In spite of the current trend in research, it seems that archaeologists should be more careful when writing historical works. A mechanical use of fragments of written sources taken out of context will not replace their historical interpretation. Similarly, pursuing subjects related to the history of Byzantium without a good understanding of the issue will not lead to expanding research. Hopefully other works in the series will not be called or styled as works of history if they in fact are not. Kraków Stanislaw Turlej * Christina Leypold: Bankettgebäude in griechischen Heiligtümern. Wiesbaden: Reichert 2008. XVIII, 218 S. 127 Taf.
Obwohl sich das griechische Bankettwesen in jüngerer Zeit bei nahezu allen Disziplinen der Klassischen Altertumswissenschaft eines stetig zunehmenden Interesses erfreut, stammte die letzte umfassende Untersuchung sakraler Bankettgebäude der griechischen Antike aus dem Jahre 1978. 1 Die Forschungen der vergangenen drei Jahrzehnte haben nun nicht nur manche ältere Lehrmeinung auf den Prüfstand gestellt, sondern auch die Zahl der betreffenden archäologischen Zeugnisse weiter anwachsen lassen. In dem hier zu rezensierenden Werk, das aus einer Dissertation an der Universität Würzburg hervorging, hilft Christina Leypold diesem Desiderat ab, indem sie einen entsprechenden Denkmälerüberblick bietet und sich kritisch mit den jeweiligen aktuellen Forschungsdiskussionen auseinandersetzt. Dabei werden auch weitergehende Fragen berücksichtigt, die sich aus den Befunden ergeben, etwa nach der Stellung der Banketträumlichkeiten innerhalb der Sakralarchitektur und den spezifischen Nutzerkreisen. Speiseräume bzw. -gebäude gehörten keineswegs selten zur Infrastruktur griechischer Heiligtümer, wenngleich der Verzehr des Opferfleisches, welcher ja eine zentrale Rolle bei den Götterfesten spielte, häufig unter freiem Himmel oder in ephemeren Einrichtungen, wie Zelten und Hütten, geschah. In der Einleitung (1– 14) definiert die Autorin zunächst den zeitlichen Rahmen ihrer Untersuchungen, der sich vom 7. Jh. v. u. Z., als die ersten nachweisbaren Klinenräume entstanden, bis ans Ende der hellenistischen Zeit erstreckt. Daß bislang keine früher zu datierenden Beispiele bekannt sind, dürfte kaum verwundern, da die Sitte, beim Bankett zu liegen, wohl erst ab der 2. Hälfte des 7. Jh. v. u. Z. in Griechenland allgemeine Verbreitung fand. 2 Davon zeugen im übrigen auch frühkorinthische Vasenmalereien, wo Klinen erstmals abgebildet werden. 3 In dieselbe Zeit datiert
M. S. Goldstein, The Setting of the Ritual Meal in Greek Sanctuaries: 600–300 B.C. ([Mikrofiche-Ausgabe] 1978). 2 Vgl. dazu H. Schwarzer, Sakrale Banketträume mit Liegepodien auf Zypern und im Vorderen Orient. Ein Beitrag zum Kulturtransfer in hellenistisch-römischer Zeit, in: S. Rogge (Hrsg.), Begegnungen – Materielle Kulturen auf Zypern bis in die römische Zeit (Münster 2007) 90–95. 3 Vgl. J.-M. Dentzer, Le motif du banquet couché dans le Proche-Orient et le monde e e grec du VII au IV siècle avant J.-C. (Rom 1982) 76–87 Taf. 19 Abb. 105; s. ferner N. Himmelmann, Symposionfragen, in: M. Şahin – İ. H. Mert (Hrsg.), Festschrift für Ramazan Özgan (Istanbul 2005) 150–152.
