Der römische Triumph in Prinzipat und Spätantike. Probleme – Paradigmen – Perspektiven, in: F. Goldbeck - J. Wienand (eds.), Der römische Triumph in Prinzipat und Spätantike, Berlin: De Gruyter 2017, pp. 1ff.

May 25, 2017 | Author: Henning Börm | Category: History, Ancient History, Classics, Roman History, Ritual, Byzantine Studies, Late Antiquity, Late Roman Empire, Roman Empire, Augustan Principate, Later Roman Empire, Parades and Processions, Roman Triumph, Roman Emperors, Triumph, Byzantine Studies, Late Antiquity, Late Roman Empire, Roman Empire, Augustan Principate, Later Roman Empire, Parades and Processions, Roman Triumph, Roman Emperors, Triumph
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Johannes Wienand, Fabian Goldbeck und Henning Börm

Der römische Triumph in Prinzipat und Spätantike Probleme – Paradigmen – Perspektiven

Abstract: This chapter provides an introduction to the aim and purpose of the volume. Starting from an overview of the history of research on the Roman triumph, we take a closer look at the most significant stages of historical development of the ritual itself: the consequences of its monopolization by the first Roman princeps, its forms and functions in the high empire, its transformation in the era of a decentralized empire, and its development under the Christian monarchs. We thereby introduce the individual chapters of this volume and sum up the essential insights gained throughout the volume.

Das Definitionsproblem Der Triumphzug ist das spektakulärste und zugleich langlebigste Ritual der römischen Antike: Die augusteischen fasti triumphales lassen die Geschichte der Siegesprozession mit dem Triumph des Romulus und damit im Gründungsjahr der Stadt Rom beginnen, und der ‚Triumph Belisars‘ im Jahr 534 n. Chr. anlässlich der (Rück-)​ Eroberung Nordafrikas stellt noch immer nicht das Ende der antiken Triumphgeschichte dar – von der mittelalterlichen und neuzeitlichen Rezeption der Siegesfeier ganz abgesehen. Der Triumph musste sich dabei immer wieder aufs Neue den sich wandelnden gesellschaftlichen Rahmen­ bedingungen anpassen. Am deutlichsten zeigt sich die Adaptionsfähigkeit des Rituals im Zuge der Transformation von einer aristokratischen res publica hin zur römischen Monarchie, im Übergang von der paganen Kaiserzeit zur christlichen Spät­antike und im Zuge der Etablierung eines neuen hauptstädtischen Palastkaisertums in Konstantinopel. Über alle Veränderungen hinweg konnte der Triumph eine hohe politisch-gesellschaftliche Relevanz bewahren und blieb stets eines der aufsehenerregendsten und vielschichtigsten rituellen Ereignisse im römischen Imperium. Für die römische Kaiserzeit und Spätantike wurden bisher indes weder die genaue historische Entwicklung noch die soziokulturelle wie politische Bedeutung des Triumphs systematisch und umfassend untersucht. Mit Blick auf den Forschungsstand stellte Michael McCormick vor nun schon 30 Jahren in seiner wegweisenden Studie Eternal Victory fest: „A systematic analysis of the development of the ceremony under

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the empire remains to be written“.1 Dieses Verdikt ist nach wie vor gültig, und es betrifft ungeachtet des wichtigen Beitrags, den McCormick selbst zum Verständnis speziell des spätantiken Triumphs geleistet hat, nicht nur den frühen Prinzipat und die hohe Kaiserzeit, sondern auch das spätrömische Imperium: Denn wenngleich die verfügbaren Zeugnisse zum römischen Triumph mehrheitlich der Zeit des Prinzipats und der Spätantike entstammen, so beschränkt sich die Aufmerksamkeit der altertumswissenschaftlichen Forschung doch bis heute vornehmlich auf den Triumph republikanischer Zeit – einer Epoche, in der magistratischen Imperiums­trägern nach herausragenden Siegen über äußere Feinde vom Senat das Privileg einer Siegesparade durch die Hauptstadt des Reiches gewährt wurde.2 Mit der Ausbildung der Alleinherrschaft in Rom änderte sich zwar die kommunikative Funktion des Rituals grundlegend, damit lässt sich aber die weitgehende Kon­ zentration der Forschung auf den republikanischen Horizont kaum sachlich begründen. In der Regel wird vorgebracht, der Triumphzug sei unter den Bedingungen der Alleinherrschaft zu einem monotonen und vor allem auch politisch irrelevanten Spektakel verkommen, das keine eigen­stän­dige systematische Untersuchung erfordere.3 Das Gegenteil ist der Fall: Zwar stellte der Triumph­zug unter den Bedingungen des römischen Kaisertums kein Medium inner­aristokratischer Konkurrenz mehr dar, da faktisch nur der Herrscher selbst oder seine präsumtiven Nachfolger noch triumphieren konnten (während militärisch erfolgreiche Mitglieder der römischen Aristokratie vorübergehend mit den ornamenta triumphalia abge­funden wurden, bis auch diese Ehrung im zweiten Jahrhundert auslief). Doch gewann der nun viel seltener gewordene Triumph im Zuge seiner Monopolisierung durch den princeps eine hohe Bedeutung als zeremonieller Brennpunkt für die militärische Rolle des Kaisers. In dieser Funktion ist der Triumph in Prinzipat und Spätantike aufs Engste ver­woben mit der soziopolitischen Entwicklung der römischen Monarchie insgesamt: Das Ritual war stets rückgebunden an die kaiserliche Sieges­ideologie im Speziellen und die imperiale Herrschaftsrepräsentation im Allgemeinen, und es stellte eine besonders öffentlichkeitswirksame Facette der kaiserlichen Bemühungen um symbolische Profilbildung, politische Integration und Dynastieerhalt dar. Mit dem kontinuierlichen historischen Wandel der politischen, administrativen und ökonomischen Strukturen

1 McCormick 1986: 14. 2 Aus der Vielzahl neuerer Arbeiten zum republikanischen Triumph seien nur die folgenden Monographien genannt: Auliard 2001; Itgenshorst 2005; Bastien 2007; Beard 2007; Pittenger 2008; Östenberg 2009a; Luke 2014; Lange/Vervaet 2014. 3 Zur Idee eines Endes des römischen Triumphs bzw. einer Veränderung hin zu einem inhaltsleeren Spektakel siehe beispielhaft die unten in den Anmerkungen 7, 8 und 9 genannte Literatur. Angelegt ist dieser Gedanke in gewisser Weise bereits in der antiken Überlieferung, wenn man bedenkt, dass die fasti triumphales unter Augustus augenscheinlich eine Art Schlusspunkt unter die Triumphgeschichte setzen sollten. Auch Dionysios von Halikarnassos (Ant. 2.34.3) setzt die republikanischen Triumphe von den Siegesritualen seiner eigenen Zeit ab.

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des Reiches über die Jahrhunderte hinweg änderten sich immer auch die jeweiligen Voraus­setzungen für die Plausibilisierung des monarchischen Herrschaftsanspruchs im römischen Imperium. In seiner Funktion für die symbolische Kommunikation zwischen dem Herrscher und seinen Subjekten war der Triumph hiervon stets ganz direkt betroffen: mehr denn je war er in Prinzipat und Spätantike ein Ritual „with a history“, wie es Mary Beard formuliert hat. Diese Erkenntnis erzwingt eine kritische Reflexion der vielfältigen modernen Bemühungen um ein klare Definition dessen, was ein römischer Triumph eigentlich ist – welche Kriterien also erfüllt sein müssen, um überhaupt von einem Triumph sprechen zu können. Die vom Staatsrecht her denkende ältere Forschung hat zur Klärung dieser Frage die verstreuten Angaben der antiken literarischen Quellen zur Vergabepraxis des Triumphs in republikanischer Zeit zusammengetragen, in diesem Kriterienkonglomerat dann ein regelrechtes ius triumphandi zu erkennen geglaubt und aus den entsprechenden Rechtsnormen schließlich die Definition des Triumphs abgeleitet. Schon für das Verständnis des republikanischen Triumphs ist dieses Vorgehen fragwürdig, und gänzlich problematisch wird es, wenn die so gewonnene Definition des Triumphs auf den kaiserzeitlichen und spätantiken Horizont angewendet wird. So lässt sich beispielsweise vom dritten bis ins frühe fünfte Jahrhundert hinein eine regelrechte Ära des Bürgerkriegstriumphs ausmachen, die erst jüngst überhaupt als solche erkannt wurde,4 weil (auf der Basis von Valerius Maximus) ein Triumph ex sanguine Romano als contradictio in adiecto angesehen wurde. Die rigide Trennung von Triumph und Bürgerkrieg geht allerdings schon in der späten Republik nicht mehr ganz auf, wie ebenfalls erst in den letzten Jahren bemerkt wurde.5 Die forschungsgeschichtliche Wirkung des staatsrechtlichen Triumphverständnisses bestimmt also bis heute ganz wesentlich unseren Blick auf den Triumph, auch wenn sich inzwischen die Stimmen mehren, die das heuristische Fundament einer solchen Definition des Rituals infrage stellen und die Grenzen der Übertragbarkeit republikanischer Kriterien auf die römische Monarchie betonen. Denn ein ius triumphandi im strengen Sinne gab es nie. Die republikanische Praxis der Genehmigung oder Ablehnung von Triumphen lässt sich überzeugender als Resultat inneraristokratischer Aushandlungsprozesse beschreiben, in denen rechtliche Argumente zweifelsohne Gewicht hatten, in denen aber auch eine Vielzahl anderer formeller und informeller Überzeugungsmittel zum Einsatz gebracht wurden. Miriam R. Pelikan Pittenger hat den Charakter des senatorischen Ringens um die Genehmigung oder Zurückweisung von Triumphen auf den Punkt gebracht: „The ‚elaborate casuistry‘ surrounding Roman triumphal criteria was hammered out mainly by aristocrats in arguments among themselves“.6 Der republikanische Triumph hat sich

