Archäologische Arbeitsgemeinschaft Ostbayern/West- und Südböhmen Archeologická pracovní skupina východní Bavorsko/západní a jižní Čechy
16. Treffen 21. bis 24. Juni 2006 in Plzeň-Křimice
Separatum
Verlag Marie Leidorf GmbH • Rahden/Westf. 2007
Herausgeber: Miloslav Chytráček, Jan Michálek, Michael M. Rind, Karl Schmotz Redaktion: Jan Michálek, Michael M. Rind, Karl Schmotz PC-Satz: Thomas Link & Ulrike Lorenz-Link GbR, Margetshöchheim
© 2007 Verlag Marie Leidorf GmbH, Geschäftsführer: Dr. Bert Wiegel, Stellerloh 65, D-32369 Rahden/Westf.- Tel.: +49/(0)5771/9510-74; Fax: +49(0)5771/9510-75 E-Mail:
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ISBN 978-3-89646-211-4 ISSN 1438-6631
Auflage: 150
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Der Burgstall von Pfaffstätt im südlichen Innviertel Nachrichtenlose Burgen des ausgehenden Frühmittelalters in Oberösterreich Marianne Pollak „In diesem Walde sind Erscheinungen, die nicht umgangen werden können.“ H. v. Preen (1854–1941)
Das oberösterreichische Innviertel, im Westen von Salzach und Inn, im Norden von der Donau begrenzt, war im Frühmittelalter Teil des Herzogtums Baiern. Die heutige politische Gliederung spiegelt für den Norden die Zugehörigkeit zum Rottachgau, für den Süden zum Mattiggau und Attergau wieder. Der in Ranshofen, dem Zentrum des historischen Mattiggaus, ansässige Hugo von Preen war einer der Pioniere der oberösterreichischen Ur- und Frühgeschichtsforschung (Pollak/Stelzl 1993, 203–204). Neben zahlreichen Bergungen und Grabungen, die er teilweise gemeinsam mit Josef Straberger durchführte, zeichnete eine archäologische Karte seines Forschungsgebietes. Diese Unterlagen bildeten die Basis einer durch die Abteilung für Bodendenkmale in den Jahren 1985 bis 1992 durchgeführten systematischen archäologischen Landesaufnahme (Pollak/Stelzl 1993). Zu den dabei faszinierendsten Aspekten gehört der ungewöhnlich große und gut erhaltene Bestand von Geländedenkmalen. Von befestigten urzeitlichen Höhensiedlungen über Hügelgräber, Wölbackerfluren und Altstraßensysteme bis hin zu neuzeitlichen Vogelherden und Schanzwerken sind alle Kategorien vertreten. Das Nord-Süd streichende Mattigtal wird im Westen vom Siedelberg, im Osten vom Kobernaußerwald begrenzt. Seine Ebene ist gekennzeichnet durch die vielarmige Mattig und ihre Seitengerinne. Das Tal ist eine der ältesten und wichtigsten Verkehrslinien zwischen dem inneralpinen Raum mit seinen Kupfer- und Salzlagerstätten und Niederbayern. Diese Kommunikationsfunktion ist bereits für die Ältere Eisenzeit nachweisbar (Egg 1985 a). Der Burgstall Pfaffstätt (Pollak 2005; Abb. 16 Nr. 1) liegt auf der Höhe des Siedelberges. Im Westen sind ihm drei Hügelgräbergruppen der Stufe Ha C vorgelagert. Ihr Fundmaterial wurde 1985 durch Markus Egg (Egg 1985 b) vorgelegt. Die Gegenüberstellung des ersten Geländeplanes (Abb. 1) mit der modernen geodätischen Vermessung (Abb. 2) zeigt, dass um 1900 bereits recht verlässlich gearbeitet worden ist. Besonders hinzuweisen ist auf die Zisternen auf dem Siedlungsplateau, da sie wesentliche Merkmale für Burgställe des ausgehenden Frühmittelalters darstellen. Die Dimensionen der Wälle und Gräben machen den Burgstall Pfaffstätt zu einer der größten bekannten frühmittelalterlichen Befestigungen in Österreich. Rund 200 Meter im Westen vorge lagert ist eine äußere Sperranlage (Abb. 3). Diese ist als Eingangsbereich einer Verhaagung zu interpretieren und diente offenbar der Absicherung des Altweges, der zum nächst gelegenen Ort an der anderen Seite des Siedelberges führt. Die Interpretation der im Grundriss lang-ovalen Hügel als Teil einer Sperranlage ist gut abzusichern, da sie 1888–1890 durchgraben wurden, ohne irgendwelche
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Abb. 1: Burgstall Pfaffstätt (Gem. Pfaffstätt, VB Braunau am Inn), Geländeaufnahme 1911. Planarchiv Bundesdenkmalamt, Abt. f. Bodendenkmale.
