Der Gedankenstrich in der \"Marquise von O....\" (1810) und sein schrifthistorischer Kontext. In: Gedankenstriche – Ein Journal des Kleist-Museums 1 (2011), S. 10–24.
Der Gedankenstr ic h in der Marquise von O…. (1810) Thomas Nehrlic h
Thomas Nehrlich Der Gedankenstrich in der Marquise von O…. (1810) und sein schrifthistorischer Kontext
Nicht nur das breite Spektrum an Vorstellungen und literarischen Assoziationen, 1 das die wohlklingende deutsche Bezeichnung 2 des Schriftzeichens › – ‹ aufruft, bestätigt die Entscheidung, das neugegründete Journal des Kleist-Museums mit dem Titel »Gedankenstriche« zu versehen – die Titelwahl wird auch dem Autor gerecht: Kleist hat den Gedankenstrich in seinen Erzählungen und Dramen häufig, mitunter exzessiv verwendet (z. B. im Zerbrochnen Krug). Von dem Gedankenstrich in der Marquise von O…. heißt es meist sogar, er sei der berühmteste der deutschen Literatur, wenn nicht darüberhinaus. 3 Doch Kanonisierung trägt nicht selten dazu bei, dass etwas für selbstverständlich gehalten und nicht mehr hinterfragt wird: Obwohl der Gedankenstrich in jeder Deutung der Marquise erwähnt wird, fehlt eine genaue Darstellung seiner Funktionsweise innerhalb der Erzählung und seines Einflusses auf deren Lektüre bisher völlig. 4 Um seine Wirkung zu benennen, werden viel 1 Vgl. zum Gebrauch des Gedankenstrichs in
Goethes Werther Jürgen Stenzel: Zeichensetzung. Stiluntersuchung an deutscher Prosadichtung. Göttingen 1966, S. 40 – 54; bei Jean Paul Bettine Menke: – Gedankenstriche –, in: Am Rande bemerkt. Anmerkungspraktiken in literarischen Texten. Hg. von Bernhard Metz und Sabine Zubarik. Berlin 2008, S. 169 – 190; in der englischen Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts Martina Michelsen: Weg vom Wort – zum Gedankenstrich. Zur stilistischen Funktion eines Satzzeichens in der englischen Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts. München 1993; in der modernen Lyrik Karl Riha: Gedanken zum Gedankenstrich – in der literarischen Moderne. Zur Poesie der Satzzeichen, in: Ders.: Prämoderne, Moderne, Postmoderne. Frankfurt / M. 1995, S. 183 – 192; bei Laurence Sterne und Arno Schmidt Bernhard Metz: Aposiopese vs. Hypotypose: Zur konträren Funktion von Interpunktion und nichtalphabetischer Zeichensetzung bei Laurence Sterne und Arno Schmidt, in: Textualität – Deixis – Lektüre. Hg. von Renate Brosch und Ronja Tripp. Trier 2007, S. 195 – 214. 2 Der typographische Fachausdruck für das Schriftzeichen, das als Gedankenstrich benutzt wird, lautet Geviert- bzw. Halbgeviertstrich – abhängig von seiner Länge, vgl. Friedrich Forssman, Ralf de Jong: Detailtypographie. Nachschlagewerk für alle Fragen zu Schrift und Satz. Mainz 32004, S. 172. Die nüchterneren Bezeichnungen desselben Zeichens in vielen anderen Sprachen betonen weniger das Nachdenkliche als das Strich- oder Linienhafte, weniger das Pensive als das Suspensive; so etwa im
Englischen (›dash‹), Französischen (›tiret‹, ›trait suspensif‹), Italienischen (›lineetta di sospensione‹) und Spanischen (›raya‹, ›guión‹).Vgl. die Zusammenstellung weiterer fremdsprachiger Termini bei Sabine Behrends: Gedankenstrich, in: Gedankenstrich. Gedichte – Bilder – Essays. Hg. von Joachim Rönneper. Gießen 1992, S. 11. 3 Dorrit Cohn bezeichnet den berühmten Gedankenstrich, mit der Doppeldeutigkeit von »pregnant« im Englischen spielend, als »surely the most pregnant graphic sign in German literature«, Dorrit Cohn: Kleist’s »Marquise von O…«: The Problem of Knowledge. In: Monatshefte für deutschen Unterricht, deutsche Sprache und Literatur 67.1975, S. 129 – 144, hier S. 129. 4 Erst 2009 erschien eine eingehende inhaltliche Auseinandersetzung, die sich ganz dem Gedankenstrich widmet: Tim Kammasch führt vor, wie der Text der Marquise einerseits anbietet, die Leerstelle des Gedankenstrichs u.a. durch christlich-mythologische Konnotationen zu kompensieren, andererseits die damit angelegten Deutungswege immer wieder an dem Gedankenstrich ins Leere laufen lässt, vgl. Tim Kammasch: Der Gedankenstrich, in: Punkt, Punkt, Komma, Strich. Geste, Gestalt und Bedeutung philosophischer Zeichensetzung. Hg. von Christine Abbt und Tim Kammasch. Bielefeld 2009. S. 119 – 138. Statt seinen Einfluss auf den Lektüreprozess genauer zu analysieren, setzt jedoch auch Kammasch in seiner Interpretation das Funktionieren des Gedankenstrichs voraus.
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Heinrich von Kleist: Die Marquise von O…., in: Ders.: Erzählungen. Berlin 1810, S. 220f. Typographisch hervorstechend: der beispiellose Gedankenstrich.
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mehr meist Variationen der Aussage bemüht, dieser Gedankenstrich sei besonders »ominös«. 5 Dass trotz dieser Tatsache häufig exemplarisch auf ihn verwiesen wird, 6 erweckt den Eindruck, die Mehrheit der Interpreten gehe davon aus, er erkläre sich von selbst, seine Wirkungsweise und Bedeutung seien evident und eine genaue Bestimmung folglich nicht notwendig. Dass diese Ansicht nicht zutrifft, zeigt bereits die einfache Tatsache, dass der Gedankenstrich textlogisch zunächst nicht verstanden werden soll, zunächst nicht deutbar sein soll, was durch ihn ersetzt wird. Mit kriminalistischem Eifer und juristischem Fachwissen wird indes die Frage erörtert, wie zu bewerten sei, was durch den Gedankenstrich verborgen wird. 7 Mit einer gewissen Zwangsläufigkeit scheinen die meisten Interpreten einzig an dem unterschlagenen Geschehen ›hinter dem Gedankenstrich‹ interessiert, 8 statt sich die nur vermeintlich einfachere Vorfrage zu stellen, auf welche Weise diese Auslassung sich vollzieht, wie sie sich auf die Rezeption auswirkt und was es bedeutet, dass etwas ausgelassen wird. Ziel einer derart perspektivierten Lesart ist die Beschreibung einer wirkungsästhetischen Textstrategie und eines entsprechenden Lektüreprozesses, für die der Gedankenstrich nicht bloß ein erwähnenswertes Kuriosum darstellt, das im Grunde nur als Sichtblende für das dahinter verborgene Wesentliche aufgefasst wird.
