Antike Plastik 5.0:// 50 Jahre Forschungsarchiv für Antike Plastik in Köln. Ausstellung im Akademischen Kunstmuseum, Antikensammlung der Universität Bonn, 26.10.2014 - 21.12.2014 (Münster 2014) (mit M. Remmy)
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Antike Plastik 5.0://
Antike Plastik 5.0
ANTIKE PLASTIK 5.0:// 50 JAHRE FORSCHUNGSARCHIV FÜR ANTIKE PLASTIK IN KÖLN
GRUSSWORT
Artefakte und Architekturen anderer Kulturen – älterer oder fremder – auch ohne den Augenschein des Originals visuell vorrätig zu halten, um so Anhaltspunkte für das Verhältnis der eigenen Kultur zu ihrer Überlieferung und ihren Grenzen zu gewinnen, ist ein Anliegen, das sich seit langem auf die technische Entwicklung der Reproduktionsmedien auswirkt. Für diejenigen Wissenschaften, die ihre Fragen – wenn auch nicht ausschließlich, so doch in erheblichem Maße – in Auseinandersetzung mit Objekten entwickeln, ist eine derartige Datenhaltung geradezu existenziell. An der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln sind wir stolz darauf, auf dem Gebiet der digitalen Datenhaltung in den Geisteswissenschaften in mehreren Disziplinen führend zu sein. Von den objektbasierten Projekten ist das Forschungsarchiv für antike Plastik oder, wie es heute heißt, Cologne Digital Archaeology Laboratory (CoDArchLab) eines der ältesten und bekanntesten. Die Gründungsväter Heinz Kähler und Hansgeorg Oehler hätten bei der Gründung des Forschungsarchivs sicher nicht erwartet, dass 2013 weltweit über 250 000 Besucher die ca. 2 Mio. Bilddaten der ARACHNE-Datenbank nutzen würden. Angefangen hat alles mit 3250 Fotos und 4500 Zeichnungen römischer Plastiken im Jahr 1964. Es folgten in den 1990er Jahren eine erste Datenbank und in den 2000ern die Möglichkeit zur Abbildung von Zusammenhängen zwischen Objekten. Heute kann hier online nach zum Teil sonst nicht zugänglichem Material und verwandten Objekten gesucht werden – eine enorme Leistung, die das CoDArchLab inzwischen zu einer international äußerst renommierten Institution macht. Herausragende nationale und internationale Kooperationen, zum Beispiel mit dem Deutschen Archäologischen Institut, dem ›Beazley Archive‹ der Universität Oxford oder der ›Perseus Digital Library‹ an der Tufts University Boston/Medford zeugen davon. Das CoDArchLab hat auf dem Gebiet, das heute mit dem Begriff der ›Digital Humanities‹ nur unscharf umrissen ist, zweifellos Pionierarbeit geleistet. Inzwischen haben Entwicklungen auch in anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen, die sich bei der objektbasierten Forschung auf Datenbanken stützen, zu einem markanten Kölner Profil beigetragen. Der vorliegende Band erzählt die Erfolgsgeschichte des innovativen Umgangs mit archäologischen Medien und von den herausragenden Forscherpersönlichkeiten, die sie vorantrieben. Ich wünsche eine spannende Lektüre und gratuliere an dieser Stelle ganz herzlich zu 50 Jahren hervorragender zukunftsweisender Arbeit.