4 Wienand 2011; Lange 2012; Wienand 2012: 199–229; Wienand 2015; Haake 2016. 5 Lange 2009; Lange 2013; Havener 2016; Lange 2016. 6 Pittenger 2008: 50f., Zum Thema „triumphal decision making“ siehe insgesamt ibid. 33–53, dort

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in enger Wechselwirkung mit einem normativen Feld entwickelt, dessen Kräfte aus inneraristokratischen Aushandlungsprozessen hervorgegangen und nicht einfach einem starren rechtlichen Regelwerk entsprungen sind. Die Frage nach der Definition des Triumphs muss also nochmals neu gestellt werden. Denn mit der Monopolisierung der politisch-militärischen Entscheidungsgewalt durch den princeps wurde den überkommenen senatorischen Kontrollmechanismen die Grundlage entzogen. Unter den Bedingungen der römischen Monarchie musste sich erst ein neues Verständnis davon entwickeln, welche Kriterien den Triumph überhaupt noch als solchen auszeichnen konnten und welche Bedeutung dem Ritual für die Ausgestaltung der Beziehung zwischen dem Triumphator und den Mitgliedern der Senatsaristokratie zukam. Die Monopolisierung des Triumphs durch den princeps ging also unmittelbar einher mit einer bemerkenswerten Flexibilisierung des Rituals. Jeder Versuch, den kaiserzeitlichen und spätantiken Triumph mit den Kriterien der republikanischen Triumphvergabe zu definieren, ist daher notwendigerweise zum Scheitern verurteilt. Folglich vermögen auch Deutungen des Triumphs nicht zu überzeugen, die die Geschichte des Rituals wahlweise unter Augustus (19 v. Chr.), Diocletian (303 n. Chr.) oder Honorius (403/4 bzw. 416 n. Chr.) enden lassen ‒ als mit L. Cornelius Balbus letztmalig in der Kaiserzeit die Ehre eines Triumphs einer Person zugesprochen wurde, die nicht dem Kaiserhaus angehörte;7 als unter Diocletian und Maximian der letzte pagane Triumph stattfand;8 oder als mit Honorius letztmalig ein Kaiser als Triumphator durch die Stadt Rom paradierte.9 Wie persistent der Drang der Forschung ist, der Analyse des römischen Triumphs eine klare Definition des Rituals zu Grunde zu legen und damit ‚eigentliche‘ von ‚uneigentlichen‘ Triumphen zu unterscheiden, zeigt sich selbst noch bei Mary Beard, die mit der „subversive suggestion“ aufwartet, der Flavische Triumph von 71 n. Chr. sei „the first triumph that was more of a ‚revival‘ than living tradition, more afterlife than life“.10 Ganz zu Recht hat freilich schon Nietzsche bemerkt: „definierbar ist nur das, was keine Geschichte hat“.11 Der Triumph aber ist ein historisches Phänomen.

auch mit Verweisen auf die ältere Literatur. Zum ius triumphandi auch Goldbeck/Mittag 2008 und Lundgreen 2014. 7 Die Zäsur von 19 v..Chr. wird etwa von Rüpke 1990: 233f. betont; allerdings treten ab der Wende vom vierten zum fünften Jahrhundert auch siegreiche Generäle wieder im Triumphzug auf, wenn auch nicht unbedingt als Triumphatoren im republikanischen Sinne – so etwa Eutropius, Fravitta, Stilicho und Belisar (siehe dazu McCormick 1986: 48–51, speziell 50f.: „the highest officials of the eastern government came to enjoy honors which had long since been considered an imperial monopoly“). 8 So etwa Künzl 1988: 119, 134; Balbuza 2002: 365. 9 So Versnel 1970: 1, allerdings mit der fehlerhaften Angabe, Honorius habe im Jahr 403 „the last official triumph known to us“ in Rom gefeiert; den Tatsachen näher kommt McCormick 1986: 57, wenn er mit Blick auf Honorius’ Triumph des Jahres 416 von „the last recorded triumphal observances of the Roman emperor in the ancient capital“ spricht. 10 Beard 2007: 328. 11 F. Nietzsche, Zur Genealogie der Moral II §12.

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Wesentlich überzeugender als die genannten Grenzziehungen ist daher die Einschätzung Michael McCormicks, der mit Blick auf die kaiserzeitlichen und spätantiken Triumphe von „relentless change in their number, nature and identity within the context of overall continuity“ spricht.12 Für das Verständnis des römischen Triumphs ist viel gewonnen, wenn diese Einschätzung ernst genommen und in der Analyse des Rituals auf eine allzu rigide Definition dessen, was ein Triumph ist, verzichtet wird. Der Triumph endete nicht mit dem Untergang der Republik, er endete nicht mit der flavischen Siegesfeier, er endete nicht mit der Ausbildung eines mobilen, hauptstadtfernen Residenzkaisertums, er endete nicht mit dem Beginn der christlichen Monarchie, er endete nicht mit der Ausbildung eines neuen hauptstädtischen Palastkaisertums in Konstantinopel, er endete nicht mit dem Untergang Westroms, und er endete nicht einmal mit dem Verzicht des Kaisers, selbst als Triumphator in der Prozession mitzuziehen. Für die römische Kaiserzeit und Spätantike lassen sich Beispiele anführen von Triumphen, denen kein militärischer Sieg vorausgegangen ist, die ohne Präsentation von Beute oder ohne Einbindung der Senatorenschaft stattfanden, die weit abseits der Hauptstadt oder sogar gänzlich ohne Beteiligung eines (lebenden) Triumphators durchgeführt wurden. Dies bedeutet nicht, dass der Triumph beliebig gewesen wäre oder dass sich das Ritual nicht von anderen Ritualen (etwa dem Adventus oder Dank- und Bußprozessionen) abgrenzen ließe. Über die weit mehr als tausendjährige Geschichte der römischen Siegesprozession hinweg lassen sich zwischen den einzelnen Triumphzügen aber im besten Falle ‚Familienähnlichkeiten‘ im Sinne Wittgensteins feststellen, kein definitorisch klar umrissener Wesenskern, der all diesen unterschiedlichen Triumphen gemeinsam wäre. Für die Möglichkeit, den römischen Triumph als historisches Phänomen zu verstehen, ist diese Unterscheidung elementar. Denn daraus folgt die Notwendigkeit, den römischen Triumph in Prinzipat und Spätantike einer ebenso umfassenden wie detailgenauen systematischen Untersuchung zu unterziehen – und genau dies möchte der vorliegende Band leisten: Mit den versammelten Beiträgen, die das kaiserzeitliche und spätantike Triumphritual vom ersten vorchristlichen bis ins siebte nachchristliche Jahrhundert hinein aus unterschiedlichsten Perspektiven durchdringen, soll unser Verständnis des Rituals einen entscheidenden Schritt vorangebracht werden. Um dieses Vorhaben forschungs­geschicht­lich zu verorten, soll nun zunächst ein Überblick über die altertumswissen­schaft­liche Auseinandersetzung mit dem kaiserzeitlichen und spätantiken Triumph folgen, bevor die Grundzüge der historischen Entwicklung skizziert und die einzelnen Beiträge des Bandes eingeordnet werden.

