute von ‚Oppas’ und ‚Beschermer’, VOC 2100, 390-398. 750 Ebd., VOC 2029, Macassar, 1. Reg., 395/396. 751 Ebd., 391/392. 752 Generale Missiven VI, 30.11.1711, 752/753. 753 Generale Missiven VII, 30.11.1717, 297.
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Schmuggler gefunden, doch berichtete die Bevölkerung von 60 Fahrzeugen der Makassaren und Seramesen.754 Auch Seram und seine vorgelagerten Inseln waren an diesem Warenaustausch außerhalb der Reichweite der Kompanie rege beteiligt; die Insel beschränkte sich nicht nur auf die „illegale“ Gewürzproduktion. Auf der Insel Kilwaru südöstlich von Seram entwickelte sich eines der wichtigsten Handelszentren für die zentralen Molukken und den weiteren Osten. Den Höhepunkt dieser Entwicklung, den Kilwaru erst außerhalb des Untersuchungszeitraumes erreichte, schildert ein Bericht von 1860: „The little island of Kilwaru is a mere sandbank, just large enough to contain a small village. [...] It is surrounded by coral reefs, and offers good anchorage in both monsoons. Though not more than fifty yards across, and not elevated more than three or four feet above the highest tides, it has wells of excellent drinking water. [...] These advantages, with its situation in the centre of the Papuan trading district, lead to its being so much frequented by the Bugis traders. Here the Goram [d.i. Gorong] men bring the produce of their little voyages, which the exchange for cloth, sago cakes, and opium. [...] It is the rendezvous of the praus for the voyage home. Tripang and mussoi bark are the most bulky articles of produce brought here, with wild nutmegs, tortoise-shell, pearls, and birds of paradise, in smaller quantities. The villagers of the mainland of Ceram bring their sago, which is thus distributed to the islands farther east, while rice from Bali and Macassar can also be purchased at a moderate price. The Goram men come here for their supplies of opium, both for their own consumption and for barter in Mysol and Wigiou, where they have introduced it. [...] Schooners from Bali come to buy Papuan slaves, while the sea-wandering Bugis arrive from distant Singapore, in their lumbering praus, bringing thence the produce of the Chinamen’s workshops and Kling’s bazaar, as well as of the looms of Lancashire and Massachusetts.“755
Nicht nur für die Gewässer im Osten und Süden Sulawesis lassen die KompanieAufzeichnungen auf informelle Handelswege schließen. Joan Frederik Gobius vermutete einen umfangreichen Schmuggel von Textilien vor allem von und nach Borneo und Johor.756 Ebenfalls auf Kalimantan bezieht sich eine Beobachtung Alexander Dalrymples. Dabei handelte es sich auf Grund der Lage vielleicht um keinen illegalen Hafen aus Sicht der VOC, aber offenbar um einen nicht unbedeutender Anlaufplatz. Dalrymple schreibt über den Hauptort der Insel Balabae vor der Nordküste Kalimantans,757 der Schauplatz eines lebhaften maritimen Handels mitWachs, Kauris, Schildpatt, trepang und Reis war. Vielleicht gar nicht auf neue, sondern traditionsreiche Anlaufpunkte des makassarischen Handels weist ein anderes Ereignis hin. 1718 fanden in Makassar Untersuchungen des schadelijken morshandels dreier nachodas nach Johor und Riau statt.758 Die 754 755 756 757 758
Generale Missiven VIII, 21.10.1726, 59. WALLACE, Malay Archipelago II, 63/64. ARA Den Haag, Memorie van Ovegave des J. F. Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 111/112. DALRYMPLE, Plan, 67. Generale Missiven VII, 20.3.1718, 336.
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Durchführung dieses Verfahrens zeigt, daß nach wie vor Routen von Makassar aus befahren wurden, die schon im Vertrag von Bongaya ausgeschlossen worden waren und in den 1720er Jahren, nach einer Phase der eingeschränkten Duldung, aus den offiziell geführten Listen verschwanden. Offenbar wurden sie ohne Paß, also „illegal“, weitergenutzt. Eine Veränderung in der Vergabepraxis der VOC bei den Pässen, die eine strikte Unterbindung des Fernhandels zur Malaiischen Halbinsel zum Ziel hatte, hatte diese Handelsverbindungen in die „Illegalität“ gedrängt.
3. ‚Krijstochten‘ und ‚Exstirpationen‘
Legaler und illegaler Handel im Geltungsbereich des VOC-Monopols Die VOC beanspruchte Kontrolle über den gesamten Privathandel im Malaiischen Archipel. Als legitimatorische Grundlage dienten auf der einen Seite, wenn auch nur in der Minderheit der Fälle, die eigenen Eroberungen und ihre anschließende unmittelbare Herrschaft sowie auf der anderen Seite die zahlreichen Vertragsabschlüsse mit einheimischen Machthabern. Was sie nicht in der eigenen Hand vereinen konnte, wollte die VOC wenigstens steuern können. Sie versuchte dies durch eine Kombination aus Verboten und dosierten Zulassungen zu erreichen. Daß der Versuch, ein völliges Verbot privaten Handels im Archipel auch nur anzustreben, zum Scheitern verurteilt sein mußte, war Führungskräften wie Gouverneur Gobius bewußt: „D’vaard aan de inlanders geheelijk te verbieden kon een aangrooij maken elders.“759 Aber auch das Ziel einer umfassenden Kontrolle anstelle eines generellen Verbotes blieb angesichts der Vielschichtigkeit des kommerziellen Lebens im maritimen Südostasien letztendlich absurd. Auch wenn heute noch nicht abschließend geklärt werden kann, wie tiefgehend die tatsächlichen, durch die VOC verursachten Veränderungen waren, muß doch anerkannt werden, daß die Vielschichtigkeit erhalten blieb – in besonders bunter und vielfältiger Form auf der Wasserstraße zwischen Sulawesi und Kalimantan. Auch dies war den Offiziellen der Kompanie sehr wohl bekannt, so daß sie ihr einziges Gegenmittel in „een sterke bekruyssinge voor een of twee jaren, voornamentlijck in’t vaarwater tusschen Kayeli en Borneo om de noord, alsmeede omtrent Banjer en Passer“ sahen.760 759 ARA Den Haag, Memorie van Ovegave des Joan F. Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 112. 760 Generale Missiven VII, 26.11.1714, 86.
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Nicht an allen Handelssphären bestand tatsächlich ein Interesse seitens der VOC. Der trotzdem erhobene Kontrollanspruch hinsichtlich „uninteressanter“ Tätigkeiten, wie beispielsweise der Transport von Kokosnüssen von einer Insel nach Makassar und weiter zur nächsten Insel, hing damit zusammen, daß in jedem Privathändler ein potentieller „Gewürzschmuggler“ gesehen wurde. Damit erklärt sich der Anspruch auf Kontrolle des gesamten Privathandels, der in den vielfältigen vertraglichen Regelungen und Erlassen wie auch in den ergriffenen Maßnahmen zum Ausdruck kam. Die VOC teilte die gesamte kommerzielle Welt des Malaiischen Archipels in einen legalen und einen illegalen Sektor ein, oder in einen formalen und einen informellen.761 Die davon Betroffenen mußten mit den daraus resultierenden Konsequenzen leben lernen, obwohl sie sich diese Sichtweise nie zu eigen machten.
Militärische Maßnahmen gegen den illegalen Handel Die VOC unternahm relativ regelmäßig militärische Expeditionen (krijstochten) zur See. Ziel war es, einheimische Schiffsbewegungen zu kontrollieren, verbotene Waren aufzuspüren und die Nutzung verbotener Seewege zu unterbinden. Die Bezeichnung krijstochten klingt martialischer, als die Realität im Alltag zumeist war. Die Haupttätigkeit der eingesetzten Seeleute und Unteroffiziere bestand in der Visitation von einheimischen Frachtschiffen. Dabei wurden die geladenen Waren vor allem auf Gewürze hin untersucht. Die stillschweigende Tolerierung des eigentlich untersagten Textilhandels galt zumeist auch auf hoher See. Hinzu kam bei jeder Visitation die Kontrolle des Passes und die Befragung der nachodas, gegebenenfalls auch der Besatzungsmitglieder. Letzteres diente der Kontrolle, ob Paß und tatsächliche Reiseroute übereinstimmten. „Illegale“ Waren wurden entweder an Ort und Stelle vernichtet oder beschlagnahmt. Eine Beschlagnahmung bestand normalerweise in der Konfiskation des gesamten Schiffes mitsamt Fracht und Besatzung. Die Festgesetzten wurden daraufhin nach Makassar gebracht, wo sie in der Regel eingehender befragt wurden. Häufig brachte der verhältnismäßig große Aufwand solcher Fahrten nur geringen Erfolg. Als Jan Landheer im Mai 1726 am Fluß Kowang in der Landschaft Ujung Lowo eine aufgelaufene konting mit zwölf Mann Besatzung aufbrachte, ließ er das Schiff samt Besatzung nach Makassar bringen. Das dortige Verhör ergab nichts weiter als daß die Besatzungsmitglieder aus Kaili stammten, daß das Schiff dem Ober761 NAGEL, Formal, passim.
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haupt der Malaiien in Batavia gehörte und daß sie „geen intentie gehadte hebben, om te handeln, maer eenelijk om op grissee te timmeren, en van daer na Sourebaya te varen, om een pas te versoeken na Caielij, en van Caielij mt een ladin olij, en clappus na Batavia te vertreken.“762 Die zwölf durften samt ihrer konting weiterfahren. Offen bleibt die Frage nach der Überprüfbarkeit solcher Angaben. Eine unbeladene konting am Ufer des Flußes Kowang konnte auch anderes bedeuten. Die Beteuerung, sich in Surabaya um einen gültigen Paß zu kümmern, obwohl man in unmittelbarer Nähe zu Makassar lag, konnte durchaus eine Ausflucht sein. Das vermeintlich aufgelaufene Schiff konnte auch nach Landessitte schlicht an Land gezogen worden sein. Für die VOC blieb all dies eine Frage von Treu und Glauben oder von willkürlichen Sanktionen. Als typisch für die von Makassar aus unternommenen krijstochten gegen illegalen Handel kann die Fahrt des Sergeanten Jan Swanevelt aus dem Jahr 1708 angesehen werden.763 Ziel der Unternehmung war zunächst Buton und anschließend das Archipel der Tukangbesis. Einen ganzen Monat, vom 13. März bis zum 12. April, verbrachte Swanevelt auf Buton, wo er zunächst einigen diplomatischen Verhandlungen mit dem einheimischen Königshaus und dem zufällig anwesenden König von Kaledupa führte. Schwierigkeiten erzeugte die Forderung der VOC nach 16 bis 20 männlichen Sklaven, die als Tributzahlung verstanden werden kann. Der König von Buton verzögerte zunächst die gesamte Angelegenheit, erklärte dann, daß er nicht mit einem Privatschiff Sklaven nach Makassar schicken wollte, und vertröstete der Sergeant schließlich vage, daß bis zur Rückkehr Swanevelts in den umlegenden Dörfern einige Sklaven wohl aufgetrieben werden könnten und daß er außerdem einige Leibeigene von den Tukanbesi-Inseln erwartete. Da er zunächst nicht mehr erreichen konnte, setzte Jan Swanevelt seine Reise schließlich fort und hielt sich vom 17. April bis zum 8. Mai auf Kaledupa im Zentrum der Tukangbesis auf. Der Aufenthalt dort gestaltete sich ereignisarm; das eigene Schiff mußte instandgesetzt werden, wofür er vom König keinen Ersatz erhielt, obwohl er ihn einforderte. Vielmehr lieferte ihm der lokale Herrscher schon wenige Tage nach seiner Ankunft, am 20. April, einen Beweis seiner nach wie vor ungebrochenen Souveränität. Swanevelt brach mit einem zweiten Mann in den Busch der Insel auf, um sich – erfolglos, wie sich am Ende herausstellen sollte – nach „illegalen“ Gewürzbäumen umzusehen. Er konnte dies jedoch nur in Begleitung eines „aanwijzers“ tun, also eines königlichen Aufpassers, der ihn auch noch drei Reichstha762 ARA Den Haag, VOC 2050, Macassar, 1. Reg., 118-128, Zitat 120. 763 Ebd., Bericht des Sergeant Jan Swanevelt, 1708, VOC 1775, Macassar, 1. Reg., 252-283.
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ler Entlohnung kostete. Anstatt als souveräner Kontrolleur auftreten zu können, brauchte der Vertreter der VOC die Erlaubnis des lokalen Herrschers zur Visitation der Ländereien, die unter Umständen zur Exstirpation vorgesehen waren. Swanevelts Reise fand ihre Fortsetzung auf den Tukangbesi-Inseln Towane (12. bis 18. Mai) und Binongko (19. bis 26. Mai). Auf beiden Inseln erlebte er hinsichtlich seiner Visitationen im buschbestandenen Inselinneren die gleiche Einschränkung wie auf Kaledupa einschließlich der jeweiligen Kosten von drei Reichsthalern. Von Binongko aus unternahm er mit einem kleinen Boot und vier einheimischen Begleitern eine Erkundungsfahrt die Küste des Eilandes entlang, da an der Westseite gelegentlich seramesische Händler aktiv waren. Es gelang ihm jedoch nicht, solche ausfindig zu machen. Am 27. Mai kehrte die Expedition für knapp zwei Wochen nach Towane zurück. Dort wurden abermals mehrere der üblichen und erfolglosen Märsche in den Busch unternommen, bevor die Reise am 9. Juni nach Kaledupa fortgeführt wurde. Die Fahrt sollte hier noch lange nicht enden, blieb aber weiterhin eintönig. Stets hielten sich die Niederländer für längere Zeiträume auf einer Insel auf, gingen gelegentlich erfolglos in das Landesinnere und verhandelten mit den örtlichen Herrschern, von denen sie vor allem Sklaven als Abgaben erwarteten. Schließlich war es ein einheimischen Herrscher, der doch noch für ein hervorstechendes Ereignis während dieser Fahrt sorgte. Bei seiner Rückkehr nach Buton wurde Swaneveldt am 30. Juni davon überrascht, daß 40 Bewaffnete des Königs eine prahu durchsuchten, weil in ihr illegal Sklaven aus Tubonkon versteckt gehalten wurden. Swanevelt selbst hatte kurz zuvor lediglich den Paß des nachodas überprüft, diesen für gut befunden und so den Sklavenhändler nicht als solchen erkannt. Diese Stelle ist die einzige im überlieferten Bericht, in welcher von einer Paßkontrolle gesprochen wird. Offenbar führt Swanevelt solche Kontrollen nicht im einzelnen auf. Sollte er viele davon durchgeführt haben, müßten die Papiere in der Regel in Ordnung gewesen sein. Für den Charakter der Tukangbesis als „Schmuggelnest“ spricht dies nicht gerade. Eher jedoch spricht der Vorfall auf Buton für eine zumindest teilweise nachlässige Vorgehensweise des niederländischen Sergeant, die es privaten Händler ohne gültigen Paß sogar in der Nähe eines VOC-Schiffes ermöglichte, unbehelligt zu bleiben. Der Bericht dieser Fahrt klingt eigentlich zu ereignislos, um als typisch für solche Unternehmungen angeführt werden zu können. Die Antwort auf die implizierte Frage lautet jedoch: gerade deswegen. Der gleiche Unteroffizier unternahm ein Jahr später eine weitere Expedition über Buton nach Sumbawa und dann zu den Tu-
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kangbesis, die zwar etwas zügiger verlief als die geschilderte, deren Bericht jedoch keinen Hinweis darauf enthält, daß sie in irgendeiner Weise größeren Erfolg gebracht hätte.764 Natürlich wurden seitens der VOC zahlreiche Fahrten dieser Art unternommen, und viele nachodas und ihre Ladung wurden kontrolliert. Die Zahl der konfiszierten Schiffe und die Menge der beschlagnahmten Waren ist quantitativ nicht belegbar, dürfte jedoch nicht unerheblich gewesen sein, auch wenn viele nachodas ihre Ladung unmittelbar vor dem Zugriff über Bord warfen. Eine Hinrichtungswelle gegen sluijkerhandelaers ist hingegen nicht überliefert, ebensowenig Großmaßnahmen zur militärischen Vernichtung ganzer Netzwerke oder zugrundeliegender Strukturen. Die Kriege, welche die VOC im Malaiischen Archipel führte, richteten sich gegen souveräne Staaten und Herrscher; bei den privaten Kaufleuten beschränkte man sich auf gelegentliche Strafexpeditionen. Die Mehrheit dieser Fahrten ist nicht durch eigenständige Berichte überliefert; Informationen zu ihnen finden sich häufig nur in den jährlichen oder halbjährlichen Berichten aus Batavia oder den einzelnen Gouvernements. Wurden doch Originalberichte überliefert, führen sie die angesteuerten Orte vor Augen, die nicht ohne Grund auf dem Plan einer krijstocht standen, und beschreiben diese günstigstenfalls. Auf jeden Fall erlauben sie ein Bild davon, wo sich nach den Informationen, der VOC die „illegalen“ Händler aufhielten. Spektakuläre Fahndungserfolge blieben die Ausnahme. Der Namen „Kriegszüge“ scheint für solche Fahrten kaum berechtigt zu sein. Größere militärische Einsätze gegen einmal ausgemachte „Schmuggelnester“, womöglich unter Hinzuziehung von Kriegsschiffen europäischen Typs, wurden kaum unternommen. Es ist jedoch nicht anzunehmen, daß die Offiziellen der Kompanie in Unkenntnis der realen Situation handelten. Daher sind die krijstochten eher als ein Instrument der prophylaktischen Abschreckung denn als eine zerstörerische Maßnahme einzuschätzen. Diese Bewertung soll auf keinen Fall verharmlosen, daß nachodas, die unerlaubt Gewürze transportierten oder handelten, einmal aufgebracht, nicht nur ihre Habe, sondern auch ihr Leben riskierten. Auch soll nicht verhehlt werden, daß sich einflußreiche Personen innerhalb der VOC eine effektivere Bekämpfung des „illegalen“ Handels wünschten.765 Angesichts der eigenen Möglichkeiten setzte die VOC zusätzlich auf Unterstützung von außen. Immer wieder wurden die indigenen Bündnispartner ersucht, das ihre zur Kontrolle der Seewege und Handelsplätze beizutragen. Im Zuständigkeits764 Ebd., Bericht des Sergeant Jan Swanevelt, 1709, VOC 1775, Macassar, 2. Reg., 84-114. 765 So Gouverneur Gobius: ebd., Memorie van Ovegave, Joan Frederik Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 113/114.
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bereich Makassars fand sie in dieser Hinsicht allerdings nur wenig Unterstützung. Einigermaßen zuverlässig war nur der König von Buton, der sich gelegentlich an den militärischen Fahrten gegen sogenannte Schmuggler beteiligte und die Pässe von Schiffen in der Straße von Buton kontrollieren ließ.766 Manche wie Gouverneur Gobius hegten noch weitergehende Pläne, indem die Verpflichtung freiwiller Privathändler gefordert wurde.767 Allerdings blieben europäische oder christliche Freiwillige auf den Routen der regelmäßigen Kontrollfahrten ebenso seltene Erscheinungen wie die Flotten der einheimischen Fürsten.