Prof. Dr. Stefan Grohé Dekan der Philosophischen Fakultät, Universität zu Köln
GRUSSWORT ARACHNES METAMORPHOSEN
Die letzten 50 Jahre der Geschichte des Forschungsarchivs kann man als Geschichte von Metamorphosen lesen: von der römischen Plastik, zur antiken Plastik und dann zum CoDArchLab, zum Cologne Digital Archaeology Laboratory. Die Metamorphosen vollzogen sich jedoch entlang eines festen Kerns. Der bestand immer darin, antike Skulpturen und dann Architekturen und Objekte in ausgezeichneten Fotos zusammenzutragen. Es entstand eine offene Bildsammlung ungeheuren Ausmaßes und höchster Qualität. Was jedoch in den letzten 50 Jahren einer stetigen Metamorphose unterlag, war die Erschließung der nach Standorten sortierten Fotos. Aufbauend auf dem ausgefeilten System von Karteikarten kam früh die Idee einer computergestützten Erschließung und dann in den letzten 20 Jahren der systematischen digitalen Erschließung hinzu. Mit einem einsamen Computer, einem Macintosh, begann in der zweiten Hälfte der 90er Jahre der Aufbau eines Netzwerkes mit vielfältigen Facetten. Das Netzwerk wurde in einer Phase, in der ein Internetanschluss für Altertumswissenschaftler nicht selbstverständlich war, physisch von Reinhard Förtsch und auch von mir als damaliger Assistentin im Forschungsarchiv verlegt. In langen Sitzungen mit dem spiritus rector der weiteren Entwicklung der digitalen Bilderwelt, Reinhard Förtsch, wurden die Strukturen der Datenbanken diskutiert, weiterentwickelt und auch programmiert. Das Forschungsarchiv wurde umgebaut, angestrichen und dann sogar kurz vor der Wende zum neuen Jahrtausend an das universitäre Netz angeschlossen. Einer der folgenreichsten Schritte des damaligen auch mit experimentellen Fehlschlägen arbeitenden Labors war es vielleicht, die wachsende Bilddatenbank ARACHNE zu nennen. Damit wurde ein Name gewählt, der von Ovid übernommen hat, dass für das Forschungsarchiv die Fähigkeit zu Metamorphosen leitend ist. Im Moment der Namensfindung aber noch entscheidender war das Bild der relational vernetzten Datenbanken, die sich bald um die zentrale Bilddatenbank herum entwickelten. Gleichzeitig entstanden erste Vernetzungen mit anderen Institutionen. Ein zentraler Netzwerkpartner wurde bald das Deutsche Archäologische Institut (DAI). Da bereits viele Abzüge nach Negativen des DAI im Forschungsarchiv vorhanden und in ARACHNE erschlossen waren, entwickelte sich eine Kooperation, in der ARACHNE über die Jahre hinweg zu iDAI.Images/ARACHNE verwoben wurde. Heute ist das Gewebe zwischen der Universität Köln und dem DAI so stark, dass Entwicklungen, Daten und sogar Personen zwischen Köln und Berlin hin und her wechseln, die Datencloud des DAI im Rechenzentrum in Köln liegt und das Cologne Digital Archaeology Laboratory mit dem DAI und der internationalen community eng verwoben ist. Wenn man den Glückwunsch zum 50sten Geburtstag des Forschungsarchivs mit einem Wunsch für die nächsten 50 Jahre verbinden will, so wäre aus der Perspektive des DAI zu wünschen, dass das Forschungsarchiv sich die kreative Unruhe, die Abneigung gegen Insellösungen und die Begeisterung für offene Systeme bewahrt und vor allem die Offenheit der Kooperation weiterlebt. Für das Deutsche Archäologische Institut ist diese Kooperation von größter Bedeutung.
Prof. Dr. Friederike Fless Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts
INHALT Stefan Grohé
Grußwort
6
Friederike Fless
Grußwort
7
Paul Scheding
Vorwort
10
GESCHICHTE DES FORSCHUNGSARCHIVS FÜR ANTIKE PLASTIK Lisa Jureczko – Paul Scheding
Gründungsjahre. 1.0:// Das Forschungsarchiv in den Jahren 1964–1972
14
Michael Remmy
Sammeln, Aufnehmen, Publizieren. 2.0:// Das Forschungsarchiv in den Jahren 1972–1990
22
Alexander Recht – Felix F. Schäfer
Tradition und Innovation. 3.0:// Das Forschungsarchiv in den Jahren 1990–2000
33
Paul Scheding – Reinhard Förtsch
Hello, world! 4.0:// Das Forschungsarchiv in den Jahren 2001–2014
43
PROJEKTE DES FORSCHUNGSARCHIVS FÜR ANTIKE PLASTIK Hannelore Rose
Fotografie auf Achse. Forschungsreisen und Fotokampagnen des Forschungsarchivs
60
Sebastian Cuy – Lisa Klaffki
Römer im Computer. Der Einsatz von GOLEM II im Forschungsarchiv für Antike Plastik 1974
68
Henner von Hesberg – Michael Remmy
Englische Sammlungen. »Das etwas ausgefallene Forschungsgebiet«
76
Dagmar Grassinger
Ancient Marbles. Die Ausstellungen des Forschungsarchivs für Antike Plastik
93
Christiane Vorster
Museo Gregoriano Profano. Dokumentation der ex lateranensischen Sammlung in den Vatikanischen Museen
8
TITELEI
105
Dietrich Boschung
Comte De Clarac. Zur Geschichte der Skulpturenforschung
116
Torsten Zimmer
Mit Lupe und Leuchtplatte. Das Fittschen-Malter-Projekt in ARACHNE
125
Eric Laufer
EMAGINES. Digitalisierung von Glasnegativen des DAI aus dem frühen 20. Jahrhundert
133
Michael Remmy – Reinhard Förtsch
ARACHNE. Ein Wissensnetz
142
PERSONEN DES FORSCHUNGSARCHIVS FÜR ANTIKE PLASTIK Christiane Vorster – Dagmar Grassinger
Hansgeorg Oehler (1928–2007). Gründer des Forschungsarchivs für Römische Plastik
156
Mareike Röhl
Brian B. Shefton (1919–2012). The »British partner«
163
Josephin Szczepanski
Andreas Linfert (1942–1996). Ein Forscher im Forschungsarchiv
167
Lisa Jureczko – Gisela Geng
Raoul Laev (1928–1990). Fotograf mit »persönlichem Stil«
171
Henner von Hesberg
Heinz Kähler (1905–1974). Mentor des Forschungsarchivs
176
DOKUMENTATIONSMEDIEN IN DER ARCHÄOLOGIE Lisa Berger – Mareike Röhl – Hannelore Rose
Medium Stichwerke. Der Kupferstich in den archäologischen Wissenschaften
182
Nele Schröder
Medium Abguss. Zwischen Massenprodukt und Unikat
192
Frank Rumscheid
Medium Fotografie. Zur Dokumentation antiker Skulptur und Plastik
201
Paul Scheding – Michael Remmy
Medium 3-D-Modell. Ein archäologisches Dokumentationsmedium der Zukunft?