12 McCormick 1986: 35f.

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Deutungen und Perspektiven Seit die altertumswissenschaftliche Forschung erkannt hat, welchen Profilierungs­ druck die Desintegrationsanfälligkeit der politischen Ordnung auf die Figur des römischen Kaisers ausgeübt hat,13 liegen die konzeptionellen Voraussetzungen bereit, eine Gewinn bringende Untersuchung des kaiserzeitlichen und spätantiken Triumph­ zere­moniells als Medium politischer Kommunikation in Angriff zu nehmen. Dem kommt die überaus günstige Quellenlage entgegen: Der Triumph ist nicht nur eines der am besten dokumen­tierten politischen Rituale der römischen Antike,14 der überwältigende Teil der Zeugnisse entstammt zudem, wie erwähnt, der Zeit der römischen Monarchie. Die kaiserliche Selbst­dar­stellung als Imperator und Triumphator lässt sich dabei an einem vergleichsweise breiten Spektrum unterschiedlichster Quellen untersuchen – zunächst und vor allem natürlich in der kaiserzeitlichen, spätantiken und byzantinischen Literatur, aber auch in der numismatischen, epigraphischen und archäologischen Evidenz: reichhaltige Zeugnisse informieren uns über die Spezifika einzelner Sieges­zeremonien, bieten aber nicht zuletzt auch wertvolle Einblicke in die affirmativen und subversiven Diskurse, die sich mit der Rolle des Kaisers als Triumphator verbinden. Die altertumswissenschaftliche Forschung widmet den vielfältigen Zeugnissen rund um den römischen Triumph seit Langem eine besondere Aufmerksamkeit. Zunächst standen dabei Genese, Entwicklung, Form und Ablauf des Triumphs im Zentrum des Interesses. So hat sich die ältere Forschung um die Rekonstruktion der exakten Route der pompa triumphalis bemüht, die Bedeutung der einzelnen Segmente des Rituals analysiert (Präsen­tation der Beute und der Gefangenen, Tracht und Insignien des Triumphators, Triumphruf und Spottlieder der Soldaten, Opferzeremonie, Bankett etc.) und nicht zuletzt auch staats­rechtliche Fragen diskutiert (insbesondere mit Blick auf das ius triumphandi).15 Parallel hierzu fand eine umfassende archäologische Auseinandersetzung mit einzelnen Triumph­monu­menten wie Triumphbögen, Siegessäulen, Statuen und Obelisken statt, aus der eine wertvolle Materialbasis und ein besseres Verständnis der stil- und kunsthistorischen Entwicklung hervorgegangen ist.16 Eine anschauliche Synthese, wie sie Ernst Künzl im Jahr 1988 mit seinem Büchlein Der römische Triumph: Siegesfeiern im antiken Rom vorgenom-

13 Flaig 1992; Diefenbach 1996; Ando 2000; Diefenbach 2002; Gotter 2008; Gotter 2015. 14 Vgl. Rüpke 1990: 223: „Der Triumph kann als der eindrucksvollste und am besten belegte aller mit dem Krieg verbundenen Riten angesprochen werden“. 15 Forschungsüberblick und -kritik bei Itgenshorst 2005: 31–41; vgl. Beard 2007: 80–96. 16 Exemplarisch sei hier nur auf das monumentale Werk zum spätantiken Bildschmuck des Konstantinsbogens von Hans Peter L’Orange und Armin von Gerkan (L’Orange/Gerkan 1939) und Richard Brilliants Studie zum Triumphbogen des Septimius Severus verwiesen (Brilliant 1967). Hilfreich im Sinne einer Datensammlung sind etwa die Listen römischer Triumphbögen, die 1888 von Paul Graef und 1904 von Arthur Frothingham publiziert wurden.

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men hat, führte diese Stränge zusammen, übersah im Bemühen um die Rekonstruktion eines Idealtypus des römischen Triumphs aber zugleich, dass längst wertvolle Ansätze bestanden, das Ritual als kommunikativ flexibles und damit auch historisch wandelbares Medium des Politischen zu verstehen:17 So hatten bereits Jean Gagé, Andreas Alföldi, Johannes Straub, Wilhelm Enßlin, Gilbert Picard, J. Rufus Fears und andere Altertumswissenschaftler wichtige Voraussetzungen für ein wesentlich umfassenderes Ver­ständnis der Entwicklung der kaiserlichen Sieges­ideologie im Allgemeinen und des römischen Triumphs im Speziellen geschaffen.18 Von archäologischer Seite wurden diese Analysen schon früh ergänzt durch Studien zur politischen Semantik zen­traler Chiffren römischer Sieghaftigkeit und individueller triumphaler Bildprogramme, aber auch durch umfassende Untersuchungen der Entwicklung des öffent­lichen Raums in Rom, in den großen Residenzstädten sowie in der neuen Reichshauptstadt Konstantinopel: entlang der Prozessionswege haben sich hier bemerkenswert vielschichtige triumphale Erinnerungs- und Repräsentationsräume entwickelt, die den einzelnen Triumph als performatives Kommunikationsmedium zweifelsohne mitgeprägt haben.19 Die grundlegenden Fragen nach dem politischen Stellenwert des Triumphs und seiner Bedeutung für die imperiale Repräsentation und für die Konstruktion römischer Identität sind in den vergangenen Jahrzehnten nun ganz zu Recht immer stärker in den Vordergrund gerückt.20 Der Schwerpunkt der historischen Deutungsversuche des Triumph als politischem Ritual liegt dabei jedoch eindeutig weiterhin auf der Ära der römischen Republik. Für die Zeit nach 19 v. Chr. dagegen – als mit L. Cornelius Balbus vorerst letztmalig ein römischer Aristokrat, der nicht Mitglied des Kaiserhauses war, einen Triumph feiern konnte (während zugleich Agrippa ostentativ auf einen solchen verzichtete)21 – wurden bis heute lediglich Teil- und Detailaspekte untersucht. Auch die wenigen monographischen Behandlungen bleiben auf spezielle Themenfelder

17 Künzl 1988. 18 Gagé 1933a; Gagé 1933b; Alföldi 1934 und 1935 (repr. in Alföldi 1970); Straub 1939; Enßlin 1943; Barini 1952; Picard 1957; Fears 1981; Heim 1991; Heim 1992. 19 Abgesehen von zahlreichen archäologischen Einzeluntersuchungen zu speziellen Monumenten (etwa den Triumphbögen der flavischen, severischen und konstantinischen Zeit oder den Sieges­ säulen von Traian, Marc Aurel, Theodosius, Arcadius und Marcian) haben sich aus archäologischkunsthistorischer Perspek­tive insbesondere Richard Brilliant, Tonio Hölscher und Franz Alto Bauer grundlegend mit der militärischen Repräsentation in Rom befasst und damit wichtige Grundlagen auch für das Verständnis des Triumphzugs gelegt: Brilliant 1963; Hölscher 1967; Bauer 1996. Zu Konstantinopel hat erneut Franz Alto Bauer wesentliche Grundlagen gelegt, gefolgt von Sarah Bassett: Bassett 2004. Emanuel Mayer hat sich mit der kaiserzeitlichen Ausgestaltung des öffentlichen Raumes in den Residenzstätten befasst: Mayer 2002. 20 Vgl. (in Auswahl) Brilliant 1999; Flaig 2000; Balbuza 2002; Flaig 2003a; Flaig 2003b: 32–48; Flower 2004; Beck 2005; Itgenshorst 2005; Bastien 2007; Beard 2007; Hölkeskamp 2006; Pittenger 2008; Östenberg 2009a; Rosenberger 2009. Wienand 2012; Lange/Vervaet 2014; Havener 2016. 21 Wardle 1994.

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beschränkt und ergeben bisher noch kein Gesamtbild des römischen Triumphs unter den gewandelten Bedingungen der Monarchie. Die wichtigsten Studien der jüngeren Zeit, die sich explizit mit dem Triumph in der Kaiserzeit und/oder Spätantike befassen, sollen im Folgenden knapp vorgestellt werden. Die erste Studie, die sich um ein Gesamtverständnis des römischen Triumphs in Prinzipat und Spätantike bemüht hat, stellt die 1986 publizierte Arbeit Eternal Victory aus der Feder des Mediaevisten Michael McCormick dar.22 Erstmals wird hier die Frage nach der politisch-militärischen Bedeutung des römischen Triumph unter den Bedingungen der monarchischen Herrschaftsordnung systematisch verfolgt. Allerdings ging es dem Autor dabei mehr um die Vorgeschichte der byzantinischen Siegeszeremonien, um die der Hauptteil der Arbeit kreist, als um eine eigenständige Untersuchung des römisch-kaiserzeitlichen und spätantiken Triumphs. Im Detail bleibt die Untersuchung für diese (aus der Perspektive McCormicks: frühe) Phase dann auch lückenhaft und teils inhaltlich problematisch – so wird beispielsweise der republikanische Hintergrund kaum beleuchtet, was sich nachteilig auf die Deutung des kaiserzeitlichen Triumphs auswirkt. Speziell für den spätantiken Horizont ist McCormicks breit angelegte und scharfsinnige Analyse aber bis heute nicht durch ein neueres Werk abgelöst worden. Auch Mary Beards The Roman Triumph aus dem Jahr 2007 kann McCormicks Arbeit nicht ersetzen.23 Ungeachtet aller Verdienste, die Beards Buch zukommen – so hat das Werk zweifellos dazu beigetragen, die Sensibilität für den Triumph in der Kaiserzeit zu schärfen –, bietet es schon deswegen keine eigentliche Geschichte des Rituals unter den Bedingungen der römischen Monarchie, weil die Autorin auf eine Detailanalyse der Funktion, Struktur und Dynamik des Triumphs in der nach­ republikanischen Zeit zugunsten einer Dekonstruktion moderner Rekonstruktionen weit­ge­hend verzichtet.24 Die kommunikative Funktion des Rituals unter den sich wandelnden Prämissen der politischen Ordnung im römischen Reich gerät von diesem Zugang her aus dem Blick – oder gelangt erst gar nicht in den Fokus. Der politischen Semantik des kaiserzeitlichen Triumphs näher kam bereits zuvor Katarzyna Balbuza in einer Reihe an Aufsätzen, vor allem aber in ihrer 2005 publizierten Dissertation Triumfator.25 Balbuza stellt den Triumph vornehmlich in den Kontext der kaiserlichen Sieges­ideologie und begreift die Siegesfeier in erster Linie als Akt kaiserlicher Selbstdarstellung. Der Propagandabegriff, dem hier eine entscheidende heuristische Funktion zukommt, ist allerdings auch für die Antike inzwischen grund-

22 McCormick 1986. 23 Beard 2007. 24 Vgl. auch die Kritik bei Blösel 2008. 25 Balbuza 2005. Von Balbuza liegen inzwischen eine Reihe an Einzeluntersuchungen in Aufsatzform vor: Balbuza 1999; Balbuza 2002; Balbuza 2004a; Balbuza 2004b; Balbuza 2014. In Beard 2007 werden die damals bereits publizierten Texte nicht rezipiert.