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zudem ein bei Athenaios überliefertes Fragment des Dichters Alkman, das die älteste Erwähnung von Klinen in der griechischen Literatur beinhaltet (Athen. III 111 a). Allerdings existieren zwei Fragmente bronzener Votivschilde aus der Idäischen Zeus-Grotte auf Kreta, deren Darstellungen zeigen, daß Klinensymposia dort bereits in der 1. Hälfte des 8. Jh. v. u. Z. gebräuchlich waren. 1 Man muß also damit rechnen, daß entsprechende Räume zumindest in bestimmten griechischen Regionen vereinzelt schon in spätgeometrischer Zeit auftauchten. Es ist ein wenig zu bedauern, daß die Autorin ihr Werk in erster Linie als baugeschichtlichen Beitrag versteht und solchen kulturhistorischen Aspekten, wie sie hier angedeutet sind, keine Aufmerksamkeit schenkt. Sie scheinen jedoch unabdingbar, will man die Genese der griechischen Bankettraumarchitektur in ihrer Gesamtheit verstehen. Im Kern betrifft das die durch orientalische Einflüsse vermittelte liegende Haltung beim Symposion, welche die traditionelle Haltung des Sitzens allmählich ablöste und entscheidende Konsequenzen für die architektonische Gestaltung der Gelageräume mit sich brachte. Gerade diesen Blick auf die Gegebenheiten im Orient versagt sich L. aber selbst mit dem Hinweis, daß dazu eine eigene Untersuchung erforderlich sei (1 Anm. 2). Unberührt bleibt auch die Frage nach dem Verhältnis von Sakral- und Profanarchitektur, mit anderen Worten: Orientierten sich die frühen Klinenräume in den Heiligtümern der archaischen Zeit an solchen, die zur Ausstattung vornehmer Wohnhäuser gehörten, oder verhielt es sich eher umgekehrt? 2 Darüber hinaus hätte man sich – gewissermaßen als Ausblick – eine Betrachtung von ausgewählten griechischen Bankettgebäuden der römischen Zeit gewünscht, denn dann wäre klar geworden, daß trotz modifizierter Gelage- und Raumschemata bestimmte architektonische Grundformen (z.B. einseitig ausgerichtete Speiseräume in parataktischer Reihung mit gemeinsamer Vorhalle oder Peristylanlagen) fortlebten. 3
Zum geographischen Schwerpunkt ihrer Arbeit erklärt die Autorin das griechische Festland und die griechischen Inseln. Da etliche Befunde noch unpubliziert, andere hingegen sehr umstritten sind, versteht es sich von selbst, daß ein Anspruch auf Vollständigkeit nicht erfüllt und nur ein repräsentatives Spektrum geboten werden kann. Dennoch bleibt es unverständlich, warum L. griechische Beispiele aus Unteritalien und Kleinasien in lediglich geringem Maße berücksichtigt und andere – etwa in Nordafrika 4 – nicht einmal erwähnt. Dadurch entsteht ein zentristisches, im wesentlichen auf den griechischen Kernbereich reduziertes Bild, das vor Verzerrungen mitnichten geschützt ist. Der zweite Abschnitt der Einleitung enthält eine detaillierte Darstellung der Forschungsgeschichte, die Ende des 19. Jh. mit den Großgrabungen in griechischen Heiligtümern ihren Anfang nahm. Bereits damals stießen die Pioniere der Archäologie auf Bankettgebäude, die aber wegen fehlender Quellen als solche zunächst nicht erkannt wurden. Selbst dort, wo steinerne Klinenstützen zutage kamen, hielt man die zugehörigen Gebäude für Krankenhäuser, Palästren oder Wohnhäuser der Priesterschaft. Erst die Studien von F. Studniczka und A. Frickenhaus schufen im frühen 20. Jh. eine sichere Grundlage für entsprechende Forschungen, doch soll––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 1 H. Matthäus, Die Idäische Zeus-Grotte auf Kreta. Griechenland und der Vordere Orient im frühen 1. Jahrtausend v. Chr., AA 2000, 544–546 Abb. 20. 2 Zur Entstehung der Andron-Kultur in den Wohnhäusern der archaischen Zeit s. W. Hoepfner (Hrsg.), Geschichte des Wohnens 1 (Stuttgart 1999) 143–148. 3 Vgl. exemplarisch das sog. Südgebäude und das sog. Südostgebäude im Apollon Hylates-Heiligtum von Kourion/Zypern: H. Schwarzer, Das Gebäude mit dem Podiensaal in der Stadtgrabung von Pergamon. Studien zu sakralen Banketträumen mit Liegepodien in der Antike, AvP XV 4 (Berlin – New York 2008) 132f. 4 Vgl. beispielsweise das sog. nördliche Hestiatorion im Zeus-Heiligtum von Kyrene aus der 1. Hälfte des 2. Jh. v. u. Z.: V. M. Strocka, Noch einmal zur Bibliothek von Pergamon, AA 2000, 161–163 Abb. 2–4.