an der fraglichen Stelle qualifiziert. Darauf muss aus schrifthistorischer Perspektive geantwortet werden, indem sowohl der mögliche funktionale bzw. semiotische Eigenwert des Gedankenstrichs als auch seine Differenzqualität gegenüber anderen Interpunktionszeichen im Zeichengebrauch der Kleist-Zeit ermittelt werden: Die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Gedankenstriches seit seinem ersten Aufkommen um 1600 ist recht komplex. 9 Das liegt vor allem daran, dass sich sein typographischer Vorläufer – eine Reihung kurzer Querstriche (---) oder Punkte (…) – im Laufe des 17. Jahrhunderts zu zwei unterschiedlichen Interpunktionszeichen fortentwickelt hat (Gedankenstrich und Auslassungspunkte), die außerdem jeweils typographisch variabel realisiert werden konnten: als unterbrochener oder durchgehender Strich von unterschiedlicher Länge, mit einfachen oder doppelten Strichen (--- / ===) bzw. mit unterschiedlicher Punktanzahl. 10 Zudem galten beide Zeichen in Deutschland noch Ende des 18. Jahrhunderts als wechselseitig austauschbar. 11 Auch wurde der Gedankenstrich neben der frühesten Verwendung zur Kennzeichnung des Redeabbruchs rasch sehr vielfältig und mit unterschiedlichen Funktionen eingesetzt. 12 Dabei ging der Gedankenstrich vom Drama, wo er zuerst ausschließlich aufgetreten war, im Laufe des 18. Jahrhunderts vermehrt auch in Prosa und Lyrik über, wo sich sein Gebrauch funktional weiter ausdifferenziert hat. Um 1660 erstmals in deutschsprachiger Literatur verwendet, 13 war der Gedankenstrich zu Kleists Zeit weit verbreitet und häufig eingesetzt. Das um 1800 vorherrschende normative Verständnis seines Gebrauchs lässt sich annäherungsweise anhand von Orthographie- und Interpunktionslehren der Zeit rekonstruieren: Heinrich Braun, der den Gedankenstrich als erster deutschsprachiger
Entstehung und Entwicklung des Gedankenstrichs Zu den Vorbedingungen einer rezeptionsästhetischen Analyse der Marquise gehört auch die Frage, wieso Kleist den Gedankenstrich wählt, d. h. was den Gedankenstrich für die Verwendung 5 Vgl. z. B. Roland Reuß: »Die Verlobung in
St. Domingo«. Eine Einführung in Kleists Erzählen, in: Brandenburger Kleist-Blätter 1.1988, S. 3 – 44, hier S. 17, Fußnote 25. Halb wird auf diese Weise das Eingeständnis formuliert, die Wirkweise dieses Gedankenstrichs nicht genauer beschreiben zu können, halb wird, vermittels dieser möglichst nichtssagenden Bezeichnung, behauptet, das Wesen dieses Gedankenstrichs liege gerade in seiner derart bekräftigten Rätselhaftigkeit. 6 Vgl. z. B. Menke (Fn 1), S. 174. 7 D.h. was man dahinter zu erahnen können glaubt. Vgl. z. B. Eberhard Schmidthäuser: Das Verbrechen in der »Marquise von O…«. Eine nur am Rande strafrechtliche Untersuchung, in: Kleist-Jahrbuch 1986, S. 156 – 175 sowie Christine Künzel: Vergewaltigungslektüren. Zur Codierung sexueller Gewalt in Literatur und Recht. Frankfurt / M. 2003, darin den Abschnitt »Eine literarische Fallgeschichte: Heinrich von Kleists ›Die Marquise von O…‹ (1808)«, S. 23 – 89. 8 Vgl. Christine Abbt, Tim Kammasch: Einleitung, in: Abbt / Tammasch (Fn 4), S. 9 – 16, hier S. 10. Trotz des vielversprechenden Titels seines Aufsatzes erwähnt auch Martin Krumbholz den berühmten Gedankenstrich lediglich mit einem einzigen Satz, der ihn zudem zu Gunsten des Geschehens ›dahinter‹ aus den Augen verliert: »Über die die Marquise betreffenden seelische Vorgänge erfährt der Leser nicht viel mehr als über die physischen, die sich hinter einem ominösen Gedankenstrich
verbergen«, Martin Krumbholz: GedankenStriche. Versuch über »Die Marquise von O…«, in: Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur. Sonderband Heinrich von Kleist. Hg. von Heinz Ludwig Arnold in Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle. München 1993. S. 125 – 133. (Hervorhebung Th. N.) Spekulationen über dieses ›Dahinter‹ sollen hier vermieden werden. Wer sich ihrer nicht ganz enthalten will, sei auf eine Passage verwiesen, die viel zu selten mit dem berühmten Gedankenstrich in Zusammenhang gebracht wird: Die Gartenszene schildert – als einzige weitere Szene, in der Graf und Marquise allein sind – den Versuch des Grafen, sich der sich sträubenden Marquise zu offenbaren und gipfelt in deren »Ich w i l l n i c h t s wissen«, (vgl. Heinrich von Kleist: Die Marquise von O…., in: Ders.: Sämtliche Werke. Brandenburger Ausgabe. Hg. von Roland Reuß und Peter Staengle. Basel, Frankfurt / M. 1988, Bd. II /1, S. 67f. Die Verbindung der beiden Szenen besteht neben der inhaltlichen Parallele auch in typographischer Hinsicht: In keiner anderen Passage der Kleistschen Erzälungen erreichen die Gedankenstriche ein solch hohes Aufkommen wie in der Gartenszene (13 Gedankenstriche auf zwei Seiten). Die Fülle dieser aposiopetischen Gedankenstriche weist zurück auf jenen einzelnen, der den auslösenden Moment bezeichnet, dessen Unausgesprochenheit nun durch sie abermals zum Ausdruck kommt.
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9 Im Laufe der bisherigen Erforschung des Gedankenstrichs ist das Datum seines ersten Auftretens mehrmals auf Grund immer früherer Funde vorverlegt worden. Dass er zuerst in England aufkam, kann hingegen als gesichert gelten. In der bisher umfangreichsten Studie zum Gedankenstrich in der englischen Literatur weist Martina Michelsen Ben Jonsons Every Man in his Humor von 1600 als ersten Text aus, der Gedankenstriche bzw. funktionsanaloge Vorläuferzeichen enthält, vgl. Michelsen (Fn 1), S. 28f. In einer englischen Übersetzung von Terentius’ Drama Andria durch Maurice Kyffin lassen sich laut Anne C. Henry sogar bereits 1588 Vorformen des Gedankenstrichs ausmachen, vgl. Anne C. Henry: The re-mark-able rise of ›…‹: reading ellipsis marks in literary texts, in: Ma(r)king the Text: The representation of meaning on the literary page. Hg. von Joe Bray, Miriam Handley und Anne C. Henry. Aldershot 2000. S. 120 – 142, hier S. 123. Zum – dem deutschen sehr ähnlichen – Verständnis des ›dash‹ in England zur Kleist-Zeit vgl. Joseph Robertson: An Essay on Punctuation. London 1785, S. 129 – 134. 10 Gedankenstriche wurden typographiehistorisch zunächst als Sequenz mehrerer kürzerer Striche realisiert, zwischen denen je nach Länge der Striche im Verhältnis zur Breite der Lettern kleine Lücken sichtbar bleiben konnten. Später im 17. Jahrhundert wurden Striche mit größerer Länge
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gegossen, die sich innerhalb der Drucke jedoch noch einige Zeit mit dem Satz aus kleinen Strichen abwechseln konnten, vgl. Henry (Fn 9), S. 124f. Die variable Länge des Striches hat sich in der englischen Typographie in Form des n- und m-dash bis heute erhalten. 11 Bodmer bekundet 1768: »[…] oder man setzet für die Strichgen nur etliche Pünktchen nach einander«, Johann Jakob Bodmer: Die Grundsätze der deutschen Sprache. Zürich 1768, S. 126. Noch Adelung konstatiert 1790 die grundsätzliche Austauschbarkeit von Strich und anderen typographischen Realisationen: »Dieses Zeichen ist in den meisten Arten seines Gebrauches erst in den neuern Zeiten den Engländern abgeborget worden. Es bestehet gemeiniglich in einem oder mehrern horizontalen Strichen, — wofür man oft auch folgende Zeichen findet: ---, oder …, oder === «, Johann Christoph Adelung: Vollständige Anweisung zur Deutschen Orthographie. Leipzig 21790 [1788], S. 388. 12 Vgl. Henry (Fn 9), S. 123; Michelsen (Fn 1), S. 44 – 53. 13 Als die erste Verwendung eines Gedankenstrichs in der deutschen Literatur wird im Anschluss an Alexander Bieling bisher übereinstimmend Andreas Gryphius’ Scherzspiel Horribilicribrifax angegeben, dessen Erstdruck Bieling auf 1660 datiert, vgl. Alexander Bieling: Das Princip der deutschen Interpunktion. Berlin 1880, S. 27.