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sätzlich problematisiert worden,26 ihren Wert für die Forschung aber behält die Studie schon durch die quellengesättigte Rekonstruktion der Triumphgeschichte der frühen und mittleren Kaiserzeit auf. Weniger an der politischen Dimension als an der performativen und ästhetischen Qualität des Triumphs ist Ida Östenberg in ihrer Studie Staging the World aus dem Jahr 2009 interessiert (ebenfalls flankiert von einer Reihe an Aufsätzen).27 Die Untersuchung reicht bis in die trajanische Zeit hinein und stellt eine wertvolle Bereicherung für unser Verständnis der spezifischen Kommunikations- und Rezeptionsbedingungen des Rituals dar. Besondere Impulse gehen von Östenbergs Werk auch in methodischer Hinsicht aus, denn ihr ist es gelungen, unter einer kulturwissenschaftlichen Fragestellung handwerklich überzeugend die literarischen Quellen mit der archäologischen, epigraphischen und numismatischen Evidenz zusammenzuführen. Eine Erweiterung unserer Kenntnis des rituell-räumlichen Settings römischer Triumphe in der Kaiserzeit wird auch von der in Druckvorbereitung befindlichen Habilitation Raum und Ritual im römischen Triumph des Archäologen Sven Schippo­reit zu erwarten sein, die sich dem Charakter der via triumphalis als zentralem römischem Erinnerungsort von der mittleren Republik bis in die hohe Kaiserzeit hinein widmet – auch aus diesem Vorhaben sind bereits Aufsätze hervorgegangen.28 Neben den genannten Projekten und Publikationen lassen sich weitere Detail­ untersuchungen jüngeren Datums anführen, die unser Verständnis der römischen Siegesideologie in Prinzipat und Spätantike in Teilbereichen erweitern und vertiefen.29 Ein umfassendes Verständnis der soziopolitischen Bedeutung des Triumphrituals unter den Vorzeichen einer monarchischen Herrschaftsordnung geht daraus allerdings bislang nur in eingeschränktem Maße hervor, auch weil die einzelnen bekannten Triumphe noch immer nicht gleichermaßen gut erforscht sind und es damit kaum möglich ist, ein synthetisches Gesamtbild zu erlangen. So ist etwa die Literatur zum triumphalen Einzug Konstantins in die Stadt Rom nach dem Sieg an der Milvischen Brücke im Jahr 312 kaum zu überblicken, während so spektakuläre Ereignisse wie die Triumphzüge von Caligula, Nero und selbst Vespasian/Titus sowie Lucius Verus und Marc Aurel, Pupienus und Balbinus, Theodosius, Honorius oder auch Belisar bzw. Justinian kaum auf ihre politische Semantik hin untersucht und bisher nicht in die Entwicklung des römischen Triumphs insgesamt eingeordnet wurden. Damit harrt auch eine vermeintlich überforschte Sieges­inszenierung wie der

26 Siehe hierzu insbesondere die Diskussion in Weber/Zimmermann 2005. 27 Östenberg 2009a; siehe auch Östenberg 2009b; Östenberg 2010a; Östenberg 2010b; Östenberg 2013; Östenberg 2014a; Östenberg 2014b. 28 Schipporeit 2008; Schipporeit 2010; Schipporeit 2014. 29 Seelentag 2004; Wienand 2012; Havener 2016. Aktuell noch in Arbeit bzw. in Druckvorbereitung sind die Habilitationsschriften von Matthias Haake zum römischen Kaisertum des dritten Jahrhunderts und von Felix Maier zur militärischen Herrschaftsrepräsentation im Übergang zum spätantiken Palastkaisertum.

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Triumph Konstantins noch einer überzeu­genden Deutung als spezifisches Glied einer langen Kette kaiserlicher Triumphrituale.30 In Form einer monographischen Studie ist eine ebenso umfassende wie detaillierte Analyse des römischen Triumphs von der ausgehenden Republik bis in die Spätantike hinein unter den skizzierten Voraussetzungen aktuell kaum zu bewältigen. Der vorliegende Band führt daher ein breites Spektrum an Spezialisten unterschiedlicher altertumswissenschaftlicher Fachdisziplinen mit unterschiedlichen epochalen Schwerpunkten und unterschiedlichen inhaltlichen Blickwinkeln zusammen, um ein ebenso breit ausgerichtetes wie detailgenau angelegtes Unter­suchungsraster zur Analyse des römischen Triumphs gewinnen zu können. Entlang der wesentlichen historischen Veränderungen, politisch-militärischen Problemkonstellationen und gesellschaftlichen Umbrüche soll auf diese Weise ein besseres Verständnis der soziokulturellen Dimension des Triumphs vom ersten vorchristlichen bis ins siebte nachchristliche Jahrhundert hinein gewonnen werden. Um dieses Gesamtvorhaben inhaltlich zu umreißen, werden nun die Grundzüge der Entwicklung und damit auch die dynamisierenden Faktoren des historischen Wandels skizziert, innerhalb dessen sich die konkrete Gestalt und die kommunikative Funktion der individuellen Triumphe zu formieren hatten. Die entsprechenden Überlegungen bilden zugleich den konzeptio­ nellen Rahmen, innerhalb dessen die einzelnen Beiträge des vorliegenden Bandes verortet sind. Wenn diese im Folgenden in die Darstellung der übergreifenden soziopolitischen und kulturellen Zusammenhänge eingeordnet werden, geht es weniger um eine Zusammenfassung der individuellen Beiträge (dies leisten die Abstracts, die ihnen vorangestellt sind) als um das Gesamttableau der historischen Entwicklung des römischen Triumphs von der ausgehenden Republik bis in die poströmische (Westen) und byzantinische (Osten) Zeit hinein.

Monopolisierung und Flexibilisierung des Triumphs Die monarchische Herrschaft in Rom ist aus einer republikanischen Aristokratie heraus entstanden, deren politische Ordnung im Ringen der großen Clans um Macht, Einfluss und Prestige unterging. Auch wenn sich die Transformation der Gesellschaft hin zur Monarchie in einem ausufernden Bürgerkrieg vollzog und im Rückblick gera-

30 Ansätze bieten Diefenbach 2007: 133–153; Wienand 2011; Lange 2012; Wienand 2012, 199–280; Wienand 2015; Haake 2016: 270–281. Die Forschung hat sich in ihrer Auseinandersetzung mit diesem Ereignis fast ausschließlich auf die Frage nach der Christianisierung (speziell bzgl. der These vom Verzicht auf den Gang zum Kapitol) konzentriert und dabei zentrale Aspekte der Inszenierung übersehen, die auf einen grundlegenden Wandel des Rituals in Zeiten der Herrschaftsteilung und der Bürgerkriege verweisen.

