Chi-Yin Chen aus Wanhsien in Berlin

May 23, 2017 | Author: Thomas Kampen | Category: Nazi Germany, Berlin, Anna Seghers, Chinese Communist Party, KPD, Sino-German Relationship, Sichuan, Hu Lanqi, Chinese in Germany, Chinese in Berlin, Cheng Qiying (Cheng Yuan), Chinese in Göttingen, Cheng Qiying (Chen Chi-Yin), Sino-German Relationship, Sichuan, Hu Lanqi, Chinese in Germany, Chinese in Berlin, Cheng Qiying (Cheng Yuan), Chinese in Göttingen, Cheng Qiying (Chen Chi-Yin)
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Chi-Yin Chen aus Wanhsien in Berlin



Am 1. Januar 1933 veröffentlichte die Berliner Tageszeitung Der Funke" den Artikel Feste in China' von Chi-Yin Chen. Schon die Umschrift für Personen- und Ortsnamen läßt vermuten, daß die Person auch Englisch sprach, denn die Wade-Giles-Umschrift war hier nicht üblich. Da Wanxian ein früher Vertragshafen war, gab es dort vielleicht auch Schulen, die Englisch unterrichteten.


Feste

Wer nun bei dem Thema einen unpolitischen Kulturbeitrag erwartet, wird sich noch wundern. Schon im 2. Absatz heißt es: Freilich, wie man diese Feste auch verherrlichen mag, man kann nicht leugnen, daß auf Grund der auch in China bestehenden Klassenverhältnisse nicht alle Menschen in gleichem Maße Freude und Glück aus diesen Festen schöpfen."

Man braucht jetzt allerdings keine Angst vor Parteipropaganda zu haben, denn es heißt auch, daß die chinesischen Feste der engen Verbindungen der Seele mit der Natur" dienen. Es wird nun auch etwas persönlicher: Das, was mir von diesem Fest besonders in der Erinnerung ist, sind meine Erlebnisse in Wanhsien, einer Stadt im westlichen Teil Chinas, von sehr schöner Landschaft umgeben, wo ich meine Kindheit verbracht habe. Wir wohnten außerhalb der Stadt auf halber Höhe eines Berges." (Interessant im Vergleich mit anderer chinesischer Literatur der zwanziger und dreißiger Jahre ist die Tatsache, daß Familie' hier positiv gebraucht wird. Daß die Autorin Fremdsprachen lernen und im Ausland studieren konnte, deutet auch auf eine moderne' Familie hin.)


Frauen

Diese wenigen Sätze aus einem etwa zehn mal so langen Text zeigen gute Deutschkenntnisse, Stilsicherheit und klare Logik. Das Interesse an Märchen und Sagen, Sitten und Gebräuchen, Kunst und Literatur erinnert an Anna Seghers (1900-1983). Mit dieser hatte die Autorin in Berlin damals Kontakt und da sie gut Deutsch sprach hat sie gelegentlich auch für andere Chines(inn)en gedolmetscht und übersetzt. Eine der Neuankömmlinge des Jahres 1930 war Hu Lanqi, bei Seghers Lan-chi, die auch aus Sichuan stammte, allerdings aus der großen Provinzhauptstadt Chengdu; diese konnte damals kaum Deutsch. Während Hu der KP beitrat gehörte Chen zu einer kleinen sozialistischen Gruppe (ISK), die in den zwanziger Jahren gegen KPD und SPD agierte, in den dreißiger Jahren jedoch eine Einheitsfront aller linken Parteien gegen die die NSDAP befürwortete; zu diesem Zweck wurde 1932 Der Funke" gegründet.


Flüsse

Im Zusammenhang mit Anna Seghers ist auch deren Geschichte Der Last-Berg' aus dem gleichen Jahr interessant, die sehr an die Verhältnisse in den steilen Yangzischluchten erinnert. Wenige Monate nach dieser Veröffentlichung floh Seghers mit ihrer Familie nach Frankreich, Chen ging nach China zurück. Als Seghers 1951 zum ersten Mal China besuchte, war ihre Reisebetreuerin Tschen Chi-ying, nach heutiger Umschrift Cheng Qiying (1904-1968).

PS
Wanxian liegt in der Nähe des heutigen Drei-Schluchten-Staudamms.


Dr. Thomas Kampen





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