Bedrohung durch Piraterie Piraterie trat in vielerlei Erscheinungsformen im Malaiischen Archipel auf. Neben der auf politisch-dynastischen Gründen beruhenden Spielart hatte stets die „klassische“ Piraterie, die maritimen Beutezüge, die lediglich der gewinnbringenden Aneignung von Schiffsladungen diente, in dieser Weltgegend ihre Bedeutung. Gerade in den Gewässern rund um Sulawesi trat sie häufig auf, verfügte über eine große Tradition und erwies sich als äußerst zählebig. Ob ausschließlich die Verarmung der Beteiligten als Ursache in Frage kam, kann an dieser Stelle nicht näher untersucht werden. Festzuhalten ist auf jeden Fall, daß das Erscheinen der Europäer nicht die Ursache und auch nicht der Katalysator einer vermehrten Piraterie war, sondern daß es sich um ein wesentlich älteres maritimes Phänomen handelte. Von den Opfern ließ sich zumeist nur schwer feststellen, wer nun genau für ihr Unglück verantwortlich war. Gerade in der Straße von Makassar und den Gewässern vor Banjarmasin bereitete die Frage nach der Unterscheidbarkeit der unterschiedlichen Seeräubergruppen große Schwierigkeiten. Im Februar 1730 zweifelte die VOC am Erfolg ihrer neuesten Banjarmasin-Fahrt „wegens seecker gerugt dat de Bougineese roovers van Passir met 36 groote vaartuygen bemand met 670 koppen in de rivier van Banjermassing 10 kloecke handelvaartuygen souden hebben prijs gemaakt met intentie om die plaats te invadeeren.“768 Dieser Anschlag mißlang jedoch auf Grund des Widerstandes der Banjaresen. Zugleich betonte die VOC allerdings, daß von Pasir und Kutai aus die Straße von Makassar durch den Piratenführer Toassa weiterhin unsicher gemacht wurde.769 Ob 766 Generale Missiven VII, 20.3.1718, 337; ARA Den Haag, Memorie van Overgave, Josua van Arrewijne, 21.5.1733, VOC 2285, Macassar, 1. Reg., 135. 767 Ebd., Memorie van Ovegave des Joan Frederik Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 112/113. 768 Generale Missiven IX, 23.3.1730, 97. 769 Ebd., 30.11.1730, 149.
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auch hinter dem gescheiterten Angriff auf Banjarmasin Arung Singkang und Toassa standen, läßt sich aus den Quellen nicht erkennen und war wohl weder den Banjaresen noch den Niederländern wirklich bekannt. Auch die Piratenschiffe, welche die auf Pulo Laut tätigen Händler 1789 bedrohten, konnte der anwesende Sergeant Hartmann nicht näher identifizieren.770 Er war weder in der Lage, eindeutige Aussagen zur Ethnizität der Piraten zu treffen, noch zu bestimmen, ob es sich um Schiffe eines regionalen Adeligen oder um eine „einfache“ Piratenbande handelte. Angesichts der ständigen Bedrohung auf See bei gleichzeitig nur nebelhaften Kenntnissen einzelner Ethnien und ihre Untergruppen standen schnell ganze Völker bei den Europäern unter Verdacht, ihren Lebensunterhalt vornehmlich durch Piratenüberfälle zu sichern. Die ursprüngliche, vor allem im 16. Jahrhundert verbreitete Neigung, alle Völker des Archipels generell unter Piraterieverdacht zu stellen, ließ jedoch während der Epoche der VOC deutlich nach. Der zunehmende Kontakt zu einzelnen einheimischen Nationen, die gelegentliche Zusammenarbeit und die ersten zumindest proto-wissenschaftlich gesammelten Kenntnisse trugen dazu bei. Die Niederlassung der Kompanie in Makassar sorgte dank 130 Jahren Erfahrung im intensiven tagtäglichen Kontakt für teilweise sehr differenzierte Sichtweisen auf sulawesische maritime Ethnien. Insbesondere galt dies für die Bugis, die Ende des 18. Jahrhunderts kein VOC-Beamter in Makassar mehr pauschal als Piraten gekennzeichnet hätte. Stereotypen blieben trotzdem lange lebendig.771 Zeitgenössische Beobachter führten die vermeintliche Neigung ganzer Ethnien zur Piraterie häufig auf die natürlichen Gegebenheiten der angesprochenen Regionen sowie auf die schwierige wirtschaftliche und soziale Lage vieler Küstenbewohner zurück,772 worin sicherlich nicht nur ein europäisches Vorurteil zu sehen ist. Nicht nur die verschiedenen Gruppen kleiner und kleinster Inseln waren möglicherweise ein idealer Nährboden für Piraterie. Auch uralte kulturelle Traditionen konnten Auslöser von maritimen Raubzügen werden. Der VOC war bekannt, daß Piraten vom Volk der Papua auf Neuguinea ihr Unwesen an der Küste von Seram trieben.773 Besondere Sorgen machte sich die Kompanie über die Kopfjagd- und Raubzüge der Papuas, die auf traditionellen Routen nach Süden zu den Inselgruppen Aru, Kai, Tanimbar und Seram Laut, nach Seram, Buru, Ambon, sowie nord770 ARA Den Haag, Hoge Regering van Batavia, Nr. 44, 1. 771 So das Klischee der „malaiischen Piraten“, wie es sich bereits in einem Artikel eines anonymen Autors im ‚Singapore Chronicle’ verbreitet wurde (Piracy, 45/46). 772 Neben dem zitierten anonymen Autor z.B. WALLACE, Malay Archipelago II, 59, oder Stamford RAFFLES zitiert bei ST. JOHN, Piracy, 256/257 773 Generale Missiven VIII, 8.12.1728, 192.
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wärts nach Sulu, Banggai und Nord-Sulawesi durchgeführt wurden.774 Das Phänomen der Piraterie ließ sich also weder regional noch ethnisch eingrenzen, sondern durchdrang auf durchaus vielfältiger Grundlage den gesamte Malaiische Archipel. Eine besondere Gefahr der indigenen Piraterie bestand in ihrer Kombination aus Flexibilität und Schlagkraft. Genutzt wurden fast ausschließlich einheimische Bootstypen, die wendig, schnell und in der Lage waren, sich in untiefe Gewässer oder Flüsse zurückzuziehen, wohin ihnen die meisten europäischen Schiffe nicht folgen konnten. Gleichzeitig traten sie nur in größeren Schiffsgruppen auf. Sergeant Hartmann spricht von 26 oder 36 Piratenschiffen vor Pulo Laut, niederländische und englische Berichte des 19. Jahrhunderts einmal von 34, einmal von 40 bis 60, mehrfach sogar von 200 prahus.775 Diese geballte zahlenmäßige Macht erlaubte ihnen auch den Angriff auf größere Schiffe wie europäische Kauffahrer oder chinesische Junken.776 Dabei durfte auch die Stärke der einzelnen Piraten-prahu nicht unterschätzt werden. Thomas Forrest beschrieb ein typisches Exemplar dieser Boote, wie er sie selbst auf einer seiner Reisen erlebt hatte. Die prahu maß knapp 28 Meter in der Länge, rund acht Meter in der Breite und hatte einen Meter Tiefgang. Auf solch einem Schiff war Platz für eine Besatzung von bis zu 90 Männern.777 Neben dem Raub lukrativer Schiffsladungen diente Piraterie in zunehmendem Maße der Sklavenjagd.778 Europäischen Erwähnungen aus dem frühen 19. Jahrhunderts bestätigen dies immer wieder und sprechen vor allem von der Vielzahl der verschleppten Sklaven. Im Malaiischen Archipel erwies sich ein enger Zusammenhang zwischen Piraterie und Sklavenjagd. Die konstatierte Kommerzialisierung des Sklavenhandels gegen Ende des 18. Jahrhunderts korrespondierte mit einer zunehmenden Aktivität von Piraten. Diese wurden im 19. Jahrhundert auch Europäern gegenüber immer aggressiver. Waren im 17. und 18. Jahrhundert die Opfer noch mehrheitlich einheimische Seefahrer, vermehrten sich im folgenden Jahrhundert die Übergriffe auf europäische Schiffe.779 Zugleich mußte die Kompanie bereits sehr früh feststellen, daß nicht nur die Nachfrage nach Sklaven zu Raubzügen führte, sondern aus der Sklaverei auch die Piraterie nicht selten mit neuem Personal gefüt774 775 776 777
ANDAYA, World of Maluku, 192. ARA Den Haag, Hoge Regering van Batavia, Nr. 44, 1; ST. JOHN, Piracy, 252/253, 254. ST. JOHN, Piracy, 252. FORREST, Voyage to New Guinea, 225 (Maße bei Forrest: Länge 26 feet und 6 inches, Breite 26 feet, Tiefgang 3 feet 3 inches). 778 ANDERSON, Piracy, 190; im Malaiischen Archipel stammten solche Piraten und Sklavenjäger vorrangig aus dem Sulu-Archipel und von den Philippinen, siehe hierzu grundlegend WARREN, Sulu Zone, 1768 – 1898, 149-181. 779 Siehe die Aufstellung für den Zeitraum 1826 bis 1844 in Piracy, 45-746.
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tert wurde, sei es durch den unmittelbaren Einsatz von Sklaven, sei es durch die Rekrutierung geflohener oder freigelasseenr Leibeigener.780 Auch die Beteiligung von Europäern an der Piraterie im Malaiischen Archipel läßt sich nachweisen. Mit Bezug auf Makassar findet sich in der privaten Überlieferung der Fall des Frans Franszoon.781 Dieser war als Übersetzer in Bantaeng stationiert, als er sich 1751 das Schiff des Prinzen Tjalla Paneki, Neffen des Königs von Boné, aneignete und dessen Frau vergewaltigte. Daraufhin zog der Prinz gegen Bantaeng, dessen Resident George Beens ihm Franszoon entgegenschickte. Letzterer vernichtete die Bugis, enthauptete den Prinz und hängte die Leichname an Bäume. George Beens hatte es daraufhin sehr eilig, nach Batavia und dann in die Heimat abzureisen und alle Verantwortung Franszoon zu überlassen. Dieser floh nach Buton und begann ein Leben als Pirate – offenbar zusammen mit dem syahbandar von Buton. Unterstützt wurde Franszoon von den Familien van Dorth und Camerling, die als Freibürger in Makassar lebten. Nimmt man die Durchsetzung gegen Piraterie auf hoher See als Maß für den Grad staatlicher oder quasi-staatlicher Autorität,782 dann erwies sich die Machtausübung der VOC im Malaiischen Archipel als überaus lückenhaft. Dies kann als ein weiteres Argument dafür gewertet werden, daß man für die Zeit der niederländischen Kompanie kaum von einem indonesischen Kolonialzeitalter sprechen kann – nicht, weil Piraterie immer wieder aufflackerte, sondern weil die Maßnahmen gegen sie in jeder Beziehung gering blieben. Im Rahmen ihrer Kriege gegen einheimische Mächte bekämpfte die VOC auch die in diesem Zusammenhang stehenden Piraten. Und natürlich sorgte sie auch für die Sicherheit ihrer eigenen Schiffe, schon allein durch die in der Regel bessere Bewaffnung im Vergleich zu einheimischen Fahrzeugen gleicher Größenordnung. Durchorganisierte Maßnahmen gegen die alltägliche Piraterie gab es dennoch nicht. So konnte Sergeant Hartmann auf Pulo Laut nicht mehr tun, als die Bedrohung – folgenlos – nach Makassar zu melden.
Die Vernichtung von Gewürzkulturen Ein wesentliches Instrument zur Aufrechterhaltung ihres faktischen Gewürzmonopols in den Molukken stellten die sogenannten exstirpatien der VOC dar. Es handelte sich um bewaffnete Fahrten, teilweise in Kombination mit den krijstochten, die zur 780 Generale Missiven IV, 30.11.1684, 749. 781 ARA Den Haag, Anklageschrift gegen Jan van Clootwijk, Collection Radermacher, Nr. 520, insbes. 2/3. 782 PÉROTIN-DUMON, Pirate, 204.
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Vernichtung der „illegalen“ Gewürzkulturen dienten. Alle Nelken- und Muskatbäume, die sich außerhalb Ambons, Bandas und den nordmolukkischen Inseln befanden, waren dem Monopolverständnis der Kompanie folgend zur Abholzung freigegeben. Ihre Vernichtung war häufig Bestandteil von Verträgen mit lokalen Herrschern und wurden dort den einheimischen Bündnispartnern auferlegt. In der Realität war dies jedoch nur in Ausnahmen der Fall. Der König von Ternate war weitgehend der einzige indigene Fürst, der mit den Niederländer bei den Exstirpations-Aktionen kollaborierte,783 nicht zuletzt zum Schutz der unter seiner Hoheit stehenden Kulturen. Neben ihm versprach der Herrscher von Buton seinem Bündnispartner immer wieder Aktionen seinerseits, beließ es jedoch meistens bei Lippenbekenntnissen. Schließlich wurden ihm auch seitens der VOC keine Plantagen zugestanden, aus denen er hätte Gewinn ziehen können und die er deshalb vor Konkurrenz hätte schützen wollen.784 Die Kompanie war also in der Frage des „illegalen“ Gewürzanbaus im wesentlichen auf sich allein gestellt. Ihre einzelnen Niederlassungen und Residenzen waren für die anfallenden Aktionen in ihrem Umfeld zuständig. So war der Resident von Bima für solche Unternehmungen, einschließlich der Vernichtung von CassuaLingua-Bäumen, auf der gesamte Insel Sumbawa wie auch in Mangarai auf Flores verantwortlich.785 Die Mittel kleinerer Residenzen waren allerdings zu gering, um dauerhaft Erfolge zu erzielen. Häufig stand einer solchen Niederlassung nur ein einziges kleines Schiff zur Verfügung, gelegentlich sogar gar kein waffenfähiges Boot. Letztendlich blieben die regelmäßigen Exstirpationen den Kriegs-pencalangs der östlichen Gouvernements überlassen. Ein wesentliches Operationsgebiet der Niederlassung von Makassar war das Tukangbesi-Archipel. 1677 wurden dort Muskatbäume in nicht überlieferter Größenordnung vernichtet.786 Ein Jahr später wurden 176 Muskatbäume und 1684 136 junge Muskatbäume geschlagen.787 1708, vielleicht auch 1707, hingegen wurden von den Expeditionen auf den Tukangbesis gar keine Gewürzbäume mehr gefunden.788 Dies geschah auch 1711, obwohl fast der gesamte Tukangbesi-Archipel durchsucht wurden. Auch die Insel Buton wurden in die erfolglose Suche einbezogen.789 Hier 783 784 785 786 787 788 789
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bestätigt sich einmal mehr, daß auch Buton Heimat von Gewürzkulturen war, auch wenn die VOC in diesem Falle davon ausging, daß dort nur wenige Muskatbäume zu finden sein konnten.790 1686 wird von nur 20 Muskatbäumen auf Buton gesprochen.791 Weitere „illegale“ Anbauorte fanden sich im Umfeld Sulawesis; nach einheimischer Auskunft stammten manche Muskatprodukte aus Banggai.792 Daneben gerieten auch Selayar und Küstenabschnitte Sulawesis selbst, die weit außerhalb des Machtbereiches der Kompanie lagen, immer wieder in Verdacht. Größere Anbaugebiete und damit lohnendere Ziele für Exstirpationen lagen weiter im Osten. Im Jahr 1674 wurde eine große Expedition auf Seram und den vorgelagerten Inseln durchgeführt.793 Sie verfolgte zwei Stoßrichtungen. Unter dem Fiskaal Pieter de Bock wurde Buru, Manipa und die Nordküste Serams visitiert, unter dem Fähndrich Hans Metsler die Südküste Serams. Die Expedition vernichtete sowohl Nelken- wie Muskatbäume. Es wurden insgesamt 5.431 Muskatbäume geschlagen. Dies geschah mehrheitlich an der Nordküste. Allein am Fuße der Gebirgslandschaft Erwang stand rund die Hälfte der vernichteten Pflanzen. Daß ausgerechnet diese Gegend zum Schwerpunkt der Exstirpation wurde, ist naheliegend, da die Nordküste Serams außerhalb der alltäglichen Reichweite der in Ambon stationierten Schiffe lag und nur in gezielte größere Maßnahmen einbezogen wurde. Nelkenbäume wurden insgesamt 12.365 während der Expedition vernichtet. Nimmt man die 12.399 zerstörten Setzlinge noch hinzu, waren es an die 25.000 Pflanzen. Im Vergleich zu Aktionen im näheren Umfeld Makassars wie auf den Tukangbesis sind dies erhebliche Zahlen. Vergleicht man sie jedoch mit den offiziellen Pflanzungen auf den zu Ambon zählenden Inseln, erscheinen sie eher verschwindend klein. Dort wurden 1676 insgesamt 371.094 Nelkenbäume registriert.794 Das Verhältnis von jungen Bäumen zu halbwüchsigen und zu fruchttragenden betrug auf Ambon ungefähr 1 zu 8 zu 30. Bei den auf der Expedition vernichteten Nelkenbäumen drehte sich dieses Verhältnis um; es betrug ungefähr 1 zu 3 zu 4,3. Der Schwerpunkt wurde bei den Exstirpationen auf die jungen Bäume gesetzt. Die Größenordnungen veränderten sich nur wenig. 1728 wurden auf Hoamoal bei Seram 100 fruchttragende, 2.433 halbwüchsige und 3.412 junge Nelkenbäume sowie 28 Muskatbäume exstirpiert, auf Buru 428 Muskatbäume, im Gebirge von 790 791 792 793 794
Generale Missiven IV, 11.12.1679, 332. Generale Missiven V, 13.12.1686, 36. Generale Missiven IV, 11.12.1679, 325. Generale Missiven V, 30.11.1694, 669-671. Ebd., 19.1.1697, 780.
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Seram 144 Nelken- und 104 Muskatbäume.795 An der Nordküste Serams wurde man im Verlauf der gleichen Aktion nicht fündig, während man bezüglich des Berglandes von Manipa zumindest Berichte von Gewürzbäumen in großer Zahl vernommen hatte. Nur ein Jahr später waren die Exstirpationsunternehmungen wieder weitaus erfolgreicher. 1729 wurden auf Seram 15.000 und auf Hoamoal 13.400 fruchttragende Nelkenbäume gerodet; auf Buru immerhin noch 363.796 Es bleibt die Frage nach der Bewertung solcher Zahlen. War die VOC so erfolglos, daß sie – im Vergleich zu den von ihr monopolisierten Pflanzungen – nur kleine Zahlen an Gewürzbäumen roden konnte, oder war ihre Exstirpationspolitik im Gegenteil so erfolgreich, daß einfach außerhalb Ambons und Bandas nur noch geringe Bestände existierten, so daß sie auch nur geringe Zahlen an Bäumen fällen konnte? Der deutliche Sprung zwischen den Zahlen von 1728 und 1729 spricht gegen die zweite Annahme. Innerhalb eines Jahres konnten nicht so viele Nelkenbäume, die mehrere Jahre bis zur Tragefähigkeit benötigen, nachwachsen. Dies spricht also eher dafür, daß bei manchen Expeditionen nur ein Bruchteil der tatsächlichen Bestände in das Visier der VOC-Bediensteten gerieten.