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dezu als ‚Roman Revolution‘ erscheint,31 so hat es einen radikalen Systembruch mit der alten Ordnung doch nie gegeben. In der symbolischen Kommunikation zwischen dem princeps als neuem erstem Mann im Staate lässt sich im Gegenteil eine regelrechte Reaktivierung der republikanischen Werte, Institutionen und Interaktionsmodi erkennen, und die grundlegende Asymmetrie zwischen dem (faktischen) Monarchen und seinen (ideellen) aristokratischen Peers wurde in die traditio­nalistische Rhetorik eines republikanischen consensus universorum gekleidet – die Alleinherrschaft blieb in Rom eine grundsätzlich sekundäre Ordnung.32 In einem ganz bestimmten, für die spätrepublikanische Welt entscheidenden Feld der symbolischen Kommunikation aber hätte der Bruch zwischen Republik und Monarchie nicht deutlicher zum Ausdruck gebracht werden können: beim Triumph. In den gut dreißig Jahren von Pompeius’ Triumph des Jahres 61 v. Chr. bis zu Octavians ‚dreifachem Triumph‘ des Jahres 29 v. Chr. wurde im Schnitt jedes Jahr in Rom ein Triumphzug gefeiert – und alleine in den drei Jahren von 29 bis 27 v. Chr. fanden nicht weniger als acht Triumphe in den Straßen der Urbs statt.33 Die Triumphe, die nach 19 v. Chr. noch unter Augustus in den gut dreißig verbleibenden Herrschaftsjahren des ersten princeps durchgeführt wurden, lassen sich dagegen an zwei Fingern abzählen. Der Triumphator hieß in beiden Fällen Tiberius, und dieser triumphierte vor allem deshalb, weil er zum Nachfolger des Augustus aufgebaut werden sollte. Dass Augustus selbst dagegen die triumphale Ehre ablehnte, hat Tanja Itgenshorst auf die griffige Formel ‚der Princeps triumphiert nicht‘ gebracht.34 Ebenso entscheidend ist aber, dass vorerst auch sonst (fast) niemand (mehr) triumphierte. Im vorliegenden Band liegt es zunächst und vor allem an Carsten H. Lange, Tanja Itgenshorst und Jan Meister, dieser Entwicklung Sinn abzuringen und sowohl die radikale Zäsur in der Triumphgeschichte als auch die Kontinuitätslinien zu deuten, die über den augusteischen Bruch hinausweisen und eine Fortsetzung der römischen Triumphgeschichte für weit mehr als ein halbes Jahrtausend ermöglicht haben. Wie also lässt sich diese entscheidende Scharnierstelle verstehen? Augustus hat den Triumph ganz offenbar für den Monarchen und sein unmittelbares Umfeld monopolisiert und das Ritual zugleich im Sinne einer triumphalen Aura personell absorbiert – dabei wurde der Triumph, so könnte man auch sagen, von Augustus im dreifachen Hegel’schen Sinne ‚aufgehoben‘. Dass nun (vorerst) kaum mehr eine Siegesparade in Rom stattfand, musste jedem aufmerksamem Beobachter die militärische Entblößung der Aristokratie und die Konzentration aller Machtmittel in den Händen einer einzigen Person prägnant vor Augen führen. Damit war der senatori-

31 So der Titel von Ronald Symes wegweisender Studie zum Untergang der Republik (Syme 1939). 32 Winterling 2003; Gotter 2008: 185f.; Gotter 2012. 33 Die Triumphe sind übersichtlich zusammengestellt im Katalog römischer Triumphe von 340 bis 19 v. Chr., der Itgenshorst 2005 beiliegt (hier die Nummern 258 bis 289). 34 So der Titel von Itgenshorst 2008.

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schen Elite eine zentrale Bühne der Profilierung ihrer Leistungen für die res publica genommen,35 zugleich aber verloren ambitionierte Senatoren mit dem Triumph auch ein Instrument, das sich in den vorausgegangenen Jahrzehnten in ihren Händen zu einer der schärfsten Waffen des inneraristokratischen Konkurrenzkampfs entwickelt und die Funktionsfähigkeit des politischen Systems insgesamt bedroht hatte: „die römische Republik hat sich zu Tode triumphiert“, wie Egon Flaig es pointiert formulierte.36 Im Prinzipat konnte der Triumph keine vergleichbar dysfunktionale Wirkung mehr innerhalb der Aristokratie entfalten, weil er den Mitgliedern der Elite nicht mehr als Bezugspunkt für ihre Statuskonflikte zur Verfügung stand. Das Ritual konnte dem Monarchen aber auch nicht dazu dienen, sich mit den regulären Mitgliedern der Aristokratie zu messen: Da er für die Aristokratie unerreichbar war, bot der Triumph dem princeps keine Möglichkeit, in einem direkten Vergleich seine Überlegenheit im Einsatz für die res publica zu unterstreichen. Durch diese tiefgreifende Neuverortung des Triumphs im Gesamtspektrum der innergesellschaftlichen Aushandlungsprozesse war dann offenbar zunächst tatsächlich unklar, welche Funktion dem Ritual überhaupt noch zukommen konnte: Seine eigene überlegene soziale Stellung konnte Augustus bereits mit der bloßen Zurückweisung vom Senat verliehener Triumphe bezeugen, und auch die Triumphe des Tiberius unterstrichen weniger dessen eigenes Prestige als vielmehr die unangefochtene Souveränität des Augustus: Durch den in die pompa integrierten Kniefall des Triumphators vor Augustus kam nur umso deutlicher der überragende Status des princeps zum Ausdruck.37 Der princeps triumphierte also nicht, weil er nicht triumphieren musste. Zugleich ließen sich auf diese Weise potenzielle Konflikte mit Legaten vermeiden, denen der princeps das militärische Kommando übertragen hatte. Um zu verstehen, weshalb die Triumphgeschichte an dieser Stelle nicht einfach endete, lohnt es sich, die julisch-claudischen Triumphe einer genaueren Untersuchung zu unterziehen, und genau dies nimmt Fabian Goldbeck in seinem Beitrag zu diesem Band in Angriff. Caligula griff den Triumph wieder auf, nur um deutlich zu machen, dass der Kaiser tatsächlich, wie Rüpke es formulierte, jeden Auftritt zum Triumph machen konnte, selbst gänzlich unabhängig von konkreten militärischen Errungenschaften: Dio berichtet, Caligula habe erst seine Soldaten am Strand Muscheln sammeln lassen und hierfür im Anschluss einen Triumphzug gefeiert. Auch Caligulas berüchtigter Ritt über die Bucht von Baiae war als Triumph konzipiert,38 und Nero zog später mit

35 Eich 2008. 36 Flaig 2003b: 299. 37 Suet. Tib. 20. 38 Muscheln: Dio 59.23.2ff.; Ritt übers Meer: Dio 59.17; vgl. Sen. de brev. vit. 18.5, Ios. ant. Iud. 19.5f., Suet. Cal. 19, 32.1, 52. Siehe dazu auch Kleijwegt 1994 und Winterling 2003, 120–124.

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seinem ‚Musen-Triumph‘ nach.39 Die Triumphe von Caligula und Nero waren zweifelsohne darauf ausgelegt, den consensus universorum zielgenau an der Scharnierstelle zwischen Kaiser und Senat zu sprengen. Innerhalb der julisch-claudischen Triumphgeschichte sowie in der Logik der monarchischen Herrschaftsordnung stellen diese Inszenierungen aber alles andere als Aberrationen des Triumphs oder gar Ersatzhandlungen dar: Sie zeigen nur, zu einem welch flexiblen Instrument der politischen Kommunikation das Ritual im Zuge seiner monarchischen Rekalibrierung geworden ist. Als ähnlich perfide, wenn auch nicht ganz so offenkundig, lässt sich der Triumph des Claudius lesen, der seine Rolle als aktiver Feldherr auf ein Minimum reduzierte: Claudius ist im Jahr 43 n. Chr. eigens für wenige Tage nach Britannien gereist, um lediglich noch die Einnahme des sturmreifen Camulodunum persönlich als Feldherr zu leiten und damit die Legitimität seines Anspruchs auf einen Triumph zu unterstreichen.40 Unter den Bedingungen des ohnehin monarchisch monopolisierten Triumphs lässt sich der (immerhin nicht ganz unerhebliche) Aufwand, den der Kaiser hier betreibt, um im entscheidenden Moment bei der kämpfenden (oder besser: siegenden) Truppe zu sein, auch als ostentatives Minimalinvestment in die Glaubwürdigkeit der monarchischen Repräsentation verstehen: Claudius scheint es darum gegangen zu sein, die Bereitschaft des princeps zum Ausdruck zu bringen, sich auf die Logik der republikanisch verbrämten Diskursregeln einer Monarchie im senatorischen Biotop einzulassen, zugleich aber zu betonen, dass doch der Kaiser Herr des Verfahrens war und letztlich selbst entscheiden konnte, ob die Feldherrnrolle entbehrlich war oder nicht.

Neue Paradigmen Die gewonnene Flexibilität blieb dem Triumph über die gesamte Kaiserzeit und Spätantike hinweg erhalten, auch wenn der Triumph nach dem Ende der iulisch-claudischen Dynastie nur noch selten in solch dezidierter Weise wie bei Caligula und Nero für Zwecke der politischen Konfrontation instrumentalisiert wurde. Dass sich der Triumph zum Referenzpunkt einer – gerade auch mit Blick auf die Beziehung von Kaiser und Senat – wieder stärker konsensorientierten militärischen Repräsentation des Kaisers entwickeln konnte, ist nicht zuletzt den Impulsen geschuldet, die vom fla-

39 Hierzu Beard 2007, 268–271 und Meier 2008. 40 Suet. Claud. 17; Cass. Dio 60.23.1–6. Claudius ließ sich während seines Prinzipats 27mal als im­ perator akklamieren und übertraf damit Augustus. Wie problematisch sein Britannientriumph trotz allem war, dürfte die ausgesucht ehrenvolle Behandlung des eigentlichen Befehlshabers Aulus Plautius dokumentieren, der mit einer ovatio abgefunden wurde. Zur Bedeutung des Britannientriumphs vgl. Osgood 2011: 92.