212
Register. Projekte und Publikationen
222
VORWORT DAS FORSCHUNGSARCHIV – OFFENE FORSCHUNGSRÄUME
»Jeder geschlossene Raum ist ein Sarg« nennt Jochen Distelmeyer in ›Verstärker‹ isolierte Systeme. Hermetisch verriegelte Räume bedeuten Stillstand und unveränderbare Formen, die keine Zugänge von außerhalb zulassen. Diese Eigenschaft wird oftmals auch Archiven zugeschrieben, in denen Objekte und Medien vermeintlich nur aufbewahrt und isoliert abgelegt werden. Das Forschungsarchiv für Antike Plastik in Köln, heute Cologne Digital Archaeology Laboratory, ist nie ein solches Archiv gewesen. In seiner nun bereits 50-jährigen Geschichte hat es immer daran gearbeitet, archäologische Medien in einem dynamischen Archiv zu kontextualisieren und auf einer offenen Plattform zu erforschen. Dem Kölner Forschungsarchiv und seinen archäologischen Dokumentationsmedien ist diese Publikation gewidmet. Der Band ›Antike Plastik 5.0‹ verbindet somit das 50-jährige Jubiläum des Forschungsarchivs am 24. Oktober 2014 in Köln mit der Ausstellung ›Antike Plastik 5.0 – Dokumentationsmedien in der Archäologie von der Skizze zum 3-D-Modell‹, die ab dem 26. Oktober im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn zu sehen ist. Die vier Dokumentationsmedien Stichwerk, Gipsabguss, Fotografie und 3-D-Modell gegenüberzustellen und mit der Geschichte des Forschungsarchivs für Antike Plastik zu kombinieren, ist mehr als naheliegend. Der neuartige Charakter dieser Forschungsstelle, die 1964 in Köln ins Leben gerufen wurde, manifestierte sich zum einen in der inhaltlichen Ausrichtung des Archivs. In einer Zeit, in der die Erforschung der griechisch-hellenistischen Welt
im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Diskurses stand, wollten Heinz Kähler und Hansgeorg Oehler mit einem dynamischen Archiv »römische Archäologie in einer römischen Stadt« fördern. Zum anderen war und ist es die Struktur des Forschungsarchivs, in dem Objekte, Medien und Daten miteinander zu einem Netz verwoben sind. Stichwerke und Fotografie bildeten die Basis für ein Archiv, das durch offene Schnittstellen und dynamische Strukturen zu seinem nachhaltigen Bestehen beigetragen hat. Bewährtes mit Neuem zu verbinden und zu strukturieren, lässt sich auf die Medienbestände des Archivs ebenso beziehen, wie auf die Verwendung innovativer technischer Systeme. Lochkarten, EDV, Datenbanken oder Computer waren seit Ende der 1960er Jahre ständige Begleiter des Forschungsarchivs, um die Quantität der Medien für die archäologische Forschung strukturiert bereitzustellen. Internationale Kooperationsprojekte, Forschungsreisen, Fotokampagnen, Ausstellungen oder die zahlreichen Publikationen in der eigenen Reihe Monumenta Artis Romanae (MAR) zeugen von der intensiven Forschungstätigkeit in Köln. Ziel des Bandes kann es jedoch nicht sein, den gesamten Weg des Forschungsarchivs über den Zeitraum von 50 Jahren abzubilden. Zu umfangreich ist Spannweite von Fotokampagnen im England der 1970er Jahre bis zur Verleihung des ›Google Awards‹ 2010 für das Datenbankprojekt ARACHNE. Vielmehr werden einzelne Meilensteine herausgriffen, um die Ideen und die zentralen Ansätze zu skizzieren. Einzelne Projekte wie die Erschließung des ›Musée de sculpture‹ des Comte de Clarac oder die Ausstellungen