Die geringe Greifbarkeit seefahrender Völker Der Reisebericht des Korporals Joost Ebbenigh zu den Tukangbesi-Inseln im Jahr 1692 verdeutlicht die Schwierigkeiten der niederländischen Expeditionen, sich im indonesischen Territorium zurechtzufinden.797 Nach einem kurzen Stop auf Buton wagten sich die Niederländer in den Tukanbesi-Archipel, wo sie im Juni und Juli 1692 anderthalb Monate zwischen den Inseln kreuzten. Dem Bericht zufolge mußte es sich dabei um eine arge Tortur gehandelt haben. Sie hangelten sich von Insel zu Insel und von König zu König und waren jedesmal froh, überhaupt angekommen zu sein. Die Strecke war fast immer „onbequam“, das Wetter zumeist äußerst ungünstig. Im Ergebnis waren Korporal Ebbenigh und seine Leute mehr damit beschäftigt, ihre Expedition gut zu überstehen, als einen vernichtenden Schlag gegen „Schmuggler“ zu führen. Der Heimvorteil indigener Schiffsführer kam vielerorts zum Tragen. Die Radicaale Beschryving von 1755 betont die Ausnutzung von Flüssen und seichten Buchten durch einheimische sluijkerhandelaars, wohin ihnen die Schiffe der VOC 795 Generale Missiven VIII, 8.12.1728, 188. 796 Generale Missiven IX, 30.11.1729, 15. 797 ARA Den Haag, Bericht des Corporal Joost Ebbenigh über seine Reise nach Buton und zu den Tukanbesi-Inseln, VOC 1535, Macassar, 532-538, insbes. 532-534.
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nicht folgen konnten.798 Die Mehrheit der „illegalen“ Häfen waren saisonale Umschlagplätze und befanden sich auf kleinen Inseln oder an entlegenen Plätzen.799 Zudem nutzten die nachodas die ideale Anpassung ihrer Schiffe an die Küstengegebenheiten aus, um sich Kontrollen oder Angriffen zu entziehen.800 Besondere Vorteile ergaben sich für einheimische Händler dort, wo kleinere Inselgruppen in sich abgeschlossene Welten bildeten oder wo Riffe, Sandbänke und andere Untiefen exakte Ortskenntnisse und große Erfahrung des Kapitäns erforderten. Im Einzugsbereich Makassars lassen sich wichtige Beispiele für den erstgenannten Fall finden. Dabei handelt es sich einerseits um die Tukangbesis und die Inselwelt südlich und östlich Serams, andererseits um die Archipele um Bonerate und Takabonerate, auch wenn letzteres in den Quellen keine Rolle spielt. Hinzu kommen die Inselwelten weit im Osten des Archipels, seien es die der Westküste Irians vorgelagerten Inseln oder Archipele wie Kai oder Aru. Auch außerhalb des Gouvernements von Makassar ließen sich zahlreiche Beispiele nennen. Verwiesen sei stellvertretend auf das prominenteste, die Inseln von Riau-Lingga, deren Vorzüge sich vor allem die Bugis erfolgreich zu Nutzen machten. Für den zweiten Fall waren vor allem die informellen Anlegestellen und Warenumschlagplätze in unmittelbarer Nachbarschaft der VOC charakteristisch. Die seichten Mündungsdeltas, die als reines Schwemmland nicht selten ihre Gestalt änderten, waren für die Schiffsführer der Kompanie ebenso unübersichtlich wie der Tukangbesi-Archipel. Hinzu kam die noch relativ große Unkenntnis über einheimische seefahrende Nationen bei den Niederländern. Noch in seinem modernen Standardwerk zu diesem Volk betont Christian Pelras, daß die Bugis bis in die Gegenwart hinein zu den „most imperfectly known of the Insulindan peoples“ gehörten.801 Sicherlich waren die Offiziellen der VOC aus der Erfahrung des täglichen Umgangs heraus, auf der Grundlage äußerer Merkmale wie Kleidung oder Sprache sowie dank der Selbstauskünfte der Angehörigen solcher Völker in der Lage, die einzelnen Ethnien ihres Einflußbereichs zu unterscheiden. Die hohe ethnische Differenziertheit mancher VOC-Quellen darf in diesem Zusammenhang durchaus als glaubwürdig eingeschätzt werden. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß die VOC über besondere Kenntnisse ihrer Lebensgewohnheiten, ihrer Handelstechniken und somit ihrer Handelsnetze und maritimen Routen verfügte. In vielerlei Hinsicht und in Abhän798 799 800 801
Ebd., Radicaale Beschryving van Macassar, VOC 4852, 19. MACKNIGHT, Early Maritime Trade, 202. ARA Den Haag, Memorie van Ovegave des J. F. Gobius, 5.3.1727, VOC 2100, Macassar, 1. Reg., 113. PELRAS, Bugis, 3.
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gigkeit von ihrer Präsenz unter den Augen der VOC-Autoritäten blieben maritime Ethnien des Malaiischen Archipels für die Kompanie mehr oder weniger unsichtbare Größen. Die geographische Strukturen unterstützten oftmals die Herausbildung von Handelsnetzwerken, die – denkt man beispielsweise an Langstreckennetzwerke von Gujarati-Kaufleuten – vergleichsweise geringer Reichweiten auswiesen, allerdings ineinandergriffen, um so größere Einheiten zu bilden. Die Träger solcher Netzwerke waren häufig Nationen oder Gruppen, die auf Grund ihrer maritimen Orientierung für die VOC nur schwer greifbar waren. Ihre Beweglichkeit auf den weiten, ohne moderne Technologie nur stichprobenartig kontrollierbaren Gewässern machte sie für die Kompanie ebenso schwer sichtbar wie die geringen Kenntnisse, welche Europäer im vorethnologischen Zeitalter über sie besassen.
4. Erfolg und Mißerfolg
Die Beurteilung der Exstirpationen bewegt sich zwischen zwei Polen. Eine Interpretation besagt, daß die Kompanie nur wenige der real existierenden Bäume finden konnte, eine andere, daß sie gar nicht mehr hätte finden können, weil die Aktionen so erfolgreich waren und sich auf Dauer keine „illegalen“ Kulturen entwickeln konnten. Gegen die erste Erklärung spricht die quasi-monopolistische Rolle der VOC im Handel mit molukkischen Gewürzen, gegen letztere die Tatsache, daß auch Nelken anderer Herkunft gehandelt wurden und sogar gelegentlich ihren Weg nach Europa fanden. Es gab also „illegale“ Kulturen in ausreichendem Maße, um als Basis für einen „illegalen“ Handel zu dienen, doch blieb dieser zumindest auf den obersten Handelsebene stets eine Randerscheinung. Auch auf der zweiten Ebene war er nach dem gegenwärtigen Forschungsstand vorhanden, blieb aber zweitrangig. Selbiges sollte man für die dritte Ebene annehmen, allerdings läßt sich dies nicht mehr quantifizieren. Aus den Quellenbruchstücken läßt sich ein facettenreicher Privathandel außerhalb der VOC-Kontrolle ablesen, bei welchem auch Nelken und Muskatprodukte eine wichtige Rolle spielten. Der Erfolg, welchen die Maßnahmen der VOC erzielten, kann nicht an den Maximalforderungen der Kompanie gemessen werden. Legt man ihre selbst aufgestellten Ansprüchen zu Grunde, waren die Niederländer sogar bei der Errichtung eines
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Gewürzmonopols in den Molukken gescheitert. Gleiches gilt für die Unterbindung jeglichen nicht genehmigten Privathandels. Doch darf der tiefgreifende Einfluß dieser Maßnahmen auf das regionale Wirtschaftsleben keinesfalls unterschätzt werden. Der einheimische Gewürzhandel wurde nicht nur auf neue Transportverbindungen und bislang wenig beachtete Anbaugebiete verwiesen, sondern wurde auch hinsichtlich seiner Größenordnung, wenn schon nicht marginalisiert, so doch ins zweite oder dritte Glied zurückgedrängt. Ähnliches galt in geringerem Ausmaß für etliche andere Handelssphären. Der beständige Druck, den die VOC durch Paßzwang und Kontrollen auf den Privathandel ausübte, blieb nicht ohne Wirkung. Trotz aller Unabhängigkeit einheimischer nachodas und ihren mannigfaltigen Umwegen zur Meidung der Kompanie-Vorschriften, trotz aller Verlegung von Routen und Knotenpunkten, läßt sich ein deutlicher Einfluß der Niederländer auf die Organisation, die Zusammensetzung und die Reichweite der einheimischen Handelssphären und ihrer geographischen Bezugseinheiten beobachten. Nicht zuletzt wird dies an Makassars deutlich, das zum Emporium eingeschränkter Reichweite geworden war. Dabei stellten sich die Exstirpationen als das erfolgreichere Instrument heraus. Die krijstochten wirkten eher als eine Abschreckungsmaßnahme. Mit dem Einsatz des einen oder anderen Dutzend bewaffneter pencalangs war es nie möglich, ein flächendeckendes Kontrollsystem zu etablieren, das in der Lage gewesen wäre, unerwünschten Privathandel tatsächlich zu unterbinden. Der Einfluß der krijstochten blieb indirekt. Der Historiker mag teilweise tiefgreifende Einflüsse, welche auf diese indirekte Weise erzielt wurden, beobachten. Die VOC müßte, strengen Maßstäben folgend, darin eigentlich einen Mißerfolg gesehen haben. Doch darf nicht vergessen werden, daß die Kompanie durch pragmatisches Kaufmannsdenken geprägt war. Es kann davon ausgegangen werden, daß der erzielte kommerzielle Gewinn der eigentliche Maßstab war, daß die Maßstäbe zur Beurteilung der eigenen Maßnahmen also nicht so strikt angewendet wurden und die Verantwortlichen so lange zufrieden war, wie die Abschreckung ausreichte, um dem eigenen Handel ausreichend und erfolgversprechend Raum zu schaffen. Letztendlich führte nicht die mangelnde Dominanz im Handel des Malaiischen Archipels oder die zu geringen Erfolge im ‚country trade’ zum Scheitern der VOC. Insofern mag sie mit dem Erreichten zufrieden gewesen sein. Zwar ziehen sich durch die gesamte Überlieferung der Kompanie Forderungen, daß dringend mehr gegen den „Schmuggel“ zu unternehmen sei, doch eine fundamentale Änderung in den Aktivitäten ist nicht zu beobachten.
IV. Zur Entwicklung komplexer Handelsstrukturen Wer einen Schritt über die Betrachtung einzelner Aspekte hinaus tun möchte und den Handel im Malaiischen Archipel als System verstehen will, muß eine Reihe unterschiedlicher Akteure, Orte und Verbindungen einbeziehen. An dieser Stelle ist zusätzlich zu berücksichtigen, daß der Blickwinkel des Gouvernements Makassar auch die Vorgehensweise der vorliegenden Studie bestimmt, weswegen „informelle“ Strukturen nur teilweise sichtbar werden. Einzubeziehen in eine umfassendere Betrachtung sind zunächst Völker, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten in direkte Konkurrenz zur VOC traten. Die Seramesen handelten mit Gewürzen, die aus Beständen stammten, die noch nicht durch die Niederländer monopolisiert worden waren. Mit ihnen trat eine neue Nation unter den maritimen Händlern auf, die sich auf ihr Zentrum Seram und auf bestimmte Verbindungen Richtung Westen konzentrierten. Das in der Seerfahrt weitaus erfahrenere Volk der Bugis suchte seine bestehenden Handelssphären aufrecht zu erhalten. Es wich zu diesem Zweck den europäischen Einflußzonen zunehmend aus. Im Gegensatz zu den Seramesen etablierten es Diasporagemeinden, deren Gründung allerdings auch andere Ursachen als ökonomische haben konnte. Gleichzeitig blieben die Bugis an ihren traditionellen Handelsplätzen weiterhin präsent. Mit der Kombination neuer Netzwerke und alter Anknüpfungspunkte gelang es ihnen, eine der bedeutendsten Handelsnationen des Malaiischen Archipels zu bleiben – sogar in erschwerten Bereichen wie dem Gewürzhandel. Einzubeziehen sind auch Völker, die für das europäische Auge weitgehend unsichtbar blieben und an Netzen webten, welche die sichtbaren stützten oder ergänzten. Wenig bekannt sind beispielsweise die Aktivitäten der Mandhar. Die geringen überlieferten Kenntnisse erlauben jedoch die Annahme, daß sie in ganz ähnlichen Bereichen Handel trieben wie ihre sulawesischen Nachbarn. Allerdings taten sie dies auf Wegen, welche der VOC weitgehend verborgen blieben. Schon allein auf Grund ihrer Lebensweise bildeten die Seenomaden der Bajau Netzwerke heraus, die nicht nur ihr gesellschaftliches Leben als Nation verknüpften, sondern auch für manche Handelssphäre von Bedeutung eine wichtige Rolle spielten. Bei ihnen fanden sich Basisnetze des Handels mit lukrativen maritimen Gütern wie trepang, agaragar oder Schildpatt, welche für die VOC kaum eine Rolle spielten und so für eine einheimische Handelsprosperität sorgen konnten, die durch die Bestrebungen einer Monopolkompanie unbeeinträchtigt blieben.
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Darüber hinaus ist die vielschichtige Struktur der Anlaufplätze und Häfen – seien es neue oder traditionsreiche, „illegale“ oder von der VOC akzeptierte – in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Ein traditionelles Emporium wie Makassar blieb auch unter den veränderten Umständen bestehen. Es behielt seine Funktionen, doch wurden sie durch die direkten wie indirekten Einflüße der niederländischen Kompanie deutlich eingeschränkt. Auch eine Hafenstadt wie Banjarmasin konnte seine Rolle behaupten, jedoch nicht von der schwindenden Bedeutung des Nachbarn Makassar profitieren. Auch hier machten sich indirekte Einflüsse der VOCAktivitäten bemerkbar. Außerhalb des niederländischen Einflußbereiches kamen neue Warenumschlagplätze hinzu. Zu denken ist an die Orte der neueren Diasporagruppen wie die Bugis-Siedlungen in Riau oder an der Ostküste Kalimantans; zu denken ist an schwer kontrollierbare oder gar abseitige Inselgruppen wie die Tukangbesis, wie Bonerate oder auch die östlich von Seram liegende Inselwelt; und zu denken ist an kleinere Orte auf altbekannten Inseln wie das von VOCKontrolleuren immer häufiger aufgesuchte Alas auf Sumbawa. Ganz unterschiedliche Typen traten dabei in Erscheinung. Manche dieser Plätze hatten zumindest annähern städtischen Charakter, andere wie Bonerate oder die Strände der tukangbesischen Koralleninseln blieben eindeutig nicht-urban. Zudem hatten nicht alle Plätze die gleiche Funktion und die gleiche Beteiligung an den möglichen Handelssphären. Vielerorts wurde gegen die Bemühungen der VOC, wenn auch im Umfang deutlich reduziert, der traditionelle Gewürzhandel weitergeführt. Für ein Diasporazentrum wie Riau konnte er zu einer Grundlage des wirtschaftlichen Aufschwungs werden. Andere Umschlagplätze hatten ihren Ursprung in Handelssphären wie trepang, die weitgehend außerhalb des VOC-Interesses existierten. Die Insel Komodo könnte ein solcher Fall gewesen sein, doch sind unsere Informationen über entlegenere Insel meist zu spärlich für genauere Aussagen. Im Zusammenhang mit neuen Anlaufplätzen sind auch neue Seerouten zu beachten, die solche Orte miteinander verbanden. Sicherlich handelte es sich bei ihnen um keine Neuentdeckungen. Die angesprochenen Routen wurden auch in voreuropäischer Zeit genutzt, jedoch zumeist für den innerregionalen Handel, den Handel auf der vierten Ebene oder den Handel in Sphären von nur begrenzter Reichweite. Die neue Qualität, die sie unter dem Druck der VOC erlangten, ist darin zu suchen, daß sie außerhalb der Vorherrschaft der Kompanie lagen. Auch auf diesen Routen wurden einheimische nachodas gelegentlich kontrolliert. Worum es ihnen bei der Wahl solcher Routen ging, war nicht die absolute Sicherheit, die sowieso nicht zu
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garantieren war, sondern die geringere Wahrscheinlichkeit der Konfrontation mit der Kompanie und somit die Risikominimierung für den Seehandel mit Waren, welche die VOC monopolisieren wollte. Schließlich darf die tatsächliche Ausbreitung des Gewürznelkenanbaus nicht unberücksichtig bleiben. Die klassische Annahme, Nelken hätte es nur auf Ternate, Tidore und Ambon und Muskatnüsse nur auf Banda gegeben, verfälscht das Bild und läßt so manchen Ansatzpunkt des „Gewürzschmuggels“, also der Konkurrenz für die VOC im Gewürzhandel, außer Acht. Faßt man die Exstirpations-Bemühungen der VOC und die Informationen über „sluijkerhandelaers“ in geographischer Hinsicht zusammen, muß man zu dem Ergebnis kommen, daß Gewürznelken und Muskatnüsse in den gesamten Molukken einschließlich Serams und Burus, in den weiter östlich gelegenen Archipelen wie Kai und Aru, in den östlichen Ausläufern der Nusa Tenggara, dort insbesondere im Leti-Archipel, auf einigen Neuguinea vorgelagerten Inseln, in den Tukangbesis sowie auf den Inseln Selayar und Buton unmittelbar vor der sulawesischen Küste kultiviert wurden. Da nur ein Teil dieses weiten Raumes unter tatsächlicher kolonialer Herrschaft der VOC stand, zeichnet sich hier eine tragfähige Grundlage für einen parallel zum Kompaniehandel existierenden Gewürzhandelssektor ab. Aus Sicht der Stadt Makassar entwickelte sich im 17. und 18. Jahrhundert die merkantile Umwelt nicht zum besseren. Die prägende Entwicklung im Osten war die zunehmende Dominanz der VOC, welche die Handelsbeziehungen des Emporiums in diese Richtung weitgehend unterband. Ihr neuer Charakter als Kolonialstadt verhinderte zusätzlich, daß Netzwerke im Gewürzhandel, die an den Niederlassungen der VOC vorbeiliefen und Bonerate oder Riau ansteuerten, Makassar als Knotenpunkt integrierten. Die prägende Entwicklung im Westen war weniger eindeutig von der Kompanie bestimmt. Neu aufgebaute Netze, vor allem der Bugis und der Makassaren selbst, lösten sich zunehmend von der Stadt. Ein Handelszentrum wie Riau hatte das Emporium Makassar schlicht nicht mehr nötig. Kleinere Netzwerke knüpften lieber an freie Knotenpunkte an, die nicht weit entfernt sein mußten. Hier allerdings relativiert sich schließlich der Bedeutungsverlust Makassars, kann er doch nur an den offiziellen Akten gemessen werden, während die angesprochenen neuen Knotenpunkte, wie gesehen, nicht einmal außerhalb des Stadtgebietes liegen mußten. Manche in diesem Zusammenhang getroffene Feststellung, daß bestimmte Handelsrouten – beispielsweise im Handel mit Kokosprodukten – an Makassar vorbeiliefen, klingt zunächst banal. Warum sollten solche Alltagspro-
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dukte nicht auf den verschiedensten Wegen unabhängig von der größten Hafenstadt der Region transportiert werden? Immerhin zeigen sich zweierlei Dinge: einerseits die Unstimmigkeit der Vorstellung von Stapelplätzen, die den gesamten Güterverkehr anzogen, und andererseits die Unstimmigkeit der Vorstellung von einer küstenabhängigen Seefahrt. Daß die Alltagsversorgung der Bevölkerung auch in Indonesien über viele kleine Routen verlief, die niemals auch nur in die Nähe großer Handelszentren kamen, versteht sich von selbst. Aus Sicht der VOC entstanden Netzwerke, die in Konkurrenz zur Kompanie traten. Manche von ihnen taten dies in Bereichen, die von der Kompanie als existenziell angesehen wurden. Es ist kein Zufall, daß sich in Riau die Geschichte Makassars geradezu noch einmal wiederholte. Manche taten dies in Bereichen, welche die VOC ihrem Anspruch nach ebenfalls dominieren wollte, jedoch auf Grundlage fehlender Ressourcen nur nadelstichartig bekämpfen konnte oder sogar – mehr oder weniger bewußt – hinnehmen mußte, da sie kaum erkennbar waren. Die gelegentlich geäußerte Annahme, daß fehlender Einfluß auf bestimmte Handelssphären ihre Ursache in mangelndem Interesse seitens der Kompanie hatte, ist schlicht falsch. Ihre Bemühungen, den Verkehr im Hafen von Makassar komplett zu kontrollieren, über die Pässe exakte Vorschriften hinsichtlich zulässiger Wege und Waren durchzusetzen und Seewege mit bewaffneten Patrouillen unter Kontrolle zu halten, sprechen eine eindeutige Sprache. Ebenso unzutreffend ist eine scharfe Trennung zwischen der von der VOC kontrollierten Handelswelt und den einheimischen Strukturen. Vielmehr ist von fließenden Übergängen auszugehen. Der Handel im Malaiischen Archipel zur Zeit der niederländischen Ostindien-Kompanie wies äußerst komplexe Strukturen auf, die bei weitem noch nicht in ihren Einzelheiten erforscht sind.
