Ambivalenz im Raum. Zur Disposition mittelalterlicher Herrschergräber. In: Jörn Staecker (Hrsg.), The European Frontier. Clashes and com-promises in the Middle Ages = Kongress Lund 2000. Lund Studies in Medieval Archaeology 33 = CCC Papers 7 (Lund 2004) 127-144
FRONTIER THEEUROPEAN in the and Compromises Clashes MiddleAges International symposium of the Culture Clash or Compromise (CCC) project and the Department of Archaeology,Lund University, held in Lund October 13-152000.
Lund University Departmentof Archaeology andAncientHistory
Gotland University College Centre for Baltic Studies Visbv
Almqvist & Wiksell International Lund 2004
im Raum.7ur Disposition Ambivalenz mittelalterl icher Herrschergräber ThomosMeier,München
Gemeinhin nehmen wir an. das Mittelalter sei vom Christentum dominiert gewesen,die Moralvorstellungendeschristlichen Glaubenshätten das tägliche Leben des Individuums ebensowie der Gesellschaftgeprägt;nicht nur Bauernund Bürger, sondern auch Bischöfeund Könige hätten ihre Leben nach den RegelnchristlicherEthik ausgerichtet, um schlußendlich das Paradies zu erlangen. Wir nehmen an, religiöseEinstellungenseienvon höchster Wichtigkeit bei den Letzten Dingen gewesen,beirn Sterbenund Bestattender Vorfahren und beim Sterbenund Bestattenjedes Einzelnen selbst.Dies habeauchfür Könige und Kaisergegolten, und kürzlich tauchtegar die Behauptungauf, daß die spätmittelalterlichendeutschenKönige,als sie auf ihren Sterbebetten lagen,keineswegsihren königlichen Status in den Vordergrund stellten, sondern sich vielmehr bemühten, als Individuen einen einen exemplarischguten, christlichenTod zu sterbenl. Folglich sollte auch die Topographie des Todes von religiösen Maßgaben bestimmt, sollteder Raumauf Erdengemäßder himmlischen Topographie organisiert gewesensein, sollte die Welt idealer Weise die ideale Ordnung des Himmelsspiegeln- alsokeine Royalität,kein gehobener sozialerStatus,sondernDemut und Buße wie sie armen Sündernangemessen sind. Es ist diese Spannungzwischen der höchsten weltlichen Position auf Erden und dem christlichen Ideal der Demut, der sich dieserBeitragwidmet. Anhand einiger ausgewählterKönigsgrablegensoll untersuchtwerden,wie dieseSpannungin eine spezifischchristliche Konstruktion von Königtum umgesetztwurde'. humiliatio Als König Pippin, der Vater Karls des Großen, im Iahr 768 starb, wurde er draußen vor den Türen der Klosterkirchevon St-Denisbegraben'.Später
berichtetAbt Suger,der wohl 1137das Grab Pippins öffnen ließ, der König liege nicht wie üblich auf dem Rücken, sondern bäuchlings, um Buße zu tun für die Sünden seinesVaters Karl Martella. Im Kern bestehtdiese (stellvertretende')Buße aus einer doppeltenErniedrigung: Zum einen war die Prostrationgleichermaßenim liturgischenRitual als Bußgestusdes reuigen Sünderswie als Fußfall des Rebellenim Unterwerfungsritual vor dem König bekannt'; zum anderen war im Vergleich mit
l. Meyer 2000,266f.;dazu Meier im Druck. 2. Eine ersteFassungdiesesThemashabe ich im September 2002 in Baselvorgetragen(Meier 2002b).Ich danke besondersMatthias Untermann und BarbaraScholkmann für Anregungen und Diskussionen,die es mir erlauben, hier nicht nur eine inhaltlich erweiterte, sondern auch in der Argumentation fortentwickelte Fassung vorzulegen. Mein herzlicher Dank gilt Anders Andrdn und Jörn Staeckerfür die Aufnahme desBeitragsin diesenTagungsband. Wie in Basel muß auch dieser Aufsatz darauf beschränkt bleiben, Interpretationen für einige besonders typische Erscheinungender Grabtopographievorzuschlagen;die typologisch-chronologischeEntwicklung der Begräbnistopographie kann hier nur kurz skizziertwerden.Siebedürftegerade im Hinblick auf den Grabplatz am Kreuzaltar und auf die Anlage ortskonstanter Grablegeneigener,breit angelegter Untersuchungen, die nicht nur Könige, sondern sämtliche Oberschichtgräberberücksichtigen. 3. Epistolae variorum 326 Nr. 19: Quique [Pippin] cum quanta sehumilitate ante limina basilicaesanctorummartyrum perfuncto huius vitae curriculo sepeliripreceperit,titulus etiam ipsiusconditorii innotescit.Vgl. Krüger 1971,L82; Dierkens 1996,bes.4lf. 4. Suger,de administratione c. 25,187:Pippinus imperator extra in introitu valvarum pro peccatispatris sui Karoli Martelli prostratum se sepeliri,non supinum,fecerat.Vgl. Dierkens 1996,39ff.;Nelson 2000,142. 5. Zum Gedanken der stellvertretendenBuße im friihen Mittelalter vgl. Angenendt 1984,150ff. 6. Vgl. Koziol 1992und weitere Beispiele aus dem ostfränkisch-deutschen Reich bei Althoff 1997. Zum kirchlichen Bußgestusauch Suntrup 1978,767f.
