Université du Luxembourg (Uni.lu) FLSHASE Master en histoire européenne contemporaine Sommersemester 2013/2014 Seminar: Changements et ruptures dans le monde médiéval Leitung: Prof. Dr. Michel MARGUE, Dr. Marie-Cécile CHARLES et Dr. Eloïse ADDE-VOMACKA
DER CODEX MARIENDALENSIS Veränderungen und Brüche im Leben der Yolanda von Vianden
Marc STEFFEN MAHEC (2) xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx (Luxemburg) E-Mail:
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INHALTSVERZEICHNIS Einleitung ................................................................................................................................. 1 1. Der Codex Mariendalensis ............................................................................................................ 2 1.1 Klassifizierung .......................................................................................................................... 2 1.2 Autor ......................................................................................................................................... 3 1.3 Entstehungskontext ................................................................................................................... 4 1.4 Überlieferungsgeschichte .......................................................................................................... 5 2. Yolanda von Vianden .................................................................................................................... 7 2.1 Herkunft .................................................................................................................................... 7 2.2 Lebensdaten .............................................................................................................................. 7 3. Veränderungen und Brüche im Codex Mariendalensis ............................................................. 9 3.1 Ausgangssituation ..................................................................................................................... 9 3.2 Veränderungen und Brüche „gegen“ Yolanda ........................................................................ 10 3.2.1 Yolandas Widerstand beginnt ........................................................................................................ 10 3.2.2 Der Streit eskaliert ......................................................................................................................... 12 3.2.3 Schlussphase .................................................................................................................................. 14
3.3 Veränderungen und Brüche im Sinne Yolandas ..................................................................... 15 3.3.1 Yolanda und die Dominikaner ....................................................................................................... 15 3.3.2 Yolandas Entscheidung wird akzeptiert ........................................................................................ 17
3.4 Elemente/Symbole der Veränderung ...................................................................................... 18 3.4.1 Kleidung und Mahlzeiten ............................................................................................................... 18 3.4.2 Gott und der Teufel ........................................................................................................................ 19
4. Historiographie ............................................................................................................................ 21
Schlussfolgerung .................................................................................................................... 23 Anhang.................................................................................................................................... 25 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................... 25 Quellenverzeichnis .......................................................................................................................... 25 Literaturverzeichnis ........................................................................................................................ 25 Internetressourcen .......................................................................................................................... 27 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................... 27 Weiterführende Informationen ...................................................................................................... 27
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EINLEITUNG Die von der Historiographie mehrfach als Einschnitt, respektiv als Bruch mit der vorherigen Epoche charakterisierten „Dark Ages“ (ca. 500 – 1500 n. Chr.1) sind in vielerlei Hinsicht interessant, wenn es um das Konzept von Veränderungen oder Brüchen* geht.2 Ausgehend von dieser allgemeinen Thematik*, scheint es auf den ersten Blick unüblich sich eben genau dieser Materie in Bezug auf nur eine bestimmte Persönlichkeit des Spätmittelalters zu widmen. Nichtsdestotrotz ist genau dies das Ziel der folgenden Arbeit. Eine generelle Kontextualisierung der Quelle sowie der Hauptprotagonistin wird den Anfang dieser Arbeit dominieren. Anschließen wird versucht die jeweiligen Geschehnisse und Elemente, welche eine Veränderung oder auch einen Bruch in der Geschichte um Yolanda von Vianden hervorrufen, in eine dafür geeignete Kategorie zu klassifizieren und somit eine chronologisch aufgebaute Struktur der jeweiligen Geschehnisse und Elemente darzustellen. Im Zuge dieser Etappe soll schließlich das Beantworten folgender Hauptfragestellungen ermöglicht werden: Wie und welche Veränderungen und Brüche werden in der Quelle präsentiert und wahrgenommen? Welche Schlüsse lassen diese Veränderungen und Brüche zu und welche Elemente/Symbole lassen sich diesbezüglich herausarbeiten? Nun wurden für die Ausarbeitung dieser Fragestellungen sowie der restlichen Arbeit einige aufschlussreiche literarische Werke genutzt. Bedingt durch die beschränkte Seitenzahl dieser Arbeit sowie eine spätere Erwähnung einiger Werke, u.a. im 4. Kapitel, kann jedoch nicht auf alle Werke gleichermaßen eingegangen werden. Allerdings soll an dieser Stelle das Werk „Yolanda von Vianden“ von Gerald Newton und Franz Lösel erwähnt werden. Ohne deren Übersetzung des moselfränkischen Textes ins Neuhochdeutsche wäre eine solche Arbeit in keinem Falle umsetzbar gewesen. Auch bot der gleichnamige Artikel von Pit Péporté einen sehr guten und präzisen Einblick in die Rezeptionsgeschichte der viandener Grafentochter. Auch wenn das Thema eine Vielzahl an Forschungsdisziplinen bedient3, so wird die folgende Arbeit sich darauf fokussieren, die jeweiligen Veränderungen und Brüche in der Quelle aufzudecken und aufzuzeigen, inwiefern sich diese, im individuellen oder im größeren Rahmen, darstellen. Im gleichen Sinne wird sich letztlich kurz der Historiographie gewidmet. 1
BÜHLER, Arnold [u.a.] (Hg.), Das Mittelalter. Mannheim 1998, S. 5. „Dark Ages“, vgl. hierzu: LUBICH, Gerhard, Das Mittelalter. (Uni-Taschenbücher, Bd. 3106). Paderborn [u.a.] 2010, S. 37 ff. & 84-98; DUTHOIT, Christine, Le Moyen Âge pour tous. Paris 2010, S. 3; LINEHAN, Peter / L. NELSON, Janet (Hg.), The Medieval World. New York 2001, S. 364-365. 3 BERG, Guy (Hg), Man mothe schrîwen wal ein bůch. Ergebnisse des Yolanda-Kolloquiums, 26.-27. November 1999, Luxemburg, Vianden und Ansemburg (Beiträge zur luxemburgischen Sprach- und Volkskunde Nr. 31, Sonderforschungsreihe Language and Culture in Medieval Luxembourg, Bd. 3). Luxemburg 2001. 2
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1. Der Codex Mariendalensis 1.1 Klassifizierung Eine Quelle sollte immer zuerst kategorisiert werden, bevor man sich ihrer genauer annimmt. Genau dies ist bei dem hier vorliegenden, in textgetreuer (Moulin 2009) sowie in übersetzter Fassung (Newton und Lösel 1999), Codex Mariendalensis (CM) nicht sehr leicht.4 Des Öfteren findet sich der Begriff eines Epos oder einer Vita (Heiligenlegende) in der heutigen Historiographie wieder. 5 Newton und Lösel gehen auf diese Problematik allerdings
verstärkt
ein
und
sind
der
Auffassung, dass es sich weder um ein Epos noch um eine Vita handelt. Ein Epos kennzeichnet weltbewegende
sich
durch
Erzählungen
große
und
aus.
Die
Geschichte nun als solche zu bezeichnen, wäre nicht korrekt, denn die Handlung beschränkt sich größtenteils auf das Schloss
Abb. 1: Kloster Marienthal im Großraum Luxemburg 6
Vianden, sowie das von Theoderich von Mersch im Jahre 1232 gegründete Kloster in Marienthal und deren Umgebungen (vgl. Abb. 1).7 Ebenso wenig lässt sich der CM als Legende oder Vita bezeichnen. Wunder und Heiligsprechungen, auch wenn diese durch spätere Editionen (u.a. Alexander Wiltheim,
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NEWTON, Gerald/ LÖSEL, Franz (Hg.), Yolanda von Vianden. Moselfränkischer Text aus dem späten 13. Jahrhundert mit Übertragung (Beiträge zur luxemburgischen Sprach- und Volkskunde Nr. 21, Sonderforschungsreihe Language and Culture in Medieval Luxembourg, Bd. 1). Luxemburg 1999, S. 22. 5 „Epos“, vgl. hierzu: MIELKE-VANDENHOUTEN, Angela, Grafentochter-Gottesbraut. Konflikte zwischen Familie und Frömmigkeit in Bruder Hermanns Leben der Gräfin Yolande von Vianden (Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur, Bd. 21). Dissertation. München 1998, S. 11; BERG, Ergebnisse (Anm. 3), S. 9; MOULIN, Claudine (Hg.), Leben der Gräfin Yolanda von Vianden. Textgetreue Edition des Codex Mariendalensis von Claudine Moulin (Beiträge zur luxemburgischen Sprach- und Volkskunde Nr. 36, Sonderforschungsreihe Language and Culture in Medieval Luxembourg, Bd. 5). Luxembourg 2009, S. 7; „Vita“, vgl. hierzu: BACKES, Michèle, Yolanda von Vianden und die religiöse Frauenbewegung ihrer Zeit. (Beiträge zur luxemburgischen Sprach- und Volkskunde Nr. 28, Sonderforschungsreihe Language and Culture in Medieval Luxembourg, Bd. 2). Luxemburg 2000, S. 10; NEWTON, Gerald/ BERG, Guy (Hg.), Alexander Wiltheim - Vita Venerabilis Yolandae. Lateinischer Text mit englischer und deutscher Übersetzung (Beiträge zur luxemburgischen Sprach- und Volkskunde Nr. 35, Sonderforschungsreihe Language and Culture in Medieval Luxembourg, Bd. 4). Luxemburg 2007, S. iii. 6 WAMPACH, Henri-Camille, Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit. (Bd. 2). 10 Bde. Luxemburg 1938, Nr. 244, S. 262-263. 7 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 22. Seite 2 von 27
16748) eventuell erwünscht waren9, finden im eigentlichen Werk nicht statt.10 Demnach lassen sich die knapp 6000 Reimpaarverse vielmehr als hybride moselfränkische Dichtung/Erzählung charakterisieren11 und als solche wird das Werk fortan auch in dieser Arbeit bezeichnet. 1.2 Autor Eindeutig lässt sich der Autor des CM nicht bestimmen. Dennoch akzeptiert die Forschung12 seid 1885, mit der Veröffentlichung der Cartulaire du Prieuré de Marienthal von Nicolas van Werveke, 13 Hermann von Veldenz als „Urheber“ der mittelhochdeutschen Dichtung. 14 Ebenso benennt er sich selbst während eines Erzählerkommentares: „Nun sagt, Bruder Hermann, (...)“.15 Hermann von Veldenz wurde um 1250 geboren und trat im Alter von etwa 20 Jahren in den Dominikanerorden ein. 1275 erhielt er die Priesterweihe. Im Jahre 1303 wird Hermann dann erstmals in einer Urkunde des Klosters Marienthal als Kaplan des letzteren erwähnt.16 Diese Tatsache sowie die Lebensdaten17 der Yolanda von Vianden lassen den Schluss zu, dass Hermann Yolanda persönlich kannte und demzufolge den CM womöglich auch in und eventuell sogar für das Kloster inmitten des heutigen Luxemburgs verfasste. Eine durchweg objektive Erzählungsweise ist somit voraussichtlich nicht gegeben.