Neuntes Kapitel
Sulawesi, Kalimantan und der Malaiische Archipel der VOC
„It is quite evident that the mode of incorporation of the archipelago into the European worldsystem worked at least partly through the penetrating restructuring of the already existing commercial nets and structures of which [...] the infrastructural subset was central.“ (Wolfram JÄCKEL, 1993)
I. Makassar und die VOC Ein einfaches Schlußwort, ein allgemeines Fazit oder eine kurze Zusammenfassung werden einer komplexen Handelswelt, wie sie sich in den vorangegangenen Kapiteln abgezeichnet hat, nicht gerecht. Zudem steht das Wort im Raum, auf die höheren Ebenen des historischen Verständnisses zurückkehren zu wollen, um nicht in den Spezifika einer Fallstudie steckenzubleiben. Die folgenden Seiten enthalten Zusammenfassungen zu den einzelnen angesprochenen Bereichen, doch versuchen sie auch einen Schritt weiter zu gehen, indem sowohl einige allgemeinere Aussagen zum Malaiischen Archipel im 17. und 18. Jahrhundert getroffen als auch einige Gedanken zu dessen Stellung in der frühneuzeitlichen Welt formuliert werden. Sicherlich ist die empirische Grundlage nicht ausreichend, um aus jeder Aussage eine Gesetzmäßigkeit ableiten zu können. Vielmehr ist es gewollt, daß die Ausführungen Anregungen für neue Fragestellungen und weiterführende Forschungen bieten.
1. Makassar im 17. und 18. Jahrhundert – eine Zusammenfassung
Begünstigt durch die verkehrsgeographische Lage am Knotenpunkt mehrerer etablierter Handelsrouten, durch die Freihandelspolitik weitsichtiger Herrscher, durch die kommerziellen Aktivitäten der eigenen Bevölkerung und durch die Verfügbarkeit eines lukrativen Exportgutes in Gestalt von hochwertigem Reis entwickelte sich Makassar im Laufe des 16. Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Emporien des Malaiischen Archipels, nachdem es im Zuge der staatlichen Vereinigung von Goa und Tallo bereits ein politisches Zentrum geworden war. Die Hafenstadt, deren Handel weit zurückreichende Wurzeln hatte, wurde zum Umschlagplatz aller in Indonesien gehandelten Güter; besondere Bedeutung bezog das Emporium aus seiner herausragenden Stellung im Handel mit molukkischen Gewürzen. Entsprechend enge Verbindungen bestanden zu den östlichen Teilen des Archipels – auch durch Makassaren und Bugis, obwohl deren Beteiligung in der Forschung gerne vernachlässigt wird. Darüber hinaus wurden kommerzielle Kontakte zu allen Regionen des Malaiischen Archipels unterhalten und das südostasiatische Festland, die Philippinen sowie Indien durch mehr oder weniger sporadische Fahrten in das Han-
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Handelsnetz Makassars einbezogen. Schließlich hatte sich auch ein unmittelbarer Chinahandel etabliert. Getragen wurde diese weite Verflechtung nicht nur von den sulawesischen Ethnien. Wie in den meisten anderen Zentren Südostasiens herrschte auch in Makassar Freizügigkeit, wodurch zahlreiche Gruppen der Handelsdiaspora als integrierte Bestandteile der Bevölkerungs in der Stadt lebten. Sieht man von einigen katholischen Missionierungsversuchen ab, die gegen die Islamisierung Goa-Tallos im frühen 17. Jahrhundert aussichtslos blieben, war es vor allem die Rolle als Umschlagplatz von Gewürzen, die das Interesse der Europäer auf Makassar lenkte. Dieses Interesse kam in unterschiedlicher Weise zum Ausdruck. Die Portugiesen bildeten eine weitere Handelsdiaspora, die zeitweilig sogar die einflußreichste ihrer Art war. Einige andere Südeuropäer traten nur sporadisch als durchreisende Händler in Erscheinung. Die Engländer hingegen errichteten eine vergleichsweise langlebige Faktorei, die nicht an den makassarischen Bedingungen zugrunde ging, sondern von den Niederländern vertrieben wurde. Ganz besondere Beziehungen entwickelten sich zu den Niederländern. Nachdem die VOC ihre europäische Konkurrenz im Malaiischen Archipel weitgehend neutralisiert hatte, strebte sie zur Sicherung eines Gewürzmonopols vor allem die Beseitigung unabhängiger einheimischer Konkurrenz an. Makassar war Mitte des 17. Jahrhunderts einer der letzten Freihäfen für Gewürznelken, Muskatprodukte und Pfeffer. Nach einigen gescheiterten Versuchen, die sowohl die Gründung einer Faktorei wie militärische Blockaden umfaßten, entschloß sich die VOC-Führung schließlich zur gewaltsamen Beseitigung der Konkurrenzsituation und zur Eingliederung Makassars in das System der VOC. Durch den Aufstieg zur regionalen Vormacht, der Unterwerfungskriege und islamische Zwangsmissionierung mit sich brachte, hatte sich Goa-Tallo zahlreiche Feinde gemacht, insbesondere unter den Bugis. Ein Bündnis mit solchen Gegnern ermöglichte es der VOC schließlich, Makassar zu erobern und das Emporium den eigenen Regeln zu unterwerfen. Makassar wurde zur Kolonialstadt der VOC, die vor allem aus negativen Zwecken, zur Verhinderung des freien Handels an einer zentraler Stelle, erobert worden war. Wirtschaftlich blieb die Niederlassung stets ein Verlustgeschäft und wurde nur aus strategischen und handelspolitischen Gründen aufrecht erhalten, die zudem nicht unumstritten waren. Lebhafter war der Privathandel, der durch den Machtwechsel in der Stadt keineswegs zum Erliegen gekommen war. Die VOC etablierte ein Kontrollsystem, das zur Steuerung und Kontrolle des Privathandels, nicht jedoch zu seiner Unterbindung gedacht war.
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Einige Handelssphären verschwanden tatsächlich aus dem offiziellen Hafen. So fand in Makassar kein Gewürzhandel mehr statt, und der Kontakt zu den Molukken wurde nur noch zu deren Versorgung aufrechterhalten, die vor allem Bürger und Chinesen kontrollierten. Andere Handelssphären blieben von der Einflußnahme der Niederländer in ihren Grundstrukturen unbeeinflußt. Weiterhin wurde mit Textilien, Metallprodukten, den Früchten von Meer und Wald und den gängigen Nahrungs- und Genußmitteln gehandelt. Andere Sektoren konnten sich sogar neu etablieren oder einen erneuten Aufschwung einleiten, nicht zuletzt durch die Wiederbelebung der direkten Verbindung nach China. Neben den Kontinuitäten im Privathandel sind etliche Veränderungen zu beobachten, die wenig bis gar nichts mit dem Einfluß der VOC zu tun hatten. Trotzdem gab es auch Veränderungen durch den niederländischen Einfluß. Vom Untergang des Gewürz- und Molukkenhandels im offiziellen Hafen abgesehen, gingen auch die Fahrten zu weiter entfernten Zielen zurück. Das Festland Südostasiens oder Indiens wurde im 18. Jahrhundert nicht mehr direkt angelaufen, Indonesien westlich Batavias nur selten und mit abnehmender Tendenz. Der Zugriff der VOC auf das Produkt Reis und eine gewachsene koloniale Gesellschaft ließ einen ganzen Exportsektor verschwinden. Auch Handelsnationen verschwanden teilweise – interessanterweise die sulawesischen Ethnien, die nicht die eigene Heimat völlig aufgaben, sondern dem Kontrolldruck der VOC auszuweichen suchten. Makassars Handel blieb auch unter der VOC bedeutsam. Er entwickelte sich sogar weiter, wie die Adaption neuer, größerer Schiffstypen während des 18. Jahrhunderts zeigt. Allerdings veränderte er in weiten Bereichen sein Gesicht und verlor neben etlichen Beteiligten auch so manchen Kontakt. Makassar blieb ein Emporium, aber eines mit beschränkter Reichweite.
2. Die Durchsetzungskraft der VOC
Die politische Perspektive Die VOC trat gleichermaßen als Diplomat und als Militärmacht auf. Für beide Vorgehensweisen war sie vom niederländischen Staat privilegiert worden. Den Hintergrund ihrer diplomatischen Durchsetzungskraft bildete ihre Stärke als möglicher Handelspartner, ihr militärisches Gewaltpotential und im Laufe der Zeit zuneh-
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mend ihr weit gesponnenes Bündnisnetz. Der Hintergrund ihrer militärischen Macht war in dem Recht zur Erstellung einer eigenen Flotte und eigener Heere sowie der Stärke der indigenen Bündnispartner zu suchen. Ihre Grenzen fand sie allerdings in der Finanzierbarkeit und in der Kosten-Nutzen-Abwägung. Armeen wurden nur im Bedarfsfall ausgehoben; größere Flottenverbände standen nur in Batavia bereit und entsprachen nicht unbedingt dem Bild einer großen Seemacht, da der Großteil des Schiffspotentials für die Retourflotte benötigt wurde. Dem unabhängigen Makassar gegenüber führte der diplomatische Weg zu wenig Erfolg. Der Kompanie gelang weder die Etablierung einer Faktorei noch der Abschluß eines Vertrages nach eigenen Vorstellungen. Selbst die Anwendung militärischen Drucks durch Blockaden führte zwar zu einer deutlichen Schwächung des Gegners, konnte jedoch dessen Widerspruchswillen nicht brechen. Auffällig ist der Rigorismus des niederländischen Vorgehens. Zahlreichen anderen Fürsten gegenüber verhielt sich die VOC weitaus langmütiger. Vielerorts wurde eine militärische Operation nie in Erwägung gezogen. Dies mag einerseits von dem Grad des Widerspruchs durch den jeweiligen Herrscher abhängig gewesen sein, der in Makassar überdurchschnittlich hoch war. Entscheidender war jedoch die Frage, wie die Niederländer die wirtschaftliche und die machtpolitische Position des Gegenübers einschätzte. Makassar hatte eine regional einmalige Drehscheibenfunktion inne, die dem Monopolanspruch der VOC in einigen ihrer zentralen Handelssphären entgegenstand, weswegen ihr letztendlich alle Mittel recht waren. Blickt man vergleichend auf den Fall Banjarmasin und darüber hinaus auf die Gesamtheit der indigenen Kleinstaaten und Hafenstädte, muß betont werden, daß Makassar gerade kein typischer Fall war. Er zeigt deutlich die Schwerpunkte der VOC im 17. Jahrhundert auf; nicht einmal der Pfefferhandel wurde so hoch eingestuft wie die molukkischen Gewürze. Banjarmasin liefert zudem einen Hinweis darauf, daß sich auch im 18. Jahrhundert daran nicht viel geändert hatte. Für die Handelssphären, denen ihre allererste Priorität galt, setzte die VOC allen Nachdruck in ihrem diplomatischen Vorgehen ein und griff am Ende auch zu den ultimativen Mitteln. Ein Vierteljahrhundert zuvor hatte Malakka ein anderes Beispiel hierfür liefern müssen. In den meisten anderen Fällen kam es jedoch nicht zu Eroberung und Kolonisierung. Dank dieser Konzentration der Kräfte auf das für sie wesentliche war es der VOC möglich, sich in Süd- und Südostasien trotz vergleichsweise geringer Kapazitäten als herausragender Machtfaktor zu etablieren. Gleichzeitig machte es das Durchdringen weiter Bereiche dieser Welt unmöglich.
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Die wirtschaftliche Perspektive So wie in den großen geographischen Zusammenhängen ist auch eine Konzentration der Kräfte im Kleinen, im Fall der Kolonialstadt, zu beobachten. Die Kompanie konzentrierte sich in räumlicher wie in wirtschaftlicher Hinsicht auf bestimmte Bereiche Makassars. Geographisch konnte nur das Stadtzentrum Vlaardingen direkt und die angrenzenden Stadtviertel indirekt beherrscht werden. Alle anderen kampung konnten, wenn die entsprechenden Anstrengungen waren groß genug waren, durch Militäraktionen immer wieder unter die Macht der Kolonialherren gebracht, aber nicht kontinuierlich kontrolliert und verwaltet werden. Die Städte des Malaiischen Archipels wiesen einen grundlegend ähnlichen Charakter auf. Gleichzeitig verfügte die VOC nur in den wenigsten Kolonialstädten, sieht man von dem Sonderfall Batavia ab, über größere personelle und militärische Kapazitäten. Es ist also kaum anzunehmen, daß die Kompanie unter diesen Bedingungen irgendwo im Archipel größere Kontrolle über eine Stadt hatte erlangen können, als es in Makassar der Fall war. Dies führte einerseits zu einem ökonomisches Eigenleben der meisten kampung in einer VOC-Stadt. Der Handel konnte in ihnen weitgehend ungestört von den Kontrollmechanismen der Kompanie abgewickelt werden. Die Märkte konnten in der Folge alle Waren, die im Archipel gehandelt wurden, anbieten und sorgten im Extremfalle sogar für Gewürzhandel in unmittelbarer Nachbarschaft niederländischer Festungsanlagen. Hatten solche kampung zudem noch einen Zugang zum Meer, waren von hier aus Handelsverbindungen aufrecht zu erhalten, die im Paßsystem der Kompanie nicht vorgesehen waren. Andererseits führte dies zur unterschiedlichen Durchsetzung der einzelnen Hndelssphären durch die Kompanie. Diese beteiligte sich im Rahmen ihres ‚country trades’ nur an wenigen Sphären in sehr unterschiedlicher Intensität, was in den extremsten Fällen wie in Makassar zu einer defizitären Situation der Niederlassung führen konnte. Zugleich war sie nicht in der Lage, zu allen Sphären ihres Hafens intime Kenntnisse anzusammeln, die über eine oberflächliche Paßvergabe hinausgingen, so daß auch im eigenen Machtbereich mancher Handel an der Kompanie vorbeilief.
Anspruch und Wirklichkeit Der Vertrag von Bongaya und die Notitie des Cornelis Speelman bauten einen hohen Anspruch auf. Einerseits sollte eine territoriale politische Kontrolle nach Art der
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‚indirect rule’ ausgeübt werden, die durch einen Verbündeten ergänzt wurde, den die VOC gern als treuen Vasallen gesehen hätte. Andererseits stand eine vollständige Kontrolle des Wirtschaftsleben auf der Agenda, die sich vor allem auf den Privathandel bezog, unabhängig davon, ob es sich um Handelssphären von besonderer Bedeutung für die VOC handelte oder nicht. Die reale politische Kontrolle innerhalb der Stadt sah jedoch anders aus. Es bildeten sich drei Zonen: ein kolonialstädtischer Kern aus Fort Rotterdam und Vlaardingen, Pufferzonen relativer Kontrolle wie der Kampung Baru oder der Kampung Melayu und weite Stadtbereiche mit faktischer Autonomie, die auf der Unfähigkeit der VOC zur durchgreifenden Einflußnahme beruhte. Im engen Zusammenhang damit stand die faktische wirtschaftliche Kontrolle. Die politisch-militärisch nicht kontrollierbaren Stadtbereiche konnten ihr eigenes Wirtschaftsleben entwickeln und stellten teilweise autonome Handelszentren innerhalb der Kolonialstadt dar. Daneben kam es auch aus pragmatischen Gründen zum Verzicht auf durchaus mögliche Kontrolle, wie bei der ersten Junke aus Amoy, die im 18. Jahrhundert Makassar erreichte. Die anfangs aufgestellten Ansprüche wurden von der am Alltagsgeschehen bestimmten Politik der niederländischen ‚men on the spot’ relativiert. Außerhalb der Stadt unterstanden zwar größere Teile der Südhalbinsel Sulawesis nominell der VOC-Herrschaft, faktisch befanden sich jedoch nur in Maros und Bantaeng sowie auf Selayar militärische Kräfte, die solchen Ansprüchen Nachdruck hätten verleihen können. Schon in Bima oder Buton waren nur einzelne Residenten präsent. Und auch die lokale Flotte war nur zu stichprobenartiger Machtausübung in der Lage. Ihre ursprünglichen Ansprüche hatte die VOC nie erfüllen können oder, betrachtet man das Vorgehen ihrer Repräsentanten, auch nie erfüllen wollen.
3. Kontinuitäten und Veränderungen im makassarischen Wirtschaftsleben
In seiner Beschreibung der Landschaft Goa vom Ende des 19. Jahrhunderts fällt A. J. A. F. Eerdmans ein vernichtendes Urteil über den makassarischen Handel. „De handel bepaalt zich grootendeels tot binnenlandschen handel en is betrekkelijk van weinig beteekenis. Slechts enkele personen drijven eenigen handel met Soembawa, Flores en de Molukken. De handel in lijnwanden en kramereijen in de vlakte is grootendeels in handen van enkele prinsen, die de bevolking der laagvlakten, feitelijk door het geven van credit dwingen zich bij hen van die artikelen te voorzien. [...] Over het algemeen beteekenen deze marktplaatsen zeer weinig; men vindt er een paar ellendige loodsen [...] welke
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gewoonlijk door hen, die lijnwaden en kramereijen debiteeren, bezet worden. De verkoopers van rijst, djagong, gedroogde, gezouten of gerookte visch, sirih, tabak, gambier, kalle, aard- en peulvruchten, sagoweer, kamiri [...], fruit, enz. moeten zich met een plaatje onder den blooten hemel vergenoegen.“802
Zweifel bestehen bereits hinsichtlich der Gültigkeit diese Urteils für das 19. Jahrhundert, die hier jedoch nicht zu diskutieren sind. Auf keinen Fall aber handelte es sich um eine Situation, die ihre Wurzeln bereits im 18. Jahrhundert hatte. Dies bedeutet nicht, daß für diese Zeit die Bedeutung der VOC einfach als marginal beiseite geschoben werden kann. Eine Ausdifferenzierung der Verhältnisse ist notwendig.