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Errata In die Artikel von Vivian Etting (S. 97-105)und ThomasMeier (5. 127-144) Bei Vivian Etting sind vom Setzer hat sich der Druckteufeleingeschlichen. worden.ZuFig.6 die Abbildungstexte der Figuren6 bis 8 falschzugeordnet von gehörtderText von Fig. 8, zu Fig. 7 derText Fig. 6 und zu Fig. 8 der Text von Fig. 7. Bei ThomasMeier sinddie Abbildungen6 bis 12 in ihrer worden.Bei dieser nummerischen Ordungdurcheinandergeworfen die hierwiedergegeben Verwechslung ist Abbildung9 verlorengegangen, wird.
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Abb.9. WienerNeustadt,Georgskirche:Grab MarimiliansI. (f l519) unter demHochaltar(Guglia 1914,Abb.6l).
ThomasMeier
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Abb. I. Unterregenbach, Lkr. Schwöbisch HalI: Gräber der BauphasenI (8./9. Ih. - L Hölfte 11.Ih.) und II Q. Hölfte 11.Jh. - um 1480) mit steinernen Einbauten, M. 1:200 (nachFehring1972).
den Grabplätzen der Merowinger' eine Beerdigung Maine-et-Loire)wünschte, dem er im Leben so außerhalb des Kirchengebäudeseinem König in viel Ungemachbereitethattel2.Mehr als vier fahrkeinerWeiseangemessen, zLrmaldieserPlatzim lihunderte nach dem Tod Pippins und nur wenige turgischenRitual gleichfallsalsOrt desnichtswürdigen Sündersgalt'. Indem er sich so zweifachbußfertig gab, demonstrierte Pippin äußersteDemut 7. Ygl. die Zusammenstellungbei Krüger 1971,30-250;Pö(humilitas)und hofte, dadurchbei Gott Gnadefür rin 1996. seinenVater - und für sich selbstwohl den Eingang 8. Suntrup 1978,168;Angenendt1994. ins Himmelreich - zu erwirken'g.Pippin stand mit 9. Vgl. Krüger 7971,496;Dierkens 1996,50. seinem Wunsch nach einem unstandesgemäßen 10. Vgl. die zahlreichen frühmittelalterlichen BeispielevorGrabplatz nicht allein: So wurde - neben manch wiegendaus dem klerikalen Bereichbei Angenendt 1994. - auch sein Sohn Karl der Große (1814) ll. Aachen: Beumann 1965; Hugot 1984; Beumann 1997, anderemro 135ff.- IndalKornelimünster: Hugot 1968,11ltr, I64f.Ludim Atrium, d.h. vor den Türen der AachenerPfalz- wig wurde schließlich in capitulo der Klosterkirche St-Arnkapelle begraben,und Ludwig der Fromme hatte oul in Metz begraben;laut einer frühneuzeitlichen Quelle soll dieser Ort auf seineneigenenWunsch zurückgehen,da wohl ähnlichesin Inda lKornelimünster geplant". Anders und doch wieder ähnlich demonstrierte er nicht würdig sei, an der Seiteseinesheiligen Vorfahren Arnulf zu ruhen: Erlande-Brandenburg1975,60f., 151f. RichardI Lionheart(11199)auf dem SterbebettDe12. Matthew Paris,Chronica maiora ad a. 7199,451:Corpus mut und Reue,indem er seinGrab zu Füßen(secas verosuum apud FontemEbraudi,secuspedespatris sui, cujus pedes)seinesVatersHenry II in Fontevrault(Ddp. proditoremseconftebatur,sepelirijubens.
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Abb. 2. Ringsted,Seeland:Grundril3der KlosterkircheSt.Bendtmit den erhaltenenGröbernder königlichenFamilie (nach Hermansen& Norlund 1936;MüIler-Wille 1982):a: Knud Lavard (fl131); A: Valdemarl. (f1182);B: Sofa (f1198);C: Knud 6. (f1202);D: Valdemar2. (ft2at); E: Dagmar (ftZtZl; F: Bengerd(ftZZtS;G: Valdemarden (Jnge (f1231);H: Eleonora(fl231); K: Erik a. ft1250);L: Erik 6. (t1319);M: Agnes(f1300);N: lngeborg(f1319);o: Mirgrethe (f 1341);P: Birger von Schweden(t1318).