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NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), S. iii. MARGUE, Michel, / PÉPORTÉ, Pit, Der Codex Mariendalensis. Vom mittelalterlichen Manuskript zum Erinnerungsort. In: D. CONTER, Claude / SAHL, Nicole (Hg.), Aufbrüche und Vermittlungen. Beiträge zur Luxemburger und europäischen Literatur- und Kulturgeschichte. Bielefeld 2010, S. 177-188, bes. S. 179; PÉPORTÉ, Pit, Yolanda von Vianden. In: KMEC, Sonja / PÉPORTÉ, Pit (Hg.), Erinnerungsorte in Luxemburg II. Perspektivenwechsel. Luxemburg 2012, S. 199-204, bes. S. 199; RAPP, Andrea / ROSENBERGER, Ruth, Margarethe und Yolanda von Vianden. Fromme Frauen zwischen Herrschaftspflicht und Armutsideal. Eine dominikanische Erfolgsgeschichte des 13. Jahrhunderts. In: IRSIGLER, Franz / MINN, Gisela (Hg.), Porträt einer europäischen Kernregion. Der Rhein-Maas-Raum in historischen Bildern. Trier 2005, S. 92-100, bes. S. 99; NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), S. xi. 10 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 22. 11 MOULIN, Leben (Anm. 5), S. 7. 12 PÉPORTÉ, Yolanda (Anm. 9), S. 199; NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), s. iii; MIELKEVANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 14; MARGUE/ PÉPORTÉ, Codex (Anm. 9), S. 179. 13 WERVEKE, Nicolas van, Cartulaire du Prieuré de Marienthal. Band 1 1231-1317 (Publications de la Section Historique de l'Institut G.-D. de Luxembourg, Bd. 38). Luxemburg 1885 oder Online: http://goo.gl/vd9EPb (Stand: 15.05.14). 14 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 54. 15 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 47, V. 395: „Nû saget, brůder Hereman, (...)“; MIELKEVANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 51-52. 16 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 24; MILMEISTER, Jean, Die selige Yolanda von Vianden. Eine herausragende Frauengestalt des Hochmittelalters. In: Landrat des Kreises Bitburg-Prüm (Hg.), Heimatskalender Landkreis Bitburg-Prüm. Bitburg 2002, S. 52-57, bes. S. 57; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 55; WERVEKE, Cartulaire (Anm. 13), Nr. 264, S. 240 oder Online: http://goo.gl/7aarFn (Stand: 15.05.14). 17 Vgl. hierzu: Kapitel 2.2 Lebensdaten. 9
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Hermann bezieht sogar offen Position und gibt den Weg der „grauen Nonnen“ (Zisterzienser18) als den falschen für Yolanda an: „Die grauen Nonnen sind angekommen, daß sie die Liebreiche [Yolanda] auf beklagenswerte Art auf den falschen Weg leiten.“19. 1.3 Entstehungskontext Während des 12.-13. Jahrhunderts wird der vermehrte Reichtum vieler Orden und Klöster, welcher zumeist auf der Tatsache beruht, dass viele geistliche Einrichtungen zugleich Großgrundbesitzer waren und somit von einer blühenden Agrarwirtschaft des 12. Jahrhunderts profitierten, deutlich. Genau während dieser Periode wurden auch die Rufe nach einer ärmeren Kirche wieder lauter. Es gründeten sich also neue Bettelorden. Darunter auch der, der Dominikaner.20 Um 1215 gründete Dominikus von Guzman in Toulouse den Mendikantenorden (Bettelorden) der Dominikaner. Zu Beginn handelte es sich um eine religiöse Gemeinschaft von Predigern im klassischen Sinne. Dies jedoch mit der spezifischen Aufgabe „als Religiöse das Evangelium der Wahrheit in evangelischer Armut zu predigen“. Somit war das Leben in strenger Armut also eines der wichtigsten Prinzipien dieses Ordens.21 Dies, wie der weitere Verlauf dieser Arbeit aufzeigen wird, wird Yolanda zum Problem, denn sie, als Tochter des viandener Grafen, soll keineswegs Mitglied eines solchen Ordens werden.22 1217 wandelte Dominikus diese Gemeinschaft in einen allgemeinen und zentralisierten Orden um, der aber weiterhin den gleichen Auftrag wahrnehmen muss. Nach dem Tod des Dominikus (1221) breitete sich der Orden ziemlich schnell weiter in Europa aus und fasste bereits die Mission in Asien ins Auge. Die Zahl der Konvente explodierte regelrecht. Von 25 inkl. etwa 500 Ordensbrüder und einige hunderte Schwestern im Jahre 1221 auf rund 404 Konvente im Jahr 1277. Yolanda wird also später in einen Orden eintreten, welcher selbst für einige Veränderungen und Brüche innerhalb des traditionellen Ordenlebens sorgte. 23 Ebenso lässt sich der
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NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 18. Ebd. S. 104-105, V. 3120-3122: „dy nunnen grâ sint kumen dar, dat sy dy minnenclîche verleiden jêmerliche.“. 20 FEDALTO, G., Artikel „Dominikaner, Dominikanerinnen“. In: LexMA Bd. 3 (9 Bde.) München 2003, Sp. 1192-1220, bes. Sp. 1192; HOURS, Bernand, Histoire des Ordres religieux. Paris 2012, S. 36 & 39-40. 21 FEDALTO, Dominikaner (Anm. 20), Sp. 1192. 22 Vgl. hierzu: Kapitel 3.2 Veränderungen und Brüche „gegen“ Yolanda. 23 MELVILLE, Gert, Zur Wahrnehmung der frühen Mendikanten vor dem Problem institutioneller Neuartigkeit im mittelalterlichen Religiosentum. In: MELVILLE, Gert/ OBERSTE, Jörg (Hg.), Die Bettelorden im Aufbau. Beiträge zu Institutionalisierungsprozessen im mittelalterlichen Religiosentum. (Vita Regularis. Ordnungen und Deutungen religiosen Lebens im Mittelalter, Bd. 11). Münster 1999, S. 1-23. 19
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angebliche Autor des CM, Hermann von Veldenz, wie bereits beschrieben, mit dem Bettelorden in Verbindung bringen und beeinflusste somit maßgeblich die Yolanda-Dichtung. Letztlich sei an dieser Stelle noch angeführt, dass der Autor genealogische Kenntnisse beim Leser voraussetzt. Dies sowie die benutzte Sprache (kein Latein) schränkten vorerst die Verbreitung der Dichtung ein.24 Ebenso soll er nicht ganz ohne Vorlage gearbeitet haben. Das Exemplum des Thomas von Cantimpré könnte als Vorlage gedient haben.25 1.4 Überlieferungsgeschichte 26 Die um das Jahr 1325 entstandene Dichtung gilt vielfach als das älteste bekannte und bis in die heutige Zeit überlieferte moselfränkische literarische Werk.27 Ca. 300 Jahre später (1655) konnte der Alexander Wiltheim (1604-1684) den CM ansehen und fertigte eine Abschrift an. Diese Abschrift ging jedoch verloren. Zuvor, im Jahre 1674, fertigte Wiltheim allerdings noch eine lateinische Fassung seiner Abschrift an. Diese Fassung bot der Forschung sehr lange die einzige Möglichkeit sich mit der Yolanda-Dichtung auseinanderzusetzen, denn der Urtext aus dem 14. Jahrhundert galt bis zum Jahr 1866 als verschollen. In diesem Jahr veröffentlichte Franz Pfeiffer (1815-1868) nämlich einen Auszug des CM. 1889 gab John Meier (1864-1953) dann den vollständigen Text heraus.28 Selbstverständlich wurden weitere Unternehmungen vorgenommen Wiltheims lateinische Fassung des CM in die deutsche, respektiv französische Sprache zu übersetzen. Die französischsprachige Geschichte des Herzogtums Luxemburg aus dem Jahre 1743 von Jean Bertholet (1688-1755) blieb allerdings erhalten. Ebenso überdauerte eine durch Pater Peter Stehres (1804-1883) angefertigte deutsche Übersetzung die Zeit.29