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vischen Triumph des Jahres 71 n. Chr. ausgegangen sind: Erst dieses Ereignis scheint ein Paradigma des monarchischen Triumphs hervorgebracht zu haben, aus dessen Perspektive ein neronischer Musentriumph (und damit auch die Triumphe Caligulas) absonderlich, ja nachgerade pervers erscheinen musste – ein Paradigma zumal, an dem sich die späteren Triumphe auf lange Zeit hinaus noch messen lassen mussten. Die besondere Stellung, die dem flavischen Triumph nicht nur für die Etablierung einer neuen Herrscherdynastie und damit zugleich für die Festigung der römischen Monarchie insgesamt zukommt, ist in der Forschung längst erkannt worden. Dass das Ereignis aber auch eine besondere Bedeutung für die gesamte römische Triumphgeschichte aufweist, zeigt sich in aller Deutlichkeit erst in einem diachronen Zugriff auf die Entwicklung des Rituals von der ausgehenden Republik bis in die Spätantike. Dass der flavische Triumph in der literarischen und materiellen Überlieferung so deutliche Spuren hinterlassen hat wie kein anderer Triumph, scheint aus dieser Perspektive kein bloßer Zufall zu sein. Die Möglichkeiten, die damit bestehen, das Ritual bis in einzelne Details der Inszenierung hinein zu erforschen, aber auch in seinem diskursiven Horizont zu ergründen, sind noch lange nicht ausgeschöpft: Selbst ein wohlbekannter und intensiv erforschter Text wie die Beschreibung des flavischen Triumphs im Werk des Flavius Josephus hält noch neue Erkenntnisse bereit, wenn seine Erzählstrukturen – wie im vorliegenden Band von Steve Mason – einer erneuten aufmerksamen Lektüre unterzogen werden. Der flavische Triumph setzte also neue Maßstäbe. Anders als noch in julischclaudischer Zeit wurde der Triumphzug in der Folge fast durchgehend in einer Weise konzipiert, die als Verdichtung der unveräußerlichen Eigenschaft des Kaisers als ewigem Triumphator gedacht und zugleich auf die Integration aller relevanter politischer Statusgruppen ausgelegt war – mit dem siegreichen Monarchen an der Spitze der gesellschaftlichen Hierarchie. Der Triumph wies damit ein bedeutendes Potenzial zur Inszenierung der kaiserlichen Suprematie innerhalb eines wohl­ge­ord­ne­ten, im Innern friedvollen Imperiums auf, und dieses Potenzial wurde im Laufe der Kaiserzeit immer weiter ausgebaut. Der Umstand, dass auch weiterhin kaum ein kaiserzeitlicher Triumph einem anderen glich, lässt sich dabei am plausibelsten als Symptom eines systemischen Charakteristikums der römischen Herrschaftsordnung verstehen, die sich nach wie vor eher im einzelnen Kaiser als in der Monarchie als Staatsform verkörpert hat. Dieses Faktum manifestiert sich in erstaunlich starken und wechselhaften Profilbildungen der einzelnen Kaiser, von denen auch der Triumph als einer der öffentlichkeitswirksamsten Aspekte kaiserlicher Selbstdarstellung betroffen war. Dabei fällt auf, dass sich der Umgang der einzelnen Kaiser mit dem Siegesritual nicht einfach entlang der in der althistorischen Forschung noch immer gängigen Differenzierung von demonstrativ senatsnahen und offensiv monarchisch auftretenden prin­ cipes erklären lässt: Angesichts unregelmäßiger Konjunkturen und Stagnationen im Einsatz des Triumphzeremoniells ist also interessant zu sehen, welche Strategien sich im Umgang mit dem Ritual erkennen lassen und wie sie von den Kaisern zur politischen Kommunikation eingesetzt wurden.

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Neben der stark dynastisch aufgeladenen Inszenierung von Sieghaftigkeit im flavischen Triumph41 kommen hier die Triumphe Domitians nach den Siegen über Chatten42 und Daker ins Spiel, ferner die diversen Triumphe Traians (darunter der ‚postume Triumph‘) sowie die demonstrative Ablehnung eines angebotenen Triumphs durch Septimius Severus bei gleichzeitiger Inszenierung einer pompa für seinen Sohn Caracalla (und der Errichtung eines Triumphbogens). Es zeigt sich also auch nach dem Ende der julisch-claudischen Dynastie weiterhin eine bemerkenswerte – und bislang nur in Ansätzen diachron untersuchte – Bandbreite an Möglichkeiten, wie ein römischer Kaiser mit der Siegesfeier umgehen konnte. Welche Faktoren dabei für den je spezifischen Umgang der einzelnen Herrscher mit dem Ritual ausschlag­gebend waren, in welchem Maße sie sich auf hergebrachte Verfahren einließen und wo sie neue Wege einschlugen, wird im vorliegenden Band für die Zeit von den Flaviern bis zu den Severern von Gunnar Seelentag und Christoph Michels untersucht, während sich Katarzyna Balbuza in ihrem Beitrag speziell auf den Aspekt der dynastischen Repräsentation konzentriert und Tonio Hölscher die zunehmende Ausgestaltung der Stadt Rom zu einem triumphalen Repräsentations- und Erinnerungsraum in den Blick nimmt. In der Gesamtschau zeigen die vier Beiträge, zu welch einem wirkmächtigen Instrument der monarchischen Profilierung der Triumph geworden ist, obgleich das Ritual nach wie vor nicht häufig stattfand – ein Faktor, den Tonio Hölscher im Sinne einer programmatischen Inszenierung auf die Formel des ‚biographischen Rituals‘ bringt. Die hohe Bedeutung, die durch diese Verdichtung dem einzelnen Triumphzug zukommt, lässt sich auch in den subversiven Diskursen greifen, die – wie Martijn Icks in seinem Beitrag herausarbeitet – mit unterschiedlichsten narrativen Techniken an diesen spezifischen Ereignissen der monarchischen Repräsentation ansetzen, um das affirmativ konzipierte Sinnangebot zu unterwandern und auf diese Weise einen geeigneten Ansatzpunkt für eine wirkmächtige Herrscherkritik zu gewinnen.

Dezentralisierung und Bürgerkrieg Die weitere historische Entwicklung des kaiserzeitlichen Triumphs ist durch den Umstand geprägt, dass sich die römische Monarchie immer stärker auf einen eigengesetzlichen Herrschafts­apparat stützte, der sich dem Milieu der stadtrömischen Senatsaristokratie langsam aber sicher entzog. Andere soziale Gruppen gewannen als Interaktionspartner des Kaisers an Bedeutung: Die Führungselite einer sich ausdifferenzierenden Zivil- und Militäradministration, die Gardetruppen, aber auch die in den Provinzen (vor allem entlang der Reichsgrenzen) stehenden regulären Heeresein-

41 Vgl. auch Ash 2014. 42 Vgl. zuletzt Smith 2015.

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heiten, zu denen der römische Herrscher als aktiver Feldherr eine an Intensität gewinnende Bindung einging, ferner auch der wachsende Hofstaat und provinziale Eliten. Durch die zunehmende Bedeutung des militärischen Sektors ent­wickelte sich die triumphale Herrschaftsrepräsentation dabei zu einem der wich­tig­sten Interaktionsund Kommunikationsfelder zwischen dem Souverän und seinen Subjekten, und das gesamte Imperium wurde mehr und mehr zu einem Resonanzraum kaiserlicher Sieghaftigkeit. Im Zuge dieser Entwicklung gewannen Siegesparaden in Provinz- bzw. Residenz­städten an Bedeutung, die von den Zeitgenossen ohne Weiteres als trium­ phi angesehen wurden. Zwischen dem dritten und sechsten Jahrhundert sind Feierlichkeiten dieser Art in Antiochia, Aquileia, Emona, Karthago, Mailand, Ravenna, Sirmium und Trier bezeugt – abgesehen natürlich von Rom und Konstantinopel.43 Von der Ausweitung der kaiserlichen Siegesideologie blieben auch andere Herrschaftsrituale nicht unberührt: So wurde der kaiserliche Adventus mehr und mehr mit triumphalen Konnota­tionen aufgeladen, um die unverlierbare Eigenschaft des Kaisers als ‚ewiger Triumphator‘ auch jenseits spezifischer Siegesprozessionen mit einer gewissen Regelmäßigkeit öffentlichkeitswirksam zum Ausdruck bringen zu können.44 Lukas de Blois untersucht in seinem Beitrag zu diesem Band zwei Decennalienfeiern des dritten Jahrhunderts, die in diesem Sinne mit triumphalem Sinngehalt aufgeladen wurden und damit aufschlussreiche Indikatoren für die charakteristischen Verschiebungen der Kommunikationsmodi zwischen Kaiser und Untertanen in dieser Zeit darstellen. Auch Triumphmonumente begegnen ab der mittleren und hohen Kaiserzeit zunehmend fernab der Hauptstadt vor allem in Regionen mit hoher Militärpräsenz, aber auch in Städten, die einen besonderen Bezug zum Herrscherhaus aufweisen – etwa im nordafrikanischen Leptis Magna, das als Geburtsstadt des Septimius Severus mit einem Triumphbogen ausgestattet wurde. Auch die Triumphzüge selbst waren in der Zeit der Soldatenkaiser und der Tetrarchie starken transformativen Kräften ausgesetzt, wie Matthias Haake in seinem Beitrag herausarbeitet. Die zahlreichen militärischen Konflikte im Innern des Reiches machten Siege in Bürgerkriegen zu einem beinahe seriellen Phänomen. Da zugleich die Abhängigkeit des Herrschers von der Loyalität der militärischen Führungsschicht weiter wuchs, rückte die Rolle des Kaisers als Krieger und Sieger ins Zentrum römischer Herrschaftsrepräsentation.45 Die steigende Distanz des Souveräns zur römi-

43 Zu den Siegesfeiern in Provinzstädten siehe insbes. McCormick 1986: 35–79. Nicht für alle, aber für einige der genannten Städte ist der Begriff triumphus bzw. θρίαμβος belegt. Schon in republikanischer Zeit deutete sich durch den triumphus in monte Albano (vgl. Rosenberger 2009) an, dass der Bezug zu Rom „nicht als konstitutiv für den Triumph überhaupt angesehen wurde“, wie Rüpke 1990: 227 bemerkt. 44 Zum triumphalen Charakter von Adventuszeremonien vgl. MacCormack 1981; Dufraigne 1994; Lehnen 1997; Vitiello 2000; Benoist 2005: 195–272. 45 Ein instruktives Beispiel ist der Galeriusbogen in Thessaloniki, der den Caesar Galerius im Reiterduell mit dem Perserkönig zeigt und dabei offenbar Elemente der sasanidischen Siegesikonographie aufgreift; vgl. Canepa 2009: 83–99.