Der Gedankenstr ic h in der Marquise von O…. (1810) Thomas Nehrlic h
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Grammatiker 1765 erwähnt, erklärt ihn zu jenem Schriftzeichen, das »man solchen Worten vorsetzt, die einen außerordentlichen und unerwarteten Gedanken enthalten, um den Leser zu erinnern, daß er dergleichen zu erwarten habe, oder wenn er laut liest, auch andere es erwarten lassen solle«. 14 Bodmer argumentiert 1768 ähnlich mit Blick auf die Lesererwartung: »Dem Leser mehr zu denken zu geben, als man sagt, es sey, daß man gerne abbrechen will, oder daß man sich fürchtet, die Sache herauszusagen, setzet man einen oder zween kurze Querstriche […].« 15 Adelung handelt den Gedankenstrich 1782 noch lakonisch ab als »Zeichen einer abgebrochenen Rede, ==, wohin auch der nur zu oft so sehr gemißbrauchte Gedankenstrich — gehöret«, 16 widmet ihm jedoch 1790 mehrere Absätze seiner Vollständigen Anweisung zur Deutschen Orthographie: Er weist ihm einerseits strukturell-syntaktische Funktionen zu – »theils eine Auslassung, theils eine Abbrechung, theils aber auch eine stärkere Pause« 17 –, räumt aber wie Braun auch inhaltlich-rezeptionsästhetische Bezüge beim Einsatz »vor dem Unerwarteten« 18 sowie im Anschluss an Bodmer Einfluss auf die Rezeptionssteuerung ein: »Eine vorzügliche Wichtigkeit, einen großen Nachdruck des folgenden, um dem Leser dadurch einen Wink zu geben, dasselbe mit mehr als gewöhnlicher Aufmerksamkeit zu überdenken […].« 19 Während die Grammatiker dem Gedankenstrich also einhellig rezeptionsästhetische Relevanz bescheiden, ist ihre sonstige Beurteilung dieses Schriftzeichens jedoch uneindeutig: Zum einen sind alle über die bloße Funktionalität hinausgehenden Aussagen zur konkreten semiotischen Füllung des Zeichens sehr vage und heterogen – was rechtfertigt einen Redeabbruch, verdient erhöhte Aufmerksamkeit, begegnet dem Leser unerwartet? – und bieten daher kein sicheres Fundament für einen regelkonformen Gebrauch. Dieser wird außerdem dadurch erschwert, dass etwa Adelung fast jeder seiner Anweisungen polemische Warnungen vor dem verkehrten Einsatz, dem Missbrauch des Gedankenstrichs anfügt, die jedoch selten zur Klärung der Regel beitragen. 20 Zum anderen unterscheiden die Grammatiker nicht klar zwischen seinen verschiedenen historischen Entwicklungs-
stufen und vermengen unter dem Stichwort ›Gedankenstrich‹ verschiedene Schriftzeichen und Zeichenpraktiken, die ähnlich, aber nicht bedeutungsgleich waren: Auslassungspunkte bzw. -striche; »signum Aposiopeseos«; 21 Pausenzeichen; einfache oder mehrfache Striche, innerhalb oder zwischen Sätzen. Das Fehlen einer allgemeingültigen Bestimmung und Regelung 22 des Gedankenstrichs wird auch bestätigt durch die Berücksichtigung einer bisher außer Acht gelassenen Quelle zur historischen Beurteilung von Satzzeichen: Denn auch in einigen typographischen Lehrbüchern finden sich ausführliche Angaben zur Interpunktion, die für das Buchhandwerk (Verleger, Setzer, Korrektoren) womöglich maßgeblicher waren als die akademischen Rechtschreiblehren. Insbesondere Christian Gottlob Täubel, selbst Buchdrucker und einflussreicher Autor mehrerer SetzerHandbücher um 1800, widmet der Zeichensetzung viel Raum und weicht dabei durchaus von seinen Vorgängern ab: 23 So behandelt Täubel, obwohl Adelung dies zuvor abgelehnt hatte, 24 den Gedankenstrich konsequent zusammen mit der Parenthese bzw. den Einschließungszeichen: »Das Einschließungszeichen, oder die Parenthese ( ), oder Klammer [ ], ist das Zeichen einer abgebrochenen Rede, oder scheidet eine eingeschlossene kurze Periode von den übrigen Worten eines ganzen Satzes. Der Gedankenstrich – wird in solchen Fällen auch manchmal statt der Parenthesen gebraucht. Öfter aber steht der Gedankenstrich da, wo der Leser über diesen oder jenen wichtigen Satz in der Periode etwas nachdenden [sic] soll. Auch wird ein solcher Strich öfters statt des Wortes bis gebraucht. «25 Mit dieser dreifachen Bestimmung formuliert Täubel die umfassendste Vorschrift der Typographie-Lehrbücher des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts 26 und zugleich die aus heutiger Sicht modernste, insofern sie dem aktuellen Gebrauch am ehesten entspricht. 27 Sie bestätigt den Befund aus den orthographischen Interpunktionslehren, demzufolge das Verständnis des Gedanken-
14 Heinrich Braun: Anleitung zur deutschen Sprachkunst. München 21775 [1765], S. 158, zitiert nach Stefan Höchli: Zur Geschichte der Interpunktion im Deutschen. Eine kritische Darstellung der Lehrschriften von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Berlin, New York 1981, S. 218. 15 Bodmer (Fn 11), S. 126. 16 Johann Christoph Adelung: Umständliches Lehrgebäude der Deutschen Sprache zur Erläuterung der Deutschen Sprachlehre für Schulen. Leipzig 1782, Zweiter Bd., S. 796. 17 Adelung (Fn 11), S. 388. 18 Adelung (Fn 11), S. 390. 19 Adelung (Fn 11), S. 391. 20 Diese oft polemischen Warnhinweise vor zu häufigem und verkehrtem Gebrauch begleiten viele der normativen Bestimmungen des Gedankenstrichs, vgl. Braun (Fn 14), S. 158; Adelung (Fn 11), S. 388 – 392. Dennoch scheint mir dieser Aspekt bei Höchli etwas zu stark betont: Höchli, der selbst den Gedankenstrich in seiner Systematik nicht eindeutig einordnet und ihn sowohl unter den Trennungszeichen als auch unter den Auslas-
sungspunkten behandelt, betont die Polemik gegen den falschen Gebrauch des Gedankenstrichs mehrfach, scheint sie aber als Polemik gegen das Zeichen selbst aufzufassen, vgl. Höchli (Fn 14), S. 295 – 301, S. 218, S. 248. Doch einzig Bodmer – und nicht Braun, wie Höchli unterstellt – kritisiert den Gebrauch des Gedankenstrichs »aufgrund eigenen Gedankenmangels« (vgl. S. 218): »Verfasser, die Mangel an Gedanken haben, oder sie nicht auszudrücken wissen, behelfen sich öfters mit dieser Nothhülfe«, Bodmer (Fn 11), S. 126. Solcherart Polemiken sind meines Erachtens weniger Ausweis für die Geringschätzung des Gedankenstrichs an sich denn Ausdruck des durch vielfältigen und uneinheitlichen Gebrauch verursachten Bedürfnisses der Grammatiker, die Verwendungsfreiheit einzuschränken und die eigenen Regeln und Normen durchzusetzen. So belegen auch die Hinweise auf den ›Missbrauch‹ des Gedankenstrichs nur, dass dieser um 1800 semiotisch und funktional noch nicht festgeschrieben war.
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21 Braun (Fn 14), S. 157, zitiert nach Höchli (Fn 14), S. 216. Braun warnt hier explizit vor der Verwechslungsgefahr zwischen ›signum aposiopeseos‹ und Gedankenstrich. 22 Höchli stellt zusammenfassend fest, dass »im Bereich dieser Zeichen eine grosse Unsicherheit geherrscht hat«, Höchli (Fn 14), S. 300. 23 An einigen Formulierungen und Beispielen lässt sich erkennen, dass Täubels Ausführungen großteils auf Adelungs Schriften aufbauen, vgl. etwa die Maxime »Schreib, wie du sprichst« bei Adelung (Fn 11), S. 393, und im Anschluss daran bei Christian Gottlob Täubel: Praktisches Handbuch der Buchdruckerkunst für Anfänger. Leipzig 1791, Zweiter Teil, S. 70. Doch es finden sich auch eigenständige und von Adelung abweichende Bestimmungen. 24 »Sich statt der obigen Zeichen [i.e. der Parenthese-Zeichen] des folgenden Gedankenstriches zu bedienen, ist unschicklich, weil derselbe eine andere Bestimmung hat, daher die Rede dadurch nur dunkel wird […]«, Adelung (Fn 11), S. 387. 25 Täubel (Fn 23), Zweiter Teil, S. 83; vgl. zum Zusammenhang von Gedankenstrich und Parenthese auch Christian Gottlob Täubel: Orthotypographisches Wörterbuch. Halle und Leipzig 1785, S. 342. Letzteres
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Handbuch, das in seinem Titel einen orthographieanalogen Anspruch formuliert, richtet sich in seinem Untertitel explizit auch an Schriftsteller: »Anleitung zur gründlichen Kenntniß derjenigen Theile der Buchdruckerkunst, welche allen Schriftstellern, Buchhändlern, besonders aber den Correctoren unentbehrlich sind«. 26 Während Christian Friedrich Geßner den Gedankenstrich in seiner Lehrschrift Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey (Leipzig 1740) noch nicht erwähnt, behandelt ihn Benjamin Krebs in seinem Handbuch der Buchdruckerkunst (Frankfurt/M. 1827) trotz ausführlicher Interpunktionslehre nicht eigens, sondern scheint seine Kenntnis vorauszusetzen (vgl. S. 127), wie auch die Angaben bei Wilhelm Hasper (Handbuch der Buchdruckerkunst. Carlsruhe und Baden, 1835, S. 128) und Hermann Neubürger (Encyklopädie der Buchdruckerkunst. Leipzig 1844, S. 119) äußerst knapp sind. 27 Gedanken-, Parenthese- und bis- bzw. StreckenStrich sind auch heute die dominanten Funktionen des Halbgeviertstriches vgl. Forssman / de Jong (Fn 4), S. 172 – 175; Komma-Lexikon. Nachschlagewerk zur Zeichensetzung. Hg. von Theofried Kratschmer, Albrecht Schmidt, Bad Homburg 1965, S. 140 – 143; Duden. Die Deutsche Rechtschreibung. 24., völlig neu
Der Gedankenstr ic h in der Marquise von O…. (1810) Thomas Nehrlic h