Hinweise auf Bestattungen zu ergeben. Sie unterscheiden sich damit sowohl im Grundriss als auch im Befund von den benachbarten Hügelgräbern. Obwohl ein Zusammenhang mit den hallstattzeitlichen Hügelgräbern und damit eisenzeitliche Datierung nahe liegend wäre, sprachen seit jeher mehrere Faktoren für frühmittelalterliche Datierung der Befestigung. Es handelt sich um drei maßgebliche Gründe: 1. Das allgemeine Erscheinungsbild selbst mit der äußeren Sperranlage. 2. Der Flurname Burgstall, der im Innviertel niemals an urzeitlichen Anlagen haftet. 3. Die historische Quellenlage mit sehr frühen urkundlichen Nennungen. Diese können zwar nicht mit dem Burgstall in Verbindung gebracht werden, zeigen aber, dass hier schon im 8. Jahrhundert bedeutende Siedlungsschwerpunkte bestanden: Der Ort Pfaffstätt wird 796 „in illa (sic!) loco Phaphsteti in pago Mattagaue in loco qui dicitur Papsteti super fluvio Matucha“ in den Passauer Traditionen erstmals genannt. Das benachbarte Auerbach an der anderen Seite des Siedelberges ist 868 in loco qui dicitur Vrpahc erwähnt. Um 1985 barg ein Gerätesucher eine Reihe von Metallfunden. Er übte in der Folge tätige Reue und übergab das Fundgut dem Gemeindeamt Auerbach, wo es in Vitrinen ausgestellt und allge-
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Abb. 2: Burgstall Pfaffstätt. Vermessungsplan 1985, Vermessungsabteilung der oberösterr. Landesbaudirektion.
mein zugänglich ist. Obwohl die Anlage nicht archäologisch untersucht ist, liegt die Vermutung nahe, dass das Fundspektrum auch die Bestandszeit der Burg reflektiert. Es handelt sich dabei um ein charakteristisches Ensemble des 9. und 10. Jahrhunderts, das neben Haushaltsgegenständen auch Objekte umfasst, die auf das gehobene soziale Milieu ihrer Besitzer schließen lassen. Besonders auffallend ist eine Anzahl von Riemenbeschlägen, die von Gürteln oder vom Pferdegeschirr stammen. Dazu kommen ein vollständiger und ein fragmentierter Nietplattensporn des späteren 9. und frühen 10. Jahrhunderts (Abb. 4–6).
Abb. 3: Burgstall Pfaffstätt, äußere Sperranlage, Foto M. Pollak.
Ein Schlaglicht auf das mögliche Ende der Burg werfen die Pfeilspitzen (Abb. 7). Neben den all gemein gebräuchlichen mitteleuropäischen Formen fällt eine ganze Serie von Typen mit rhombischem Blatt auf, die als eindeutig ungarische Hinterlassenschaften gedeutet werden können. Es handelt sich um die ersten derartigen Nachweise in Oberösterreich und die bisher westlichsten des Bundesgebietes.
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Abb. 4: Burgstall Pfaffstätt, Zierbeschlag mit Resten von Vergoldung. Zeichnung M. Pollak.
Abb. 6: Burgstall Pfaffstätt, Sporn. Foto M. Pollak.
Abb. 5: Burgstall Pfaffstätt, Zierbeschlag mit Silbertauschierung. Zeichnung M. Pollak.
Abb. 7: Burgstall Pfaffstätt, ungarische Pfeilspitzen. Foto M. Pollak.
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Abb. 8: Burgstall beim Maier unter der Leithen (Gem. Lochen, VB Braunau am Inn), Geländeaufnahme um 1900. Planarchiv Bundesdenkmalamt, Abt. f. Bodendenkmale.