des Forschungsarchivs vermitteln Einblicke in die vielfältigen Arbeiten. Den Dokumentationsmedien antiker Plastik im Kölner Forschungsarchiv und deren Präsentation kommt dabei eine wesentliche Rolle zu. Die Medien Stichwerke, Fotografien, Gipsabgüsse und 3-D-Modelle und ihr Einfluss auf den archäologischen Diskurs werden auch im Rahmen der Ausstellung im Akademischen Kunstmuseum am Bonner Hofgarten gezeigt. Die Entwicklung der Dokumentation in den Altertumswissenschaften seit Clarac und Montfaucon bis hin zu den dreidimensionalen Projektionsräumen der NexCave-Technologie im 21. Jahrhundert stehen hier im Mittelpunkt. Wie hat die Einführung neuer Medien die archäologische Forschung beeinflusst? Wie entwickelten sich Dokumentationsnormen für die Geschichtswissenschaften und die Archäologie? – Fragen, die anhand einzelner Beispiele in Beiträgen zur Geschichte der Medien in der Archäologie vermittelt werden sollen. Das Kölner Forschungsarchiv freut sich außerordentlich, die Ausstellung im Rahmen des Verbunds archäologischer Institutionen in Bonn und Köln (VarI) in Kooperation mit Nele Schröder und Frank Rumscheid vom Akademischen Kunstmuseum Bonn realisieren zu können. Eine Forschungsstelle wie das Kölner Archiv über 50 Jahre zu betreiben und eine Ausstellung umzusetzen, ist nur mit Hilfe vieler Institutionen und Personen zu bewerkstelligen. Zahlreiche Institute und Stiftungen haben das Forschungsarchiv im Rahmen von Drittmittel-Projekten und Publikationen gefördert. Dazu gehört besonders die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die durch materielle und finanzielle Unterstützung die Fotokampagnen in ganz Europa möglich gemacht habt; ebenso die Gerda-Henkel Stiftung, ohne die internationale Projekte und vor allem die Publikationen der MAR-Reihe kaum möglich gewesen wären. Die Fritz-Thyssen-Stiftung hat nicht nur im Jubiläumsjahr einen Festakt in ihren Räumlichkeiten in Köln ermöglicht, sondern auch Projekte in der digitalen Datenbank ARACHNE finanziell gefördert. Ihnen wie allen anderen Institutionen sei herzlich gedankt. Projekte und Fotokampagnen im In- und Ausland waren immer nur in Kooperation mit den
vielen befreundeten Instituten möglich. Mit dem Deutschen Archäologischen Institut ist das Forschungsarchiv/CoDArchLab über das gemeinsame Datenbankprojekt ARACHNE seit mehr als zehn Jahren eng verbunden. Für die erfolgreiche Zusammenarbeit – auch in verschiedenen anderen Projekten – gilt dem Institut und seiner Präsidentin Friederike Fless unser Dank. Aber Projekte können schlussendlich immer nur von einzelnen Personen oder Teams durchgeführt werden. Daher geht unser Dank besonders an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Autorinnen und Autoren sowie den zahlreichen Freundinnen und Freunden, die das Forschungsarchiv/CoDArchLab über all die Jahre unterstützt haben. Ohne ihre Arbeit und Hingabe über 50 Jahre wären das Forschungsarchiv und auch die Ausstellung nicht denkbar. Im Rahmen der Ausstellung gilt unser Dank neben Nele Schröder und Frank Rumscheid auch der Universität zu Köln für Ihre finanzielle Unterstützung. Den mitwirkenden Studierenden der Universität zu Köln und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am CoDArchLab sei für ihre Arbeiten herzlich gedankt. Als derzeitiger Leiter des Forschungsarchivs freue ich mich, das Archiv in seinem Jubiläumsjahr unterstützen zu können und wünsche, dass es seinen Prinzipien der offenen dynamischen Systeme und kontextualisierenden Medien treu bleibt. Always: sent from an -brain.
Paul Scheding Leiter des Forschungsarchivs für Antike Plastik/ CoDArchLab
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