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strichs um 1800 zugleich rein syntaktische wie auch inhaltliche Aspekte berücksichtigte, letztere jedoch – zwischen Betonung, Ersetzung und Lektüreanweisung schwankend – keine konkrete und definitive Bestimmung erfuhren. Der historische Kontext ortho- und typographischer Zeichenpraxis, in den Kleists Marquise von O…. eingebettet ist, lässt sich also zusammenfassend so beschreiben: Der Gedankenstrich hatte in der verhältnismäßig kurzen Spanne seines Gebrauchs in deutscher Literatur bis 1800 keine feste pragmatische Konvention ausgebildet; er war ein normativ gering und vage fixiertes, zwar bereits häufig, doch uneinheitlich und mit verschiedenen Funktionen gebrauchtes Schriftzeichen. Im Vergleich mit den seit der Renaissance kodifizierten Interpunktionszeichen (Punkt, Kolon, Semikolon, Virgel bzw. Komma) und den funktional enger konzipierten »Affect-Zeichen« 28 (Ausruf ungs- und Fragezeichen) bot der interpunktionshistorisch noch recht junge Gedankenstrich als einziges breit etabliertes Satzzeichen die Möglichkeit zu vergleichsweise freiem und kreativem, konventionsungebundenem Einsatz. 29
jedoch ist qualitativ unterschieden von jedem anderen in Kleists Erzählungen: In Kleists Werk ist er einzigartig. Während darin alle anderen Gedankenstriche ihre Funktion und Bedeutung prinzipiell mit analog gebrauchten Gedankenstrichen an anderer Stelle teilen und gerade durch den Vergleich erschlossen werden können, steht der berühmteste unter ihnen tatsächlich allein. Doch auch die Stelle, an der er steht, trägt nichts zur Erhellung seiner möglichen Bedeutung bei: »Hier – traf er, da bald darauf ihre erschrockenen Frauen erschienen, Anstalten, einen Arzt zu rufen; versicherte, indem er sich den Hut aufsetzte, daß sie sich bald erholen würde; und kehrte in den Kampf zurück.« 32 Zunächst wird nicht einmal deutlich, dass dieser Gedankenstrich als Auslassung für etwas Unausgesprochenes stehen könnte, denn der Satz, der ihn umgibt, ist grammatikalisch vollständig. 33 Auch einen Redeabbruch (Aposiopese) lässt er, weil der Erzähler seine Äußerung kohärent zu Ende führt, nicht vermuten. 34 Der Gedankenstrich kann also vom Leser an dieser Stelle der Erzählung nicht gedeutet werden. Um dennoch den Versuch zu unternehmen, die Wirkweise dieses Gedankenstriches zu erfassen, ist es unbedingt notwendig, zwischen der ersten Lektüre und jeder nachfolgenden zu unterscheiden. Wie bei jeder Geschichte, in deren Verlauf ein Rätsel auftaucht und gelöst wird, 35 kann der zweite Lesegang, bei welchem die Auflösung bekannt ist, dem ersten, gleichsam naiven, nicht mehr gleichen. 36 Im zweiten Durchgang durch die nun aufgeklärte Geschichte wird jedes Element nicht mehr wie zuerst im Hinblick auf eine mögliche, sondern ausgehend von der tatsächlichen Auflösung erfasst – die Leserichtung wechselt. Auch die Rezeption des Gedankenstrichs
Der Gedankenstrich in der Marquise von O…. Kleist nutzt diese Unbestimmtheit des Gedankenstrichs und setzt ihn in seinen Erzählung en mit diversen Funktionen ein: Die meisten dienen eher der Strukturierung des Textes (etwa bei Sprechertrennung und kleinen Zeitsprüngen), andere finden sich hauptsächlich in direkter Rede und bilden die »vagaries of the spoken voice« 30 ab, wieder andere vermitteln Affekte oder übertragen Bewegungen der Figuren in die Visualität der Schrift. 31 Der Gedankenstrich in der Marquise bearbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim 2006, S. 48f. sowie die entsprechenden, seit 2006 gültigen amtlichen Regelungen, S. 1207f. Die pragmatische Differenz zwischen Gedankenstrich und Parenthese ist gleichwohl erheblich: »Demnach haben wir beim Gedankenstrich zwei verschiedene Satzzeichen mit völlig unterschiedlichen Funktionen vor uns«, Renate Baudusch: Einige Gedanken über den Gedankenstrich, in: Sprachpflege 3.1981, S. 161 – 164, hier S. 161. Martine Dalmas hält die Parenthese-Funktion des Gedankenstrichs, die bei den Grammatikern des 18. Jahrhunderts noch keine Rolle spielte, heute sogar für die bedeutsamere Gebrauchsweise: »Viel interessanter ist der Gedankenstrich, der einen ›Gedanken‹ einführt, einoder anfügt. Ob Einschub oder Nachtrag, in beiden Fällen wird der Zusatz von Sprecher / Schreiber so markiert, daß er vom ›Rest‹ des Satzes bzw. der Äußerung getrennt wird und somit einen Sonderstatus erhält.« Martine Dalmas: Gedankenstriche: Zum Streichen oder Unterstreichen? Wozu Gedankenstriche? In: Cahiers d’Etudes Germaniques 27. 1994, S. 55 – 66, hier S. 57. 28 »Das Affect-Zeichen, […] ein orthographisches Zeichen, welches die Gemüthsstellung des Sprechenden bezeichnet; dergleichen denn das Fragezeichen und das Ausrufungszeichen sind«, Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Zweite vermehrte und verbesserte
Ausgabe. Leipzig 1793, Bd. 1, S. 174. Vgl. dazu Adelung (Fn 16), S. 791 – 793 sowie Adelung (Fn 11), S. 363 – 371. 29 Zwar leitet Michelsen ihre Thesen nicht aus der Geschichte der Interpunktion und den historischen Normen für ihren Gebrauch her, sondern geht teilweise anachronistisch vom heutigen Gebrauch des Gedankenstrichs aus, vgl. Michelsen (Fn 1), S. 18f. Dennoch kommt sie auf Grund epochenbezogener Überlegungen zu einem ähnlichen Ergebnis: Michelsen deutet den vermehrten Einsatz des Gedankenstrichs in der Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts als Effekt der in der Epoche der Empfindsamkeit »zunehmende[n] Subjekt- und Gefühlsbezogenheit« (S. 15). Diese fände ihren Ausdruck in der europaweiten Verwendung des Gedankenstrichs zur Markierung non-verbal vermittelten subjektiven Erlebens, das sich in Begriffen nicht artikulieren könne (vgl. S. 254 – 265). Auch die vielfältigen Funktionen, stilistischen und semantischen Implikationen, die Michelsen dem literarischen Gedankenstrich überzeugend zuweist, setzen jedoch zunächst die relative semiotische Unbestimmtheit und Konventionsungebundenheit dieses Schriftzeichens in seinem historischen und zeichenpragmatischen Kontext voraus, die hier belegt wurden. 30 Henry (Fn 9), S. 127. 31 Mit diesen und weiteren Funktionen und Bedeutungen der typographischen Textmerkmale in
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Kleists Erzählungen setze ich mich in der Studie »Es hat mehr Sinn und Deutung, als du glaubst.« Zu Funktion und Semantik typographischer Textmerkmale in Kleists Erzählungen auseinander, die voraussichtlich noch 2011 im Georg Olms Verlag, Hildesheim, erscheinen wird. 32 Heinrich von Kleist: Die Marquise von O…., in: Ders.: Erzählungen. Berlin 1810, S. 220. Diese letzte zu Kleists Zeiten erschienene, vom Autor überwachte und von späteren Eingriffen unbelastete Ausgabe sollte jeder Untersuchung, die typographische Textmerkmale berücksichtigt, zugrunde liegen. Da sie nicht überall zugänglich ist, sei zusätzlich nach der Brandenburger Kleist-Ausgabe nachgewiesen: Kleist (Fn 4), S. 11. 33 Menke nimmt in einem knappen Abschnitt als eine von wenigen Interpret(inn)en den Gedankenstrich in der Marquise als solchen in den Blick, hält es allerdings für ausgemacht, dass der Gedankenstrich »in Funktion der Auslassung« dastehe, Menke (Fn 1), S. 174. Mit dieser Bestimmung der Funktion des Gedankenstrichs ist angesichts der oben dargestellten Entstehung des Gedankenstrichs als Auslassungszeichen jedoch nicht viel gewonnen. – Die Raffinesse und literaturhistorische Bedeutung des Gedankenstrichs in der Marquise lassen es außerdem unangebracht erscheinen, dass Menke ihre Einordnung des Kleistschen Gedankenstrichs – gleichsam affirmierend – jener Passage
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anfügt, in welcher Bodmer gegen den Gedankenstrich als Notbehelf für Schriftsteller polemisiert, denen es an Ausdrucksmitteln oder überhaupt an Gedanken gebricht, vgl. S. 173f. 34 Wenn Menke behauptet, es handele sich bei dem Gedankenstrich außerdem um einen Redeabbruch, so zielt sie damit letztlich ebenfalls auf das Geschehen, das unausgesprochen bleibt: »[A]ber was denn wäre hier ›die Sache‹ [die der Erzähler nicht ausspricht, Th. N.]?« Menke (Fn 1), S. 174. 35 Zur Auffassung der Marquise als einer Kriminalgeschichte vgl. im Anschluss an Lugowski Stenzel (Fn 1), S. 64. 36 Zum Folgenden vgl. die entsprechenden rezeptionsästhetischen Theoreme Wolfgang Isers: »Der Leser wird die Leerstellen dauernd auffüllen beziehungsweise beseitigen. Indem er sie beseitigt, nutzt er den Auslegungsspielraum und stellt selbst die nicht formulierten Beziehungen zwischen den einzelnen Ansichten her. Daß dies so ist, läßt sich an der einfachen Erfahrungstatsache ablesen, daß die Zweitlektüre eines literarischen Textes oftmals einen von der Erstlektüre abweichenden Eindruck produziert.« Wolfgang Iser: Die Apellstruktur der Texte. Unbestimmtheit als Wirkungsbedingung literarischer Prosa, in: Rezeptionsästhetik. Theorie und Praxis. Hg. von Rainer Warning. München 1975, S. 228 – 252, hier S. 235.