JahrzehntenachdemSugerdessenGrab in St-Denis geöffnet,beschriebenund erläuterthatte,griff Richard auf den gleichenAkt ritueller Kommunikation zurück: den Fußfall als Zeichen der Unterwerfung und Gestusder Bitte um Vergebung. Soweit einige Schriftquellen. exaltatio Betrachtenwir die archäologischenBefunde,ist aus ihnen keinesfallsabzuleiten,daß der Grabplatzvor dem KirchenportalalsOrt armerBüßergaltwie die Schriftquellenbehaupten.Wo dieser Bereicheinmal ausreichendergrabenist, stechendas Atrium und die Nähezu den Kirchentürenvielmehralsbevorzugte Grabplätzeheraus:Hier drängensichjene Gräber,die in irgendeinerWeise - etwa durch den Grabbauoder Beigaben- sozialhervorgehobensind (Abb. 11". Offenbar bevorzugtegeradedie Oberschicht diesen Grabplatz,der auf den ersten Blick so gar nicht ihrem sozialenStatusentsprach.
Nun hat Arnold Angenendt erneut anhand schriftlicherQuellen,in diesemFall theologischer Texteund Heiligenviten, gezeigt,daß der Grabplatz vor dem Kirchenportal die Augustinische Jenseitstopographieaufnimmt: Hier warten in den Toren desHimmlischen|erusalemdie non valdeboni, die (noch) Nicht-Völlig-Guten, auf den endgültigen Eingangin die Himmelsstadt.Sietun dies zwar in demütiger Haltung, zugleich aber in froher Heilsgewißheit,denn wo sie schon einmal in den Toren stehen,ist ihnen die letztendlicheErlangung der ewigen Glückseeligkeitgewiß. Da nun das mittelalterliche Kirchengebäudeals irdischesAbbild der Himmelsstadtgalt'n,galt auch der Platz im Portal als sichere Vorstufe ewiger Glückseeligkeit.Und 13. Z.B. St. Laurentius in Winterthur (fäggi et al. 1993, 73f.). 14. Vgl. Sedlmayr 1950,95-164,zum Portal bes. 142f.;Bandmann 1972;läszai 1994.
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Abb. 3. Ringsted,Seeland:Genealogisches der Grabanordnung;darunter der Schemader Valdemareentsprechend (erhaltene Textder tabula Ringstadiensis Gröberumrahmt). mit der Lokalisierungder Gräber
tatsächlichsind dort Begrabeneimmer wieder über kurz oder lang als Heilige an den Altar der Kirche transferiert wordenls - nicht zvletzt Karl der Große.dessenGebeineheutenoch in einemSchreinim Zentrum desgotischenChors der AachenerKirche ruhenr6.So besehenverliert also der Grabplatzvor dem Kirchenportal, zumal wenn er bei Pippin gar mit einer Prostration verknüpft ist, nicht nur Ettlichesvon seinemDemuts-und Bußgehalt,sondern er kann sogar als eindrucksvolle Demonstration des Anspruchs auf eine folgende um so größere Erhöhung (exaltatio), auf die sichereTeilhabe am Himmelreich verstandenwerden. Die Bestattungvordem Kirchenportaltat zudem dem altchristlichenVerbot der Kircheninnenbestattung genüge,dem die karolingischeKirchenreform im späten8. fahrhundert zu neuer Geltung verholfen hatte. Allerdings waren für Kleriker und große WohltäterAusnahmenfür die Bestattungim Kir- und wer hätte Königen cheninnerenzugelassenlT
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und Kirchenstiftern wie Pippin, Karl oder Ludwig dem Frommen dasPrädikat desgroßenWohltäters verweigernwollent8?Wenn sie dennoch außerhalb der Kirchen beerdigt wurden, drückt dies umso stärker ihren Wunsch nach demonstrativerDemut aus. Ab dem mittleren 9. |ahrhundert scheint dieseSymbolik jedoch unter Königen keine Anhänger mehr gefunden zu haben, denn von nun ab fehlen - abgesehen von Otto II.le - die Gräber der Köni15. Angenendt 1994. 16. Petersohn1975;Schleifring& Koch 1988;Brecher1988. 17. Scholz1998;Scholkmann2000,bes. 102ff 18. Vgl. auch Borgolte2000a,742. 19. Kaufmann 1902;Borgolte 2000b. - Wenn man Otto III. (11002)im Grab Karls des Großen im Atrium der Aachener Pfalzkapellebeisetzte,stehendahinter die Verehrungfür den großen Ahnherrn und tagespolitischeAspekte der Nachfolgeregelung(vgl. Görich 1998;Ehlers 1998,59ff.);allein auf eine Erhöhung Aachens hebt Falkenstein(1998, 160ff.)ab. Das Motiv desGrabesvor der Kirchentür hat jedenfallskeine erkennbareRolle gespielt.