Prohibition und Verdrängung Tatsächlich verboten wurde von der VOC in ihrem Einflußbereich nur der Gewürzhandel. Nelken, Muskatnüsse und Macis waren im offiziellen Hafen von Makassar nicht zu finden, es sei denn, sie wurden von der VOC selbst für den Eigenbedarf des kolonialstädtischen Kerns verkauft. Dies hatte mehr mit den Versorgungsfunktionen einer VOC-Stadt als mit einem Markthandel zu tun. Auch der Pfeffer, obwohl andernorts keine monopolisierte Handelssphäre, war im offiziellen Makassar nur von der Kompanie zu erstehen; gleiches galt für den Zimt, der allerdings nicht im Malaiischen Archipel angebaut wurde. Die von der Prohibition betroffenen Sphären lösten sich nicht zugunsten des VOC-Monopols auf. Auch wenn die Quellen nur Indizien anbieten, ist neben einer unzweifelhaften Schwächung von einem räumlichen Verdrängungsvorgang auszugehen. Neue Umschlagplätze für die vorgeblich monopolisierten Waren enstanden sowohl in den Kolonialstädten selbst als auch in anderen, nicht von der VOC kontrollierten Städten oder im stadtfreien Umfeld. Dies korrespondiert mit der Beobachtung, daß auch Anbaugebiete außerhalb des Kompaniesystems genutzt wurden. Mit Verdrängung hing auch eines der auffälligsten Phänomene im Hafen Makassars während des 18. Jahrhundert zusammen: der deutliche Rückgang und das zeitweilige Verschwinden der eigentlich dominierenden Ethnien der Stadt, der Bugis und vor allem der Makassaren. Es handelte sich nicht um eine Degeneration einstmals seefahrender Völker, sondern ebenfalls um Ausweichbewegungen. Die Rekonstruktion der Handelsverbindungen Makassars vor der Eroberung durch die VOC hat gezeigt, daß auch und gerade diese Völker im engen Zusammenhang mit dem freien Gewürzhandel standen. Es ist daher kaum verwunderlich, wenn sie nach der 802 EERDMANS, Landschap Gowa, 26-28.
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Eroberung den Gewürzen folgten und an Plätzen außerhalb des VOC-Systems vermehrt aktiv wurden. Der unter fremde Kontrolle geratene eigene Hafen verlor für diese Gruppen drastisch an Bedeutung, zumal die neuen Umschlagplätze ja nicht heimatfern sein mußten.
Kontinuität und Erschließung neuer Felder Wichtiger noch als Veränderungen, die durch die VOC herbeigeführt wurden und somit nicht unerwartet sind, ist im vorliegenden Zusammenhang die Betonung von Kontinuitäten. Makassar erlebte durch die Transformation zur Kolonialstadt wirtschaftliche Änderungen, aber keinen vollständigen Umbruch. Die Stadt war und blieb ein Umschlagplatz für Textilien. Sicherlich war die Gesamtmenge gerade der indischen Textilien im Vergleich zur vorkolonialen Zeit zurückgegangen – eine Entwicklung, die der zurückgegangenen Gesamtbedeutung Makassars entsprach. Teilweise teilten sich Kompanie und Privatiers die gehandelten Tuchsorten untereinander auf; es entwickelten sich aber auch Konkurrenzsituationen bei bedeutenden indischen Exportgütern. Daneben blieben Verflechtungen zwischen Kompanieund Privathandel nicht aus. Eine zweite wichtige Stütze des makassarischen Textilhandels waren die Produkte aus der Region, die als Exportgut stets präsent waren und in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch einmal an Bedeutung gewannen. Noch auffälliger wird die Rolle der Region bei der Rohbaumwolle, deren Absatz in der zweiten Jahrhunderthälfte teilweise sogar boomte. Die Handelswaren dieses Sektors waren zu lukrativ, als daß ein privater Handel ernsthaft hätte verhindert werden können, zumal er durch die Verfügbarkeit einheimischer Güter gestützt wurde. Neben den Textilien sind zahlreiche Kontinuitäten in anderen Handelssphären zu beobachten. Verwiesen sei auf den Import javanischen wie auch chinesischen Tabaks, obwohl dieser auf wechselnden Routen seinen Weg nach Makassar fand. Zwar wies der Tabakimport insgesamt einen leicht rückläufigen Trend auf, vor allem, wenn man die weitaus größere Importmengen in den ersten Beispieljahrgängen beachtet, doch war er immer ein wichtiger Handelssektor im Hafen Makassars. Auch Schildpatt war stets in geringen, aber wertvollen Mengen präsent. Als Luxusgut erfuhr er vierlerorts eine konstante Nachfrage. Während sich ein Waldprodukt wie Rattan nicht kontinuierlich etablieren konnte, war ein anderes, Wachs, im ganzen 18. Jahrhundert keinen grundlegenden, strukturellen Schwankungen unterwor-
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fen. Gleiches kann von Salz, Zucker und Kokosnüssen gesagt werden, die als grundlegende Lebensmittel außerhalb kolonialer Beeinflussung ihre Bedeutung behaupten konnten. Einen Sonderfall in der makassarischen Handelsgeschichte stellte der trepang dar. Eine steigende Nachfrage und die wiederhergestellte Handelsverbindung nach China ließen die Stadt zum trepang-Zentrum aufsteigen. Unabhängig von der VOC und weitgehend außerhalb ihrer Netzwerke und Einflußzonen konnte sich im 18. Jahrhundert ein höchst erfolgreicher Wirtschaftszweig entwickeln, der seinen Höhepunkt erst im folgenden Jahrhundert erlebte. Trepang war nicht die einzige aufsteigende Handelssphäre in Makassar. Sicherlich im engen Zusammenhang mit ihm stand das ebenfalls bei Chinesen sehr begehrte agar-agar. Aber auch die Bedeutung von Metallen in den Schiffsladungen, insbesondere den auslaufenden Schiffen, stieg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an. Im Falle des Golddrahtes stand einem stetigen Import eine Entwicklung vom Importeur zum Umschlagplatz gegenüber. Auch hier bestand ein enger Zusammenhang mit der unmittelbaren Chinaverbindung, wie er auch bei der Gebrauchskeramik deutlich wird. Auch ohne die Absatzmärkte Chinas erlebte der Sklavenhandel Ende des 18. Jahrhunderts nicht nur eine Wiederbelebung, sondern eine regelrechte Kommerzialisierung. Daß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch das Opium zu einem lohnenden Artikel des Privathandels wurde, zeigt nicht nur die verbliebene Dynamik einer Handelsstadt wie Makassar, sondern ist auch ein deutliches Zeichen für die Undurchführbarkeit weitreichender europäischer Monopolbemühungen in Südostasien. Die traditionell in südostasiatischen Emporien vertretenen Handelsnationen waren von der niederländischen Machtübernahme nicht betroffen. Nur die konkurrierenden Europäer – Engländer, Franzosen und Portugiesen – mußten die Stadt verlassen und wurden mit restriktiven Maßnahmen an der Rückkehr gehindert. Die Malaiien hingegen stellten weiterhin eine wichtige Diasporagruppe in Makassar. Selbst die Inder konnten ihre Rolle behaupten, auch wenn diese in so großer Entfernung vom Ursprungsgebiet eher randständig war. Zwei Gruppen erlebten sogar einen Aufschwung. Einerseits handelte es sich um die Chinesen, eine ebenfalls schon immer präsente Diasporagruppe, die im 18. Jahrhundert den Aufstieg zur dominierenden Nation im makassarischen Privathandel erlebte. Andererseits sind hier die Kompanie-Untertanen anzusprechen, die wahrscheinlich als ethnischsoziale Repräsentanten der neuen gesellschaftlichen Gruppen, die durch die Um-
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wandlung zur VOC-Stadt entstanden waren, anzusehen sind – sei es als Vertreter der ‚Indischen Culture’, der wachsenden einheimischen Bevölkerung in den territorialen Herrschaftsbereichen der Kompanie, oder als freigelassene Sklaven. Diese Gruppe war das einzige einheimische Element, das von der Entwicklung des Handels im offiziellen Makassar profitierte. Einen solchen Profit konnten weder die Makassaren oder Bugis als indigene handelstreibende Nationen noch die europäischen Bürger, denen man eigentlich die größte Nähe zu VOC nachsagen müßte, aus der makassarischen Handelsdynamik ziehen. Vielmehr waren es die traditionsreichen Handelsdiasporas, die Kontinuität und Aufschwung repräsentierten.
Europäisierung oder Asiatisierung Im Rahmen seiner epochenübergreifenden Studie zum transkulturellen Handel weist Philip D. Curtin darauf hin, daß im Zeitalter der Ostindien-Kompanien viele asiatische Kaufleute Schiffe europäischen Typs einsetzten und häufig europäische Offiziere für diese anheuerten.803 Dies mag für den Langstreckenhandel, insbesondere für den chinesischen, auf der zweiten Ebene gelten. Das Beispiel Makassar bestätigt eine solche Europäisierung jedoch nicht, sondern zeigt im Privathandel auf den unteren Ebenen eher eine umgekehrte Tendenz. Die Frage nach der Europäisierung asiatischer Handelsstrukturen in der frühen Neuzeit stellt sich unvermindert, ist doch die Vorstellung eines ‚Roll-over’ europäischer Werte, Verhaltensweisen, Produkte, Institutionen oder Organisationsformen noch immer eine gängige, wiewohl zumeist unausgesprochene Grundannahme in der Geschichte der europäisch-asiatischen Beziehungen. Europäisierung ist als Ausdruck tiefgreifender Durchdringung der asiatischen Strukturen durch importierte europäische Muster im Zuge der Inkorporation in ein europäisch dominiertes Weltsystem zu verstehen; Asiatisierung im Gegenzug als Ausdruck der Assimilation der expandierenden europäischen Strukturen an die vorgefundenen asiatischen Gegebenheiten. Sicherlich bietet Makassar, bedingt durch die Eroberung und die anschließende Kolonisierung, etliche Beispiel für die Übertragung europäischer Muster und die kommerzielle Anpassung an diese. Im Hafen wurden europäische Organisationsformen einschließlich des Paßsystem und der regelmäßige Überprüfung Einheimischer eingeführt. Traditionelle, weiterhin bestehende Ämter wurden wie im Fall des 803 CURTIN, Cross-Cultural Trade, 173.
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syahbandars mit Europäern besetzt. Niederländisches Geld wurde zum alleingültigen Zahlungsmittel erklärt. Doch blieb all dies auf den unmittelbaren Aktionsbereich der VOC und auf die Kontakte zwischen Kompanie und asiatischem Privathandel beschränkt. Auf der anderen Seite waren auch asiatische Zahlungsmittel durchsetzungsfähig, so wie das makassarische mas vor der Eroberung weit verbreitet war und auch danach außerhalb der unmittelbaren Kontrolle durch die VOC seine Gültigkeit behauptete. Zu nennen wären weiterhin die Beteiligung europäischer Privatiers an Sphären, die nur asiatische Märkte kannten, oder der zunehmende Einsatz regionaler Schiffstypen durch europäische Besitzer sowie der Rückgriff auf die Kompetenz asiatischer Seefahrer, wenn dies auch von Mißtrauen geprägt und daher nicht umfassend war. Letztendlich ist die Tatsache, daß die Profiteure der Handelsentwicklungen im Hafen nur Asiaten waren, sicherlich kein Hinweis auf eine Europäisierung der makassarischen Handelswelt. Und auch das Ausweichen der sulawesischen Ethnien aus dieser Welt legt allenfalls eine Parallelität der verschiedenen Einflüsse nahe, kaum aber eine Durchdringung durch europäische Muster. Ob Europäisierung oder Asiatisierung – beide Optionen waren im Zuge der europäischen Expansion grundsätzlich möglich. Curtin verweist auf Ausdrucksformen der Europäisierung auf den oberen Handelsebenen. Diese ließen sich ohne weiteres ergänzen. Erwähnt sei nur die Durchsetzung europäischer Zahlungsmittel in den wichtigen Häfen, insbesondere des spanischen Real. Dem steht, vor allem für die dritte Ebene, das Beispiel Makassar entgegen. Als wesentlichen Charakterzug der Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert legt es nahe, daß keine umfassende Ausbreitung europäischer Strukturen über alle Ebenen und Sektoren hinweg stattgefunden hat. Vielmehr erwiesen sich so manche asiatische Strukturen als die sinnvolleren oder durchsetzungsfähigeren. Mehr noch, asiatische Strukturen waren weiterhin zu eigenständigen Entwicklungen in der Lage und behielten selbst dort, wo konkrete europäische Macht ausgeübt wurde, bis zu einem gewissen Grad ihre Dynamik.
II. Handelsstädte, Handelssysteme und die VOC
1. Banjarmasin, Bugis und Bajau – eine Zusammenfassung
Banjarmasin im 17. und 18. Jahrhundert Banjarmasin im Südosten Kalimantans hatte ähnlich günstige Voraussetzungen für die Entwicklung zum Emporium wie Makassar. Die etwas versteckte Lage am Unterlauf des gleichnahmigen Flusses und eine Regierung, die weder so stark noch so eindeutig handelspolitisch ausgerichtet war wie ihr Gegenüber in Makassar, mögen dazu beigetragen haben, daß Banjarmasin nie zu den führenden Emporien hatte aufschließen können. Dennoch war die Stadt ein wichtiger Warenumschlagplatz, weil sie für alle einheimischen Schiffstypen erreichbar am Rande wichtiger Schiffahrtsrouten lag, in ihr ein weitgehend freizügiger Zugang zum Handel herrschte, mit Pfeffer ein eigenes, außerordentlich begehrtes Exportgut zur Verfügung stand, und nicht zuletzt weil die Stadt länger als die meisten anderen ihrer Größenordnung ihre politische Freiheit behalten konnte. Banjarmasin konnte als freier Hafen sicherlich von den Eroberungen Malakkas und Makassars durch die VOC profitieren; der Charakter als südostasiatische Handelsstadt hatte sich jedoch schon zuvor entwickelt. Auch Banjarmasin war Sitz mehrerer Handelsdiasporas, und auch in Banjarmasin liefen mehrere wichtige Handelsstraßen zusammen. Besonders wertvoll war für die Stadt der direkte Kontakt nach China, der während des gesamten 17. und 18. Jahrhunderts aufrecht erhalten wurde. Er bedingte einen Umschlagplatz für chinesische Waren einerseits und für Waren, die in China besonders gefragt waren, andererseits. In diesem Zusammenhang bestand auch eine enge, vor allem von Bugis getragene Verbindung nach Makassar, die jedoch mit der Zerstreuung der buginesischen Aktivitäten über das gesamte Malaiische Archipel im Laufe des 18. Jahrhunderts an Bedeutung verlor. Es war vor allem der banjaresische Pfefferhandel, der das Interesse der Europäer erweckte. Immer wieder wurden Versuche zur Etablierung einer Niederlassung unternommen, doch in kaum einer anderen Stadt des Archipels taten sich die Europäer so schwer Fuß zu fassen. Ob es an der besonderen Fremdheit der vorgefundenen ethnischen Struktur lag, ob an der besonderen Distanz der Machthaber Europäern gegenüber oder doch am eher peripheren Interesse der Kompanien, muß die zu-
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künftige Forschung noch erweisen. Auf jeden Fall gelang es erst niederländischen Gesandtschaften ab 1727 stetigere Handelskontakte mit Banjarmasin einzuleiten. In deren Folge konnte ein dauerhafter Vertrag zwischen der VOC und dem banjaresischen Königreich geschloßen werden, der Mitte des 18. Jahrhunderts zu einer Faktoreigründung führte und die Handelskontakte schließlich institutionalisierte. Zuvor war ein unmittelbarer Zugang zur regionalen Pfefferproduktion kaum möglich. Wahrscheinlich hatten unter den auswärtigen Händlern lediglich einige Chinesen diese Möglichkeiten. Alle anderen waren auf Mittelsmänner angewiesen, wobei der Grad der Ortskenntnis und der Integration in die regionalen Gegebenheiten die Art der Vermittlung bestimmte. Während die meisten Bugis-Händler auf dem Fluß unmittelbar von den Transporteuren des Pfeffers einkaufen konnten, waren die Vertreter der VOC auf den Reichsverweser und chinesische Mittelsmänner angewiesen. Sicherlich wäre den Niederländern auch ein direkterer Zugang möglich gewesen, doch strebten sie einen Monopolvertrag an, für den der panambahan unerläßlich war. Dieser wiederum verfolgte mit seinen Kontakten zur VOC vor allem politische und militärische Ziele im Inneren. Die dauerhafte Etablierung einer europäischen Handelsmacht spielte für ihn keine zentrale Rolle. Die Stadt Banjarmasin konnte weder vor dem Makassarischen Krieg noch danach eine Position erreichen, in der sie es an Reichweite oder Umfang der Handelskontakte mit Makassar aufnehmen konnte. Dennoch war sie ihr in einigen Bereichen überlegen, in anderen konnte sie in gewisser Weise die Nachfolge Makassars antreten oder Ausweichmöglichkeiten anbieten, beispielsweise im China- oder im Gewürzhandel. Ein rasanter Aufschwung als einer der letzten großen freien Hafenstädte im 18. Jahrhundert blieb jedoch aus. Neben möglichen Hemmnissen innerhalb des keineswegs stabilen Stadtstaates lag dies vor allem an der Konkurrenzsituation im Malaiischen Archipel, die es auch im 18. Jahrhundert, zur Zeit der höchstmöglichen Etablierung der VOC in der Region, gegeben hat.