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schen Senatsaristokratie ließ in dieser Situation zu, was durch die innenpolitischen Konkurrenz­situationen erzwungen wurde: die zunehmend offenkundige Einbindung der victoria civilis in das Repertoire kaiserlicher Selbstdarstellung. Auch auf die konkrete Ausgestaltung des Triumphrituals hat sich diese Entwicklung klar erkennbar ausgewirkt: Deutlicher als je zuvor konnte ab dem dritten Jahrhundert der militärische Erfolg im Bürgerkrieg in die Siegesinszenierung einge­ bunden werden – bis hin zur Präsentation und Schändung des abgeschlagenen Hauptes des unterlegenen Gegners.46 Die Anstößigkeit der Tötung römischer Bürger im Bürgerkrieg wurde dabei durch spezifische Strukturelemente der historischen Entwicklung abgemildert: Der römische Bürgerstatus hatte seit der Constitutio Antonini­ ana von 212 an Kohäsionskraft verloren, während regionale und lokale Zugehörigkeiten an lebens­weltlicher Bedeutung gewannen. Im Militär bildeten sich zunehmend regionale Identitäten aus, gegenüber denen das römische Bürgerrecht sukzessive an Strahlkraft verlor. Trotz dieser Entwicklungen behielt aber der Tod römischer Soldaten ein nicht unerhebliches Potenzial zu subversiven Diskur­sivierungen, entzog sich tendenziell positiven Sinngebungen und ließ sich folglich auch nur sehr begrenzt und nur mit entsprechend aufwendigen Vermittlungsbemühungen für die Darstellung kaiserlichen Kriegsruhmes einsetzen.47 Deutliche Kritik an einem Triumph ex san­ guine Romano ist so auch im vierten und fünften Jahrhundert noch greifbar. Dennoch haben die genannten Entwicklungs­tendenzen die klaren Distinktionslinien zwischen äußeren und inneren Siegen zunehmend aufgeweicht und neue Formen römischer Sieges­inszenierung möglich werden lassen. Die Entwicklungsphase der römischen Monarchie, die sich durch die genannten Strukturmerkmale auszeichnet, umspannt das gesamte dritte und vierte Jahrhundert. In dieser Zeit stellt sich die Herrschaftsordnung ganz wesentlich als militärisch geprägtes, mobiles und hauptstadt- wie senatsfernes Residenzkaisertum dar. Mitten durch diese Ära verläuft allerdings eine der forschungsgeschichtlich wirkmächtigsten Epochenzäsuren: die Scheidelinie zwischen Prinzipat und Spätantike. Der Triumph ist einer der prägnantesten Faktoren, an denen sich die Berechtigung dieser Epochenzäsur zeigt. Denn mit der ersten erfolgreichen militärischen Aktion, die ein römischer Kaiser unter dem Schutz des Christengottes vollzog, endet die Geschichte des Triumphs als paganen Rituals: Als Konstantin am 29. Oktober 312, am Tag nach der Schlacht an der Milvischen Brücke, siegreich in die Stadt Rom einzog, war der Triumphzug religiös neutralisiert – die Kulthandlungen am Tempel des Iuppiter Capitolinus, die zuvor den Ziel- und Höhepunkt des Triumphs ausgemacht hatten, fanden nicht mehr statt. Jenseits der Entpaganisierung des Rituals aber weist der konstantinische Triumph Charakteristika auf, für deren Erklärung eine scharfe

46 Vgl. Haake 2016: 263f., 271–274; Kristensen 2016; Wienand 2016. 47 Wienand 2011.

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Trennung von Prinzipat und Spätantike weniger hilfreich erscheint. So diente etwa im dritten und vierten Jahrhundert der Triumph in der altehrwürdigen Kapitale dem mobilen, hauptstadt- und senatsfernen Kaisertum eines dezentralisierten Imperiums unabhängig von seiner religiösen Konstruktion stets vorrangig dazu, Signale des bedingungslosen Suprematieanspruchs gegenüber Mitherrschern, Usurpatoren oder potenziellen Thronaspiranten ins Imperium auszusenden. Clifford Ando hat für diesen Band die Aufgabe übernommen, die Bedeutung des Triumphs im dezentralisierten Imperium Romanum auch jenseits der Fragen nach der religiösen Entwicklung der römischen Monarchie zu klären. Einen komplementären Ansatzpunkt, die scharfen Kontraste zwischen Prinzipat und Spätantike auszugleichen, findet Peter Franz Mittag in der Analyse der Bild- und Textprogramme kaiserlicher Münzen und Medaillons mit Triumphatordarstellungen. Auf Grund ihrer seriellen Produktion und der vergleichsweise guten Überlieferungslage bieten diese Objekte eine hervorragende Materialbasis, um in diachroner Perspektive die Entwicklung der Ikonographie einer triumphalen Repräsentation des Kaisers zu analysieren, und auch hier zeigen sich deutliche Kontinuitätslinien, die den heuristischen Wert der traditionellen Epochenzäsuren relativieren.

Christentum und Palastkultur Bereits bevor die religionspolitischen Richtungsentscheidungen der tetrarchischkonstan­tinischen Zeit die Rahmenbedingungen römischer Herrschaftspraxis auf eine Weise verän­der­ten, die sich nach wie vor einer schlüssigen Gesamtbewertung entzieht, konnten sich die militärischen Facetten der kaiserlichen Selbstdarstellung zum Dreh- und Angelpunkt einer in steigendem Maße religiös-kosmischen Überhöhung des Monarchen entwickeln.48 Im dritten und vierten Jahrhundert – unter den Bedingungen eines hauptstadt- und senatsfernen, institutionell eng an die Armee gebundenen, in hohem Maße mobilen und religiös über­formten Residenz- bzw. Soldatenkaisertums – wirkte die militärische Konzeption der römischen Monarchie insgesamt tief in die ideellen Fundamente kaiserlicher Herrschaft hinein und stellte somit auch eines der intensivsten Experimentierfelder monarchischer Herrschafts­repräsentation dar.49 Mit der zunehmenden Formalisierung des höfischen Zeremoniells speziell in tetrarchisch-konstantinischer Zeit konnte sich so die seit dem frühen Prinzipat greifbare Vorstellung des Kaisers als ewigem Triumphator weiter verdichten. Gilbert

48 Zum Wandel des Verhältnisses von Herrscher und Heer im dritten und vierten Jahrhundert vgl. insbes. Whitby 2004; Le Bohec 2009. 49 Vgl. zum prekären Kaisertum des vierten Jahrhunderts die Beiträge in Wienand 2015. Insbesondere durch prestigeträchtige Siege über die Perser versuchten in dieser Phase mehrere Augusti, ihre Stellung zu festigen; vgl. Börm 2016.