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Abb.4.Speyer: Deutlichzu erkennen Stadtanlage. istdie breiteStraJ3enachse, diegeradlinig aufdenDomzuführt und bereitsim 11.lahrhundertausgebildet wurde.
ge vor den Kirchentüren2o.Im FolgendenIäßt sich allerdings ausweislichder schütteren Quellenlage zunächstkaum eine regelhafterGrabplatzder Könige erkennen:Einerseitswich man etwain Lorsch auf Kapellenaus",währendsichin Magdeburgdas Grab Ediths (tO+e1,der erstenFrau Ottos I., neben der der Kaiser973 selberbegrabenwurde,wohl im nördlichen Seitenschiffb efand". In Reims etwa, in Compiögne,auf der Reichenauund nach neueren Bauuntersuchungenauch in Quedlinburg sieht es hingegenso aus, als seiendie Könige in unmittelbarer Nähe des Hauptaltarsbeigesetztworden23.
20. Freilich ist damit keineswegsdas humiliatio-Ideal aus der Mode gekommen - schon die vielen bei Koziol (1992)genannten Beispielesprächendagegen- sondern man drückte esvorübergehendeben nur nicht durch die Wahl des Grabplatzesaus.WeitereAngehörigeder Oberschichtließen sich bis ins hohe Mittelalter gerne vor der Kirchentür begraben (s.o.Anm. l3). 21. Inwieweit die Identifikation der in den Quellen genannten ,,ecclesiavaria" mit der Außenkrypta der Klosterkirche zutrift (Behn 1934,59tr.),wäre kritisch zu prüfen. 22. Widukind, Historia c.II.41, 100 lat946l: in civitate Magathaburgin basilicanova,Iatereaquilonali ad orientem;vgl.
Abb. 5. Speyer, Dom St. Maria: isometrische Rekonstruktion der Königsgrablege um 1060 - ca. 1090/1100; schriftlich bezeugt, aber nicht zu rekonstruieren sind aulSerdemChorschranke, Ambo und Triumphkreuz.
Thietmar, Chronicon c. 11.3,42 [at 946l: in maiori aecclesia, in oratorioaquilonari; und dazuII.1l, 5l lzu 955]:Edith iuxta quam post obitum suum lOtto 1.1ipsepausare desiderabat. - Daat Ehlers 1998,5I-53. Zuletzt Schubert& Leopold 2001,355-358;Schubert& Lobbedey2001,381f.;sie nehmen ohne weitereBegründungan, der Platzam OstendedesMittelschiffs sei schon in der Mitte des 10. Ih. der Normalfall für Herrscher- und Stiftergräbergewesen,und gründen auf diese Prämisse weitgehendeSpekulationenüber Lage und Gestalt der ottonischen Vorgängerbautenunter dem Magdeburger Dom. Geht man gemäß Widukind und Thietmar von einer Lage im nördlichen Seitenschiffaus, fällt die Parallele mit dem Grab Ludwigs des Frommen (tSaO)in Metz ins Auge, dessenSarkophagim 1049geweihtenNeubau von St-Arnoul im südlichen Querhaus bei der Stephanskapelle stand (Historia S. Arnulfi, 537:in plaga australijuxta altare beati Stephaniprothomar tir i s Chri sti). 23. Fnr Reims und Compiögne beruhen die Angaben auf frühneuzeitlichen Quellen, die durch moderne Bauuntersuchungenerst zu verifizierenwären (Erlande-Brandenburg 1975,62tr.). Das Grab Karls III. (1888) auf der Reichenau wird erst im 11.Jh. im Chor lokalisiert (Zettler 1988,107f.). - Zur Quedlinburg Pfalzkapelleund der ersten,936 begonnenen Stiftskirche,in denen das Grab Heinrichs I. vor dem Hauptaltar lokalisiert wird: Leopold 1991,148ff..- Vgl. auch das Grab Herzog Heinrichs I. (f 955)vor dem Hauptaltar des RegensburgerNiedermünsters(Schwarz1972-73, 82tr.).
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Abb. 8. MünchenFrauenkirche:RomanischerBau um 1250,im Chor die TumbaKaiserLudwigsdesBaiern mit dem westlichvorgelagerten Altar (nachHorn 1952;Behrer2001,Abb. 59).
Erst um die Jahrtausendwende etabliert sich dann die wohlbekannte Lage der Königsgräberim Mittelschifl zunächstnoch vereinzelt wie in Poznartl Posen (vermutlich Mieszko I 1992 und Boleslaw Chrobry 11025)oder Bamberg(Heinrich IL Il024) in der Kirchenmitte, doch vermutlich schon beim Kreuzaltar gelegen24, und schon bald ganz regelhaft am Ostende,wo von nun an der Kreuzaltarvor dem Klerikerchorstandzs. Beispielewären etwa in St-Denismit den Gräbern der frühen Capetinger (hier vor dem Dreifaltigkeitsaltar) oder in Speyer zu finden, wo sich der Platz am Ostendedes Mittelschiffsseit Konrad II. (11039)für fast drei Jahrhundert als kanonischerGrabplatzder deutschen Königeetablierte26. Im 12.fahrhundertfinden sich in dieserPositionweitereKönigsgräberetwa in Sta Maria la Real de Huelgasbei Burgos, Königslutter oder Ringsted2T. DieserGrabplatzam Ostendedes Mittelschiffs verschränkt sich in besondererWeise mit dem Wunsch, ,,zu Füßen" begrabenzu werden. Dies wird gerade im dänischen Ringsted deutlich,8: Am Beginn steht hier Knud Lavard (11131),der 24. Bamberg:Sage1976,96f.Der Kreuzaltar ist erst 1135mit Sicherheitam Heinrichsgrab bezeugt, doch gilt dieser Zusammenhangwahrscheinlich schon fnr ß24 (BaumgärtelFleischmann 1987,12ff.\.- Poznair/Posen:Zoil-Adamikowa 1991,119ff.;Müller-Wille 1996,4, Abb. 1. Auch am Grab Bolesiawsfanden sich Überresteeines Altars (Kara & Kurnatowska2000, 529,Abb. 357).