Die Bedrohungen durch die Ungarn gehören zu den bekannten Topoi in Zusammenhang mit aus dem Osten kommenden Reitervölkern. Auch das Innviertel bildet da keine Ausnahme. Seit dem 19. Jahrhundert werden vor allem in der heimatkundlichen Literatur sämtliche urkundlich nicht belegten Befestigungen – einschließlich der urzeitlichen Ringwallanlagen – stereotyp als ungarn zeitlich angesprochen. Zitiert sei der dafür maßgebliche Text aus der Feder des Mattighofener Landrichters Andreas Seethaler (Sonntag 2000), der 1827 die ersten Überlegungen zur historischen Entwicklung im Innviertel verfasste: „Allein 906 zum ersten Mahle brachen die Ungarn oder Madjahren von den Wolgasteppen kommend, über die Enns in Baiern ein, und stürmten sogar bis Ötting, das dortige Kloster, wie überhaupt alle christlichen Kirchen und Klöster mit Mord und Brand verheerend, das Gelände unserer Mattich vorüber, …Oft wiederholte dieses Reitervolk seine Einfälle in Baiern, durch Raub, Mord und Brand alles zerstörend, denn seine Schar schwelgte auf den Leichnamen der Erschlagenen, soff ihr Blut und fraß ihre Herzen als Leckerbissen. Ein größerer Heereshaufen dieser Barbaren drang damals sogar bis Mattsee, und legte dort das Kloster der Mönche und Nonnen in Asche. Auch die königliche Pfalz in Mattichhofen ward ihrem Brandmuth zur Beute“.
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Abb. 9: Burgstall Ahberg (Gem. St. Georgen im Attergau, VB Vöcklabruck), Vermessungsplan 1996, Vermessungsabteilung der oberösterr. Landesbaudirektion.
Seethalers drastische Schilderungen halten dem heutigen historischen Wissen nicht mehr stand. Der angebliche Kannibalismus spiegelt Lesefrüchte von Reisebeschreibungen und Expeditionsberichten. Vor allem die oft drastisch geschilderten aztekischen Herzopfer mögen den allgemein interessierten und belesenen Landrichter stark beeindruckt haben. Der Burgstall bei Pfaffstätt ist zwar die größte, nicht aber die einzige derartige Befestigung in Ober österreich (Pollak 2005, 668–670). Ebenfalls im Mattigtal, wenige Kilometer nördlich von Pfaffstätt, liegt der „Burgstall beim Maier unter der Leithen“ (Pollak/Stelzl 1993, 209–210; Abb. 16 Nr. 2; Abb. 8). Der zum Mattigtal weisende Sporn war allerdings schon zu Preens Zeiten durch einen Steinbruch zerstört, so dass wir keine Angaben zur Befestigung des Plateaurandes haben. Unmittelbar benachbart ist eine Wölbackerflur. Solche Flurrelikte bilden integrierende Bestandteile der Kulturlandschaft im westlichen Oberösterreich und werden in Zusammenhang mit dem Schlossberg Hart nochmals begegnen. Südwestlich von St. Georgen im Attergau liegt der Ahberg (Pollak 2005, 668–669; Abb. 16 Nr. 3, Abb. 9) mit seiner weithin sichtbaren Johanneskapelle, die 1911 über der Ruine ihres roma-
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nischen Vorgängers errichtet wurde. Der Ort St. Georgen selbst gelangte erst ab dem Hochmittelalter zu einiger Bedeutung, als die Bamberger Bischöfe ihre Hofmark Attersee ins Hinterland verlegten. Mit der Ahbergkapelle durch einen gut ausgeprägten Altweg verbunden ist eine erst 1993 entdeckte Abschnittsbefestigung. Der zum Agertal vorspringende Sporn wird durch ein doppeltes Wall- und Grabensystem abgeriegelt. Die Südseite ist von einer Palisadenstufe geschützt, die Ostseite durch eine Hangrutschung stark verändert und daher nicht mehr zu beurteilen. Der Burgstall besitzt keine Lokalbezeichnung. Auch diese Befestigung steht nicht allein, sondern hat ein Pendant nördlich des Attersees. Sehr viel kleiner als die oben genannten, hat sie aber der benachbarten Ortschaft Burgstall (Abb. 16 Nr. 4) den Namen gegeben. Am Fuß der Wehranlage verläuft einer der markantesten