Christian Tornau
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade Versuch einer Interpretation von Augustins Brief 155 an Macedonius
Einführung In den Jahren 413/414 n. Chr. korrespondierte Augustinus mit einem hohen kaiserlichen Beamten, dem vicarius Africae Macedonius.1 Macedonius war Christ und interessierte sich für Augustins geschichtstheologisches Hauptwerk De civitate Dei, dessen bis dahin fertiggestellte erste drei Bücher Augustinus ihm überließ.2 Gegenstand der erhaltenen Teile des Briefwechsels sind zunächst Fragen der bischöflichen Interzession bei der weltlichen Gerichtsbarkeit (ep. 152–153). Der 155. Brief enthält dann eine allgemeinere Reflexion über das Verhältnis der christlichen Religion zur politischen Praxis und über das christliche Verständnis der tradierten philosophischen Grundbegriffe Tugend (virtus), Weisheit (sapientia)3 und Glück (beatitudo, felicitas).4 Die gedankliche Nähe zu De civitate Dei ist durchweg erkennbar – Augustinus nimmt Motive der Bücher 1–3 auf und skizziert Grundgedanken, die erst ein Jahrzehnt später im 19. Buch ausgearbeitet werden. Zugleich finden sich Bezugnahmen auf aktuelle kirchenpolitische Fragen, etwa auf den
1 ep. 152 und 154 (Macedonius an Augustinus); ep. 153 und 155 (Augustinus an Macedonius). Zum Briefwechsel vgl. Divjak (1996–2002) 893–1057, hier 979f.; Goldbacher (1923) 41. Macedonius ist nur aus dem Briefwechsel und aus Possidius, Vita Aug. 20, 2 bekannt (dort der Titel vicarius Africae). Zur Person: Martindale (1980) 697, s.v. Macedonius 3; Mandouze (1982) 659–661, s.v. Macedonius 2; Morgenstern (1993) 107f. 2 ep. 155, 2. Vgl. O’Daly (1999) 34. Man wird die in civ. 5, 26 bezeugte separate Veröffentlichung von civ. 1–3 mit dem Macedonius-Briefwechsel in Verbindung bringen dürfen. Die von Hombert (2000) 278f. aufgrund inhaltlicher Berührungen zwischen mit s. 150 (416 n. Chr.) vorgeschlagene spätere Datierung des Briefwechsels auf 415/416 empfiehlt sich nicht, weil dann nicht einzusehen wäre, warum Macedonius die 415 schon vorliegenden Bücher civ. 4–5 nicht erhält. 3 Äußerlich nimmt Augustinus damit eine lobende Bemerkung des Macedonius in ep. 154, 1 auf; vgl. ep. 155, 5: qui me sapientem appellasti. 4 beatitudo: ep. 155, 6; 10; felicitas: ep. 155, 4; 8.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
216
Christian Tornau
Pelagianischen Streit um die Gnadenlehre5 und auf den Donatistischen Streit, in dem Macedonius offensichtlich ein wichtiger Verbündeter Augustins war.6 Brief 1557 beginnt mit einer Zurückweisung des Anspruchs, aus eigener Kraft und im diesseitigen Leben Glückseligkeit zu erreichen – also mit einer Kritik des ursprünglich stoischen, nach Ciceros Argumentation in den Tusculanen (Buch 5) und nach der Auffassung der meisten spätantiken Intellektuellen aber gemeinphilosophischen Grundsatzes, daß „die Tugend hinreichend ist zur Erlangung der Glückseligkeit“.8 Gegen diesen tradierten Weisheitsbegriff setzt Augustinus das Verständnis von Weisheit als wahrer Religion (ep. 155, 2: verax veri dei cultus):9 Dem sich im philosophischen Autarkiedenken ausdrückenden Hochmut (ebd.: superbia)10 steht die demütige Einsicht des Christen gegenüber, daß seine Tugend nicht autark, sondern eine Gabe der Gnade ist und daß er den Lohn der Tugend, die Glückseligkeit, nicht im Diesseits erwerben, sondern nur für das Jenseits erhoffen kann (ep. 155, 2–6). Passend zur Persönlichkeit des Adressaten wendet sich Augustinus dann der Frage nach der Rolle der Tugenden in der Politik zu. Durch Exegese einer ausführlich zitierten Psalmenstelle (Ps 143, 11–15) zeigt er, daß das Glück einer Gemeinschaft von Bürgern (civitas), nicht anders als das Glück des Individuums, Gott selbst ist (ep. 155, 7–9).11 Wären die politischen Tugenden des Macedonius somit lediglich auf das materielle Wohlergehen der ihm anvertrauten Bürger ausgerichtet, so würden sie deren wahres Glück verfehlen; infolgedessen wären sie keine wahren Tugenden und auch zur Sicherung
5 Vgl. ep. 155, 1f.; 9 (mit Benutzung der im Pelagianischen Streit wichtigen Bibelstellen Ps 48, 7 und 2Kor 10, 17); 12. 6 ep. 155, 17. 7 Der Brief wird zitiert nach der Ausgabe von Goldbacher (1904) 430–447 (= CSEL 44). Die ausführlichste Studie ist Dodaro (2004). Eine knappe Übersicht über die philosophische Thematik des Briefs mit reichen Literaturhinweisen gibt Catapano (2012) 127–131. Vgl. außerdem Horn (1999), hier 180 und 187; Becker (2002) 61–63; Dodaro (2004a), 206–212 (Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse von Dodaro [2004]). 8 Cic. Tusc. 5, 1: virtutem ad beate vivendum se ipsa esse contentam (= ὅτι ἡ ἀρετὴ αὐτάρκης πρὸς εὐδαιμονίαν, SVF 3, frr. 49–67). 9 Dieselbe Formulierung in ep. 155, 5; 17. Vgl. civ. 5, 19 (zitiert unten Anm. 46). 10 ep. 155, 2: deum superbiae suae resistentem sentire minime potuerunt (nach Jak 4, 6 = 1Petr 5, 5; dasselbe Zitat nicht zufällig in civ. 1 praef.). 11 Das ist seit den Frühschriften Augustins Auffassung vom Telos (beata v. 11: deum igitur … qui habet, beatus est). Als alternative Formulierungen kommen vor: „Gott genießen“ (frui deo, z.B. trin. 13, 10); „die Wahrheit genießen“ (lib. arb. 2, 35), „das ewige Leben“ (aeternam vitam: civ. 19, 4), „Gott anhangen“ (adhaerere deo, nach Ps 72, 28; vgl. z.B. mor. 1, 35; civ. 10, 18; ep. 155, 12), oder schlicht „Gott“ (civ. 11, 10). Vgl. Beierwaltes (1981) 25–32; Müller (2010) 14–59. Wichtig bleibt Holte (1962).
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
217
des individuellen Glücks des Macedonius ungeeignet. Fördert er hingegen durch seine staatsmännische Tugend die religiöse Hinwendung der Bürger zu Gott, so wird sie auch ihm selbst das unverlierbare Glück in der ewigen Seligkeit garantieren und damit den Anspruch erfüllen, den die Philosophen nur erhoben haben.12 Im Jenseits wird seine Tugend freilich nicht mehr politische Tugend sein, sondern als reine, ungehinderte Liebe zu Gott mit ihrem Lohn, dem Glück, identisch sein (ep. 155, 10–12). Von hier aus wendet sich Augustinus noch einmal dem diesseitigen Bereich und den ihn betreffenden Tugenden zu, die er nun ebenfalls unter Berufung auf das biblische Liebesgebot als Liebe zu Gott und dem Nächsten definiert (ep. 155, 13–16). Augustinus schließt den Brief mit einem Lob des Macedonius für ein antidonatistisches Edikt (ep. 155, 17). Im Hauptteil des Briefes formuliert Augustinus insgesamt fünf Definitionen der traditionellen vier Kardinaltugenden: zunächst für die diesseitige Tugend im politischen (ep. 155, 10) und im individuellen Bereich (ep. 155, 12 [CSEL 44, 442, 10–15]), sodann für die als Gottesliebe verstandene jenseitige Tugend (ep. 155, 12 [CSEL 44, 443, 2–6]) und schließlich noch einmal für die diesseitige Tugend als Gottes- (ep. 155, 13) und als Nächstenliebe (ep. 155, 16). Solche aufeinanderfolgenden, je unterschiedlichen ontologischen Stufen zugeordneten Tugenddefinitionen sind ein Charakteristikum neuplatonischer Texte über die sogenannten Tugendgrade.13 Plotin (Enneade I 2) hatte die Lehre von den Tugendgraden im Zusammenhang mit der Exegese der platonischen Telosformel entwickelt, nach der das Ziel menschlichen Handelns die Angleichung an Gott mit Hilfe der Tugend sei (Pl. Tht. 176 a–b), und dabei die Stufen der „politischen“ Tugend, der kathartischen Tugend, der Tugend der gereinigten, dem göttlichen Geist zugewandten Seele und schließlich das als Vorbild (παράδειγμα) der tugendhaften Seele fungierende Sein des Geistes selbst unterschieden. Porphyrios (sent. 32) hatte diese Überlegungen zu der Stufenfolge politische Tugend – kathartische Tugend – theoretische Tugend – paradeigmatische Tugend formalisiert und gegenüber Plotin den politisch-sozialen Charakter der ersten Stufe stärker hervorgehoben.14 Die Tendenz, die platonische ἀρετὴ πολιτική15 spezifisch als die Tugend des Staatsmanns oder Politikers zu begreifen, setzt sich im späteren Neuplatonismus
12 ep. 155, 12: virtutes … te ad vitam vere beatam, quae non nisi aeterna est, sine ulla dubitatione perducant. 13 Vgl. dazu Schissel von Fleschenberg (1928) (grundlegend); Saffrey/Segonds (2002) LXIXXCVIII (vollständige Sammlung der griechischen Belege); O’Meara (2003) 40–49; Dodaro (2004) 445–461; Gertz (2011) 51–70. 14 Porph. sent. 32, p. 23, 4–8 Lamberz; vgl. O’Meara (2003) 44; Schissel von Fleschenberg (1928) 86. 15 Der Terminus ist übernommen aus Pl. Phd. 82 a–b; vgl. R. IV 430 c.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
218
Christian Tornau
fort, wo die individuelle Tugend als „ethische Tugend“ von der politischen unterschieden wird. Es ist offenkundig, daß Augustins Überlegungen im 155. Brief in denselben Problemhorizont gehören, auch wenn seine Lösungen von denen der Neuplatoniker naturgemäß verschieden sind.16 Im Einzelnen lassen sich drei Berührungspunkte benennen. Erstens: das Verhältnis von politisch-sozialer und kontemplativer Tugend. Wenn Plotin als höchste Form der Tugend eine rein geistige, vom Körper möglichst losgelöste Weise des Daseins ansetzt, dann fragt es sich, was diese Stufe höchster Selbstvervollkommnung noch mit der ersten, auf den Körper und die soziale Interaktion angewiesenen Stufe der Tugend verbindet. Der Verdacht bloßer Homonymie liegt nahe; oder es läßt sich zumindest vermuten, daß die fürsorglich-altruistische Hinwendung zum Mitmenschen für den neuplatonischen Weisen lediglich eine instrumentelle Vorstufe ist, die schon auf der nächsthöheren, „kathartischen“ Stufe nicht mehr benötigt wird. Analog dazu ist bei Augustinus die eschatologische Tugend nichts als liebende Kontemplation Gottes, die mit der im Diesseits gelebten politisch-sozialen Tugend auf den ersten Blick nur den Namen gemein hat – was aus christlicher Sicht umso bedenklicher ist, als es die biblisch gebotene Nächstenliebe zu einer bloß homonymen, allenfalls vorläufigen Tugend zu reduzieren droht.17 Plotin hatte das Problem zu lösen versucht, indem er die niederen Tugendstufen als Abbilder der höheren deutete und eine Inklusion der sozialen Tugenden durch die höheren (aber nicht umgekehrt) annahm.18 Ein solches Inklusionsverhältnis ist bei Augustinus jedoch durch die Eschatologisierung der kontemplativen Tugend und deren sich daraus ergebenden zeitliche Differenz zur diesseitigen Tugend ausgeschlossen. Zweitens: die Frage nach dem Fortbestehen der Tugend im Jenseits.19 Plotin hatte die Lehre von den Tugendgraden nicht zuletzt wegen der der platonischen Telosformel inhärenten Paradoxie entwickelt, daß Tugend uns zwar Gott ähnlich macht, selbst aber eine seelische Eigenschaft ist, die von Gott (d.h. dem Geist und dem
16 Dodaro (2004) 461–469 hat die Präsenz der neuplatonischen Tugendgrade in ep. 155 im Detail nachgewiesen. Im Folgenden wird der Schwerpunkt daher auf die von Augustinus auf neuplatonischer Grundlage neu entwickelte Theorie gelegt. Daß Augustinus die neuplatonischen Tugendgrade gekannt hat, ist vielfach gezeigt worden. Vgl. van Lieshout (1926) 109–113 (zu an. quant. 70–78 und mus. 6, 50–55); Schissel von Fleschenberg (1928) 81–94 (zu an. quant. 70–78); Folliet (1962) 225–236 (zu ep. 10); Becker (2002) 54–58 (zu mus. 6, 50–55). 17 Der 155. Brief ist somit auch relevant für die vieldiskutierte Problematik der Verträglichkeit von antikem Eudaimonismus und christlicher Nächstenliebe bei Augustinus. Vgl. dazu z.B. Holte (1962) 275–281; Brechtken (1975) 85–155; O’Donovan (1980) 112–136; Rist (1994) 159–168. 18 Plot. I 2, 2, 18–20; I 2, 7, 10–30. 19 Becker (2002) bespricht die hierfür relevanten Augustinus-Stellen (mus. 6, 50–55; en. Ps. 83, 11; trin. 14, 12; ep. 155, 12–16).