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Ebd. S. 20. MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter, (Anm. 5), S. 22 & 60-61; BACKES, Yolanda (Anm. 5), S. 1718; CANTIMPRÉ, Thomas de, Bonum Universale de apibus. Thomae Cantimpratensis miraculorum et exemplorum memorabilium sui temporis libri duo. (Tome 2, Chapitre 39). Éd. franç. de COLVENERIUS, Georg, Douai 1627. 26 Der nun folgende Teil versucht nicht die gesamte Überlieferungsgeschichte inkl. aller Veröffentlichungen und Rezeptionen gerecht zu werden. Er soll lediglich einen kurzen Überblick über die Geschichte des CM geben. Der ausführlichste Versuch eine vollständige Überlieferungsgeschichte zu erzählen, liefert Michèle Backes in ihrer Einleitung. Vgl. hierzu: BACKES, Yolanda (Anm. 5), S. 12-16. 27 Ein genaueres Verfassungsdatum lässt sich, wie bei den meisten mittelalterlichen Quellen, jedoch nicht ausmachen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass generell die Zeitspanne zwischen 1290-1350 von den meisten Historikern und Forschern als Entstehungsdatum angegeben wird. Vgl. hierzu: MOULIN, Leben (Anm. 5), S. 7; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 19; NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), S. iii. 28 NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), S. iii; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 8; MOULIN, Leben (Anm. 5), S. 7; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 14, BACKES, Yolanda (Anm. 5), S. 12. 29 NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), S. iii-v; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 10-11. 25
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Bleibt noch die im Jahre 1979 erschienene Neuausgabe des Werkes von Pierre Grégoire (1907-1992), sowie die neuhochdeutsche Übersetzung des Originaltextes durch Gerald Newton und Franz Lösel aus dem Jahre 1999, welche u.a. auch für diese Arbeit als Übersetzungswerk zu Rate gezogen wurde. Im gleichen Jahr (November 1999) markierte die Wiederauffindung des CM den Startschuss für eine Vielzahl von unterschiedlichen literarischen Werken (siehe Literaturverzeichnis).30
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NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), S. v-vii & xi; MOULIN, Leben (Anm. 5), S. 7; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 11-14; BACKES, Yolanda (Anm. 5), S. 12. Seite 6 von 27
2. Yolanda von Vianden Bevor die Thematik der Veränderungen und Brüche rund um die Grafentochter aus Vianden genauer analysiert werden kann, ist es nötig die Hauptprotagonistin an sich und deren Umfeld (familiär, religiös, usw.) zu kontextualisieren. 2.1 Herkunft Yolanda von Vianden war die Tochter des Grafen Heinrich I. von Vianden (†1252/3) und dessen Frau Margarethe (oder Margareta) von Courtenay (†1270).31 Sowohl Mutter als auch Vater hatten enge Verbindungen zum abendländischen Hochadel und dem höheren Klerus. Die Tatsache, dass Margarethe von Courtenay die Tochter von Peter von Courtenay, Kaiser von Konstantinopel und dessen Gattin Yolanda von Hennegau war, sowie die Verwandtschaft zum französischen König Ludwig VI (1108-1137) zeigen diese Verbindung zum Hochadel deutlich auf.32 Väterlicherseits konnte die Grafschaft Vianden Ende des 13. Jahrhunderts ebenso hohe Verbindungen zum hohen Klerus aufweisen. So bekleideten, Heinrich und Peter, beides Söhne des Grafen von Vianden, das Amt des Domprobstes und des Probstes von Köln. Eine noch höhere Position hatte Konrad von Hochstaden, Sohn aus erster Ehe seiner Schwester Mathilde mit Lothar I. von Hochstaden inne. Dieser war Erzbischof von Köln. Gleichzeitig war Hymana, Tochter aus zweiter Ehe seiner Schwester Äbtissin von Salzinnes, sowie Lucia von Hochstaden Äbtissin des Klosters St. Thomas bei Himmerod.33 2.2 Lebensdaten Die Geburt der Grafentochter aus Vianden lässt sich um das Jahr 1230 festlegen. Im Dezember 1281 ist Yolanda verstorben und wurde demnach etwa 50 Jahre alt. 34 Viele Forscher, u.a. Newton & Lösel, Moulin, Backes usw. geben allerdings das Jahr 1283 als
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MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 52; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 7. NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 20; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm, 5), S. 11; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 40, V. 52-61: „Ihr Vater herrschte in Griechenland, Kaiser Peter und nach ihm war dort ihr Bruder Kaiser, der hieß Balduin von Konstantinopel. Ihre Familie war kaiserlicher Herkunft, auch war ihr Blut von mächtigen Königen aus Frankreich entsprungen, worunter sich König Ludwig befand.“. 33 RAPP/ ROSENBERGER, Margarethe (Anm. 9), S. 93; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 346 & 349; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 7; MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 52 & 54. 34 MARGUE, Michel, „Wy ritterlîche sy dâ streit!“. Kloster und Burg. Der historische Raum zur und in der Yolanda-Dichtung. In: BERG, Guy (Hg), Man mothe schrîwen wal ein bůch. Ergebnisse des YolandaKolloquiums, 26.-27. November 1999, Luxemburg, Vianden und Ansemburg (Beiträge zur luxemburgischen Sprach- und Volkskunde Nr. 31, Sonderforschungsreihe Language and Culture in Medieval Luxembourg, Bd. 3). Luxemburg 2001, S. 105-124, bes. S. 110. 32
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Todesdatum an. 35 Margue allerdings, unter Berücksichtigung ihrer Zeit als Priorin in Marienthal, nämlich 25 Jahre, hält das Jahr 1281 für wahrscheinlicher, denn die Nachfolgerin Yolandas, Poncetta von Meysemburg, diente Marienthal angeblich 16 Jahre als Priorin und starb 1297.36 Somit ist das Jahr 1281 als Todesdatum eher glaubhaft. Im Jahre 1248 tritt Yolanda dem Kloster Marienthal bei und wird knapp zehn Jahre danach (1258) Priorin des Klosters. Unter ihrer Leitung erlebt das Kloster dann seine Blütezeit.37 Interessant und zugleich eigenartig ist es aber, dass der CM es unerwähnt lässt, dass erst ab 1248 Marienthal offiziell dem Dominikanerorden unterstellt war.38
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MOULIN, Leben (Anm. 5), S. 11; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 7. MARGUE, Kloster (Anm. 34), S. 110; WERVEKE, Cartulaire (Anm. 13), S. XXIV (Intro) oder Online: http://goo.gl/ZgYrGT (Stand: 19.05.14). 37 MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 56; HEYART, Luss, Das Kloster Marienthal und seine Geschichte. Luxembourg 2003, S. 13; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 315. 38 WERVEKE, Cartulaire (Anm. 13), Nr. 51, S. 43-44 oder Online: http://goo.gl/3C7xTF (Stand: 19.05.14). 36
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3. Veränderungen und Brüche im Codex Mariendalensis 39 3.1 Ausgangssituation Bevor nun detaillierter auf die einzelnen, im CM, auffindbaren Elemente der Veränderung oder des Bruches eingegangen wird, soll eine kurze Beschreibung der Ausgangssituation, in welcher sich Yolanda zu Beginn der Erzählung befindet, für einen vereinfachten Einstieg in die gesamte nun folgende Thematik sorgen. Yolanda ist als älteste Tochter des Grafen von Vianden nicht für ein Klosterleben bestimmt. Diesen Wunsch hegt die junge Grafentochter jedoch bereits sehr früh und unterstreicht diesen Willen wie folgt40: „Das junge und mutige Mädchen [Yolanda] sprach das Wort aufrichtig, gerade wie es ihr im Herzen lag, denn ihr ganzes Herz und Denken richteten sich fest zu Gott.“41. Infolgedessen will sie gleich nach ihrem ersten Besuch in das gleiche Zisterzienser Kloster ihrer Kusine Hymana eintreten und Nonne werden: „Einmal wollte die Gräfin [Margarethe] nach Namur in ein dortiges Kloster eines Frauenordens reiten, der das Grau [der Zisterzienser] trägt. Die junge Tochter [Yolanda] nahm sie mit sich. (...) sie wollte als Nonne dort bleiben, die Welt verlassen (...)“.42 Die Äbtissin gewährt ihr diesen Wunsch jedoch nicht und begründet dies damit, dass sie noch zu jung sei und nur unnötig den Zorn ihrer Mutter auf sich ziehen würde: „Die Herrin [Hymana] sprach: „Nimm doch meinen Rat: Du bist zu jung, (...) Auch ist deine Mutter hier (...) sie würde sich sehr erzürnen, (...)“43 Anschließend ist es Yolanda selbst, die sich freiwillig mit dem, aus ihrer Entscheidung heraus womöglich entstehenden, Zorn der Mutter abfindet: „Schaden und Zorn mögen sich beide auf mich richten.“44 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird zu erkennen sein, dass Yolanda diese Entscheidung um jeden Preis durchzusetzen versucht.