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ten noch Jahrzehnte vergehen, bis die Erkenntnisse beider allgemeine Zustimmung fanden. Zum Durchbruch führten 1969 die Studien von R. A. Tomlinson, der exzentrisch plazierte Türen, vor Wänden umlaufende Estraden und mit den Klinenlängen korrespondierende Raummaße als wichtige Kriterien für die Identifizierung von sakralen (und natürlich auch profanen) Banketträumen definierte. In der Folgezeit verkehrte sich die einstige Zurückhaltung der Archäologen ins Gegenteil, indem man derartige Räumlichkeiten geradezu als Standardausstattung griechischer Heiligtümer begreifen wollte. Indirekte Merkmale und Indizien reichten nun scheinbar aus, um sakrale Banketträume zu lokalisieren, was langwierige kontroverse Diskussionen entfachte. Im dritten Abschnitt der Einleitung erläutert die Autorin Vorgehensweise und Ziele ihrer Arbeit, zu denen es vor allem gehört, den gewachsenen Denkmälerbestand kritisch zu sichten und die in ihrer Funktion gesicherten Anlagen unter architektur- und kultspezifischen Aspekten genauer zu untersuchen. Sehr bedeutsam sind die Ausführungen zu terminologischen Problemen im vierten Abschnitt, denn sie zeigen, daß literarische und epigraphische Quellen zu den Örtlichkeiten antiker Opfermahle entweder völlig schweigen oder ganz unterschiedliche Begriffe verwenden. Der in der Forschung dominierende griechische Terminus ‘Hestiatorion’ sollte daher, wie L. zu Recht meint, durch die neutrale Bezeichnung ‘Bankettgebäude’ ersetzt werden. Die anschließende Befunddiskussion bildet den Hauptteil des Werkes (15– 141). Darin behandelt die Autorin in alphabetischer Anordnung insgesamt 37 Anlagen an 25 Orten, deren Bankettfunktion außer Frage steht: 21 auf dem griechischen Festland (Argos [1], Athen [3], Brauron [1], Delphi [1], Eleusis [1], Epidauros [1], Isthmia [2], Korinth [2], Megara [1], Olympia [2], Perachora [1], Sounion [1], Theben [2], Troizen [1], Vouliagmeni [1]), 10 auf den griechischen Inseln (Ägina [4], Delos [1], Kalaureia [1], Kommos/Kreta [1], Paros [1], Samothrake [1], Thasos [1]), 1 in Unteritalien (Kroton) und 5 in Kleinasien (Labraunda [4], Pergamon [1]). Alle Anlagen sind in einheitlicher Gliederung mit folgenden Angaben versehen: Literatur, Quellen (so vorhanden), Grabungsgeschichte, Lage und (jeweils nach Phasen getrennt) Beschreibung, Datierung und Identifizierung. Obwohl es sicher fast jedem Autor von Baubeschreibungen schwerfällt, sein Publikum zu fesseln, vermag es L. in wortgewandter Sprache, diesen Textabschnitt sehr gut lesbar zu gestalten und auf das Wesentliche zu konzentrieren. Knapp und prägnant formuliert, kommt er ohne überflüssige Details und Phrasen aus, welche die Lektüre und das Verständnis von baugeschichtlichen Abhandlungen ja nicht selten zu einer Strapaze werden lassen. Es ist hier nicht der Ort, Spezialprobleme einzelner Anlagen zu diskutieren, doch sei wenigstens auf einige wichtig erscheinende Punkte hingewiesen. Im Falle des Heiligtums von Kommos/Kreta, dessen Raum A 1 die Autorin völlig zutreffend als Schauplatz kultischer Gelage interpretiert (77–79), bleibt der südlich angrenzende Tempel C unberücksichtigt. Erst an ganz anderer Stelle (145 Anm. 748) erwähnt L. die darin befindlichen «bankartigen Einbauten», für die sie allerdings – im Gegensatz zu den ‘gebauten Klinen’ des Raumes A 1 – eine andere Zweckbestimmung vermutet. Tatsächlich aber sind die dortigen Podien, die im Verlaufe zweier Phasen verbreitert wurden, nach meiner Auffassung ein Paradebeispiel dafür, wie sich bereits im Hellenismus der Übergang vom ursprünglichen ‘griechischen’ Liegeschema (längs aneinander gereiht,