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
219
Einen) nicht sinnvoll ausgesagt werden kann.20 Augustinus seinerseits kannte eine Stelle aus Ciceros Hortensius, wo die Notwendigkeit der Tugenden „auf den Inseln der Seligen“, d.h. an einem idealen, von den Schwierigkeiten des diesseitigen Lebens freien Ort, geleugnet wurde.21 Wollte man die Tugenden für den – neuplatonisch oder christlich gedachten – Bereich der Transzendenz retten, so mußte man sie für diese höhere ontologische Stufe neu definieren, wobei es wiederum eine bloße Homonymie der Tugenden höherer und niederer Ordnung zu vermeiden galt. Dieses Problem ist bei Augustinus und den Neuplatonikern ganz analog. Drittens: Dominic O’Meara hat gezeigt, daß der politischen Philosophie der Neuplatoniker das Schema von zwei einander korrespondierenden Bewegungen nach „oben“ und „unten“ zugrundeliegt. Weisheit wird nach neuplatonischer Auffassung zunächst auf dem Wege des geistigen Aufstiegs entlang der Tugendgrade erreicht, an dessen Ende die möglichst vollkommene Ähnlichwerdung mit Gott steht („divinization of soul“). Von dieser Stufe aus wendet sich der Weise zurück in die Welt der Politik, wo er nun auf der Basis seiner vollkommenen Tugend und Gottähnlichkeit segensreich wirken und seine Bürgergemeinschaft an dem göttlichen Guten, das er geschaut hat, teilhaben lassen kann („divinization of political life“).22 Die hier zum Einsatz gelangende politische Tugend des Weisen ist perfekt, weil sie das Abbild seiner transzendenten Tugend ist. Augustins 155. Brief ist nicht nur nach dem Schema einer solchen doppelten Bewegung komponiert (Aufstieg zur eschatologischen Tugend in den Kapiteln 10–12, Rückkehr zur diesseitigen Tugend im 13. Kapitel); es geht Augustinus auch sachlich durchweg um die Frage, wie politische Macht nach dem Maßstab vollkommener (d.h. eschatologischer) christlicher Tugend ausgeübt und eine politische Gemeinschaft auf das Ziel des wahren, christlichen Glücks hin orientiert werden kann. Das Ideal einer solchen „christianization of politics“ ist in diesem Brief an einen christlichen Staatsmann spürbarer als in der eher theoretischen Schrift De civitate Dei und macht sich nicht nur in der philosophisch-theologischen Argumentation, sondern auch in den Bezugnahmen zur aktuellen Kirchenpolitik bemerkbar. Als christliche Adaptation der neuplatonischen Lehre von den Tugendgraden in einem konkreten politischen Kontext kann Augustins 155. Brief Interesse bean-
20 Plot. I 2, 1, 1–27. Aristoteles hatte nachdrücklich die Transzendenz des Göttlichen über die politisch-soziale Tugend vertreten (EN VII 1, 1145 a 25–27; X 8, 1178 b 8–18). 21 Cic. Hort. fr. 110 Grilli = Aug. trin. 14, 12. 22 O’Meara (2003) 8–10; 73–80 (die Schlagworte z.B. ebd. 10; 71). Exegetisch begründen die Neuplatoniker diese Dynamik mit dem Wiederabstieg des Philosophen in die Höhle in der Politeia (R. VII 519 c–520 a).
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
220
Christian Tornau
spruchen; in diesem Sinne versteht sich der folgende Interpretationsversuch als eine Art Fußnote zu Dominic O’Mearas Forschungen.
Augustins Tugenddiskussion im 155. Brief (ep. 155, 7–16) Augustinus beginnt den im eigentlichen Sinne politischen Teil seiner Überlegungen, den er mit einem diskreten Lob für die staatsmännische Tätigkeit des Macedonius markiert,23 mit der These, daß es ein und dasselbe höchste Gut sei, das das Glück einer Bürgergemeinschaft (civitas) und das einer Einzelperson (homo) sichere.24 Der Beginn mit dem Glücksbegriff ist nicht nur wegen der eudaimonistischen Thematik des gesamten Briefs sachgerecht, sondern auch darum, weil im antiken Staatsdenken traditionell das Wohlergehen der Bürger – im Gegensatz zum Wohlergehen eines Einzelnen oder einer Gruppe und insbesondere zum Eigeninteresse des Regierenden – als Ziel verantwortlichen staatsmännischen Handelns angesehen wird.25 Freilich hat man dieses politische Wohlergehen selten als das Telos im eudaimonistischen Sinne interpretiert – auch nicht im Kontext der neuplatonischen Lehre von den Tugendgraden: Die späten Neuplatoniker seit Proklos bezeichnen das von den politischen Tugenden bewirkte Glück terminologisch als „politisches Glück“ (πολιτικὴ εὐδαιμονία) und grenzen es damit implizit von anderen, höheren Formen des Glücks ab.26 Augustins Identifikation von individuellem und politischem Glück ist vor diesem Hintergrund alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Sie ist jedoch fundamental für seine eigene Lehre von den zwei Bürgergemeinschaften in De civitate Dei. Diese sind primär „metaphysische
23 ep. 155, 7 (CSEL 44, 437, 13): quoniam vero te rei publicae scimus amatorem. 24 ep. 155, 7 (CSEL 44, 437, 13f.): non aliunde esse beatum hominem, aliunde civitatem. 25 Vgl. Pl. R. I 342 e; VII 519 e; O’Meara (2003) 87 mit weiteren Belegen, z.B. Dam. in Phd. I 32 mit der Unterscheidung von „Herrscher“ und „Despot“: εἴπερ ὁ δεσπότης οὐ τὸ τοῦ δούλου σκοπεῖ ἀγαθόν, ἀλλὰ τὸ ἑαυτοῦ; ταύτῃ γὰρ διαφέρει τοῦ ἄρχοντος. Daß das Eigenwohl (res privata) hinter dem Gemeinwohl (res publica) zurückstehen muß, ist auch ein Grundgedanke traditionellrömischen Staatsdenkens, vgl. Lucil. fr. 1337f. Marx; Cic. off. 1, 58. 26 Procl. in remp. 1, 26, 29–27, 6 Kroll und häufig im Gorgias-Kommentar des Olympiodor, z.B. Olymp. in Gorg. 35, 1, p. 178, 7–12 Westerink; 45, 1, p. 232, 6f.; vgl. O’Meara (2003) 90 mit Anm. 16. Im an den Tugendgraden orientierten Lektürekanon der späten Neuplatoniker vertritt der Gorgias die Stufe der politischen Tugenden (O’Meara [2003] 63). Zum politischen – statt individualethischen – Charakter der πολιτικὴ εὐδαιμονία vgl. Gertz 2011, 53–55.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
221
Ordnungsgebilde“27 und nie ganz deckungsgleich mit staatlichen oder kirchlichen Institutionen; das Kriterium der Zugehörigkeit eines Individuums zur civitas Dei bzw. zur civitas terrena ist allein die richtige oder falsche Bestimmung des höchsten Guten und Ziels allen Strebens, augustinisch gesprochen: die Liebe zu Gott oder die exzessive Liebe zu sich selbst.28 Diesen Bezug zu De civitate Dei stellt Augustinus am Ende des Abschnitts mit einem Selbstzitat ausdrücklich her.29 Im Rahmen von Augustins gegenwärtiger Argumentation leistet die Gleichsetzung aber noch etwas anderes: Sie wird es ihm weiter unten im 10. Kapitel erlauben, an den tradierten Begriff des politischen Wohlergehens strenge eudaimonistische Anforderungen zu stellen und entsprechende Schlußfolgerungen für die Tugend des Staatsmanns zu ziehen. Vorläufig allerdings sucht er für sie einen biblischen Beleg und findet ihn in dem Psalmenvers: Glücklich das Volk, dessen Gott der Herr ist (beatus populus, cuius dominus deus ipsius; Ps 143, 15 = ep. 155, 7).