Maritime Völker im 17. und 18. Jahrhundert Der alten Handelstradition Süd-Sulawesis verdankten die Ethnien, die an den dortigen Küsten ansässig waren, eine nicht unbeträchtliche maritime Kompetenz. Sie erlebten nicht nur passiv den Handel von Javanern, Malaiien oder Chinesen in ihren Häfen, sondern waren schon früh selbst am Warenaustausch über See beteiligt, wodurch ihre weite Ausbreitung überhaupt erst ermöglicht wurde. Unter ihnen
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waren die Makassaren eine eher kleine Ethnie, die vielfach in enger Verbindung mit den Bugis auftrat, während sich die Mandhar zumeist abseits der von Europäern überblickten Plätzen und Routen hielten. Die größte maritime Bedeutung auf der Südhalbinsel Sulawesis erlangten die Bugis, obwohl der berühmte Schiffsbau dieser Region mehrheitlich nicht ihnen, sondern bestimmten Untergruppen der Makassaren zuzurechnen ist. Die Bugis waren schon lange vor den gewaltsamen Auftritten der VOC in ihrer Heimat ein sehr mobiles Volk. Sie legten nicht nur lange Wege aus wirtschaftlichen Gründen zurück, sondern etablierten auch Siedlungen zur Unterstützung der kommerziellen Kontakte innerhalb dieser Reichweiten. Die Bugis gehörten zu den traditionellen Vertretern der Handelsdiaspora und können in dieser Art der kaufmännischen Netzwerkbildung durchaus mit den Chinesen verglichen werden. Der Makassarische Krieg, in dessen Folge viele buginesische Gegner der Siegerkoalition ihre Heimat verließen, verstärkte diese Tendenz, war jedoch nicht deren Ursache. Daß im Verlauf des 18. Jahrhunderts die Bugis-Diaspora besonders stark wurde und sich weit verzweigte, korrespondiert mit der wirtschaftlichen und politischen Stärke der VOC, zu deren System es schon rein geographisch Alternativen zu suchen galt. Ein gewaltsamer Verlust der Heimat war hierzu nicht notwendig. Im Zuge dieser Entwicklung entstand im Riau-Archipel ein neues Zentrum der Bugis, dessen die VOC abermals erst durch Gewaltanwendung Herr werden konnte. Daneben entstanden zahlreiche andere Bugis-Ansiedlungen mit einer Konzentration auf die kleineren freien Hafenstädten des östlichen Kalimantan. Aber auch in den größeren Hafenstädten, auch unter VOC-Oberherrschaft, entstanden ihre Diasporagemeinden. Auf diese Weise konnte ein weitverzweigtes Handelssystem entstehen, das ohne sonderliche Rückkopplung zur Heimat seine Eigenständigkeit behaupten konnte und in Konkurrenz zum System der VOC stand. Dies war der lebendige Beweis für die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Kompanie. Während ihrer Anwesenheit im Archipel erlebte diese nicht nur punktuelle Konkurrenz; vielmehr konnten ganze Systeme parallel zu ihrem eigenen bestehen. An Mobilität den Bugis sogar noch überlegen war ein weiteres Volk von hoher maritimer Kompetenz: die Bajau. Ihre Lebensweise als Seenomaden verlieh ihnen das Potential für eine wesentliche Rolle auf den unteren Handelsebenen, machte sie jedoch für die frühneuzeitlichen Beobachter aus Europa kaum faßbar. Als Fischer hatten sie intensive Beziehungen zu zahlreichen asiatisch geprägten Handelssphären. Dies galt insbesondere für den trepang. Als Transporteure dieses Gutes zu den Wa-
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renumschlagplätzen standen die Bajau zu zahlreichen anderen Handelssphären in Kontakt. Sicherlich waren sie in erster Linie in Bereiche involviert, in denen sie auch an der Produktgewinnung beteiligt waren. Es kam aber auch zu Transporten von Gütern, die parallel zu den Fischereiprodukten für die angesteuerten Häfen bestimmt waren. Solche Güter konnten teilweise aus eigenen Gewerben der Bajau stammen. Dabei blieben sie jedoch weitgehend unsichtbar, da sie selten die offiziellen Häfen benutzten und dort kaum als paßpflichtige Handelstreibende angesehen wurden. Die Bajau bildeten Netzwerke aus, die zur Informationsbeschaffung wie zum Warentransport für den freien einheimischen Handel von Bedeutung waren, insbesondere dort, wo sich außerhalb des unmittelbaren Zugriffs durch die VOC die Herausbildung neuer Systeme abzeichnete, in denen sie vor allem durch ihre Basisnetzwerke auf der vierten Ebene integrale Bestandteile bilden konnten.
2. Zum Handelssystem der VOC im Malaiischen Archipel
Die VOC und die zentralen Orte Die VOC konzentrierte sich im wesentlichen auf die Hafenstädte des Malaiischen Archipels. Hierbei handelte es sich um Städte im Sinne zentraler Orte des Warenumschlages, also um Orte hoher wirtschaftlicher Zentralität. Solche Orte wurden als Kolonialstadt, durch eine Faktorei, aber auch durch freie, auf Privathandel beruhende Handelsbeziehungen in das System der VOC einbezogen. Im Malaiischen Archipel wie auch in großen Teilen Asiens waren diese Knotenpunkte systematisch auf Batavia ausgerichtet. Zunächst konnte dies dadurch geschehen, daß eine kolonialstädtische Niederlassung oder eine Faktorei die Sammlung der Waren und ihren Versand nach Batavia organisierte. Oder Sammlung und Versand wurde durch Privathändler abgewickelt, jedoch unter Kontrolle und in Absprache der kolonialstädtischen Verwaltung oder der Faktorei. Eine dritte Funktionsweise stellt die negative Umkehrung dieser Organisationsformen dar. Durch die Kontrolle der VOC oder ihre Umformung in eine Kolonialstadt konnte ein Knotenpunkt aus dem Warentransportsystem bestimmter Güter herausgenommen werden. Dies diente zur Sicherung eines möglichst zentralisierten Zugriffs an wenigen Plätzen. Dennoch waren die ausgeschlossenen Knotenpunkte funktional Bestandteile des VOC-Systems, wiesen aber eine
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negative Zentralität auf. Die Stadt Makassar stellte ein besonders prominentes Beispiel hinsichtlich des Gewürzhandels dar. Schließlich konnten auch Städte oder Plätze, die nicht unmittelbar Bestandteil des VOC-Systems waren, Zulieferfunktionen für Batavia einnehmen, die privat organisiert waren und ganz vom Angebot der Privatiers abhingen. Hier konnte die Kompanie kaum Einfluß ausüben. Eine solche Funktionszuweisung ist allenfalls in für die Kompanie weniger wichtigen Handelssphären zu beobachten. Darüber hinaus bestand im System der VOC eine weitere Funktionsweise, die ausnahmsweise nicht oder nicht nur auf Batavia bezogen war: die Versorgungsfunktion für Plantagen oder andere frühkoloniale Niederlassungen. Auch hier kann ein wesentliches Beispiel am Fall Makassars beobachtet werden. Die Versorgung der Molukken mit Nahrungsmitteln hatte eines ihrer Standbeine lange in Makassar. Dort wird auch Verschiebung solcher Funktionen deutlich. Makassar selbst wurde zeitweilig zum Nettoimporteur des Hauptnahrungsmittels Reis, während die VOC im Laufe des 18. Jahrhunderts zunehmend die Versorgung der Molukken über die javanischen Häfen vorzog. In dieses System versuchte die VOC möglichst alle Knotenpunkte der indonesischen Netzwerke einzubeziehen. Nur in ganz besonderen Fällen griff die VOC zum radikalen Mittel der Unterwerfung eines Platzes. Anlaß konnte der Aufbau eines eigenen Machtgefüges sein (Batavia oder das javanischen Hinterland), die Beseitigung ernsthafter Konkurrenz in wesentlichen Handelssphären (Malakka, Makassar, Banten oder Aceh) oder die Erlangung der Kontrolle über den Anbau der bedeutendsten Güter (Ambon oder Banda). Darüber hinaus waren Verträge das bevorzugte Mittel der Kompanie. Diese führten entweder zur Etablierung von Residenzen wie auf Buton und in Bima, zur Gründung von Faktoreien wie in Banjarmasin oder zur ‚indirect rule’ wie im Aru-Archipel. Alle kommerziellen Aktivitäten, die sich außerhalb des VOC-Systems zum Mißfallen der Kompanie entwickelten, waren zu bekämpfen, „illegale“ Handelsplätze ebenso wie nicht erwünschte Gewürzpflanzungen. Die Bekämpfung zeitigte jedoch, so ist auf Grundlage der Quellen zu vermuten, selten mehr als symbolischen Erfolg. Insofern umfaßte das System der VOC zwar geographisch den gesamten Malaiischen Archipel, konnte ihn aber – aus der Perspektive der Handelsebenen betrachtet – bei weitem nicht durchdringen.
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Handelssphären und die Interessen der VOC Auf den ersten Blick verlief die zunehmende Einbeziehung privater Händler umgekehrt proportional zur Bedeutung der entsprechenden Sphäre für die VOC. Dem steht ein genereller Kontrollanspruch über den Handel des Archipels gegenüber. Dieser hatte weniger mit einem generellen Interesse als mit der Absicherung der eigenen Machtposition zu tun. Es bestand kein wirkliches Interesse der KompanieKaufleute am Handel beispielsweise mit trepang oder mit diversen nur regional nachgefragten Lebensmitteln. Auch exportorientierte Produkte wie Metallwaren standen ganz offenbar außerhalb des Interesses der VOC. Entsprechend wurden viele Handelsphären nie in den ‚country trade’ einbezogen, auch dann nicht, wenn es sich um unübersehbar lukrative Geschäfte gehandelt hätte. Die Niederländer in Diensten der Kompanie bevorzugten eine Konzentration auf Waren, die sie aus langer europäischer Handelstradition kannten, und auf solche, die in Europa in großen Mengen nachgefragt wurden. Anders die Europäer, die als private Kaufleute in Asien aktiv waren. Sie waren es, die europäische Elemente in asiatische Handelssphären einbrachten. Dennoch blieben solche Sphären von den Ansprüchen der VOC nicht unbehelligt. Es gehörte zu den grundlegenden Überzeugungen der Kompanie, daß zur Aufrechterhaltung ihres Systems im Malaiischen Archipel die Kontrolle möglichst aller einheimischer Handelsaktivitäten gehörte.
3. Zu den asiatischen Handelsnetzen im Malaiischen Archipel
Formal und informell Die Unterteilung in ‚formal’ und ‚informell’ ist heute weitgehend als Gliederungsmerkmal umfassender Wirtschaftssysteme akzeptiert. Die Idee eines ‚informellen Sektors’ in Abgrenzung von einem ‚formalen’ bietet auch für den Malaiischen Archipel zur Zeit der VOC einen sinnvollen Blickwinkel an. Das Paar ‚formal – informell’ entspringt allerdings keiner genuin geschichtswissenschaftlichen Begriffsbildung, sondern wurde im Zuge stadtsoziologischer Untersuchungen etwickelt; seine Wurzeln liegen in Forschungsprojekten zum Arbeitsmarkt in Ostafrika und Lateinamerika. In den grundlegenden Konzepten wird von einer simplen Dichotomie des Wirtschaftslebens ausgegangen. Um zu schlichte Sichtweisen auf die kom-
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plexe Realität zu vermeiden, hat die moderne Wirtschaftswissenschaft begonnen, das Begriffspaar weiter auszudifferenzieren und Modelle zu entwickeln, welche die Beziehung zwischen den beiden Sektoren angemessen beschreiben können. Hier ist jedoch nicht die richtige Stelle, um darauf näher einzugehen. Für die Zwecke einer vorläufigen Abschlußbetrachtung genügt die grundlegende Charakterisierung des ‚informellen Sektors’ durch folgende Merkmale: „Informal activities are a way of doing things, characterized by (a) ease of entry, (b) reliance of indigenous resources, (c) family ownership of enterprises, (d) small scale of operation, (e) labour-intensive and adapted technology, (f) skills acquired outside the formal school system and (g) unregulated and competitive markets. Informal sector activities are largely ignored, rarely supported, often regulated and sometimes actively discouraged by the Government. The characteristics of formal sector activities are the obverse of these, namely (a) difficult entry, (b) frequent reliance on overseas resources, (c) corporate ownership, (d) large scale of operation, (e) capital-intensive and often imported technology, (f) formally acquired skills, often expatriate, and (g) protected markets (though tariffs, quotas and trade licenses).“804
Die Frage nach der Anwendbarkeit dieses Konzeptes auf Südostasien während der europäischen Expansion stellt sich in doppelter Hinsicht – sowohl für das Zeitalter als auch für den geographischen Raum. Es bestehen ernsthafte Zweifel, ob die Beschreibung frühneuzeitlicher Gesellschaften in Südostasien in dichotomischen Modellen – wie dies Furnivall für koloniale Gesellschaften tut – sinnvoll ist. Insofern ist auch in Frage zu stellen, ob die Wirtschaft, insbesondere der Handel, im Zeitalter der Ostindien-Kompanien als zweigliedriges System angesehen werden kann. Wenn über ‚informellen Handel’ gesprochen werden kann, muß zwangsläufig als Gegenstück ein ‚formaler Handel’ bestehen. Dies erfordert wiederum zwingend Kriterien, welche die beiden Sektoren differenzieren, und eine Autorität, die solche Kriterien definieren kann. Ist nur der Forscher selbst diese Autorität, droht die Differenzierung in der formalen Konstruktion weitab der historischen Realität stecken zu bleiben. Die Suche nach der historischen Autorität und der entsprechenden Differenzierung in den Quellen scheint allemal der nutzbringendere Weg zu sein. Die Vorstellung, daß solche historischen Kriterien auf einer Art ‚common sense’ beruht haben könnten, folgt der Annahme eines Idealtypus. Weitaus wahrscheinlicher ist die Festlegung der Kriterien durch eine Person oder eine Institution, die sich – auf Grund von Legitimation oder auch von gewaltsamer Machtdurchsetzung – in der Position befand, solche Kriterien nicht nur zu bestimmen, sondern auch durchzusetzen. 804 BROMLEY, Informal Sector, 1033. Siehe grundlegend NAGEL, Formal, passim.
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Im Zusammenhang der europäischen Expansion tritt ein besonderes Problem in Erscheinung. Die Antwort auf die Frage, wer sich in einer solchen Position befand, hängt von der eingenommenen Perspektive ab. Verschiedene Institutionen oder auch Einzelpersonen hatten eine Stellung inne, die es ihnen erlaubte, für eine ganz bestimmte Einflußsphäre einen ‚formalen Sektor’ zu definieren. Die VOC hatte ihre ganz eigenen Vorstellungen davon, was unter ‚formalem Handel’ zu verstehen war; gleiches gilt für die indigenen Herrscher oder auch Kaufmanngruppen vor Ort. Dieses Problem kann nicht objektiv gelöst werden. Das leitende Forschungsinteresse bestimmt letztendlich stets die Perspektive des Forschenden, damit auch die zu wählende historische Perspektive und konsequenterweise die Definition des ‚informellen Sektors’. Fragestellung wie Quellenlage dieser Studie bedingen, daß die Perspektive der VOC zum Verständnis ihrer Stellung in der malaiischen Handelswelt und ihres Verhältnisses zum privaten Handel entscheidend ist. Dabei darf nie vergessen werden, daß es sich nur um eine mögliche Perspektive handelt und ein Herrscher wie der Sultan von Makassar ganz andere Kriterien zur Anwendung brachte. Um auf den eingangs zitierten Ray Bromley zurückzukommen: vor allem das erstgenannte („ease of entry“) und das letztgenannte Kriterium („unregulated and competitive markets“) treffen auf den ‚informellen Handel’ unter Vorherrschaft der VOC zu. Einige andere Kriterien sind zu eng an ihren Entwicklungsursprung, den modernen Arbeitsmarkt in Afrika oder Lateinamerika, gebunden, andere („family ownership“ oder „small scale of operations“) treffen für die Mehrheit der Betroffenen, jedoch nicht für alle zu. Dennoch erlaubt das Ausmaß der Übereinstimmung und die historische Erfahrung, im vorliegenden Kontext von einem ‚informellen Sektor’ zu sprechen. Allerdings sind die beiden Sektoren aus Bromleys Definition als extreme Pole zu verstehen, zwischen denen Phänomene unterschiedlicher Formalitätsgrade zu beobachten sind. Auch wenn die Differenzierung in ‚formal’ und ‚informell’ nicht mehr als eine quellennahe Konstruktion ist, ist sie doch ein Hilfsmittel, das einiges verdeutlichen kann. Dabei stellt diese Sichtweise nicht die Wiedereinführung des Eurozentrismus durch die Hintertür dar, sondern bietet ganz im Gegenteil die Gelegenheit, den Blick auf die europäisch-asiatischen Wirtschaftsbeziehungen zu schärfen, indem Differenzierungsmöglichkeiten geschaffen werden, ohne das Potential der Quellen aus dem Auge zu verlieren und einen Teil der Realität unter den Tisch fallen zu lassen.
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Der formale Sektor I: Privathandel in VOC-Städten Das Beispiel Makassar hat sehr deutlich gezeigt, daß der Handel mit molukkischen Gewürzen, auf welche die VOC mehr als auf alles andere einen Monopolanspruch erhob, unter ihrer Administration nicht formal und privat zugleich abgewickelt werden konnte. Das Monopol war im eigenen Machtbereich mit allen verfügbaren Mitteln durchgesetzt worden. Dies heißt zwar nicht, daß der Gewürzhandel auf privater Basis völlig verschwunden war, doch konnte er im Machtbereich der VOC und dort insbesondere in den Kolonialstädten nicht mehr betrieben werden. Da die Kompanie im Laufe ihrer Präsenz im Malaiischen Archipel alle wesentlichen Knotenpunkte des freien Gewürzhandels unter ihre Kontrolle gebracht hatte und zudem die wichtigsten Anbaugebiete beherrschte, blieb die Beteiligungsmöglichkeit von Privatiers vergleichsweise gering. Dennoch wurde sie genutzt. Wo immer noch privater Gewürzhandel getrieben wurde, handelt es sich aus der gewählten Perspektive um eine typische Erscheinungsform der ‚informellen Wirtschaft’. Welcher Privathandel im formalen Sektor möglich war, hing von den regionalen Bestimmungen der VOC ab, die auch in Kooperation mit einheimischen Verbündeten getroffen worden sein konnten. Entweder fanden diese Regelungen in Verträgen ihren Ausdruck oder in kurzfristig erlassenen Bestimmungen der örtlichen Administration. Stets waren Grauzonen möglich. Den Handel mit Pfeffer zu monopolisieren, gehörte zu den wichtigeren Zielen der VOC, doch konnte sie dieses nie wirklich erreichen. Im Pfefferhandel trat die Kompanie letztendlich, wie im Fall Banjarmasin, als einer unter mehreren Konkurrenten auf. Mancherorts ist dieselbe Situation auch für andere Waren zu beobachten, insbesondere dort, wo der Privathandel mit indischen Textilien formal verboten war. Das Unvermögen der Kompanie zur Durchsetzung ihrer Formalitätsdefinition, aus welchen Gründen sie auch immer bestanden haben mag, verwies in diesen Fällen den Handel in ein semiformales Kontinuum zwischen den Polen. Privathändler konnten auch ganz offiziell in Konkurrenz zur OstindienKompanie stehen. Nicht an allen Orten war der private Textilhandel durch vertragliche Regelungen verboten. Hinzu kamen Handelssphären, an denen die VOC zwar aus Gründen des ‚country trades’ oder auch der Eigenversorgung Interesse hatte, jedoch keinen Anlaß für größere Monopolisierungsanstrengungen sah. Der Sklavenhandel zählte hierzu, der lange vor allem der Arbeitskräftesicherung im Machtbereich der Kompanie diente, der Handel mit Lebensmitteln wie Reis, Salz und Zucker vor allem für die Plantagenwirtschaft, bei dem man sich jedoch vorrangig auf
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europäische Privatiers verließ, oder auch der Handel mit bestimmte Formen der Keramik, die vorrangig aus China stammte.