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im Streit um den Thron erschlagen,von seiner Partei daher als Martyrer verehrt und demgemäß vor dem Hochaltar der alten RingstederKirche begraben,schon bald $Ia6l69) zur Ehre der Altäre erhoben worden war. Zugleich entstand eine
25. Auch in Quedlinburg könnte schon in der Mitte des 10. fh. geplantgewesensein, den SarkophagHeinrichs I. in den sog. Stufenraum am Ostende des Langhausesund in unmittelbarer Nähe des Kreuzaltarszu transferieren(Leopold 1991,162).Mit dem Einbau der kleinen Krypta (sog.,,confessio"; vor 968) östlich der Gräber wurde der Hauptaltar dann etwa drei Stufen gegenüberdem Niveau der Gräber erhöht (Leopold 1991,162tr.),so daß - allerdings unmittelbar vor der Apsis - eine ähnliche Anordnung entstand,wie andernorts vor dem Kreuzaltar. 26. St-Denis:Erlande-Brandenburg1975,79ff..- Zu Speyer s.u. - Vgl. auch das Grab Herzog BoleslavsII. (f999) in der Prager Georgskirche (Borkovskf 196l; Schulze-Dörrlamm 1993,60sff.). 27. StaMaria la Real de Huelgasb. Burgos:Gömez-Moreno 1946,9-12.- Königslutter:Rötting 1985a;Rötting 1985b,62f. - Zu Ringstedvgl. im Folgenden. 28. In Fontevraultist die ursprünglicheLageder Königsgräber unbekannt. so daß sich der Wunsch Richards nicht in seinerräumlichen Auswirkung untersuchenläßt. Koziol (1992, 302f., 417 Anm. 60) führt aus St-Martin de Sdesin der Normandie den Satzan ,,Siuero in laicali habitu morereturin capitulosanctiMartini ad pedesdomini abbatis Rotberti sepeliretuf'und leitet darausab, für einen Laien sei es eine große Ehre gewesen,zu Füßen einesAbtes begraben zu werden. DiesesBeispielist aber nicht recht übertragbar, da es wohl vor allem auf Unterschiedezwischenweltlichem und geistlichemStandabhebt.
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Abb. 10. WestminsterAbbey, Chor: Anordnung der Kön igsgräber (schwarz) und weiterer Hochadelsgröber (weiJ3)um den zentralen SchreinEdwards the Confessor (nach Binski 1995, F i g .1 3 2 , 1 5 1 , 2 5 5 ) .
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neueKirche, in der dasursprünglicheGrab Knuds im östlichstenfoch des neuen Langhausesntliegen kam. Östlich an diesesGrab schließensich in sechsReihendie Gräber seinerNachkommenan, die inzwischenglücklich den Königsthron errungenhatten(Abb.2)'. Die tabulaRingstadiensls aus dem späten 15. fahrhundert, die erst die Ztordnung der meistenGräber an die einzelnenMonarchenund ihre Familienangehörigen erlaubt,lokalisiertvon Westnach Ost fortschreitenddreimal eine neue Grabreihe mit der Formulierung ,,ad pedes",,,zu Füßen"(Abb. 3)30: ValdemarL zu Füßen desursprünglichenGrabesKnud Lavards(ad pedesistiuspreciosimartiris), den kleinen Valdemar, einen Sohn ChristoffersI., zu Füßen Herzog Knuds (ad pedesistorum) und Erik VI. zu Füßen Eriks IV., der gleichfallserschlagenworden war und daher zumindestals ,,selig"galt (ad pedesbeati Erici). Von Knud VI., Valdemar IL, Valdemar
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dem Jungenund Erik IV. heißt eshingegenjeweils, sielägenweiter östlich (ad orientem).Warum also dreimal die Formulierung ,,zu Füßen'?Beginnen wir mit dem kleinen Valdemar,so scheintmir die Formulierung als hierarchischeNachordnungzu verstehenso wie sich der Vasall im weltlichen Ritual zu Füßen des Lehensherrnwarf. Dies erklärt auch,warum unter Gleichrangigenvon Knud VI. bis Erik IV. die Formulierung nicht erscheint, ebensowenigübrigens wie in Speyer,wo 1291Rudolf I. am Kopfendedes SarkophagsKonrads II. begrabenwurde, der ersteSalieralsofürderhin zu Füßen des erstenHabsburgerslag (Abb. 6), ohne daß dies jemals in dieserWeiseausgedrücktwordenwäre.Ahnlich 999inQuedlinburg, alsder Sar29. Worsaae& Herbst1858;Hermansen& Norlund 1936, 109,r62ff.; Müller-Wille 1982,373tr. 30. Worsaae & Herbst1858.45ff.