Nach Augustins Exegese identifiziert der Psalmist hier Gott mit dem höchsten Gut, im Gegensatz zu den landläufig als glückssichernd angesehenen materiellen Gütern, die er unmittelbar zuvor (Ps 143, 12–14) erwähnt und als irrelevant zurückgewiesen hat. Augustinus hat diese eigenwillige, an den Grundfragen der hellenistischen Ethik orientierte Interpretation des Psalmentextes verschiedentlich und vor allem in Predigten (also mit einer klar pastoralen Intention) vorgetragen.30 Eine Besonderheit des 155. Briefes ist jedoch, daß Augustinus der Stelle hier eine ausdrücklich gnadentheologische Deutung gibt: Dann tut er, als hätten wir gefragt: „Was meinst du selbst? Welches Volk bezeichnest du als glücklich?“ und antwortet nicht: „Glücklich das Volk, das Tugend der Seele besitzt.“ Hätte er das gesagt, so hätte er zwar auch dieses Volk von demjenigen unterschieden, welches das glückselige Leben in diesem sichtbaren und körperlichen Glück ansetzt; er hätte aber trotz-
27 Maier (1955) 155. 28 Vgl. bes. civ. 14, 28. Zu Gott und dem ewigen Leben als kollektivem Telos der civitas Dei vgl. civ. 19, 4. 29 ep. 155, 9 (CSEL 44, 439, 21–440, 2 = civ. 1, 15, CCL 47, 17, 47f.): non enim aliunde beata civitas, aliunde homo, cum aliud civitas non sit quam concors hominum multitudo. 30 Die wichtigsten Stellen sind en. Ps. 51, 15f.; 120, 8 (Verbindung mit Hiob); 143, 17–19; s. 32, 24–28; s. 113, 5f. Vgl. außerdem en. Ps. 37, 25; 53, 6; 55, 16; 108, 8; 136, 16; s. 150, 9; s. Lambot 4; s. Dolbeau 16, 14; bapt. 6, 60 (Anwendung auf die Häretiker). Der früheste Beleg ist c. Adim. 18. Ps 143, 15 wird in civ. 19, 26 noch einmal knapp als Telosformel zitiert; ähnlich ep. 130, 24. Eigenwillig (und von der Gestalt des Augustinus vorliegenden lateinischen Bibeltextes abhängig) ist die Exegese insofern, als dem Original eine Antithese des in Ps 143, 12–14 geschilderten äußeren Wohlergehens und der auf Gott bezogenen Schlußformel in Ps 143, 15 natürlich ganz fern liegt.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
222
Christian Tornau
dem noch nicht alle „Eitelkeiten und wahnwitzigen Lügen“ (Ps 39, 5) hinter sich gelassen. Denn „verflucht ist jeder“, wie die Hl. Schrift an anderer Stelle lehrt, „der seine Hoffnung auf einen Menschen setzt“ (Jer 17, 5); also darf man sie auch auf sich selbst nicht setzen, da man ein Mensch ist.31
Augustinus interpretiert Ps 143, 15 hier als Zurückweisung nicht nur des hedonistisch-materiellen Glücksverständnisses, sondern auch der stoischen Bestimmung des höchsten Guts als virtus animi, in der sich für ihn der in den Anfangskapiteln kritisierte Hochmut des „philosophischen“ Autarkiedenkens manifestiert.32 Damit ist die Exegese des Verses exakt parallel zu derjenigen von Ps 72, 28 („Für mich aber ist es gut, Gott anzuhangen“ – mihi autem adhaerere deo bonum est) im 10. Buch von De civitate Dei.33 Ps 72, 28 gilt Augustinus seit den Frühschriften als biblische Telosformel34 und wird in De civitate Dei explizit als Antwort auf die philosophische Frage nach dem höchsten Gut und als Alternative zu den Angaben der Epikureer und Stoiker eingeführt. Der Satz „Glücklich das Volk, dessen Gott der Herr ist“ (Ps 143, 15) erscheint im 155. Brief so als die kollektive Variante der eher individuell ausgerichteten Telosformel des 72. Psalms, die Augustinus an späterer Stelle unseres Briefs gleichfalls zitieren wird.35 Tugend und Glück, so Augustins Schlußfolgerung, haben ihre Grundlage nirgendwo anders als in Gott und in der demütigen Anerkennung unserer Abhängigkeit von seiner Güte und Gnade – und dies gilt für den Einzelnen ebenso wie für die staatliche Gemeinschaft.36 Augustinus fährt fort mit einigen ausgesprochen kritischen Aussagen zur politischen Tugend, die als Konsequenz (itaque) aus dem eben umrissenen Glücks-
31 ep. 155, 8 (CSEL 44, 438, 18–439, 5): huic autem … tamquam diceremus: ipse quid sentis? quem beatum populum dicis? non ait: beatus populus, cuius est virtus animi eius. quod si dixisset, discrevisset quidem etiam istum populum ab illo, qui beatam vitam in ista visibili et corporali felicitate constituit, sed nondum transcendisset omnes vanitates et insanias mendaces. maledictus enim omnis, sicut alibi eaedem litterae docent, qui spem suam ponit in homine; ergo nec in se ipso quisque debet, quia et ipse homo est. Vgl. s. 150, 9: beatus enim populus cuius non voluptas carnis, cuius non virtus propria, sed beatus populus cuius est dominus deus ipsius. 32 Mit dem Zitat von Ps 39, 5 greift Augustinus zurück auf ep. 155, 6 (CSEL 44, 436, 16–18). 33 civ. 10, 18: eius enim propheta veracissimus ait: mihi autem adhaerere deo bonum est. de fine boni namque inter philosophos quaeritur, ad quod adipiscendum omnia officia referenda sunt. nec dixit iste: mihi autem divitiis abundare bonum est […], aut, quod nonnulli etiam philosophorum dicere non erubuerunt: mihi voluptas corporis bonum est; aut quod melius velut meliores dicere visi sunt: mihi virtus animi mei bonum est; sed: mihi, inquit, adhaerere deo bonum est. 34 Der früheste Beleg ist mor. 1, 26. 35 ep. 155, 12 (CSEL 44, 442, 17f.) In s. 32, 28 wird der Vers direkt mit Ps 143, 11–15 in Verbindung gebracht. 36 Vgl. ep. 155, 9.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
223
begriff vorgetragen werden, aber nichtsdestoweniger in einer überraschenden und – wie nicht selten in Augustins Briefen37 – bewußt schockierenden Weise formuliert sind: Wenn daher deine ganze Klugheit (prudentia), mit der du für die Angelegenheiten der Menschen sorgst; deine ganze Tapferkeit (fortitudo), aufgrund derer du dich von niemandem durch unrechtmäßigen Druck schrecken läßt; deine ganze Mäßigung (temperantia), mit der du dich angesichts des so verbreiteten schädlichen Einflusses übler menschlicher Gewohnheit38 von jeder Korruption freihältst; deine ganze Gerechtigkeit (iustitia), mit der du durch korrekte Urteile jedem das Seine zuteilst, mit aller ihrer Anstrengung nur darauf zielt, daß diejenigen, deren Wohlergehen du möchtest, körperlich unversehrt sind und, vor jedem bösartigen Übergriff anderer geschützt, in Frieden leben, so daß „ihre Söhne stark sind wie junge Bäume […]“:39 dann werden deine Tugenden keine wahren Tugenden sein, und ebensowenig wird das Glück dieser Leute wahres Glück sein.40
Es ist kein Wunder, daß Augustinus sich unmittelbar nach diesen Worten bei Macedonius für Mangel an Respekt (verecundia) entschuldigt.41 Das in dem langen bedingenden Satz der zitierten Periode gezeichnete Porträt des Macedonius unterscheidet sich in nichts von dem traditionellen Bild des idealen Staatsmanns: Macedonius besitzt alle vier Kardinaltugenden im Sinne der seit Platon und Cicero kanonischen Definitionen,42 was sich entsprechend seiner Funktion
37 Vgl. dazu Tornau (2006) 35f. 38 Augustinus nimmt hier ein von Macedonius selbst gebrauchtes Motiv auf. Vgl. ep. 152, 2: nunc, ut mores nostri sunt. Der Sittenverfall gehört natürlich zu den ältesten Topoi der römischen Literatur. 39 Ps 143, 12. In dem ausgelassenen Stück nimmt Augustinus die in ep. 155, 7 zitierte Schilderung des irdischen Glücks aus Ps 143, 12–14 paraphrasierend auf. 40 ep. 155, 10 (CSEL 44, 440, 3–14): itaque si omnis prudentia tua, qua consulere conaris rebus humanis, si omnis fortitudo, qua nullius iniquitate adversante terreris, si omnis temperantia, qua in tanta labe nequissimae consuetudinis hominum te a corruptionibus abstines, si omnis iustitia, qua recte iudicando sua cuique distribuis, id laborat, id nititur, ut hi, quibus vis ut bene sit, salvi sint corpore et ab omni cuiusquam inprobitate tuti atque pacati habeant filios sicut novellas constabilitas […], ita non erunt verae virtutes tuae sicut nec istorum beatitudo. 41 ep. 155, 10 (CSEL 44, 440, 14–16.) Vgl. ep. 155, 11, wo sich Augustinus dafür auf das antike Freundschaftsideal mit seiner Betonung der freimütigen Rede (libertas/παρρησία) beruft (155, 11 [CSEL 44, 441, 12]: tanto liberior quanto amicior; Cic. Lael. 44; 89–95). Zur Bedeutung des philosophischen παρρησία-Motivs in der spätantiken Politik vgl. Brown (1995) 83–94. 42 Dodaro (2004) 440 Anm. 31 mit Belegen. Plotin und Porphyrios hatten auf Definitionen der politischen Tugenden verzichtet, doch sind deren Definitionen bei Macrobius mit denen Augustins vergleichbar: et est politici prudentiae ad rationis normam quae cogitat quaeque agit universa dirigere ac nihil praeter rectum velle vel facere, humanisque actibus tamquam divinis arbitris providere […]: fortitudinis animum supra periculi metum agere nihilque nisi turpia timere, tolerare fortiter vel adversa vel prospera […]: temperantiae nihil adpetere paenitendum, in nullo legem mo-
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
224
Christian Tornau
als für die Gerichtsbarkeit zuständiger vicarius etwa bei der Tapferkeit im Widerstand gegen (politischen?) Druck auf die Gerichte und bei der Mäßigung in richterlicher Unbestechlichkeit äußert. Eine Ausnutzung seiner Machtposition für persönliche Zwecke liegt ihm fern, und sein ganzes staatsmännisches Handeln zielt auf Frieden und Sicherheit im Gemeinwesen. Insofern sie rein altruistisch ist, deckt sich Macedonius’ politische Tugend außerdem mit dem biblischen Gebot der Nächstenliebe, so daß man – im Wissen um sein christliches Bekenntnis – sogar versucht sein könnte, in ihm den idealen christlichen Staatsmann zu sehen. Umso irritierender wirkt es, wenn Macedonius in der Apodosis die wahre Tugend in lapidarer Weise abgesprochen wird. Um zu verstehen, welchen Anspruch Augustinus an die Tugend des christlichen Staatsmanns stellt, gilt es zunächst zu sehen, daß die Unterscheidung von Tugend und „wahrer“ Tugend, auf deren Basis er die Tugend des Macedonius beurteilt, der neuplatonischen Lehre von den Tugendgraden fremd ist.43 Es handelt sich vielmehr um das Augustins christlichem Eudaimonismus inhärente Unterscheidungsproblem von natürlicher oder „paganer“ und religiös gebundener, „christlicher“ Tugend, das Augustinus weder mit biblischen noch mit neuplatonischen Denkkategorien, sondern mit der ihm aus Cicero geläufigen stoischen Unterscheidung zwischen dem intentionalen Ziel (finis) und dem operativen Gehalt (officium) einer Handlung oder Disposition zu lösen versucht.44 Wahre Tugend muß in Augustins Augen notwendig zur wahren Glückseligkeit führen. Diese ist für ihn aber eschatologischer Natur und identisch mit der ewigen Seligkeit; sie ist folglich nur Christen zugänglich, so daß auch wahre Tugend notwendig christliche Tugend ist. Augustinus möchte jedoch nicht (in einer Art Abwandlung des stoischen Tugendrigorismus) die Tugend von Nichtchristen kurzerhand für nichtexistent erklären und etwa behaupten, daß die „pagane“ Tugend nur im homonymen Sinne Tugend sei und Sokrates und Catilina in moralischer Hinsicht gleich zu beurteilen seien. Damit stellt sich die Frage