Der formale Sektor II: Handelswege Maßgeblich für die Zordnung von Handelswegen zum formalen Sektor waren die Päße, die für jede Handelsfahrt an die Privatiers ausgegebenen wurden. In ihnen spiegelten sich zwar auch die übergeordneten vertraglichen Regelungen, doch spielten bei ihrer Erteilung weitere Faktoren eine Rolle, die aus dem formalen Bereich der Handelswege ein in Gestalt und Grenzschärfe fluktuierendes Gebilde werden ließen. Die Paßausgabe war abhängig von der Politik, welche die jeweils verantwortlichen Gouverneure verfolgten. Joan Frederik Gobius vertrat in Makassar eine äußerst restriktive Handelspolitik. Er war nicht dazu bereit, mehr als das Unvermeidliche zu dulden, und versuchte, die Wirkungskreise des Privathandels so eng und überschaubar wie möglich zu halten. Entsprechend stellte er nur in beschränktem Umfang Pässe aus und tat dies nur für bestimmte Strecken, die sich im wesentlichen an den Maßgaben des Vertrages von Bongaya orientierten. Ganze Streckenbereiche wurden so überhaupt nicht mehr zugelassen und somit in den informellen Sektor oder in die vermeintliche Illegalität abgedrängt. Ganz anders verhielt sich Josua van Arrewijne, der es als eine seiner vornehmsten Aufgaben ansah, den Handel als ökonomische Grundlage der Kolonialstadt zu fördern. Entsprechend setzte er die Pässe als Förderinstrument ein. Auch van Arrewijne verfolgte eine gezielte Steuerung, doch wo bei ihm zahlreiche Pässe Ausdruck erfolgreicher Gouverneurstätigkeit war, waren es bei Gobius möglichst wenige. Auf diese Weise konnte kein eindeutiges, beständiges Netz an offiziell von der VOC akzeptierten Routen des Privathandels entstehen. Einige Verbindungen wie die Wege nach Batavia und Semarang wurden stets intesiv befahren; die Seerouten nach Ambon und Banda wurden zwar hinsichtlich der zugelassenen nachodas und Güter restriktiv behandelt, waren aber innerhalb ihrer Schranken weitgehend konsistent. Andere Wege setzten sich trotz Restriktionen nach und nach durch. Im Falle Makassars läßt sich dies an Sumbawa, das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Massenziel wurde, oder auch an der eigentlich strikt verbotenen regelmäßigen Verbindung nach Amoy ablesen. An solchen Beispielen zeigt sich abermals, daß die Vorstellung von Formalität in vielen Bereichen keine starre Angele-
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Sulawesi, Kalimantan und der Malaiische Archipel der VOC
genheit war. Vielmehr folgte sie vielfach den Entwicklungen, die von einheimischen Privatiers ausgingen. Eine Perspektive, die auf der Sichtweise der VOC-Bediensteten beruht, darf keinesfalls als Vorherrschaft in der regionalen Wirtschaft und damit als deren Europäisierung mißverstanden werden.
Der semi-formale Sektor: Handelssphären asiatischer Prägung Nach dem Anspruch der VOC hatten alle Handelssphären der Kontrolle durch die Kompanie zu unterliegen und damit ihrer Rechtssetzung und ihrer Definition von Legalität und Illegalität sowie von formalen und informellen Sektor zu folgen. Diesem Anspruch stand der Pragmatismus des Alltags gegenüber. Für die konkrete Verwaltung eines Gouverneussitzes oder einer Residenz machte die Durchdringung sämtlicher vor Ort ansässiger Handelssphären keinen Sinn, zumal ein gesicherter Überblick für einen Außenstehenden kaum möglich war. So blieben vor allem Handelssphären von Naturprodukten, an denen in Produktion, Handel und Ankauf ausschließlich Asiaten beteiligt waren, in der Regel außerhalb der Kontrollversuche der VOC. Trepang wurde von Makassaren, Bugis, Bajau oder Einwohnern Nusa Tenggaras gefangen, von Makassaren und Bugis nach Makassar gebracht, von Chinesen und Malaiien weiterbefördert und von Chinesen konsumiert. Einschränkungen erfuhr diese Sphäre weder hinsichtlich ihres Produktes noch der gehandelten Mengen, sondern allenfalls hinsichtlich der zu benutzenden Routen. Auch in Sphären, auf welche die VOC gewöhnlich ein scharfes Auge hatte, konnte eben dieser Pragmatismus dafür sorgen, daß sie sich in der Grauzone zwischen formal und informell wiederfanden. Herausragendes Beispiel herfür sind indische Textilien, deren Handel in Makassar nach der Maßgabe des Vertrages von Bongaya für Privatiers völlig verboten war. Die VOC sah in indischen Textilien neben den Gewürzen anfangs den vorrangigen Haupthandelssektor, den es für sich selbst zu schützen galt. Die Hafenmeisterlisten belegen jedoch durchaus einen Privathandel mit indischen Textilien, den die Gouverneure des 18. Jahrhunderts im Widerspruch zum Vertragswerk des 17. Jahrhunderts gewähren ließen. Der asiatische Textilhandel wurde zu einem Wirtschaftszweig, in dem die VOC offiziell zwischen Prohibition und Duldung schwankte, sich in der Realität jedoch stets einem kontinentenübergreifenden Konkurrenzkampf stellte.805 805 Ähnlich gelagerte Beispiele wie in Makassar lassen sich für Sumatra (WATSON ANDAYA, Cloth Trade), Kalimantan (HALL, Textile Industry) oder Java (NAGTEGAAL, Hollandse tijger) sowie auch für den Aktionsbereich der englischen Kompanie (KERLOGUE, Textile Trade) anführen.
Handelsstädte, Handelssysteme und die VOC
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Andere Sphären wiederum blieben gänzlich und ohne Einspruch der VOC den privaten Kaufleuten vorbehalten. Lebensmittel, die nur eine regionale oder eine einheimische Nachfrage erfuhren – beispielsweise Kokosnüsse, die im Hafen von Makassar eine Rolle spielten, oder auch Sago, katjang oder Fischereiprodukte – gehörten hier ebenso dazu wie Kunsthandwerk oder Luxusgüter, die nach Einschätzung der Niederländer nur in Asien von Interesse waren. In der Regel blieben diese Sphären in den Vertragswerken oder anderen Regelungen des formalen Bereichs unerwähnt. Der Kontrollanspruch der Kompanie für solche Sphären kam nur durch die Einbeziehung in das Paßsystem zum Ausdruck.
Der informelle Sektor I: urbane und nicht-urbane Zentren Der aus Sicht der VOC informelle Sektor entwickelte sich sowohl in städtischen wie auch in nicht-urbanen, zumeist völlig neuen Zentren. In den Städten, die offiziell von der VOC kontrolliert wurden, machte man sich die spezifischen Verhältnisse einer südostasiatischen Stadt zu nutze, die auch unter kolonialer Herrschaft erhalten blieben. Warenumtauschplätze entwickelten sich in Stadtteilen, die für die koloniale Administration nur schwer erreichbar waren, oder blieben dort bestehen. In einigen Kolonialstädten muß auf Grund der spärlichen Bemerkungen in den Quellen davon ausgegangen werden, daß dort sogar Gewürzhandel betrieben wurde. Neben der innerstädtischen Ausweichbewegung ist eine solche in andere, nicht von der VOC kontrollierte urbane Zentren zu beobachten. Größeren Emporien, womöglich mit langer Tradition, standen im 18. Jahrhundert kaum noch zur Verfügung; die Kompanie hatte sich in den meisten festgesetzt. So waren nicht nur einstige Machtzentren, sondern auch alle größeren Häfen der javanischen Küste mit einer Kompanie-Administration versehen. Banjarmasin war eine der wenigen noch freien Städte, in die sich durchaus einige Bereiche des informellen Gewürz- oder Textilhandels verlagerten. Die Banjaresen selbst konzentrierten sich allerdings lieber auf das eigene Handelsgut Pfeffer. Für die Ausweichbewegung waren wahrscheinlich kleinere Städte am Rande des VOC-Systems wichtiger. Die Bugis machten zahlreiche städtische Siedlungen an der Ostküste Kalimantans zu ihren neuen Zentren. Auf Sumbawa zeichnete sich eine Bedeutungszunahme des Provinzhafens Alas im Westen der Insel ab. Mancherort mag erst die neue wirtschaftliche Zentralität zu einer tatsächlich urbanen Entwicklung im Sinne einer Verbindung von Siedlungsverdichtung und Zentralitätshäufung geführt haben.
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Sulawesi, Kalimantan und der Malaiische Archipel der VOC
Es mußten jedoch nicht unbedingt Städte sein, wenn der indonesische Privathandel neue Umschlagplätze suchte. Günstig gelegene Inseln erfüllten den gleichen Zweck. Sie waren sogar unter den Bedingungen, daß eine Macht den Handel auf See unterbinden wollte, günstiger, da sie dem Vorsprung einheimischer Seeleute hinsichtlich der Ortkenntnisse entgegen kamen. Die kriegerischen Bemühungen des Gouvernements und die Hafenmeisterlisten Makassars deuten darauf hin, daß solche Umschlagplätze in den Tukangbesis, insbesondere auf Kaledupa, sowie auf Bonerate und eventuell auch auf Siantang zu suchen sind. Eine ähnliche Situation fand sich im neuen Bugis-Zentrum im Riau-Archipel, der ebenfalls kaum urbane Entwicklungen aufwies. Erwähnt sind hier nur Plätze mit eindeutigen Bezug zum Handel Makassars und ein auf Grund seines wirtschaftlichen Erfolges besonders auffallendes Beispiel. Die tatsächliche Zahl solcher Plätze dürfte um ein vielfaches höher gelegen haben.
Der informelle Sektor II: alte und neue Handelsrouten In einem Handelsnetzwerk bestimmen zumeist die Knotenpunkt die befahrenen Routen. Da in den alten Zentren auch unter VOC-Herrschaft informeller Handel möglich war, fand er sich auch auf den bekannten Routen zwischen ihnen wieder. Dies war nicht zuletzt dadurch möglich, daß die von der VOC angedrohte Kontrolle stets nur stichprobenartig sein konnte. Neue Zentren, ob urban oder nicht, erzeugten darüber hinaus neue Routen des maritimen Handels. Dabei ist nicht selten die Integration solcher Verbindungen in bestehende, dem formalen Sektor angehörende Routen zu beobachten, wie das Beispiel Bonerate zeigt. Die Insel wurde häufig im Rahmen des etablierten Sumbawa-Handels angelaufen. Dabei wurde die Bonerate-Fahrt selbst zunehmend in das Paßsystem einbezogen – andernfalls wären es nicht die Hafenmeisterlisten gewesen, die auf die Rolle der winzigen Insel hingewiesen hätten. Andere Routen, wie die Fahrten zu und innerhalb der Tukangbesis oder in die Inselwelt vor Seram, blieben völlig außerhalb des Paßsystems. Eine gänzlich neue Findung von Seewegen ist allerdings unwahrscheinlich. Schließlich sorgte der Kurzstreckenverkehr, der die Verknüpfung zwischen dritter und vierter Ebene sicherstellte oder die Aktivitäten auf der vierten Ebene ermöglichte, für die Kenntnis und Nutzung auch entlegener Wege. Vielmehr dürfte die Ausweichbewegung in den informellen Sektor eine Wiederbelebung oder Intensivierung alter und bestehender Routen bedingt haben.
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Expansion des formalen Sektors? Institutionen, die in der Lage sind, die Grenzen des ‚formalen Sektors’ zu definieren, verfolgen in der Regel das Ziel, den ‚informellen Sektor’ in den ‚formalen’ zu inkorporieren. Die Motivationen hierfür können sehr unterschiedlich sein. Eine Administration in einer Metropole der „Dritten Welt“ mag das Ziel, den ‚informellen’ Arbeitsmarkt in den regulierten Markt einzubeziehen, aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit verfolgen. Die VOC hingegen bemühte sich aus Gründen der eigenen Profitmaximierung, alle Formen des ‚informellen’ Handels den eigenen Vorstellungen unterzuordnen. Dies versuchte sie mit allen denkbaren Methoden zu erreichen. Das von den Portugiesen adaptierte und dann weiterentwickelte Paßsystem war nicht mehr nur eine interessante Einnahmenquelle, sondern das Instrument, die Struktur ‚formal-informell’ in die Realität zu übersetzen. Es reichte jedoch nicht aus. Die Kompanie sah sich gezwungen, militärische Expeditionen (krijstochten) gegen „Schmuggler“ und „Schmuggelplätze“ und Aktivitäten zur Zerstörung „illegaler“ Gewürzanpflanzungen (exstirpatien) zu organisieren. Die Anzahl solcher Unternehmungen stieg im Verlauf des 18. Jahrhunderts deutlich an, aber die „illegalen Aktivitäten“ verschwanden nie. Ganz im Gegenteil, Teile des ‚informellen Sektors’ bereiteten im 18. Jahrhundert erfolgreich die wichtige Rolle vor, die sie im 19. Jahrhunderts unter Bedingungen eines liberalisierten Marktes spielen würden. Die VOC führte eine neue Struktur die die ökonomische Welt Südostasiens ein, die auf der Vorstellung einer Dichotomie beruhte. Diese Struktur wurde bei weitem nicht von allen betroffenen Akteuren akzeptiert, aber sie veränderte – ob mit oder ohne Akzeptanz – die gesamte Ökonomie grundlegend.
4. Europäisch-asiatische Interaktionen Die indonesische Handelswelt kannte in der frühen Neuzeit vielfältige Interaktionsmöglichkeiten, in denen Asiaten und Europäer nicht nur nebeneinander oder in Konkurrenz zueinander standen. Zu denken ist an diplomatische Beziehungen mit ökonomischer Bedeutung, welche die Kompanie und die indigenen Herrscher betrafen. Bei weitem nicht alle Verhältnisse wurden durch gewaltsame Unterwerfung der Einheimischen beendet. Häufig bestanden langfristige funktionierende Bündnisse wie im Falle Butons. Andere Allianzen wurden durch eine stete subtile Drohung
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Sulawesi, Kalimantan und der Malaiische Archipel der VOC
aufrecht erhalten, wodurch auch ihnen eine Dauerhaftigkeit verschafft wurde, wie bei den Staaten auf der Insel Sumbawa zu sehen ist. Eine bestimmte Erscheinungsform von Faktoreien, die vom Herrscher legitimiert und unter seiner Macht nur für eine Beteiligung am Handel bestanden, wurden von den Kompanien nur aus einer Position der Schwäche heraus errichtet. Die EIC hatte wenig Machtrückhalt im Archipel, als sie in Makassar eine Faktorei unterhielt. Dies war den Residenten durchaus bewußt, weswegen sie ein entsprechendes Verhalten an den Tag legten. In den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts fehlte es auch der VOC an einer entsprechenden Machtposition in weiten Bereichen des Archipels, wodurch sie an einigen Orten ebenfalls nur solche Faktoreien unterhalten konnte. Im 18. Jahrhundert hatte sie dann zwar keine allumfassende, aber doch eine konsolidierte Machtposition inne. Dennoch blieb es ab und an nicht aus, daß sie abermals Faktoreien dieser Sorte unterhielt, wie es lange Zeit in Banjarmasin der Fall war. Diese Stellung bedeutete die Integration einer Kompanie-Vertretung in den Untertanenverband eines indigenen Herrschers. In einer vergleichbaren Situation fanden sich die privaten europäischen Händler einschließlich der Portugiesen nach dem Untergang des Estado da India wieder. Auf der Grundlage des Gesellschaftsverständnisses in südostasiatischen Stadtstaaten waren diese Europäer eine von zahlreichen auswärtigen Gruppen. Ob sie aus weiterer oder näherer Entfernung stammten, ob sie Muslime, Christen oder Animisten waren, spielte für ihre Behandlung in der urbanen Gesellschaft keine Rolle - solange sie nicht Veränderungsbestrebungen wie christliche Missionierung oder den Wunsch nach besonderen Privilegien an den Tag legten. Wechselt man die Perspektive und blickt aus Sicht asiatischer Privatiers auf die asiatisch-europäischen Interaktionen, so erscheinen diese gegenüber der VOC sehr gering und vorrangig von negativer Ausrichtung gewesen zu sein. Die Kompanie bediente sich überraschend wenig der maritimen Kompetenz – Navigation, Ortskenntnis, Schiffstechnik – der in diesen Bereichen führenden Völker. Gegenüber den Bugis und Makassaren herrschte offenbar ein zu großes Mißtrauen seitens der Kompanie. Beide Nationen lassen sich im Kompaniedienst nicht in größerer Zahl nachweisen. Noch mehr gilt dies für die Bajau, bei denen der Grund jedoch in mangelnder Kenntnis der VOC zu suchen ist. Im militärischen Bereich kamen zahlreiche Einheimische zum Einsatz, wenn auch bei weitem nicht aus allen indonesischen Ethnien. Die Bugis traten nur als Verbündete in Erscheinung, nicht jedoch als offizielle Hilfstruppen wie Javaner oder Ambonesen. Im seefahrerischen Bereich war
Handelsstädte, Handelssysteme und die VOC
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der Rückgriff auf indonesisches Personal eher die Ausnahme. Gerade in der Beziehung zu den Bugis herrschte die Konkurrenzsituation vor. Dies gilt auch für den kaufmännischen Sektor innerhalb der VOC, in dem die Niederländer hinsichtlich der führenden Ränge wie koopman oder onderkoopman unter sich blieben. Diese Situation entspricht kaum typisch kolonialen Verhältnissen. Im Bereich des Privathandels gestaltete sich die Situation etwas anders. Europäische Privatiers waren eher bereit, sich auf indigene Verhältnisse einzurichten. Sie übernahmen einheimische Schiffstypen, die sich als günstiger erwiesen, und beteiligten sich an „typisch asiatischen“ Handelssphären – zumindest häufiger als die Kompanie selbst. Auch nutzten sie die asiatische maritime Kompetenz durch den Einsatz asiatischer nachodas, wenn auch nur in geringem Umfang. Hier zeichnet sich ähnliches Verhalten ab wie bei der Kompanie. Asiatische nachodas traten durchaus als Angestellte europäischer Schiffseigner auf, doch handelte es sich zumeist um Chinesen oder Malaiien. Makassaren kamen nur ausnahmsweise zum Einsatz, Bugis überhaupt nicht. Im Gegenzug verdingten sich auch europäische Seeleute als nachodas bei chinesischen Schiffsbesitzern. Trotz einiger Interaktionen im Bereich des privaten Handels, muß insgesamt von nebeneinander existierenden Handelswelten ausgegangen werden – mit Ausnahme einer deutlicheren Verflechtung der beiden großen außerindonesischen Handelsnationen Niederlande und China.