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War der bisherige Teil der Arbeit eher einer groben Kontextualisierung bezüglich des CM sowie der Yolanda von Vianden gewidmet, so wird der nun folgende Teil sich näher mit dem eigentlichen Hauptthema „Veränderungen und Brüche im Spätmittelalter“ beschäftigen und gezielt die jeweiligen Elemente in Verbindung zum eben genannten Hauptthema herausarbeiten. 40 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 20; MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 52-53; MIELKEVANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 4), S. 11; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 7. 41 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 43, V. 194-198: „dy dyrne junc und unverzagt des wordes sunder lôige gach reht als it inme herzen lach, wand al hir herze und hir gedanc zů gode wâren sunder wanc.“. 42 MARGUE, Kloster (Anm. 34), S.108-109; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 43, V. 219-223 & 233234: „It was in einen zîden, dy grêvinne wolde rîden zů Nâmen in ein klôster dâ van vrôiwen ordene, der ist grâ; dy dohter junc sy bit hir nam. (...) sy woilde nunne blîven dâ, dy werelt lâzen (...)“. 43 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 44, V. 252-253, 256 & 258: „dy vrôiwe sprach: „nû volge mir: du bis ze junc, (...) ôich ist dîn můder hy (...) dy sich wol zurnen soilde, (...)“. 44 Ebd. S. 44, V. 262: „schade unde zorn sîn beide mîn.“. Seite 9 von 27
Exakt diese Problematik lässt sich als Ausgangssituation der Yolanda-Dichtung aufführen und unterstreicht ebenso vorläufig bereits in welche Richtung die Erzählung die Protagonistinnen, Yolanda und u.a. auch Margarethe, führen könnte, respektiv wird. Nämlich vom Wunsch nach einem geistlichen Leben, über eine strikte Ablehnung der Familie und hauptsächlich der Mutter hin zur gewünschten Endsituation der Yolanda. Genau während diesem Handlungsstrang werden wir, als Leser des CM, Zeuge mehrerer Veränderungen und Brüche. Die einen, wie der weitere Verlauf der Arbeit zeigen wird, führen Yolanda näher an ihr Ziel heran. Andere wiederum, und darunter fallen hauptsächlich die Brüche zwischen Yolanda und ihrer Mutter, entfernen die Hauptprotagonistin wieder von ihrem Ziel. Aus diesem Grund unterscheiden wir fortan zwischen Veränderungen und Brüchen, welche sich klar gegen die Zielsetzung Yolandas richten sowie Veränderungen und Brüchen, welche für die Erfüllung des Zieles von Yolanda sprechen. Diese darzulegen und zu kategorisieren wird somit die Aufgabe der kommenden Unterkapitel sein. 3.2 Veränderungen und Brüche „gegen“ Yolanda Um einer gewissen chronologischen Reihenfolge der Erzählung gerecht zu werden, wird der nun folgende Teil der Arbeit sich etappenweise denjenigen Veränderungen und Brüchen im CM widmen, welche eindeutig die Erfüllung des Wunsches der Grafentochter erschweren. 3.2.1 Yolandas Widerstand beginnt Die junge Grafentochter aus Vianden hatte also bereits sehr früh, etwa im Alter von ca. 9-12 Jahren, den Wunsch ihr weltliches gegen ein geistliches Leben einzutauschen.45 Sie verachtet regelrecht ihr weltliches Dasein. Dies unterstreicht sie bereits zu Beginn der Dichtung: „Sie [Yolanda] verachtet die Welt sehr, so jung sie auch war.“46 und wiederholt ihre Überzeugung mehrmals. So u.a. an dieser Stelle: „(...) was sie [Yolanda] für Freuden der Welt gewährte, so war doch für sie immer die Welt tot und sie gleichermaßen für die Welt.“ 47 . Yolandas persönlicher Bruch mit der „Welt“ findet somit seine erste Erwähnung. Die Eltern und speziell die Mutter waren gegen diesen Wunsch und hatten, u.a. gedrängt von Konrad von Hochstaden, betreffend der Zukunft ihrer wohl ältesten Tochter andere Pläne.48 45
Ebd. S. 20; MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 52-53. NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 42, V. 146-147: „dy werilt trat sy bit gewalt zen vůzen alse junc sy was.“. 47 Ebd. S. 75, V. 1743-1745: „wat sy der werlde vrôiden bôt, doch was hir y dy werelt dôt und sy der werlde glîcher wîs.“. 48 MARGUE, Kloster (Anm. 34), S. 110. 46
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Eine politische Heirat, wie sie während des Mittelalters üblich war, so Milmeister und Margue, sollte der Grafschaft Vianden weiterhin Stabilität verleihen und somit eine kommende Auseinandersetzung mit der Grafschaft Luxemburg verhindern. Demzufolge sollte eine Heirat mit Walram II. von Monschau (1265-1266), dem Enkel der luxemburgischen Gräfin Ermesinde, die Rivalitäten im und um das Gebiet zwischen Maas und Mosel beenden.49 Bevor nun überhaupt eine konkrete Heirat ansteht, wird Yolanda bereits im Alter von 9 Jahren bezüglich dieser Thematik angesprochen: „Das Mädchen, von dem ich erzählen will, war neun und nicht viel darüber, als man sie zu fragen begann, ob sie einen Gatten nehmen wollte.“.50 Die junge Grafentochter entgegnet gleich darauf: „ „Nein“, sprach sie, „das kann nicht sein, daß jemals ein Mann mein werden könnte, der sterblich ist: (...)“51 Mit diesem verbalen Bruch mit der Mutter gibt Yolanda also bereits zu verstehen, dass sie keinen weltlichen, sondern wenn überhaupt einen geistlichen Mann und somit Gott allein zum Gatten nehmen würde. Dies nahmen, so der CM, die Angehörigen natürlich nicht mit Freuden entgegen. Bisweilen bleibt es jedoch nur bei Beschimpfungen.52 Ein erster Bruch mit der Familie ist jedoch vollzogen. Im Vergleich zu den gleich folgenden Brüchen ist dieser jedoch eher harmlos. Nach dem ersten Besuch durch Walther von Meysemburg, dem Prior des Trierer Dominikanerklosters53, welcher u.a. Gegenstand des Kapitels „Veränderungen und Brüche im Sinne Yolandas“ sein wird, verändert sich die Ausgangssituation dramatisch. Yolanda will fortan als Dominikanerin in Marienthal leben und ist sogar bereit aus Vianden zu fliehen.54 Nun ist es aber in erster Linie die Inkenntnissetzung Yolandas über diese bevorstehende Heirat, welche die gesamte Problematik um einen vermutlich ebenfalls bevorstehenden Klostereintritt der Grafentochter lostritt. Die Mutter gibt demnach bekannt „(...) wie sie der Tochter einen Gatten gewonnen habe, der liebreich, stolz, von edler Geburt und mächtig war“55. Yolanda zeigt hier den zweiten konkreten Wiederstand gegenüber der Mutter und
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MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 56; MARGUE, Kloster (Anm. 34), S. 116. NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 42, V. 175 & 177-178: „dy magt, van der ich sagen will, nûnjêrich was, darzů nyt vil, dâ man sy vrâgen des began, aver sy wolde nemen man“. 51 Ebd. S. 42, V. 179-181: „ „nein“, sprach sy, „des enmach nyt sîn, dat unmer moge werden mîn kein man, der můze sterven: (...)“. 52 Ebd. S. 42-43. 53 MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 52-53; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 319. 54 MIELKE-VANDENHOUTEN (Anm. 5), S. 319; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 49-53. 55 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 55, V. 804-806: „(...) wy sy der dohter einen man entfangen hette minnenclich, stolz, wolgeboren unde rîch.“. 50
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somit den zweiten konkreten Bruch mit dem abendländischen Weltgefüge (gehorchen der Kinder gegenüber den Eltern56): „Nein, Herrin, das kann nicht sein. Der Mund und auch mein Herz versprechen sich wahrlich keinem anderen Mann, als ich selbst erwählt habe.“57. Yolanda unterstreicht u.a. hier also ein weiteres Mal, dass sie sich Gott versprochen und ihn als ihren Ehemann auserwählt hat, sowie sich keines Falls zur Frau eines ihr noch unbekannten Mannes machen lassen wird. Diese Drohung und den wiederkehrenden verbalen Bruch nimmt ihre Mutter jedoch anfangs nicht sehr ernst.58 Von nun an lässt die Mutter Zisterzienser und Franziskaner nach Vianden schicken, um die Tochter von ihrem Vorhaben sich dem Orden der Dominikaner anzuschließen, abzubringen59 und sie darauf aufmerksam zu machen, dass sich das von ihr erwählte Kloster in einem desolaten Zustand befindet: „Große Armut und Mühe findest du in Mariental.“60. Diese Strategie bleibt jedoch ohne Erfolg und Margarethe beschließt selbst nach Marienthal zu reisen um sich einen Überblick vom Zustand des Klosters nahe Mersch zu machen.61 Die Gräfin war entsetzt über das was sie vorfand: „Das [Kloster Marienthal] war noch leider unansehnlich: Das Dach war noch ganz mit Ginster überdeckt. Die Mauern und die Gewölbe, die waren leider noch niedrig. (...) Sie [Margarethe] sah da große Armut. Der Ort, der Orden erregten ihren Ärger. Dies schien ihr gänzlich ein Nichts. Sie ging zornig weg.“62. Fortan ist die Mutter festentschlossen ihre Tochter daran zu hindern diesem Kloster beizutreten. 3.2.2 Der Streit eskaliert Von nun an sind die Positionen eindeutig. Yolanda will in das Kloster Marienthal eintreten und Dominikanerin werden. Sie sieht dies sogar vielleicht als Möglichkeit einer weltlichen Heirat zu entgehen. Ihre Mutter, Margarethe will sie unter allen Umständen daran hindern. Wie weit beide nun gehen werden um ihren jeweiligen Standpunkt durchzusetzen verdeutlich der nun folgende Teil dieser Arbeit.
