Der Einfluss von Musik in Ego-Shootern auf das Angst- und Aggressionsverhalten – Eine Pilotstudie

June 22, 2017 | Author: Olar Ethil | Category: Game studies, Music Psychology, Video Games, Video Game Audio and Music, FPS (Ego Shooter) Games, Game Studies
Report this link


Description

Der Einfluss von Musik in Ego-Shootern auf das Angst- und Aggressionsverhalten – Eine Pilotstudie Richard von Georgi, Jasmin Lerm, Claudia Bullerjahn Justus-Liebig-Universität Gießen Einleitung: Viele Computerspiele greifen auf die Möglichkeit zurück, das Geschehen musikalisch zu untermalen. Ähnlich wie bei Filmmusik dient solche Art der Verwendung von Musik im Spiel der emotional-kognitiven Konkretisierung unterschiedlicher Spielsituationen (Jünger, 2009). Die Erkenntnisse neuerer Studien zum Zusammenhang zwischen Musik und

Emotionen legen jedoch zusätzlich die Vermutung nahe, dass Musik möglicherweise auch das aktive Spielverhalten beeinflusst. Allerdings liegen bisher keine Studien vor, die die Rolle von Musik in Ego-Shootern untersucht, welche häufig mit aggressivem Verhalten in Verbindung gebracht werden (Grüsser et al., 2007). Das Hauptanliegen der Studie ist die Frage nach der Wirkung von Musik auf das Angst- und Aggressionsverhalten im Spielgenre Ego-Shooter, um Aussagen über ein stark diskutiertes Spielgenre treffen zu können. Es sollte untersucht werden, ob die Art der Musik das Spielverhalten und das emotional-kognitive Empfinden beeinflusst oder sogar verstärkt.

Methode: In einem experimentellen Design mit Vortestung wurden 30 Personen am Ego-Shooter

Abb. 2: Mittelwerte und Standardabweichungen in der Variable Valenz (positiv – negativ) in den drei Musikbedingungen.

Unreal Tournament II mit verschiedenen Hintergrundmusiken getestet. Erfasst wurde die

Die Nachanalyse der Rolle möglicher interindividueller Unterschiede (Persönlichkeit und

Spielleistung (deaths, kills), die Angst- und Ärgerausprägung, Valenz und Erregung sowie

Geschlecht) in der Spielleistung zeigt, dass Personen mit einer starken Ärger-

die Herzrate und Persönlichkeit. Die Daten wurden nach einer Voranalyse auf mögliche

unterdrückung (AI) und einer hohen negativen Affektivität (NA) in der Bedingung „hard

Ausgangsunterschiede (baseline) mittels ANOVA für Messwiederholungen ausgewertet.

music“ eine

deutlich schlechtere Spielleistung (kills)

erbringen.

Die

von der

Musikbedingung unabhängigen Geschlechterunterschiede ergeben, dass Männer eine erhöhte Situationskontrollempfindung besitzen. Die bessere Spielleistung der Männer (mehr kills) spiegelt sich jedoch nicht in einem kill/death-Relationsunterschied wider (vgl. Tab. 2).

Abb. 1: Versuchsablauf und erhobene Variablen

Ergebnisse: Die Auswertung der Daten zeigt, dass Musik in Ego-Shootern nur tendenziell eine Wirkung ausübt (p=0,068): Aggressive Musik verstärkt emotionale, Angst- oder Ärgerausprägungstendenzen des Spielers nicht. Vielmehr bewirkt ruhige Musik eine Veränderung in Richtung

Abb. 3: Korrelationsanalytische Ergebnisse zwischen der Anzahl der Kills und der Ärgerunterdrückung (STAXI-AI) sowie der negativen Affektivität (PANAS-NA) in der Musikbedingung „hard music“. (Residualanalyse: r[NA, AI]=0,735 (p=0,024); Rres=0,797 (p[df=2;F=5,230]=0,024)).

eines negativeren emotionalen Empfindens (vgl. Tab. 1 und Abb. 1). Die Spielleistung wird

Diskussion:

jedoch nicht beeinflusst. Tab. 1: Ergebnisse der Varianzanalysen

Entgegen

der

Erwartung

zeigt

sich,

dass

nicht

situationsangemessene

Musik

möglicherweise zu einer emotionalen Konfliktsituation führt, die das Gesamtspielempfinden negativ beeinflusst, nicht jedoch die Spielleistung (vgl. Ruth et al., DGM-Poster Guitar Hero). Trotz des Pilotcharakters der Studie kann anhand der Ergebnisse vermutet werden, dass harte und situationskongruente Musik in Ego-Shootern nicht zu einer zusätzlichen Verstärkung negativer Affekte führt. Vielmehr scheint diese das positive Spielerleben zu stabilisieren. Die Nachanalysen deuten zudem differenzielle Effekte an, die eine weitere Untersuchung ebenfalls notwendig erscheinen lassen. So lassen die Ergebnisse der Korrelationsanalyse den Schluss zu, dass emotional labile Personen und Spieler, die ihren Ärger stark

unterdrücken, bei Vorliegen von harter Musik während des Spielens, mit einer Erhöhung Tab. 2: Ergebnisse der Analyse möglicher Geschlechterunterschiede (t-Test)

der emotionalen Erregung (Gray & McNaughton, 2000) reagieren, die sich in einer Verminderung ihrer Spielleistung niederschlägt.

Literatur: Jünger, E. (2009). When Music comes into play - Überlegungen zur Bedeutung von Musik in Computerspielen. In: M. Mosel (Hg.), Gefangen im Flow? Ästhetik und dispositive Strukturen von Computerspielen (13–28). Hülsbusch: Boizenburg. Gray, J. A. & McNaughton, N. (2000).The neuropsychology of anxiety. Oxford: Oxford University Press. Grüsser, S. M., Thalemann, R. & Griffiths, M. D. (2007). Excessive computer game playing: evidence for addiction and aggression? Cyber Psychology & Behavior, 10 (2), 290-292. Danksagung: Wir möchten uns besonders bei Isabell Boetsch für die Mithilfe bei der experimentellen Planung, Datenerhebung und Dateneingabe bedanken.



Comments

Copyright © 2024 UPDOCS Inc.