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parallel zur Wand liegend) zum vermeintlich ‘römischen’ Liegeschema (schräg aneinander gereiht, mit den Füßen zur Wand liegend) vollzog. 1 Als einziges sakrales Bankettgebäude auf Delos begegnet im Buch das sog. Prostoion im Samothrakeion. Das konsequent angewandte Konzept der Autorin, nur rein griechische Heiligtümer zu behandeln, ließ einen vergleichenden Blick auf das delische Heiligtum der Syrischen Gottheiten nicht zu. Er hätte sich aber insofern gelohnt, als auch in diesem Kultbezirk beide Liegeschemata nebeneinander vorkommen, die den oben genannten, schon im Hellenismus einsetzenden Veränderungsprozeß der antiken Bankettkultur eindrücklich dokumentieren. 2 Im Zusammenhang mit den Andrones A und B des Zeusheiligtums von Labraunda findet sich die Bemerkung (93f. 170), daß die Bezeichnung ἀνδρών allein für diese beiden kultischen Bankettgebäude bezeugt und sonst nur für den Speiseraum im griechischen Privathaus überliefert sei. Es gibt indes noch zusätzliche Belege aus dem Vorderen Orient, die freilich erst in die frühe Kaiserzeit datieren. 3
Der folgende Teil des Werkes umfaßt die in fünf Hauptabschnitte gegliederte Auswertung (142–206). Im ersten Abschnitt widmet sich L. der Identifizierung sakraler Banketträume und hier zunächst den dabei zugrundeliegenden Kriterien. Einen entscheidenden Hinweis geben vor allem die Klinen selbst. Hölzerne oder metallene Speisesofas haben die Zeiten in der Regel zwar nicht überdauert, doch in etlichen Fällen wurden sie auch aus einem massiven Steinquader gearbeitet. Viel häufiger noch existieren ‘gebaute Klinen’, die sich durch mit Steinen aufgemauerte Schalen und eine Verfüllung aus Erde auszeichnen. Gelegentlich hat man solche Klinen sogar aus anstehendem Lehm geformt. Als weiteres Merkmal einer entsprechenden Ausstattung sind Steinstützen von Klinen anzusehen, die einst hölzerne Deckplatten aufnahmen. Darüber hinaus können Einlassungsspuren in Toichobat- und Wandquadern auf ursprünglich vorhandene steinerne Klinenstützen hindeuten. Manchenorts lassen sich auch Verankerungsspuren von Holzklinen beobachten. Ein zumeist sicheres Indiz für Bankettrauminstallationen stellen erhöhte Bodenstufen (Estraden) dar, auf denen Klinenmöbel plaziert waren. Mitunter fällt es indes nicht leicht, derartige Randstreifen von Votivbänken zu unterscheiden (was im übrigen auch auf ‘gebaute Klinen’ zutrifft). Exemplarisch erläutert L. dieses Problem an der sog. Hall of Votive Gifts aus spätarchaischer Zeit im Kabirenheiligtum von Samothrake. Zur Verifikation von Banketträumen tragen oftmals deren Maße bei, die sich an den Klinenlängen orientierten. Nach Meinung der Autorin gilt dies allerdings nur für Räume mit mobilen Speisesofas, jene mit ‘gebauten Klinen’ hätten diese Regelhaftigkeit nicht gekannt. Typisch für Gelageräume ist zudem die exzentrische Position der Türen. In Exkursen werden anschließend mehrere Anlagen in bezug auf eine etwaige Bankettfunktion diskutiert, wobei die verfügbaren Kriterien nicht in jedem Fall ausreichen, um Sicherheit in dieser Frage zu gewinnen. Als zusätzliches Merkmal von Banketträumen führt L. noch Speisetische an, die aber meistens nur dann nachweisbar sind, wenn sie immobil konstruiert waren. Im folgenden geht sie auf weitere charakteristische Ausstattungselemente ein, genauer gesagt auf Bodenbeläge und Drainagen nebst Türen und Fenstern. Auch vereinzelt bezeug––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 1