derationis excedere, sub iugum rationis cupiditatem domare […]: iustitiae servare unicuique quod suum est (Macr. somn. 1, 8, 7). 43 Zum Folgenden vgl. Tornau (2006) 294–340; Tornau (2006a). Zu der dort von mir genannten Literatur ist zu ergänzen: Irwin (1999). Gaul vertritt in seiner Antwort auf Irwin jetzt wieder eine rigoristische Interpretation und versucht Schwierigkeiten entwicklungsgeschichtlich zu lösen. 44 Vgl. zu dieser Terminologie ep. 155, 10 (CSEL 44, 440, 18) (hoc intentionis fine); 155, 16 (CSEL 44, 446, 17f.) (hic in officio, ibi in fine). Augustins Quelle für die Begrifflichkeit von officium (καθῆκον) und finis (τέλος) ist vermutlich Cic. off. 1, 7f.; inv. 1,5 (inter officium et finem hoc interest, quod in officio, quid fieri, in fine, quid effici conveniat, consideratur). Zur Sache vgl. fin. 3, 58f. = SVF 3, fr. 498 = 59F Long-Sedley; D.L. 7, 107–109 = SVF 3. frr. 493; 495; 496 = 59C; E Long-Sedley. Bei Augustinus vgl. c. Iul. 4, 21: noveris itaque non officiis, sed finibus a vitiis discernendas esse virtutes. officium est autem quod faciendum est, finis vero propter quod faciendum est. Vgl. ibid. 4, 26; civ. 10, 18; mor. 2, 27.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
225
nach einem Unterscheidungskriterium von vitium und virtus im nichtreligiösen Bereich. Das teleologische Kriterium scheidet dafür aus – Handlungen von Nichtchristen können nie den richtigen finis haben, weil sie nie auf Gott ausgerichtet sind. Die einzige verbleibende Möglichkeit ist also, von der teleologischen Seite der Handlung abzusehen und sie allein nach dem jeweils ausgeübten oder nicht ausgeübten officium zu beurteilen (und auf dieser Basis den seine Triebe beherrschenden Sokrates moralisch über den ihnen unkontrolliert nachgebenden Catilina zu stellen). Ob man „pagane“ Tugend anerkennt oder nicht, ist also letztlich eine Frage der Perspektive: Aus der teleologisch-eudaimonistischen Sicht, die die Tugend an das wahre Glück bindet, ist es ausgeschlossen; unter einem rein operativen Blickwinkel ist es hingegen möglich, zumal Christen und Nichtchristen nicht selten dieselben officia ausüben und folglich in operativer Hinsicht dieselbe virtus besitzen.45 Der Gegenbegriff zur wahren Tugend (vera virtus) ist bei Augustinus demzufolge nicht die falsche Tugend oder das Laster, sondern die nichtteleologisch verstandene, auch Heiden zugängliche „bloße“ Tugend (virtus ipsa).46 Vor diesem Hintergrund ist das Entscheidende an Augustins Definitionen der politischen Tugenden in ep. 155, 10 nicht, daß sie konventionell sind,47 sondern daß sie ausschließlich operativ sind. Sie geben Verhaltensrichtlinien an, die man beachten muß, wenn man in einer bestimmten (in diesem Fall richterlichen) Funktion gemäß dem officium der jeweiligen Tugend handeln will. Das Telos, auf das diese Handlungen ausgerichtet sind, wird dagegen von den Definitionen nicht erfaßt und kann sogar variieren, ohne daß das Folgen für diese hätte: Wenn Augustinus den Handlungsmaximen des Macedonius hier hypothetisch attestiert, daß sie auf ein falsches Ziel, nämlich die bloß irdische Glückseligkeit,48 ausgerichtet sind, dann impliziert er damit, daß sie auch eine Neuorientierung auf das richtige Telos erhalten und dadurch zu wahren Tugenden werden könnten. Die Botschaft an Macedonius ist eindeutig: Die Tugend, die ihm Augustinus im zitierten Text – übrigens ohne Ironie – zuschreibt, ist „bloße“ Tugend (virtus) in demselben Sinne, wie es auch die Tugend der großen Staatsmänner der römischen
45 Vgl. ep. Io. tr. 8, 9 (Anwendung dieses Satzes auf die Gebote der Bergpredigt); c. Iul. 4, 30: si gentilis, inquis, nudum operuerit, numquid quia non est ex fide, peccatum est? (Julian, Ad Turbantium, fr. 114 [CCL 88]) prorsus in quantum non est ex fide, peccatum est; non quia per se ipsum factum, quod est nudum operire, peccatum est: sed de tali opere non in domino gloriari, solus impius negat esse peccatum. 46 Vgl. civ. 5, 19: neminem sine vera pietate, id est veri dei vero cultu, veram posse habere virtutem […]; eos tamen, qui cives non sint civitatis aeternae […], utiliores esse terrenae civitati, quando habent virtutem vel ipsam. 47 Dodaro (2004) 440–442. 48 ep. 155, 8 (CSEL 44, 438, 5): terrena felicitas. Vgl. die Exegese von Ps 143, 12–14 in en. Ps. 136, 16.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
226
Christian Tornau
Vergangenheit war, und sie ist ebensowenig wie diese geeignet, Macedonius das wahre Glück in der ewigen Seligkeit zu garantieren.49 Macedonius’ persönliches christliches Bekenntnis ändert daran nichts; wenn er glaubt, daß der vom traditionellen griechisch-römischen Staatsdenken geforderte bürgerliche Altruismus bereits die Anforderungen der biblisch geforderten Nächstenliebe erfüllt, dann befindet er sich im Irrtum.50 Das alles bedeutet keine Verwerfung der neuplatonischen politischen Tugenden, wohl aber die nachdrückliche Forderung ihrer Christianisierung.51 Augustins Konzeption eines, wie man sagen könnte, altruistischen Eudaimonismus ist ausgesprochen bemerkenswert: Neben unser naturgegebenes persönliches Streben nach dem wahren Glück52 muß das Streben nach dem wahren Glück der Mitbürger treten; ist das nicht der Fall, so führt unser persönliches Glücksstreben nicht zum Ziel, auch dann nicht, wenn wir das höchste Gut im christlichen Sinne richtig bestimmen. Die eudaimonistische Grundstruktur der Ethik wird also altruistisch erweitert, während zugleich an den Altruismus höchste eudaimonistische Anforderungen gestellt werden (Augustinus hat also nicht, wie manche seiner modernen Interpreten, in dem Gegensatz von Eudaimonismus und Altruismus als solchen das primär Trennende von christlicher und antiker Ethik gesehen). Nun ist Augustins Forderung aus eudaimonistischer Perspektive durchaus problematisch. Es ist nicht unmittelbar einsichtig, wie wir gleichsam stellvertretend für andere nach dem höchsten Gut streben können; und unser Einfluß auf die glücksrelevanten Faktoren im Leben anderer Menschen, etwa deren Tugend und Weisheit, ist naturgemäß begrenzt. Eine theoretische Rechtfertigung folgt erst in den Kapiteln 14–15, wo Augustinus – nach einem scheinbaren Umweg über die eschatologischen Tugenden – für die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe argumentiert. Für die praktisch-politische Anwendbarkeit des Prinzips spricht er
49 Vgl. die Fortsetzung in ep. 155, 10 (CSEL 44, 440, 16–441, 4): si quaelibet, inquam, adminis tratio tua illis, quas commemoravi, instructa virtutibus hoc intentionis fine determinatur, ut homines secundum carnem nullas iniquas molestias patiantur, nec ad te existimas pertinere, quo istam quietem, quam praestare niteris, referant, id est, ut verbis non ambiam, quo modo deum verum, ubi est quietae vitae omnis fructus, colant, nihil tibi prodest ad vitam vere beatam tantus labor. 50 Möglicherweise argumentiert Augustinus damit auch implizit gegen die unter christlichen Politikern seiner Zeit verbreitete Annahme, die christliche Religion sei Privatsache und in der politischen Praxis nicht anwendbar. Vgl. ep. 138 an Marcellinus und Dodaro (2004) 469–473. 51 In diesem Sinne spricht Dodaro (2004) 440; 443; 469 von „the transformation of the political virtues through faith, hope and love“ (469) als der zentralen Forderung des 155. Briefs. Allerdings werden die drei paulinischen Tugenden in ep. 155 nicht in einem Atemzug genannt; mir scheinen der Gnadengedanke und der eudaimonistisch aufgefaßte Liebesbegriff im Text prominenter zu sein. 52 Vgl. ep. 155, 6 (CSEL 44, 436, 15): si vere beati esse volumus, quod nolle non possumus.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
227
sich jedoch schon jetzt aus. Das 12. Kapitel, das insgesamt eine positive Spiegelung der negativen Aussagen von ep. 155, 10 zur politischen Tugend ist, beginnt folgendermaßen: Denn wenn du die Tugenden, die du erhalten hast (acceperis, vgl. 1Kor 4, 7), im Bewußtsein, von wem du sie erhalten hast, und mit Dank an ihn auch in diesen deinen weltlichen Ämtern seiner Verehrung zugute kommen läßt und die deiner Amtsgewalt unterworfenen Menschen sowohl durch das Beispiel deiner eigenen religiösen Lebensweise als auch direkt durch energisches fürsorgliches Handeln (ipso studio consulendi) – sei es durch Begünstigung, sei es durch Abschreckung – zu seiner Verehrung emporrichtest und heranführst und dadurch, daß sie dank deiner Tätigkeit in größerer Sicherheit leben, nichts anderes erreichen willst, als daß sie sich von hier aus um den verdient machen, bei dem sie glücklich leben werden, dann werden deine Tugenden wahre Tugenden sein …53
Es fällt sofort ins Auge, daß die Christianisierung der politischen Tugenden des Macedonius rein teleologischer Natur ist. In operativer Hinsicht können und sollen sie unverändert bleiben; auch Frieden und Sicherheit bleiben als Ziele politischen Handelns erhalten,54 werden nun aber in den Dienst eines höheren Ziels gestellt, so wie im 19. Buch von De civitate Dei die Bürgergemeinschaft Gottes den irdischen Frieden als ein hohes Gut anerkennt – freilich lediglich als ein mittleres, ihrem Streben nach Gott dienendes Gut und nicht, wie die auf den Bereich der Immanenz beschränkte irdische Bürgergemeinschaft, als das höchste Gut überhaupt.55 Als Konsequenz dieser teleologischen Neuorientierung fordert Augustinus von Macedonius jedoch auch eine Verhaltensänderung im Bereich der officia. Er soll den Kult des wahren Gottes durch ideelle und materielle Unterstützung und auch durch direkte Unterdrückung anderer Kulte fördern statt, wie es vielleicht ein paganer Statthalter täte, religionspolitische Toleranz zu üben. Augustinus läßt diesen Gedanken bereits gegen Ende des 10. Kapitels anklingen56 und wiederholt ihn im 15. Kapitel in ganz ähnlicher Formulierung, bevor er ihren konkreten kirchenpolitischen Hintergrund im Schlußkapitel offenlegt, wo er ein Edikt des Macedonius gegen die donatistischen Schismatiker zitiert.57 Augustins
53 ep. 155, 12 (CSEL 44, 441, 20–442, 7): si enim virtutes, quas accepisti, a quo acceperis, sentiens eique gratias agens eas ad ipsius cultum etiam in tuis istis saecularibus honoribus conferas tuaeque potestati subditos homines ad eum colendum et exemplo religiosae tuae vitae et ipso studio consulendi seu fovendo seu terrendo erigas et adducas nihilque aliud in eo, quod per te securius vivunt, velis, nisi ut hinc illum promereantur, apud quem beate vivent, et verae illae virtutes erunt … 54 CSEL 44, 442, 5: per te securius vivent; vgl. ep. 155, 10 (CSEL 44, 440, 9) pacati; CSEL 44, 441, 1 quietem. 55 Vgl. civ. 19, 11; 19, 17; Tornau (2006) 337f. 56 ep. 155, 10 (CSEL 44, 441, 2f.), zitiert oben Anm. 49. 57 Diese Stellen sollten unbedingt im Zusammenhang gelesen werden. Augustinus verfährt
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
228
Christian Tornau