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MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 52. NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 56, V. 813-816: „ „nein vrôiwe, des enmach nyt sîn. der munt und ôich dat herze mîn gelovent zwâre nummer man dan als ich selven erkoren han.“. 58 Ebd. S. 56, V. 828 ff. 59 Ebd. S. 62, V. 1112 ff. & S. 70-71; MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 53. 60 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 62, V. 1138-1139: „armůde grôz und arebeit du zů Merdâle vindes.“. 61 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 71-72. 62 Ebd. S. 72, V. 1605-1609 & 1611-1614: „dat was noch leider kleine: der dach, der was gemeine bit ginsteren noch bezogen. dy mûren und dy bogen, dy wâren leider noch unhô. (...) armůde sy gesach dar grôz. der stat, des ordens sy verdrôz, it duhte sy ze mâle ein nyt: unmůdich sy van dannen schyt.“. 57
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Nachdem die Mutter aus Marienthal zurückgekehrt ist und ihrer Tochter von dem, ihrer Meinung nach, schrecklichen Zustand des Klosters berichtet hat, will Yolanda sich selbst ein Bild über den Zustand des besagten Klosters machen. Sie bittet ihre Mutter darum mit ihr gemeinsam ein weiteres Mal das Kloster zu besuchen. Die Mutter stimmt, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass ihre Tochter, wenn sie es mit ihren eigenen Augen sieht, sich auch gegen einen Eintritt entscheidet, zu.63 So kommen beide um 124564 in Marienthal an. Es gelang Yolanda sich kurz der Aufsicht der Mutter zu entziehen und sich in den Dominikanerinnenorden aufnehmen zu lassen. Margarethe findet dies natürlich heraus und es beginnt eine ziemlich lange Passage des Jähzorns (Vers 1900-2610), welche den endgültigen Bruch zwischen Mutter und Tochter festigt.65 Zuvor ist es allerdings noch Yolanda, welche durch ihre radikale Aktion, womit sie selbstverständlich den Zorn der Mutter auf sich ziehen wird, den Grundstein für die heftige Auseinandersetzung zwischen Mutter und Tochter legt: „ „Liebste Schwestern, erfüllt Gott zuliebe meine Bitte (...) Bringt mir schnell das geistliche Gewand und eine Schere (...) Das Ordenskleid will ich heute empfangen. Sollte es mir an mein Leben gehen, ich tue, was ich tuen muß.“ “66. Mit diesem Akt unterstreicht Yolanda ihren Bruch mit allen weltlichen Tugenden inkl. ihrer Mutter und betritt dem Autor des CM zufolge „(...) den Kampfplatz (...) dort muß sie bis zum Tode streiten.“67. Der regelrechte „Kampf“ mit der Mutter hat also nun begonnen. Wie sehr Margarethe selbst diesen Bruch wahrnimmt, verdeutlichen die kommenden Verse des CM sehr gut. Die Mutter zerrte Yolanda aus dem Kloster: „Sie zog, sie zerrte und mit lauter Stimme sprach sie zu dem jungen Mädchen: „Auf, Jungfrau, das darf nicht sein, was Ihr begonnen habt. Ihr müßt von hier weg und mir gegen Euren Willen folgen.“68. Es gelang der Mutter jedoch nicht ihre Tochter aus dem Kloster zu entfernen und sie war gezwungen allein nach Luxemburg weiterzureisen. Nach diesem zusätzlich physischen Bruch zwischen Mutter und Tochter kehrte Margarethe mit drei luxemburgischen Lehnsmännern zurück und 63
Ebd. S. 73, V. 1625 ff. MARGUE, Kloster (Anm 34), S. 105; Milmeister spricht vom Frühling 1245. Vgl. hierzu: MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 53; Rapp hingegen siedelt den zweiten Klosterbesuch im Frühjahr des Jahres 1246 an. Vgl. hierzu: RAPP/ ROSENBERGER, Margarethe (Anm. 9), S. 92. 65 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 181-182 & 187; MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 53; MARGUE, Kloster (Anm. 34), S. 105. 66 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 77, V. 1827-1830 & 1831-1833: „ „vil lyve susteren, durch got důt mîne bede (...) bringet mir balde den abît und eine schêre (...) den orden wil ich hûde enfân. solid it mir an mîn leven gân, ich důn dat mir ze důne steit.“ “. 67 Ebd. S. 78, V. 1856-1857: „sy ist getreden in den warf, dar můz sy strîden ûf den dôit.“. 68 Ebd. S. 79, V. 1902-1907: „sy zôch, sy dans, und uverlût sy zů der jungen dyrne sprach: „wol ûf, juncfrôiwe, dit enmach nyt sîn, des ir begunnen hat. ir můzet hinen van der stat mir volgen sunder ûren danc.“. 64
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forderte ihre Tochter zurück.69 Sie drohte dem Kloster mit dessen Niederbrennung: „Sie sprach, sie müsse ihr Kind sehen: Wenn das nicht gleich geschehen würde, würde sie Kloster und Ort niederbrennen.“.70 Dieser Bruch mit der Realität des Mittelalters ist auch letztlich einer der heftigsten Reaktionen der Mutter und verdeutlicht nunmehr, dass sie bereit ist alles zu tun um ihre Tochter von Marienthal fernzuhalten. Yolanda tritt nun hervor und versucht nicht etwa die Mutter zu beruhigen, sondern spitzt die Situation mit folgender Aussage noch weiter zu: „ „Wahrhaftig“ sprach das junge Mädchen, „Diese Wahl gefällt mir nicht (...) ich lehne beide Möglichkeiten [Niederbrennung des Kloster oder mit der Mutter zurück nach Vianden zu gehen] ab (...) Es ist vergeblich was Ihr mir androht. Mit mir verhält es sich so, daß ich nimmermehr von hier scheiden will, wie auch immer mir geschehe.“ “71 Dies festigt natürlich den Bruch zwischen Mutter und Tochter. Nachdem es Walther von Meysemburg, welcher ebenso anwesend war, nicht gelang die zornige Mutter zu besänftigen, musste Yolanda, welche sich nun endgültig Marienthal und den Dominikanern verpflichtet fühlte, zusammen mit ihrer Mutter nach Vianden zurückkehren.72 Hier lässt sich ein weiterer physischer Bruch mit der Realität ausmachen. Yolanda bittet nämlich um Folgendes: „ „Ei, edler Herr von Reuland [Kuno von Reuland73], erfüllt mir noch eine Bitte: nehmt ein Schwert, drum bitte ich, schlagt mir sofort den Kopf ab, bevor mir das Herzeleid geschehe, daß man mich von hier wegbringe.“ “74. Diese Passagen verdeutlichen nunmehr sehr gut, inwiefern sich der Bruch zwischen Mutter und Kind auf eine radikale Art und Weise vollzogen hat sowie durch die jeweiligen Aktionen vertieft wurde. 3.2.3 Schlussphase Nach erneuten Besuchen ihrer geistlichen Verwandtschaft (u.a. Lucia von Hochstaden), die Yolanda vom ihrem Wunsch abbringen sollten75, droht die Mutter mit einem Ultimatum: „Ihr müßt zwischen zwei Möglichkeiten wählen: Folget dem Mann [Walram II. von Monschau] 69
MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 53; RAPP/ ROSENBERGER, Margarethe (Anm. 9), S. 92-93. MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 181; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 85, V. 2225-2227: „sy sprach, sy můste ir kint gesn: wy des enmohte nyt geschyn, sy brente klôster unde stat.“. 71 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 86, V. 2237-2239 & 2246-2250: „ „entrûen“, sprach dy junge magt, „dy deile mir nyt vol behagt, und ich versagen beide (...) it is verlorn wat ir getryget umbe mich. bit mir it steit alsî dat ich enwil van hinnen nummermê gescheiden, wy mir dat ergê.“ “. 72 RAPP/ ROSENBERGER, Margarethe (Anm. 9), S. 92-93; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 324; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 80-81 & 92-93. 73 MILMEISTER, Yolanda (Anm. 1), S. 53. 74 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 93, V. 2590-2595: „ „ey, edle herre van Rûlant, důit eine bede noch durch mich: nemit ein swert, des biden ich, slêt mir dat hoivet ave alhy, ê mir dat herzeleit geschy, dat man van hinnen brenge mich.“ “. 75 MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 54; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 110-114. 70
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(...) oder Ihr werdet willig eine graue Nonne da zu St. Thomas (...)“76. Diese Entscheidung lag jedoch nicht länger bei Yolanda als ihr zukünftiger Gatte sich wegen der ständigen Unannehmlichkeiten gezwungen sah die Hochzeit abzusagen und stattdessen Jutta von Ravensburg zu ehelichen.77 Zuvor versucht Margarethe allerdings noch Yolanda zur Ehe mit Walram zu zwingen, indem sie damit droht beide zusammen einzusperren.78 Diesem erneuten Bruch mit der Realität entgegnet die Grafentochter jedoch nur: „Ihr könnt mich neben den Mann legen, solang ich Gottes Hilfe habe (...) wäre ich auch mit hundert Männern fest eingeschlossen, käme ich doch gar unberührt von dannen.“79. Dies sowie zwei weitere Brüche mit der Realität (Yolanda allein in einen Turm einzusperren80, sowie eine Morddrohung81) markieren langsam aber sicher das Ende der Veränderungen und Brüche, welche sich gegen die junge Grafentochter aus Vianden richteten. 3.3 Veränderungen und Brüche im Sinne Yolandas Wurden nun im vorigen Kapitel die Elemente, welche sich gegen Yolanda und ihren Wunsch stellten, hervorgehoben, so soll der kommende Teil der Arbeit die Veränderungen, welche im Sinne
Yolandas
geschahen,
herausarbeiten.