Altstraßenzüge Österreichs (zuletzt Pollak 2005, 669–670; Abb. 12–15). Die als Loh- oder Säumerweg bezeichnete Trasse (Abb. 10) wird vom Überschwemmungsgebiet der Ager Abb. 10: Lohstraße oder Samerweg durch einen Wall getrennt. Sie entstand durch Entnahme (Gem. Regau, VB Vöcklabruck). Foto M. Pollak. von Erdmaterial am Hangfuß, wobei der Aushub flussseitig auf den stehen gebliebenen Erdkern als Wall aufgeschüttet wurde. Die Straße war bei der ersten Flurvermessung bereits teilweise abgekommen, wie die Parzellierung der an der Ager liegenden Wiesen zeigt. Heute ist sie nur noch in den durch Wald verlaufenden Bereichen gut sichtbar erhalten. Die Route führt von einem Fluss-Übergang bei der Kirche Maria Schöndorf nächst Vöcklabruck, am Fuß des Burgstalles entlang und unterhalb des Ahberges vorbei weiter nach Mondsee, dem um die Mitte des 8. Jahrhunderts gegründeten Hauskloster der Agilolfinger (zuletzt Kaltenegger 2003, 496). Mehrere Teilstrecken der Straße sind heute noch als Nebenstraßen oder Wanderwege erhalten. Die Straße galt seit ihrer Entdeckung als „Römerstraße“, was aber weder durch datierende Funde (vgl. Pollak 2005 b) noch durch Fundstellen in ihrem Umfeld abzusichern ist. Ihr Zusammenhang mit frühmittelalterlichen Zentralorten des Attergaus spricht aber eine recht deutliche Sprache. Zu den Abschnittsbefestigungen in Spornlage kommt noch ein weiterer Typus, der weitläufige Plateaus abriegelt und sich vor allem im nördlichen Innviertel, dem Rottachgau und Einflussgebiet der Passauer Bischöfe findet. Obwohl für keine der Anlagen archäologische oder urkundliche Daten vorliegen, sprechen Flurnamen und einzelne Merkmale für Datierung ins ausgehende Frühmittelalter. Am Antiesenberg (Pollak/Rager 2001, 361; Abb. 16 Nr. 5; Abb. 11) wird ein steil zur Antiesen und der Innhochterrasse abfallendes Plateau durch ein doppeltes Wall- und Grabensystem begrenzt. Auf dem Plateau zeichnet sich eine Senke als Hinweis auf eine Zisterne ab. In diese Reihe gehörte offenbar auch der heute gänzlich zerstörte Neuhauser Burgstall (Pollak/Rager 2001, 361; Abb. 16 Nr. 6; Abb. 12), der nur in einer Skizze von Pfarrer Johann Lamprecht über liefert ist. Er befand sich unmittelbar am rechten Innufer am Eingang der Vornbacher Enge.
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Abb. 11: Burgstall Antiesenberg (Gem. Antiesenhofen, VB Ried im Innkreis), Vermessungsplan 1999. Vermessungsabteilung der oberösterr. Landesbaudirektion.
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Abb. 12: Neuhauser Burgstall (Gem. Wernstein am Inn, VB Schärding), Foto einer Planskizze J. Lamprecht um 1880, Ortsakten Bundesdenkmalamt. Abt. f. Bodendenkmale.
Die dritte derartige Befestigung liegt hoch oberhalb des linken Donauufers unterhalb der Schlögener Schlinge. Sie trägt heute die Lokalbezeichnung Niedernburg, im 16. Jahrhundert ist von einem Weingarten auf dem Burgstall die Rede (Grabherr 1975, 147 P/6/8; Abb. 16 Nr. 7; Abb. 13). Anzuschließen dürfte die sog. Kuhflucht bei Duttendorf sein, eine auffallende Befestigung gegenüber dem bayerischen Burghausen (Pollak/Stelzl 1993, 210; Abb. 11), die tief in den anstehenden Konglomerat geschlagene Gräben besitzt. Diese Plateaurandburgen sind Wehranlagen im benachbarten Niederbayern anzuschließen, von denen die Bürg bei Oberpöring (Schmotz 2005) als besonders gutes Vergleichsbeispiel herange zogen werden kann. Die gesichert hochmittelalterlichen Erdwerke am Inn und an der Salzach, die ab dem 11./12. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen sind, scheinen eine Weiterentwicklung der namenlosen Burgställe zu sein (Pollak/Rager 2001, 358. 379 Liste 4. – Ratzelburg bei Oberrothenbuch am Inn: Klimesch 2003).