Der Gedankenstr ic h in der Marquise von O…. (1810) Thomas Nehrlic h
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verändert sich in diesem Sinne: Im ersten Lektüregang kann der Gedankenstrich nicht gedeutet werden; die Möglichkeit dazu besteht nicht, da er weder anhand der Stelle seines Auftretens noch unter Bezugnahme auf andere Stellen zu verstehen ist. Er ist, hinsichtlich des ersten Lektüregangs, bedeutungslos. Jedoch hat er eine Funktion. Diese Funktion steht in Zusammenhang mit der psychagogischen Wirkung des Textes auf den Leser und sein Leseverhalten; sie ist zweistufig: Während der ersten Lektüre besteht die Aufgabe dieses Gedankenstrichs zunächst darin, überlesen zu werden. Der Leser fragt sich, sobald er ihn erreicht, für einen kurzen Augenblick, welchen Zweck der Gedankenstrich erfüllt, kann jedoch mangels kontextueller Anhaltspunkte zu keinem Ergebnis kommen und folgt dem Lauf der Erzählung rasch weiter. Die Stellung des Gedankenstrichs sowie der Fortgang der Erzählung befördern dieses Überlesen, da sie dem Leser keine Gelegenheit geben, der Bedeutung des Gedankenstrichs nachzugehen: Indem Kleist den Gedankenstrich innerhalb eines fortlaufenden Satzes positioniert und ihm ein deiktisches »Hier« voranstellt, welches die Neugier des Lesers darauf lenkt, was sich an diesem Ort abspielen wird und ihn zum Weiterlesen drängt, indem er außerdem vom Ort, der durch das »Hier« bezeichnet wird, schleunig ablenkt und den Grafen mitsamt dem Leser rasch wieder »in den Kampf zurück« schickt, dessen Ausgang für letzteren noch unbekannt und deshalb wissenswert ist, indem er also auch den nahen Absatz, 37 der dem Leser eventuell als Ruhepunkt dienen könnte, um auf den so hastig überlesenen Gedankenstrich zurückzukommen, mit dem aufmerksamkeitsheischenden Hinweis auf den weiteren Verlauf des Kampfes versieht, kurz: Indem Kleist all diese Verfahren zur Beschleunigung des Leseflusses einsetzt, verhindert er, dass sich der Leser des Gedankenstrichs völlig bewusst wird. Dennoch ist seine Perzeption wesentlich: Denn wenn er auch überlesen werden soll, völlig übersehen werden darf er nicht, da er sonst seine Aufgabe verfehlen würde und die Wirkung dieselbe wäre, als stünde er gar nicht im Text. Der Prozess des Überlesens spielt sich auf dem schmalen Grat der beinahe unbewussten Wahrnehmung ab, da er das Sehen voraussetzt, das Erkennen jedoch vermeiden muss. Dass der Leser immerhin einen vagen Eindruck des Gedankenstrichs erhalten haben muss, 38 um die Erzählung zu verstehen, erweist sich am zweiten Teil seiner Funktion: Sobald der Leser am Ende der Erzählung durch dessen Geständnis erfährt – mag er es inzwischen geahnt haben oder nicht –, dass der Graf es war, der die Marquise schwängerte, 39 beginnt er sich zu fragen, wie es dazu kam, hat ihn doch der Erzähler über diese Begebenheit völlig im Dunkeln gelassen. 40 Es ist Teil der
Finesse der Erzählung, dass der Fall der Marquise an ihrem Ende nicht gelöst ist: Zwar ist der Grund für die Schwangerschaft geklärt, ist der Graf als erklärter Vater erwiesen – doch die Umstände der Schwängerung liegen weiter ganz im Dunkeln. Auf der Suche nach womöglich nicht vollständig verstandenen oder eben überlesenen Passagen, in denen er die Lösung für das noch immer unaufgeklärte Rätsel vermutet, vernimmt der Leser nun den vagen Nachhall des Gedankenstrichs, den der Text ihn so flüchtig nur hat wahrnehmen lassen. Hier erst, in der nachträglichen, rückwärtigen, d. h. nun nicht mehr ersten Lektüre, ist es möglich – und von der Erzählung endlich gebilligt –, sich des Gedankenstriches in seiner Funktionalität bewusst zu werden. Vom Ende der Erzählung aus, an dem sich die Notwendigkeit eines Handlungselements ergibt, welches bisher verborgen war und nun vom Leser selbständig in die Erzählung eingefügt werden muss, gewinnt die anfängliche Stelle, die der Gedankenstrich markiert, Bedeutung, ohne dass der Gedankenstrich selbst bedeutsam würde. Der Gedankenstrich dient bezüglich der Leseführung funktional als Platzhalter, als typographisches Substitut für ein Handlungselement der Erzählung, dessen Existenz sich erst am Schluss herausstellt. 41 Bestand die erste Funktion des Gedankenstriches darin, nicht bemerkt
37 Am Ende desselben Satzes. 38 Ohne ihn recht zu begreifen, muss der Leser den Gedankenstrich immerhin als einen im doppelten Wortsinn merkwürdigen auffassen. 39 Ich verwende bewusst den wertungsneutralen Begriff der Schwängerung, um allen Schuldzuweisungen zu entgehen, die stets nur mit dem Geschehen ›hinter‹ dem Gedankenstrich, nicht aber mit dem Gedankenstrich selbst zu tun haben, und die davon ablenken, dass die Anhaltspunkte für die Entscheidung über die mögliche Schuld oder Unschuld durch den Gedankenstrich gänzlich verborgen sind. 40 Auf welche Weise sich die Auslassung der Schwängerung genau vollzieht, ist narratologisch
nicht leicht zu bestimmen: Es ist, in Genettes Kategorien, fraglich, ob es sich bei der Stelle, die der Gedankenstrich kennzeichnet, um eine Ellipse oder eine Paralipse handelt. Die Ellipse besteht in einem Zeitsprung, der ein narratives, chronologisches Element der textinternen Wirklichkeit schlicht überspringt. Die Paralipse hingegen ist die »Auslassung eines für die Situation wichtigen Elements, innerhalb eines Zeitraums, der durch die Erzählung prinzipiell abgedeckt ist«, also eine »Art Lateralellipse«, Gérard Genette: Die Erzählung. Aus dem Französischen von Andreas Knop. Mit einem Nachwort hg. von Jochen Vogt. München 21998, S. 34. Für die Einordnung des Kleistschen Verfahrens als
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Ellipse spricht eindeutig, dass innerhalb des vom Gedankenstrich freigehaltenen Textraums eine gewisse, mit der Dauer des Verkehrs übereinstimmende Zeit innerhalb der Geschichte vergeht. Im Gegensatz zu den meisten anderen durch Gedankenstriche markierten Ellipsen handelt es sich hierbei jedoch, trotz der typographischen Kennzeichnung, nicht um eine explizite Ellipse, denn der Leser kann allein anhand der Stelle nicht ersehen, dass hier ein Zeitsprung vollzogen wird. Die Charakterisierung als Ellipse wird jedoch dadurch fragwürdig, dass die Auslassung mitten in einem kohärenten Satz erfolgt, was die Vorstellung erschwert, zwischen erstem und zweitem Wort des Satzes vergehe ausreichend Zeit für die Schwängerung. Gegen die Ellipse – und für die Paralipse – spricht zuletzt, dass es sich bei der Auflösung des Rätsels gerade nicht um eine nachträgliche Erzählung des übersprungenen Zeitraums, sondern lediglich um die Nachlieferung einer sich darin ereignenden Tatsache handelt. Der Gedankenstrich bewirkt also weniger einen Eingriff in die Zeitlichkeit der Erzählung als ein punktuelles Aussetzen der Informationsvermittlung. Die Marquise erzählt daher nur mittelbar die Geschichte einer möglicherweise vergewaltigten Witwe, sondern vielmehr die einer Frau und einer Familie, denen das Wissen um die Ursache einer unleugbaren Wirkung – der Schwangerschaft – fehlt. Nicht in Verbindung mit einer Schuldfrage, sondern innerhalb dieses lückenhaften Kausalitätszusammenhanges steht der Gedankenstrich in der Marquise von O…. 41 Nicht in Frage steht dennoch die Notwendigkeit des Gedankenstriches: Für die Marquise gilt nicht, wie etwa für Goethes Faust I, dass der Zeitpunkt der Schwängerung nicht von Bedeutung und seine Darstellung deshalb nicht vonnöten sei. Der Gedankenstrich in der Marquise ist die darstellerische Minimalform des Augenblicks der Schwängerung und unterscheidet die uns vorliegende Erzählung
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grundsätzlich von einer hypothetisch denkbaren, in der der Gedankenstrich fehlte: Ist nämlich der Moment der Schwängerung nicht markiert und eindeutig als Verkehr zwischen der Marquise und dem Grafen erkenntlich, gerät der Leser in – von Kleist offensichtlich nicht gewollten – Zweifel über die Aufrichtigkeit des Grafen. Dessen Geständnis wäre dann von der Erzählung nicht gedeckt, während der Gedankenstrich einen objektiven, textinternen Beleg für die Wahrheit seiner Aussage darstellt. Ließe sich der Bezug zwischen dem Eingeständnis der Vaterschaft und dem durch den Gedankenstrich gekennzeichneten Zeitpunkt der Schwängerung nicht herstellen, wäre es rein logisch gesehen ebenso möglich, dass die Marquise bereits vor dem Überfall auf die Festung schwanger und der Graf nicht der Erzeuger gewesen sei. Dadurch gerieten auch die Marquise und ihre Unschuldsbeteuerungen in anderes Licht und der Vorwurf der Eltern gegen sie erhielte gewisse Berechtigung. Nicht zuletzt würde sich zwangsläufig die Frage nach der Motivation des Grafen ergeben, der, womöglich ohne der Vater zu sein, dieses vorgibt und eine Ehe schließt, die für ihn nicht vorteilhaft erschiene. – Daran wird deutlich, dass der Gedankenstrich und seine Funktion, den Zeitpunkt der Schwängerung nachträglich offenzulegen, für die Erzählung unbedingt notwendig sind. Der Gedankenstrich als Hinweis auf die Schwängerung legt als minimal explizierte Leerstelle eindeutig fest, was für die Kohärenz der Erzählung notwendig ist, ohne zugleich über die Umstände der Schwängerung, die Kleist absichtlich im Dunkeln belässt, mehr als nötig preiszugeben. Um die Unbestimmtheit der Erzählung im entscheidenden Punkt der Schwängerung zu gewährleisten, musste jedwede Narration, d.h. noch die geringste lexikalische Verwirklichung der Szene vermieden werden: Der Gedankenstrich steht daher jenseits jeden narrativen Akts und belegt, dass