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Picard hat in diesem Zusammenhang von einer ‚formation de la théologie absolutiste de la victoire‘ gesprochen.50 Die Christianisierung der römischen Monarchie brachte hier zunächst nur sehr bedächtige Modifikationen der militärischen Herrschaftsrepräsentation mit sich.51 Durch die ‚Konstantinische Wende‘ betraten jedoch mit christlichen Funktionsträgern ganz neue politische Akteure die Bühne des römischen Staates, die trotz ihrer teils konflikthaft ausgetragenen inneren Uneinigkeit erstaunlich konsequent die neu geschaffenen Handlungsspielräume nutzten und sich in rasch steigender Intensität in die Auseinan­dersetzung um die Ausgestaltung eines christlichen Kaiserbildes einbrachten. Dabei zeigte sich von Anfang an, dass das Erbe der christlichen Tradition (die sich über drei Jahrhunderte hinweg in einem konflikthaften Verhältnis zum römischen Staat ausgebildet hatte) der Zustimmung christlicher Akteure zur Selbst­ beschreibung des Kaisers als christlichem Herrscher bestimmte Grenzen setzte – Grenzen, die sich besonders deutlich mit Blick auf die militärische Rolle des Imperators greifen lassen. Die Möglichkeiten konkreter Einflussnahme blieben für Vertreter des Christentums allerdings noch über eine gewisse Zeit hinweg auf wenige, eng definierte Interaktionskontexte wie Synoden, Kirchweihen und Herrscherbegräbnisse beschränkt. Die höfische Kultur und das Militär wiesen dagegen ein relativ hohes Beharrungsvermögen auf und wurden deutlich langsamer von christlichen Ansprüchen an die kaiserliche Selbstbeschreibung affiziert. Für die Triumphzüge nach Konstantin lässt sich dementsprechend zunächst auch keine grundlegende Neuausrichtung des Triumphrituals jenseits des bloßen Verzichts auf pagane Opfer­handlungen greifen, wie Rene Pfeilschifter in seinem Beitrag anhand einer detaillierten Untersuchung der spätantiken Triumphe bis in die mittelbyzantinische Zeit hinein herausarbeitet. Mit der Christianisierung der römischen Monarchie wurde der Triumph also zunächst kein christliches, sondern ein religiös neutrales Ritual. Dass christliche Elemente die Inszenierung und Rezeption des Triumphs dennoch in immer stärkerem Maße mitprägen konnten, arbeiten Paolo Liverani und Sarah Bassett heraus. Ihre komplementär konzipierten Beiträge richten sich auf Rom (Liverani) und Konstantinopel (Bassett) als den beiden wichtigsten öffentlichen Räumen triumphaler Herrscherinszenierungen in der Spätantike. Ähnlich wie dies Tonio Hölscher in seinem Beitrag zur Triumphaltopographie Roms in der Kaiserzeit gezeigt hat, wird hier deutlich, wie die Räume, innerhalb derer der spätantike Triumph situiert ist, das Ritual ganz wesentlich mitgeprägt haben. Rom und Konstantinopel schlagen dabei freilich unterschiedliche Richtungen ein: Während die Präsenz römischer Kaiser in Rom weiter abnimmt und schließlich ganz ausläuft,

50 Vgl. Picard 1957: insbes. 463–508. Fears 1981 hat in diesem Sinne eine ‚theology of victory at Rome‘ gesehen. 51 McCormick 1986: 80 weist zu Recht darauf hin, dass „the positive contribution of Christianity to victory celebrations was anything but swift and obvious“.

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werden in Konstantinopel mit dem sich herausbildenden hauptstädtischen Palastkaisertum neue Voraussetzungen für die militärische Herr­ schafts­ repräsentation geschaffen, die den öffentlichen Raum der Stadt bis weit in die byzantinische Zeit hinein prägen sollten.52 Mit dem Wandel der römischen Monarchie hin zu einem neuen hauptstädtischen Kaisertum verband sich auch eine weitere einschneidende Veränderung des Triumph­ rituals: Denn fast ausnahmslos alle Augusti zwischen 395 und 610 delegierten das Kommando der Truppen grundsätzlich an ihre magistri militum, comites und duces und statteten den Grenzheeren keine Besuche mehr ab.53 Dennoch monopolisierte der Kaiser als victor ac triumphator auch weiterhin das Prestige, das sich aus konkreten Erfolgen des Militärapparats ergab, und so konnten auch Triumphe weiterhin gefeiert werden, und dies wieder öfter denn zuvor, da das Ritual in den Jahren um 400 entscheidend verändert wurde: Der letzte Kaiser, von dem eine Teilnahme an der pompa bezeugt ist, ist Honorius.54 Danach zog der Triumphator nicht mehr wie in den Jahrhunderten zuvor gemeinsam mit den siegreichen Truppen durch die Stadt, sondern distanzierte sich demonstrativ von den Soldaten, indem er die pompa tri­ umphalis in der Kaiserloge im Circus erwartete.55 Damit änderte sich die Semantik des Triumphrituals nochmals deutlich, und nun konnte auch ein dem Volk und Heer entrückter princeps clausus jeden tatsächlichen oder vermeintlichen Sieg demonstrativ für sich in Anspruch nehmen, ohne zuvor persönlich an der Front gewesen zu sein. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Triumph über die Vandalen im Jahr 534, der ungeachtet der Darstellung Prokops wohl nicht eigentlich vom Heermeister Belisar, der in der Parade mitzog, sondern vom thronenden Justinian gefeiert wurde und im Kern den damals seit Jahrzehnten etablierten Formen spätantiker Siegesfeiern folgte.56 Nach einer über tausendjährigen Entwicklung des römischen Triumphs war es gelungen, den herrscherlichen Anspruch auf Sieghaftigkeit von der persönlichen Bewährung als Feldherr zu entkoppeln.57

52 Zu diesen gewandelten Bedingungen siehe Martin 1985; Diefenbach 1996; Martin 1997; Diefenbach 2002; Meier 2003; Brennecke 2007; Meier 2007; Pfeilschifter 2013; Maier 2015. 53 Vgl. Lee 2007: 30–37. 54 Prosp. Tiro ad ann. 417; vgl. McCormick 1986: 57f. Die Quadriga wurde fortan hingegen eher mit einem kaiserlichen processus consularis verbunden. 55 Siehe hierzu McCormick 1986: 47–64; Börm 2013: 69–71. 56 Prok. Hist. 4,9,1–12. Vgl. Börm 2013. Die Antwort auf die Frage, ob Justinian der Triumphator des Jahres 534 war, hängt ganz wesentlich von der Bewertung einer Aussage des Johannes Lydos (de Mag. 2.2) über den Loros der Kaiser ab. Diefenbach (in Vorbereitung) argumentiert, Justinian habe sich in diesem Zusammenhang als imago dei inszeniert, vor der sich der triumphierende Heermeister Belisar niederzuwerfen hatte. 57 Vgl. z.B. Synes. de regn. 15.20; Prisk. Frg. 9.3.11–21 (Blockley). In den Quellen wird dieser Schritt durchaus kritisiert.

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Auch unter diesen gewan­delten Vorzeichen stellte die Vorstellung einer durch göttliche Begünstigung und natürliche Veranlagung verbürgten Sieghaftigkeit des Kaisers noch immer eine zentrale Bezugsgröße monarchischer Repräsentation dar – und bis in die byzantinische Zeit hinein wurden in Konstantinopel nach militärischen Erfolgen (und sei es nur die Niederschlagung eines Aufstands) Dankesprozessionen durchgeführt, Sieges­monumente errichtet, litterae laureatae in die Provinzen verschickt und von Zeit zu Zeit auch regelrechte Triumphzüge gefeiert.58 Im Zuge der zunehmenden Christianisierung des römischen Reiches wurden dabei jedoch in immer stärkerem Maße christliche Funktions­träger in die Rituale einbezogen, die auch die Deutungshoheit über einzelne Aspekte des monar­chischen Zeremoniells erlangen konnten. Auch der zunehmend christlich besetzte öffentliche Raum prägte als Kulisse, aber teils auch durch liturgische Zwischenstationen den Triumph immer stärker mit. Hierbei flossen Diskursmuster aus der christlichen Tradition in das Ritual ein und vermischten sich mit traditionellen Aspekten. Besonders deutlich zeigt sich die formative Kraft, die die Christianisierung auf das römische Siegesritual ausüben konnte, am Beispiel des Herakleios: Seinen Sieg über die Perser feierte er mit der Restitution des Wahren Kreuzes in Jerusalem. Der triumphale Adventus des Kaisers in der Heiligen Stadt verband dabei im Jahr 630 Rückgriffe auf den Einzug Christi am Palmsonntag mit Aspekten des römischen Siegeszeremoniells. Mit Blick auf die Christianisierung muss entsprechend grundsätzlich nach den Struktur­bedingungen gefragt werden, die den histori­schen Wandel des Triumphrituals, zugleich aber auch seine Persistenz bis weit in die post­römische bzw. byzantinische Zeit hinein ermöglichten. Den Abschluss des Bandes bildet folgerichtig der Beitrag Guy Halsalls zum ‚Decline and Fall of the Ancient Triumph‘. Bis in die poströmische Zeit (im Westen) bzw. in die byzantinische Zeit (im Osten) hinein lässt sich die hohe Bedeutung des Triumphrituals für die herrscherliche Selbstdarstellung greifen – auch wenn das Ritual durch den kulturellen Wandel des siebten Jahrhunderts einem so tiefgreifenden Wandel unterworfen war, dass hier nun vielleicht tatsächlich vom Ende des römischen Triumphs gesprochen werden kann. Wie dem auch sei: Bis dahin lässt sich der römische Triumph entlang einer überaus reichen Quellenlage über sieben Jahrhunderte hinweg als bedeutendes monarchisches Herrschaftsritual verfolgen. Der Triumph war dabei stets ein aufschlussreiches Symptom der historischen Entwicklung, und er scheint manchmal auch als ihr Movens gewirkt zu haben. Der schillernden Geschichte dieses faszinierenden Rituals widmen sich die Beiträge dieses Bandes.

58 Siehe hierzu grundlegend MacCormack 1981 und McCormick 1986.

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