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Abb. 13: Burgstall Niedernburg (Gem. Feldkirchen an der Donau, VB Urfahr-Umgebung), Vermessungsplan 1988, Vermessungsabteilung der oberösterr. Landesbaudirektion.
Dafür spricht nicht zuletzt ihre topographische Situation mit den auffallenden Randlagen an Terrassenkanten. Sowohl für die nachrichtenlosen als auch für die urkundlich genannten großen Burgställe in Salzach- und Inn-Nähe charakteristisch ist die Nähe zur römischen Innuferstraße von IuvavumSalzburg nach Batavis-Passau (Abb. 14). Zuletzt sei noch auf drei Erdwerke hingewiesen, die einen dritten Typus repräsentieren. Ähnliche Holzburgen sind aus dem 11. Jahrhundert in der Schweiz und Baden-Württemberg bekannt und werden dort an den Beginn der Entwicklung der Adelsburgen gestellt (Meyer 1984; Morrisey/Müller 2006, 75–79). Einer der markantesten Vertreter des Typs befindet sich im Mattiggau. Westlich von Mattigtal und Siedelberg liegt eine sehr kleinräumig gegliederte Kulturlandschaft. Eine großflächige Anlage abseits der heutigen Orte wird lokal als Schlossberg Hart (Pollak/Stelzl 1993, 213. 215; Abb. 20;
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Abb. 14: Früh- und hochmittelalterliche Wehranlagen am Inn. Pollak 2000, 373 Abb. 14.
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Abb. 15: Schlossberg Hart (Gem. Pischelsdorf am Engelbach, VB Braunau am Inn), Geländeaufnahme um 1900. Planarchiv Bundesdenkmalamt, Abt. f. Bodendenkmale.
Abb. 16 Nr. 9; Abb. 15) bezeichnet und hebt sich schon durch ihren Namen von den Burgställen ab. Sie besitzt ein kräftig überhöhtes Mittelwerk und einen tiefer liegenden Bering. Das Plateau weist die schon bekannten Senken von Zisternen auf, im Osten schließt eine Wölbackerflur an. Gut vergleichbar ist der sog. Keltenring zwischen Graben- und Mattsee, der schon im Salzburgischen liegt (Zaisberger/Schlegl 1992, 87 Nr. 4; Abb. 16 Nr. 10). Auch hier ist die Verbindung zu einer Wölbackerflur gegeben. Vielleicht gehört auch der auf der Basis einer urzeitlichen Höhensiedlung entstandene Ringwall am Buchberg bei Attersee (Abb. 16 Nr. 11) in diese Gruppe. Der Ort am Westufer des gleichnamigen Sees bildete im 9. Jahrhundert den Mittelpunkt eines Königsgutbezirkes und ab dem 11. Jahrhundert das erste Zentrum der bambergischen Besitzungen im Attergau (Eibner 1975; ONB 4, 87–88 Nr. 4.2.3.3). Die lang gezogene Bergkuppe im Norden des Attersees wurde von einer
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Abb. 16: Nachrichtenlose Burgställe in Oberösterreich. 1 Burgstall Pfaffstätt; 2 Burgstall beim Maier unter der Leithen; 3 Burgstall Ahberg; 4 Burgstall an der Lohstraße; 5 Burgstall Antiesenberg; 6 Neuhauser Burgstall; 7 Burgstall Niedernburg; 8 Kuhflucht bei Duttendorf; 9 Schlossberg Hart; 10 Keltenring; 11 Buchberg bei Attersee; 12 Gugerl am Kürnberg.