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Abb. 11.Westminster Abbey, Chor: Im Zentrum der Schrein Edwards the Confessormit dem AItar, darum gruppiert die Grriber der PlantagenötKönige (@ Walter Scott, Bradford).
kophagder Abtissin Mathilde westlichdesSarkophagsHeinrichs I. zu stehenkam, wozu Thietmar schreibt, Mathilde sei ,,beim Kopf ihres Großvaters König Heinrich" begrabenworden3r.Zurick in Ringstedfällt für die anderenbeidenad pedesNennungenauf, daß siesichzweimalauf Personen mit Sakralcharakterbeziehen,den heiligen Knud Lavard und den beatusErik 4., also hier im liturgischenSinn alsAnbetungsgestus verstandenwerden können. Indem die Bezeichnungad pedesin der Grablegeganzwörtlich gilt, betont sie freilich zugleicheineganzbesondereNähe desToten zum Heiligen. Diese kommt umso mehr zum Tragen, als sich im Ergebnisdie nach Osten hintereinander gestaffeltenGrabreihenbis an die Stufen des neuenSanktuariumsspannen,wo der Schreindes SpitzenahnsKnud nun stand, also auch die Gesamtanlageder Grablegeeine erheblicheAnnäherung der toten Könige an den Altar, das sakrale Zentrum des Kirchenbaus.und vor allem an den SchreindesgeheiligtenUrahn bewirkte. Eineweitere,ganzbesondereDimensionder Totenüberhöhung,die mit dem Grabplatzam Ostende desMittelschiffs vor dem Kreuzaltar verbunden war, offenbart Speyer:Die Stadt verfügt über eine der im Mittelalter höchst seltenenlinearen Straßenachsen,die die Stadtvom Altpörtel aus gleich
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einervia triumphalisauf fast 700 m Längedurchzieht und zielstrebig auf den Dom zuführt (Abb. 4)32.DessenEingang als Portal ins Himmlische |erusalemist durch ein gewaltigesWestwerkbetont33,in dem die Ikonographieantiker Triumphbögenfortlebt.Im Innern desDomessetztsichdie Stadtachsegeradlinig im Langhaus als via sacra fort3a,bis vor der Vierung das Bodenniveauabrupt dreieinhalb Meter nach oben springt, zusätzlich überhöhtdurch Chorschranken,Ambo und einen arcus.An dieser Stelle,wo der Blick zwangsläufig stoppt, lagen die Königsgräber unmittelbar vor dem Kreuzalterund zu FüßeneinesgewaltigenTriumphkreuzes(Abb. 5)35.Einerseitswird auch hier wieder der religiöseDemutsgestusdeutlich: Lang hingestrecktliegen die Könige zu Füßen desrex re-
31. Thietmar, Chronicon c. IY.43, 180 ad caput avi suimet regisHeinrici. 32. Hall1978,95tr.,bes.98; Streich 1984,449 m. Anm. 25la; Engels1989,505. 33. Zv Architektur des SpeyererDoms Kubach & Haas 1972 ; W inter feld 1993, 47-115. 34. Bandmann 7994,89;Ehlers 1996,82. 35. Zur Grabanlage: Kubach 1972; Meier 1998. - Zum Triumphkreuz:DoLl7972,27Nr.51;51 Nr. 163;63Nr.216;Kubach 1972,881,886.
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Abb. 6. Speyer,Dom St.Maria: Plan der Königsgrablege im Spätmittelalter(vor 1184- 15.h.).