Tugendlehre im 155. Brief ist also zumindest auch die theoretische Fundierung einer konkreten kirchenpolitischen Forderung, nämlich der energischen Umsetzung der nach der Synode von Karthago (411) erlassenen kaiserlichen Gesetzgebung gegen die Donatisten. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Betonung des Gnadengedankens zu Anfang des zitierten Textes eine besondere Bedeutung. Natürlich ist Demut (humilitas), d.h. das Bewußtsein des Angewiesenseins auf Gott, in Augustins Verständnis ein entscheidender Zug christlicher Tugend und damit ein wesentlicher Aspekt der von Macedonius geforderten Neuausrichtung seiner Tugend; und man wird auch eine antipelagianische Spitze vermuten dürfen. Doch zeugt der Gedanke an dieser Stelle m.E. auch von Augustins Wissen um die Risiken eines transzendent begründeten kirchenpolitischen Eingreifens der Staatsgewalt:58 Ohne humilitas würde die damit verbundene Machtausübung des Macedonius unweigerlich in Hochmut (superbia) und Tyrannei (libido dominandi), die Grundsünden der terrena civitas,59 abgleiten. Man kann die politische Philosophie Augustins an dieser Stelle also als eine Art gnadentheologisch gemilderten (kirchen-)politischen Paternalismus bezeichnen. Augustinus setzt dann die positive Spiegelung der kritischen Aussagen des 10. Kapitels fort und geht von der wahren politischen Tugend zur durch sie garantierten wahren, d.h. eschatologischen Glückseligkeit über. Zu unserer Überraschung erfahren wir nun, daß diese Tugenden in eben dem Zustand der Glückseligkeit, den sie selbst mit Gottes Hilfe herbeigeführt haben, überflüssig werden: … dann werden deine Tugenden wahre Tugenden sein und mit der Hilfe dessen, der sie dir durch seine Großzügigkeit geschenkt hat, so wachsen und sich vervollkommnen, daß sie dich ohne jeden Zweifel zum wahrhaft glücklichen Leben, das nur ein ewiges sein kann,60 führen werden. Dort wird nicht mehr durch Klugheit (prudenter) Schlechtes von Gutem unterschieden werden, weil es nichts Schlechtes geben wird; es wird nichts Widriges mehr tapfer (fortiter) ertragen werden, weil wir dort nur noch das haben werden, was wir lieben, und nichts, was wir ertragen müßten; die Begierde wird nicht mehr durch Mäßigung (temperanter) gezügelt werden, weil wir dort keinerlei Reizung durch sie spüren werden; und es werden nicht mehr durch Gerechtigkeit (iuste) die Bedürftigen unterstützt werden, weil wir dort niemanden mehr haben werden, der bedürftig und ohne Unterstützung ist.61
nach der tradierten rhetorischen Praxis der psychologischen Vorbereitung; vgl. Tornau (2006) 125f.; 415f.; Neumeister (1964) 71–77. 58 Zu diesem Problem vgl. Horn (2008). 59 Vgl. civ. 1 praef. 60 Ein Grundgedanke Augustins seit den Frühschriften (vgl. z.B. div. qu. 35, 2). Vgl. s. 84, 2; 150, 10; 306, 6. 61 ep. 155, 12 (CSEL 44, 442, 7–15): et verae illae virtutes erunt et illius opitulatione, cuius largitate donatae sunt, ita crescent et perficientur, ut te ad vitam vere beatam, quae non nisi aeterna est, sine ulla dubitatione perducant, ubi iam nec prudenter discernantur a bonis mala, quae non erunt,
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
229
Man könnte hierin durchaus eine Rezeption des neuplatonischen Stufungsdenkens sehen, in dem die politische Tugend zwar eine unentbehrliche Stufe des Aufstiegs des Weisen zu Gott ist, aber auf der Stufe der vollkommenen Anähnlichung an Gott überwunden ist und – dem Gedanken der Inklusion der niederen Tugenden in den höheren entsprechend – nur noch „nebenbei“ ausgeübt wird.62 Es ist aber folgendes zu beachten: Zwar sind die neuen Definitionen Augustins (mit der Ausnahme der Gerechtigkeit) gegenüber der Betonung der politisch-sozialen Seite der Tugend im 10. Kapitel stärker verinnerlicht und erinnern an die von den Neuplatonikern als spezifische Leistung der politischen Tugenden hervorgehobene Metriopathie.63 Doch sind auch diese Definitionen nicht teleologisch, sondern nach wie vor operativ, insofern sie als die Grundfunktion diesseitiger menschlicher Tugend – gleichsam ihr allgemeinstes officium – die Bewältigung von Versuchungen, Anfechtungen, Furcht und generell den Übeln dieser Welt benennen. Das entspricht einer häufig geäußerten Auffassung Augustins von der Hauptaufgabe der Tugend im Leben der Menschen – Christen wie Nichtchristen – in dieser Welt.64 Daß dieses officium der Tugenden im Jenseits wegfällt, liegt auf der Hand. Da Augustinus jedoch die Tugenden des Macedonius jetzt als wahre Tugenden bezeichnet hat, müssen sie über die eben vorgetragenen operativen Definitionen hinaus noch ein Telos (finis) besitzen, das auch nach Wegfall der officia im Jenseits durchaus fortbestehen könnte. Dieses Telos ist die Liebe zu Gott; auf sie zentriert Augustinus jetzt seine Definitionen der eschatologischen Tugenden, die rein teleologisch sind: Dort wird die Tugend nur eine sein, und Tugend und Lohn der Tugend werden dasselbe sein – so wie es in der Hl. Schrift ein Mensch formuliert, der dies liebt: „Für mich aber ist es gut, Gott anzuhangen“ (Ps 72, 28). Hierin wird dort die volle und immerwährende Weisheit bestehen, die zugleich das wahrhaft glückselige Leben ist; sie ist ja das Erreichen des ewigen und höchsten Guten, dem in Ewigkeit anzuhangen das Äußerste unseres Guten ist.65
nec fortiter tolerentur adversa, quia non ibi erit, nisi quod amemus, non etiam, quod toleremus, nec temperanter libido frenetur, ubi nulla eius incitamenta sentiemus, nec iuste subveniatur ope indigentibus, ubi inopem atque indiguum non habebimus. 62 Vgl. Plot. I 2, 1, 21–23; Porph. sent. 32, p. 30, 2–5 Lamberz. Laut Porphyrios werden die niederen Tugenden von dem Weisen nur noch „entsprechend den Umständen der Werdewelt“ ausgeübt. 63 Plot. I 2, 2, 13–22; der Terminus μετριοπάθεια bei Porph. sent. 32, p. 23, 4; p. 25, 6–9; p. 29, 14; p. 34, 19f.; vgl. Macr. somn. 1, 8, 11. 64 Vgl. civ. 19, 4; trin. 13, 9f. Vgl. Tornau (2006) 333–337; Dodaro (2004) 440f. 65 summum bonum – finis nostri boni: Augustinus unterscheidet in platonischer Tradition zwischen dem absoluten höchsten Gut (Gott) und dem höchsten menschlichen Gut (Schauen Gottes); vgl. Alcin. Did. 27, p. 179, 35–42.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
230
Christian Tornau
Man kann sie Klugheit (prudentia) nennen, weil sie mit höchster Voraussicht dem Guten anhangen wird, das nicht verloren werden kann; Tapferkeit (fortitudo), weil sie mit größter Festigkeit dem Guten anhangen wird, von dem sie nicht losgerissen werden kann; Mäßigung (temperantia), weil sie mit größter Keuschheit dem Guten anhangen wird, bei dem sie nicht korrumpiert66 werden kann; Gerechtigkeit (iustitia), weil sie in absolut richtiger Weise dem Guten anhangen wird, dem sie mit Recht untertan ist.67
Wir befinden uns hier offensichtlich auf der Stufe der neuplatonischen theoretischen Tugenden, die wie Augustins eschatologische Tugenden miteinander eins und ganz auf das reine Sein bezogen sind.68 Allerdings gibt es für Augustinus keine neuplatonische Einswerdung mit dem höchsten Seienden; die Differenz von Schöpfer und Geschöpf bleibt auch im Eschaton bestehen, und die Verfaßtheit auch des erlösten Geschöpfs bleibt eine final auf Gott ausgerichtete. Daher gilt die Telosformel des 72. Psalms für das Jenseits wie für das Diesseits, und Tugend – verstanden als „Anhangen an Gott“ oder, nach einer bekannten Definition Augustinus, als „rechte Ordnung der Liebe“ (ordo amoris)69 – ist auch dort, oder besser erst dort, notwendige und hinreichende Bedingung der Glückseligkeit. In diesem Sinne setzt Augustinus für die eschatologische Tugend das stoische Prinzip der Autarkie der Tugend wieder in sein Recht, das er im ersten Teil des Briefs mit Bezug auf das Diesseits als philosophische Selbstüberschätzung gebrandmarkt hatte.70 Genauer gesagt, wird Tugend deswegen identisch mit dem Glück, weil für sie nur noch ihr glückssicherndes Telos (Gott) existiert und ihre mit dem für die diesseitige Welt konstitutiven Unglück assoziierten und durch dieses erst notwendig gewordenen officia gegenstandslos geworden sind. Diese recht klare Lösung generiert jedoch zwei Probleme. Zum einen ist zwar hinreichend deutlich geworden, daß auch die diesseitige, politische Tugend nicht nur eine operative, sondern auch eine teleologische Seite hat; worin die letztere
66 corrumpatur: Augustinus spielt mit dem Doppelsinn von moralischer und finanzieller Korruption (zu letzerer vgl. ep. 155, 10 [CSEL 44, 440, 6]). 67 ep. 155, 12 (CSEL 44, 442, 15–443, 6): una ibi virtus erit et id ipsum erit virtus praemiumque virtutis, quod dicit in sanctis eloquiis homo, qui hoc amat: mihi autem adhaerere deo bonum est. haec ibi erit plena et sempiterna sapientia eademque vita veraciter iam beata; perventio quippe est ad aeternum ac summum bonum, cui adhaerere in aeternum est finis nostri boni. dicatur haec et prudentia, quia prospectissime adhaerebit bono, quod non amittatur, et fortitudo, quia firmissime adhaerebit bono, unde non avellatur, et temperantia, quia castissime adhaerebit bono, ubi non corrumpatur, et iustitia, quia rectissime adhaerebit bono, cui merito subiciatur. 68 Plot. I 2, 6, 1–8; 13–27. Zur Einheit der Tugenden vgl. Plot. I 2, 7, 1–10; Porph. sent. 32, p. 27, 3–28, 5; Dodaro (2004) 462–464. 69 civ. 15, 22. John Rist paraphrasiert das treffend mit „love that knows its priorities“ (Rist [1994] 173). 70 Vgl. bes. ep. 155, 2.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
231
jedoch genau besteht, hat Augustinus weitgehend im Vagen gelassen. Betrachtet man vollends nur die Kataloge der Tugenddefinitionen, so erscheint die eschatologische Tugend, wie soeben gesehen, als eine rein teleologische Tugend ohne officia, während die diesseitigen Tugenden als officia ohne finis erscheinen. Der Verdacht der Homonymie drängt sich hier geradezu auf. Zum anderen ist im Zusammenhang mit der jenseitigen Tugend nicht mehr von dem im 10. Kapitel so auffälligen „altruistischen Eudaimonismus“ die Rede gewesen; Augustinus hat sogar die kollektive Telosformel von ep. 155, 7–9 („Glücklich das Volk, dessen Gott der Herr ist“, Ps 143, 15) durch die eher individuell klingende des 72. Psalms ersetzt („Es ist gut für mich, Gott anzuhangen“). Es stellt sich also die Frage nach dem Bezug der politischen Tugend zum Telos – ist sie womöglich, ähnlich wie im Neuplatonismus, nur eine zu überwindende Vorstufe auf dem Weg dorthin? Um beide Fragen zu beantworten, wendet sich Augustinus im letzten Hauptteil (ep. 155, 13–16) wieder dem diesseitigen Bereich zu, trägt teleologische Definitionen der diesseitigen Tugenden nach und setzt seine bisherigen Ausführungen in Bezug zu dem biblischen Gebot der Gottes- und Nächstenliebe. Der erste Katalog von Tugenddefinitionen für das Diesseits folgt unmittelbar auf die Definitionen der eschatologischen Tugenden: Indessen bedeutet auch in diesem Leben Tugend nichts anderes, als das zu lieben (diligere), was zu lieben ist. Dies auszuwählen, ist Klugheit (prudentia); durch keinerlei Bedrängnis davon abgebracht zu werden, Tapferkeit (fortitudo); durch keinerlei Verlockungen [davon abgebracht zu werden], Mäßigung (temperantia); durch keinerlei Hochmut [davon abgebracht zu werden], Gerechtigkeit (iustitia). Was aber sollten wir auswählen, um es mehr als alles andere zu lieben? Doch nur das, was das Beste ist, was wir finden können. Das ist Gott …71
Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß diese Definitionen nach dem Vorbild der vorausgehenden Definitionen der eschatologischen Tugenden gestaltet sind und diese voraussetzen.72 Um die diesseitigen Tugenden teleologisch
71 ep. 155, 13 (CSEL 44, 443, 7–11): quamquam et in hac vita virtus non est nisi diligere, quod diligendum est; id eligere prudentia est, nullis inde averti molestiis fortitudo est, nullis inlecebris temperantia est, nulla superbia iustitia est. quid autem eligamus, quod praecipue diligamus, nisi quo nihil melius invenimus? hoc deus est … 72 Robert Dodaro nennt sie „paradigms“ oder „models“ der diesseitigen christlichen Tugenden (Dodaro [2004] 442; 463). Dies ist besonders an den Definitionen der Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit zu erkennen; z.B. korrespondiert superbia (ep. 155, 13 [CSEL 44, 443, 10]) mit cui merito subiciatur (ep. 155, 12 [CSEL 44, 443, 6]): Hochmut ist für Augustinus der Unwille des Menschen, sich dem unterzuordnen, was in der realen Ordnung der Dinge über ihm steht (vgl. z.B. civ. 19, 25).
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
232
Christian Tornau
denken zu können, benötigt Augustinus den Begriff der Liebe, den er zunächst in seiner eschatologischen Reinform einführt und dann auf das Diesseits überträgt. Wenn seine rhetorisch-didaktische Disposition hier an die neuplatonische Folge vom Aufstieg des Weisen zur Gottähnlichkeit und anschließendem Abstieg in die „Höhle“ erinnert, so folgt daraus freilich noch nicht, daß Augustinus auch sachlich oder ontologisch ein neuplatonisches Vorbild–Abbild–Verhältnis zwischen den eschatologischen und den diesseitigen Tugenden annimmt.73 Er erwähnt ein solches Verhältnis mit keinem Wort und impliziert es auch nicht. Vielmehr scheint es, daß er die Tugenden wieder nach ihren Bestandteilen officium und finis analysiert. Seine Definitionen der diesseitigen Tugenden sind nicht rein teleologisch und können es auch nicht sein, weil diese Tugenden wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Welt notwendig einen operativen, auf die Bekämpfung der Übel ausgerichteten Aspekt haben. Ihrem Telos nach sind sie Liebe zu Gott (diligere, quod diligendum est), nicht anders als die eschatologische Tugend selbst. Zugleich aber hat jede Tugend ein officium, durch das sie einer der Liebe zu Gott entgegenwirkenden Versuchung widersteht – Furcht, Begierde, Hochmut – oder Gott als den höchsten Gegenstand der Liebe erst auswählt, was voraussetzt, daß es eine zumindest subjektive Alternative gibt. Diese officia ähneln durchaus denjenigen der Definitionen aus Kapitel 12, mit dem Unterschied, daß sie nun auf Gott als ihr höchstes Ziel festgelegt sind. Die diesseitigen Tugenden des Christen sind also wie die eschatologischen Tugenden wahre Tugenden, weil sie mit ihnen in teleologischer Hinsicht identisch sind – so wie die pagane Tugend wie die wahre Tugend Tugend ist, weil sie mit ihr hinsichtlich ihrer officia übereinstimmt. Augustinus löst das Problem der Homonymie also nicht, indem er, wie die Neuplatoniker, die niederen Tugenden platonische Abbilder der höheren sein läßt, sondern indem er ihre Identität mit diesen in einer, freilich wesentlichen, Hinsicht – dem Telos – behauptet.74 Die zweite vorhin gestellte Frage nach dem politischen Charakter der teleologisch begriffenen Tugend sucht Augustinus ebenfalls mit Hilfe des Liebesbegriffes zu beantworten. So wie er die Tugenddefinitionen des 13. Kapitels formuliert
73 Dieser Ansicht scheint Horn (2008) 139–141 zu sein. 74 Entsprechend verstehe ich auch civ. 19, 27: ipsa quoque nostra iustitia, quamvis vera sit propter verum boni finem, ad quem refertur, tamen tanta est in hac vita, ut potius remissione peccatorum constet quam perfectione virtutum. Die diesseitige Gerechtigkeit ist gegenüber der jenseitigen reduziert, weil sie unvermeidlicherweise einen mit unserer Sündhaftigkeit assoziierten officiumAspekt hat (anders Horn [2008] 140). Man muß hier bedenken, daß das wichtigste der diesseitigen Übel, mit denen die Tugenden kämpfen, das „Begehren des Fleisches wider den Geist“ (Gal 5, 17), d.h. der ständige innere Konflikt zwischen widerstreitenden guten und schlechten Willensrichtungen ist (vgl. z.B. civ. 19, 4 und sehr häufig in den antipelagianischen Schriften).
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
233
hatte, ist Liebe (diligere) gleichbedeutend mit dem eudaimonistischen Streben nach dem höchsten Gut – wir lieben Gott und sollen ihn lieben, weil es für uns kein größeres Gut gibt als ihn. Im nächsten Schritt identifiziert Augustinus diese Liebe jedoch mit der Gottesliebe des biblischen Doppelgebots (Mt 22, 37–40; Mk 12, 35–37; Lk 20, 41–44: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Sinn, und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“).75 Er legt das Liebesgebot also eudaimonistisch aus, eine Exegese, die bei ihm durchaus geläufig ist. Für Augustins gegenwärtigen argumentativen Zweck ist die Identifikation jedoch deswegen entscheidend, weil sie ihm die Möglichkeit gibt, die Untrennbarkeit der (eudaimonistisch verstandenen) Gottesliebe von der Nächstenliebe zu zeigen und so den Nachweis zu führen, daß die wahre christliche Tugend nicht nur unter operativer, sondern auch unter teleologischer Perspektive – qua Liebe – politisch ist. Kurz gefaßt, lautet Augustins Argument: Von den drei Arten von Liebe, die das biblische Gebot erwähnt – Gottesliebe, Selbstliebe und Nächstenliebe – fallen die beiden ersteren in eins, weil die recht verstandene Selbstliebe in nichts anderem als dem Erstreben des für uns selbst Besten, also in Gottesliebe, bestehen kann. Wenn wir nun, wie es unsere Pflicht als Christen ist, das Gebot der Nächstenliebe befolgen und unseren Nächsten so lieben wie uns selbst, so werden wir auch für ihn nichts anderes erstreben als das, was wir als das für uns selbst Beste erkannt haben, also Gott.76 Damit hat Augustinus dem im 10. Kapitel in deutlicher Abweichung von der antiken Tradition postulierten „altruistischen Eudaimonismus“ eine theoretische Begründung gegeben, die dort noch gefehlt hatte, weil Augustinus für sie das Verständnis von Tugend als Liebe benötigte und dafür den gedanklichen Weg über die eschatologischen Tugenden gehen mußte. Auf dieser Grundlage vermag Augustinus nun den Definitionen der diesseitigen Tugenden als Formen der Gottesliebe (ep. 155, 13) analoge Definitionen als Formen der Nächstenliebe an die Seite zu stellen:
75 Paraphrasiert in ep. 155, 14 (CSEL 44, 444, 7–10); Zitat von Mt 22, 40: ep. 155, 15 (CSEL 44, 445, 10f.) Schon in der Frühschrift De moribus (388 v. Chr.) findet die Tugenddiskussion im Horizont des Liebesgebots statt (vgl. mor. 1, 13; 18; 22). 76 ep. 155, 14–15. Diese Deutung des Verhältnisses von Gottesliebe, Selbstliebe und Nächstenliebe ist bei Augustinus geläufig. Der klassische Text ist doctr. chr. 1, 20–37, wo Gottes- und Nächstenliebe mit Hilfe der Begrifflichkeit von frui und uti analysiert werden, die auch in unserem Brief einmal anklingt (ep. 155, 11 [CSEL 44, 441, 16]: ut in illo [= deo] te fruar, nach Philem 20; vgl. doctr. chr. 1,37). In trin. 8, 10–12 begründet Augustinus die Identität von Gottes- und Nächstenliebe mit 1Joh 4, 8; 16 (deus dilectio est): Da Liebe reflexiv ist, liebt, wer den Nächsten liebt, auch die Liebe und damit Gott. Vgl. zum Ganzen O’Donovan (1980) 37–92.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
234
Christian Tornau
(Der Mensch) muß also Gott lieben und seinen Nächsten wie sich selbst, damit er jeden Menschen, bei dem es ihm möglich ist, durch tröstende Hilfe oder belehrende Erziehung (informatione doctrinae) oder disziplinarischen Zwang (disciplinae cohercitione) zur Verehrung Gottes bringt – im Wissen, daß an diesen zwei Geboten das ganze Gesetz und die Propheten hängen (vgl. Mt 22, 40 etc.). (16) Wer das mit nüchterner Unterscheidung auswählt, ist klug (prudens); wer sich hiervon durch keinerlei Bedrängnis abbringen läßt, ist tapfer (fortis); wer sich [hiervon] durch keine andere Art von Genuß [abbringen läßt], ist maßvoll (temperans); wer sich [hiervon] durch keinerlei Selbstüberhebung (elatione, ein alternativer Ausdruck für superbia) [abbringen läßt], ist gerecht (iustus).77
Daß dieser Katalog zu dem des 13. Kapitels komplementär ist, läßt sich an den engen Übereinstimmungen im Wortlaut und in der syntaktischen Gestaltung ablesen.78 Von Bedeutung ist, daß die christliche Nächstenliebe – zumindest auf der politischen Ebene, aber womöglich nicht nur dort – dezidiert pädagogischpaternalistisch gefaßt wird.79 Augustins Formulierungen nehmen die vorhin (ep. 155, 12 [CSEL 44, 442, 2–5]) vorgetragene Forderung nach staatlichem Eingreifen zugunsten der wahren Religion wieder auf; so wie dieses vorhin ein Kriterium christlicher politischer Tugend war, läßt Augustinus es jetzt als notwendige Konsequenz, ja fast als Wesen der biblisch geforderten Nächstenliebe erscheinen, als die sich die christliche politische Tugend inzwischen erwiesen hat. Gewiß formuliert Augustinus möglichst allgemein, was sicher nicht nur mit diplomatischer Diskretion zu tun hat, sondern auch damit, daß das Bemühen um die Konversion des Nächsten nicht auf den politischen Horizont beschränkt, sondern Aufgabe jedes Christen ist. Es sollte dennoch nicht übersehen werden, daß der Terminus für staatlichen Glaubenszwang (coercitio) nun ausdrücklich fällt. Augustinus formuliert bewußt deutlicher als im 12. Kapitel und bereitet die explizite Erwähnung von Macedonius’ antidonatistischen Maßnahmen im Schlußkapitel rhetorisch vor. Die coercitio ist unmittelbarer Ausdruck der Nächstenliebe des christlichen
77 ep. 155, 15–16 (CSEL 44, 446, 3–10): debet ergo et deum diligere et proximum tamquam se ipsum, ut quem potuerit hominem vel beneficentiae consolatione vel informatione doctrinae vel disciplinae cohercitione adducat ad colendum deum, sciens in his duobus praeceptis totam legem prophetasque pendere. (16) hoc qui sobria discretione eligit, prudens est; qui nulla hinc afflictione avertitur, fortis est, qui nulla alia delectatione, temperans est, qui nulla elatione, iustus est. Die Kapiteleinteilung der Mauriner ist hier unglücklich. 78 Besonders auffällig ist die mehrfache Ellipse von inde averti in ep. 155, 13 und von hinc … avertitur in ep. 155, 16, beide Male mit nachgestellter Nennung der betreffenden Tugend. 79 Man kann sich an augustinische Äußerungen des Typs erinnert fühlen, daß wir den Nächsten entweder lieben, weil er gerecht ist, oder damit er gerecht wird, womit der pädagogische Anspruch ebenfalls artikuliert ist (vgl. z.B. trin. 8, 9: qui ergo amat homines, aut quia iusti sunt aut ut iusti sint amare debet. sic enim et se ipsum amare debet aut quia iustus est aut ut iustus sit; sic enim diligit proximum tamquam se ipsum).