Vgl. Schwarzer a. O. (oben S. 253 Anm. 3) 110f 182f. E. Will, Le sanctuaire de la Déesse Syrienne, Exploration archéologique de Délos faite par l’École Française d’Athènes 35 (Paris 1985). 3 P.-L. Gatier, Installations de sanctuaires du Proche-Orient romain: pour en finir avec l’andrôn, Topoi 11, 2001, 9–15. 2
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te Wandgestaltungen und freiplastische Dekorationen kommen zur Sprache. Für zentrale Herdstellen gibt es, was erstaunen mag, nur sehr wenige Belege. Nicht selten liefern jedoch Speise- und Trinkgeschirr entscheidende Anhaltspunkte für Opfermahlzeiten, ebenso deren organische Reste. Zu den Banketträumen gehörten zuweilen Küchen sowie Bade- und Waschgelegenheiten, die sich in Vor- oder Nebenräumen, Innenhöfen oder in der nächsten Umgebung der Gebäude befanden. Installationen für die Wasserversorgung, wie etwa Brunnen und Zisternen, lassen sich häufiger beobachten. Literarische und epigraphische Quellen können bei dem Versuch, Bankettgebäude zu identifizieren, sehr hilfreich sein, gleichwohl lauert stets die Gefahr von Fehlinterpretationen, was die Autorin anhand diverser Beispiele sehr eindrücklich schildert. Der zweite Abschnitt der Auswertung beschäftigt sich mit der architektonischen Form der Bankettgebäude. Hierbei ist vorauszuschicken, daß ein für diese Funktion verbindlicher Bautyp in der griechischen (wie übrigens auch römischen) Antike nie existierte, ganz im Gegenteil: die Vielfalt der architektonischen Schemata, die stark variierenden Maße und die unterschiedlichen Baumaterialien decken sich mit der uneinheitlichen Begrifflichkeit im griechischen Sprachgebrauch, von der bereits die Rede war. Dennoch kristallisieren sich im breiten Repertoire der Bankettgebäude zwei Grundformen heraus, die man offenbar besonders bevorzugte, nämlich einseitig ausgerichtete Speiseräume in parataktischer Reihung mit gemeinsamer Vorhalle und Peristylanlagen. Daneben gab es aber auch weitere architektonische Grundformen, darunter Einraumbauten, einige davon mit Vorhalle versehen oder gar als Antentempel gestaltet, Hofhäuser, welche der Wohnarchitektur entlehnt sind, und Rundbauten. Etliche Banketträume standen zudem in baulicher Verbindung mit anderen Räumlichkeiten, wie etwa einem Propylon. Generell jedoch gilt, daß typologisch vergleichbare Bauten ganz anderen Zwecken dienen konnten, die architektonische Grundform allein also kein hinreichendes Indiz bei der Funktionsbestimmung darstellt und daher immer auch zusätzliche Kriterien (s.o.) berücksichtigt werden müssen. Im folgenden unternimmt die Autorin den Versuch, die diachrone Entwicklung und Verbreitung der Bankettgebäude aufzuzeigen und weist darauf hin, daß in spätklassischer und hellenistischer Zeit der Bedarf daran sichtbar stieg, denn nun errichtete man zum Teil Anlagen, die bis zu 100, manchenorts sogar bis zu 250 Personen Platz gewährten. Anschließend widmet sich Leypold dem Zusammenhang von Architektur und Funktion, wie er sich in der Raumfolge und der Konzeption der Bankettgebäude widerspiegelt. Obwohl die Anlagen zu keiner Zeit ein homogenes Bild boten, fällt auf, daß der Aufreihung einseitig ausgerichteter gleichförmiger Speiseräume stets ein besonderer Sinn zukam, da eine Wertigkeit hier bewußt vermieden wurde. Ausnahmen bestätigen aber bekanntermaßen die Regel, und so verfügen einige Banketthäuser, die gewiß nicht zufällig zu den größten ihrer Gattung gehören, über Speiseräume ganz unterschiedlicher Ausdehnung. Jene Gebäude, die mit einer Vorhalle ausgestattet waren, besaßen einen transparenteren Charakter als die Peristylanlagen, welche einen eher in sich geschlossenen, geradezu intimen Eindruck vermittelten. Im dritten Abschnitt der Auswertung thematisiert die Autorin die Plazierung der Bankettgebäude und Speiseräume im Heiligtumsareal hinsichtlich deren Nutzung und Bedeutung. Die jeweilige Lage innerhalb oder außerhalb des Te-