gum, desKönigs der Könige,so wie sie es einst in tesruhen3e; bei der Öffnung des7. Siegelsund dem Prostrationshaltungzu Beginn des Krönungsoffi- Schall der siebenPosaunenbringt ein Engel an ciumsgetanhatten36 und wie schonder Kirchenvater Hieronymusvon der heiligenPaulageschrieben hatte:,,Vordem Kreuz warf siesichniederund be- 36. Vgl. Koziol1992. - Zum KrönungsoffiziumKantorowrcz tete es an, geradeals ob sie den Herrn an demsel- 1946, 89tr.; Suntrup 1978, 169. ben hängensehe"37. Danebenaber - zumal Könige 37. Hieronymus,Epistulae708.9,2,315:[Paula]prostrataque ante crucem,quasipendentemdominum cerneret,adorabat. an diesemPlatz nie bäuchlingsbegrabenwurden Die Stelle wird in karolingischerZeit von Einhard wieder zi- tritt eine zweite Interpretation:Hier ruhen die tiert und verbreitet(Einhart, quaestio 149). Totenganzbildlich zu FüßenGottesin Gestaltdes 38. Apc 4,4: et in circuitu sedissedilia viginti quattuor et suKreuzaltarsund des Triumphkreuzes,so wie in per thronosviginti quattuor senioressedentes. der Apokalypsezu FüßendesHimmlischen Thro- 39. Apc 6,9: vidi subtusaltare animas interfectorumpropter verbum Dei et propter testimonium quod habebanf.Dieser nes die 24 Altesten sitzen3s.Zugleich evozierendie Bezug mehrfach auch bei Bandmann (1964) angeführt, jeToten die Seelender Martyrer, die bei der Öffnung doch mit Bezugzum Reliquiendepositumim Altar und ohne des5. Siegelsunter dem Altar vor dem Thron Got- Übertragung auf die Gräber vor Kreuzaltären.
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ThomasMeier
AcNEsv. Porrou + i077 (Rom) I
Rom, S. Pietro in Valicano
'Mnrrrroe + 1167 (b. Rouen) Rouen, Klosier Le Bec I
AGNES + 1143 I KlosterNeuburg
v. STAUFEN FRtEDBTcH +1105 Lorch Slifl I Lorch,Kl. >
L o r n n nl l l . + 1137(b. Reune/Tirol) Königslufler, Kl. I
+ 1147\Alzey) I Walburg, Kl
+ 1 152 (Bamberg) Bamberg, Dom St. Maria
I
'1153i58(Otto von Freising): familia Heinricorumde Gueibelinga
FnrEoÄrcr l. + 1190(b. Siiitke, Tüftei) Tyros/Akkon? I
H e m n r cVn l . + 1i97 (Messina) Palermo,Dom Sia. Maria I
HerruRrcr Rnspr
l. F R r E ö R r clH
+ 1250(CastelFiorentinob. Lucera) + 1247(Wadburg) Eisenach,St. Katharina,Kl. Palermo,Dom Sta. il/arja I I
KorunnolV. + 1254 (Lavello b. Melf ) Messna? I
Rrcnnnov. CoRltmt-t-
WruElv v. Horlnno + 1256 (b. Alkmaar) ( M i d d e l b u r g ,K l . ) I
+ 1272(Berkhamslead) Hayles,Kl. I E Oxford
Atrtt'ln + 1281(Wien) Basel,Dom Sl. Nlaia I
ErrsneerFr + 1313(Königsfelden) Königstelden, Kl. I
Um 1470 (Bf. MatthiasRamung): ob [...] laudem huius insigniscathedralisecclesiaenostraeSpirensis,quae est p r i n c i p a l i o rs e p u l t u r an a t i o n i s A l m a n i a e i m p e r a t o r u me t r e g u m R o m a n o r u m ,c o n j u g u m e t f i l i a r u m 15. Jahrhundert: Conradusll, qui hanc deo sacram fundavitaedem ac sibi suisque successorib u s c i s A l p e s r e l i q u i ts e p u l t u r a m
H e t r u R t cVn l l . - M A R G A R E T H E + 1313 (Buonconvento b. Siena) Pisa, Dom Sta. Ivlaria
Königsdynastien. Abb. 7.Speyer:Genealogisches Schemader in Speyerbestattenden
t36
+ 1311 {Genua) Genua, Franziskanerkl
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Ambivalenzim Raum
diesemAltar Räucherwerkunter den Gebetenaller Heiligen dar, worauf das Räucherwerkder Gebete zum Thron Gottes aufsteigta0.Indem die Siegel des apokalyptischen Buches vom geschlachteten Lamm, also dem gekreuzigten Christus, geöffnet werden,werden Kreuzaltar und Kreuzigungsgruppe geradent synonym mit dem apokalyptischen Altar und dem Thron Gottesal.Über die weltliche Triumphstraße ftihrt der Weg der SpeyererKönige alsounmittelbarin dasHimmlische Jerusalemder Kirche und an den Altar zu Füßen Gottes,mündet die weltliche in eine Teilhabean der himmlischen Herrschaft. Mit dieserInterpretation lassensichnicht nur die zahlreichen, überwiegend hochmittelalterlichen Gräbervor Kreuzaltärenerklären,sondernsie eröffnet auch ein Verständnisder weiteren Entwicklung im spätenMittelalter: In Ringstedlag einst zwar bereitsder Martyrer Knud Lavardim (alten) Presbyterium vor dem Hauptaltar, doch erst wieder die jüngstenGräberab 1300überschrittendie Stufezum (neuen)Presbyterium.Andernorts,soin