III. Einige Gedanken zum Malaiischen Archipel und dem Rest der Welt Die Europäer waren weder die neuen Herren des Malaiischen Archipels, noch waren sie eine Randerscheinung. Sie verfügten nicht über das Potential und auch nicht über die notwendigen Kenntnisse, um die Wirtschaft dieser Weltregion tatsächlich unterwerfen zu können. Ihre Rolle darf deswegen gleichwohl keinesfalls unterschätzt werden. Durch ihr Vorgehen in der Region, insbesondere durch die VOC, wurden umfassende Transformationsprozesse in Gang gesetzt. Damit soll nicht gesagt werden, daß sich im Malaiischen Archipel ohne den Einfluß der Kompanien wirtschaftlich nichts verändert hätte. Auch in voreuropäischen Zeiten war die einheimische Wirtschaft ein dynamisches System. Der Einfluß der VOC war jedoch groß genug, um ganz spezifische, nur unter ihrem Einfluß denkbare Prozesse einzuleiten. Dies geschah nicht zuletzt durch den gezielten Einsatz ihrer Kräfte und die Konzentration auf das für sie wesentliche unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung ihres monopolistischen Gesamtanspruchs, der in abgeschwächten Formen bis hinab zum lockeren Vertrag zum Ausdruck kam. Dennoch blieben die angesprochenen Prozesse und die aus ihnen entstanden Strukturen weitgehend asiatisch. Neben das spezifische System der VOC traten andere Systeme recht unterschiedlicher Definition. So kann man von einem System des nicht durch die Kompanie kontrollierten Gewürzhandels sprechen, oder aber von einem buginesisches Handelssystem. Solche Systeme konnten gänzlich neben der VOC und außerhalb ihrer Reichweite stehen wie die kleinformatigen Netzwerke der Bajau, sie konnten sich zum gegenseitigen Profit überschneiden wie die chinesischen Handelssysteme, oder sie konnten mit gelegentlichen Kontakten in erheblicher Konkurrenz zueinander stehen wie im Falle der Gewürze oder der Bugis. Nie jedoch waren sie für die VOC völlig unerheblich, und nie entgingen sie ganz den direkten oder indirekten Einflüssen durch das Handeln der VOC. Auf diese Weise wurde der Malaiische Archipel bereits im 17. und 18. Jahrhundert in das kapitalistische Weltsystem integriert. Es kann insofern von einer Inkorporation in die Weltwirtschaft gesprochen werden, daß die Region in vielfältige ökonomische Aktivitäten einbezogen wurde, von denen der Gewürzhandel nur eine darstellte, und zugleich ihre Entwicklungen Rückwirkungen auf das Verhalten der dortigen weltwirtschaftlichen Akteuren hatten, im vorliegenden Falle der Kompanien. Die Eingliederung geschah sowohl über den direkten Handel als auch über
Einige Gedanken zum Malaiischen Archipel und dem Rest der Welt
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indirekte gegenseitige Einflüsse, deren Vielfalt es verbietet, von einer schlichten Zulieferfunktion für Luxusgüter zu sprechen, was den Archipel auch in der Sicht Wallersteins als Außenarena hätte verbleiben lassen. Da diese Weltwirtschaft als System verstanden werden soll, um ihre einzelnen Elemente in einem funktionalen Zusammenhang zu verstehen, kann schließlich auch von der Inkorporation in ein kapitalistisches, europäisch geprägtes Weltsystem gesprochen werden. Diese Eingliederung sah jedoch, gemessen am Handel, im Konkreten nicht so aus wie in den klassischen Konzepten der Weltsystemtheorie vorgesehen. Dies kann zumindest für die hier angesprochene Phase und den Bereich des Handels mit Sicherheit gesagt werden. Die Entwicklung gestaltete sich vielschichtiger, brachte ein Vielzahl von Phänomenen hervor und, dies ist am wichtigsten, ließ in diesem Rahmen einheimischen Akteuren Handlungs- und einheimischen Strukturen Entwicklungsfreiheit. Die Inkorporation fand in diesem Rahmen ihren Ausdruck in gegenseitigen Einflüssen und verschiedenen Formen von Verknüpfungen zwischen der neuen Peripherie und den Vertretern des Zentrums. Sie fand ihren Ausdruck nicht in einer Peripherie, die als schlichter Lieferant von Rohstoffen und billiger Arbeitskraft diente, auch wenn diese Elemente bereits vorhanden und von Bedeutung waren wie die Gewürzplantagen der Molukken oder die javanische Zuckerindustrie. Insgesamt kann von einer Inkorporierung ohne strukturelle Subordinierung der entsprechenden Region gesprochen werden. Es handelte sich um eine komplexe Engliederung, und eben nicht um eine tiefgreifende Europäisierung. Auch und gerade in der Weltsystemtheorie muß ein Verständnis von Interaktion an die Stelle von Sichtweisen wie „europäische Unterwerfung“, „europäische Machtübernahme“ oder „Europäisierung“ treten. Es bleibt die Frage nach der Übertragbarkeit der Beobachtungen aus dem Malaiischen Archipel auf andere Großregionen, die im Laufe der Europäischen Expansion in das Weltsystem einbezogen wurden. Mit Sicherheit sind sie nur mit großer Vorsicht und vor allem unter Berücksichtigung der in Übersee vorgefundener Strukturen zu verallgemeinern. Die vorliegende Untersuchung ist eine Fallstudie zu Fragen der Inkorporation und Europäisierung einer Region, die selbst über eine große Handelstradition verfügte. Ähnliche Voraussetzungen sind sicherlich in einigen anderen Regionen Asiens zu finden. Eine Überprüfung der Aussagen am Beispiel Westafrikas erscheint ebenfalls lohnend, gerade weil die Wirtschaftsgeschichte der Region in dieser Hinsicht noch völlig unterbelichtet ist. Etliche Grundstrukturen – teils hinsichtlich des einheimischen Handels, teils hinsichtlich der Europäischen
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Sulawesi, Kalimantan und der Malaiische Archipel der VOC
Expansion – scheinen hier ähnlich gewesen zu sein. Dies macht einen Vergleich möglich und erforderlich, um Funktionsweisen der frühen Inkorporation und ökonomische Prozesse innerhalb der Europäischen Expansion entweder zu bestätigen oder weiter auszudifferenzieren. Weitaus skeptischer ist eine solche Übertragung auf andere Bereiche der Europäischen Expansion zu beurteilen. Dies gilt zum einen für Amerika, insbesondere unter der spanischen Vorherrschaft. Hier traf eine völlig anders geartete Form der Expansion auf völlig andere Wirtschaftsverhältnisse. Andere Strukturen wies sicherlich auch die pazifische Inselwelt auf, auch wenn sie den maritimen Charakter mit dem Malaiischen Archipel gemein hat. Eine völlige Wertlosigkeit der in Südostasien gemachten Beobachtungen für solche Weltregionen läßt sich daraus jedoch nicht schlußfolgern. Wo auch immer Menschen lebten, existierte die ein oder andere Form des Austauschs, und sei es ausschließlich auf der vierten Ebene. Um die Inkorporation in das Weltsystem nicht nur theoretisch zu benennen, sondern auch realitätsnah zu beschreiben und zu interpretieren, sind diese Verhältnisse stets mit den europäischen Strukturen in Verbindung zu setzen. Auf einen abstrakten Nenner gebracht wurde im Vorangegangenen eine europäische Beteiligung von unterschiedlicher Intensität an einem komplexen, vielschichtigen System konstatiert. Die Frage liegt nahe, ob eine solche Sichtweise der europäischen Rolle in der Entwicklung eines Weltsystems einen Erkenntnisfortschritt darstellt oder nur die Zerstörung jeglicher einheitlicher Betrachtungsmöglichkeit, vielleicht sogar nur die Aufreihung neuer Fragestellungen. Sicherlich wird eine einheitliche Betrachtungsweise nicht unmöglich gemacht. Weiterhin ist das Verständnis der Welt als Einheit ebenso wichtig wie die Kenntnis ihrer lokalen und regionalen Wurzeln. Diese Wurzeln erhalten allerdings durch intensivere Forschung mehr und mehr eine komplexe Gestalt, welche die Darstellungen der Weltwirtschaftsgeschichte auf wenigen hundert Seiten zunehmend unmöglich macht. Die Komplexität der Entstehungsgeschichte des Weltsystems darf nicht nach den Richtlinien einer Theorie reduziert werden, sondern muß sinnvoll in diese eingebracht werden. Sicherlich hat das Beispiel Makassars mindestens genauso viele Fragen für die zukünftige Forschung aufgeworfen wie es Ergebnisse liefern konnte. Unter der Einbeziehung des Umfeldes sind es einige Annahmen zu komplexen Handelswelten im Zusammenhang der Europäischen Expansion möglich geworden. Ihre Überprüfung anhand anderer Beispiele steht in Zukunft an, genauso wie die Abgrenzung anderer Regionen, die zur gleichen Zeit gänzlich andere Strukturen hervorgebracht haben.
Anhang
I. Glossare
1. Begriffe
adat
tradiertes vorislamisches Recht in Indonesien
agar-agar
indonesische Algenform, wird zu Geliermittel verarbeitet
arung
buginesischer Adelstitel
batik
südostasiatische Färbemethode für Textilien, bei der unter Verwendung flüssigen Wachs’ Farbmuster auf das Gewebe aufgebracht werden
bilion
Hackbeil
bondgenooten
einheimische Bündnispartner der VOC
cappas
Rohbaumwolle
cassia lingua
wilder Zimt
djenging
Auslegerboot der Bajau
exstirpatien
Vernichtung von „illegalen“ Gewürzkulturen durch die VOC
fiscaal
oberster Ordnungshüter einer VOC-Niederlassung, vereint die Aufgaben von Polizeichef, Staatsanwalt und Richter
gaukang
heiliger Gegenstand buginesischer oder makassarischer Gemeinschaften
giroffelnagelen
Gewürznelken der höchsten Qualitätsklasse
ikat
indonesisches gemustertes Baumwollgewebe, im Garn gefärbt
jurumudi
Steuermann
jurubatu
„Steuermann des Vorstevens“: zweiter Steuermann
kampung
Stadtteil, Stadtviertel
karaeng
makassarischer Herrschertitel, Synonyme: König, Sultan
katjang
indonesische Erdnußsorte
kommen
Schüsseln
konting
indonesisches Handels- und Kriegsschiff javanischer Herkunft
koopman
Kaufmann, ziviler Rang innerhalb der VOC
kora-kora
gerudertes Ausleger-Kriegsschiff von den Molukken
kratong
bebautes und abgegrenztes Grundstück, entweder im Sinne eines Herrschersitzes oder als Untereinheit eines kampung
840
krijstochten
Anhang
„Kriegsfahrten“, militärische Unternehmungen der VOC zur See gegen Piraten, „Schmuggler“ und „illegale“ Pflanzungen
lipa
auslegerloses Fischerboot aus Sulawesi
lontara
Palmblatt, u.a. in Sulawesi als Schreibmaterial genutzt
lurik
gestreiftes javanisches Baumwolltuch
mardijker
freigelassener Sklave
matoa
Haupt einer Gemeinde oder kleinen Herrschaft bei den Bugis
mayang
javanisches Fischerboot
missive
Brief
morshandel
Schmuggel, illegaler Handel (Bezeichnung der VOC)
mulkiwi
oberster Frachtaufseher auf eine Schiff, „first supercargoe“
nachoda
Kapitän, Schiffsführer
negerijen
niederländische Bezeichnung für indigene Dörfer oder Stadtteile
onderkoopmann
Unterkaufmann, ziviler Rang innerhalb der VOC
opperkoopman
Oberkaufmann, höchster mit Handel befaßter Offizieller einer VOC-Niederlassung, zugleich höchster ziviler Rang innerhalb der VOC unterhalb der Gouverneure und Direktoren
oude clappus
Kokosnüsse
panambahan
banjaresischer Reichsverweser
pandeling
niederländische Bezeichnung für einen Sklaven, der auf Grund eigener Entscheidung oder gerichtlicher Verfügung verpfändet wurde, um seine Schuld abzuarbeiten
pangeran
Adeliger
parang
Hackmesser
pencalang
indonesisches Handels- und Kriegsschiff malaiischer Herkunft
pernakang
Bezeichnung für assimilierte, islamisierte Angehörige einer Diasporagruppe, zumeist Chinesen
pierings pinisi
Schalen moderner Frachtsegler des 20. Jahrhunderts, teilweise motorisiert, Weiterentwicklung der prahu paduwakang
prahu
malaiische Bezeichnung für Schiff, hier nur für Schiffe indonesischer Bauart verwendet
Geschenke im Rahmen diplomatischer Beziehungen, Begriff aus der Rechnungslegung der VOC
senawi
Frachtaufseher auf einem Schiff, „supercargoe“
siri
auf Ehre und Moral basierender persönlicher Status eines Bugis
sluijkerhandel
Schmuggel, illegaler Handel (Bezeichnung der VOC)
snaphanen
Vorderladergewehre
specerijen
Gewürze
syahbandar
Hafenmeister, Leiter der Hafenverwaltung
tomanurung
buginesische oder makassarische Ursprungslegenden
trepang
Seegurke, Seewalze
tuinen
niederländische Bezeichnung sowohl für Garten- und Parkanlagen als auch für künstlich bewässerte Felder
undang-undang
Seerechtssammlung der Wajo von Makassar
vinta
schnelles Boot der Bajau für längere Fahrten
wangkang
chinesische Junke
zijde badjou
javanisches Seidengewebe
2. Maßeinheiten806
aam
Hohlmaß für Getränke, entspricht in der Regel ca. 102 Litern
bahar
Gewichtsmaß, v.a. für Gewürznelken, entspricht 3 pikul oder ca. 185,4 kg
barot
Gewichtsmaß, v.a. für Gewürznelken, entspicht 0,02 bahar oder ca. 3,7 kg
806 Zur Bestimmung der Größenordnungen und zur Umrechnung der hier nicht aufgeführten Maßeinheiten aus den Quellen wurde den internen Vorgaben der VOC Vorrang gegeben: ARA Den Haag, Cours der munt Specien en verhandeling der munten, maaten, en gewigten van India, Ao. 1769, VOC 4816, sowie Verhandelingen, passim. Lediglich zur Ergänzung und Klärung von Unklarheiten wurden hinzugezogen: KNAAP, Shallow Waters, 189-193; Encyclopaedie II, 684-688; REID, Land below the Winds, 267/268; DERS., Expansion and Crisis, 377/378; DILLER, Dänen, 341-344.
842
Anhang
bondel
Bündel, unspezifische Maßeinheit bei Textilien
bonkus
Mengenangabe bei Seide, Entsprechung unklar
bos (pl. bossen)
(1) Mengenangabe bei Rattan und Papier, entspricht 0,5 pikul oder ca. 30,9 kg (2) Mengenangabe bei Paddy, entspricht 0,1 pikul oder ca. 6,2 kg
chest
Kiste, wird bei Massengütern in der Regel mit 1 pikul gleichgesetzt, bei Stückgütern keine feste Entsprechung
corgie
Maßeinheit bei Textilien, bezeichnet 20 Stück entspricht als Gewichtseinheit verwendet 8 pikul oder ca. 494,4 kg
foot (pl. feet)
Fuß, englisches Längenmaß, entspricht ca. 30,5 cm
gantang
Gewichtseinheit, entspricht ca. 1,85 kg
Gulden
niederländische Goldmünze, besteht aus 20 Stuivern
katti
Gewichtsmaß, der hundertste Teil eines pikul, entspricht ca. 618 g
kelder
Hohlmaß für Getränke, besteht aus 4 aam, entspricht in der
kopang
makassarische Münze im Wert eines Viertel mas
koyang
Gewichtsmaß v.a. für Reis, entspricht 28 pikul oder ca. 1,73
Regel ca. 409 Litern
metrischen Tonnen krandjang
Mengen- oder Gewichtsangabe bei Keramik und Tabak, Entsprechung unklar
lampatten
Mengenangabe bei Baumwolle, Entsprechung unklar
Last
Gewichtsangabe, nach VOC-internen Berechnungen in Asien kleiner als die in Europa übliche Last, entspricht im Malaiischen Archipel 1.482 kg oder ca. 24 pikul
mas
makassarische Goldmünze
mas checoe
makassarische Goldmünze mit verminderten Edelmetallanteil
nesten
(1) Mengenangabe für Eisenwaren, bezeichnet 5 Stück (2) Mengenangabe für Porzellan und Keramik, bezeichnet 10 bis 20 Stück (3) allgemeine Mengenangabe, bezeichnet in der Regel 15 Stück
Pfund
das Amsterdamer Pfund wiegt 494 g
pijpen
Hohlmaß für Getränke, entspricht ca. 136 Litern
pikul
Gewichtsmaß, besteht aus 100 katti, entspricht ca. 61,8 kg
Glossare
843
piti
kleine Kupfermünze
Real
spanische Goldmünze, wurde im Malaiischen Archipel im Verhältnis 1:2 (17. Jahrhundert) bis 1:2,5 (18. Jahrhundert) gegen den niederländischen Gulden getauscht
riemen
Mengenangabe bei Papier, bezeichnet ca. 500 Blatt
rijksdalder
Reichsthaler, niederländische Münze, wurde im Malaiischen Archipel mit dem spanischen Real an Wert gleichgesetzt
taël
Gold- oder Silbereinheit, ursprünglich chinesisch, entspricht 3,6 niederländischen Gulden oder einem Drittel Pfund Sterling
III. Abkürzungen ARA
Algemeen Rijksarchief
BKI
Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde [van het Koninklijk Insituut voor Taal-, Land- en Volkenkunde]
BL
British Library
BMGN
Bijdragen en Mededelingen tot het Geschiedenis van Nederland
EIC
East India Company
ENI
Encyclopaedie van Nederlandsch Indië
fl.
Gulden (florentin)
GA
Gemeentelijk Archief
JAH
Journal of Asian History
JAS
Journal of Asian Studies
JEH
Journal of Economic History
JEEH
Journal of European Economic History
JESHO
Journal of the Economic and Social History of the Orient
JMBRAS
Journal of the Malayan Branch of the Royal Asiatic Society
JSEAH
Journal of Southeast Asian History
JSEAS
Journal of Southeast Asian Studies
JWH
Journal of World History
KITLV
Koninklijk Instituut voor Taal-, Land- en Volkenkunde
MBRAS
Malayan Branch of the Royal Asiatic Society
OIOC
Oriental and India Office Collections
o.P.
ohne Paginierung
rds.
Reichsthaler (rijxdaalder)
RGP
Rijks Geschiedskundig Publikatien
SPAFA
Seameo Project in Archaeology and Fine Arts
TBG
Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde [van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschapen]
Heren XVII en Kamer Amsterdam. Department van Equipagie: VOC 4952. Kamer Zeeland. Afzonderlijk gehouden stukken. Beheer buiten Europa: VOC 11254, VOC 11338. Kamer Zeeland. Department van Equipagie: VOC 11346.
Hoge Regering van Batavia: Nr. 44. Ministerie van Kolonien: Nr. 3086. Supplement: Nr. 11, Nr. 12. Collection Radermacher: Nr. 283, Nr. 393, Nr. 436, Nr. 519, Nr. 520, Nr. 538. Collection Hope: Nr. 75, Nr. 80, Nr. 118, Nr. 119. Collection Nederburgh: Nr. 28. Aanwinsten: 1524: 1926 I 10-11. BRITISH LIBRARY, LONDON
Oriental and India Office Collections E/3/2 (Nr. 142), E/3/3 (Nr. 290), E/3/5 (Nr. 479, Nr. 525, Nr. 595), E/3/11 (Nr. 1210, Nr. 1229, Nr. 1256), E/3/12 (Nr. 1297, Nr. 1326, Nr. 1337), E/3/14 (Nr. 1474), E/3/15 (Nr. 1540, Nr. 1552, Nr. 1582), E/3/18 (Nr. 1788, Nr. 1822, Nr. 1847), E/3/23 (Nr. 2284, Nr. 2356), E/3/24 (Nr. 2431, Nr. 2479, Nr. 2484, Nr. 2485); G/10/1. GEMEENTELIJK ARCHIEF, AMSTERDAM
Koopmansboeken, Archief 5060: Nr. 16, Nr. 146.
846
Anhang
2. Publizierte Quellen807
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Quellen und Literatur
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