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menos ist sicher nicht allein auf die Existenz oder Absenz eines Sakralgesetzes zurückzuführen, sondern dürfte vor allem auch mit der Art der Einbindung der Bankette in den Kult zu erklären sein. Neben Bauten mit räumlichem Bezug zur Feststraße, von denen sich einige in der Nähe von Toren befanden, gibt es solche, die auf den Altarplatz bzw. den Festplatz ausgerichtet waren. Säulenhallen, ein häufiges Element dieser Gebäude, dienten während des Kultgeschehens als überdachte Zuschauertribünen und repräsentative Kulisse gleichermaßen. Andere Banketthäuser und -räume folgen diesem Schema mit ihrer bewußt gewählten Abgeschiedenheit jedoch nicht, was die mehrfach betonte Heterogenität dieser Anlagen unterstreicht. Nutzung und Nutzer sakraler Banketträumlichkeiten stehen im Mittelpunkt des vierten Abschnitts. Entsprechende Gebäude gehörten, wie eingangs erwähnt, keineswegs zwingend zur Ausstattung von Heiligtümern, da man das Kultmahl in der Regel unter freiem Himmel oder in Zelten und Hütten einzunehmen pflegte. Sind sie aber vorhanden, stellt sich die Frage nach den Personenkreisen, die das Privileg genossen, darin zu verkehren. Literarische und epigraphische Quellen, so spärlich sie auch sein mögen, liefern gewisse Anhaltspunkte, die Leypold sorgsam analysiert. Im wesentlichen geben die von ihr diskutierten Testimonia drei Gruppen zu erkennen: 1. hochrangige Persönlichkeiten (Priester, Beamte oder Ehrengäste), wobei die sakralen Banketträume den Charakter von Amtslokalen hatten, 2. Privatpersonen und familiäre Speisegesellschaften, welche die Räume als Mietandrones nutzen konnten, und 3. Kultgemeinschaften und Polisgesandtschaften. Als Stifter von Bankettgebäuden bezeugen die Texte – freilich nur in ganz seltenen Fällen – Herrscher, Bürgerschaften und Privatpersonen. Der fünfte und letzte Abschnitt der Auswertung befaßt sich als Ausblick mit der Entwicklung vom Herdhaus zum Banketthaus, das heißt mit dem Kultmahl im Wandel. Dabei geht die Autorin von der zweifellos zutreffenden Prämisse aus, daß Herdhäuser mit zentraler Herdstelle, welche zuweilen die früheste Bebauung in griechischen Heiligtümern repräsentieren, nicht als direkte Vorläufer der Tempel, sondern als Bankettbauten anzusehen sind. Opferritual und Kultmahl waren in Herdhäusern aufs engste miteinander verknüpft, wurden sie doch an ein und demselben Ort vollzogen. Seit spätarchaischer Zeit – als die neue Sitte, beim Bankett zu liegen, den herkömmlichen Brauch des Sitzens allmählich ablöste – ging man indes zu einer räumlichen Trennung beider Handlungen über, denn das Opferritual erfolgte jetzt an einem außerhalb gelegenen Altar im Freien. Diese Prozesse muten allerdings im Licht der erhaltenen Befunde sehr diffus an, da ihnen keine Regelhaftigkeit innewohnte. Eine kurze Zusammenfassung (207f), der Abbildungsnachweis (209–215), ein nützliches Register (216–218) und ein wahrlich opulenter Tafelteil (127 Tafeln), welcher die besprochenen Anlagen in Grundrissen, Steinplänen und Fotos illustriert, beschließen das durchweg sehr gut geschriebene und überaus informative Buch von Christina Leypold, das zu einem Standardwerk auf seinem Gebiet avancieren dürfte. Manche kulturhistorischen Fragen, die es aufwirft, werden aber anderswo zu beantworten sein. Berlin Holger Schwarzer