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zu werden, obwohl er da ist, erfüllt er seine zweite Funktion – komplementär dazu –, indem er als Lokalisierungshilfe dient, einzuordnen hilft, was bis zum Geständnis des Grafen nicht vorhanden ist, indem er also da ist, obwohl er nicht bemerkt wurde. Wie kein zweites typographisches Merkmal des Kleistschen Erzählwerks wirkt sich der Gedankenstrich in der Marquise auf die Materialität der Lektüre aus. Wie bereits erwähnt, veranlasst er die Änderung der Leserichtung: Während im ersten Lesegang die Neugier des Lesers ganz auf die Lösung des Rätsels zielt und die Lektüre im steten auf den Ausgang gerichteten Vorwärtsgang keinen Aufenthalt dulden mag, so bewirkt die nur halbe Aufklärung des Schlusses, dass der Leser nun, auf der Suche nach dem entscheidenden Augenblick, der seiner Aufmerksamkeit entgangen sein mag, den Text von hinten nach vorn durchkämmt: Vom Ende der Erzählung, das die Begier des Lesers nicht vollständig befriedigt, jäh in die Erzählung zurückgeworfen, verläuft die Lektüre nun rückwärts. Mithin kommt die Erzählung an ihrem Schluss nicht zum Ende; dieses liegt nicht auf ihrer letzten Seite, sondern auf einer der ersten: Erst der Gedankenstrich bildet das tatsächliche Ende der Marquise von O…. Der vermeintliche Schluss dient lediglich als Prellbock; er verweigert dem Leser den letzten, versöhnlichen Akt der Lektüre, das Zuklappen des Buches. Noch in ihrer materiellen Form also sperrt sich die Erzählung dagegen, in den Bücherschrank zurückgeräumt und auf diese Weise auch inhaltlich abgehakt zu werden. Denn ehe nicht der Gedankenstrich – im Rückwärtsgang – erreicht, ehe nicht der Augenblick gefunden, von dem sich der Leser die Vervollständigung der Auflösung erhofft, eher endet die Lektüre nicht. So zwingt die Marquise, jene traditionell erzählte Geschichte, welche an der Fiktion des linearen Zeitverlaufs festhält, den Leser doch zu jener Handlung, die dem Prinzip der Literatur völlig zuwiderläuft: dem Zurückblättern. Im Zurückblättern wirkt die Erzählung auf die Wirklichkeit des Lesers ein. Statt den Leser bloß in ihre Fiktion hineinzuziehen, in welcher die Zeit stillsteht oder vergeht, Vergangenes nachgeholt oder Zukünftiges vorhergesagt wird, welche stets jedoch an das geregelte Nacheinander der Buchseiten gebunden ist und ihn nach Bewältigung der letzten Seite zurück in die Wirklichkeit entlässt, nötigt die Marquise den Leser, indem sie ihn am Schluss nicht freigibt, die Grundbedingung dieser Fiktion in der Wirklichkeit – das Umblättern der Seiten – um dieser Fiktion willen umzukehren: Um die Fiktion aufrechtzuerhalten und darin das Rätsel der Schwangerschaft zu lösen, muss der Leser, statt vom Fortgang der Erzählung darüber aufgeklärt zu werden, an deren bereits gelesenen Beginn zurückblättern. Der Text vollzieht nicht einen Sprung innerhalb der textinternen Fiktion, sondern bewegt den Leser dazu, sich in der Materialität des Textes, im Buch zu bewegen: Diese Bewegung findet nicht in der Geschichte statt, sondern in der Schrift, nicht im Text, sondern im Buch, nicht in der Literatur – gleichwohl sie von ihr bewirkt wird –, sondern in der Wirklichkeit des Lesers. Ist vermittels dieser Bewegung der Gedankenstrich schließlich erreicht, kommt die Lektüre zur Ruhe. Der Leser weiß nun – der Gedankenstrich bürgt dafür –, dass sich hier ereignet, was der Erzähler ausgelassen hat. Und dennoch verhindert gerade der Gedankenstrich die letzte Gewissheit: Indem er nur zeigt, nicht erzählt, indem er nur die Tatsache, ihren Ort, ihre Zeit, nicht jedoch die Umstände und den genauen Hergang preisgibt, indem er selbst an sich und bis zuletzt bedeutungslos bleibt, erteilt der Gedankenstrich dem Wissensdrang des Lesers eine endgültige
Absage. Diese Verweigerung beruht, wie oben ausgeführt wurde, auf der weitgehenden semiotischen Unbestimmtheit des Gedankenstrichs und der relativen Beliebigkeit seines Gebrauchs – die freilich in der absichtsvollen Verwendung der Marquise zu einer notwendigen Beliebigkeit gerät, insofern sie für die Weise, wie Kleist die Geschichte erzählt, unumgänglich ist. Es bleibt daher vergebliche Spekulation, das Geschehen ›hinter‹ dem Gedankenstrich zu rekonstruieren. Der Gedankenstrich, das unbestimmteste Schriftzeichen der Kleist-Zeit, ist der Beleg dafür, dass es in der Marquise um dieses Geschehen nicht geht. 42 Und so endet die Marquise offen in einem doppelten Sinne: In der Geschichte bleibt ein unaufklärbarer Rest. Und auch das Buch bleibt offen liegen – aufgeklappt auf der Seite des Gedankenstrichs.
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Der Gedankenstrich in der Übersetzung Und doch endet die Marquise nicht für alle Leser gleich. Selbst vorausgesetzt, jeder Leser folge dem Fortgang der Erzählung bis zu ihrem Schluss und darüber hinaus zurück zu dem Satz, in dem der Graf seinen Hut wieder aufsetzt, wird er dort dennoch nicht in jeder Ausgabe der Marquise einem Gedankenstrich (wieder)begegnen. Originalsprachliche Ausgaben sind davon nicht betroffen – trotz anderweitiger erheblicher Eingriffe in die Textgestalt hat doch die Bekanntheit dieses Gedankenstrichs dazu geführt, dass er in allen mir bekannten deutschsprachigen Ausgaben erhalten geblieben ist. Bei den Übersetzungen in andere Sprachen jedoch bietet sich ein anderes Bild. Eine kleine Auswahl an Übertragungen soll dies im Folgenden illustrieren – 43 auch mit dem Ziel, die nicht nur historische, sondern auch interlinguistische Relativität des Gedankenstrichs in der Marquise aufzuzeigen. Die zu Grunde liegenden Übersetzungen ins Englische, Französische, Italienische und Spanische geben einen unmaßgeblichen Überblick über eineinhalb Jahrhunderte Übersetzungspraxis – die früheste stammt von 1861, die meisten aus den Jahren 1960 bis 2000 – und zeigen, wie prekär der Status des hierzulande für selbstverständlich gehaltenen Gedankenstrichs eigentlich ist. Bei der Auswertung der Übersetzungen fällt zunächst auf, dass lediglich vier von zwölf Ausgaben den originalgetreuen Gedankenstrich aufweisen. 44 Zwei dieser Ausgaben sind erst nach die Marquise in dieser wesentlichen Hinsicht allein auf Schriftlichkeit beruht. 42 Es hätten Kleist der erzählerischen Mittel genug bereitgestanden, um verbal anzudeuten, was genau sich zwischen der Marquise und dem Grafen ereignet. Dass Kleist ihre Verwendung ausschlägt und an ihre Stelle das typographische Zeichen setzt, das uns nichts bedeutet, spricht für sich. Keine Interpretation der Marquise sollte an der Tatsache vorbeigehen, dass der Text mit allen Mitteln verhindert, dass der Leser erfährt, wie die Schwängerung sich ereignet; nicht die Umstände der Schwängerung gilt es zu deuten, sondern diese Verhinderung. 43 Die hier vorgelegte Auswahl an Übersetzungen ist weder systematisch noch macht sie Anspruch auf Vollständigkeit, weil die Verfügbarkeit in
Deutschland, zumal der älteren Ausgaben, naturgemäß stark eingeschränkt ist. Die Sammlung ist letztlich willkürlich zusammengestellt und beruht zum einen Teil auf dem, was ich über das Internet recherchieren konnte und was in den Bibliotheken der Ecole Normale Supérieure Paris und der Université Paris 8 Vincennes-Saint-Denis zugänglich ist. Der größere Teil der Übersetzungen stammt aus der Bibliothek des Kleist-Museums, Frankfurt (Oder), und wurde mir dankenswerterweise von Dr. Barbara Gribnitz zur Verfügung gestellt. 44 Vgl. Heinrich von Kleist: The Marquise of O… and other Stories. Übersetzt von David Luke und Nigel Reeves. London 1978, S. 70; Heinrich von Kleist: The Marquise of O., in: Ders.: Selected Writings. Hg. und übersetzt von David Constantine.