Diese
sollen
selbstverständlich
auch
chronologisch aufgeführt werden und somit beginnt die Dichtung ab hier wieder von vorne. 3.3.1 Yolanda und die Dominikaner Wie zuvor bereits sehr kurz aufgegriffen worden ist, war es u.a. Walther von Meysemburg, der die Geschehnisse im Sinne Yolandas beeinflusste und in ihr den Willen weckte sich sowohl den Dominikanern als auch Marienthal anzuschließen.82 Meysemburg betritt das erste Mal die Bühne, indem er in Vianden eine Messe hält. Yolanda trifft dort auch das erste Mal auf Meysemburg und gleich zu Beginn kommt die Frage nach 76
NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 118, V. 3773-3776: „ir můezt kysen under zwein: den manne volget, âr werdet gerne nunne grâ ze sente Thômase aver dâ (...)“. 77 MARGUE, Kloster (Anm. 34), S. 116-117; MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 54. 78 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 190; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 119, V. 3808-3811: „Ich werde dich öffentlich mit dem Mann in eine Kammer einschließen (...)“. 79 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 119, V. 3816-3817 & 3819-3821: „ir mogt mich legen bî den man: sô lanc ich got ze helfen han (...) wêre ich bit hundert manne noch besluzzen vast, ich soilde doch wol unbevlecket kumen dan.“. 80 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 190; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 120, V. 3851-3852: „Sie wollte die Tochter fangen lassen und ganz unten in den Turm werfen (...)“. 81 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 139, V. 4735-4737: „Nun urteilt und wählt: Ihr verliert das Leben, oder Ihr tut das, worum ich Euch bitte.“ “. 82 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 319; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 49-53. Seite 15 von 27
Yolandas zukünftiger Laufbahn auf: „ „Vielliebe Tochter, sage mir, liegt es noch in deiner Absicht (...) die du so bald in deiner frühen Kindheit hegtest, als du eine Nonne werden wolltest?“83. Walther, der sehr gut über die Familienverhältnisse Bescheid wusste, entgegnete Yolanda ebenso mehrmals, dass ihr einziges Problem die Mutter sei: „Wenn nur deine Mutter es will, so werden dein Herr und auch dein Bruder und auch der Bischof Konrad alle darin gute Hilfe geben.“.84 Letztlich gibt auch Meysemburg den sogenannten Startschuss für die Veränderungen, welche allesamt in Richtung der Dominikaner führen sollen. Dies indem er der Grafentochter, nach dessen ausführlicher Bitte, von seinem Orden und Marienthal erzählt85, sowie ihr anbietet sie in seinen Orden aufzunehmen: „Darin will ich ganz ein Bürge sein, daß ich dir den besten Orden geben werde. Willst du mir folgen?“86. Des Weiteren will Meysemburg auch die Mutter davon überzeugen, dass Marienthal der richtige Weg für Yolanda ist: „Da dies der gute Mann sah, daß sie [Yolanda] durch nichts abzubringen war, riet er der Mutter vertraulich, daß sie der Tochter gestatten sollte, in das Kloster zu gehen.“87. Dies änderte jedoch bekanntlich nichts an der Überzeugung der Mutter, dass Marienthal der letzte Ort sein sollte an dem ihre Tochter leben sollte. Ebenso lassen sich die beiden Reisen Margarethes nach Marienthal (wovon eine mit Yolanda unternommen wurde) als Veränderung in Richtung der Dominikaner interpretieren. Diese natürlich mit dem, für Yolanda negativen, Nebeneffekt, dass die dortigen Aktionen (Haare abschneiden, Orden beitreten, Kloster niederbrennen) den Bruch zwischen ihr und der Mutter nur noch verstärken.88 Allerdings wird auch gerade durch diese Aktionen deutlich, dass Meysemburg, welcher nunmehr als Hauptakteur für die Veränderungen in Richtung der Dominikaner auftritt, nicht um jeden Preis bereit ist Yolandas Wunsch zu verteidigen. So bittet er, um das Kloster und dessen Bewohner nicht zu gefährden, Yolanda letztlich doch mit ihrer Mutter zurück nach
83
NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 50, V. 553-557: „ „vil lyve dohter, sage mir, has du den willen noch bî dir, den du sô vrů begundes dragen bî dînen jungen kindelagen, dâ du eine nunne woldes sîn?“. 84 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 319; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 51, V. 581-584: „wilt aleine dîn můder, dîn herre und ôich dîn brůder und ôich der bischof Kůnrat, dy důnt des alle gůden rât.“. 85 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 319; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 50-51. 86 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 52, V. 626-628: „des ich wil ganz ein burge sîn, dat ich den bestern orden dir sol geen. wilt du volgen mir?“. 87 Ebd. S. 62, V. 1102-1106: „dâ dit der gůde man gesach, dat sy enkunde wanken nyt, der můder her bit trûen ryt, dat sy dy dohter woilde lân bit willen in dat klôster gân.“. 88 Vgl. hierzu: Kapitel 3.2.2 Der Streit eskaliert. Seite 16 von 27
Vianden zu gehen: „Nun scheint mir, und das ist mein Rat, daß du sehr wohl ohne Fehltritt mit deiner Mutter ziehen kannst.“.89 Nach nun mehreren Konflikten zwischen Mutter und Tochter90 soll letztlich eine weitere hohe Persönlichkeit des Dominikanerordens die Problematik zwischen Margarethe und Yolanda beenden und eine Veränderung zugunsten der Mutter herbeiführen. Die Rede ist von Albertus Magnus.91 Dieser traf zusammen mit Meysemburg in der Viandener Grafenburg Schönecken in der Eifel ein und sollte Yolanda von ihrem Vorhaben abbringen. Er bot ihr einen päpstliche Dispens (Erlass) sowie die damit verbundene Möglichkeit eines Probejahres in einem anderen Orden an.92 Beides lehnte Yolanda ab und erreicht es, dass sogar Albertus Magnus, der eigentlich angetreten war um Yolandas Wünsche abzuändern, ihrem Vorhaben zustimmt: „Will man bei Gott bleiben, so soll man sie nicht zu etwas zwingen, was ihr doch gegen das Innerste geht.“ 93 . Somit fand eine weitere Veränderung in Richtung der Dominikaner statt und Yolanda sieht sich letztlich sogar noch in der Lage ihren wiederholten Ordenseintritt von Magnus zu fordern: „Gebt mir das Ordenskleid und den Schleier. Den will ich zum zweiten Mal empfangen. Ich habe die professio getan, die will ich wieder gleich tun und will mich von Eurer Hand aufnehmen lassen (...)“94. 3.3.2 Yolandas Entscheidung wird akzeptiert Bevor die Mutter das Vorhaben von Yolanda letztlich billigt, entscheidet sich der Familienrat und letztendlich auch der Vater95 kurz vor Ende der Erzählung im Sinne Yolandas: „Die Beratung kam zum gemeinsamen Beschluß, daß es allen besser schien, daß man das junge Mädchen in das Kloster täte, wohin sie sich versprochen hatte (...)“96. Die Mutter aber blieb standhaft dagegen.97 Erst als Walther von Meysemburg sich ein weiteres Mal einschaltet und der Mutter droht: „Eurem Kind (...) das Ihr von Gottes Ort entfernt habt. Damit sündigt Ihr 89
NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 91, V. 2489-2491: „nû dunkeit mich und is mîn râit, dat du wol sunder missedâit bit dîner můder varen maht.“. 90 Vgl. hierzu: Kapitel 3.2.2 Der Streit eskaliert & 3.2.3 Schlussphase. 91 MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 53; KÜBEL, W. [u.a.], Artikel „A. Magnus“. In: LexMa Bd. 1. (9 Bde.) München 2003, Sp. 294-299; HEILIGENLEXIKON.DE, Albertus Magnus. Online: http://goo.gl/A9HUqn (Stand: 19.05.14); NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 107. 92 MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 53-54; MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 12 & 312-314; RAPP/ ROSENBERGER, Margarethe (Anm. 9), S. 96; NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 108-109. 93 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 109, V. 3352-3355: „wilt man bit gode varen dan, sô ensol man sy nyt twingen zů keiner hande dingen, dat ir doch wider herze sî.“ “. 94 Ebd. S. 112, V. 3462-3466: „get mir den orden und den wîl. den wil ich anderwerve entfân. ich hân professio gedân, dy wil ich aver al zehant důn und enfân van ûrer hant (...)“. 95 Ebd. S. 149-158. 96 Ebd. S. 132, V. 4417-4421: „der râit gemeine dâ gesaz, dat sy dat alle duhte baz, dat man dy maget junge dêde in dy samenunge aldar sy was begeven (...)“. 97 Ebd. S. 132, V. 4424 ff. Seite 17 von 27
gegen sein Gebot. Geht in Euch und fürchtet Gott!“98, beschließt sie Yolanda ziehen zu lassen und ihr eigenes Vorhaben aufzugeben. Schließlich erreicht Yolanda ihr Ziel und die gesamten Veränderungen und Brüche haben zur Erfüllung ihres Wunsches beigetragen. Dies verdeutlicht die Dichtung mittels einer groß aufgetragenen Hochzeit zwischen der nunmehr als Gottesbraut bekannten Yolanda und Gott selbst. Die Mutter berichtet: „Nun muß sie von mir gehen: Der himmlische König [Gott] will sie haben. (...) So ging die gute Reine auf den edlen Bräutigam zu, nach dem sie so lange gekehrt hatte (...)“.99 3.4 Elemente/Symbole der Veränderung Nach der detaillierten Beschreibung und Interpretation der Veränderungen und Brüche im CM bleibt noch die Herausarbeitung der wichtigsten Elemente/Symbole, die eine Veränderung, respektiv einen Bruch verdeutlichen sollen. 3.4.1 Kleidung und Mahlzeiten Einerseits nutzt der Autor des CM mehrmals Kleidung100 um den Bruch zwischen Yolandas weltlichem und geistlichem Leben zu versinnbildlichen. So trägt Yolanda nach ihrem Ordensbeitritt in Marienthal das Ordenskleid der Dominikaner.101 Dieses will sie zu Hause in Vianden jedoch nicht sofort aufgeben und es ist die Mutter, welche sich des Kleides bemächtigt und es über die Mauer wirft: „(...) die Mutter behielt das Gewand. Sie nahm, sie warf es sogleich über die Mauer. (...) Da blieb das junge Mädchen nackt.“102. Gleich darauf soll Yolanda als Zeichen ihrer weltlichen Zugehörigkeit wieder weltliche Kleidung tragen: „Die Mutter kam und so geschah es, daß man sie mit Gewalt mit vielfältigem weltlichem Putz kleidete (...)“103. Gegen Ende der Erzählung verdeutlicht Margarethe dann selbst noch ein Mal den Stellenwert der Kleidung und unterstreicht diesbezüglich den Bruch zwischen Yolanda und der weltlichen Umgebung in der sie lebte: „Die Mutter aber rief grimmig:
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Ebd. S. 145, V. 5041-5044: „ûrme kinde, dat ir hat genumen ûz van godes stat? Dâmit ir brechet sîn gebot. bedenket ûch und voertet got!“. 99 Ebd. S. 161, V. 5764-5765 & 5794-5796: „nû můz sy van mir scheiden: der himele kuninc wilt sy han. (…) Sus gync dy gůde reine engên den brûdegoime wert, des sy sô lange hatte begert (…)“. 100 MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 240-245. 101 Vgl. hierzu: Kapitel 3.2.2 Der Streit eskaliert. 102 NEWTON/ LÖSEL, Yolanda (Anm. 4), S. 96, V. 2735-2738: „der můder wart y dat gewant. sy nam, sy warf it al zehant uver dy mûre. (...) dâ bleif dy junge maget blôz.“. 103 Ebd. S. 97, V. 2752-2754: „dy můder quam, und dat geschach. dat man sy kleidet bit gewalt bit wereltzyrden manichvalt (...)“. Seite 18 von 27
„Jungfrau, wollt Ihr mir nicht folgen, dann zieht die Kleider aus, die ihr tragt: Sie gehören mir.“104. Andererseits wird deutlich, dass die Mahlzeiten 105 ebenso als wichtiges Element der Veränderung sowie des Kontrastes zwischen dem Leben in Vianden und dem Leben in Marienthal auftreten. Während Yolanda darauf wartet, dass ihre Mutter mit luxemburgischen Lehnsmännern nach Marienthal zurückkehrt um sie von dort wegzubringen 106 , nimmt Yolanda eine Mahlzeit im Kloster zu sich: „Die Nonnen gingen Essen. Als man sich niedergesetzt hatte, war die schlechte Speise sehr armselig, der Trank schlecht, das Brot war grob. Aber die Gute aß mit Freude. Die süßen Speisen, die sehr gute Kost, die sie in Vianden (...) genoß, wurden sehr bald vergessen.“.107 3.4.2 Gott und der Teufel Letztlich bleibt Gott und der Teufel ein noch hervorzuhebendes Element der Veränderung sowie des Bruches. Gott tritt, etwa 10 Mal sowohl als Katalysator, Indikator und Urheber der Veränderungen Yolandas hin zu den Dominikanern, als auch als direkter Gegenspieler der Eltern auf. Sei dies als derjenige, welcher sie zu seiner Braut erwählt hat108, als derjenige der allein über ihre Zukunft entscheidet109 oder als derjenige für wen sie den Streit begonnen hat110. Der Teufel hingegen tritt nur 3 Mal auf und dies jedes Mal in direkter oder indirekter Verbindung zur Mutter und deren Zielsetzung: „Was immer man auch tut der böse Feind wacht und er schläft niemals (...)“111. Hier liegt die Überlegung nahe, dass hiermit der Teufel, sowie im übertragenen Sinn die Mutter gemeint ist. Schließlich taucht der Begriff Teufel selbst ebenso ein erstes Mal auf. Hier als Auslöser des Zornes der Mutter: „Der Teufel schlief
104
Edb. S. 121, V. 3902-3905: „dy můder âr bit grimme ryf: „juncfrôiwe, enwilt ir nyt bit mir, sô zyt dy kleider ûz dy ir dâ draget ane: sy sint mîn.“. 105 Ebd. S. 250-251. 106 Vgl. hierzu: Kapitel 3.2.2 Der Streit eskaliert. 107 Ebd. S. 89, V. 2385-2393: „dy nunnen gyngen ezzen. sô man nu was gesezzen, dy spîs kranc was uver hof, der dranc was hart, dat brôt was grof. doch as dy gůde bit gelost. der sůzen spîsen, dûre kost der sy plach zů Vîanden (...) vil balde wart vergezzen.“. 108 Ebd. S. 49, V. 475-479 & 486-487: „Derjenige, der alle Dinge aus Nichts geschaffen hat und alles mit so gutem Maße an seine Stelle setzen kann, der (...) will (...) sie zur Braut haben.“. 109 Ebd. S. 71, V. 1540-1549: „Ich habe den deutlichen Willen, daß ich ins Kloster gehen will. Über den Orden und das Leben wird Gott entscheiden, hoffe ich, und mich zum Besten führen, denn ich habe es wohl überlegt. Das will ich ihm ganz überlassen: Er soll darin immer mein Führer sein: Wohin er auch will, dahin will auch ich.“ “. 110 Ebd. S. 79, V. 1941-1943: „Ei, süßer Gott, nun gib du Rat: Die Gute hat dir zum Preise den Streit gut begonnen.“. 111 Ebd. S. 70, V. 1483-1485: „Wat unman anders machet, der leide vîant wachet und her enslêfet nunmermê (...)“. Seite 19 von 27
dabei nicht: Er schürte die Brände des Zornes. Die Mutter rang die Hände. Ihr Zorn wuchs immer stärker (...)“112. So auch hier als derjenige, der ihr in Person ihrer Mutter Schaden will: „Der Teufel, Gott weiß, waffnet sich schnell dir zu Schaden. Nun mußt du wieder in den Kampfesplatz treten, dort wartet deine Mutter auf dich (...)“113. Beide, sowohl Gott als auch der Teufel werden im CM an manchen Stellen also bewusst als Element (Auslöser, Urheber, usw.) der Veränderung, respektiv des Bruches benutzt.