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
235
Staatsmanns – ein Argument für den staatlichen Glaubenszwang, das zwar in der Konsequenz augustinischen Denkens liegt,80 aber, soweit ich sehe, in Augustins sonstigen Rechtfertigungen der coercitio ohne Parallele ist.81 Der Grund für diese Differenz ist sicher, daß Augustinus hier nicht, wie etwa im 93. und 185. Brief, Kritikern der staatlichen antidonatistischen Maßnahmen antwortet, sondern einen Akteur derselben in seinem Tun zu bestärken sucht. Augustinus beschließt seine Überlegungen mit einem bemerkenswerten Text über die Identität der diesseitigen und der eschatologischen Tugenden: Denn es sind dieselben Tugenden: hier in der Ausübung, dort in der Wirkung, hier im Werk, dort im Lohn, hier in der zukommenden Handlung, dort im Ziel (hic in officio, ibi in fine). Darum werden alle Guten und Heiligen selbst unter den schlimmsten Martern dank göttlicher Hilfe glücklich genannt wegen der Hoffnung auf jenes glückselige Ziel, an dem sie glücklich sein werden; denn wenn sie unter denselben Martern und unerträglichsten Schmerzen ewig leiden müßten, würde niemand, der bei gesundem Verstand ist, bezweifeln, daß sie elend sind, wie groß ihre Tugenden auch sein mögen.82
Augustinus formuliert den Gedanken nun ausdrücklich mit der Begrifflichkeit von officium und finis, die, wie wir sahen, seiner Tugenddiskussion von Anfang an zugrunde liegt. Natürlich signalisiert die Formulierung hier auch eine Differenz. Es handelt sich dabei aber nicht um die Differenz von Urbild und Abbild und auch nicht um die Differenz zwischen zwei Tugendstufen; sie liegt vielmehr darin, daß
80 Gallay (1955) hat die berühmte Formel „Liebe und tu, was du willst“ (ep. Io. tr. 7, 8) als Rechtfertigung der antidonatistischen coercitio zu erweisen versucht (kritisch Berrouard [1996–2002]). Letztlich hat Gallay nur die Möglichkeit einer solchen Interpretation gezeigt, sie aber nicht mit textlicher Evidenz erhärten können (ep. 155 erwähnt er nicht). 81 Die ausführlichsten dieser Rechtfertigungstexte (ep. 93 und ep. 185) argumentieren auf einer anderen Ebene. Vgl. Lamirande (1986–1994). Womöglich ist diese Singularität der Grund, daß man die Relevanz von ep. 155 für den Donatismusstreit und für die Problematik des Glaubenszwangs bisher meist übersehen hat. Maier (1989) 185f. nimmt zwar das in ep. 155, 17 zitierte Edikt als Dokument Nr. 98 auf, doch spielt der Brief, soweit ich feststellen kann, in der Literatur zum Donatismus keine Rolle. Auch Dodaro (2004) läßt den antidonatistischen Aspekt des Briefs unerwähnt und sucht seine politisch-praktische Seite stattdessen in Bezügen zu ep. 153, besonders zur Frage der Todesstrafe (Dodaro [2004] 443f.). Die Beziehung zur coercitio-Frage ist dagegen erkannt bei Catapano (2012) 129 Anm. 192 (in der dort genannten Literatur taucht ep. 155 allerdings nicht auf). 82 ep. 155, 16 (CSEL 44, 446, 16–447, 4): hic enim sunt eaedem virtutes in actu, ibi in effectu, hic in opere, ibi in mercede, hic in officio, ibi in fine. itaque omnes boni et sancti etiam in tormentis quibuslibet divino fulti adiutorio spe illius finis beati vocantur, quo fine beati erunt; nam si in eisdem tormentis et atrocissimis doloribus semper essent, cum quibuslibet virtutibus eos esse miseros nulla sana ratio dubitaret.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
236
Christian Tornau
die diesseitige Tugend im Gegensatz zur jenseitigen überhaupt ein officium hat; hätte sie dies nicht, so wäre sie von der jenseitigen Tugend ununterscheidbar, oder anders gesagt: die wahre Tugend des Christen im Diesseits ist seine wahre Tugend im Jenseits, nachdem sie ihr diesseitsbezogenes officium hinter sich gelassen hat und nur noch die reine Liebe ist, die schon im Diesseits ihr Wesenskern ist. Darum geht Augustinus an unserer Stelle so weit, die „philosophische“ These von der Autarkie der Tugend, die er vorhin (ep. 155, 12, CSEL 44, 442, 15f.) schon für die eschatologische Tugend in Anspruch genommen hatte, nun auch für die diesseitige christliche Tugend zu vindizieren und den christlichen Märtyrer nach dem Bild des stoischen Weisen zu stilisieren, dessen Glückseligkeit auch im Stier des Phalaris nicht gemindert ist.83 Gewiß handelt es sich vorläufig nur um eine erhoffte (spe) und noch nicht verwirklichte (re) Glückseligkeit.84 Aber sie folgt wie in dem alten philosophischen Autarkiemodell mit Notwendigkeit aus der wahren Tugend und unterscheidet sich in bedeutungsvoller Weise von dem Elend der Menschen, die – wie die Schutzbefohlenen des Macedonius im 10. Kapitel – auf individueller oder politischer Ebene dem irdischen Scheinglück (terrena felicitas) nachjagen oder es sogar erreichen.