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Veröffentlichung der Editionen von Klaus Müller-Salget und besonders Roland Reuß und Peter Staengle erschienen und ihre auch sonst zu beobachtende Texttreue – etwa im Falle des Sperrsatzes im Findling – verdankt sich sicher auch dem dadurch gestiegenen Bewusstsein für die Relevanz der Textgestalt. Andererseits zeigt bereits eine italienische Ausgabe von 1922, die neben dem Gedankenstrich auch die beiden Semikola des fraglichen Satzes bewahrt, dass fortschrittliche philologische Vorlagen keine Bedingung für treue Übersetzung darstellen: »Qui – egli s’affaccendò a chiamare un medico, poichè giunsero le donne spaventate; assicurò rimettendosi il cappello che si sarebbe riavuta presto; e tornò nella mischia.« 45 Die überraschend hohe Anzahl von sechs der weiteren Übersetzungen gibt den entscheidenden Satz der Marquise ohne Gedankenstrich wieder; er fehlt ersatzlos: »Les femmes effrayées de la marquise étant survenues, il donna des ordres pour faire venir un médecin; puis, replaçant son chapeau sur sa tête, il assura qu’elle se remettrait bientôt et retourna au combat.« 46 Angesichts der hier vorgestellten Analyse des durch den spezifischen Einsatz des Gedankenstrichs bestimmten Lektüreprozesses und seines Einflusses auf die Rezeption erscheint dieser Befund verheerend: Die Leser dieser Übersetzungen sind grundsätzlich um die Möglichkeit gebracht, die Marquise in tradierter und wohl auch intendierter Weise zu lesen. Durch den spurlos ausfallenden Gedankenstrich fehlt ihnen jeder Anhaltspunkt, um die erklärte Vaterschaft des Grafen, die Beteuerungen der Marquise und vor allem den Moment der Schwängerung zu verifizieren. Ihnen wird gewissermaßen das Ende der Erzählung vorenthalten. Dieser Eingriff ist meines Erachtens so schwerwiegend, dass er über die allgemeinen Fragen der Übersetzungstreue hinaus die Entsprechung von Original und Übertragung hier fundamental in Frage stellt. 47 Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass zwei dieser Übersetzungen die Auslassung, die der Gedankenstrich im Original bezeichnet, durch eine verbale Periphrase (»a little while after«, 48 »quelques instants plus tard« 49) zu über-
brücken suchen. Denn zum einen handelt es sich dabei um eine Vereindeutigung der Auslassung als temporale Ellipse, zum anderen wird der Sonderstatus des übersehenen, aber doch bemerkten Gedankenstrichs nivelliert, indem die Gleichartigkeit zwischen diesem und anderen Zeitsprüngen in der Erzählung behauptet wird. Die verbleibenden zwei Ausgaben streichen den Gedankenstrich nicht ersatzlos, sondern setzen stattdessen drei Punkte: »C’est alors que … ses femmes, épouvantées, ne tardèrent pas à paraître, et lui, fit tout le nécessaire pour faire venir un médecin; il leur assura, tout en mettant son chapeau, qu’elle se remettrait sans tarder et il repartit au combat.« 50 Es besteht also für die Leser zumindest die Möglichkeit, eine – wenn auch veränderte – Lückenhaftigkeit des Textes wahrzunehmen. Dieses Vorgehen wirft die Frage auf, warum der Gedankenstrich, wenn er bemerkt wurde und beabsichtigt wird, seine Wirkung auch in der Übersetzung zu vermitteln, zugunsten eines anderen Schriftzeichens ausgetauscht wird. Immerhin besteht, wie wir gesehen haben, zwischen Gedankenstrich und Auslassungspunkten eine interpunktionshistorische und typographische Verwandtschaft – zeitweise sogar Austauschbarkeit –, die auch im heutigen Gebrauch noch dadurch erhalten ist, dass beide Zeichen Auslassungen kennzeichnen können. Vor allem die französische Übersetzung steht damit in einer gewissen schrifthistorischen Tradition: Als die verschiedenen typographischen Vorläuferzeichen, die am Ursprung beider Schriftzeichen standen, sich in ihrem Gebrauch stärker konventionalisierten und sich in die zwei distinkten Figuren des Gedankenstrichs und der Auslassungspunkte aufspalteten, verbreitete sich ersterer vor allem im englisch- und deutschsprachigen Raum, während sich in der romanophonen Schriftpraxis eher letztere durchsetzten. 51 Es herrscht daher noch heute eine partielle pragmatische Koinzidenz zwischen dem einen Satzzeichen im Französischen und dem anderen im Deutschen, während sie innerhalb der jeweiligen Sprache inzwischen stärker voneinander differenziert sind. Die französi-
London 1997, S. 282 (diese Ausgabe bewahrt zusätzlich die Semikola des Originals); Heinrich von Kleist: La Marquise d’O…, in: Ders.: Œuvres complètes. Übersetzt von Pierre Deshusses. Paris 2000, Bd. 2, S. 124. Der Gedankenstrich ist im Übrigen nicht das einzige Element des Textes, das Eingriffen in die Textgestalt unterliegt: Die Veränderungen insbesondere typographischer Textmerkmale beginnen beim Titel, der unabhängig von der Sprache zwischen »O.«, »O– «, »O—— «, und, am häufigsten, »O…« schwankt, nie aber die korrekte Zahl von vier Punkten aufweist. Ein ähnliches Durcheinander bietet sich bei den Auslassungspunkten für die anderen Figuren- und Ortsnamen, die im Text der Erzählung vorkommen. Vgl. dazu auch die in den folgenden Fußnoten nachgewiesenen Übersetzungen. 45 Heinrich von Kleist: La Marchesa di O., in: Ders.: Racconti. Eingeleitet und übersetzt von Ervino Pocar. Lanciano 1922, Bd. 2, S. 7. 46 Diese Übersetzung erschien ohne Nennung eines Übersetzers 1861 in der von Charles Dollfus und Auguste Nefftzer herausgegebenen Revue germanique
und ist damit sicher eine der frühesten: Henri de Kleist: La Marquise de O., in: Revue germanique 13.1861, S. 532. Vgl. außerdem folgende Übersetzungen, die den Gedankenstrich nicht wiedergeben: Heinrich von Kleist: La Marquesa de O., in: Ders.: Los esponsales de San Domingo. La Marquesa de O. El terremoto de Chile. Ins Spanische übersetzt von Rodrigo Oroz. Leipzig 1923, S. 72; Heinrich von Kleist: The Marquise von O——. Übersetzt von Henry Roche, in: Great German Short Stories. Hg. von Lewis Melville und Reginald Hargreaves. New York 1929, S. 85; Heinrich von Kleist: La Marquesa de O. … y otros cuentos. Übersetzt von Carmen Bravo -Villasante. S.I. 1991, S. 20. 47 Es ist demnach fraglich, ob die übersetzte Fassung noch als Kleists Erzählung erachtet werden kann. 48 Vgl. Heinrich von Kleist: The Marquise of O—. Übersetzt und eingeleitet von Martin Greenberg. New York 1960, S. 43. 49 Vgl. Heinrich von Kleist: La Marquise d’O…, in: Ders.: La Marquise d’O… Le Tremblement de terre du Chili. Fiançailles à Saint-Domingue. L’Enfant trouvé. Übersetzt von Armel Guerne. Paris 1960, S. 34.