mächtigen Ringwallanlage mit an der Innenseite verlaufendem flachem Entnahmegraben umgeben. Im Nordwesten befinden sich ein breiter Sohlgraben, Vorwall und Toranlage. Bei einer Testuntersuchung 1974 fanden sich im Schüttmaterial des Walles neben urzeitlicher Keramik auch Graphittonscherben von denen nicht klar ist, ob sie der Latènezeit oder dem Frühmittelalter angehören. Auszuschließen ist jedenfalls voreisenzeitliche Entstehung, wenn auch die Datierung ins ausgehende Frühmittelalter ohne neue archäologische Ergebnisse nicht abzusichern ist. Als letzte Anlage sei noch das Gugerl im Kürnberger Wald an der Donau zwischen zwischen Linz und Wilhering als Vertreter der Burgställe mit überhöhtem Mittelwerk erwähnt (Aspernig 1967, 28;
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Abb. 16 Nr. 12). Nach dem Chvrenberch nennt sich der erste namentlich bekannte deutschsprachige Lyriker des 12. Jahrhunderts. Seine Herkunft wird im bairisch-österreichischen Raum zwischen Salzburg und Linz vermutet (Kindler 1998, 828–829), doch ist kein Bezug zum Kürnberg an der Donau oberhalb von Linz herzustellen. Ein Blick auf die Kartierung (Abb. 16) verdeutlicht, dass sich die monumentalen Anlagen auf das westliche Oberösterreich und jene Zone konzentrieren, in der die bajuwarischen Gräberfelder des 6. bis 8. Jahrhunderts liegen (Pollak 2004 a, 189; Abb. 5). Sie sind, wie auch die historische Quellenlage und die Ortsnamen zeigen, die ältesten frühmittelalterlichen Siedlungskammern in Oberösterreich. Für die ersten beiden Gruppen, Abschnittsbefestigungen in Spornlage und am Rand von Hochplateaus, lassen sich stets überregionale verkehrsgeographische Zusammenhänge nachweisen. Sei es, dass sie an alten Routen liegen, wie im Mattigtal und am Inn, oder dass zu ihrem nächsten Umfeld ein Altstraßensystem gehört, wie die Lohstraße durch den Attergau. Ihr äußeres Erscheinungsbild zeigt deutliche Verbindungen nach Bayern und in die Schweiz. Als einzigem ist vom Burgstall Pfaffstätt datierbares Fundmaterial von der 2. Hälfte des 9. bis ins frühe 10. Jahrhundert bekannt. Ein Charakteristikum für die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts bilden auch die ungarischen Pfeilspitzen. Auffallend sind zudem die deutlichen Beziehungen zu Nordbayern und dem Großmährischen Raum. Die Aufgabe der Burg nach einem Ungarn-Einfall wäre gut vorstellbar, kann aber ohne Grabung nur hypothetisch bleiben. Ab der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts führten sowohl Veränderungen in der Herrschaftsstruktur als auch die äußeren Bedrohungen zur verstärkten Errichtung von Wehranlagen (Mitterauer 2004, 127–130). Zu den Abwehrmaßnahmen der deutschen Könige gegen die Einfälle der Ungarn gehörte neben dem Bau neuer Burgen der Ausbau schon vorhandener Befestigungen. Daher gelten Burgen in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts im süddeutschen Raum ganz allgemein als mächtige Befestigungen mit militärischer und Sicherungsfunktion gegen die drohenden Einfälle aus dem Osten. Die größeren waren auch zur Aufnahme weiterer Truppen geeignet. Zusätzlich dienten sie der Bevölkerung einer Siedlungskammer samt ihrem Vieh als Zufluchtsort. Mit der charakteristischen Spornlage, dem gestaffelten monumentalen geschütteten Wall- und Grabensystem sowie dem vorgelagerten Annäherungshindernis fügt sich der Burgstall Pfaffstätt nahtlos in die Gruppe der charakteristischen Ungarnrefugien ein, wie sie in Bayern, Schwaben und der Nordschweiz bekannt sind. Äußeres Erscheinungsbild und geographische Lage lassen auch für weitere, kleinere Abschnittsbefestigungen einen ähnlichen Datierungsansatz vermuten. Etwa gleichzeitig leitete das neue Hoheitsrecht des Burgbannes die Entwicklung der adeligen Höhenburg ein, wobei Bischöfe und Äbte eine maßgebliche Rolle spielten. Der neue Typ hatte innerhalb der herrschaftlichen Raumordnung eine veränderte Position: Abseits der alten Zentralorte mit Bischofssitz, Kirche oder Kloster nimmt er eher Randlagen ein, wofür Rodung eine günstige Basis bot. Die abseits überregionaler Verkehrswege und heutiger Orte gelegene dritte Gruppe, die Holzburgen mit überhöhtem Mittelwerk und tiefer liegendem Bering, repräsentiert vermutlich solche frühe Herrschaftsbildungen um Rodungsmittelpunkte. Der überregionale Vergleich wird es in Zukunft vielleicht gestatten, gemeinsame Entwicklungsstränge zu erkennen und Kriterien für die engere chronologische Einordnung der doch sehr homogenen Denkmalgruppe zu gewinnen. Systematische Untersuchungen in internationalem Rahmen könnten die frühe Entstehungsgeschichte der Adelsburg in einem größeren europäischen Raum erhellen.
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