112
Ebd. S. 80-81, V. 1992-1995: „dâ bî der dûvel nyt enslyf: er schylt des zornes brende. dy můder want ir hende. ir zorn der wůs y vaste (...)“. 113 Ebd. S. 82, V. 2072-2075: „der dûvel vaste wâpent sich ûf dînen schaden, godeweiz. nû můst du wider in den kreiz, des wardet dâ dy můder dîn (...)“. Seite 20 von 27
4. Historiographie In Bezug auf die seit 1999114 regelrecht explodierende Anzahl an Werken, welche sich der Thematik „Yolanda von Vianden“ und/oder „Codex Mariendalensis“ widmen, wäre es ohne weiteres möglich eine größere Abschlussarbeit über diese Historiographie zu verfassen. Da der Rahmen dieser Arbeit jedoch etwas geringer ausfällt, dieser Themenpunkt dennoch wichtig ist, soll der folgende Teil der Arbeit wenigstens einen kurzen Überblick bezüglich der genannten Thematik in Verbindung zur Fragestellung „Veränderungen und Brüche im CM“ verschaffen. In erster Linie ist es Angela Mielke-Vandenhouten, welche mit ihrer Dissertation aus dem Jahre 1989, also noch vor der Wiederauffindung des CM, ein Werk mit bisher nicht vorhandener Detailtreue ausgearbeitet hat. Sie greift beinahe jeden einzelnen Themenpunkt (Rezeption, Überlieferung, Sprachliche Einflüsse, usw.), der mit der Yolanda-Dichtung in Verbindung steht, auf und analysiert diesen ausführlich.115 Deutlich interessanter für die hier vorliegende Arbeit ist jedoch Mielkes gewählter Titel „Grafentochter-Gottesbraut“ und die daraus resultierende Aufteilung ihrer Dissertation. Demnach beschreibt sie indirekt, also ohne, dass dies das erklärte Ziel ihrer Arbeit ist116, die Entwicklung Yolandas von der Grafentochter hin zur Gottesbraut. Dies inkl. einer detaillierten Darstellung der jeweiligen Rahmenhandlungen. Eine solche Beschreibung kommt der Aufgabenstellung, der hier vorliegenden Arbeit sehr nahe und zeigt deutlich wie sehr die Yolanda-Dichtung vom Prinzip der Veränderung sowie des Bruches geprägt ist. Sowohl Yolandas Erlebnisse als Grafentochter117, als auch diejenigen, welche sie dem von ihr gewünschten Typus der Gottesbraut 118 näher bringen, sind wesentlicher Bestandteil der Mielke Dissertation und sind somit sehr gut dem Thema „Veränderungen und Brüche im Spätmittelalter“ kombinierbar. Backes sieht dies in ihrer Beschreibung über MielkeVandenhouten in etwa ähnlich.119
114
Vgl. hierzu: Anm. 30. MIELKE-VANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 3), S. 7-9. 116 Das erklärte Ziel ihrer Arbeit ist es „(...) die verstreuten und zum Teil recht alten Informationen zur Dichtung und Geschichte von Yolande [zu] sammeln und [zu] aktualisieren.“ Zudem „(...) sollen auf dieser Grundlage zu unterschiedlichen Aspekten des Werk[e]s Interpretationsansätze angeboten werden, die zu einer weiteren Beschäftigung mit dem Text und seinen Bedingungen anregen mögen.“. Vgl. hierzu: MIELKEVANDENHOUTEN, Grafentochter (Anm. 5), S. 21. 117 Vgl. hierzu: Kapitel 3.2 Veränderungen und Brüche „gegen“ Yolanda. 118 Vgl. hierzu: Kapitel 3.3 Veränderungen und Brüche im Sinne Yolandas. 119 BACKES, Yolanda (Anm. 5), S. 14. 115
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Des Weiteren zeigt das Werk von Alexander Wiltheim selbst, dass der Autor eine Veränderung mittels seiner Vita Venerabilis Yolandae herbeiführen wollte. Diesbezüglich wurde bereits erwähnt, dass Wiltheim eventuell durch seine lateinische Fassung der Vita Yolandae eine Heiligsprechung Yolandas im Sinne hatte.120 Einen Grund für diese Zielsetzung könnte eventuell die Geschichte um Marienthal selbst liefern. Im 17. Jahrhundert (1637) befand sich das Kloster, welches um 1260 etwa 120 Nonnen zählte und somit in seiner Blütezeit stand, in einer Krise. 1637 beherbergte das Kloster nahe Mersch lediglich 6 Nonnen und stand kurz vor dem Ende.121 Um nun dem Kloster wieder neuen Glanz zu verleihen schrieb Wiltheim seine Vita Yolandae und beschreibt seinen Reformwunsch sogar selbst: „(...) Euch aber, meinen Damen [Nonnen des Klosters Marienthal], biete ich Yolanda dar, verbunden mit meinen Gebeten, dass Euer Marienthal, das zunächst aus ärmlichen Anfängen entstand, dann durch Yolanda zum Glanz aller sittlichen Vollkommenheiten emporgehoben wurde, wiederum durch Euch und mit Euch in jenem allerschönsten Lichte ohne Ende wachsen möge.“122. Die Thematik der Veränderungen und Brüche lässt sich somit auch in der rezenten (MielkeVandenhouten) und weniger rezenten (Wiltheim) Historiographie wiederfinden.
120
Vgl. hierzu: Anm. 9. MILMEISTER, Yolanda (Anm. 16), S. 56; HEYART, Kloster (Anm. 37), S. 13. 122 NEWTON/ BERG, Wiltheim (Anm. 5), S. *13: „(...) Hac ergo eis relicta cura, Yolandam vobis, dominae, sisto, cum votis, ut vestra Mariae Vallis a tenuibus primum exorta initiis, provecta deinde per Yolandam ad virtutum omnium splendorem, per vos deinceps et cum vobis in ea pulcherrima luce sine fine crescat.“. 121
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SCHLUSSFOLGERUNG Den Beginn der Arbeit markierte eine, dem Rahmen dieser Arbeit entsprechende, Kontextualisierung der Hauptquelle (CM) sowie der Hauptprotagonistin (Yolanda). Dies war essentiell um die darauffolgenden Kapitel einordnen zu können und dem gesamten Aufbau eine gewisse Struktur zu verleihen. Nach dieser Kontextualisierung sowie der nachfolgenden Ausarbeitung und Kategorisierung der im CM auffindbaren Veränderungen und Brüche im Leben der Yolanda von Vianden, lässt sich eine abschließende Schlussfolgerung ziehen, welche ohne Weiteres ein Antworten auf die in der Einleitung präsentierten Fragen ermöglicht. Festzuhalten bleibt also, dass sich mittels des CM zahlreiche Veränderungen und Brüche präsentieren und thematisieren lassen. Diese sind in erster Linie in Brüche, welche sich gegen den Wunsch der Grafentochter richten, sowie in Veränderungen, welche eher im Sinne Yolandas geschehen, einzuteilen. Die auffindbaren Veränderungen lassen sich generell, allerdings nicht für jede Situation, als eher ruhigere und weniger radikale Ereignisse (Gespräche, Ratschläge, usw.) klassifizieren. Brüche, welche deutlich vermehrt im CM auftreten, bilden jedoch das Kernelement der Auseinandersetzungen zwischen Yolanda und ihrer Mutter. Diese Brüche sind meist radikaler und physischer, aber auch mentaler Natur und treten in unterschiedlicher Härte auf. So beginnt Yolanda u.a. die Geschichte mit ihrem persönlichen Bruch mit der „Welt“123 sowie ihrer verbalen Ablehnung gegenüber jeglicher weltlichen Verpflichtung
124
. Dies steigert sich letztlich bis hin zu physischen
Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter (Haare abschneiden 125 , gedrohte Klosterniederbrennung126, usw.). Ebenso lassen diese Veränderungen und Brüche interessante Schlüsse zu. Zum einen zeigen die ruhigeren und weniger radikalen Veränderungen und Brüche deutlich, dass die meisten Protagonisten auf eine mehr oder weniger friedliche und verbale Lösung des Konfliktes zielen. Wiederum andere Brüche, seien diese verbaler oder physischer Natur zeigen sehr deutlich, dass weder Margarethe noch Yolanda dazu bereit sind an ihrem Standpunkt etwas zu ändern. Yolanda geht sogar soweit und nimmt mehrfach den Tod in Kauf oder sieht diesen sogar als Lösung an.127 123
Vgl. hierzu: Anm. 47. Vgl. hierzu: Anm. 51 & 57. 125 Vgl. hierzu: Anm. 66. 126 Vgl. hierzu: Anm. 70. 127 Vgl. hierzu: Anm. 71 & 73. 124
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Noch offene Forschungsfragen bleiben selbstverständlich auch nach dieser Arbeit vorhanden. So würde auch die Thematik um Veränderungen und Brüche im Leben der Yolanda von Vianden bereichert werden, wenn es der Forschung gelingen würde, herauszufinden warum sich gerade die Mutter später auch für den Eintritt in das Kloster nahe Mersch entscheidet. Eine Antwort auf diese Frage würde man jedoch nicht im CM finden, denn der Autor hat sich dazu entschieden seine Erzählung mit dem Klostereintritt von Yolanda zu beenden. Schließlich hat diese Arbeit nunmehr gezeigt, dass die Thematik um die Grafentochter aus Vianden, bedingt durch die Vielzahl an rezenten Publikationen, eine sehr aufschlussreiche ist und die Geschichte an sich bereits eine Erzählung von Veränderungen und Brüchen ist. Dies zeigte auch in weiten Teilen die analysierte Historiographie. Das Thema eignete sich also perfekt für eine solche Arbeit.
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ANHANG Abkürzungsverzeichnis •
CM = Codex Mariendalensis
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Internetressourcen •
HEILIGENLEXIKON.DE, Albertus Magnus. Online: http://goo.gl/A9HUqn (Stand: 19.05.14).
Abbildungsverzeichnis •
Abb. 1: NEWTON, Gerald/ BERG, Guy (Hg.), Alexander Wiltheim - Vita Venerabilis Yolandae. Lateinischer Text mit englischer und deutscher Übersetzung (Beiträge zur luxemburgischen Sprach- und Volkskunde Nr. 35, Sonderforschungsreihe Language and Culture in Medieval Luxembourg, Bd. 4). Luxemburg 2007.
Weiterführende Informationen •
DU FAYS, Dominique, La maison de Vianden. Des origines à 1337. Liège 1985.
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