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50 Heinrich von Kleist: La Marquise d’O…, in: Ders.: La Marquise d’O… Le tremblement de terre au Chili. Übersetzt von G. La Flize, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von R. Thieberger. Paris 1970, S. 101. Diese Ausgabe gibt die Übersetzung im Paralleldruck mit dem deutschen Original – samt Gedankenstrich – wieder, sodass die Ersetzung des Gedankenstriches durch die Auslassungspunkte in der Übersetzung rekonstruiert werden kann, und gibt in einer Anmerkungen Auskunft über die Relevanz des Gedankenstrichs, vgl. S. 181. La Flizes Übersetzung ist außerdem Grundlage einer weiteren französischen Ausgabe Kleistscher Erzählungen, die ebenfalls die Auslassungspunkte setzt – jedoch ohne Paralleldruck und Anmerkung – und auf Grund ihrer Ähnlichkeit hier nicht als eigenständige Ausgabe gezählt wurde: Heinrich von Kleist: La Marquise d’O… Übersetzt von G. La Flize, in: Ders.: La Marquise d’O… Übersetzt von M.-L. Laureau und G. La Flize, eingeleitet von Antonia Fonyi. Paris 1990, S. 47. Vgl. außerdem die englische Übersetzung mit Auslassungspunkten Heinrich von Kleist: The Marquise of O——. Übersetzt von David Luke, in: Heinrich von Kleist und Jean Paul.
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German Romantic Novellas. Hg. von Frank G. Ryder und Robert M. Browning. New York 1985, S. 3. 51 Dies liegt auch daran, dass die Punkte in der französischen Typographie, die schon früh Standardisierungsbemühungen unterlag, im 17. Jahrhundert bereits in Form der »leaders, or dotted quadrats« etabliert waren: »The leader was made up of varying numbers of points which guided the eye across the page for the reading of accounts, tables of content or other tabular work. Although the dash was the preferred mark for ellipsis in British printing, the leader became a possible replacement when rules were in short supply.« Die Punkte wurden in England als »Continental equivalent« zum dash angesehen, vgl. Henry (Fn 9), S. 126f. Als Bezeichnung für die französischen Punkte hat sich im Deutschen – in Analogie zum hiesigen Äquivalent – daher auch der Name »Gedankenpunkte« bzw. die Eindeutschung der »points de suspension« als »Unterbrechungspunkte« herausgebildet vgl. dazu und zum stärkeren Gebrauch der Punkte im Französischen und Italienischen Michelsen (Fn 1), S. 13, S. 21 und S.255 – 257.
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sche Ausgabe mit Auslassungspunkten erhält also gewisse Berechtigung, sofern die Übersetzung auf der Entscheidung beruht, die Stelle nicht historisierend und zeichengetreu, sondern analog zur zeitgenössischen Pragmatik wiederzugeben, d. h. die etwas größere Fremdheit des Gedankestrichs im Französischen zugunsten der etwas konventionelleren Auslassungspunkte abzumildern. Darin findet sich diese Übersetzung auch von aktuellen französischen Interpunktionslehren bestätigt, die tendenziell den drei Punkten jene Funktionalität zuweisen, über die der Gedankenstrich im Deutschen verfügt. 52 – Solche übersetzerischen Motive haben freilich keine Relevanz für die englische Übersetzung mit Auslassungspunkten, da in der englischen Interpunktion und Typographie seit jeher ein ähnlicher Gebrauch des Gedankenstrichs geübt wurde wie im Deutschen. 53 Zuletzt spricht jedoch ein entscheidendes Argument gegen den Austausch des Gedankenstrichs durch Auslassungspunkte selbst im Französischen, was wiederum mit der Eigenheit dieses Zeichens um 1800 zu tun hat. Denn während die drei Punkte kaum anders denn als Auslassung – zumal zeitlich – aufgefasst werden können, sorgt gerade die Unbestimmtheit des Gedankenstrichs bei Kleist (zu seiner Zeit und auch noch im heutigen Verständnis) dafür, dass zunächst nicht eindeutig feststeht, ob an dieser Stelle etwas vorenthalten wird, dass sich diese Unterschlagung vielmehr erst durch den Schluss der Erzählung offenbart und der Gedankenstrich so erst nachträglich als Auslassungszeichen identifiziert werden muss. Auch in dieser Hinsicht erweist sich also der Vorzug des Gedankenstrichs gegenüber den durch Konvention stärker determinierten Zeichen – und die raffinierte Indienstnahme dieser Unbestimmtheit durch Kleist in der Marquise von O….
Anzhelika Vaskinevich Heinrich von Kleist und Elisabeth von Staegemann: aus der Geschichte einer Königsberger Freundschaft
»Er war auch oft allein außerhalb des ›Abendkreises‹ bei ihr; er hatte ihr seinen Michael Kohlhaas vorgelesen und den eben beendeten Zerbrochenen Krug. Auch an der Entstehung der Penthesilea, an der er gerade arbeitete, ließ Kleist Elisabeth teilnehmen. Etwas Besonderes verband die beiden. In einer Zeit, in der der Dichter noch unverstanden war, verstand sie ihn, obwohl ihr literarischer Geschmack andere Wege ging. Aber sie empfand mit sicherem Gefühl Kleists Bedeutung, sie folgte ihm mit weit offenem Herzen. Er dankte ihr dieses Verstehen mit scheuer Verehrung und tief vertrauender Freundschaft bis an sein Lebensende.« 1 So beschreibt die Freundschaft zwischen Heinrich von Kleist und Elisabeth von Staegemann (1761 – 1835) ihre Urenkelin Margarete von Olfers. Elisabeth Staegemanns Bekanntschaft mit Kleist begann in Königsberg. Diese Tatsache wird in der Kleist-Forschung erwähnt, aber nicht weiter erforscht. Rudolf Loch, Gerhard Schulz, Jens Bisky berichten in ihren Kleist-Biographien nur, dass Heinrich von Kleist den Juristen Friedrich August Staegemann (1763 – 1840) und seine Frau Elisabeth aus Königsberger Tagen kannte und in ihrem Haus zu Besuch war. 2 Herbert Kraft beschreibt Kleists Bekanntenkreis in Königsberg, nennt darunter auch Elisabeth: »Kammerpräsident von Auerswald hat Kleist in die Königsberger Gesellschaft eingeführt – Professoren, Offiziere, Beamte, nicht zuletzt Mitglieder der Kammer, darunter der Kriegs- und Domänenrat Johann George Scheffner, der geheime Finanzrat Theodor von Schön, ein Schüler von Kraus, Auerswalds Schwiegersohn, und der geheime Finanzrat Friedrich August Staegemann. Bei Auerswald selbst, im Schloss, ist Kleist oft zu Gast. Der schönen Elisabeth Staegemann liest er in ihrem Haus auf dem Hinteren Roßgarten am Schlossteich, dem See in der Stadt, aus seinen Manuskripten vor.« 3 Nicht besonders ausführlich wird Elisabeths Bekanntschaft mit Kleist auch in den Königsberg-Forschungen dargestellt, z. B. bei Fritz Gause oder Jürgen Manthey. 4 Was die Biographie von Elisabeth Staegemann betrifft, so gibt es einige Familienüberlieferungen sowie manche Forschungen, die sich mit ihrem Roman Erinnerungen für edle Frauen und ihren Salons in Königsberg und Berlin auseinandersetzen. 5 Sie beruhen alle auf der wichtigsten Quelle – 1 Margarete von Olfers: Elisabeth von Staegemann.
52 Drillons Charakterisierung der drei Punkte – »l’auteur (ou le personnage) fait mine d’en dire plus qu’il n’en dit« (Jacques Drillon: Traité de la ponctuation française. Paris 1999, S. 407) – ist jener erstaunlich ähnlich, mit der Bodmer den Gedankenstrich beschrieben hatte: »Dem Leser mehr zu denken zu geben, als man sagt […]« (siehe oben). Vgl. die ausführlichen historischen wie theoretischen
Angaben zu »tiret« und »points de suspension« bei Drillon, S. 329 – 340 und S. 404 – 426 sowie bei Nina Catach: La Ponctuation. Histoire et système. Paris 2 1996, S. 63f. und S. 75f. 53 Zum Unterschied zwischen Auslassungspunkten und Gedankenstrich im Englischen vgl. Henry (Fn 9), S. 122.
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Lebensbild einer deutschen Frau 1761 – 1835. Leipzig 1937, S. 171. 2 Rudolf Loch: Kleist. Eine Biographie. Göttingen 2003, S. 221; Gerhard Schulz: Kleist. Eine Biographie. München 2007. S. 285; Jens Bisky: Kleist. Eine Biographie. Berlin 2007, S. 402. 3 Herbert Kraft: Kleist. Leben und Werk. Münster 2007, S. 88. 4 Fritz Gause: Die Geschichte der Stadt Königsberg
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in Preussen. 3 Bde. Köln, Weimar, Wien 1996, Bd. II, S. 301; Jürgen Manthey: Königsberg. Geschichte einer Weltbürgerrepublik. München 2005, S. 361. 5 Am Ende des 19. Jahrhunderts erscheint die erste literaturwissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema: Hermann von Petersdorf: Elisabeth von Staegemann und ihr Kreis. Berlin 1893. Dort werden Elisabeths Biographie und ihr Bekanntenkreis in Königsberg und Berlin beschrieben. Petersdorf stützt sich dabei auf ihren Briefwechsel und die Erinnerungen
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Report "Der Gedankenstrich in der \"Marquise von O....\" (1810) und sein schrifthistorischer Kontext. In: Gedankenstriche – Ein Journal des Kleist-Museums 1 (2011), S. 10–24. "