Schlußbemerkung: Der 155. Brief und De civitate Dei Es sollte deutlich geworden sein, daß die neuplatonische Lehre von den Tugendgraden zwar den Ausgangspunkt und gewissermaßen die Matrix von Augustins Argumentation im 155. Brief darstellt, aber durch die Kombination mit Theorieelementen hellenistischer (die officium-finis-Unterscheidung) und biblischer Provenienz (das Liebesgebot) gänzlich transformiert worden ist. Politische und theoretische Tugend sind einerseits durch Augustins Eschatologisierung der letzteren weiter auseinandergerückt, andererseits durch die christliche Neudefinition von Tugend als Liebe eng miteinander verknüpft worden. Ist nun diese Christianisierung der politischen Tugenden, die ohne Frage eines der wesentlichen Anliegen Augustins in diesem Brief ist, gleichsam eine neuplatonische „divinization of political life“ (O’Meara) im christlichen Gewand? Und wenn das so ist,
83 Vgl. ep. 155, 2, wo dieses traditionelle Beispiel (z.B. Cic. Tusc. 5, 75; Plot. I 4, 5, 6f.) als Paradefall des philosophischen Hochmuts und Illusionismus kritisiert wird. 84 Die Antithese ist häufig bei Augustinus; vgl. ep. 155, 4; conf. 10, 29; trin. 13, 10; civ. 5, 24; 19, 20.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
237
setzt sich Augustinus damit in Widerspruch zu De civitate Dei, wo er bekanntlich die Fremdheit (peregrinatio) der Bürgergemeinschaft Gottes in der Welt betont und an den wenigen Stellen, wo er überhaupt von dem christlichen Staatsmann spricht, dessen Handlungsmöglichkeiten, u.a. wegen der dem Menschen verborgenen heilspädagogischen Pläne Gottes mit der Weltgeschichte, ausgesprochen zurückhaltend beurteilt?85 Betrachten wir hierzu den Satz aus dem Schlußkapitel, in dem Augustinus direkt auf eine politische Aktion des Macedonius, sein Edikt gegen die Donatisten, Bezug nimmt: Hättest du an ihr (= der Frömmigkeit, pietas) nicht bereits teil und würdest du nicht urteilen, daß diese deine zeitlichen Ämter ihr zu dienen haben, dann würdest du den donatistischen Häretikern nicht zwecks ihrer Rückführung zur Einheit und zum Frieden Christi per Edikt mitteilen: „Um euretwillen geschieht dies; um euretwillen bemühen sich die Priester des unverdorbenen Glaubens, um euretwillen der Kaiser Augustus, um euretwillen auch wir, seine Richter“, und vieles andere, was du in demselben Edikt so formuliert hast, daß deutlich wird, daß du im Gewand des irdischen Richters86 zu einem nicht geringen Teil an das himmlische Gemeinwesen (caelestem rem publicam) denkst.87
Das ist keinesfalls lediglich ein angehängtes Kompliment an den Adressaten. Es ergibt sich vielmehr logisch aus dem Gedankengang und wird, wie wir gesehen haben, durch mehrere allgemeiner gehaltene Passagen der Argumentation vorbereitet und theoretisch fundiert. In diesem Sinne verfolgen die philosophisch-theologischen Überlegungen des 155. Briefes den praktischen Zweck, ein bestimmtes politisches Verhalten des Macedonius herbeizuführen oder zu stabilisieren. Von besonderem Interesse ist für unsere Zwecke der letzte, die civitas Dei ausdrücklich erwähnende Satz.88 Er ließe sich durchaus so lesen, als ob Macedonius in seinem
85 Einschlägig sind im Grunde nur die Kapitel civ. 5, 24–26 (dazu Tornau [2006] 327–329). Parallelen zum 155. Brief gibt es hier durchaus; so gehört es etwa zum Glück eines christlichen Kaisers, daß er die katholische Religion fördert (civ. 5, 24: felices eos dicimus, … si suam potestatem ad dei cultum maxime dilatandum maiestati eius famulam faciunt). Dodaro (2004a) 212 bringt aufgrund solcher Berührungen Macedonius mit den felices imperatores von civ. 5, 24 in Verbindung. 86 Zum Richteramt als einem für die terrena civitas typischen Phänomen vgl. civ. 19, 6. 87 ep. 155, 17 (CSEL 44, 447, 10–18): cuius nisi iam particeps esses tuosque istos honores temporales ei servire oportere iudicares, non Donatistis haereticis ad eos in unitatem Christi pacem que redigendos per edictum diceres: pro vobis hoc agitur; pro vobis sacerdotes incorruptae fidei, pro vobis imperator Augustus, pro vobis nos quoque eius iudices laboramus et alia multa, quae in eodem edicto ita posuisti, ut te appareat in terreni iudicis cingulo non parva ex parte caelestem rem publicam cogitare. 88 caelestis res publica ist hierfür nur eine terminologische Variante, die schon am Anfang des Briefs erscheint (ep. 155, 1 [CSEL 44, 430, 16]) und außerdem an ep. 155, 7 (CSEL 44, 437, 13: rei publicae … amatorem) anklingt. Vgl. civ. 2, 19; ep. 96, 1; ep. 138, 17; ep. 140, 63.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
238
Christian Tornau
weltlichen Amt die himmlische res publica schon auf Erden herbeizuführen versuchte – was in der Tat eine Art Vergöttlichung des diesseitigen Staatswesens und ein flagranter Widerspruch zu De civitate Dei wäre, wo ja nicht zuletzt gegen eine Sakralisierung des römischen Imperiums und eine neuplatonisch-metaphysische Überhöhung des christlichen Kaisers im Stil der „Reichstheologie“ Eusebs argumentiert wird.89 Doch ist eine solche Vergöttlichung an unserer Stelle auch kaum gemeint. Im wenig später verfaßten 5. Buch von De civitate Dei ist über den Umgang des Inhabers wahrer virtus mit seinen politischen Gegnern (inimici) zu lesen: … daß er sie so liebt, daß er seine Hasser und Kritiker als gebesserte (correctos) Mitbürger in der oberen, nicht in der irdischen Heimat haben möchte.90
Die Bürgergemeinschaft Gottes oder „obere Heimat“ ist hier eine transzendente oder eher eschatologische Kategorie. Augustinus will sagen, daß der tugendhafte Christ im diesseitigen Horizont harte Maßnahmen, wie etwa die Strafe des Exils, im Namen der Nächstenliebe hinnimmt oder selbst durchführt, weil die Gegner durch sie im Erfolgsfall zu Mitgliedern der Bürgergemeinschaft Gottes werden – auch wenn sich dies möglicherweise erst im Eschaton realisiert. Im selben Sinne dürfte Augustinus im 155. Brief meinen, daß Macedonius’ politisches Handeln sich nicht nach innerweltlichen Maßstäben, sondern nach dem Maßstab der civitas Dei richtet – so wie der Maßstab seiner politischen Tugenden die eschatologischen Tugenden sind. Augustins politische Philosophie im 155. Brief ist also mit derjenigen von De civitate Dei im Ganzen konsistent. Dennoch setzt er im Brief einen deutlich anderen Akzent, insofern er der Figur des christlichen Staatsmanns ungleich größere Aufmerksamkeit widmet und die Möglichkeiten seines heilsamen Wirkens im irdischen Staat bei allem eschatologischen Vorbehalt insgesamt optimistischer zu beurteilen scheint. Die Ursache für diese Differenz dürfte darin liegen, daß Augustinus im Brief an Macedonius an einen politischen Praktiker schreibt und ihn zu beeinflussen versucht – daß also, mit anderen Worten, der Denker und Autor Augustinus hier selbst politischer Praktiker ist.
89 Vgl. dazu zusammenfassend O’Meara (2003) 145–151; 154–158. 90 civ. 5, 19 (CCL 47, 155, 25–27): ita diligat, ut suos osores vel detractores velit correctos habere consortes non in terrena patria, sed superna. Man darf sich daran erinnern, daß das Exil zu den kaiserlichen Strafmaßnahmen gegen bekehrungsunwillige Donatisten zählte.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
Augustinus und die neuplatonischen Tugendgrade
239
Bibliographie Becker, M. (2002) ‘Augustinus über die Tugenden in Zeit und Ewigkeit’, in W. Blümer/R. Henke/M. Mülke (eds.) Alvarium. Festschrift für C. Gnilka, Aschendorff (Münster) 53–63. Beierwaltes, W. (1981) Regio Beatitudinis. Zu Augustins Begriff des glücklichen Lebens, Winter (Heidelberg). Berrouard, M.-F. (1996–2002) ‘Dilige et quod uis fac’, in C. Mayer (ed.) Augustinus-Lexikon, 2, Schwabe (Basel) 453–455. Brechtken, J. (1975) Augustinus Doctor Caritatis. Sein Liebesbegriff im Widerspruch von Eigennutz und selbstloser Güte im Rahmen der antiken Glückseligkeits-Ethik, Hain (Meisenheim). Brown, P. (1995) Macht und Rhetorik in der Spätantike. Der Weg zu einem „christlichen Imperium“, dtv (München); zuerst englisch (1992): Power and Persuasion in Late Antiquity, University of Wisconsin Press (Madison). Catapano, G. (2012) ‘Temi filosofici nell’epistolario agostiniano’, Percorsi Agostiniani V/9, 91–171. Divjak, J./Redaktion (1996–2002) ‘epistulae’, in C. Mayer (ed.) Augustinus-Lexikon, 2, Schwabe (Basel) 893–1057. Dodaro, R. (2004) ‘Political and Theological Virtues in Augustine. Letter 155 to Macedonius’, Augustiniana 54, 431–474. Dodaro, R. (2004a) Christ and the Just Society in the Thought of Augustine, University Press (Cambridge). Gertz, S. R. P. (2011) Death and Immortality in Late Neoplatonism. Studies on the Ancient Commentaries on Plato’s Phaedo, Brill (Leiden). Folliet, G. (1962) ‘Deificari in otio. Augustin, Epistula 10,2’, Recherches Augustiniennes 2, 225–236. Gallay, J. (1955) ‘Dilige et quod vis fac. Notes d’exégèse augustinienne’, Recherches de Science Religieuse 43, 545–555. Gaul, B. (2009) ‘Augustine on the Virtues of the Pagans’, Augustinian Studies 40, 233–249. Goldbacher, A. (1904) S. Aureli Augustini Hipponiensis Episcopi Epistulae, III, Tempsky/Freytag (Wien). Goldbacher, A. (1923) S. Aureli Augustini Hipponiensis Episcopi Epistulae, V: Praefatio editoris et indices, Tempsky/Freytag (Wien) (= CSEL 58). Holte, R. (1962) Béatitude et sagesse. Saint Augustin et le problème de la fin de l’homme dans la philosophie ancienne, Institut d’Études Augustiniennes (Paris). Hombert, P.-M. (2000) Nouvelles recherches de chronologie augustinienne, Institut d’Études Augustiniennes (Paris). Horn, C. (1999) ‘Augustinus über Tugend, Moralität und das höchste Gut’, in Th. Fuhrer/M. Erler (eds.) Zur Rezeption der hellenistischen Philosophie in der Spätantike, Steiner (Stuttgart) 173–190. Horn, C. (2008) ‘Augustinus über politische Ethik und legitime Staatsgewalt’, in Th. Fuhrer (ed.) Die christlich-philosophischen Diskurse der Spätantike: Texte, Personen, Institutionen, Steiner (Stuttgart) 123–142. Irwin, T. H. (1999) ‘Splendid Vices? Augustine For and Against Pagan Virtues’, Medieval Philosophy and Theology 8, 105–127.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57
240
Christian Tornau
Lamirande, E. (1986–1994) ‘coercitio’, in C. Mayer (ed.) Augustinus-Lexikon, 1, Schwabe (Basel) 1038–1046. Lieshout, H. van (1926) La théorie plotinienne de la vertu. Essai sur la genèse d’un article de la Somme théologique de saint Thomas, Bonifatius-Druckerei (Fribourg). Maier, F. G. (1955) Augustin und das antike Rom, Kohlhammer (Stuttgart). Maier, J.-L. (1989) Le dossier du Donatisme II: De Julien l’Apostat à saint Jean Damascène (361–750), Akademie-Verlag (Berlin). Mandouze, A. (1982) Prosopographie chrétienne du Bas-Empire I: Prosopographie de l’Afrique chrétienne (303–533), CNRS Éditions (Paris). Martindale, J. R. (1980) The Prosopography of the Later Roman Empire II (395–527), Cambridge University Press (Cambridge). Morgenstern, F. (1993) Die Briefpartner des Augustinus von Hippo. Prosopographische, sozial- und ideologiegeschichtliche Untersuchungen, Universitätsverlag Brockmeyer (Bochum). Müller, J. (2010) ‘„Glücklich ist, wer Gott hat“: Beatitudo beim frühen Augustinus’, in J. Disse/B. Göbel (eds.) Gott und die Frage nach dem Glück. Anthropologische und ethische Perspektiven, Knecht (Frankfurt/M.) 14–59. Neumeister, C. (1964) Grundsätze der forensischen Rhetorik, gezeigt an Gerichtsreden Ciceros, Hueber (München). O’Daly, G. J. P. (1999) Augustine’s City of God. A Reader’s Guide, Oxford University Press (Oxford). O’Donovan, O. (1980) The Problem of Self-Love in St. Augustine, Wipf & Stock (New Haven). O’Meara, D. J. (2003) Platonopolis. Platonic Political Philosophy in Late Antiquity, Clarendon Press (Oxford). Rist, J. M. (1994) Augustine. Ancient Thought Baptized, Cambridge University Press (Cambridge). Saffrey, H. D./Segonds, A.-Ph. (eds., 2002) Marinus: Proclus ou Sur le bonheur, Les Belles Lettres (Paris). Schissel von Fleschenberg, O. (1928) Marinos von Neapolis und die neuplatonischen Tugendgrade, Sakellarios (Athen). Tornau, C. (2006) Zwischen Rhetorik und Philosophie. Augustins Argumentationstechnik in De civitate Dei und ihr bildungsgeschichtlicher Hintergrund, De Gruyter (Berlin/New York). Tornau, C. (2006a) ‘Does Augustine Accept Pagan Virtue? The Place of Book 5 in the Argument of the City of God’, in F. Young/M. Edwards/P. Parvis (eds.) Studia Patristica, XLIII, Peeters (Leuven) 263–275.
Bereitgestellt von | Universitätsbibliothek Würzburg Angemeldet |
[email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 05.02.14 08:57