Ribe (Christoffer I. tI259), Viborg (Erik V. 11286) oder Stockholm(MagnusLaduläsII290),war dieser Schritt bereits einige |ahre früher vollzogen worden, während sich Soro (Christoffer ll. tI332) zeitlich dem benachbartenRingstedanschließtn'. Skandinavienentsprichtdamit ganz der europäischenEntwicklung: Im Reich etwa fanden Ludwig der Baier (11349)im Chor der Münchner Frauenkirche (Abb.8) oder Karl IV. (11378)und nachihm einige der böhmischen Könige an entsprechender Stelleim PragerVeitsdomsihre Gräber,in Westminster Abbey etablierte sich ab etwa 1280 die Grablegeder Plantagenötim neuerrichteten Chor der Abteikirche(Abb. 10-11)'3 und in Aragön wurden Alfonso III (f 1291)auf der Epitstelseiteneben dem Hauptaltar (juxta altare sancti Nicolai) der Franziskanerkirchein Barcelonaaa sowie Alfonso IV (11335)nach seinerÜberführung 1369an der nämlichenStelleim Franziskanerkloster von Löridan'beerdigt.Zuweilenwie in München waren die Tumben über diesenChorgräbern mit eigenenAltären ausgestattet, andernortswie in Westminster übernahm ein Altar im Zentrum der Grabgruppe die liturgischen Aufgabena6.In weiteren Fällen dürfte als Bezugspunktdes Bestattungsplatzes an den Hochaltarzu denkensein,der sichoft nur wenig weiter östlich erhob. So wünschte noch Kaiser Maximilian I. (11519),halb unter dem Hauptaltar
der Georgskirchein Wiener Neustadt begraben zu werden, so daß der Priester beim Zelebrieren des Messopfersauf Maximilians Brust zu stehen kam (Abb. 9)47. Einerseitsliegt hier der Tote nicht nur zu, sondern geradezuunter den Füßen Gottes, andererseitsvertritt der Priesterganz unmittelbar den Engelam Altar der Apokalypse,von dem das Rauchwerkder Gebeteder bereits in den Himmel eingegangenen Heiligen zu Gott aufsteigta8. interpretatio Vielfach lassen sich also die königlichen Grabplätze gleichermaßen nach dem religiösen Ideal der Demut und zugleich als Anspruch auf eine unmittelbareTeilhabeder Toten an der göttlichen Herrlichkeit interpretieren. Solch ambivalente Auslegungender Bestattungstopographiesind bereits in frühchristlicher Zeit üblich: So betonten Theologen(u.a. Augustinus, Gregor d.Gr.) in der Diskussion um die ad sanctos-Bestattungen, die Nähe des Grabplatzeszum Heiligengrabprovo-
40. Apc 8,3f.:et alius angelusvenit et stetit ante altarehabens turibulum aureum et data sunt iIIi incensamulta ut daret orationibussanctorumomnium superaltare aureumquod est ante thronum et ascenditfumus incensorumde orationibus sanctorumde manu angelicoramDeo. 41. Bandmann (1964,398tr.)betont besondersden Kreuzaltar als Abbild von Golgatha, das auch in Entsprechung mit dem Zentrum des Himmlischen |erusalem gesetztwerden kann. 42. Müller-Wille 1982.Ribe: Madsen 1980.- Viborg: Vellev 1974.- Stockholm: Fürst & Olsson 1921;Kyhlberg & Ahlström 1997.- Sors: Hermansen& Norlund 1936-38,1,79f. 43. München: Horn 1952, 63ff.; Glaser 2002, 4ff, - Praha/ Prag: Hilbert et al. 1928-30.- Zu den spätmittelalterlichen Begräbnissenim Reich vgl, auch Meyer 2000, 206ff. - Westminster: Binski 1995. 44. Arco y Garay 1945,225. Später wurde an gleicher Stelle auch Jaime (+ßa7), ein Bruder PedrosIV begraben(Arco y Garay 7945,228). 45. Arco y Garay L945,260. 46. München: Horn 1952,63; Ramisch & Steiner 1994,198 (Ramisch). - Westminster: O'Neilly & Tanner 1966.- YgL auch das Stiftergrabmal Pfalzgraf Heinrichs II. (11095)in Maria Laach von 1256195:Kahsnitz 1992, ll8 (Haas), 133 (Kahsnitz). 47. [. . .) sub magnoaltari sepeliretur,ita ut a pectoread caput foris cadatter extenderetur, sacerdosautem divina mysteria celebrans,pedibus pectus calcaref.Vgl. Schmid 1993,204; Wiesflecker I97 I-86, 4, 432. 48. Auch Wiesflecker(1991,384) bemerkt, daß Maximilians Grabwunsch nicht reine Demut spiegle,da nur Heilige unter Altären begrabenwurden.
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ThomasMeier
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Report "Ambivalenz im Raum. Zur Disposition mittelalterlicher Herrschergräber. In: Jörn Staecker (Hrsg.), The European Frontier. Clashes and com-promises in the Middle Ages = Kongress Lund 2000. Lund Studies in Medieval Archaeology 33 = CCC Papers 7 (Lund 2004) 127-144 "